Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 05.10.2015, Az.: 3 A 3658/13

Abschiebungsschutz; Clan; Gefahrendichte; Mogadischu; Risikogruppe; Somalia; subsidiärer Schutz; Kein subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG für jungen Mann aus Mogadischu

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
05.10.2015
Aktenzeichen
3 A 3658/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 30671
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2015:1005.3A3658.13.0A

Amtlicher Leitsatz

Einem aus Mogadischu stammenden Angehörigen eines Minderheitenclans, der über eine Familie und Großfamilie in der Region Mogadischu verfügt und der als ehemaliger Busfahrergehilfe nicht zu der Risikogruppe zählt, auf die die Al Shabaab mit ihren Anschlägen abzielt, steht magels hinreichender Gefahrendichte bei einer Rückehr nach Mogadischu kein subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG zu.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Hilfsweise erstrebt er subsidiären Schutz und Abschiebungsschutz.

Der 1991 geborene Kläger stammt nach eigenen Angaben aus Mogadischu in Somalia. Er gehört zum Clan Bgdi, Subclan Ali, und ist muslimischer Religionszugehörigkeit. Am 31. Mai 2013 meldete er sich in Deutschland als Asylsuchender und stellte am 4. Juni 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag.

Bei der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung beim Bundesamt gab er am 4. Juni 2013 an, dass er neben seiner Mutter noch eine acht Jahre alte Schwester und einen 10 Jahre alten Bruder habe. In Somalia habe er als Hilfskraft eines Busfahrers gearbeitet. Vor seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland habe er sich zweieinhalb Monate in Italien aufgehalten.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 6. Juni 2013 führte er im Wesentlichen aus, dass er sich bis Januar 2012 in Mogadischu aufgehalten habe. Zuletzt sei er als Busfahrergehilfe tätig gewesen und habe am Tag zwischen 50.000 und 70.000 Shilling Somali verdient. Dieses Einkommen sei die einzige Einnahmequelle für die Familie gewesen, nachdem sein Vater verstorben sei und seine Mutter wegen einer Erkrankung nicht habe arbeiten können. Ende März oder April 2012 sei er von Libyen aus mit dem Boot nach Italien gelangt.

Er habe Somalia wegen des allgemeinen Zustands dort verlassen, um ein besseres Leben zu erreichen. In Somalia sei überall nur Krieg. Es gebe keine Hoffnung und sie seien dort sehr arm gewesen. Er habe mit 50.000-70.000 somalischen Shilling versucht, seine Familie zu ernähren, was sehr hart gewesen sei. Der Bruder seiner Mutter, Inhaber eines Lebensmittelladens, kümmere sich um seine erkrankte und bettlägerige Mutter.

Er selbst habe persönlich in Somalia keine Probleme gehabt. Indes habe es in Somalia reichlich allgemeine Gefährdungen gegeben. Als Busfahrergehilfe sei er viel herumgekommen und habe auch Explosionen miterlebt, die sich jedoch nicht direkt gegen ihn gerichtet hätten. Er sei in Somalia in politischer Hinsicht nicht tätig gewesen. Zuletzt sei es in Somalia aufgrund der Explosionen oder Straßensperren nicht mehr möglich gewesen zu arbeiten. Diese Situation habe ihn sehr belastet und dann zur Ausreise bewogen. Die Gründe, warum er Somalia verlassen habe, hätten sich noch nicht geändert. Die wirtschaftliche Lage sei nach wie vor schlecht.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2013 lehnte die Beklagte den Asylantrag des Klägers ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus nicht vorliegen sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufentG nicht vorliegen. Ferner wurde der Kläger zur Ausreise aufgefordert und für den Fall der Nichtbefolgung wurde ihm die Abschiebung nach Somalia angedroht. Wegen der Begründung wird auf den Bescheid Bezug genommen.

