Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 19.10.2015, Az.: 6 A 1882/14
Erlaubnis; Fachgespräch; Hundeausbilder; Sachkunde
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 19.10.2015
- Aktenzeichen
- 6 A 1882/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 31970
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2015:1019.6A1882.14.0A
Rechtsgrundlagen
- GG Art. 12 I
- GG Art. 3 I
- TierSchG 11 I 1 Nr. 8 f)
Amtlicher Leitsatz
Die zuständige Behörde ist gesetzlich dazu verpflichtet, Antragstellern zum Nachweis ihrer Sachkunde ein Fachgespräch anzubieten und dieses auch zu organisieren
Tatbestand
Die Klägerin begehrt eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Hundeausbildung.
Die Klägerin betreibt eine Hundeschule. Im Jahr 2005 absolvierte sie bei der privaten Ausbildungsstätte "Hundewelten" Lehrgänge als Problemhundetherapeutin (Dauer 3 Monate) sowie als Gebrauchshundeausbilderin (Dauer 1,5 Monate) und Problemhundeberaterin (Dauer 3 Tage). "Hundewelten" kooperiert mit dem Deutschen Gebrauchshundeverband, ist nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) als Bildungsträger offiziell anerkannt und von der DEKRA zertifiziert.
Seit dem 13.10.2005 ist die Klägerin im Nebenerwerb als "Problemhundetherapeutin" tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit führt sie mit den Hunden in der Regel ein Intensivtraining im Laufe eines einzelnen Tages durch. Die Häufigkeit dieser Einsätze schwankt dabei je nach aktuellem Bedarf stark. Zeitweise bildet die Klägerin mehrere Hunde in einer Woche aus, mitunter aber auch nur einen pro Monat.
Mit Schreiben vom 27.06.2014 beantragte sie beim Beklagten eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f) des Tierschutzgesetzes (TierSchG). Anlass ihres Antrags war eine Änderung des TierSchG, nach der seit dem 01.08.2014 die Ausbildung von Hunden nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde erfolgen darf.
Mit Schreiben vom 08.08.2014 erläuterte der Beklagte: Die Klägerin habe Ihre Sachkunde noch nicht hinreichend belegt, sodass die Voraussetzungen für eine Erlaubnis noch nicht vorlägen. Von der erforderlichen Sachkunde könne nur bei Personen ausgegangen werden, die eine Zertifizierung durch die niedersächsische oder schleswig-holsteinische Tierärztekammer erworben oder den Hundefachwirt/in-Lehrgang der IHK Potsdam absolviert hätten. Auch Antragsteller, die mindestens drei Jahre im Haupterwerb als Hundetrainer tätig gewesen seien, würden als hinreichend sachkundig gelten. Alle anderen müssten die Sachkunde durch erfolgreiche Ablegung des sog. D.O.Q. Test pro, eines EDV-gestützten Single-Choice-Tests, nachweisen.
Mit Schreiben vom 11.08.2014 erklärte die Klägerin, sie arbeite schon seit 2005 sehr erfolgreich und ohne Gewaltanwendung mit problematischen Hunden und habe selbst andere Hundetrainer mit ausgebildet. Mittlerweile sei bereits Antragstellern eine Erlaubnis erteilt worden, die über deutlich weniger Berufserfahrung verfügten.
Mit Schreiben vom 21.08.2014 führte die Klägerin aus, ihre Spezialisierung auf die Problemhundetherapie und die damit einhergehende geringe Kundenzahl erlaubten es ihr finanziell nicht, hauptberuflich als Hundetrainerin tätig zu sein. Auch aus privaten und gesundheitlichen Gründen sei ihr dies nicht möglich. Den D.O.Q. Test pro lehne sie grundsätzlich ab. Die darin enthaltenen Fragen seien teils veraltet und teils fachlich unzutreffend.
Daraufhin bot der Beklagte ihr als Alternative ein Fachgespräch unter der Aufsicht eines qualifizierten Amtsveterinärs an und teilte mit, ein solches Gespräch werde ebenfalls als Sachkundenachweis akzeptiert. Um die Organisation des Gesprächs müsse die Klägerin sich jedoch selbst kümmern, da der Beklagte nicht über die erforderlichen personellen Kapazitäten verfüge.
