Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.12.2014, Az.: 14 U 78/14

Zustandekommen eines Architektenvertrages; Beginn der Verjährung von Schadensersatzansprüchen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
23.12.2014
Aktenzeichen
14 U 78/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 37621
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:1223.14U78.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 29.04.2014 - AZ: 9 O 271/12

Fundstellen

  • BauR 2016, 291-294
  • IBR 2015, 550

Amtlicher Leitsatz

1. Der Architektenvertrag ist grundsätzlich formfrei, er kann auch mündlich geschlossen werden. Das gilt ebenso für die Beauftragung einzelner Leistungsphasen.

2. Erbringt der Architekt Leistungen einer Leistungsphase, so kann dies im Einzelfall bei Hinzutreten weiterer Umstände dafür sprechen, dass er mit diesen Leistungen zuvor auch (mündlich) beauftragt wurde.

3. Für den Beginn der Verjährung von Ansprüchen aus einem Architektenvertrag ist auf die Abnahme der Architektenleistungen seitens des Auftraggebers abzustellen.

4. Die Verjährungsfrist beginnt auch dann zu laufen, wenn Umstände gegeben sind, nach denen eine Erfüllung des Vertrages nicht mehr in Betracht kommt

5. Eine konkludente Abnahme ist anzunehmen, wenn der Auftraggeber erkennen lässt, dass er das Werk (des Architekten) als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt, d. h. ein Verhalten zeigt, das geeignet ist, seinen Abnahmewillen eindeutig und schlüssig zum Ausdruck zu bringen.

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29. April 2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover [9 O 271/12] aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, zurückverwiesen.

Gründe

I.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 248 R - 251 d. A.).

Die Einzelrichterin hat das klagestattgebende Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Etwaige Ansprüche der Klägerin gegen die Architekten H. GmbH seien verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB habe mit Erfüllung der Leistungsphase 8, hier der Abnahme der Generalunternehmerleistungen vom 26. Mai 2006, begonnen. Die Frist sei am 25. Mai 2011, also vor Klageeinreichung im September 2012, abgelaufen. Eine Beauftragung der Architekten mit der Leistungsphase 9 sei nicht festzustellen. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung zu einer schriftlichen Beauftragung sei ein schriftlicher Auftrag nicht erfolgt. Etwas anderes ergebe sich insbesondere nicht aus der Anlage K 12 (Schreiben vom 9. Mai 2006), die nicht die eigentlichen Gewährleistungsansprüche betreffe. Die Anlagen K 13 - 17 und die Schlussrechnung (K 18) könnten zwar für eine Beauftragung sprechen, es sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Rechnungsposition für die Leistungsphase 9 vollständig ausgenommen habe, was wiederum gegen die Erteilung eines Auftrages spreche. Eine etwaige faktische Bauüberwachung sei für die Frage des Verjährungsbeginnes irrelevant.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, hilfsweise eine Abänderung dahin, dass entsprechend ihren erstinstanzlichen Anträgen entschieden wird. Sie rügt eine Überraschungsentscheidung, weil das Urteil dem gerichtlichen Hinweis vom 22. März 2013, mit dem die Einzelrichterin zu erkennen gegeben habe, dass sie einen Auftrag mit der Leistungsphase 9 annehme, widerspreche. Vorliegend sei eine Reihe von starken Indizien zu berücksichtigen, die für eine Beauftragung der Architekten mit der Leistungsphase 9 sprächen, nämlich: Schlussrechnung vom 12. Februar 2007 (Anlage K 18), Tätigwerden der Architekten bis zum Jahre 2009 bei der Verfolgung und Durchsetzung von Mängelrechten der Klägerin (Anlagen K 13 - 17), Zahlung der Klägerin vom 27. September 2007 in Höhe von 2.030,- EUR (als 50 %-igen Anteil für die Leistungsphase 9) und die weitere Tätigkeit der Architekten in Form von Mängelrügen (Anlagen K 28 - 32). Die Architekten hätten typische Leistungen der Leistungsphase 9 bezogen auf nach der Abnahme entstandene Gewährleistungsansprüche der Klägerin getätigt. Weiter rügt die Klägerin, die Einzelrichterin habe fälschlicherweise die Abnahme der Architektenleistung mit der Abnahme der Generalunternehmerleistung gleichgesetzt, zumal der Architektenvertrag zuvor erweitert worden sei (Anlage K 12). Es habe auch keine konkludente Abnahme mit der Prüfung der Schlussrechnung vorgelegen, sondern frühestens mit der Zahlung vom 27. September 2007, weshalb die Fünfjahresfrist mit der Klageerhebung rechtzeitig unterbrochen worden sei. Im Übrigen sei dem Beklagten der Verjährungseinwand verwehrt, weil die Architekten nach dem Auftreten der Dachdurchfeuchtungen in den Jahren 2010 und 2011 in den Wohnungen S. und B. nichts unternommen hätten, was die Verletzung von Nebenpflichten darstelle, die die Klägerin zu verjährungsunterbrechenden Maßnahmen veranlasst hätten.

