Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 15.12.2014, Az.: 7 W 17/13 (L)
Genehmigungsfähigkeit eines Hofübergabevertrages mit Rückforderungsklausel
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 15.12.2014
- Aktenzeichen
- 7 W 17/13 (L)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 36229
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2014:1215.7W17.13L.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Neustadt - 30.01.2013
Rechtsgrundlagen
- HöfeO § 16
- HöfeO § 17
- HöfeVfO § 13 Abs. 1
- HöfeVfO § 16
Fundstellen
- AUR 2015, 180-181
- AuUR 2015, 180-181
Amtlicher Leitsatz
Zu den Voraussetzungen für die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung eines Hofübergabevertrages mit Rückforderungsklausel zugunsten des Übergebers für den Fall, dass der Übernehmer seine Wirtschaftsfähigkeit infolge von Trunksucht verliert.
Redaktioneller Leitsatz
1. Ein Hofübergabevertrag darf grundsätzlich mit einer Rückforderungsklausel für den Fall des Vorversterbens des Übernehmenden versehen werden. Jedoch gilt dies nur mit der Einschränkung, dass die Rückforderung entfällt, wenn zum Zeitpunkt des Vorversterbens bereits ein wirtschaftsfähiger Abkömmling vorhanden ist.
2. Eine Rückforderung im Falle der Trunksucht des Übernehmenden ist so auszugestalten, dass darauf abgestellt wird, dass infolge der Trunksucht die Wirtschaftsfähigkeit entfallen ist.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts- Landwirtschaftsgericht - Neustadt vom 30.01.2013 geändert.
Der am 25. September 2012 vor dem Notar Dr. jur. S. in S. geschlossene Hofübergabevertrag (UR.Nr. ...) nebst Ergänzung vom 3. November 2014 (UR.Nr. ... des Notars Dr. S.) wird landwirtschaftsgerichtlich genehmigt.
Die Gerichtskosten für die erste Instanz trägt der Beteiligte zu 3.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: 128.232,00 €.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer sind Eheleute. Sie haben vor dem Notar Dr. S. in S. unter dem 25. September 2012 einen Hofübergabevertrag beurkunden lassen, wonach ihr gemeinsamer Ehegattenhof dem Beteiligten zu 3, ihrem Sohn He. übertragen werden soll (Bl. 2 ff. d. A.). Im Vertrag enthalten ist eine Rückübertragungsklausel für den Fall, dass der Sohn He. als Übernehmer vorverstirbt. Im Hinblick darauf hat das Landwirtschaftsgericht die Genehmigung versagt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie der Gründe der Versagung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 36 ff. d. A.).
Die Beteiligten haben den Hofübergabevertrag entsprechend der vom Senat zuvor gemachten Auflage mit notariell beurkundeter Ergänzungsvereinbarung vom 03.11.2014 hinsichtlich Ziffer 5 abgeändert. Insoweit wird auf die betreffende Urkunde Bl. 90 ff. d. A. verwiesen.
II.
1. Die Vertragschließenden sind nach § 13 Abs. 1 HöfeVfO i. V. m. § 16 HöfeVfO antragsberechtigt. Für die Entscheidung über die Genehmigung ist nach §§ 17, 16 HöfeO das Landwirtschaftsgericht zuständig. Die Beschwerde zum Landwirtschaftssenat ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere fristgerecht binnen 2 Wochen beim Ausgangsgericht eingelegt worden.
2. Die Beschwerde erweist sich nach Abänderung/Ergänzung des Vertrags entsprechend der vom Senat gemachten Auflage in der Sache auch als begründet und führt in dieser Form zur Genehmigung des Hofübergabevertrags nach § 17 HöfeO.
Es handelt sich vorliegend um einen Hof i. S. d. HöfeO, für den die Genehmigungsvoraussetzungen des § 17 HöfeO Anwendung finden. Nach entsprechender Vertragsänderung und Ergänzung liegen die Voraussetzungen für die Genehmigung insgesamt vor.
a) Der Beschwerdesenat hatte im Hinblick auf mögliche Bedenken wegen der vom Hofübernehmer übernommenen Altenteilslasten zur Überprüfung der Mieteinnahmen die bestehenden Mietverträge vorlegen lassen. Danach geht der Senat davon aus, wie bereits mit Beschluss vom 17. April 2013 ausgeführt, dass die darin genannten Mieten von insgesamt 2.577,80 € pro Monat tatsächlich erzielt werden bzw. zu erzielen sind (Bl. 69 ff. d. A.). Damit ist möglichen Bedenken im Hinblick auf die Belastung durch das neben dem Zins- und Tilgungsdienst sowie dem Abfindungsbetrag zu leistende Bar-Altenteil von monatlich 1.200 € die Grundlage entzogen.
b) Zu der Rückforderungsklausel in § 2 Ziff. 5 des Vertrages, die zur Versagung der Genehmigung durch das Landwirtschaftsgericht geführt hatte, hat der Senat durch den vorgenannten Beschluss unter Ziff. 2. ausgeführt:
"Im Hinblick auf das Rückforderungsrecht nach Ziff. 5 des Vertrages für den Fall des Vorversterbens des Übernehmers bestehen im Grundsatz allerdings Bedenken, wie vom Landwirtschaftsgericht in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt.
