Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 18.12.2014, Az.: 13 U 19/14

Formularmäßige Vereinbarung der Bezahlung des vollen Flugpreises bei Buchung des Fluges

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.12.2014
Aktenzeichen
13 U 19/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 31123
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:1218.13U19.14.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 16.02.2016 - AZ: X ZR 5/15
BGH - 28.06.2016 - AZ: X ZR 5/15

Amtlicher Leitsatz

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Bezahlung des Flugpreises in voller Höhe bei Buchung durch den Kunden vorgibt, ist unwirksam, wenn zu diesem Zeitpunkt die von dem Klauselverwender bei Vertragsschluss zu leistenden Aufwendungen unter Berücksichtigung ihrer Gewinnmarge nicht der geforderten Anzahlungsquote entspricht.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. Januar 2014 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 20.000 €.

Gründe

I.

Der Kläger, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Verbraucherzentrale N. e. V., begehrt von der Beklagten, die unter anderem über die Internetseite www.t.de Flugbeförderungsdienstleistungen anbietet, Unterlassung und Aufwendungsersatz. Die Beklagte verwendet "Allgemeine Geschäfts- und Beförderungsbedingungen", die in Ziffer 5.3 "Bezahlung" folgende Regelung enthalten:

2

"Mit Zustandekommen des Vertrages werden sämtliche Zahlungen sofort fällig."

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat der auf Unterlassung gerichteten Klage stattgegeben und die Beklagte ferner zur Zahlung der geltend gemachten Abmahnkostenpauschale von 250 € verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die von der Beklagten verwandte Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei. Die Vertragspartner der Beklagten werden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 320 BGB, der Leitbildfunktion zukomme, nicht zu vereinbaren. Bei der umfassenden Interessenabwägung sei zu berücksichtigten, dass die Fluggäste neben der Übernahme des Insolvenzrisikos der Beklagten auch das Risiko tragen, dass die Beklagte oder die Fluggesellschaft, die den Flug ausführt, nicht fähig oder nicht bereit sind, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Eine ausreichende Sicherung der Fluggäste sei nicht in dem Umstand zu sehen, dass mit der Buchung die Beförderungsleistung durch den ausführenden Luftfrachtführer bestätigt wird. Weiterhin sei der Liquiditätsverlust der Reisenden zu beachten, die den Flugpreis bereits bis zu 11 Monaten vor Flugbeginn zu zahlen haben. Zu Gunsten der Beklagten sei zu berücksichtigten, dass diese Vorleistungen erbringen müsse, um den Flug anbieten zu können und durch den Kontrahierungszwang nach § 21 Abs. 2 Satz 3 LuftVG ihrerseits dem Risiko der Leistungsunfähigkeit oder -unwilligkeit ihres Vertragspartners ausgesetzt sei.

Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte die Abänderung des landgerichtlichen Urteils und verfolgt ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Die Beklagte rügt, dass das Landgericht die Rechtsstellung der Beteiligten verkannt habe. Unternehmensgegenstand der Beklagten sei der Vertrieb und die Vermarktung touristischer Dienstleistungen, insbesondere von Flugdienstleistungen. Die Beklagte sei daher keine Fluggesellschaft, sie vermarkte Charter- und Linienflüge der konzernangehörigen Fluggesellschaft T. GmbH aber u. a. auch Flüge der L., C., G. sowie der A. Sie, die Beklagte, verfüge über kein einziges Flugzeug, sodass sie die Flugbeförderungsleistungen nicht selbst erbringen könne. Sie verkaufe daher das Recht auf die Erbringung der mit der Buchung bestätigten Beförderungsleistung durch den ausführenden Luftfrachtführer. Es gelte daher nicht Werkvertrags- sondern Kaufrecht. Damit sei der Kaufpreis sofort zur Zahlung fällig. Die beanstandete Klausel entspreche daher dem gesetzlichen Leitbild des § 271 BGB. Eine "Verbriefung" des Rechts sei darin zu sehen, dass dem Kunden eine "Buchungsnummer" mitgeteilt werde, mit dem diesem ein direktes Forderungsrecht auf Flugbeförderung gegenüber dem ausführenden Luftfrachtführer verschafft werde.

