Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 11.12.2014, Az.: 8 U 190/14
Hausratversicherung; Obliegenheitsverletzung; Stehlgutliste; Belehrung; Auskunftsobliegenheit; Aufklärungsobliegenheit; Spontanobliegenheit
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 11.12.2014
- Aktenzeichen
- 8 U 190/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 42483
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 28 Abs 4 VVG
- Teil B § 8 Nr 2.1f VHB 2008
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zur Auslegung einer Klausel der Hausratversicherungsbedingungen, wonach der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherer und der Polizei unverzüglich ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen hat.
2. Die Obliegenheit in der Hausratversicherung, bei Eintritt des Versicherungsfalls der Polizei unverzüglich ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen, ist eine Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit, für die das Belehrungserfordernis des § 28 Abs. 4 VVG gilt (entgegen OLG Köln, Urteil vom 15. Oktober 2013, Az: 9 U 69/13).
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 4. Juni 2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover geändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.430,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte nach einem Einbruchsdiebstahl auf weitere Zahlung aus einer Hausratversicherung in Anspruch, da nach seiner Ansicht die Beklagte zu der auf eine Obliegenheitsverletzung gestützten Leistungskürzung nicht berechtigt gewesen sei.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Hausratversicherung mit dem Tarif „Standard“ (s. Versicherungsschein vom ... Mai 2009, Bl. 208 f., sowie Tarifbedingungen, Bl. 43 f. d. A.). Dem Versicherungsvertrag liegen die „Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen … VHB 2008“ der Beklagten zugrunde (Anlage B 1, Bl. 45 ff. d. A.).
In Teil B § 8 Nr. 2.1 der VHB 2008 ist eine Aufstellung von „Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls“ enthalten. Dort heißt es u. a.:
„2.1 Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt des Versicherungsfalls
(…)
f) dem Versicherer und der Polizei unverzüglich ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen;
(…)“
In Teil B § 8 Nr. 3 („Leistungsfreiheit bei Obliegenheitsverletzung“) sind die Folgen einer Obliegenheitsverletzung bestimmt.
Am ... Juli 2012 brachen unbekannte Täter - durch Einwerfen einer Fensterscheibe - in das Haus des Klägers ein und entwendeten zahlreiche Gegenstände, u. a. Schmuck und Bargeld. Weitere Gegenstände beschädigten sie beim Durchsuchen des Hauses. Der Kläger befand sich zu dieser Zeit mit seiner Familie im Urlaub. Nachbarn des Klägers informierten die Polizei. Der Kläger wurde am selben Tag telefonisch unterrichtet. Am Folgetag zeigte er telefonisch bei der Beklagten den Schadensfall an. Am 31. Juli 2012 kehrte der Kläger mit seiner Familie aus dem Urlaub zurück. Die schriftliche Schadensanzeige des Klägers auf einem von der Beklagten übersandten Formular datiert vom 14. August 2012 (Anlage B 2, Bl. 65 ff. d. A.). Unter Nr. 8 enthält das Formular Fragen zur „Polizeianzeige“ mit dem Klammerzusatz: „(bitte unbedingt der Polizei unverzüglich eine Aufstellung aller abhanden gekommenen Sachen einreichen!)“
Eine zweiseitige Aufstellung der entwendeten Gegenstände reichte der Kläger mit Anschreiben vom 23. August 2012 bei der Polizei ein (Anlage K 5, Bl. 18 ff. d. A.). Das Schreiben ist mit einem Eingangsstempel vom 27. August 2012 versehen (Bl. 19 der beigezogenen Ermittlungsakten, StA Hannover, 1533 UJs 504065/12, im Folgenden: EA).
Fahndungsmaßnahmen nach den entwendeten Gegenständen erfolgten ausweislich der Ermittlungsakte auch nach Eingang der Aufstellung nicht.