Dagegen hat der Kläger am 23. Dezember 2013 Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass ihm im Fall seiner Rückkehr nach Somalia extreme Gefahren für Leib und Leben drohten. Das Bundesamt habe die Sicherheitslage in Somalia in dem angefochtenen Bescheid unzutreffend bewertet. Das Auswärtige Amt bezeichne die Lage in Zentral- und Süd Somalia, einschließlich der Hauptstadt Mogadischu, als besonders kritisch. Verheerende Attentate wie in 2008 könnten nicht ausgeschlossen werden. In und um Mogadischu hätten Zahl und Intensität der Anschläge im Sommer 2013 eher zu- als abgenommen. Es gebe breit angelegte Anschläge. Zudem verweise das Auswärtige Amt auf die in weiten Teilen Süd-/Zentralsomalia stattfinden Kampfhandlungen zwischen den somalischen Bürgerkriegsparteien. Auch in den übrigen Regionen Somalias bewerte das Auswärtige Amt die Lage als extrem unsicher. Das Bundesamt habe selbst in seinem Entscheider Brief 2/2014 ausgeführt, dass jahrzehntelange gewaltsame Auseinandersetzungen Somalia zu einem gescheiterten Staat gemacht hätten und habe die humanitäre und soziale Lage als prekär bewertet. Nach mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg seien der somalische Staat und seine Institutionen nicht in der Lage, den Kläger sowie seinen Bürgern Schutz zu gewähren. Dies gelte auch im Blick auf die Aktivitäten und Terroranschläge der Al Shabaab Milizen, die weite Teile Somalias kontrollierten. Nach Einschätzung der Vereinten Nationen sei in Somalia mit einer neuen Hungerkatastrophe zu rechnen. Soweit die Auffassung vertreten werde, dass die Mission der afrikanischen Union Fortschritte in der Sicherung und Stabilisierung Mogadischus gemacht habe, entspreche dies nicht der Realität. Angehörige von Minderheiten-Clans, sowie im Fall des Klägers, seien einem außerordentlich hohen Risiko ausgesetzt, Opfer von Verbrechen in einem Klima der Straflosigkeit und der willkürlichen Justiz der Al-Shabaab Milizen zu werden. Aufgrund des in Somalia bestehenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts sei für den Kläger eine ernsthafte individuelle Bedrohung von Leib und Leben anzunehmen. Eine inländische Fluchtalternative bestehe für den Kläger nicht.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. Dezember 2013 hinsichtlich der Ziffern 1, 3, 4 und 5 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,

hilfsweise,

ihm subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zu zuerkennen,

hilfsweise,

festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen des Klägers unter Bezugnahme auf die Ausführungen in ihrem Bescheid entgegen.

Am 5. Oktober 2015 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift vom Verhandlungstag verwiesen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten zu diesem Verfahren sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und des Landkreises B-Stadt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 17. Dezember 2013 ist hinsichtlich der hier angefochtenen Ziffern 1, 3, 4 und 5 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, wie es für eine erfolgreiche Klage erforderlich wäre.

Der Kläger hat nach der im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes -AsylVfG -) keinen Anspruch auf die begehrte Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG oder subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG.

Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, wird die Flüchtlingseigenschaft nach Abs. 4 der genannten Vorschrift zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG.

Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 3 Abs. 1 AsylVfG vorliegt, ist auf die §§ 3a ff. AsylVfG zurückzugreifen, die die Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt der zu gewährenden Schutzes (sog. Anerkennungsrichtlinie) umsetzen.

Unter dem Begriff der politischen Verfolgung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylVfG genannten potentiellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG). Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder der religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von dem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylVfG). Eine Verfolgung kann nicht nur ausgehen vom Staat oder von Parteien oder von Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, sondern auch von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylVfG). Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft allerdings nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e AsylVfG).

Die Furcht vor einer Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung solche Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist. Nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG kann eine Verfolgungshandlung auch in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Abs. 1 Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 3 AsylVfG muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. den in

§ 3b AsylVfG genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.

Es ist Sache des Schutzsuchenden, die Umstände, aus denen sich die Verfolgung ergibt, in schlüssiger Form vorzutragen. Das Gericht muss dabei die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten individuellen Schicksals und von der Richtigkeit der Prognose drohender Verfolgung gewinnen. Auf Grund der Beweisschwierigkeiten, in denen sich der Schutzsuchende hinsichtlich der asylbegründeten Vorgänge in seinem Heimatland regelmäßig befindet, muss sich das Gericht jedoch mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig ausgeschlossen werden können (BVerwG, Beschluss vom 21.7.1989 - 9 B 239/89 - NVwZ 1990, 171). Das Asylverfahren ist eine Einheit, so dass ein gegenüber den Angaben vor der Verwaltungsbehörde im gerichtlichen Verfahren vorgetragener neuer Sachverhalt regelmäßig Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorbringens wecken wird. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Asylsuchenden nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (BVerwG, Urteil vom 12.11.1985 - 8 C 27/85 - zitiert nach ). Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen und plausible, wirklichkeitsnahe Angaben machen. Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstandes und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende, möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu seinem behaupteten Verfolgungsschicksal machen.

Nach diesen Maßstäben kann der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht beanspruchen. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er Somalia unter dem Druck bereits erlittener oder unmittelbar bevorstehender Verfolgung verlassen hat. Der Kläger hat vor der Ausreise aus Somalia weder Verfolgungsmaßnahmen i.S.v. § 3a AsylVfG erlitten noch ist er von solchen Verfolgungsmaßnahmen unmittelbar bedroht gewesen. Denn der Kläger hat sowohl gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er Somalia wegen der allgemeinen Zustände dort verlassen habe, um ein besseres Leben zu erreichen. Sein Einkommen dort habe kaum ausgereicht, seine Mutter und seine Geschwister zu unterhalten. In der Anhörung beim Bundesamt hat der Kläger zudem betont, dass er persönlich in Somalia keine Probleme gehabt habe.