Die Klägerin beantragt,

das Verfahren unter Aufhebung des am 29.04.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover zum Aktenzeichen 9 O 271/12 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise

1. unter Abänderung des am 29.04.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover zum Aktenzeichen 9 O 271/12 das Versäumnisurteil des Landgerichts Hannover vom 25.10.2012 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Höhe beschränkt ist auf die Leistung aus der Entschädigungsforderung gegen den Versicherer (V. Versicherung AG, ...);

2. a) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR 107.652,48 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen, jedoch in der Höhe beschränkt auf Leistung aus der Entschädigungsforderung gegen den Versicherer (V. Versicherung AG, ...);

b) Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin alle weiteren Aufwendungen und Schäden zu ersetzen hat, die der Klägerin aus der Instandsetzung des Entwässerungssystems am Gebäude A.straße ... in H., insbesondere aus der Beseitigung folgender Mängel und Mangelerscheinungen resultieren:

- Die Laubfangkörbe der Dacheinläufe sind mit Lochblechen umwickelt.

- Die Terrassenentwässerungen der Wohnungen 4, 6 und 8 sind an das Fallrohr der Dachentwässerung angeschlossen.

- Die Rechteckfallrohre der Balkon- und Terrassenentwässerungen enden 2 cm oberhalb des Rinnenbodens der darunter liegenden Balkonebene.

- Die Rechteckrinne des rückseitigen Dachzwickels oberhalb des 2. Obergeschosses ist unterdimensioniert.

- Die Regenfallrohre der Dachentwässerung sind in die Verblendschale eingelassen und der Bewitterung durch Wasser frei ausgesetzt.

- Die Dachterrassen entlang der Wohnungen 7 und 8 weisen nur ein Längsgefälle von weniger als 1 % auf und besitzen kein Quergefälle.

- Die Dachterrassen entlang der Wohnungen 7 und 8 sind nicht mit zwei Lagen Polymerbitumenbahn abgedichtet.

- Die Entwässerungsrinne zur Entwässerung der Dachterrasse ist (mit Ausnahme der Rinne im Bereich der Achse A bis D) nicht vorgehängt worden und liegt stattdessen oberhalb der Rohbetondecke im Splittbett.

- Durch das Einkleben der Entwässerungsrinne der Dachterrasse oberhalb der Rohbetondecke ist eine wannenförmige Konstruktion entstanden, die wegen fehlenden hochgeführten Randabschlusses zu einem Überlaufen von Wasser führt, welches unkontrolliert an der darunter liegenden Fassade abläuft.

- Die Einklebung der oberhalb der Rohbetondecke liegenden Entwässerungsrinne der Dachterrasse kann von Wasser hinterlaufen werden und in die Baukonstruktion eindringen.

- Die oberhalb der Rohbetondecke liegende Entwässerungsrinne der Dachterrasse liegt höher als der Terrassensteinbelag und der Randaufkantung mit der Folge, dass sich Wasser im Splittbett stauen und gefrieren kann.