In dem polizeilichen Abschlussbericht vom 16. Oktober 2012 (Bl. 34 f. EA) heißt es u. a.:
„Durch den Geschädigten wird eine detaillierte Schadensaufstellung nachgereicht, in welcher sämtliches Diebesgut aufgeführt ist. (…)
Weitere Ermittlungsansätze sind zur Zeit nicht vorhanden. (…)“
Unter dem 14. November 2012 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein, „weil Täter nicht ermittelt“ (Bl. I EA).
Die Beklagte regulierte den Schadensfall zunächst gemäß Schreiben vom 18. April 2013 (Anlage K 3, Bl. 15 d. A.). Unter Berücksichtigung der Entschädigungsgrenzen ermittelte sie dabei eine Entschädigungsleistung für Hausrat, Schmuck und Bargeld von insgesamt 31.709,82 €. Diese kürzte sie um 50 % (15.854,91 €), da der Kläger die Stehlgutliste nicht unverzüglich eingereicht habe und dies als grob fahrlässig zu bewerten sei. Mit Schreiben vom 13. Mai 2013 korrigierte die Beklagte ihre Abrechnung und zahlte weitere 2.424,77 € für nicht abhanden gekommene, beschädigte Gegenstände (Anlage K 6, Bl. 20 d. A.).
Der Kläger hat die Zahlung des danach noch verbliebenen Kürzungsbetrages verlangt. Er hat gemeint, er habe seine Obliegenheit zur Vorlage einer Stehlgutliste nicht verletzt. Hierzu hat er behauptet, es sei ihm und seiner Familie nicht gelungen, nach dem Einbruch einen früheren Rückflug zu buchen. Die Stehlgutliste habe er am 23. August 2012 zum Polizeirevier gebracht. Schneller habe er die Stehlgutliste nicht fertigen können. Er habe zunächst einige Tage zur Erfassung der Situation benötigt. Dann habe er diverse Nachfragen tätigen müssen, es seien nicht alle Belege vorhanden gewesen, teilweise hätten Belege - z. B. Zertifikate für Schmuckstücke von Juwelieren - angefordert werden müssen. Auch bei einer früheren Vorlage der Stehlgutliste hätte die Polizei keine anderen Aufklärungsmaßnahmen getroffen.
Der Kläger hat beantragt (Bl. 7 d. A.),
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.430,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2013 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsvergütung an den Rechtsanwalt J. K. … in H., in Höhe von 1.307,81 € freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, sie habe den Entschädigungsbetrag zu Recht um 50 % gekürzt. Diese Leistungskürzung sei nach dem „Mittelwertmodell“ angemessen. Der Kläger habe seine vertragliche Obliegenheit verletzt, indem er nicht unverzüglich eine Stehlgutliste bei der Polizei eingereicht habe. Die von dem Kläger erstellte Liste sei auch ungenügend, da sie lediglich eine Aufzählung der gestohlenen Gegenstände enthalte und eine genaue Beschreibung fehle. Diese Vorgabe ergebe sich ohne weiteres aus der Funktion der Stehlgutliste. Auch hätte der Kläger sich ohne weiteres über die inhaltlichen Anforderungen bei der Beklagten oder bei dem mit ihm befreundeten Polizeibeamten erkundigen können. Weitere individualisierende Angaben wären dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen. Er habe die Stehlgutliste auch nicht unverzüglich eingereicht. Hierzu hat die Beklagte behauptet, die Liste sei - dem Eingangsstempel entsprechend - erst am 27. August 2012 bei der Polizei eingegangen. Weiter hat die Beklagte gemeint, die Obliegenheitsverletzung sei grob fahrlässig erfolgt. Die Anforderungen an eine Stehlgutliste hätten sich dem Kläger aufdrängen müssen. Ihm hätte sich auch aufdrängen müssen, dass für eine polizeiliche Stehlgutliste keine Belege erforderlich seien. Es könne den Kläger auch nicht entlasten, dass er sich bis zum 31. Juli 2012 im Auslandsurlaub befunden habe. Er sei nach Kenntnisnahme von dem Einbruch dazu angehalten gewesen, zur Abwicklung des Schadensfalles alsbaldig nach Hause zurückzukehren. Zudem sei der Kläger - aufgrund der Berichte des mit ihm befreundeten Polizeibeamten - in der Lage gewesen, bereits im Auslandsurlaub mit der Erstellung der Stehlgutliste zu beginnen.