Wegen des nach § 21 Abs. 2 Satz 3 LuftVG bestehenden Kontrahierungszwangs könne die Beklagte einen vorzeitig geäußerten Beförderungswunsch des Kunden praktisch nicht ablehnen. Dieser könne hingegen frei entscheiden, ob er bereits 10 oder 11 Monate vor dem Abreisetag einen Flug buchen möchte. Die frühzeitige Buchung biete für den Kunden erhebliche Vorteile. Neben "Frühbucherrabatten" steige die Chance des Kunden, einen Wunschsitzplatz innerhalb des Flugzeugs bzw. überhaupt einen Platz zu erhalten. Ein beachtliches Insolvenzrisiko für den Kunden bestehe nicht. Angesichts der wirtschaftlichen Stärke des T. Konzerns könne eine Insolvenz der Beklagten ausgeschlossen werden. Die auf dem Buchungsportal der Beklagten vertretenen Fluggesellschaften seien systemrelevant. Ein Insolvenzrisiko sei in realistischer Weise auszuschließen. Insoweit haben weder der europäische noch der deutsche Gesetzgeber im Gegensatz zum Pauschalreisevertrag eine gesetzliche Pflicht des Flugbeförderers zur Insolvenzsicherung der Reisenden vorgesehen. Im Übrigen könne sich der Kunde durch den Abschluss einer Flugticket-Schutz-Versicherung gegen die mögliche Insolvenz der gebuchten Fluggesellschaft absichern.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei weder ein Liquiditäts- noch ein Zinsverlust zu Lasten des Kunden anzunehmen. Etwaige wirtschaftliche Nachteile seien durch die "Frühbucherrabatte" mehr als nur ausgeglichen. Eines Druckmittels des Kunden, die Beklagte zu einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung anzuhalten, bedürfe es nicht. Durch die Fluggastrecht-Verordnung Nr. 261/2004/EG bestehe bereits ein starker Druck, aufgestellte Flugpläne einzuhalten.

Es stehe im schutzwürdigen Interesse der Fluggesellschaften ihre bisherige Buchungspraxis beizubehalten. Eine effiziente Verwaltung sei nicht gewährleistet, wenn die Fluggesellschaften mehr als nur einen Buchungsvorgang durchführen und überwachen müssten. Daneben liefen sie Gefahr, durch Nichtzahlung freigewordene Flugplätze aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr weiter verkaufen zu können. Bei der Interessenabwägung seien ferner die geringen Gewinnmargen bei der Flugbeförderung zu beachten. Es bestehe die Verpflichtung, langfristige Flugpläne aufzustellen und öffentlich bekannt zu machen; ein Großteil der Flugbeförderungsentgelte sei lange im Voraus zu Flugbeginn an andere Kostenträger, wie etwa für den Erwerb von Start- und Landerechten, zu entrichten. Darüber hinaus entspreche es der weltweiten Praxis aller in der IATA verbundenen Fluggesellschaften, bei Flugbeförderung im Charter- und Linienverkehr das volle Entgelt bei oder kurz nach der Verbuchung vom Reisenden zu vereinnahmen. Eine Unwirksamerklärung der Klausel hätte erhebliche Wettbewerbsnachteile im Vergleich zu den internationalen Fluggesellschaften zur Folge. Dies würde wiederum zu Lasten der Verbraucher gehen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 21. Januar 2014 verkündeten Urteil des Landgerichts Hannover die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt der Kläger die angefochtene Entscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1, 4 UKlaG, §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB zu. Die von der Beklagten in ihren "Allgemeinen-Geschäfts- und Beförderungsbedingungen der T.-Vermarktungs GmbH für den Vertrieb von Flugdienstleistungen über die Website T.com" (Anlage K1) verwandte Klausel unter Ziff. 5.3 "Bezahlung" mit dem Inhalt,

"Mit Zustandekommen des Vertrages werden sämtliche Zahlungen sofort fällig.",

ist unwirksam.

a) Die Klausel ist nicht bereits nach § 309 Nr. 2a BGB unzulässig. Eine Klausel, durch die eine Vorleistungspflicht begründet wird, unterfällt nicht der vorgenannten Vorschrift, sondern der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (BGH, Urteil vom 20. Juni 2006 - X ZR 59/05, juris Rdnr. 6; OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014 - 16 U 15/14, juris Rdnr. 35).

b) Die Klausel verstößt aber gegen §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam.

