Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 08.03.2018, Az.: 6 A 507/16

Aktenvortrag; mündliche Prüfung; Prüfung; Prüfungsrecht; Rüge; Rügeobliegenheit; Verfahren; Verfahrensmangel

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
08.03.2018
Aktenzeichen
6 A 507/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74451
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Verbesserung seines Prüfungsergebnisses in der zweiten juristischen Staatsprüfung.

Nach Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung unternahm er einen erfolgreichen Verbesserungsversuch, der mit der Gesamtnote 8,24 Punkte (befriedigend) endete. In den Klausuren erzielte der Kläger folgende Ergebnisse:

ZU-Klausur

ausreichend

5 Punkte

(nicht im Streit)

ZG-Klausur

ausreichend

6 Punkte

SR-Klausur

befriedigend

8 Punkt

VR-Klausur

befriedigend

8 Punkte

(nicht im Streit)

VA-Klausur

mangelhaft

3 Punkte

A1-Klausur

ausreichend

6 Punkte

(nicht im Streit)

A2-Klausur

mangelhaft

3 Punkte

WSR-Klausur

befriedigend

8 Punkte

(nicht im Streit)

In der mündlichen Prüfung am 24. August 2016 wurden die Leistungen des Klägers wie folgt bewertet:

Aktenvortrag Strafrecht

befriedigend

9 Punkte

Strafrecht

vollbefriedigend

10 Punkte

Zivilrecht

gut     

13 Punkte

(nicht im Streit)

Öffentliches Recht

gut     

15 Punkte

(nicht im Streit)

Anwalt

gut     

14 Punkte

(nicht im Streit)

Nachdem das Prüfungsergebnis dem Kläger mit Bescheid vom 26. August 2016 bekanntgegeben worden war, erhob er unter dem 29. August 2016 Widerspruch. Zur Begründung führte er an, ihm sei von der Mitarbeiterin des Beklagten, die während der Zeit zur Vorbereitung des Aktenvortrages die Aufsicht geführt habe, nach mehrminütiger Diskussion ein Toilettenbesuch versagt worden. Aus diesem Grunde habe er im strafrechtlichen Aktenvortrag deutlich schlechter abgeschnitten als möglich. Durch seine schlechtere Leistung im strafrechtlichen Aktenvortrag sei er demotiviert gewesen, worunter auch seine Leistung im darauffolgenden strafrechtlichen Prüfungsgespräch gelitten habe. Eine rechtliche Grundlage, den Toilettenbesuch zu versagen, gebe es nicht.

Der Beklagte bat die mit der Aufsicht betraute Mitarbeiterin sowie die Vorsitzende der Prüfungskommission um Stellungnahme zu dem Vorgang. In ihrer Stellungnahme vom 5. September 2016 gab die Aufsichtsperson unter anderem an, unmittelbar nach dem Vorfall mit einem weiteren Mitarbeiter des Beklagten über die Angelegenheit gesprochen zu haben. Auch dieser Mitarbeiter wurde um Stellungnahme gebeten, die unter dem 7. September 2016 abgegeben wurde. Die Vorsitzende der Prüfungskommission, zum damaligen Zeitpunkt zugleich die Vizepräsidentin des Beklagten, bat ihrerseits auch die übrigen Kommissionsmitglieder um Stellungnahme und legte am 20. Oktober 2016 neben ihrer eigenen Stellungnahme auch die Stellungnahmen der übrigen Kommissionsmitglieder vor. Auf die Inhalte der Stellungnahmen wird verwiesen (Bl. 36, 38, 53-58 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten).

Mit Bescheid vom 27. Oktober 2016 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Er begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Kläger die Einwendung, ihm sei zu Unrecht ein Gang zur Toilette verweigert worden, verspätet erhoben habe. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, das Geschehen gegenüber der Vorsitzenden der Prüfungskommission auf dem Weg vom Vorbereitungsraum zum Prüfungsraum zu rügen. Von der Aufsichtskraft sei er ausdrücklich an die Vorsitzende verwiesen worden. Die Frage der Vorsitzenden, ob „alles in Ordnung“ sei er, habe er bejaht. Weder von der mit der Aufsichtskraft geführten Diskussion noch von einer anderen Beeinträchtigung habe er berichtet. Die Frage der Vorsitzenden habe gerade darauf abgezielt, etwaige Beeinträchtigungen offenzulegen. Da er der letzte der vier Kandidaten gewesen sei, der noch einen Aktenvortrag zu halten gehabt habe, wäre es ohne Weiteres möglich gewesen, Abhilfemaßnahmen – die Ermöglichung eines Toilettenganges oder eine Verlängerung der Vorbereitungszeit – zu treffen. Im Übrigen wird auf die Gründe des Widerspruchsbescheides verwiesen (Bl. 65-70 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten).

Am 26. November 2016 hat der Kläger Klage erhoben. Hinsichtlich der Vorgänge während der Vorbereitung des Aktenvortrages vertieft er seinen Vortrag und führt aus, es habe mit der Aufsichtsführenden eine mehrminütige Diskussion über die Frage, ob er die Toilette aufsuchen dürfe, gegeben. Die Aufsichtsführende habe schließlich erklärt, dies sei in Niedersachsen stets ausgeschlossen. Sie sei sich dessen absolut sicher und führe schließlich schon seit vielen Jahren Aufsicht. Die Aufsichtsführende habe ihn auf die Möglichkeit, sich später bei der Vorsitzenden der Prüfungskommission zu beschweren, verwiesen. In Anbetracht der Entschiedenheit, mit der die Aufsichtsführende ihre Position vertreten habe, und in dem Glauben, es handele sich bei dieser um eine Richterin, die die Situation zutreffend beurteile, habe er von seinem Anliegen daher Abstand genommen. Durch die Diskussion sei er jedoch aufgebracht und abgelenkt gewesen und habe auch zusehends dringender die Toilette aufsuchen müssen. Hierdurch sei er in seiner Konzentration während der Vorbereitung erheblich gestört gewesen. Am Ende der Vorbereitungszeit habe die Aufsichtsführende ihn nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass er die Vorsitzende der Prüfungskommission fragen könne, ob er vor dem Aktenvortrag die Toilette aufsuchen dürfe. Es sei für ihn aber nicht infrage gekommen, die Prüfungskommission minutenlang warten zu lassen und so – zumindest unterschwellig – einen schlechten Eindruck auf die Prüfer zu machen. Auch sei es für ihn nicht in Betracht gekommen, sich bei der Prüfungskommission über das Verwehren des Toilettenganges zu beschweren. Er sei davon ausgegangen, dass die Aufsichtsführende die Rechtslage zutreffend geschildert habe und eine Beschwerde daher aussichtslos sei. Außerdem habe er wiederum das Entstehen eines schlechten Eindruckes vermeiden wollen. Schließlich habe ihn die Vorsitzende aus dem Vorbereitungsraum abgeholt und ihn nach seiner Erinnerung gefragt, ob es „losgehen könne“. Dies habe er bejaht und den Aktenvortrag dann frustriert und unter starkem Harndrang gehalten. Aufgrund der Nachfragen im Vertiefungsgespräch zum Aktenvortrag sei ihm klar geworden, dass er Wesentliches nicht behandelt habe. Nach dem Vortrag habe er die Toilette aufgesucht, sei aber sehr demotiviert und niedergeschlagen gewesen. Dies sowie die Überzeugung, bei dem Strafrechtsprüfer einen schlechten und inkompetenten Eindruck hinterlassen zu haben, hätten ihn im anschließenden strafrechtlichen Prüfungsgespräch gehemmt und verunsichert.

Es sei befremdlich, wenn der Beklagte im Widerspruchsbescheid darauf verweise, er – der Kläger – hätte nach der Vorbereitungszeit und vor Beginn des Aktenvortrages darum bitten müssen, die Toilette aufsuchen zu dürfen. In einer Vielzahl von Schriften, unter anderem in einem von dem Niedersächsischen Justizministerium herausgegebenen Leitfaden, werde betont, welche Bedeutung der Eindruck, den ein Prüfling beim Aktenvortrag hinterlasse, für die gesamte mündliche Prüfung habe. Von einem Prüfling könne nicht erwartet werden, einen guten ersten Eindruck zu gefährden. Er habe auch auf die Angabe der Aufsichtsführenden, dass ein Toilettenbesuch nicht gestattet sei, vertrauen dürfen. Dass er sowohl während des Aktenvortrages als auch im strafrechtlichen Prüfungsgespräch beeinträchtigt gewesen sei, werde anhand der Noten erkennbar. Eigentlich habe ihm das Strafrecht besonders gut gelegen, wie die Noten in den Klausuren und in der Strafrechtsstation sowie sein gutes Abschneiden im anwaltlichen Gespräch mit einem strafrechtlichen Schwerpunkt deutlich machten.

Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid anführe, er – der Kläger – habe seiner Rügeobliegenheit nicht genügt, weil er sich nicht an die Vorsitzende der Prüfungskommission gewandt habe, sei diese Auffassung nicht haltbar. Er habe eine Rüge gegenüber der Aufsichtsführenden erhoben. Auch die Aufsichtsführende gehöre der Prüfungsbehörde an und sei die für diese Phase der Prüfung zuständige Ansprechpartnerin gewesen. Zweck der Rügeobliegenheit sei, zu verhindern, dass ein Prüfling sich eine zusätzliche Prüfungschance verschafft, indem er eine Prüfung in Kenntnis eines Verfahrensmangels fortsetzt und das Prüfungsergebnis abwartet. Von einem Mangel des Prüfungsverfahrens habe er während der Prüfung allerdings keine Kenntnis gehabt. Er habe die von der Aufsichtsführenden vorgenommene Schilderung der Rechtslage als richtig hingenommen und nicht weiter angezweifelt. Im Übrigen bestehe die Rügeobliegenheit nur im Rahmen des Zumutbaren. Was zumutbar sei, hänge dabei maßgeblich davon ab, ob eine schriftliche oder eine mündliche Prüfung betroffen sei. In mündlichen Prüfungen könne nach Treu und Glauben nicht erwartet werden, dass ein Prüfling in der Prüfung durch die Rüge eines Prüfungsmangels hervortrete. Der Prüfling müsse sich voll auf das Prüfungsgeschehen konzentrieren, weshalb von ihm nicht verlangt werden könne, sich mit der Erheblichkeit eines etwaigen Verfahrensfehlers zu befassen und diesen auch schon geltend zu machen.

Da die Wiederholung eines Prüfungsteils auch dann geboten sei, wenn ein vorhergehender Teil der Prüfung gestört worden sei und nicht objektiv ausgeschlossen werden könne, dass diese Störung nicht zu einer Verunsicherung geführt habe, müsse ihm auch die Wiederholung des strafrechtlichen Prüfungsgespräches gestattet werden.

Ferner wendet der Kläger sich gegen die Beurteilung der Klausuren A2, VA, SR und ZG.

Zur Klausur A2, in der aus anwaltlicher Sicht ein Fall zu bearbeiten war, in dem gegen den Mandanten klageweise Schadensersatzansprüche nach einer Verletzung eines Mitspielers beim Tennis geltend gemacht werden, wendet der Kläger ein:

1. Soweit moniert werde, es werde nicht nachvollziehbar gemacht, warum sich der Gegenstandswert auf über 5.000,- EUR belaufe, obwohl der konkret bezifferte Schaden nur bei unter 1.000,- EUR liege, sei anzumerken, dass in dem Lehrbuch von Anders/Gehle ausgeführt werde, dass Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage nur dann zu problematisieren seien, wenn diese zweifelhaft oder von den Parteien zum Streitgegenstand gemacht seien. Beides sei vorliegend nicht der Fall, da für den Schmerzensgeldanspruch in dem zu bearbeitenden Sachverhalt ausdrücklich ein Betrag von 5.000,- EUR angegeben gewesen sei.

2. Entgegen der Auffassung des Erstprüfers sei seine Einschätzung, ein Interesse an der Feststellung des Bestehens der Pflicht zum Ersatz zukünftiger Schäden bestehe, vertretbar. Bei lebensnaher Betrachtung sei damit zu rechnen, dass der Kläger, der bleibende Schäden am Auge davongetragen habe, beispielsweise in regelmäßigen Abständen eine neue Brille benötigen oder auch medizinische Behandlungen in Anspruch nehmen werde.

3. Es treffe nicht zu, dass er sich mit den im Sachverhalt abgedruckten Tennisregeln nicht auseinandergesetzt habe. Passagen hierzu fänden sich auf den Seiten 6 bis 8 und 14 seiner Klausurlösung. Er habe durchaus erkannt, dass der Umfang eines Haftungsverzichts von der Einhaltung der Regeln abhänge.

4. Auf die Rechtsprechung, nach der ein Haftungsverzicht dann nicht greife, wenn der Schädiger über eine Haftpflichtversicherung verfüge, habe er – entgegen der Einschätzung des Erstprüfers – nach seiner Lösung nicht eingehen müssen, da er bereits zu dem Ergebnis gelangt sei, es liege ein Haftungsverzicht wegen regelgerechten Verhaltens vor.

5. Zu Unrecht gehe der Erstprüfer davon aus, es sei falsch, die Verzugszinsen sowie die Rechtsanwaltskosten – als Verzugsschaden – für nicht erstattungsfähig zu halten. Die von ihm in der Klausurlösung formulierte gegenteilige Auffassung sei mindestens vertretbar.

Zu der Klausur VA, in der es galt, aus rechtsanwaltlicher Sicht einen tierschutzrechtlichen Sachverhalt zu bearbeiten, in dem dem Mandanten Vorgaben für die Art und Weise der Einzäunung von Pferdeweiden gemacht worden waren, trägt der Kläger vor:

1. Auf Seite 2 seiner Klausurlösung werde in einer Anmerkung die Frage gestellt, warum er keinen Rechtsbehelf prüfe. Der von ihm gewählte Aufbau entspreche aber einem Aufbauvorschlag, der in einem im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft in der dritten Pflichtstation ausgeteilten Skript enthalten sei und daher nicht als falsch eingestuft werden könne.

2. Auf Seite 6 seiner Klausurlösung habe er geschrieben, dass es in 20 Jahren nie zu einer Verletzung der Pferde gekommen sei. In einer Randbemerkung werde gefragt, woraus dies sich ergebe. Die entsprechende Information könne dem Blatt 2 des Sachverhaltes entnommen werden.

3. Soweit ihm vorgeworfen werde, es fehle an einer fundierten und ausführlichen Auswertung der verschiedenen Sachverhaltsinformationen, treffe dies nur teilweise zu. Er habe durchaus Sachverhaltsinformationen verarbeitet, was stärker hätte honoriert werden müssen.

4. Bei der Prüfung der Klagebefugnis habe er formuliert „H müsste möglicherweise in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein.“ Die hier angebrachte Randbemerkung „schiefe Formulierung“ sei verfehlt. Entsprechende Formulierungen würden auch unter anderem in einem von der Universität Augsburg sowie in einem von einem privaten Repetitor herausgegebenen Skript verwendet.

5. Die Kritik des Erstprüfers, seiner Klausurlösung seien im Grunde keine positiven Aspekte zu entnehmen, empfinde er als zu harsch. Es sei sicherlich nicht so, dass sich in der Lösung fast nichts Positives finden lasse.

In der Klausur SR waren im Wesentlichen Delikte eines Beschuldigten im Zusammenhang mit einer (schweren) Körperverletzung zulasten der eigenen Ehefrau, der Bedrohung einer Prostituierten und der möglichen Einschüchterung einer Zeugin zu prüfen. Bezüglich der Beurteilung seiner Klausurlösung wendet der Kläger hier ein:

1. Soweit die Kritik erhoben werde, an verschiedenen Stellen falle seine Bearbeitung und fielen bestimmte Formulierungen zu knapp aus, sei festzuhalten, dass er sich an die in dem Werk „Unternehmen Jurastudium“ von Fritjoft Haft ausgesprochenen Empfehlungen gehalten habe, womit seine Vorgehensweise mindestens vertretbar sei.

2. Auf Seite 7 seiner Klausurlösung werde seine Feststellung „Die ebenfalls verwirklichten §§ 224 Nr. 2, 223 treten hinter § 226 zurück.“ mit der Randbemerkung kritisiert „warum?“. Seine Formulierung decke sich jedoch mit in der Ausbildungsliteratur verwendeten Formulierungen und liege daher im Rahmen des Vertretbaren/Üblichen.

3. Die Kritik, er habe die Gesamtkonkurrenzen am Ende des Gutachtens nicht angesprochen, gehe fehl. Aus seiner Sicht sei es vorliegend gerechtfertigt gewesen, die Konkurrenzen jeweils am Ende der einzelnen Tatkomplexe zu prüfen. Dies werde so auch in den offiziellen Merkblättern des Niedersächsischen Justizministeriums zur zweiten Staatsprüfung für vertretbar gehalten.

Die Klausur ZG verlangte die Prüfung werkvertragsrechtlicher Fragen ab, insbesondere hinsichtlich des Bestehens eines Vergütungsanspruches bei fehlender Abnahme und unterlassener, aber möglicherweise erforderlicher Mitwirkung des Bestellers. Zur diesbezüglichen Kritik an seiner Lösung führt der Kläger aus:

1. Die Kritik beziehe sich weniger auf die Inhalte und Ergebnisse der Arbeit als vielmehr ganz überwiegend auf den Bearbeitungsstil und einzelne Formulierungen. Bearbeitungsstil und Formulierungen seien allerdings bewusst gewählt, sie seien im Rahmen der Ausbildung so beigebracht und in zahlreichen Probeklausuren nicht beanstandet worden.