Des Weiteren hat die Beklagte bestritten, dass die verzögerte Einreichung der Stehlgutliste die Ermittlungsmaßnahmen nicht beeinflusst habe, und hierzu behauptet, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die polizeilichen Maßnahmen bei unverzüglicher Einreichung der Stehlgutliste zu einer Sicherstellung von Diebesgutes geführt hätte.
Mit Urteil vom 4. Juni 2014 (Bl. 166 d. A.) hat das Landgericht Hannover die Beklagte zur Zahlung von 500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2013 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich des gestohlenen Bargeldes habe die Beklagte die vereinbarte Versicherungssumme von max. 1.000 € zu Unrecht um 50 % gekürzt. Die verspätete Abgabe der Stehlgutliste sei insoweit für die Feststellung und den Umfang der Leistungspflicht ohne Belang. Es sei nicht zu erkennen, dass polizeiliche Ermittlungsmaßnahmen bei unverzüglicher Abgabe der Stehlgutliste in Bezug auf das Bargeld Erfolg gehabt hätten. Im Übrigen sei die Beklagte aber zur Leistungskürzung um 50 % berechtigt gewesen. Der Kläger habe seine Obliegenheit aus B. § 8 Nr. 2.1 f) VHB 2008 grob fahrlässig verletzt, indem er der Polizei erst Ende August 2012 eine Liste der gestohlenen Sachen übermittelt habe, die zudem nicht die an eine solche Liste zu stellenden Anforderungen erfüllt habe. Unabhängig davon, ob der Kläger vor dem 31. Juli 2012 aus dem Urlaub hätte zurückkehren können und ob die Stehlgutliste am 23. oder erst am 27. August 2012 bei der Polizei eingegangen sei, sei das Einreichen der Liste nicht unverzüglich geschehen. Für die Anfertigung der Liste habe nicht mehr als eine Woche erforderlich sein können; die Beifügung von Belegen sei nach dem Sinn und Zweck einer Stehlgutliste nicht erforderlich. Die Stehlgutliste erfülle auch in weiten Teilen nicht die an eine solche Aufstellung zu stellenden Anforderungen; für erfolgversprechende Fahndungsmaßnahmen seien möglichst präzise Angaben erforderlich, an denen es hier fehle. Den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit habe der Kläger nicht gemäß B. § 8 Nr. 3 a) VHB entkräftet. Von den Versicherungsbedingungen hätte sich der Kläger sogleich nach seiner Urlaubsrückkehr Kenntnis verschaffen müssen. Auch aus der Schadensanzeige hätte er entnehmen können, dass der Polizei unverzüglich eine Aufstellung aller abhanden gekommenen Sachen einzureichen sei. Dass der Polizei auch Belege zu übermitteln gewesen seien, habe sich daraus nicht ergeben und sei nach dem Sinn und Zweck einer Stehlgutliste auch nicht anzunehmen. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Verletzung der Obliegenheit nicht für den Umfang der Leistungspflicht ursächlich gewesen sei. Die Behauptung des Klägers, auch eine wesentlich frühere Vorlage der Stehlgutliste hätte nicht zu einer polizeilichen Sicherstellung der gestohlenen Gegenstände geführt, sei unsubstantiiert, sodass dem Beweisantritt des Klägers nicht nachzugehen sei. Der Kläger habe nicht begründet dargelegt, dass die Polizei nicht nach den entwendeten Gegenständen gefahndet hätte, wenn ihr unverzüglich eine detaillierte Beschreibung zur Verfügung gestellt worden wäre. Dass die Beklagte nicht auf die Folgen der Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste hingewiesen habe, stehe ihrer Leistungsfreiheit nicht nach § 28 Abs. 4 VVG entgegen, da es sich nicht um eine Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit im Sinne dieser Vorschrift handele. Die Obliegenheit zur Vorlage der Stehlgutliste, die der Polizei Fahndungsmaßnahmen ermöglichen und der Möglichkeit des nachträglichen Aufbauschens des Schadens vorbeugen solle, sei eine Schadensminderungsobliegenheit im Sinne des § 82 VVG, für welche das Belehrungserfordernis nicht gelte. Der Beklagten sei das Berufen auf die Leistungsfreiheit auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt; sie habe sich nicht widersprüchlich verhalten und auch keinen Irrtum in Bezug auf die Obliegenheit erweckt. Unter diesen Voraussetzungen habe sich der Versicherungsnehmer anhand der Versicherungsbedingungen darüber zu informieren, was er zur Erlangung von Versicherungsschutz unternehmen müsse. Die vorgenommene Leistungskürzung um 50 % sei sachgerecht und angemessen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiterverfolgt (Bl. 195 d. A.). Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der von ihm für die Abgabe der Stehlgutliste benötigte Zeitraum nicht als unverzüglich gelten könne. Nach seiner Urlaubsrückkehr habe er erst einmal aufräumen und sich einen Überblick verschaffen müssen. Als selbständiger Kfz-Meister sei er - was die Beklagte nicht bestritten hat - beruflich stark eingespannt. Er habe in die Stehlgutliste jeweils die Anschaffungspreise aufgenommen; diese hätten erst ermittelt, teilweise hätten Belege herausgesucht werden müssen. Das Landgericht habe auch die Anforderungen an die Stehlgutliste überspannt. Ihm könne nicht vorgeworfen werden, dass er den Schmuck nicht genauer bezeichnet habe. Der in dem Schadensformular enthaltene Hinweis zur Stehlgutliste lasse Informationen in Bezug auf die Qualität und den Umfang der Liste vermissen. Außerdem werde nicht deutlich, dass der Versicherungsschutz verlorengehen könne. Das Berufen auf die Obliegenheitsverletzung sei daher auch treuwidrig. Auch bei früherer Vorlage der Stehlgutliste hätte die Polizei keine Fahndungsmaßnahmen veranlasst. Hierzu sei die Polizei mangels personeller Ausstattung gar nicht in der Lage. Die gestohlenen Gegenstände würden von der Polizei nicht einmal in Verzeichnisse eingetragen.
Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt (Bl. 190 d. A.), verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Entgegen dem Vorbringen des Klägers würden gestohlene Gegenstände in Niedersachsen je nach Gegenstand im „POLAS“, im „INPOL“ und im „SIS“ gespeichert. Die Polizei gebe jede entwendete Sache so genau wie möglich im System ein.
II.
Die Berufung des Klägers ist überwiegend - bis auf die außergerichtlichen Anwaltskosten - begründet.
Das angefochtene Urteil beruht auf Rechtsfehlern (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO); die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).
1. Der Kläger hat gemäß § 1 S. 1 VVG i. V. m. Teil A § 1 Nr. 1 b), § 3 Nr. 1 a), Nr. 2 a) VHB 2008 einen Anspruch auf Zahlung des Betrages von insgesamt 13.430,14 €, um den die Beklagte ihre Versicherungsleistung gekürzt hat (ursprüngliche Leistungskürzung von 15.854,91 € abzüglich einer weiteren Zahlung der Beklagten von 2.424,77 € = 13.430,14 €, nicht: 13.430,15 €).
Zu einer Kürzung der Versicherungsleistung wegen einer Obliegenheitsverletzung gemäß Teil B § 8 Nr. 2.1 f), Nr. 3 VHB 2008 war die Beklagte nicht berechtigt, weil der Kläger seine Obliegenheit zur Vorlage einer sogenannten Stehlgutliste jedenfalls nicht grob fahrlässig verletzt hat.
a) Zwar hat der Kläger objektiv seine Obliegenheit, der Polizei unverzüglich ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen, verletzt, da die Hereingabe bei der Polizei - unabhängig von dem strittigen Datum - nicht mehr als unverzüglich anzusehen ist. Inhaltlich genügte die Aufstellung dagegen den mit den VHB 2008 vereinbarten Anforderungen.
aa) Nach den maßgeblichen VHB 2008 war der Kläger nur verpflichtet, bei der Beklagten und der Polizei ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen.