- Der Dachgully im Schnittpunkt der rechtwinklig aufeinander zulaufenden Entwässerungsrinnen der Dachterrasse im Bereich der Wohnung 7 liegt höher als die Entwässerungsrinnen.

- Der Anschluss des Vordaches an der Wohnung 7 an die Fassade ist wasserdurchlässig.

- Die Dachterrassen- und Balkonabdichtungsbahnen aller Wohnungen sind nur bis zur Höhe der Terrassen- und Balkonsteinbeläge an das aufgehende Mauerwerk angeschlossen worden und sind nicht vor mechanischen Beschädigungen geschützt.

- Die Sockel des Wärmedämmverbundsystems im Übergang zu den Dachterrassen sind durchfeuchtet.

- Die im Splittbett liegenden Dachterrassensteinbeläge sind ohne Abstand untereinander knirsch verlegt worden.

Die Streithelferin stellt keinen Antrag.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise widerklagend

festzustellen, dass der Auftragsumfang der Beklagten auf Ziffer 3.3.3 des Architektenvertrages vom 15.07.2004, Anlage K 1, Lph 8: Objektüberwachung auf folgende Leistungen "Die öffentliche Erschließung und die Arbeiten der Versorgungsträger sind im Rahmen des Gesamtprojektes mit zu koordinieren. Durchführen einer Vorabnahme mit dem AG, die ca. 1 - 2 Wochen vor der Übergabe an den/die Erwerber stattfinden soll. Anfertigen des Protokolls und unverzügliche Veranlassung der Beseitigung der Mängel aus der Vorabnahme. Teilnahme an dem Abnahme/Übergabetermin mit den Erwerbern. Der Ausbau nicht rechtzeitig verkaufter Wohnungen wird ggf. in den Gewerken Fliesen, Sanitärobjekte, Oberbodenbeläge, Maler, Innentüren, Treppenstufen gestoppt und erst nach Verkauf wieder aufgenommen." beschränkt ist.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und begehrt die Zurückweisung der klägerischen Berufung, hilfsweise - für den Fall, dass der Senat nicht von einer Verjährung der Ansprüche ausgehe - beantragt er eine positive Entscheidung zu seiner Zwischenfeststellungsklage (Feststellung eines beschränkten Leistungsumfangs zur Leistungsphase 8). Der Beklagte meint, die Einzelrichterin habe keine Überraschungsentscheidung getroffen, weil sie in der mündlichen Verhandlung am 14. März 2014 erörtert habe, ob die Zwischenfeststellungsklage hauptsächlich oder hilfsweise erhoben werde; damit habe sie deutlich gemacht, dass sie zur Klageabweisung neige. Weiter behauptet der Beklagte, eine schriftliche Beauftragung der Leistungsphase 9 sei entgegen der entsprechenden vertraglichen Vereinbarung gerade nicht erfolgt. Das Vorbringen der Klägerin zur etwaigen Zahlung auf die Schlussrechnung werde bestritten, es sei aber jedenfalls verspätet. Bei den Anlagen K 28 - 32 handele es sich um Tätigkeiten der Architekten für andere Bauvorhaben mit der Klägerin, hinsichtlich derer lediglich eine Weiterleitung an die Generalunternehmerin bzw. deren Insolvenzverwalter erfolgt sei. Der Architektenvertrag sei mit der Anlage K 12 auch nicht erweitert worden, weil dieses Schriftstück nur Leistungen der Ziffer 3.3.3 des Vertrages betreffe. Mit der Reaktion der Klägerin auf die Schlussrechnung vom 12. Februar 2007 sei eine konkludente Abnahme erfolgt. Nebenpflichten hätten die Architekten nicht verletzt, weil sie für die behaupteten Dachdurchfeuchtungen eindeutig nicht hafteten; ihre Planungen seien nämlich gerade nicht umgesetzt worden. Zu den eingeschränkten Anträgen der Klägerin (Beschränkung auf die Leistungen aus der Entschädigungsforderung gegen die V. Versicherung AG) trägt der Beklagte vor, diese Berufshaftpflichtversicherung der Architekten erfasse keine Erfüllungsansprüche; tatsächlich mache die Klägerin aber Erfüllungssurrogat geltend.