Der Kläger hat im Fall seiner Rückkehr nach Somalia auch wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Minderheitenclan keine Verfolgung zu erwarten. Nach Auswertung der Erkenntnismittel ist festzustellen, dass es in Mogadischu keine Clankonflikte und -kämpfe mehr gibt, wie auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung wegen der Clanzugehörigkeit (vgl. UK Home Office vom 09.04.2014: Country Information and Guidance Somalia). Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (Bundesverwaltungsgericht in Österreich vom 21.09.2015 - W 211 1262918-5 -).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter, weil die Voraussetzungen der §§ 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG nicht vorliegen. Gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Abs. 1 AsylVfG bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Subsidiären Schutz kann nur beanspruchen, wem mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylVfG droht. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG gilt als ernsthafter Schaden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die Schutzgewährung greift auch dann ein, wenn sich der innerstaatliche bewaffnete Konflikt nur auf einen Teil des Staatsgebietes erstreckt (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. 01.2013 - 10 C 15.12 - zitiert nach [...]; vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198). Besteht ein bewaffneter Konflikt mit einem solchen Gefahrengrad nicht landesweit, ist bzgl. der anzustellenden Gefahrenprognose auf den Zielort der Abschiebung abzustellen. Dabei kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer seinem subjektiven Blickwinkel nach strebt. Vielmehr ist in der Regel auf die Herkunftsregion des Klägers abzustellen, in die er typischerweise zurückkehren wird. Ein Abweichen von dieser Regel kann jedenfalls nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG ihm Schutz gewähren soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 - zitiert nach [...]; Beschluss vom 14.11.2012 - 10 B 22.12 - zur Frage der "tatsächlichen Zielregion" OVG NRW, Beschluss vom 15.10.2012 - 13 A 2010/12.A - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.03.2012 - A 11 S 3177/11 -).

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen eine ernsthafte individuelle Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - zitiert nach [...]; vom 27.4.2010 - 10 C 4.09 - zitiert nach [...]; vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 - zitiert nach [...]; vom 13.02.2014 - 10 C 6.13 - zitiert nach [...]; Beschluss vom 27.06.2013 - 10 B 11.13 - zitiert nach ). Danach genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung und zu schweren Menschenrechtsverletzungen führt (BVerwG, Urteil vom 13.02.2014, a.a.O.). Allerdings kann sich eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG erfüllen (vgl. BVerwG, Urteile vom 24.6.2008, a.a.O.). Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist (BVerwG, Urteil vom 17.11.2010, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.). Gefahrerhöhende individuelle Umstände dieser Art liegen beim Kläger nicht vor. Der Kläger war vor seiner Ausreise als Busfahrergehilfe in Somalia tätig und ist dort nicht weiter aufgefallen.

Fehlen - wie hier - individuelle gefahrerhöhende Umstände, so kann eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urteil vom 17.11.2011, a.a.O.). Erforderlich ist insoweit ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt (BVerwG, Urteil vom 17.11.2011, a.a.O.). Für die individuelle Betroffenheit von der Gefahr bedarf es Feststellungen zur Gefahrendichte für die Zivilbevölkerung in dem fraglichen Gebiet, die jedenfalls auch eine annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, zu umfassen hat, sowie einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.11.2011, a.a.O., vom 13.2.2014, a.a.O., Nds. OVG, Urteil vom 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -). Allerdings sieht das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls ein Risiko von 1:800 (0,125 %), in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.11.2011, a.a.O.).

Gemessen an diesen Kriterien besteht für den Kläger bezogen auf seine Herkunftsregion in Somalia keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG.

Dabei kann offen bleiben, ob in seiner Herkunftsregion Mogadischu noch ein innerstaatlicher Konflikt vorliegt, denn es fehlt an der erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben bei einer Rückkehr in die Region Mogadischu. Die erforderliche Gefahrendichte ist in Mogadischu nicht mehr gegeben. Dabei zählt das Gericht den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angegebenen jetzigen Aufenthaltsort seiner Familie in einer Entfernung von ca. 30 - 40 Kilometer zu Mogadischu noch zum Großraum Mogadischu, zumal der Kläger nicht behauptet hat, dass seine Familie derzeit in einem Gebiet lebt, das unter der Kontrolle der Al-Shabaab Milizen steht.

Die Al-Shabaab übernahm bis Ende 2010 die Kontrolle in weiten Teilen Süd- und Zentralsomalias. Seither unterstützen Truppen der Afrikanischen Union (African Union Mission in Somalia - AMISOM) aus Uganda und Burundi die somalische Übergangsregierung. Im August 2011 zog sich die Al-Shabaab aus Mogadischu zurück - der letzte von der Al-Shabaab gehaltene Distrikt Daynile wurde im Mai 2012 befreit - und kam auch in anderen Landesteilen unter Druck. Im Zuge der im März 2014 begonnenen "Operation Eagle" und der nachfolgenden "Operation Indian Ocean" ab September 2014 ist es der somalischen Armee (Somali National Army - SNA) und Truppen der Afrikanischen Union (African Union Mission in Somalia - AMISOM) bis Oktober 2014 gelungen, weitere Städte zu befreien und 80% des somalischen Staatsgebiets unter Kontrolle zu bringen (VG Aachen, Urteil vom 13.04.2015 - 7 K 711/14.A - zitiert nach ). Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung in Somalia, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markieren könnte.