aa) Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den Kunden abweichend von der gesetzlichen Regelung zur Vorleistung verpflichtet, ist nach Maßgabe des § 307 BGB nur dann zulässig, wenn für sie ein sachlich rechtfertigender Grund gegeben ist und den berechtigten Interessen des Kunden hinreichend Rechnung getragen wird, insbesondere keine überwiegenden Belange des Kunden entgegenstehen (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 162/12, juris Rdnr. 26; Urteil vom 4. März 2010 - III ZR 79/09, juris Rdnr. 12). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung, in die die Art des konkreten Vertrags, die typischen Interessen beider Parteien, die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise und die sich aus der Gesamtheit der Rechtsordnung ergebenden Bewertungskriterien einzubeziehen sind (BGH, Urteil vom 4. März 2010, aaO., juris Rdnr. 12; OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO., juris Rdnr. 37).

bb) Die Beklagte erbringt Luftbeförderungsleistungen. In Ziff. 4.1. der von ihr verwandten Allgemeinen Geschäfts- und Beförderungsbedingungen (nachfolgend ABB genannt) hat die Beklagte den Leistungsgegenstand des Vertrags ausdrücklich bestimmt. Danach ist Leistungsgegenstand "die Erbringung der mit der Buchung bestätigten Beförderungsleistung durch den ausführenden Luftfrachtführer".

Dabei bezeichnet sich die Beklagte gemäß Ziff. 1.1 der ABB bei Flügen unter einer X3-Flugnummer als ausführender Luftfrachtführer und bei Flügen anderer Fluggesellschaften als vertraglicher Luftfrachtführer. Ferner heißt es dort: "Vertragspartnerin für alle über die Website T.com gebuchten Flugleistungen, die von der T. Vermarktungs GmbH (...) oder von einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt werden, ist T.com."

Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich hierbei nicht um einen Rechtskauf, bei dem sie einzig und allein Flugbeförderungsleistungen durch mit ihr vertraglich verbundener Fluggesellschaften verkaufen würde. Sie tritt nach den vorgenannten Angaben in ihren Geschäfts- und Beförderungsbedingungen vielmehr selbst als ausführender Luftfrachtführer auf. In den ABB wird gerade nicht darauf abgestellt, dass es sich bei der Beklagten "um keine Fluggesellschaft" handele, die "keine Flugliniengenehmigung" besitze. Dass die Beklagte lediglich ein Recht auf Flugbeförderungsleistungen durch Fluggesellschaften verkauft, wird aus ihren ABB nicht ersichtlich.

Im Übrigen ist in Art. 39 des Montrealer Übereinkommens sowie in § 48b Abs. 1 Satz 1 LuftVG eine Differenzierung nach vertraglichen und ausführenden Luftfrachtführer vorgesehen, so dass die Beklagte als vertraglicher Luftfrachtführer, die sich der Hilfe bei der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtung mit dem ausführenden Luftfrachtführer eines Erfüllungsgehilfen bedient, gegenüber ihrem Vertragspartner die Ausführung der Luftbeförderungsleistung schuldet. Die Beklagte muss sich an den von ihr verwandten Begrifflichkeiten festhalten lassen.

cc) Ein Luftbeförderungsvertrag ist als Werkvertrag zu qualifizieren, da mit der Hauptleistungspflicht der Beklagten, der Beförderung des Fluggastes und seines Gepäcks, ein Erfolg geschuldet ist (vgl. nur BGHZ 62, 71, 75; BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - X ZR 165/03, juris Rdnr. 10, OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO., juris Rdnr. 40). Damit besteht eine Vorleistungspflicht der Beklagten gem. § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB, dem Leitbildfunktion zukommt (BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO., juris Rdnr. 24).