Aus dem Wortlaut der Klausel lässt sich für den verständigen Versicherungsnehmer nicht entnehmen, dass dem Verzeichnis Belege beizufügen sind oder die einzelnen Gegenstände genau zu beschreiben sind. Dies ergibt sich aus dem Begriff „Verzeichnis“ nicht. Hierunter versteht man lediglich eine „listenförmige Zusammenstellung“ (vgl. z. B. Duden, Deutsches Universalwörterbuch). Bei der Auslegung der Klausel ist außerdem zu berücksichtigen, dass nach der hier vorliegenden Fassung - anders als z. B. in § 21 VHB 84 - in einem Zuge verlangt wird, „dem Versicherer und der Polizei“ das Verzeichnis einzureichen. Der Versicherungsnehmer kann daher davon ausgehen, dass er beiden das gleiche Verzeichnis einzureichen hat. Aus Sicht des Versicherungsnehmers ist nicht anzunehmen, dass in beiden Fällen unterschiedliche Anforderungen zu berücksichtigen sind, etwa der Versicherer Angaben zu wertbildenden Merkmalen und Kaufpreisen und die Polizei nähere Beschreibungen zu Fahndungszwecken erhalten soll. Der Versicherungsnehmer wird sich daher bei seinem Bemühen, die an ihn gestellten Anforderungen zu erfassen, an den Wortlaut der Klausel halten und davon ausgehen, dass die umfangreiche Aufstellung der Obliegenheiten in den VHB 2008 abschließend ist und nicht „nach dem Sinn und Zweck“ weitergehende, nicht genannte Anforderungen zu erfüllen sind. Insoweit darf der Versicherungsnehmer bei der Auslegung der Klausel berücksichtigen, dass die Beklagte ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, zusätzliche Anforderungen zu stellen, etwa genaue Beschreibungen der Gegenstände zu verlangen, wenn dies von ihr gewünscht gewesen wäre.
Soweit der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung ausgeführt hat, bei einer „Stehlgutliste“ handele es sich um eine Aufstellung der entwendeten, möglichst genau beschriebenen Sachen, ging es um eine Geschäfts- und Betriebsversicherung (BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 – IVa ZR 205/86 –). Dort mag für die Beschreibung von Betriebsmitteln etwas anderes gelten als bei den vorliegenden Versicherungsbedingungen, die sich an Verbraucher richten. Auch ergibt sich aus der Entscheidung nicht der genaue Wortlaut der dort maßgeblichen Klausel.
Gegen die Wirksamkeit der vorliegenden Klausel bestehen - bei dieser nach Ansicht des Senats gebotenen, am Wortlaut orientierten Auslegung - keine Bedenken (s. zu den Bedenken bei anderer Auslegung: OLG Karlsruhe, Urteil vom 20. September 2011 – 12 U 89/11 –). Soweit man dem Zweck der Klausel eine weitergehende Verpflichtung entnehmen wollte, die Gegenstände möglichst detailliert zu beschreiben (so wohl hM, vgl. Knappmann in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 26 VHB 2000, Rn. 9; so früher auch der Senat, Urteil vom 29. Januar 2009 - 8 U 187/08 -), wäre allerdings mit dem OLG Karlsruhe (aaO) die Wirksamkeit der Klausel in Frage zu stellen. Denn dann wäre für den Versicherungsnehmer vollkommen unklar, welches Maß an Detailliertheit einerseits verlangt wird und welchen Zeitaufwand er andererseits für weitere Recherchen (etwa Durchsicht von Fotos, um Schmuck beschreiben zu können, etc.) aufbringen darf, ohne dass er sich dem Vorwurf aussetzt, das Verzeichnis nicht mehr unverzüglich eingereicht zu haben.
bb) Ist - dem Wortlaut der Klausel entsprechend - nur ein Verzeichnis der entwendeten Gegenstände, ohne weitere Wertangaben oder Beschreibungen, verlangt, so genügt die Aufstellung des Klägers inhaltlich diesen Anforderungen, jedoch war der für eine Erfüllung der Obliegenheit zuzubilligende Zeitraum - auch bei der von dem Kläger behaupteten Abgabe des Verzeichnisses am 23. August 2012 - überschritten.