II.

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist begründet. Ihre etwaigen Aufwendungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Firma H. GmbH waren nicht verjährt, als die Klägerin im September 2012 Klage erhoben hat. Da die Einzelrichterin sich mit ihrer Entscheidung in Widerspruch zu ihrem Hinweis vom 22. März 2013 gesetzt hat, ohne ihre Meinungsänderung zuvor kundgetan zu haben, und damit für die Parteien überraschend geurteilt hat, sowie überdies streitiges Vorbringen übergangen hat, ist das Urteil verfahrensfehlerhaft ergangen, sodass eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung angebracht ist, zumal hinsichtlich der Mängelrügen eine aufwändige Beweisaufnahme notwendig erscheint (§ 538 Abs. 2 ZPO).

1. Die Architekten sind von der Klägerin mit der Leistungsphase 9 beauftragt worden.

a) Gemäß Ziffer 3.1 des Architektenvertrags (Anlage K 1, Anlagenband I der Klägerin) zwischen der Klägerin und der der Firma H. GmbH vom 15./16. Juli 2004 erstreckte sich die Beauftragung der Architektenleistungen zunächst auf die Leistungsphasen 1 bis 6. Die Auftragnehmerin verpflichtete sich, "die restlichen Leistungsphasen gemäß den Festlegungen dieses Vertrages zu erbringen, sobald sie vom AG schriftlich beauftragt und abgerufen werden." Unstreitig gibt es kein entsprechendes Schreiben der Klägerin. Gemäß Ziffer 17.3 des Architektenvertrages bedürfen Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform. Eine entsprechende Abänderung ist unstreitig ebenso wenig schriftlich erfolgt. Die Klägerin behauptet vielmehr, sie habe die Leistungsphase 9 Anfang Mai 2006 mündlich abgerufen.

Als Werkvertrag ist ein Architektenvertrag grundsätzlich formfrei, kann also auch mündlich geschlossen werden. Es bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit einer formfreien Beauftragung für die Leistungsphase 9; insofern ist jedoch von einem neuen Vertrag zwischen der Klägerin und den Architekten ausgehen.

b) Eine solche mündliche Beauftragung der Firma H. GmbH lässt sich vorliegend feststellen. Deren Schreiben an die Klägerin vom 9. Mai 2006 (Anlage K 12, Anlagenband II der Klägerin) bestätigt zwar für sich allein genommen nicht sicher eine solche Auftragserteilung seitens der Klägerin. Darin bestätigt die Firma H. GmbH nämlich nur, dass sie "die während der Abnahme noch vorhandenen Mängel und Restleistungen gemäß der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Liste einzeln abarbeiten und deren Beseitigung durch die Erwerber bestätigen lassen werden". Dieses Schreiben dürfte sich auf das Abnahmeprotokoll vom 4. Mai 2006 (Anlage K 3, Anlagenband I der Klägerin) beziehen, wonach bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums Mängel und Restarbeiten festgehalten wurden, die bis zum 26. Mai 2006 zu beseitigen waren. Insbesondere der 2. Absatz des Schreibens vom 9. Mai 2006 spricht für eine derartige Auslegung, weil dort Bezug genommen wird auf "von der Liste genommene Restleistungen und Mängel", die "ebenfalls bis zur Abnahme beseitigt" wurden. Damit dürfte eine Bezugnahme auf die Vergangenheit gemeint sein. Insoweit hatte die Firma H. GmbH im Rahmen der Leistungsphase 8 auch tatsächlich Leistungen zu erbringen (Ziffer 3.3.3 des Architektenvertrages: "unverzügliche Veranlassung der Beseitigung der Mängel aus der Vorabnahme"). Es ist demzufolge jedenfalls keinesfalls sicher, dass mit der Formulierung im Schreiben vom 9. Mai 2006 eine Objektbetreuung und Dokumentation im Sinne der Leistungsphase 9 zur Bearbeitung der Gewährleistungsmängel nach Abnahme vom 26. Mai 2006 gemeint sein sollte.