Auf dieser Grundlage ist fraglich, ob für die Region Mogadischu, in der es nicht mehr zu direkten bewaffneten Auseinandersetzungen kommt, überhaupt noch das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu bejahen ist. Allerdings wird der erreichte Zustand in nahezu allen Berichten als fragil bezeichnet (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Somalia: Sicherheitssituation in Mogadischu (Stand: 25. Oktober 2013), m. w.; ferner EASO, Country of Origin Information report: South and Central Somalia - Country Overview (Stand: August 2014),), und er kann nur durch den Einsatz ausländischer und internationaler Truppen aufrechterhalten werden. Die Al-Shabaab hat auf die durch das offensive Vorgehen von SNA und AMISOM bewirkten erheblichen Territorialverluste mit einem Wechsel in der Strategie reagiert. Sie präferiert nunmehr eine asymmetrische Kriegführung, die insbesondere gezielte Attentate, den Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen (sog. IED - Improvised Explosive Device) und überfallartige Angriffe (hit and run) umfasst (VG Aachen, Urteil vom 13.04.2015 - 7 K 711/14.A - zitiert nach [...]).

Zur Sicherheitslage in Mogadischu hat das VG Aachen mit Urteil vom 13.04.2015 (- 7 K 711/14.A - zitiert nach ), dem sich der Einzelrichter anschließt, wie folgt ausgeführt:

"Nach den Erkenntnissen des Österreichischen Bundesasylamts hat sich die generelle Sicherheitssituation für die dortige Bevölkerung verbessert. Diese Verbesserungen betreffen in erster Linie die Bezirke im Zentrum, den Westen der Stadt und die Hafengegend. Die Bewegungsfreiheit hat sich deutlich verbessert, illegale Straßensperren wurden entfernt, die noch verbliebenen sind von staatlichen Sicherheitskräften besetzt worden.Vgl. Bundesasylamt der Republik Österreich, Staatendokumentation - Somalia: Sicherheitslage (Stand: 25. Juli 2013), Seite 19 f. m.w.N.

Das liegt daran, dass die frühere faktische Aufteilung der Hauptstadt in zwei Zonen, eine von der al-Shabaab kontrollierten und eine von der somalischen Regierung und den internationalen Truppen kontrollierten, aufgehoben wurde und durch N. keine Front mehr verläuft, die früher viele Opfer gekostet hatte.Vgl. Danish Immigration Service, Security an protection in Mogadishu and South-Central Somalia - Joint report from the Danish Immigration Service's and the Norwegian Landinfo's fact finding mission to Nairobi, Kenya, and Mogadishu, Somalia, 6 April to 7 May 2013, Seite 6.

Durchgehend treffen Heimkehrer aus IDP-Lagern im Afgooye-Korridor, aus anderen somalischen Regionen und aus der Diaspora ein. Straßenbeleuchtung wurde in manchen Straßen installiert. Anzeigen können bei der Polizei gemacht werden. Die Müllabfuhr und Straßenreinigung haben ihren Dienst wieder aufgenommen. Es werden Investitionen getätigt und traditionelle Feierlichkeiten werden wieder begangen. Noch viele weitere Zeichen von Normalität weisen auf einen signifikanten Anstieg an Sicherheit hin, der innerhalb der vergangenen zwölf Monate in N. zu verzeichnen ist. Die noch im Jahr 2012 von einigen Experten geäußerten Bedenken hinsichtlich der Gefahr, dass Clan-Milizen in N. befindliche Oberhand gewinnen könnten, kann als nicht mehr gegeben bezeichnet werden. Die Milizen von Warlords sind weitgehend verschwunden, eine letzte existiert im Bezirk Medina. Die Präsenz der Polizei hat zugenommen. Sie reagiert auf kriminelle Handlungen, und jede Tat kann angezeigt werden. Allerdings ist die Erfolgsquote noch gering. Folglich wird Polizei zwar nicht von der Bevölkerung bejubelt, aber toleriert.Vgl. Bundesasylamt der Republik Österreich, Staatendokumentation - Somalia: Sicherheitslage (Stand: 25. Juli 2013), Seite 19 f. m.w.N.; ferner EASO, Country of Origin Information report: South and Central Somalia - Country Overview (Stand: August 2014), Seite 75 zu problematischen Distrikten in N.