2. Auf Seite 6 seiner Klausurlösung habe er hinsichtlich des Klageantrags formuliert „Die Klägerin beantragt mit der am 2.12.2015 zugestellten Klage“. Die hier angebrachte Randbemerkung, nach der mit der Klage der Antrag nur angekündigt werde, sei zwar nachvollziehbar. Die von ihm verwendete Formulierung habe er aber dem Lehrbuch „Klage, Gutachten und Urteil“ von Walter Zimmermann entnommen und in Probeklausuren bereits vielfach verwendet, ohne dass dies beanstandet worden sei. Seine Formulierung bewege sich damit wenigstens im Rahmen des Gebräuchlichen/Üblichen.

3. Hinsichtlich der Prozessstation werde moniert, dass lediglich die Zuständigkeit des Gerichts angesprochen werde. Nach dem in dem Votum des Erstprüfers enthaltenen Anforderungsprofil sei allerdings auch auf die Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit einzugehen gewesen. In dem Lehrbuch von Anders/Gehle werde allerdings die Position eingenommen, dass im Gutachten zu einzelnen Zulässigkeitsvoraussetzungen nur dann Ausführungen zu machen seien, wenn diese zweifelhaft oder zwischen den Parteien im Streit seien. Dies sei so auch in der Arbeitsgemeinschaft vermittelt worden. Vorliegend seien Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit allerdings unproblematisch gewesen.

4. Zu Unrecht werde in der Klägerstation kritisiert, dass die Annahme eines Schadensersatzanspruches wegen Verletzung einer Mitwirkungspflicht nicht überzeuge und dass nicht ausreichend bedacht werde, dass eine Pflichtverletzung nur angenommen werden könne, wenn die Durchführung des Vertrages vereitelt worden wäre. Ungerechtfertigt sei auch die Kritik, es hätte problematisiert werden sollen, dass Dritte die erforderliche Mitwirkungshandlung hätten vornehmen können. Diese Kritik sei nicht nachvollziehbar. Im Rahmen des von ihm geprüften § 280 Abs. 1 BGB sei zwischen Pflichtverletzung, Schaden und Kausalität zu differenzieren. Zulässigerweise habe er die verweigerte Mitwirkung der (Klausur-) Beklagten als Pflichtverletzung eingestuft. Ob hierdurch die Durchführung des Vertrages endgültig vereitelt worden sei, sei keine Frage der Pflichtverletzung, sondern eine Frage von Schaden und Kausalität. Zudem habe er an anderer Stelle dargelegt, dass durch die Pflichtverletzung die Vertragsdurchführung vereitelt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig, Mitwirkungshandlungen Dritter nicht mehr zu thematisieren.

5. Soweit ihm vorgeworfen werde, in der Beklagtenstation sei er davon ausgegangen, dass sich die (Klausur-) Beklagte eine für sie günstige Zeugenaussage zu eigen mache, obwohl sich im Sachverhalt keine Stütze hierzu finde, sei sein Vorgehen mindestens vertretbar. Denn nach dem Werk „Die zivilgerichtliche Relation – Relationstechnik“ von Thomas Pfeiffer sei, wenn nach dem Bearbeitungsvermerk ein Hinweis zu unterstellen sei, nach der Lebenserfahrung auch das Zueigenmachen zu unterstellen.

6. Der Vorwurf, er habe nichts zur Beweislast gesagt, gehe fehl. Die entsprechende Passage habe er ganz bewusst so formuliert. In dem vorerwähnten Werk von Pfeiffer werde ebenso wie in dem Lehrbuch von Anders/Gehle die von ihm verwendete Formulierung empfohlen und erläutert, dass sich aus der Formulierung der Beweisfrage die Beweislast ergebe und weitere Ausführungen zur Beweislast daher nicht erforderlich seien. Aus diesem Grunde sei seine Bearbeitung an dieser Stelle als richtig bzw. vertretbar anzuerkennen.

Diese Einwendungen gegen die Bewertung der Klausuren A2, VA, SR und ZG hat der Beklagte den jeweiligen Prüfern zusammen mit den Klausurbearbeitungen und den bisherigen Voten übermittelt. Die Prüfer haben schriftliche Stellungnahmen hierzu abgegeben, in denen sie die Einwendungen des Klägers zurückgewiesen und nach nochmaliger Prüfung jeweils an der bisherigen Bewertung der jeweiligen Klausur festgehalten haben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahmen der Prüfer verwiesen (Bl. 99-111 der Gerichtsakte).

Der Kläger geht im Weiteren teils auf die Stellungnahmen in den Einwendungen ein und führt insbesondere aus, hinsichtlich sämtlicher Prüfer mit Ausnahme der Zweitprüferin in der Klausur SR sei zweifelhaft, ob diese zu einer objektiven (Neu-) Bewertung seiner Klausurlösungen in der Lage seien. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 31. August 2017 (Bl. 113 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide des Landesjustizprüfungsamtes vom 26.08.2016 und 27.10.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts und jeweils unter Wahrung des Prüfungsergebnisses

1. eine erneute Bewertung der Klausur ZG durch zwei andere Prüfer, hilfsweise eine erneute Bewertung der Klausur ZG durch dieselben Prüfer durchzuführen,

2. eine erneute Bewertung der Klausur A2 durch zwei andere Prüfer, hilfsweise eine erneute Bewertung der Klausur A2 durch dieselben Prüfer durchzuführen,

3. eine erneute Bewertung der Klausur SR durch einen anderen Erstprüfer und dieselbe Zweitprüferin, hilfsweise eine erneute Bewertung der Klausur SR durch dieselben Prüfer durchzuführen,

4. eine erneute Bewertung der Klausur VA durch zwei andere Prüfer, hilfsweise eine erneute Bewertung der Klausur VA durch dieselben Prüfer durchzuführen,

5. ihm eine Wiederholung des Aktenvortrages und des strafrechtlichen Prüfungsgespräches der mündlichen Prüfung zu gestatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt aus, die Rüge des Klägers, ihm sei ein Toilettengang während der Vorbereitung des Aktenvortrages verwehrt worden, sei nicht rechtzeitig erfolgt. Es habe dem Kläger oblegen, seine insoweit empfundene Beeinträchtigung spätestens beim Abholen aus dem Vorbereitungsraum gegenüber der Vorsitzenden der Prüfungskommission unverzüglich und unmissverständlich zu äußern. Eine mündliche Rüge von Verfahrensmängeln müsse über eine bloße Unmutsäußerung hinausgehen und auf eine Entscheidung des zuständigen Prüfungsorgans gerichtet sein. Entsprechendes müsse der Prüfling unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Die Mitwirkungslast des Prüflings ende einerseits an der Grenze des dem Prüfling Zumutbaren und andererseits, wenn der betroffene Mangel auch ohne Rüge für die Prüfungsbehörde nicht nur erkennbar, sondern offensichtlich und zweifelsfrei sei. Eine Rüge des Prüfungsablaufs, die eine Möglichkeit zur Kompensation zum Beispiel durch eine Verlängerung der Vorbereitungszeit geschaffen hätte, sei vom Kläger auch nach dessen Vortrag nicht erhoben worden. Die Aufsichtsführende habe den Kläger an die Vorsitzende der Prüfungskommission verwiesen. Dem Kläger habe daher klar sein müssen, dass eine Rüge hinsichtlich des verwehrten Toilettengangs gegenüber der Kommissionsvorsitzenden zu erheben gewesen wäre. Eine Kompensation der möglichen Beeinträchtigung des Klägers wäre bei rechtzeitiger Erhebung der Rüge ohne Weiteres möglich gewesen. Aus welchem Grunde der Kläger befürchtet habe, im Falle einer Rüge habe ihm aus dieser ein Nachteil erwachsen können, sei nicht nachvollziehbar.

Hinsichtlich der Einwendungen des Klägers bezüglich der Beurteilungen der Klausuren nimmt der Beklagte auf die Stellungnahmen der Prüfer Bezug und vertritt den Standpunkt, die Prüfer hätten die ihnen jeweils offenstehenden Beurteilungsspielräume nicht verlassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat teilweise Erfolg. Sie ist überwiegend zulässig und, soweit sie zulässig ist, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 26. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in subjektiven Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf eine Neubewertung seiner Lösung der Klausur ZG sowie auf erneute Durchführung des Aktenvortrages und des strafrechtlichen Prüfungsgespräches (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

I. Die Klage ist überwiegend zulässig. Der Antrag des Klägers begegnet insoweit keinen Bedenken, als er auf die Neubewertung von vier Klausuren sowie die erneute Durchführung von Teilen der mündlichen Prüfung gerichtet ist. Die mündliche Prüfung kann mangels einer beurteilungsfähigen Bewertungsgrundlage nicht (mehr) neu bewertet, sondern lediglich wiederholt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2001 - 6 C 14/01 -, juris, Rn. 26; Beschl. v. 11.04.1996 - 6 B 13/96 -, juris, Rn. 10; Zimmerling/Brehm, Der Prüfungsprozess, 2004, Rn. 291). Eine Neubewertung der betroffenen Teile der mündlichen Prüfung wäre im Übrigen nicht geeignet, den vom Kläger insoweit gerügten Prüfungsmangel – einen Verfahrens-, keinen Bewertungsmangel – zu beseitigen.