(1) Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich ein anderes Leitbild nicht daraus, dass dem Vertrag eine Beförderungsleistung zu Grunde liegt. Soweit Fahrkarten teils durch Verordnung (vgl. § 9 Abs. 1 Eisenbahnverkehrsordnung) legalisiert, teils gewohnheitsrechtlich im Voraus zu bezahlen sind, kann dies nicht auf Flugbeförderungsleistungen übertragen werden, weil es sich bei Bahn-, Straßenbahnfahrten u. ä. im Unterschied zu Flugbeförderungsleistungen in der Regel um anonyme, im Interesse des Kunden leicht zu überwachende Massengeschäfte von verhältnismäßig geringem Geschäftswert und Gewährleistungsbelang handelt (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1987 - VII ZR 37/86, juris Rdnr. 28). Bei Flugreisen besteht eine solche Anonymität gerade nicht. Flugreisende sind vielmehr verpflichtet, ihre persönlichen Daten bei der Buchung anzugeben. Die Buchung erfolgt personengebunden. Die Flugbeförderungsleistung wird ausweislich Ziff. 6.1 "Buchung" Buchst. (a) nur für den gebuchten Flug und die in der Buchung aufgeführte Person erbracht. Eine Umbuchung auf eine Ersatzperson ist nach Ziff. 7 "Ersatzperson" der ABB an besondere Voraussetzungen geknüpft.

(2) Soweit der Luftbeförderungsvertrag als Werkvertrag Besonderheiten aufweist, weil dem Beförderungsunternehmen aus der Natur der Sache kein Unternehmerpfandrecht oder ein anderes Sicherungsmittel zur Verfügung steht, ändert dies an der Leitbildfunktion des § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB nichts (a. A. OLG Köln, Urteil vom 5. September 2014 - 6 U 23/14, II. 2. a) aa); nicht eindeutig OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO., juris Rdnr. 40).

Selbst wenn nicht auf § 641 BGB zurückzugreifen sein sollte, würde das gesetzliche Leitbild des § 320 BGB geltend, der im Ergebnis kein anderes Ergebnis bei der Interessenabwägung rechtfertigen würde.

dd) Bei der Interessenabwägung ist Folgendes zu berücksichtigen:

(1) Dem Kunden wird bei Vorauszahlung des gesamten Reisepreises bereits bis zu 11 Monate vor Reisebeginn das volle Vergütungsrisiko ohne Rücksicht darauf aufgebürdet, ob die Beklagte oder eine andere Fluggesellschaft zu dem vereinbarten Flugtermin noch fähig und bereit ist, die vertraglich geschuldete Flugbeförderungsleistung zu erbringen. Die Kunden der Beklagten haben insbesondere das Risiko einer Insolvenz zu tragen, da im Gegensatz zum Reisevertragsrecht das Risiko, Anzahlungen auf den Reisepreis in der Insolvenz des Reiseveranstalters geltend machen zu müssen, nicht durch eine Sicherheit - vergleichbar dem Sicherungsschein nach § 651k Abs. 4 BGB - abgedeckt ist. Die Beklagte kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass sie wirtschaftlich so leistungsfähig sei, dass eine Insolvenz nicht in Betracht kommt. Dass es in der Vergangenheit zu Insolvenzen europäischer Linienfluggesellschaften gekommen ist, ergibt sich bereits aus der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament vom 18. März 2013 COM (2013) 129 final, auf die sich die Beklagte ausdrücklich berufen hat. In dieser Mitteilung hat die europäische Kommission festgestellt, dass nur ein begrenzter Schutz der Fluggäste im Fall der insolvent gegangenen Luftfahrtunternehmen bestand (so auch Staudinger, RRa 2014, 58 [59]). Selbst im Fall einer IATA-Akkreditierung ist kein weitergehender Schutz des Kunden gegeben, weil eine Rückerstattung im Rahmen des zentralen Zahlungs- und Buchungssystems dann nicht mehr stattfindet, wenn Fluggäste länger als 30 Tage im Voraus zum Flug ein Flugticket erworben haben (Rdnr. 16 der Mitteilung).