Das österreichische Bundesasylamt kommt auf dieser Grundlage zu der Einschätzung, dass N. vielleicht noch nicht befriedet sei, sich jedoch definitiv nicht im Kriegszustand befinde. Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe geht nach der Vertreibung der al-Shabaab aus N. August 2011, der Wahl eines Parlamentes im August 2012 sowie der Wahl von Hassan Sheik Mohamud zum neuen Präsidenten Somalias im September 2012 davon aus, dass die Hauptstadt N. unter Kontrolle der somalischen Regierung ist,vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Somalia: Sicherheitssituation in N. (Stand: 25. Oktober 2013), Seite 1 m.w.N.

Die Gesamtzahl der zivilen Opfer dürfte zu einem nicht unerheblichen Teil Personen mit erhöhten Gefährdungspotentialen betroffen haben. Dies hängt damit zusammen, dass nach bisheriger Erkenntnislage - bedingt durch die oben bereits beschriebene strategische Auswahl der Anschlagsziele - bestimmte Berufsgruppen in besonderer Weise betroffen waren: Regierungsmitarbeiter, Angehörige von AMISOM, Mitarbeiter internationaler Organisationen, Angehörige der Sicherheitskräften, mit der Regierung zusammenarbeitende Personen, Politiker und Deserteure.Vgl. Bundesasylamt der Republik Österreich, Staatendokumentation - Somalia Sicherheitslage (Stand: 25. Juli 2013), Seite 43; Danish Immigration Service, Security and protection in Mogadishu and South-Central Somalia - Joint report from the Danish Immigration Service's and the Norwegian Landinfo's fact finding mission to Nairobi, Kenya, and Mogadishu, Somalia, 6 April to 7 May 2013, Seiten 6 f., 12 f.; United Nations Security Council, Report of the Monitoring Group on Somalia and Eritrea pursuant to Security Council resolution 2011 (2013): Somalia (Stand: 2014), Seite 304.

Die Anschläge konkret in N. verdeutlichen dies. Im vergangenen Jahr - ab April 2014 - sind hier nach den vorliegenden Erkenntnisquellen folgende Anschläge verübt worden:

April 2014

Am 21. April wurde der Parlamentsabgeordnete Isak Mohamed Rino bei einem Anschlag mit einer Autobombe getötet, ein weiterer Abgeordneter, Mohamed Ali, wurde dabei verletzt. Die Al-Shabaab übernahm die Verantwortung für den Anschlag. Nur einen Tag später wurde der Parlamentsabgeordnete Abdiaziz Isak erschossen.Vgl. AFP, Bericht vom 22. April 2014: "Somali lawmaker shot dead, second in 24 hours", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014;

Mai 2014

Mindestens sieben Menschen, darunter ein Polizeibeamter, wurden bei einem Bombenanschlag getötet. Die al-Shabaab bezichtigte sich des Anschlags und bezeichnete den getöteten Polizeibeamten als "Feind Allahs" und beschuldigte ihn, mit ausländischen Geheimdiensten zusammengearbeitet zu haben. Bei dem mit einer Autobombe auf einer belebten Straße im Zentrum der Hauptstadt verübten Anschlag starben nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP vier Polizisten. Unter Berufung auf einen Augenzeugen berichtete sie ferner, dass Sicherheitskräfte den Tatort abgeriegelt und das Feuer eröffnet hätten, um sich nähernde Zuschauer zu vertreiben. Dabei sollen eine Mutter und ihre Kinder ums Leben gekommen sein.Vgl. AFP, Bericht vom 03. Mai 2014: "Somali official among seven killed in Mogadishu bombing", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

Der somalische Politiker Farah Dahir Jimale und eine weitere Person wurden bei einem Autobombenanschlag in N. verwundet. Keine Gruppe übernahm die Verantwortung für den Anschlag.Vgl. AFP, Bericht vom 19. Mai 2014: "Bombing in Somali capitol wounds politician: local official", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

Mindestens zehn Menschen, darunter vier Polizisten und mehrere Kämpfer, wurden Ende Mai bei einem Anschlag der al-Shabaab auf das Parlament in N. getötet, zwei Abgeordnete wurden bei der Evakuierung des Parlamentsgebäudes verwundet.Vgl. BBC, Bericht vom 24. Mai 2014: "Somalia Parliament attacked by Al-Shabab in Mogadishu, abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

Juni 2014

Laut Polizeiangaben wurden mindestens zwei Personen bei der Explosion einer Bombe auf einem Markt in N. in der Nähe einer Polizeistation getötet. Bislang bekannte sich keine Gruppe zu dem Anschlag, jedoch gab die al-Schabaab zuvor an, ihre Angriffe während des Fastenmonats Ramadan verstärken zu wollen.Vgl. AFP, Bericht vom 30. Juni 2014: "At least two killed in Somal capital market bomb: police", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

Juli 2014

Laut Angaben der Polizei und von Medien wurden bei einem Selbstmordanschlag nahe dem somalischen Parlament mindestens vier Menschen - darunter zwei Polizisten - getötet und mehrere andere verwundet.Vgl. BBC, Bericht vom 05. Juli 2014: "Somalia parliament suicide car bomb kills four", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014