Unzulässig ist die Klage lediglich, soweit der Kläger auch hinsichtlich der von ihm beanspruchten Wiederholung von Teilen der mündlichen Prüfung eine „Wahrung des Prüfungsergebnisses“ begehrt. Wird allein eine Neubewertung begehrt, steht einer derartigen Beschränkung des Antrages im Rahmen des § 88 VwGO nichts im Wege (vgl. Fischer, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Auflage 2014, Rn. 696). Ist das Klagebegehren dagegen (auch) auf die Neuvornahme von Prüfungsteilen gerichtet, gilt das Verbot einer reformatio in peius nicht. Grund ist, dass die Neuvornahme eines Prüfungsteils gedanklich die Aufhebung des vorangegangenen Prüfungsteils als Bewertungsgrundlage voraussetzt. Das Ergebnis des neu vorgenommenen Prüfungsteils ist von der Prüfungskommission nach den allgemeinen anerkannten Bewertungsmaßstäben zu beurteilen und im Rahmen der Ermittlung der Gesamtbewertung zu berücksichtigen (vgl. Fischer, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Auflage 2014, Rn. 697; wohl ebenso: BVerwG, Urt. v. 19.12.2001 - 6 C 14/01 -, juris, Rn. 38; für eine Beschränkungsmöglichkeit dagegen: Schlette, DÖV 2002, 816, 818 sowie ohne eigene Begründung unter Bezugnahme hierauf Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 113, Rn. 195).

Der Kläger hat auch ein Rechtsschutzinteresse. Zwar strebt er mit seiner Klage nicht das Bestehen, sondern (lediglich) eine Verbesserung seines Ergebnisses der zweiten Staatsprüfung an. Im Falle von sogenannten Verbesserungsklagen ist ein Rechtsschutzbedürfnis nur dann gegeben, wenn die angestrebte Verbesserung tatsächlich positive Folgen für den Prüfling hat, wenn etwa der Erfolg einer Bewerbung um eine bestimmte Stelle von dem verbesserten Ergebnis abhängt (vgl. Fischer, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 847; Zimmerling/Brehm, Der Prüfungsprozess, 2004, Rn. 226). Der Kläger hat dargelegt, dass er Interesse an einer Tätigkeit als Richter hat. Hierfür ist, dies ist gerichtsbekannt, Voraussetzung aber – abhängig vom Bundesland sowie von der konkreten Stelle – regelmäßig das Bestehen mindestens einer der beiden juristischen Staatsprüfungen mit wenigstens der Note „vollbefriedigend“.

II. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Neubewertung der Klausur ZG durch denselben Erstprüfer sowie auf Wiederholung des Aktenvortrages und des strafrechtlichen Prüfungsgespräches (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Hinsichtlich der Klausur A2 zeigt der Kläger keine Prüfungsmängel auf:

Was die Einwendungen Nr. 1 angeht, hat der Erstprüfer, von dem die angesprochene Kritik stammt, in der Überdenkung ausdrücklich angegeben, dass Mängel in der Zulässigkeitsprüfung nicht ursächlich für die Bewertung gewesen seien.

Diese Feststellung des Erstprüfers betrifft auch die Einwendung Nr. 2. Im Übrigen trifft es zu, dass – wie der Erstprüfer in seiner Überdenkung ebenfalls ausführt – sich der insoweit maßgeblichen (Klausur-) Klageschrift keinerlei Anhaltspunkte für etwaige zukünftige Schäden entnehmen lassen.

Zur Einwendung Nr. 3 ist festzuhalten, dass die Bewertung von Prüfungsleistungen nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 17.04.1991 - 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 -, juris, Rn. 49) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 24.02.1993 - 6 C 35/92 -, juris, Rn. 24) ist bei berufsbezogenen Prüfungen – wie hier der zweiten juristischen Staatsprüfung – zwischen Fachfragen und prüfungsspezifischen Wertungen zu unterscheiden. Bei Fachfragen hat das Gericht darüber zu befinden, ob die von dem Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegenteil richtig oder mit der vorgenommenen Begründung jedenfalls vertretbar ist. Lässt die Prüfungsfrage unterschiedliche Ansichten zu, ist dem Prüfer ein Bewertungsspielraum eingeräumt. Dem Prüfling muss dann ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden. Unter Fachfragen sind alle Fragen zu verstehen, die einer fachwissenschaftlichen Erörterung zugänglich sind. Dagegen steht den Prüfern ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Bewertungsspielraum zu, soweit sie prüfungsspezifische Wertungen treffen müssen. Dem liegt das Gebot der vergleichenden Beurteilung von Prüfungsleistungen zugrunde, das letztlich aus dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit herzuleiten ist. Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben. Eine gerichtliche Kontrolle würde insoweit die Maßstäbe verzerren. Denn in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren eines einzelnen Kandidaten könnte das Gericht nicht die Bewertungskriterien, die für die Gesamtheit vergleichbarer Prüfungskandidaten maßgebend waren, aufdecken, um sie auf eine nur in Umrissen rekonstruierbare Prüfungssituation anzuwenden; vielmehr müsste es eigene Bewertungskriterien entwickeln und an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen. Dies wäre aber wiederum mit dem Grundsatz der Chancengleichheit unvereinbar, denn einzelnen Kandidaten würde so die Möglichkeit einer vom Vergleichsrahmen der Prüfer unabhängigen Bewertung eröffnet.

Soweit den Prüfern danach im Hinblick auf prüfungsspezifische Wertungen ein Bewertungsspielraum verbleibt, hat das Gericht lediglich zu überprüfen, ob die Grenzen dieses Spielraums überschritten worden sind, weil die Prüfer etwa von falschen Tatsachen ausgegangen sind, allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1993 - 6 C 12/92 -, juris, Rn. 20). Zu diesen prüfungsspezifischen Fragen, die der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen bleiben, gehören insbesondere die Benotung, die Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung und die Würdigung der Qualität der Darstellung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 B 55/97 -, juris, Rn. 5).

Die genannte Einwendung, mit der der Kläger sich inhaltlich gegen die Einschätzung wendet, seine Auseinandersetzung mit den im Sachverhalt abgedruckten Tennisregeln sei nicht ausreichend, betrifft die Frage nach der Überzeugungskraft und Qualität der Argumentation im betroffenen Teil der Klausurlösung. Bei dieser Frage handelt es sich um eine in den Bewertungsspielraum des Prüfers fallende (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.06.1998 - 6 B 78/97 -, juris, Rn. 3; Zimmerling/Brehm, Der Prüfungsprozess, 2004, Rn. 131), deren Beantwortung einer gerichtlichen Kontrolle entzogen ist. Die Prüfer haben von ihrem Bewertungsspielraum auch nicht in einer dessen Grenzen überschreitenden Weise Gebrauch gemacht.

Soweit der Kläger mit der Einwendung Nr. 4 anführt, er habe sich mit der Rechtsprechung, nach der ein Haftungsverzicht bei Bestehen einer Haftpflichtversicherung nicht greife, nicht auseinandersetzen müssen, da er einen Haftungsverzicht wegen regelgerechten Verhaltens angenommen habe, ist festzustellen, dass der Kläger zum einen einen Haftungsverzicht „wegen regelgerechten Verhaltens“ gerade nicht angenommen hat, sondern zu dem Ergebnis gelangt ist, dass aufgrund der allgemeinen Gefahren des Tennisspiels von einem Haftungsverzicht auszugehen sei. Zum anderen hätte gerade die Bejahung eines Haftungsverzichts wegen regelgerechten Verhaltens überhaupt erst das Erfordernis mit sich gebracht, auf die genannte Rechtsprechung einzugehen.