Der Einwand der Beklagten, das Insolvenzrisiko könne durch den Abschluss einer kostengünstigen Reiseschutzversicherung von 5 € ausgeschlossen werden, greift nicht durch. Denn auf diese Möglichkeit wird in den ABB der Beklagten nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Klausel hingewiesen. Einem angemessenen Interessenausgleich im Verkehr mit Verbrauchern steht entgegen, wenn nicht sichergestellt ist, dass der Kunde auf das für ihn bei Vertragsabschluss entstehende Risiko und die Möglichkeit der Versicherung deutlich genug hingewiesen wird (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - VII ZR 249/12, juris Rdnr. 28). Das Oberlandesgericht Frankfurt (aaO., juris Rdnr. 46) stellt hingegen allgemein auf die bloße Möglichkeit ab, eine Fluginsolvenzversicherung abzuschließen, und berücksichtigt dies zu Gunsten des Klauselverwenders bei der Interessenabwägung (so auch OLG Köln, Urteil vom 5. September 2014, aaO., II. 2. b) bb)). Dies überzeugt nicht. Während im Reisevertragsrecht eine Pflicht des Reiseveranstalters besteht, das Risiko der Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz abzusichern (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 651k Rdnr. 1a), muss der Verbraucher bei der Flugbeförderung selbst tätig werden, um eine entsprechende Absicherung zu erhalten. Dass Verbraucher regelmäßig entsprechende Insolvenzversicherungen abschließen würden, behauptet die Beklagte nicht. Weder aus § 6 Abs. 2 lit. i BGB-InfoV noch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. Juli 2006 (X ZR 182/05) lässt sich eine andere Wertung herleiten. Da im Reisevertragsrecht bereits die Sicherungspflicht des Reiseveranstalters besteht, ist es gerade nicht erforderlich, den Kunden auf die Möglichkeit, eine Reiseschutzversicherung abzuschließen, hinzuweisen.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass das Risiko, dass der Luftfahrtführer zum vereinbarten Flugtermin - unabhängig von seiner Zahlungsfähigkeit - nicht fähig oder nicht bereit ist, die vertraglich geschuldete Beförderungsleistung zu erbringen, durch die Ansprüche aus der Fluggastrechte-VO (EG) Nr. 161/2004 gemindert wird. Dabei ist aber zu beachten, dass sich die Forderungen aus der Fluggastrechte-VO allein gegen das ausführende Flugunternehmen, nicht aber gegen das vertragliche Flugunternehmen richtet (OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO., juris Rdnr. 41). Dadurch steht dem Kunden allerdings ein gewisses Druckmittel zur Verfügung, das ihm der Sicherstellung der Leistungserbringung dient (OLG Frankfurt, aaO.).

(2) Des Weiteren ist jedenfalls bei teureren Flügen der Nachteil für den Kunden in Form von Liquiditäts- und Zinseinbußen nicht zu vernachlässigen, da er den vollständigen Flugpreis bereits bis zu 11 Monaten vor Antritt des Fluges leisten muss, mithin entsprechend eher, als er nach der gesetzlichen Regelung des § 641 BGB verpflichtet ist (so für die Pauschalreise: OLG Köln, Urteil vom 14. September 2012 - 6 U 104/12, juris Rdnr. 35; Staudinger, RRa 2014, 58 [61]).

Dieser Nachteil wird allerdings durch den Umstand ausgeglichen, dass der Kunde, wenn er früh bucht, zum einem den Vorteil hat, sich aus den nur begrenzt zur Verfügung stehenden Kapazitäten die ihm genehme Leistung zu sichern (OLG Köln, Urteil vom 5. September 2014, aaO., II. 2. a) bb)). Zum anderen bringt eine frühzeitige Buchung häufig auch deutliche Preisvorteile mit sich (vgl. dazu OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO., juris Rdnr. 47, das mit diesem Vorteil das Insolvenzrisiko gemindert sieht; a. A. Staudinger, RRa 2014, 58 [62]).

(3) Zu Gunsten der Beklagten ist ihr berechtigtes Interesse an der Geringhaltung des Verwaltungs- und Abrechnungsaufwands zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, dass die Beklagte über die IATA in einem seit langem bestehenden weltweiten Buchungssystem eingebunden ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO., juris Rdnr. 50). Aus der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme der IATA vom 17. Juni 2014 ergebe sich - so das Oberlandesgericht Frankfurt - die Folge, dass die Beklagte - mit für sie unabsehbaren Folgen - aus einem weltweit praktizierten Flugbuchungsverfahren ausscheiden würde, das im Übrigen für den Kunden auch Vorteile bietet. So würde es den Kunden vor dem Kauf eines Flugtickets einer bereits insolventen Fluggesellschaft schützen und den Verkauf von Interline-Flugtickets ermöglichen. Könnte die Beklagte an diesem internationalen System nicht mehr teilnehmen, würde dies zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen zu ihren Lasten führen (OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO.). Dem folgt der Senat nicht. Aus der Stellungnahme der IATA ergibt sich lediglich, dass ggf. ein höherer Verwaltungsaufwand für die Beklagte anfallen würde, wenn mehr als nur ein Buchungsvorgang durchgeführt werden müsse. Der Senat muss dabei nicht entscheiden, ob dies als sachlicher Grund zu Gunsten der Beklagten durchgreifen würde, wenn Passagiere mit einer Buchung mehrere Fluggesellschaften nutzen. Eine wesentliche Erschwernis liegt jedenfalls nicht für den Fall vor, dass lediglich ein Flug bei der dem T.-Konzern angehörigen Fluggesellschaft gebucht und - wenn auch nicht 11 Monate vor Flugbeginn - die Zahlung zu einem zeitnahen Termin vor dem Flug in einem einzigen Bezahlungsvorgang durchgeführt würde.