Mit Schreiben vom 29.08.2014 erklärte die Klägerin, sie habe für sich kein Fachgespräch organisieren können. Stattdessen überlege sie, an einem Kurzlehrgang der IHK Potsdam teilzunehmen, und bitte um Mitteilung, ob dieser als Sachkundenachweis genüge.
Der Beklagte erwiderte, dass er eine Teilnahme am Zertifikatslehrgang "Hundeerzieher/Verhaltensberater/in IHK" als Sachkundenachweis akzeptieren werde.
Den Zertifikatslehrgang lehnte die Klägerin ab. Sie erklärte, es handele sich dabei im Gegensatz zu dem von ihr vorgeschlagenen Kurzlehrgang um eine komplette, mehrmonatige Ausbildung, und bat um einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid.
Durch Bescheid vom 28.10.2014 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 f) TierSchG (Ziff. 1) ab und untersagte der Klägerin die weitere Tätigkeit als selbstständige Hundetrainerin (Ziff. 2). Zur Begründung der Ablehnung führte er aus, die Klägerin habe ihre Sachkunde nicht hinreichend nachgewiesen. Die vorgelegten Ausbildungszertifikate seien nach den Festlegungen des Beklagten nicht ausreichend, da sie von einer privaten Institution stammten, deren Ausbildungsinhalte nur schwer zu überprüfen seien. Die Klägerin arbeite lediglich im Nebenerwerb als Hundetrainerin. Sie habe daher nicht im gleichen zeitlichen Umfang Erfahrungen und Kenntnisse sammeln können wie jemand, der hauptberuflich als Hundetrainerin tätig sei. Daher werde von Antragstellern wie ihr zusätzlich das Ablegen eines D.O.Q. Test pro oder eines Fachgesprächs erwartet.
Die Klägerin hat am 04.11.2014 Klage erhoben. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.11.2014 mitgeteilt, er werde die Tätigkeit der Klägerin als Hundetrainerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens dulden und auf die Einleitung eines entsprechenden Ordnungswidrigkeitenverfahrens verzichten. Daraufhin hat die Klägerin ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - 6 B 1883/14 - zurückgenommen.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage vor:
Die Anforderungen des Beklagten an den Nachweis der Sachkunde seien überspannt. Erforderlich sei nach der Gesetzesbegründung lediglich ein Mindestmaß an Sachkunde. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Überprüfung der Sachkunde durch den D.O.Q. Test und somit durch einen privaten Anbieter erfolge. Wegen des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) könne der Beklagte sie nicht zu bestimmten Lehrgängen oder Tests zwingen. In den Ausbildungen bei "Hundewelten" seien ihr die Inhalte, die Gegenstand der staatlich anerkannten Zertifikate sind, vermittelt worden. Zudem habe die wegen ihrer langjährigen Erfahrung mit Hunden gebotene Einzelfallprüfung nicht stattgefunden. Es sei zweifelhaft, ob ein Fachgespräch sich überhaupt zur Feststellung der Sachkunde eigne. Dort sei allein die subjektive Einschätzung durch den Prüfer entscheidend. Die Erlaubnispflicht verstoße gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, da nichtgewerbliche Trainer weiterhin ohne Erlaubnis und Sachkundenachweis tätig sein dürften, ohne dass es für diese Unterscheidung nachvollziehbare Gründe gebe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 28.10.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 f) TierSchG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert:
In Ermangelung einer Rechtsverordnung habe er zwecks Gleichbehandlung aller Antragsteller generelle Kriterien festgelegt, in welchen Fällen von einer ausreichenden Sachkunde ausgegangen werde. Die Zertifizierungen von "Hundewelten" ließen keine Rückschlüsse auf die dort vermittelte Sachkunde zu, da durch die DEKRA und nach der AZAV keine tierschutzrechtlichen Aspekte geprüft würden. Es gebe im Bereich der Hundeausbildung eine Vielzahl von Lehrgängen und Zertifikaten mit den unterschiedlichsten Inhalten. Deren Überprüfung und Bewertung mit Blick auf die vermittelte Sachkunde bedeute einen enormen Zeitaufwand. Seinerzeit habe es an den personellen Ressourcen gefehlt, um die Sachkunde im Rahmen eines Fachgesprächs überprüfen zu können. Ein D.O.Q. Test pro sei sowohl zeitsparender als auch kostengünstiger als ein Fachgespräch. Er unterliege einer stetigen Weiterentwicklung und sei nach bisheriger Erfahrung gut geeignet, um die Sachkunde von Antragstellern zu testen. Die Betroffenheit der Klägerin in der Berufsfreiheit sei mit Blick auf das Merkmal der Schaffung einer Lebensgrundlage zweifelhaft.