Auch mit der Einwendung Nr. 5 zeigt der Kläger einen Bewertungsfehler nicht auf. Der (Klausur-) Kläger hatte Kenntnis von dem Bestehen der Haftpflichtversicherung und der Identität des Haftpflichtversicherers. Diese Kenntnis kann er bei lebensnaher Betrachtung allein vom beklagten Mandanten erhalten haben. Dass der Mandant um das Tätigwerden – konkret das Zurückweisen der durch den (Klausur-) Kläger geltend gemachten Ansprüche – des Haftpflichtversicherers wusste und hiergegen auch nicht einschritt, ergibt sich aus der auf Seite 8 des Klausursachverhalts abgedruckten E-Mail. Unter diesen Voraussetzungen muss mindestens vom Vorliegen einer Rechtsscheinsvollmacht für den Haftpflichtversicherer ausgegangen werden; lebensnäher dürfte weitergehend eher noch eine – wenn auch möglicherweise nur konkludente – Bevollmächtigung des Haftpflichtversicherers anzunehmen sein. Die Auffassung des Klägers, ein Vertretungsverhältnis bestehe nicht, liegt auf dieser Grundlage in der Tat außerhalb des Bereichs des Vertretbaren. Nicht von Relevanz ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger einen Anspruch auf Verzugszinsen auf Seite 10 seiner Klausurlösung – zutreffend – teilweise auch unter Hinweis darauf verneint, dass Zinsen ab dem 18. Juli 2015 – dem Zeitpunkt des Unfalls im Sachverhalt – verlangt würden, etwa die in die Schadensberechnung einbezogene Brille aber erst am 22. August 2015 erworben worden sei. Denn die Kritik des Erstprüfers bezieht sich unmissverständlich allein darauf, dass der Kläger der an die Haftpflichtversicherung gerichteten Mahnung die Eignung abspricht, gegenüber dem Mandanten verzugsbegründend zu wirken.

2. Auch bezüglich der Klausur VA legen die Einwendungen des Klägers keine Bewertungsmängel offen:

Mit Blick auf die Einwendung Nr. 1 macht die Zweitprüferin, von der die Anmerkung, auf die die Einwendung des Klägers sich bezieht, stammt, in ihrer Überdenkung deutlich, dass sie den vom Kläger gewählten Aufbau nicht als falsch eingestuft habe und die Randbemerkung nicht ursächlich für die abgegebene Beurteilung sei.

Mit der Einwendung Nr. 2 dringt der Kläger ebenfalls nicht durch. Die vom Erstprüfer verfasste Randbemerkung, mit der gefragt wird, woraus sich ergebe, dass es in 20 Jahren nie zu einer Verletzung der Pferde gekommen sei, stellt nach der Angabe des Erstprüfers in der Überdenkung nicht den Inhalt der Information infrage, sondern soll monieren, dass der Kläger nicht angegeben hat, woher die Information stammt. Damit kritisiert der Prüfer aber die Qualität der Argumentation des Klägers. Dem Prüfer ist insoweit ein Bewertungsspielraum eröffnet, dessen Grenzen er nicht überschreitet.

Gleiches gilt für die Einwendung Nr. 3, mit der der Kläger sich gegen die Kritik wendet, es fehle an einer fundierten und ausführlichen Auswertung der verschiedenen Sachverhaltsinformationen. Abgesehen davon, dass die in dem Sachverhalt an die Hand gegebenen Informationen in der Tat nur unvollständig und unsortiert Verwendung finden, bewegt sich die Kritik des Erstprüfers an der Argumentationsqualität innerhalb des ihm insoweit eröffneten Bewertungsspielraums.

Zur Einwendung Nr. 4 ist festzustellen, dass die vom Kläger verwendete Formulierung „H müsste möglicherweise in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein.“ syntaktisch nicht falsch, aufgrund der Positionierung der modalen Adverbiale „möglicherweise“ aber jedenfalls zweideutig ist: Es besteht sowohl die Möglichkeit, sie auf „müsste“ als auch auf – und nur dies wäre für die Definition der Klagebefugnis zutreffend – „verletzt“ zu beziehen. Die Feststellung der Zweitprüferin, die Formulierung sei „schief“, begegnet vor diesem Hintergrund keinen Bedenken. Ob sich die vom Kläger verwendete Formulierung auch in einer Fachpublikation findet, ist ohne Bedeutung. Die syntaktisch bedingte Zweideutigkeit der Formulierung betrifft keine rechtswissenschaftliche Fachfrage, die „falsch“, „richtig“ oder „vertretbar“ beantwortet werden könnte.

Die Einwendung Nr. 5, mit der der Kläger vorbringt, die Kritik des Erstprüfers, seiner – des Klägers – Klausurlösung seien im Grunde keine positiven Aspekte zu entnehmen, falle zu harsch aus, es sei sicherlich nicht so, dass sich in der Lösung fast nichts Positives finden lasse, betrifft die Frage nach der Gesamtbewertung der vom Kläger gefertigten Klausurlösung und damit den Kernbereich des dem Prüfer zustehenden und vorliegend gewahrten Bewertungsspielraums.

3. Die Klausur SR leidet ebenfalls nicht unter Bewertungsmängeln:

Die von dem Kläger mit der Einwendung Nr. 1 angegriffene Kritik, bestimmte Passagen seiner Bearbeitung und einzelne Formulierungen fielen zu knapp aus, betrifft keine als „falsch“, „richtig“ oder „vertretbar“ einzustufenden Antworten auf Fachfragen, sondern rügt, wie von den Prüfern in der Überdenkung konkretisiert wird, die Qualität der Argumentation. Insoweit steht den Prüfern – wie dargelegt – ein Bewertungsspielraum offen, der vorliegend auch nicht verlassen wurde.

Gleiches gilt für die konkretere, aber inhaltlich gleichgelagerte Einwendung Nr. 2. die Zweitprüferin, die die von der Einwendung betroffene Randbemerkung gefertigt hat, hat in der Überdenkung ausgeführt, sie habe monieren wollen, dass es an einer Begründung fehle. Die von dem Kläger an dieser Stelle verwendete Formulierung wird damit nicht als „falsch“ oder „unvertretbar“ eingestuft.

Bezüglich der Einwendung Nr. 3 ist festzustellen, dass, soweit die von dem Kläger erwähnten Merkblätter es ausnahmsweise für möglich halten, Konkurrenzen am Ende einzelner Handlungsabschnitte zu klären, eine solche Ausnahme hinsichtlich des zu bearbeitenden Klausursachverhaltes nicht vorliegt. Die Konkurrenzen einzelner Straftatbestände aus verschiedenen Tatkomplexen können logisch erst nach Abschluss der Prüfung sämtlicher Tatkomplexe betrachtet werden.

4. Hinsichtlich der Klausur ZG zeigt der Kläger in einem Falle einen Bewertungsmangel auf, dringt mit den übrigen Einwendungen allerdings ebenfalls nicht durch:

Die Einwendung Nr. 1 fällt nicht hinreichend konkret aus, um ihr nachgehen zu können. Entgegen der Einschätzung des Klägers kritisieren sowohl Erst- als auch Zweitprüfer nicht etwa ganz überwiegend Bearbeitungsstil und einzelne Formulierungen, sondern sie monieren fast ausschließlich inhaltliche Aspekte.

Mit Erfolg erhebt der Kläger dagegen die Einwendung Nr. 2. Auf Seite 6 seiner Klausurlösung formuliert der Kläger „Die Klägerin beantragt mit der am 2.12.2015 zugestellten Klage:“. Der Erstprüfer hat hier die Randbemerkung angebracht „Mit der Klage wird der Antrag nur angekündigt“. Abhängig davon, wie man die Randbemerkung des Erstprüfers versteht, äußert der Erstprüfer entweder sachlich unzutreffende Kritik oder rügt eine Formulierung, die der Kläger nicht vorgenommen hat. Dem Wortlaut der Randbemerkung nach vertritt der Erstprüfer die Auffassung, mit der Klage werde ein Antrag angekündigt. Angekündigt werden Anträge allerdings nicht „mit der Klage“, sondern in Schriftsätzen (§ 297 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO), regelmäßig in der Klageschrift (§ 253 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Kritik des Erstprüfers wäre demnach sachlich unzutreffend. Da der Prüfer in der Überdenkung auch an seiner Kritik festgehalten hat, muss davon ausgegangen werden, dass die Kritik (mit-) ursächlich für die Bewertung war. Es läge mithin ein Bewertungsmangel vor. Legt man die Randbemerkung des Erstprüfers dagegen aus und versteht die Kritik dahingehend, dass er zum Ausdruck habe bringen wollen, „mit der Klageschrift wird der Antrag nur angekündigt“, so rügt der Erstprüfer einen Bearbeitungsmangel, der nicht vorliegt. Indem der Kläger formuliert „Die Klägerin beantragt mit der am 2.12.2015 zugestellten Klage:“, bringt er weder ausdrücklich noch sinngemäß zum Ausdruck, mit der Klageschrift werde ein Antrag bereits gestellt. Vielmehr fällt seine Formulierung ungenau aus, da sie – nur dann träfe die Kritik des Erstprüfers in der vorstehenden Auslegung zu – nicht von einer zugestellten Klageschrift spricht; diesen Umstand kritisiert der Erstprüfer allerdings nicht, sondern formuliert – wie dargelegt – ebenso ungenau.

Zur Einwendung Nr. 3 ist anzumerken, dass die Frage, welche Ausführungs- und Begründungstiefe im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Klage angezeigt ist, keine Fachfrage darstellt, deren Beantwortung als „falsch“, „richtig“ oder „vertretbar“ eingestuft werden kann, wie der Kläger meint, sondern die Qualität der Argumentation betrifft und aus diesem Grunde – wie dargelegt – dem Prüfer ein Bewertungsspielraum offensteht, dessen Grenzen vorliegend nicht überschritten wurden.

Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der Einwendung Nr. 4. Hierzu hat der Erstprüfer, von dem die in Rede stehende Kritik geäußert wurde, in der Überdenkung konkretisiert, dass er die mangelnde Bearbeitungstiefe moniert habe. Dem tritt der Kläger nicht substantiiert entgegen und zeigt insbesondere nicht auf, dass der Prüfer den ihm damit bestehenden Bewertungsspielraum verlassen hätte.

Mit der Einwendung Nr. 5 dringt der Kläger ebenfalls nicht durch. Der von dem Kläger angesprochene Bearbeitungshinweis besagt unter Ziff. 4, dass, wenn ein rechtlicher Hinweis für erforderlich gehalten werde, zu unterstellen sei, dass dieser erfolgt sei, allerdings zu keinem Ergebnis geführt habe. Von einem Zueigenmachen einer günstigen Zeugenaussage kann und darf nach dem Bearbeitungsvermerk daher gerade nicht ausgegangen werden, worauf auch der Erstgutachter in der Überdenkung hingewiesen hat.

Bezüglich der Einwendung Nr. 6 hat der Erstprüfer in der Überdenkung deutlich gemacht, dass er den vom Kläger in der Beweisstation genutzten Lösungsweg nicht für falsch oder unvertretbar hält, sondern es für das Erreichen von Höchstnoten weiterer Ausführungen zur Frage der Beweislast bedurft hätte. Der Erstprüfer moniert folglich die Begründungstiefe und macht damit von seinem Bewertungsspielraum Gebrauch. Einen Bewertungsmangel hat der Kläger insoweit nicht aufgezeigt. Auch sonst ist ein solcher nicht ersichtlich.

Der sich aus dem Vorstehenden ergebende Anspruch des Klägers auf Neubewertung der Klausur ZG ist begrenzt auf eine Neubewertung durch denselben Erstprüfer. Aus dem Gebot der Chancengleichheit folgt, dass die Neubewertung einer Prüfungsleistung grundsätzlich durch denselben Prüfer zu erfolgen hat (Fischer, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 687). Umstände, die eine Abweichung von diesem Grundsatz zu rechtfertigen geeignet wären – etwa Hinweise auf mangelnde Objektivität, Unsachlichkeit oder gar Befangenheit des Erstprüfers –, sind weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.

5. Der Kläger hat einen Anspruch auf Wiederholung des Aktenvortrages.

Er wendet mit Erfolg ein, ihm sei während der Vorbereitung des Aktenvortrages das Aufsuchen der Toilette verwehrt worden. Der – unstreitige – Umstand, dass dem Kläger der begehrte Toilettengang verwehrt wurde, stellt, dies zieht auch der Beklagte nicht in Zweifel, einen Verfahrensmangel dar. Eine Rechtsgrundlage, die es rechtfertigt, dem Kläger den Gang zur Toilette zu verwehren, besteht und bestand nicht; eine solche Rechtsgrundlage ließe sich verfassungskonform auch nicht schaffen.

a. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Verfahrensmangel auch nicht deshalb unbeachtlich, weil der Kläger einer Rügeobliegenheit insoweit nicht genügt hätte, als er den Verfahrensmangel verspätet vorgetragen hätte. Eine Rügeobliegenheit bestand für den Kläger nicht. Die prüfungsrechtliche Rügeobliegenheit entspringt dem Grundsatz von Treu und Glaube (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.1969 - VII C 77.67 -, juris, Rn. 12). Sie besteht weder ohne Weiteres noch um ihrer selbst willen, sondern allein dann und soweit, wie der Grundsatz von Treu und Glaube dies gebietet. Dies ist der Fall, wenn durch eine rechtzeitige Rüge eines der drei nachfolgenden Ziele erreicht werden kann: Erstens soll durch eine Rügeobliegenheit dem jeweiligen Prüfling die Möglichkeit genommen werden, sich durch ein Abwarten des Prüfungsergebnisses in Kenntnis eines Prüfungsmangels unter Verletzung des Gebots der Chancengleichheit einen zusätzlichen Prüfungsversuch zu verschaffen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 6 B 36/92 -, juris, Rn. 5). Zweitens soll der Prüfungsbehörde durch frühzeitiges Rügen Gelegenheit gegeben werden, Mängel im Prüfungsverfahren zu kompensieren und auf diesem Wege das Entstehen von Rechtsmängeln im Vorwege zu verhindern (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.11.1975 - VII B 72.74 -, juris, Rn. 7). Drittens sichert ein rechtzeitiges Rügen die Möglichkeit der (zeitnahen) Aufklärung des Sachverhaltes mit Blick auf etwaige spätere Streitigkeiten (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 22.06.1994 - 6 C 37/92 -, juris, Rn. 18).

Keines der drei genannten Ziele rechtfertigt vorliegend die Annahme, dem Kläger habe eine Rüge hinsichtlich der Versagung des Toilettenganges oblegen. Denn das Entstehen des Verfahrensmangels hat seine Ursachen ausschließlich in der Sphäre des Beklagten, der auch von Beginn an genaue Kenntnis über die den Verfahrensmangel begründenden Umstände hatte. Dem Beklagten stand daher mit Entstehen des Verfahrensmangels die Möglichkeit offen, diesen durch geeignete Maßnahmen zu kompensieren, dem Kläger so die Aussicht auf einen „zweiten Prüfungsversuch“ zu nehmen und überdies den maßgeblichen Sachverhalt zu dokumentieren.

Dem steht nicht entgegen, dass weder die Leitung des Beklagten noch – worauf der Beklagte selbst abstellt – die Vorsitzende der Prüfungskommission Kenntnis von den den Verfahrensmangel begründenden Umständen hatte. Einen Grundsatz oder gar eine gesetzliche Regelung, der bzw. die besagte, dass die Prüfungsbehörde sich allein die Kenntnis der Behördenleitung oder des Vorsitzenden der Prüfungskommission zurechnen lassen müsste, existiert nicht. Ein entsprechender Rechtsgedanke ist auch aus bestehenden Vorschriften nicht herleitbar. Soweit etwa § 21 Abs. 1 Satz 1 VwVfG auf die Kenntnis des Behördenleiters abstellt, bezieht sich dies nicht nur – anders als vorliegend – auf behördeninterne Mitteilungspflichten, sondern betrifft auch eine Konstellation, in der – gerade umgekehrt – ein Verfahrensmangel grundsätzlich dadurch entsteht, dass die maßgebliche Kenntnis nicht vorhanden ist. Verengte man den Kreis derer, deren Kenntnis von den einen Verfahrensmangel begründenden Umständen dazu führt, dass eine Rügeobliegenheit für den Prüfling nicht besteht, auf den Behördenleiter und den Vorsitzenden der Prüfungskommission, so verlagerte man das Risiko unzulänglicher Mitteilungen oder gar des Verstoßes gegen Mitteilungspflichten innerhalb der Prüfungsbehörde in die Verantwortungssphäre des Prüflings. Ob die Prüfungsbehörde sich dabei das Wissen jedes ihrer Mitarbeiter zurechnen lassen muss oder ob – was naheläge – sie sich in Anwendung der zu § 48 Abs. 4 VwVfG entwickelten Grundsätze nicht die Kenntnis irgendjemandes in der Behörde, sondern nur eines für die Behörde handelnden und mit der Sache befassten Mitarbeiters zurechnen lassen muss (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 48, Rn. 158 m.w.N.), kann dabei vorliegend dahinstehen. Denn Kenntnis der den Verfahrensmangel begründenden Umstände hatte vorliegend nicht irgendjemand, sondern die von dem Beklagten mit der Beaufsichtigung der Vorbereitung des Aktenvortrages Beauftragte und damit die einzige diesen konkreten Prüfungsabschnitt begleitende Mitarbeiterin des Beklagten. Ihre Kenntnis muss der Beklagte sich zurechnen lassen. Im Übrigen hatte nicht nur die mit der Aufsicht betraute Mitarbeiterin, sondern auch ein weiterer Mitarbeiter, dem die aufsichtsführende Mitarbeiterin sich unmittelbar nach Abschluss der Aufsicht anvertraute, Kenntnis.