Im Übrigen sind die IATA-Empfehlungen, auf denen die Allgemeinen Geschäfts- und Beförderungsbedingungen der Beklagten beruhen, keine Rechtsnormen. Als Zusammenschluss von Luftverkehrsunternehmen ist die IATA kein Völkerrechtssubjekt, sondern ein internationaler nichtstaatlicher Verband (BGH, Urteil vom 20. Januar 1983 - VII ZR 105/81, juris Rdnr. 14, 15). Die weltweite Anwendung dieser Empfehlungen und dem damit verbundenen Streben nach internationaler Rechtseinheitlichkeit geht dem inländischen Interesse an einem wirksamen und unbeschränkten Verbraucherschutz nicht vor (BGH, Urteil vom 20. Januar 1983, aaO., juris Rdnr. 17; OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO., juris Rdnr. 50). Branchenüblichkeit steht einer Klauselunwirksamkeit gleichfalls nicht entgegen (Staudinger, RRa 2014, 58 [62]).

Soweit das Oberlandesgericht Frankfurt in Erwägung zieht, dass es sich bei der weltweit allgemein üblichen Bezahlung eines Fluges bei Buchung mittlerweile um eine Verkehrssitte handeln und deshalb die Klausel nicht als unangemessen angesehen werden könnte (Urteil vom 4. September 2014, aaO.), greift dieser Umstand nur bei der Inhaltskontrolle gegenüber Unternehmern, nicht aber gegenüber Verbrauchern durch. Der kaufmännische Rechtsverkehr ist wegen der dort herrschenden Handelsbräuche, Usancen, Verkehrssitten und wegen der zumeist größeren rechtsgeschäftlichen Erfahrung der Beteiligten auf eine stärkere Elastizität der für ihn maßgeblichen vertragsrechtlichen Normen angewiesen als der Rechtsverkehr mit Letztverbrauchern (BGH, Urteil vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, juris Rdnr. 43).

(4) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, durch die sofortige Erteilung einer Buchungsnummer fände eine ausreichende Sicherung des Kunden statt, der damit über eine "Verbriefung" seines Anspruchs verfügt, überzeugt dies nicht. Unerlässlich für die Fälligkeit einer erheblichen Vorauszahlung ist stets die Beschaffung und Aushändigung von Reisepapieren, welche in weitestgehendem Umfang durch Vertrag zugunsten Dritter dem Reisenden unmittelbare Ansprüche gegen die wichtigsten Leistungsträger, insbesondere gegen Beförderungs- und Beherbergungsunternehmen "verbriefen" (BGH, Urteil vom 20. März 1986 - VII ZR 191/85, juris Rdnr. 19). Eine ausreichende Sicherung durch die Verschaffung von "verbriefenden" Flugunterlagen kommt aber dann nicht in Betracht, wenn der Luftbeförderer die geschuldete Leistung mit eigenen Flugzeugen erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1987, aaO., juris Rdnr. 47; OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO., juris Rdnr. 44). Dies ist hier der Fall, weil die Beklagte bei bestimmten Flügen als ausführender Luftfrachtführer auftritt. Dass die Beklagte dabei über keine eigenen Flugzeuge verfügt, insoweit aber auf Flugzeuge von Gesellschaften des T.-Konzerns zurückgreift, ändert an ihrer Stellung als ausführender Luftfrachtführer nichts.