Bei einem Angriff auf den Präsidentenpalast wurden drei der Angreifer getötet und ein vierter gefangengenommen.Vgl. BBC, Bericht vom 09. Juli 2014: "Somali security chiefs sacked after al-Shabab attack", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

Eine bekannte Sängerin und Parlamentsabgeordnete, Saado Ali Warsame, und ein Begleiter wurden von der al-Schabaab in N. erschossen.Vgl. BBC, Bericht vom 23. Juli 2014: "Somali musician and MP Saado Ali Warsame shot dead", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

August 2014

Der Parlamentsabgeordnete Aden Madeer wurde von der al-Shabaab erschossen. Dabei handelt es sich um die fünfte Tötung eines Parlamentsmitglieds im Jahr 2014. Die al-Shabaab bezichtigte sich der Ermordung.Vgl. BBC, Bericht vom 01. August 2014: "Somali MP shot dead outside mosque by al-Shabab", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

Bei einem Autobombenanschlag und einem Schusswechsel vor dem Hauptquartier des somalischen Nachrichtendienstes wurden mindestens sieben Mitglieder der al-Shabaab und vier weitere Personen getötet. Am Tag zuvor hatte die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) angegeben, die Stadt Bulomarer eingenommen zu haben.Vgl. AFP, Bericht vom 30. August 2014: "Shebab rebels in car bomb, gun attack on Somalia intelligence HQ", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

Oktober 2014

Der somalische Präsident, Hassan Sheikh Mohamud, bezeichnete einen zuvor erfolgten Autobombenanschlag in N. mit mindestens 13 Toten als "Verzweiflungstat" der al-Schabaab. Die al-Schabaab selbst bekannte sich nicht zu dem Anschlag.Vgl. AFP, Bericht vom 13. Oktober 2014: "Car bomb attack kills four in Somali capital: police", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

In N. wurden bei einem Autobombenanschlag vor einem Hotel laut offiziellen Angaben mindestens eine Person getötet und mehrere weitere verletzt. Keine Gruppe bekannte sich zu dem Anschlag, jedoch verübte die al-Schabaab in der Vergangenheit ähnliche AnschlägeVgl. AFP, Bericht vom 25. Oktober 2014: abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

Der Leiter des N. -Büros eines somalischen TV-Senders mit Sitz in London wurde vor seinem Haus im Bezirk Howlawadag mehrmals angeschossen. Der Vorsitzende des nationalen Geheim- und Sicherheitsdienstes macht die al-Schabaab für den Angriff verantwortlich.Vgl. AFP, Bericht vom 14. Oktober 2014: abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.November 2014. In N. wurde ein Ingenieur, der für ein türkisches Unternehmen arbeitete, getötet. Keine Gruppe hat sich bislang zum Anschlag bekannt Vgl. AFP, Bericht vom 27. November 2014: One killed in Somalia bombing: police, abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014. Bei einem Selbstmordanschlag der al-Schabaab auf einen UNO-Konvoi in N. wurden laut Polizeiangaben und Angaben der al-Schabaab 4 Personen getötet und 9 weitere verletzt. Vgl. AFP, Bericht vom 03. E. 2014: "Four killed in suicide attack on UN convoy in Somali capital: police", abrufbar über: ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Schabaab, E. 2014.

Diese - vermutlich nicht abschließende, aber wohl eine Größenordnung anzeigende - Auflistung zeigt: Die al-Shabaab sieht es nicht gezielt auf Zivilisten ab, nimmt insoweit aber Opfer in Kauf.Vgl. Danish Immigration Service, Update on security and protection in Mogadishu and South-Central Somalia - Joint report from the Danish Immigration Service's and the Norwegian Landinfo's fact finding mission to Nairobi, Kenya, and Mogadishu, Somalia, 1 to 15 November 2013, März 2014, Seite 19.Nimmt man dazu in Relation die Einwohnerzahl Mogadischus in den Blick - nach dem Eintrag in "The World Factbook” ist von 1,554 Millionen Personen (Stand: 2011) auszugehen,vgl. im Internet "cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/so. html” (Zugriff am 10. April 2015), und auch das Auswärtige Amt geht von einer Einwohnerzahl von deutlich mehr als einer Million aus, vgl. auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Somalia_node.html - Stand: März 2015 - (Zugriff am 10. April 2015) - so ist die Schlussfolgerung nicht unvertretbar, dass eine ernsthafte individuelle Bedrohung nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, wenn der Ausländer nicht - wie hier der Kläger - den oben angeführten Risikogruppen zugerechnet werden kann.Vgl. ebenso VG Regensburg, Urteil vom 08.01.2015 - RO 7 K 13.30801 -, Rn. 22 ff. m.w.N."

Der Kläger zählt als ehemaliger Busfahrergehilfe nicht zu dieser Risikogruppe.