Zum Entstehen einer Rügeobliegenheit des Klägers führt auch nicht, dass die Kenntnis der den Verfahrensmangel begründenden Umstände bei dem Beklagten zunächst zwar vorhanden war, sie – soweit ersichtlich – bis zu der mit dem Widerspruch erhobenen Rüge des Klägers aber nicht dazu geführt hat, dass der Beklagte den Verfahrensmangel als solchen erkannt hätte. Denn wollte man diesen Umstand zur Begründung einer Rügeobliegenheit des Klägers heranziehen, hieße dies, dass eine unrichtige oder – wie hier – unterbliebene Rechtsanwendung durch die Prüfungsbehörde zu einer Erweiterung der Verantwortungssphäre des Prüflings führt, der Prüfling gegenüber der Prüfungsbehörde mithin eine Art Garantenstellung einnimmt. Eine solche Stellung des Prüflings zur Prüfungsbehörde bringt das Prüfungsverhältnis indes nicht mit sich. Vielmehr darf sich der Prüfling darauf verlassen, dass die Prüfungsbehörde die sie hinsichtlich des Prüfungsverfahrens treffenden Pflichten von sich aus beachtet (vgl. OVG NRW, Urt. v. 14.04.1987 - 22 A 908/86 -, NVwZ 1988, 459, 460 [OVG Nordrhein-Westfalen 05.12.1986 - 22 A 780/85]; Birnbaum, NVwZ 2006, 286, 289; ohne Begründung wohl a.A.: Nds. OVG, Urt. v. 25.07.1994 - 3 L 585/92 -, juris, Rn. 9 f.).

b. Selbst wenn man entgegen dem Vorstehenden eine Rügeobliegenheit des Klägers bejahte, hätte der Kläger dieser genügt. Die mit der Erhebung des Widerspruchs geäußerte Rüge war nicht verspätet.

aa. Ginge man vom Bestehen einer Rügeobliegenheit aus, so kann eine solche logisch erst ab Kenntnis des Prüflings vom Verfahrensmangel bestehen. Diese Kenntnis erwarb der Kläger nach seinem nachvollziehbaren und von dem Beklagten nicht in Abrede gestellten Vortrag erst zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen dem Ende der mündlichen Prüfung und der Erhebung des Widerspruches.

Zwar ließe sich grundsätzlich – wiederum ähnlich wie bei den im Rahmen der Bestimmung des Fristbeginns nach § 48 Abs. 4 VwVfG anzustellenden Erwägungen – danach differenzieren, ob bereits die Kenntnis der den Verfahrensmangel begründenden Umstände maßgeblich für den Beginn der Rügefrist ist oder ob es für den Fristbeginn auch der sich aus einer Subsumtion dieser Umstände unter die einschlägigen Vorschriften ergebenden Erkenntnis bedarf. Vorliegend verbietet sich eine solche Differenzierung jedoch und ist auf die Rechtskenntnis des Klägers vom Vorliegen eines Verfahrensmangels abzustellen. Denn zum einen handelt es sich bei der Ermöglichung von Toilettengängen um einen ausschließlich in die Organisationssphäre des Beklagten fallenden Vorgang, hinsichtlich dessen ein Prüfling sich ohne Weiteres auf ein pflichtgemäßes Handeln des Beklagten verlassen darf (vgl. OVG NRW, Urt. v. 14.04.1987 - 22 A 908/86 -, NVwZ 1988, 459, 460 [OVG Nordrhein-Westfalen 05.12.1986 - 22 A 780/85]; Birnbaum, NVwZ 2006, 286, 289). Ein Prüfling könnte sich über die von ihm einerseits und dem Beklagten andererseits zu beachtenden Pflichten und Obliegenheiten auch nicht – anders als etwa über die Anforderungen im Falle einer Erkrankung während der Prüfung – durch einen Blick in die Prüfungsordnung Klarheit verschaffen. Zum anderen hat – was deutlich gewichtiger ist – der Beklagte durch die Aufsichtsperson im Rahmen des zwischen dieser und dem Kläger geführten Gespräches aktiv und vorübergehend auch erfolgreich darauf hingewirkt, den Kläger davon zu überzeugen, dass ein Recht zum Aufsuchen der Toilette nicht bestehe. Vor dem Hintergrund einer solchen – wenn auch sicherlich nicht beabsichtigten – Irreführung durch den Beklagten selbst fällt dem Kläger keine Obliegenheit zu, in der angespannten Situation der mündlichen Prüfung eine Subsumtionsleistung vorzunehmen, zu deren Erbringung der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die zu erbringen aber auch der Beklagte in der Prüfungssituation außerstande war.

bb. Ferner war dem Kläger, wollte man eine Rügeobliegenheit bejahen, das Erheben der Rüge im Rahmen der mündlichen Prüfung nicht zumutbar. Eine Rügeobliegenheit ist Ausfluss der Pflicht des Prüflings, an der Herbeiführung eines ordnungsgemäßen Verlaufes des Prüfungsverfahrens mitzuwirken. Ihre Grenze findet diese Mitwirkungspflicht allerdings dort, wo eine Mitwirkung dem Prüfling nicht mehr zumutbar ist. Wann die Grenze der Zumutbarkeit konkret erreicht ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.07.1996 - 6 B 25/96 -, juris, Rn. 6; Urt. v. 17.02.1984 - 7 C 67/82 -, juris, Rn. 15; Urt. v. 29.08.1990 - 7 C 9/90 -, juris, Rn. 31 f.; Nds. OVG, Urt. v. 08.06.2011 - 8 LB 199/09 -, juris, Rn. 36; OVG Berl.-Brandenb., Urt. v. 27.04.2017 - OVG 5 B 9.16 -, juris, Rn. 60). Erforderlich ist insoweit jedenfalls eine Differenzierung zwischen schriftlicher und mündlicher Prüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.1984 - 7 C 67/82 -, juris, Rn. 18; BFH, Urt. v. 27.07.1993 - VII R 11/93 -, juris, Rn. 19; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.02.1982 - 9 S 2532/81 -, VBlBW 1983, 182, 183; Urt. v. 07.12.1983 - 9 S 2082/83 -, DÖV 1984, 814, 815 [BVerwG 03.04.1984 - BVerwG 4 B 59.84]).

Dem Kläger das Erheben einer Rüge des in Rede stehenden Verfahrensmangels in der Zeit zwischen dem Ende der Vorbereitung des Aktenvortrages und vor Beginn des Aktenvortrages abzuverlangen, wie der Beklagte es tut, verlässt den Rahmen des Zumutbaren deutlich. Bereits grundsätzlich kann von einem Prüfling nicht erwartet werden, dass er sich während der laufenden mündlichen Prüfung Gedanken darüber macht und sich entscheidet, ob, wann und in welcher Weise er seine möglicherweise verletzten Rechte geltend macht sowie ob er durch das Erheben einer Rüge aus der Gruppe der Prüflinge hervortreten und hierdurch das Risiko eines Abbruches der Prüfung für sich, aber auch für die anderen Prüflinge schaffen soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.1969 - VII C 77.67 -, juris, Rn. 13; BFH, Urt. v. 29.10.1985 - VII R 70/84 -, juris, Rn. 10; Urt. v. 01.02.1983 - VII R 133/82 -, juris, Rn. 17). Dies gilt vorliegend umso mehr, als der genannte Zeitraum, von dem der Beklagte meint, in diesem hätte eine Rüge erhoben werden müssen, derjenige ist, in dem der Kläger den ersten Kontakt zur Prüfungskommission hatte und in dem er folglich auch einen – nach allgemeiner Lebenserfahrung prägenden – ersten Eindruck hinterließ. Zudem ist die Phase zwischen dem Ende der Vorbereitung des Aktenvortrages und dem Beginn des Aktenvortrages mit deutlicher Anspannung für den Prüfling verbunden: Er muss in diesem Zeitraum die in der Vorbereitungsphase erzielten Erkenntnisse repetieren und verfestigen, seine Gesetzestexte im Vorbereitungsraum ein- und im Prüfungsraum wieder ausräumen und zudem in den erwähnten wichtigen ersten Kontakt mit der Prüfungskommission treten. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass zwischen dem Vorbereitungsraum und dem Prüfungsraum in den Räumlichkeiten des Beklagten eine Strecke von weniger als 10 m zurückzulegen ist und die Phase zwischen dem Ende der Vorbereitung und dem Beginn des Aktenvortrages entsprechend kurz ausfällt, wird deutlich, dass der Kläger auch rein zeitlich keine Möglichkeit hatte, die für das Erheben einer Rüge erforderlichen Erwägungen anzustellen.

cc. Darüber hinaus verbietet sich die Annahme, eine Rüge sei nicht unverzüglich erhoben worden, auch mit Blick auf die oben unter II.5.a. (Seite ) dargelegten Ziele, vor deren Hintergrund sich das Bestehen einer Rügeobliegenheit nur begründen lässt. Der Kläger konnte sich, indem er eine Rüge nicht erhoben hat, nicht treuwidrig und unter Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit einen weiteren Prüfungsversuch verschaffen. Dies hätte vorausgesetzt, dass er von dem Verfahrensmangel im maßgeblichen Zeitpunkt überhaupt Kenntnis hatte. Indem der Kläger die Rüge nicht in dem von dem Beklagten geforderten Zeitpunkt erhoben hat, hat er auch die Kompensationsmöglichkeiten des Beklagten nicht eingeschränkt; dass es zu einer Kompensation trotz Kenntnis des Beklagten von den den Verfahrensmangel begründenden Umständen nicht gekommen ist, ist der Verantwortungssphäre des Beklagten zuzuordnen. Auch haben sich aus der erst späteren Erhebung der Rüge keinerlei Schwierigkeiten hinsichtlich einer hinreichenden Ermittlung des Sachverhalts ergeben.