Dabei kann dem Kläger allerdings nicht vorgeworfen werden, dass er seinen Urlaub nicht noch früher abgebrochen hat. Hierfür ist unerheblich, ob eine frühere Rückflugmöglichkeit bestanden hätte. Da Wohnungseinbruchsdiebstähle ohnehin weit überwiegend nicht aufgeklärt werden, wäre es unverhältnismäßig, nur zur Erfüllung einer gegenüber der Polizei zu erfüllenden Obliegenheit den früheren Abbruch des Urlaubs zu verlangen. Nicht nachvollziehbar ist auch die Auffassung der Beklagten, eine Stehlgutliste hätte bereits im Urlaub auf der Grundlage telefonischer Berichte eines befreundeten Polizeibeamten erstellt werden können.
Für die Erstellung eines bloßen Verzeichnisses der entwendeten Gegenstände wird aber auch unter Berücksichtigung der beruflichen Belastungen des Klägers nach seiner Urlaubsrückkehr, des für eine Sichtung des Schadens erforderlichen Zeitraums und der Zahl der entwendeten Gegenstände ein Zeitraum von ca. ein bis zwei Wochen als ausreichend angesehen werden können.
b) Die Beklagte ist allerdings gemäß § 28 Abs. 2 S. 2 VVG nicht zur Leistungskürzung berechtigt, da die vorliegende Obliegenheitsverletzung noch nicht als grob fahrlässig anzusehen ist.
Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich, in hohem Grade, außer Acht lässt, wer nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste. Es muss sich um schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzungen handeln, die das gewöhnliche Maß erheblich übersteigen (Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 28 Rn. 121, m. w. N.).
Dies war hier nicht der Fall. Der Kläger ist ersichtlich davon ausgegangen, dass er die Schadensaufstellung mit Wertangaben versehen muss. Dies war aus seiner Sicht nicht fernliegend und konnte von ihm ohne grobe Fahrlässigkeit angenommen werden, da das gleiche Verzeichnis nach dem Wortlaut der Klausel auch bei der Beklagten einzureichen war und somit als Grundlage für die Regulierung dienen sollte. Es ist durchaus zeitaufwendig, in einem „komplett durchwühlten“ Haushalt (so der polizeiliche Tatbefundbericht, Bl. 11 EA) und „verwüsteten“ Haus (so die Klagerwiderung, Bl. 41 d. A.) nicht nur die entwendeten Gegenstände zuverlässig zu erfassen, sondern auch die Werte bzw. Anschaffungspreise der zum Teil vor geraumer Zeit gekauften Gegenstände zutreffend zu ermitteln (s. a. die Belege, Anlage K 10, Bl. 125 ff. d. A.). Dabei muss dem Kläger auch zugebilligt werden, dass er die Angaben sehr sorgfältig ermitteln wollte, gerade um sich nicht bei später entdeckten Verlusten dem Vorwurf des nachträglichen „Aufbauschens“ des Schadens auszusetzen oder bei fehlerhaften Wertangaben den Vorwurf der arglistigen Täuschung befürchten zu müssen.