Nach einem Bericht der Vereinten Nationen kam es in Mogadischu im Juli und August 2015 zwar zu einem Anstieg gezielter Tötungen und komplexer Angriffe, für die sich die Al-Shabaab verantwortlich zeichnete (UN Report of the Secretary-General on Somalia vom 11. September 2015). Am 10. Juli 2015 starben bei gleichzeitigen Angriffen auf zwei Hotels 11 Personen und etwa 20 Personen wurden verletzt. Ein Mitglied des Parlaments wurde am 25. Juli 2015 erschossen. Bei einer Explosion von Sprengstoff in der Nähe eines Hotels wurden 15 Personen getötet, darunter auch ein Mitglied einer chinesischen Delegation von Diplomaten, die in dem Hotel untergebracht waren. Die Explosion führte zu erheblichen Schäden am Hotel und nahe gelegenen Gebäuden. Ein weiterer Bombenangriff der Al-Shabaab auf ein Restaurant, das von somalischen Sicherheitspersonal besucht wurde, führte am 22. August 2015 zum Tod von 6 Personen, darunter 2 Zivilisten, und 18 Personen wurden verletzt. Diese Angriffe der Al-Shabaab zeigen, dass diese terroristische Organisation weiterhin die Strategie verfolgt, durch gezielte Attacken auf bestimmte Zielgruppen oder Zielpersonen die Region Mogadischu zu destabilisieren. Eine akute Gefährdung der durch die Anwesenheit der SNA und AMISOM stabilisierten Sicherheitslage in Mogadischu ist indes damit nicht verbunden. Nach Erkenntnissen des Danish Immigration Service vom September 2015 (Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somali 2-12 May 2015) sei es zwei Quellen zufolge sehr unwahrscheinlich, dass die Al-Shabaab unter den gegenwärtigen Umständen in der Lage sei, wieder die Kontrolle über Mogadischu zu übernehmen. Es sei vielmehr das Ziel der Al-Shabaab, diejenigen Gebiete, die von der AMISOM/SNA zurückerobert worden seien, zu destabilisieren. Al-Shabaab bevorzuge eine bewusste Taktik der Destabilisierung durch "hit and run attacks" und asymmetrische Kriegführung in Städten unter der Kontrolle von AMISOM/SNA. Im Allgemeinen lasse die Al-Shabaab sich nicht auf direkte Konfrontationen mit der AMISOM ein. Mehrere Quellen stimmten darin überein, dass Zivilisten nicht direkt Zielscheibe der Al-Shabaab seien, wohl aber bei den Angriffen der Al-Shabaab getötet und verletzt werden. Vielmehr hätte es die Al-Shabaab bei ihren Angriffen auf die AMISOM, die Vereinten Nationen und Repräsentanten der somalischen Regierung abgesehen.

Der UNHCR Somalia habe berichtet, dass ein stetiger Trend der Rückkehr von Somalis aus dem Ausland nach Mogadischu zu verzeichnen sei. Üblicherweise verfügten solche Leute über ein Netzwerk oder Familie in der Stadt und würden sehr oft zurückkehren, um Ihre Immobilie wieder in Besitz zu nehmen bzw. Geschäfte aufzunehmen oder um Verwandte zu besuchen oder in der Regierung mitzuarbeiten. Zivilisten tragen das Risiko, bei Anschlägen der al Shabaab auf ausgewählte Ziele als "Kollateralschaden" getötet zu werden und sind nicht einer willkürlichen Tötungsstrategie der Al Shabaab anzulasten (Bundesverwaltungsgericht Österreichs vom 24.09.2015 - W206 1259348-3 - abrufbar unter www.ris.bka.gv.at/Bvwg). Der EGMR hat festgestellt (KAB vs Schweden), dass trotz täglicher Verluste unter Zivilisten kein generelles Risiko gegeben ist. Auch das britische Tribunal Immigration and Asylum Chamber stellt fest, dass für einen Zivilisten in Mogadischu nur aufgrund seiner Anwesenheit in der Stadt kein generelles Risiko erheblichen Schadens aufgrund willkürlicher Gewalt besteht (UK Upper Tribunal Immigration and Asylum Chamber (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/[2014]_UKUT_442_iac.html; vgl. UK Home Office (9.4.2014): Country Information and Guidance Somalia).

Nach Auswertung der Erkenntnismittel ist nicht festzustellen, dass, dass praktisch jede Zivilperson bei Rückkehr allein aufgrund ihrer Anwesenheit in der Region Mogadischu einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist.

Auch bei der über die reine Berechnung hinaus anzustellenden wertenden Gesamtbetrachtung aller Gesichtspunkte der dortigen Sicherheitslage kommt der Einzelrichter zu dem Ergebnis, dass der Konflikt in Mogadischu keine so hohe Gefahrendichte willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung erreicht, dass jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region jederzeit mit einer nicht mehr zu vernachlässigenden Wahrscheinlichkeit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Über das allgemeine Risiko hinausgehende, persönliche gefahrerhöhende Merkmale des Klägers wurden nicht glaubhaft gemacht und sind für den Einzelrichter auch nicht ersichtlich.