c. Der benannte Verfahrensmangel war auch prüfungserheblich. Diese Erheblichkeit ergibt sich zum einen bereits daraus, dass die Aufsichtsperson mit dem Kläger ein mehrere Minuten in Anspruch nehmendes Gespräch über die Befugnis zum Aufsuchen der Toilette geführt hat. Durch dieses Gespräch, dass bei ordnungsgemäßer Verfahrensweise nicht geführt worden wäre, wurde der Kläger nach seinem – bei Zugrundelegung allgemeiner Lebenserfahrung nachvollziehbaren und von dem Beklagten nicht bestrittenen – Vortrag in seinen Gedankengängen unterbrochen und seine Vorbereitungszeit wurde verkürzt. Zum anderen ist auch der Vortrag des Klägers nicht von der Hand zu weisen, dass, wenn ein Harndrang verspürt und ein Toilettengang verwehrt wird, die Konzentrationsfähigkeit hierunter leidet und insoweit eine körperliche Beeinträchtigung besteht. Soweit der Beklagte vorträgt und dies durch die eingeholten Stellungnahmen der Mitglieder der Prüfungskommission belegt, der Kläger habe keinerlei Anzeichen einer wie auch immer gearteten Beeinträchtigung erkennen lassen, steht dies der Erheblichkeit des Verfahrensfehlers nicht entgegen. Denn unbeachtlich ist ein Verfahrensfehler gemäß § 46 VwVfG i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 3 Nr. 2 NVwVfG nur dann, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung der Verfahrensvorschriften die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.10.2013 - 6 PKH 7/13 -, juris, Rn. 6; Beschl. v. 27.04.1977 - VII B 48.77 -, juris, Rn. 4; BVerwG, Urt. v. 20.11.1987 - 7 C 3/87 -, juris, Rn. 12; OVG NRW, Urt. v. 17.07.1991 - 22 A 1533/89 -, juris, Rn. 8). Der danach erforderliche Ausschluss einer Mitursächlichkeit des Verfahrensmangels für die Prüfungsentscheidung des Beklagten ist vorliegend nicht möglich und auch kaum denkbar. Dem mit Blick auf die Stellungnahmen der Mitglieder der Prüfungskommission erfolgten Vortrag des Klägers, er sei in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen, auch wenn ihm dies äußerlich nicht anmerkbar gewesen sei, begegnet der Beklagte nicht; eine substantiierte Äußerung zum Gefühlsleben des Klägers dürfte ihm auch kaum möglich sein. Für das Vorliegen einer Beeinträchtigung spricht indiziell im Übrigen nicht zuletzt, dass der Aktenvortrag als einzige Leistung des Klägers in der mündlichen Prüfung mit einer „nur“ einstelligen Note bewertet wurde, die zudem vier Punkte und damit mehr als eine volle Note unter der Note des zivilrechtlichen Prüfungsgespräches – der am schlechtesten bewerteten Leistung, die nach Einschätzung des Klägers unter ordnungsgemäßen Bedingungen erbracht wurde – liegt.

6. Aufgrund des erwähnten Verfahrensmangels hat der Kläger nicht nur einen Anspruch auf Wiederholung des Aktenvortrages, sondern auch auf Wiederholung des strafrechtlichen Prüfungsgespräches. Das Gebot der Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet die Prüfungsbehörde, dafür Sorge zu tragen, dass unter anderem der Ablauf des Prüfungsverfahrens und die Prüfungsatmosphäre nach Möglichkeit leistungsverfälschende Verunsicherungen des Prüflings ausschließen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.10.2004 - 6 B 51/04 -, juris, Rn. 24; Urt. v. 11.11.1998 - 6 C 8/97 -, juris, Rn. 18; Jeremias, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 503). Dass eine Verunsicherung während der Prüfung vorgelegen hat, bedarf dabei keiner positiven Feststellung in dem Sinne, dass der Prüfling die materielle Beweislast im Falle der Nichterweislichkeit einer Verunsicherung zu tragen hätte. Da der Prüfling einen Nachweis seiner Verunsicherung allenfalls ausnahmsweise wird erbringen können und eine Verunsicherung auch nicht regelmäßig erkennbar oder anhand objektiver Kriterien feststellbar ist, reicht insoweit vielmehr aus, dass eine Verunsicherung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.07.1987 - 7 C 118/86 -, juris, Rn. 18; Nds. FG, Urt. v. 15.12.2011 - 6 K 59/11 -, juris, Rn. 105).

Vorliegend ist ein Mangel im Prüfungsverfahren aufgetreten, der sich – wie dargelegt – auf den dem strafrechtlichen Prüfungsgespräch vorausgehenden Prüfungsteil, den ebenfalls dem Strafrecht entnommenen Aktenvortrag, ausgewirkt hat. Das strafrechtliche Prüfungsgespräch wurde dabei ebenso vom Strafrechtsprüfer geführt wie das Gespräch im Rahmen des Aktenvortrages. Selbst wenn der Kläger, wie er selbst einräumt, nach dem Halten des Aktenvortrages die Toilette aufsuchen und so eine durch den zuvor bestehenden Harndrang ausgelöste körperliche Beeinträchtigung ausräumen konnte, kann bei Zugrundelegung dieser Umstände nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger – wie er auch selbst sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt hat – meinte, durch seine Leistung während des Aktenvortrages auf den Strafrechtsprüfer einen ungünstigen Eindruck gemacht zu haben und unter diesem ungünstigen Eindruck auch das sich anschließende strafrechtliche Prüfungsgespräch führen zu müssen. Dass der Kläger unter diesen Voraussetzungen in einer über das durch Prüfungssituationen bedingte Normalmaß hinausgehenden Weise psychisch unter Druck gestanden und dieser Druck sich ursächlich auf das Ergebnis des strafrechtlichen Prüfungsgespräches niedergeschlagen hat, kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Zumindest ein Indiz für das Vorhandensein einer tatsächlichen Beeinträchtigung findet sich wiederum in der Note, die der Kläger für das strafrechtliche Prüfungsgespräch erhalten hat. Diese liegt mit 10 Punkten eine volle Notenstufe unter der erwähnten Bewertung für das Zivilrechtsgespräch. Dass – worauf der Beklagte hinweist – eine Bewertung mit 10 Punkten für sich betrachtet kein schlechtes Ergebnis darstellt, ist dabei unerheblich. Denn maßgeblich ist insoweit nicht die Wertigkeit der erzielten Note im Gesamtgefüge der Leistungen aller Prüflinge, sondern das Verhältnis der in Rede stehende Note zu den sonstigen Leistungen des Klägers.

7. Unter den gegebenen Voraussetzungen fordert der Kläger hinsichtlich der mündlichen Prüfung zu Recht lediglich eine Wiederholung des Aktenvortrages und des strafrechtlichen Prüfungsgespräches. Einer vollständigen Wiederholung der mündlichen Prüfung muss er sich weder stellen, noch hätte er Anspruch auf eine solche. Denn aus dem Gebot der Chancengleichheit folgt, dass auch im Falle der nachträglichen Beseitigung eines Prüfungsmangels so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien herrschen bzw. Anwendung finden müssen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2001 - 6 C 14/01 -, juris, Rn. 26; Jeremias, in: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 503). Für die mündliche Prüfung im zweiten juristischen Staatsexamen in Niedersachsen bedeutet dies konkret, dass nur diejenigen Prüfungsteile zu wiederholen sind, auf die sich der Prüfungsmangel ausgewirkt hat; eine Unteilbarkeit der mündlichen Prüfung ist dem geltenden Recht nicht zu entnehmen (so bereits zum NJAG/zur NJAVO a.F., die sich seitdem hinsichtlich der mündlichen Prüfung im zweiten Staatsexamen strukturell nicht geändert haben: BVerwG, Urt. v. 19.12.2001 - 6 C 14/01 -, juris, Rn. 28 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dem Kläger sind die Kosten des Verfahrens anteilig aufzuerlegen. Denn ein Kläger, der lediglich einen Antrag auf Neubescheidung gestellt hat, unterliegt teilweise, wenn das Gericht zwar zur Neubescheidung verpflichtet, in seinem Bescheidungsurteil mit seiner Rechtsauffassung aber eine geringere Bindung des Beklagten für dessen erneute Entscheidung bewirkt, als der Kläger sie – wie vorliegend – mit seiner Klage angestrebt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.2009 - 7 C 2/09 -, juris, Rn. 67). Hiernach hat der Kläger mit Blick auf die Bedeutung der Prüfungsteile, hinsichtlich derer er eine erneute Durchführung bzw. Bewertung einfordern kann, 40 %, der Beklagte 60 % der Verfahrenskosten zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.