c) Etwas anderes ergibt sich jedoch aus einer Zusammenschau mit den Anlagen K 13 - 17 (Anlagenband II der Klägerin). Hierbei handelt es sich um eine Dokumentation der Mängelbearbeitung und um eine Rechnungsprüfung einer Ersatzvornahme betreffend die Gewährleistungsmängel am Sondereigentum S. bzw. um Mängelanzeigen aus dem Jahre 2009 gegenüber der Nebenintervenientin unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung. Das zeigt, dass die Architekten noch im Jahre 2009 - also deutlich nach der Abnahme der Werkleistung der Generalunternehmerin - mit der Bearbeitung von Gewährleistungsrechten der Klägerin beschäftigt waren, mithin Leistungen der Leistungsphase 9 tatsächlich erbracht haben. Auch die Schlussrechnung der Firma H. GmbH vom 12. Februar 2007 (Anlage K 18, Anlagenband II der Klägerin) spricht für eine Beauftragung der Architekten mit der Leistungsphase 9 durch die Klägerin, weil für "9. Objektbetreuung + Dokumentation" ein Betrag in Höhe von 3.500,- EUR netto geltend gemacht wird. Aus den handschriftlichen Aufschriften auf dieser Rechnung ergibt sich, dass die Klägerin diese Rechnung geprüft und den Nettogesamtbetrag von 102.400,- EUR auf 97.700,- EUR gekürzt hat, 16 % Mehrwertsteuer addiert und so 113.332,- EUR brutto errechnet hat, worauf bereits 109.272,- EUR gezahlt worden seien, sodass 4.060,- EUR verblieben. Von diesem Betrag hat die Klägerin 50 % einbehalten ("LP 9") und 2.030,- EUR am 27. September 2007 gezahlt. Diese handschriftlichen Zusätze auf der Rechnung sind eindeutig so zu interpretieren, dass der teilweise (!) Einbehalt sich auf die Leistungsphase 9 bezieht. Entsprechend hat die Klägerin auch bereits in erster Instanz vorgetragen (Schriftsatz vom 4. Februar 2013, Seite 4, Bl. 69 d. A.). Der Beklagte hat eine solche Zahlung schon in erster Instanz bestritten (Schriftsatz vom 8. März 2013, Seite 3, Bl. 94 d. A.). Einen Nachweis für diese Zahlung hat die Klägerin nunmehr und erstmals in der Berufungsinstanz mit Vorlage der Überweisungsbelege (Bl. 395, 396 d. A.) erbracht. Der Beklagte rügt zwar insoweit Verspätung; diese Rüge greift aber nicht durch, weil die Einzelrichterin die Klägerin bereits in erster Instanz auf den fehlenden Zahlungshinweis hätte hinweisen müssen und nicht in ihrem Urteil unstreitig stellen dürfen, dass die Klägerin den vereinbarten Vergütungsanteil für die Leistungsphase 9 in Höhe von 4.060,- EUR brutto komplett einbehalten habe. Das war gerade nicht unstreitig. Insoweit ist das angefochtene Urteil unter Außerachtlassung streitigen Vorbringens und damit verfahrensfehlerhaft ergangen.

Auch die von der Klägerin in der Berufungsinstanz vorgelegten Anlagen K 28 - 32 (Bl. 397 - 416 d. A.) belegen Tätigkeiten der Architekten zur Bearbeitung von Gewährleistungsrechten der Klägerin noch im Jahre 2009 (Gewährleistungsmängelrügen gegenüber der Nebenintervenientin mit Fristsetzungen zur Mängelbeseitigung). Sie betreffen eindeutig das streitgegenständliche Bauvorhaben und stellen Architektenleistungen der Leistungsphase 9 dar.