Wenn der Kläger unter diesen Umständen - nach dem Vorbringen der Beklagten - von seiner Urlaubsrückkehr bis zur Abgabe des Verzeichnisses etwa vier Wochen benötigt hat, hat er die erforderliche Sorgfalt nicht gröblich außer Acht gelassen. Gerade weil die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen - allgemein bekannt - ohnehin niedrig ist und die Fahndung nach einzelnen Gegenständen auf der Grundlage des verlangten Verzeichnisses kaum erfolgversprechend erscheint, musste sich dem Kläger auch nicht aufdrängen, dass eine Vorlage binnen dieser Frist den Anforderungen nicht mehr genügen würde.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen Urlaub wegen des Wohnungseinbruchdiebstahls vorzeitig abbrach und sich - wie die Bestätigungsschreiben des Juweliers B. vom 2. August 2012 (u. a. Bl. 137 d. A.) belegen - umgehend an die Schadensermittlung machte. Auch dies zeigt, dass der Kläger seiner Obliegenheit nachkommen und nicht etwa eine Gefährdung seines Entschädigungsanspruchs riskieren wollte. Unter diesen Umständen ist für die Annahme, der Kläger habe nicht beachtet, was jedem hätte einleuchten müssen, kein Raum. Hiergegen spricht auch, dass die Entschädigungsgrenzen im Bereich Schmuck und Bargeld deutlich überschritten waren (s. Anlage K 2, Bl. 13, 15 R), sodass der Kläger auch ein erhebliches eigenes Interesse an einer erfolgreichen Fahndung hatte.
Wenn man - entgegen der hier vertretenen Ansicht - die Obliegenheit, ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen, dahin versteht, dass zusätzlich eine genaue Beschreibung der Gegenstände beizufügen war, könnte dem Kläger auch insoweit jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Denn es handelt sich - wie die vorstehenden Ausführungen zu Ziff. I. 1. a) aa) zeigen - dann keineswegs um eine Auslegung der Klausel, die sich jedem aufdrängen musste.
c) Im Übrigen hätte eine - unterstellte - grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung keine (teilweise) Leistungsfreiheit zur Folge, da insoweit ein Belehrungserfordernis nach § 28 Abs. 4 VVG bestand, dem die Beklagte nicht nachgekommen ist.
aa) Die Obliegenheit, der Polizei eine Aufstellung der entwendeten Gegenstände einzureichen, ist eine Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG, sodass deren Verletzung nur zu einer Leistungsfreiheit führen kann, wenn der Versicherer über diese Rechtsfolge ordnungsgemäß belehrt hat (so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 20. September 2011 – 12 U 89/11 – , zustimmend Knappmann, r+s 2011, 519 f.; hierzu neigend auch Felsch, r+s 2014, 555 ff.).
Demgegenüber wird vertreten, es handele sich ausschließlich um eine Schadensminderungsobliegenheit im Sinne des § 82 VVG, sodass es keiner Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG bedürfe (OLG Köln, Urteil vom 15. Oktober 2013 – 9 U 69/13 –, m. w. N.). Der Senat folgt dieser Auffassung nicht. Eine bloße Schadensminderungsobliegenheit könnte zwar angenommen werden, soweit es nur darum ginge, der Polizei eine Fahndung nach den entwendeten Gegenständen zu ermöglichen. Dies ist indes nicht der Fall. Nach allgemeiner Auffassung soll der Versicherungsnehmer durch die in den Hausratversicherungsbedingungen enthaltene Obliegenheit auch veranlasst werden, den eingetretenen Schaden zeitnah zu ermitteln und sich insoweit frühzeitig - auch gegenüber der Polizei - festzulegen, um die Hemmschwelle für vorgetäuschte Schäden und die nachträgliche Aufbauschung des Schadens zu erhöhen und somit die Vertragsgefahr zu mindern (z. B. OLG Nürnberg, Beschluss vom 9. Dezember 2009 – 8 U 1635/09 –; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. August 2008 – 4 U 114/08 –, OLG Köln, aaO, Rn. 39). Soweit der Obliegenheit auch diese Funktion zukommt, handelt es sich nicht um eine Schadensminderungsobliegenheit (aA OLG Köln, aaO). Denn dabei geht es nicht darum, den eingetretenen Schaden zu mindern; vielmehr soll über diesen Schaden bloß verbindlich Auskunft gegeben werden.