Andererseits heißt es in Härtel, Handbuch des Fachanwalts Agrarrecht, Kap. 37 (Graß), Rn. 224 f.:
'Von vertraglichen Rücktrittsrechten des Übergebers für den Fall schwerwiegender Ereignisse wie Vermögensverfall, Insolvenz, Vorversterben oder groben Verstößen des Übernehmers gegen wesentliche Vertragspflichten sollte nicht abgesehen werden, auch wenn die Beteiligten den Eintritt dieser Situation für unwahrscheinlich halten. ... Die Vereinbarung eines vertraglichen Rücktrittsrechts muss auch aus Sicht des Übernehmers nicht notwendigerweise nachteilig sein. So kann der Übergeber den übertragenen Betrieb an einen anderen Familienangehörigen weiterleiten, wenn eine Fortführung durch den Übernehmer nicht möglich ist und eine Zerschlagung droht. Gleiches gilt, wenn der Übernehmer verstirbt, ohne einen potentiellen Hofnachfolger zu hinterlassen.'
Des Weiteren bejaht das OLG Köln die Zulässigkeit einer Rückübertragungsklausel in dem dortigen Fall (Rückübertragung bei Ehescheidung des Übernehmers). In den Gründen des Beschlusses wird darauf hingewiesen, grundsätzlich bejahe die ganz herrschende Meinung die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Rückübertragungspflicht für den Fall, dass der Übernehmer ohne Hinterlassung von Abkömmlingen vorversterbe (OLG Köln AgrarR 1997, 160, Rn. 7).
Im vorliegenden Fall, so der angefochtene Beschluss, sind allerdings Abkömmlinge des Übernehmers vorhanden. Deren Rechte sollen hier dadurch gewahrt werden, dass im Falle der Ausübung des Rückübertragungsanspruchs der oder die Abkömmlinge erbvertraglich als Erben oder Vermächtnisnehmer eingesetzt werden.
Aus der Präambel der entsprechenden Vertragsklausel, wonach es darum gehe, den Hof in der Familie zu erhalten, dürfte sich im Übrigen bei bestimmten Konstellationen ein Ausschluss eines Rückübertragungsanspruchs ergeben, so für den Fall, dass die Übergeber, etwa wegen mittlerweile sehr hohen Alters, nicht mehr als wirtschaftsfähig angesehen werden könnten oder wenn einer der Abkömmlinge zur Hofübernahme in der Lage wäre. Insofern dürfte die Klausel so gemeint und im Zweifel so auszulegen sein, dass die Ausübung des Rückforderungsrechts im Falle des Vorversterbens des Übernehmers nicht ins Belieben der Übergeber gestellt sein, sondern nur als "ultima ratio" möglich sein soll. So verstanden müssten sich die Enkel der Hofübergeber nicht in eine Position gedrängt fühlen, wonach die Chance zur Übernahme des Hofes durch sie - ungeachtet ihres Willens und ihrer Fähigkeit zur Übernahme (Wirtschaftsfähigkeit) - nicht sichergestellt wäre oder vom Wohlwollen ihrer Großeltern als Übergeber abhinge.
Um die Position der Abkömmlinge als potentielle Hofübernehmer der nachfolgenden Generation in diesem Sinne angemessen zu stärken und zum Ausdruck zu bringen, dass die Rückforderung nicht der Normalfall, sondern die Ausnahme im Sinne einer "ultima ratio" sein soll, wird den Beteiligten die Auflage gemacht, die fragliche Klausel dahin zu ergänzen, dass das Rückforderungsrecht ausgeschlossen ist, sofern beim Tod des Übernehmers bereits ein wirtschaftsfähiger Abkömmling vorhanden ist.
Im Falle einer entsprechenden Ergänzung - dies ist entsprechend mit den ehrenamtlichen Richtern beraten worden - wird der Senat den Hofübergabevertrag genehmigen."
Die Beschwerdeführer hatten daraufhin mitgeteilt, es werde im Hinblick auf starken Alkoholkonsum des Übernehmers eine weitere Ergänzung in der Rückforderungsklausel gewünscht. Der Senat hat daraufhin durch weiteren Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 17. Juni 2013 Folgendes ausgeführt (Bl. 81 ff. d. A.):
"I.