Ferner liegen die Voraussetzungen für die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots nicht vor. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (Urteil vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse).

Der Verweis auf Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der EMRK ergeben, umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Bei § 60 Abs. 5 AufenthG sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich zwar weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. Denn § 60 Abs. 2 AufenthG knüpft - wie dargelegt - an Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EG an, der seinerseits die Verantwortung des Abschiebestaats nach Art. 3 EMRK übernimmt. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtliche Abschiebungsschutz - und damit auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG - vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Die Gewährleistung nach nationalem Recht tritt vielmehr selbstständig neben die aus Unionsrecht. Eine tatbestandsausschließende Spezialität des § 60 Abs. 2 AufenthG wäre mit dem hohen Rang, den die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsgüter haben, unvereinbar. Damit ist hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in jedem Fall materiell zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt sind. In Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15/12 - zitiert nach ). Ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht nur bei Gefahren für Leib und Leben, die seitens eines Staates oder einer staatsähnlichen Organisation drohen, in Betracht, sondern auch extreme Gefahren, die sich z. B. aus einer katastrophalen Versorgungslage ergeben können, können unter § 60 Abs. 5 AufenthG fallen (BVerwG, vom 13.06.2013 - 10 C 13712 - zitiert nach juri; EGMR vom 28.06.2011 - Nr. 8319/07, Sufi und Elmi - NVwZ 2012, 681 ff. ). Humanitäre Verhältnisse verletzen Art. 3 EMRK nur in ganz außergewöhnlichen Fällen, wenn nämlich die humanitären Gründe gegen die Ausweisung zwingend seien (vgl. EGMR vom 28.06.2011 - Nr. 8319/07, Sufi und Elmi - NVwZ 2012, 681 ff).

Derartige Verhältnisse liegen im Falle der somalischen Hauptstadt Mogadischu nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht vor. Für den Lebenserhalt im wirtschaftlichen Sinne braucht es in erster Linie die Kernfamilie. Der größere Familienkreis wird den Lebenserhalt nur kurzfristig garantieren. Im Fall des Klägers bietet seine Kernfamilie sowie seine Großfamilie ein hinreichendes Unterstützungsnetzwerk. Außerdem gibt es lokale NGOs, die den Neuankömmlingen helfen können (EASO 8.2014; 9). Zudem unterstützt der UNHCR die Pläne der somalischen Regierung, im Jahr 2015 zehntausend somalische Flüchtlinge aus Kenia im Rahmen einer freiwilligen Rückkehr zurückzuführen und für die Reintegration in neun Distrikten, darunter auch in Mogadischu, zu sorgen (UNHCR Joint Communique vom 30.07.2015 Tripartite Commission for the Voluntary Repatriation of Somali Refugees from Kenya)), was ebenfalls für eine hinreichend ungefährdete Rückkehrsituation in Mogadischu spricht.

Schließlich soll nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat auch dann abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, grundsätzlich nur nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Grundsätzlich sind das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte an diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung gebunden. Sie dürfen Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht besteht, nur dann im Einzelfall ausnahmsweise Schutz vor einer Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG zusprechen, wenn eine Abschiebung Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG verletzen würde. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerwG nur dann der Fall, wenn der Ausländer im Zielstaat der Abschiebung einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, die landesweit besteht oder der der Ausländer nicht ausweichen kann (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 29.09.2011 - 10 C 24.10; Urteil vom 12.07.2011 - 1 C 2.01 -; OVG NRW, Beschluss vom 10.09.2014 - 13 A 984/14.A -; jeweils zitiert nach [...]).

Wann danach allgemeine Gefahren aus verfassungsrechtlichen Gründen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.02.2013 - 13 A 1524/12.A -; Beschluss vom 04.01.2013 - 13 A 2635/12.A - und - 13 A 2673/12.A - jeweils zitiert nach [...]).

Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sei, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maß auszulegen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist dann erreicht, wenn der Ausländer ansonsten "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde". Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 - zitiert nach ; BayVGH, Urteil vom 08.11.2012 - 13a B 11.30465 -; und - 13a B 11.30391 -; OVG NRW, Urteil vom 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A - jeweils zitiert nach [...]).

Daran fehlt es hier. Der Kläger hat nach seinen Angaben weiterhin Kontakt zu seiner in Somalia lebenden Familie. Weiter kann er auf die Unterstützung seines Clans und seiner Großfamilie bauen. Ferner hat der Kläger vor seiner Ausreise in Mogadischu als Gehilfe eines Busfahrers gearbeitet und kann deshalb auf entsprechende Kontakte zurückgreifen, die ihn in die Lage versetzen, trotz der angespannten Versorgungssituation ein Überleben zu gewährleisten.

Schließlich bestehen auch gegen die nach Maßgabe der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylVfG erlassene Abschiebungsandrohung keine Bedenken.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO; 83 b AsylVfG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.