Faktisch wird das Ziel, den Versicherungsnehmer im Rahmen der Sachaufklärung zu wahrheitsgemäßen Angaben anzuhalten, gegenüber dem Aspekt, eine Fahndung nach den entwendeten Gegenständen zu ermöglichen und so einen Versuch der Schadensminderung zu unternehmen, meist deutlich im Vordergrund stehen. Denn die Aufklärungsquoten bei Einbruchdiebstählen sind - allgemein bekannt - gering, eine Sachfahndung ist regelmäßig wenig erfolgversprechend. Demgegenüber besteht aber stets das nachvollziehbare Interesse des Versicherers, den Versicherungsnehmer durch die Beteiligung der Polizei von einem Aufbauschen des Schadens abzuhalten. Denn bei einem Einbruchsdiebstahl ist die Versuchung zum Aufbauschen des Schadens besonders groß, weil sich der Schaden regelmäßig nur auf der Grundlage der Angaben des Versicherungsnehmers ermitteln lässt.
Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass es sich nach dem Wortlaut der Klausel um eine Obliegenheit handelt, die gleichermaßen gegenüber der Polizei und dem Versicherer zu erfüllen ist. In Bezug auf die Vorlage der Stehlgutliste bei dem Versicherer handelt es sich zweifellos um eine Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit. Auch dies spricht dafür, für die Obliegenheit zur Vorlage eines Verzeichnisses der entwendeten Gegenstände - einheitlich - eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG zu verlangen.
bb) Ein Hinweis auf die Rechtsfolge der Obliegenheitsverletzung ist nicht erfolgt. In dem Schadensformular wurde nur die Obliegenheit erwähnt, ohne auf die Rechtsfolgen für den Fall des Verstoßes hinzuweisen.
Die Belehrung war hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Das Belehrungserfordernis entfällt zwar dann, wenn der Versicherer keine Möglichkeit hatte, den Versicherungsnehmer vor der grob schuldhaften Verletzung der Obliegenheit zu informieren (Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 28 Rn. 152). Um eine solche Spontanobliegenheit handelt es sich hier jedoch nicht. Die Beklagte hätte den Kläger rechtzeitig in Textform belehren können, nachdem er ihr den Schadensfall bereits am Tag nach dem Einbruch telefonisch mitgeteilt hatte. Zum Beispiel hätte die Belehrung mit der Übersendung des Schadensformulars erfolgen können.
d) Darüber hinaus ist hier auch davon auszugehen, dass der Kläger in Bezug auf die vorliegende Obliegenheitsverletzung den Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 S. 1 VVG geführt hat.
aa) Der Schadensumfang ist unstreitig; mithin ist ausgeschlossen, dass der Kläger die Verzögerung bis zur Abgabe der Aufstellung zum nachträglichen Aufbauschen des Schadens genutzt hat.
bb) Es ist auch davon auszugehen, dass das Ermittlungsverfahren bei früherer Einreichung der Aufstellung nicht anders verlaufen wäre und die gestohlenen Gegenstände auch dann nicht wiedererlangt worden wären. Die von dem Kläger eingereichte Aufstellung ist lediglich zur Ermittlungsakte geheftet worden, ohne dass die Polizei diese zum Anlass genommen hätte, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dies anders gewesen wäre, wenn die Aufstellung ca. 2 - 3 Wochen früher eingereicht worden wäre.
2. Die Freistellung von seinen außergerichtlichen Anwaltskosten kann der Kläger jedoch nicht verlangen, wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten des Klägers (s. dessen erstes Schreiben vom 25. März 2013) bereits im Verzug befand.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Von der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO hat der Senat abgesehen. Der Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Denn unabhängig von der Auslegung der Obliegenheit nach Teil B § 8 Nr. 2.1 f) VHB 2008 und der Frage des Belehrungserfordernisses nach § 28 Abs. 4 VVG kam eine (teilweise) Leistungsfreiheit bereits deshalb nicht in Betracht, weil aus den tatsächlichen Gründen des Einzelfalls die Obliegenheitsverletzung jedenfalls nicht als grob fahrlässig anzusehen war.