Nach einer Gesamtschau spricht alles für eine mündliche Beauftragung der Architekten mit der Leistungsphase 9. Da die Firma H. GmbH diesbezüglich noch in den Jahren 2009 und 2010 tätig war, waren die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungs- und Schadensersatzansprüche bei Klageeinreichung im September 2012 noch nicht im Sinne der fünfjährigen Frist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB verjährt. Hat der Architekt die Leistungen der Phase 9 des § 15 Abs. 2 HOAI (a. F.) übernommen, ist sein Werk erst dann vollendet, wenn auch diese Leistungen erbracht sind [BGH VII ZR 26/12, Urteil vom 20.02.2014, Rn. 18, zitiert nach juris].

2. Die Leistungen der Architekten bis zur Leistungsphase 8 sind ebenso wenig verjährt. Die Ausführungen der Einzelrichterin zum Verjährungsbeginn der Architektenleistungen bis zur Leistungsphase 8 begegnen rechtlichen Bedenken.

a) Danach soll die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Abnahme der Arbeiten der Generalunternehmerin am 26. Mai 2006 begonnen haben und am 26. Mai 2011 beendet gewesen sein. Richtigerweise ist jedoch auf die Abnahme der Architektenleistungen seitens der Klägerin abzustellen. Die Mängelgewährleistungsrechte der Klägerin richten sich nach ihren jeweiligen Vertragsverhältnissen und können zeitlich auseinanderfallen. Die Architekten hatten auch im Rahmen der Leistungsphase 8 noch nach der Abnahme der Werk-leistungen der Nebenintervenientin seitens der Klägerin Tätigkeiten zu entfalten: Gemäß Ziffer 3.3.3 des Architektenvertrages vom 15./16. Juli 2004 sollte die Firma H. GmbH an dem Übergabetermin mit den Erwerbern teilnehmen, der zeitlich nach der Abnahme der Generalunternehmerleistungen liegen konnte. Außerdem sollte die Firma H. GmbH den Ausbau etwaig nicht rechtzeitig verkaufter Wohnungen stoppen und erst nach dem Verkauf wieder aufnehmen. Das zeigt, dass die Architektenleistungen im Rahmen der unstreitig beauftragten Leistungsphase 8 den Zeitpunkt der Abnahme der Arbeiten der Nebenintervenientin zeitlich überdauern konnten. Die Schlussrechnungslegung der Firma H. GmbH erst im Februar 2007 spricht überdies für eine zeitliche Überdauerung der Architektenleistungen im Verhältnis zu den Generalunternehmerleistungen.

b) Zur Abnahme der Architektenleistungen gibt es keinen Vortrag der Parteien. Die Verjährungsfrist beginnt im Verhältnis zur Firma H. GmbH jedenfalls auch dann zu laufen, wenn Umstände gegeben sind, nach denen eine Erfüllung des Vertrages nicht mehr in Betracht kommt [BGH VII ZR 26/12, Urteil vom 20.02.2014, Rn. 13, zitiert nach juris]. Eine konkludente Abnahme ist anzunehmen, wenn der Auftraggeber erkennen lässt, dass er das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt, d. h. ein Verhalten zeigt, das geeignet ist, seinen Abnahmewillen eindeutig und schlüssig zum Ausdruck zu bringen [ders., Rn. 15]. Nach der Abnahme der Leistungen der Generalunternehmerin am 26. Mai 2006 waren die Leistungen der Architekten noch nicht vollständig erbracht; es fehlte zumindest die Schlussrechnung, die erst am 12. Februar 2007 erstellt wurde. Auf diese Rechnung erbrachte die Klägerin bis zum 26. September 2007 unstreitig keine Zahlung. Die Architekten nahmen dagegen noch im März 2007 eine Rechnungsprüfung des Fliesenlegers vor (Anlage K 15, Anlagenband II der Klägerin) und entfalteten sogar im Jahre 2009 und 2010 die oben genannten Tätigkeiten (Anlagen K 16, 17, 28 - 32, Anlagenband II der Klägerin und Bl. 397 - 416 d. A.). Das bedeutet, dass die Firma H. GmbH jedenfalls solange nicht auf einer Abnahme ihrer Leistungen vertrauen durften, als ihre Schlussrechnung weder bezahlt noch diesbezüglich eine Regelung mit der Klägerin getroffen worden war. Solange durfte die Firma H. GmbH das Verhalten der Klägerin nicht als Billigung ihrer erbrachten Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht verstehen.