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte sein Angebot wiederholt, der Klägerin nach erfolgreichem Bestehen des D.O.Q. Tests pro die gewünschte Erlaubnis zu erteilen. Alternativ sehe man sich mittlerweile in der Lage, für die Klägerin ein Fachgespräch zu organisieren, da nun auch in Niedersachsen entsprechend ausgebildete Sachverständige zur Verfügung stünden. Die Klägerin hat eine unstreitige Erledigung des Rechtsstreits abgelehnt. Sie meint, sie habe ihre Sachkunde bereits nachgewiesen. Außerdem habe sie Bedenken gegen den D.O.Q. Test pro und das Fachgespräch.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Bescheidungsklage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf erneute Bescheidung durch den Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO. Die Ablehnung der beantragten Erlaubnis und die Untersagung der weiteren Tätigkeit als selbstständige Hundetrainerin sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 und 2 und Abs. 1 S. 1 VwGO.
Die Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Erlaubnis ergibt sich aus § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 f) i.V.m. § 21 Abs. 5 S. 2 Tierschutzgesetz (TierSchG) n.F. i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 2 u. 3 TierSchG in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung. Der Rückgriff auf die alte Rechtslage ist erforderlich, weil das zuständige Bundesministerium dem gesetzlichen Regelungsauftrag aus § 11 Abs. 2 S. 1 TierSchG zum Erlass einer Rechtsverordnung, die die Einzelheiten der Erlaubniserteilung regelt, noch nicht nachgekommen ist.
Gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. darf eine Erlaubnis nur erteilt werden, wenn die für die Tätigkeit verantwortliche Person auf Grund ihrer Ausbildung oder ihres bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkunde) hat. Der Nachweis über die Sachkunde ist auf Verlangen in einem Fachgespräch bei der zuständigen Behörde zu führen. Weitere Erlaubnisvoraussetzungen sind die Zuverlässigkeit der verantwortlichen Person (Abs. 2 Nr. 2) und das Vorhandensein angemessener Räume und Einrichtungen (Abs. 2 Nr. 3).
Die Erlaubnispflicht verletzt die Klägerin nicht in ihren Grundrechten.
Die Klägerin ist durch die Erlaubnispflicht des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 f) TierSchG nicht in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Der Schutzbereich dieses Grundrechts umfasst auch nebenberufliche Tätigkeiten (st. Rspr., s. statt vieler BVerfG, Beschluss v. 4. November 1992 - 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 238/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91, 1 BvR 909/91 -, ). Die Erlaubnispflicht stellt einen Eingriff in den Schutzbereich dar. Aufgrund der Anknüpfungen an die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers handelt es sich beim Sachkundenachweis um eine subjektive Berufszulassungsbeschränkung (Nds. OVG, Beschluss v. 30. März 2010 - 11 LA 246/09 -, ). Der Eingriff ist jedoch gerechtfertigt. Eine subjektive Berufszulassungsbeschränkung ist mit der Berufsfreiheit vereinbar, wenn sie als Voraussetzung zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Berufs und zum Schutz hoher Gemeinschaftsgüter erforderlich ist und nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck steht (Gubelt, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG Komm. Bd. 1, 5. Aufl. 2000, Art. 12 Rn. 55 ff.). Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Vor dem 1. August 2014 benötigten gewerbliche Hundetrainer keine besondere Qualifikation. Jeder, der sich hierzu berufen fühlte, konnte als Hundetrainer tätig werden. Ein solcher Zustand ist aus Gründen des Tierschutzes, dem seit Einführung von Art. 20a GG Verfassungsrang zukommt, nicht länger hinzunehmen. Die Erlaubnispflicht und der geforderte Sachkundenachweis sind angemessen. Die betroffenen Antragsteller sind nicht verpflichtet, eine bestimmte Prüfung abzulegen. Sofern die vorgelegten Nachweise nicht ausreichen, ordnet die zuständige Behörde zur Ausräumung ihrer Zweifel ein an die offenen Fragen angepasstes Fachgespräch an. Die hierin liegende, eher geringe Belastung ist zum Schutz des Wohlergehens der Tiere, bei dem es sich um ein hohes Gemeinschaftsgut handelt, erforderlich.