(5) Der Einwand der Beklagten, wegen der erheblichen Vorlaufkosten für den Erwerb von Start- und Landerechten etc. bestünden nur minimale Gewinnmargen, so dass sie nicht mit einem untragbaren Inkassorisiko belastet werden dürfte (so auch OLG Köln, Urteil vom 5. September 2014, aaO., II. 2. a) aa)), greift nicht durch. Dies gehört zum allgemeinen Geschäfts- und Investitionsrisiko, das typischerweise der Unternehmer trägt (anders OLG Frankfurt, Urteil vom 4. September 2014, aaO., juris Rdnr. 49).

Daran ändert auch der nach § 21 Abs. 2 Satz 3 LuftVG bestehenden Kontrahierungszwang nicht. Dem Kontrahierungszwang kann eine Sicherheit durch Vorauszahlung gegenüberstehen, dessen höhenmäßiger Anteil an dem Flugpreis von der zeitlichen Nähe zum Flugtermin bestimmt wird. Das Risiko, einen nicht bezahlten Flug nicht mehr anderweitig veräußern zu können, hängt von dem Zeitraum ab, der zwischen der Nichtzahlung und dem Flugtermin liegt. Sollte die Beklagte wegen Nichtzahlung mehrere Monate vor Flugbeginn von dem Vertrag zurückgetreten sein, so wird ein solcher Zeitraum für eine anderweitige Veräußerung ausreichend sein.

(6) Soweit in Betracht kommt, es als sachlichen Grund für eine Vorauszahlung ausreichen zu lassen, wenn der Beklagten oder einer Fluggesellschaft als Vertragspartner bereits bei Abschluss des Vertrags Aufwendungen entstehen, die unter Berücksichtigung ihrer Gewinnmarge der geforderten Anzahlungsquote entspricht, hat die Beklagte vorgetragen, dass ihr unabhängig von den Fixkosten Kosten für den jeweiligen Flug (u. a. Slotgebühren, Kosten für Kerosin) und den jeweiligen Fluggast (Servicegebühren, Steuern, Aufwand für Essen) entstehen. Die Slots, also die Start- und Landerechte, werden - so die Beklagte - ca. ein halbes Jahr vor dem Flugtermin gebucht; Kerosin werde frühzeitig an einer Börse eingekauft. Damit steht aber fest, dass der Beklagten bei einer Buchung 11 Monate vor Flugbeginn ein nicht unerheblicher Teil ihrer Aufwendungen noch nicht entstanden sind. Nach den Angaben der Beklagten und dem Inhalt der IATA-Stellungnahme sind die Gewinnmargen nur sehr gering.

2. Die Erstattung der Abmahnkosten kann der Kläger nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG verlangen.

3. Die Schriftsätze der Beklagten vom 27. November 2014 und vom 10. Dezember 2014 boten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die Klausel, die nicht nur von der Beklagten, sondern auch von anderen Fluggesellschaften verwandt wird, betrifft eine große Anzahl von Flugbeförderungsverträgen. Darüber hinaus ist die Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Urteilen des Oberlandesgerichts Köln und des Oberlandesgerichts Frankfurt ab, die die Klausel im Ergebnis für wirksam erachtet haben.

IV.

Der Streitwert für die Berufung der Beklagten war auf 20.000 € festzusetzen.

Soweit das Landgericht mit Beschluss vom 3. Februar 2014 den Streitwert erster Instanz auf 2.500 € entsprechend den Angaben des Klägers in der Klageschrift vom 19. Juni 2013 festgesetzt hat, entspricht dies nicht dem Wert der Berufung der Beklagten. Maßgeblich für den Wert der Berufung ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Änderung des angefochtenen Urteils, so dass sich im Hinblick auf die titulierte Unterlassungspflicht der Wert nach dem Interesse der Beklagten an der Beseitigung dieser Verpflichtung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bemisst (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, juris Rdnr. 4). Die streitgegenständliche Klausel hat für die betroffenen Fluglinien wegen der über mehrere Monate bestehenden Vorleistung eine besondere wirtschaftliche Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013, aaO. juris Rdnr. 6), so dass hier auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis zur Befreiung des Rechtsverkehrs von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Kostenrisiken möglichst geschützt sind (BGH, Beschluss vom 26. September 2012 - IV ZR 208/11, juris Rdnr. 20, 21), eine Abweichung von dem Regelstreitwert von 2.500 € pro beanstandeter Klausel gerechtfertigt ist.