1. Wie bereits im Hinweis- und Auflagenbeschluss des Senats vom 17. April 2013 ausgeführt, soll der Vertrag in Abänderung des angefochtenen Beschlusses genehmigt werden, wenn das Rückforderungsrecht ausgeschlossen ist, sofern beim Tod des Übernehmers bereits ein wirtschaftsfähiger Abkömmling vorhanden ist. Dem entspricht der vorgelegte Entwurf zur Ergänzung der 'in § 2.5. des Übergabevertrages getroffenen Vereinbarungen dahingehend, dass das Rückforderungsrecht ausgeschlossen ist, wenn der Vertragsgegenstand an einen wirtschaftsfähigen Abkömmling (des Übernehmers) fällt.'
Zur Klarstellung bzw. zum besseren Verständnis können insoweit noch die Worte 'des Übernehmers' eingefügt werden (s. o. Klammerzusatz).
2. Hinsichtlich der weiter gewünschten Ergänzung zum Rückfall auch bei dauernder Geschäftsunfähigkeit des Übernehmers oder bei Trunksucht bestehen nach erneuter Beratung mit den ehrenamtlichen Richtern im Grundsatz ebenfalls keine Bedenken. Denn in diesen Fällen wäre der Übernehmer zur Führung des Hofes nicht mehr in der Lage. Die Folgen für den Hof wären letztlich dieselben wie beim vorzeitigen Tod des Übernehmers, so dass auch eine identische Regelung der Rechtsfolgen im Vertrag naheliegt.
Allerdings würde bei der Formulierung 'der Trunksucht anheimfällt oder dauernd geschäftsunfähig wird' allein schon die Trunksucht ausreichen, wobei ein Streit darüber, ob eine solche gegebenenfalls vorliegt, vorprogrammiert sein dürfte. Dies wäre höferechtlich bedenklich, soweit der Übernehmer an der eigenverantwortlichen Bewirtschaftung durch eine drohende Rückforderung wegen vermeintlich zu hohen Alkoholkonsums behindert würde. Letztlich entscheidend für die Hofesführung dürfte die Wirtschaftsfähigkeit sein, deren Überprüfung im Streitfall durch die Landwirtschaftsgerichte erfolgt. Die Wirtschaftsfähigkeit geht aber (auch) verloren, wenn die Geschäftsfähigkeit verlorengeht oder eine andere körperliche, geistige oder seelische Erkrankung die Betriebsführung unmöglich macht. Es sollte deshalb auf den krankheitsbedingten Verlust der Wirtschaftsfähigkeit abgestellt werden.
II.
Im Hinblick auf die vorstehenden Erwägungen wird aufgegeben, die beabsichtigte Vertragsergänzung entsprechend zu ändern und zu formulieren. Des Weiteren dürfte es sinnvoll sein, zur besseren Verständlichkeit den ersten Teil des § 2.5. insgesamt neu zu formulieren.
Die im Entwurf des Notars S. gewählte Formulierung könnte demgemäß etwa wie folgt ergänzt werden: ..."
III.
Wenn die Beteiligten mit dem Vorschlag des Senats sachlich und hinsichtlich der Formulierung einverstanden sind, mag eine entsprechende Vertragsänderung beurkundet werden. Der Senat wird den Übergabevertrag sodann genehmigen, wenn die entsprechende Urkunde vorgelegt worden ist ..."
Mit Schriftsatz vom 04.11.2014 hat der Urkundsnotar Dr. S. eine Ergänzungserklärung vom 03.11.2014 zur Urkunden-Nr. ... vorgelegt, mit welcher der Änderungsvorschlag des Senats entsprechend der Auflage wörtlich übernommen worden ist. Mit Schriftsatz vom 06.11.2014 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die notariell beurkundete Ergänzungsvereinbarung nunmehr die Genehmigung des Hofübergabevertrages beantragt.
Dem stehen, nachdem der Auflage des Senats vom 17. Juni 2013 in vollem Umfang entsprochen ist, keine Bedenken mehr entgegen. Mithin war der Vertrag, wie in dem Auflagenbeschluss in Aussicht gestellt, nunmehr antragsgemäß zu genehmigen.
III.
Die Entscheidung über die Gerichtskosten für die erste Instanz war gem. §§ 44 Abs. 1, 34 Abs. 1 LwVG nach billigem Ermessen zu treffen. Danach waren die Kosten dem Beteiligten zu 3 aufzuerlegen. Dieser genießt als Hofübernehmer die Vorteile des genehmigten Vertrages; er hat auch nach § 7 Ziffer 2. des Vertrags die Kosten für die Beurkundung sowie den Vollzug des Vertrags übernommen (Bl. 16 d. A.). Gerichtskosten für das erfolgreiche Beschwerdeverfahren fallen nach § 131 Abs. 3 KostO a. F. nicht an. Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht geboten (§ 45 Abs. 1 LwVG).
Die Festsetzung des Geschäftswerts auf den 4-fachen Einheitswert folgt aus § 48 Abs. 1 GNotKG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.