Deshalb kann - auch allein bezogen auf die Leistungen der Firma H. GmbH zur Leistungsphase 8 - nicht sicher angenommen werden, die Ansprüche der Klägerin auf etwaigen Aufwendungs- und Schadensersatz seien im September 2012 verjährt gewesen.

3. Die Einzelrichterin hat sich mit ihrem Urteil in Widerspruch gesetzt zu ihrem Hinweis vom 22. März 2013, wonach die Anlagen K 12 - 18 für eine Beauftragung der Architekten mit der Leistungsphase 9 sprächen. Ihre Meinungsänderung hat sie nicht kundgetan; eine entsprechende Dokumentation fehlt in der Akte ebenso wie in dem angefochtenen Urteil. Die Erörterungen zur hilfsweise widerklagend geltend gemachten Zwischenfeststellungsklage reichten nicht dazu aus, sicher annehmen zu dürfen, dass die Einzelrichterin die Ansprüche der Klägerin als verjährt ansah. Das angefochtene Urteil erging somit für die Parteien überraschend, was einen weiteren Verfahrensfehler darstellt neben dem oben (Ziffer 1 c)) ausgeführten Übergehen von streitigem Sachvortrag.

4. Auch wenn der Senat aus den oben ausgeführten Gründen keine Verjährung der Klageansprüche der Klägerin annimmt, war auf den Hilfsantrag des Beklagten seine Zwischenfeststellungsklage gemäß Schriftsatz vom 8. März 2013 (Bl. 92, 93 d. A.) nicht zu bescheiden. Insoweit ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif. Der Beklagte wird zum Leistungsumfang der Leistungsphase 8 weiter vortragen müssen:

Ausweislich der Regelungen der Parteien in dem schriftlichen Architektenvertrag vom 15./16. Juli 2004 zu Ziffer 3.1 sollte die Firma H. GmbH Leistungen der Leistungsphase 8 "Objektüberwachung (Bauüberwachung) (Überwachung der GU-Leistungen. GU- und Erwerber-Abnahmen)" nur teilweise erbringen. In den Honorarberechnungen, die dem Vertrag vorgeheftet sind, gelten "15,0 %-Pkt." von den 31,0 %-Punkten der HOAI als vereinbart. Die Leistungsbeschreibung unter Ziffer 3.3.3 des Architektenvertrages machen aber nicht 15,0 %-Punkte der Leistungen eines Architekten nach der Leistungsphase 8 der HOAI aus. Das ergibt ein Abgleich mit den Tabellen zur Bewertung von Grundleistungen der §§ 5 Abs. 2 und 3, 15 HOAI (a. F.), z. B. von Siemon oder Steinfort, die die Teilleistungen innerhalb der Leistungsphasen prozentual bewerten. Danach errechnen sich nach den von Ziffer 3.3.3 des Architektenvertrages umschriebenen Teilleistungen nicht einmal annähernd 15 %-Punkte, sodass vieles dafür sprechen könnte, dass es sich bei dieser Regelung unter Ziffer 3.3.3 nicht um die ausschließliche Konkretisierung der Vereinbarung unter Ziffer 3.1 zur Leistungsphase 8 handeln dürfte, sondern dass sie Zusätzliches regelt. Hierzu wird der beweisbelastete Beklagte, der die begehrte Feststellung beantragt, ergänzend zum tatsächlich vereinbarten Leistungsumfang der Leistungsphase 8 vortragen müssen.

5. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht selbst entscheiden, ohne den Parteien eine Instanz zu nehmen, weil die Parteien zur Zwischenfeststellungshilfswiderklage des Beklagten weiter vortragen müssen und die Einzelrichterin den Vortrag der Parteien zum Vorhandensein von Mängeln noch gar nicht bearbeitet hat. Insofern steht voraussichtlich eine aufwändige Beweisaufnahme an. Das angefochtene Urteil war folglich auf Antrag der Klägerin aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Hannover, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, zurückzuverweisen.