Die Klägerin ist auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der Gleichheitssatz bindet die Träger öffentlicher Gewalt ausschließlich in deren konkretem Zuständigkeitsbereich (BVerfG, Beschluss v. 21. Dezember 1966 -1 BvR 33/64- ; BVerwG, Urteil v. 18. September 1984 -1 A 4/83-, ). Für eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber anderen Antragstellern im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ist nichts ersichtlich.
Die Verwaltungspraxis des Beklagten, hinsichtlich der Anforderungen an den Sachkundenachweis zwischen haupt- und nebenberuflich tätigen gewerblichen Hundeausbildern zu unterscheiden, ist im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu beanstanden. Bei den hauptberuflich tätigen Ausbildern ist der bereits erlangte Erfahrungsstand viel leichter abzuschätzen als bei Nebenberuflern.
Die gesetzliche Differenzierung zwischen gewerblichen und nichtgewerblichen Hundeausbildern ist gerechtfertigt. Personen, die gewerblich als Hundetrainer tätig sind, handeln entsprechend der Definition des Gewerbebegriffs mit Gewinnerzielungsabsicht. Die wirtschaftliche Abhängigkeit von der gewerblichen Tätigkeit birgt eine gesteigerte Gefahr in sich, dass im Rahmen der Erziehung und Ausbildung des Hundes nicht stets das Wohlergehen des Tieres an erster Stelle steht. Diese spezielle Gefahr besteht bei nichtgewerblichen Ausbildern nicht.
Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass die Klägerin ihre Sachkunde bislang noch nicht ausreichend nachgewiesen hat.
Das Gericht ist an die durch den Beklagten festgelegten Kriterien für den Nachweis hinreichender Sachkunde nicht gebunden. Es muss die Anforderungen an den Sachkundenachweis selbst im Wege der Auslegung aus dem Gesetz ableiten. Bei den "erforderlichen fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten" handelt es sich nämlich um einen gerichtlich voll überprüfbaren, unbestimmten Rechtsbegriff (VGH München, Beschluss v. 18. August 2015 - 9 CE 15.934 - ) ohne Beurteilungsspielraum. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Verwaltung gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. bei Zweifeln an der Sachkunde hilfsweise auf die Ergebnisse eines prüfungsähnlichen Fachgesprächs zurückgreifen soll. Hierdurch wird aus der Beurteilung der Sachkunde keine - gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare - Prüfungsentscheidung. Denn die Einschätzung des Sachverständigen dient der Behörde nur als Entscheidungshilfe im Rahmen ihrer eigenen Bewertung.
Die Auslegung des Sachkundebegriffs orientiert sich an dem Verweis des Gesetzgebers auf die Voraussetzungen einer Erlaubniserteilung nach § 11 Abs. 2 TierSchG a.F. Einen ergänzenden Ansatzpunkt liefern die ebenfalls noch nicht an die neue Rechtslage angepassten, norminterpretierenden Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Tierschutzgesetzes (AVV). Des Weiteren ist von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Tierschutz ein Katalog mit Fragen und Antworten zu § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 f) TierSchG n.F. mit dem Ziel erstellt worden, allzu große Unterschiede zwischen den Bundesländern bei der Anwendung der neuen Erlaubnispflicht zu vermeiden.
Die Auslegung des Sachkundebegriffs muss im Lichte der tierschutzrechtlichen Vorschriften erfolgen. Entsprechend dem Zweck des TierSchG, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen (vgl. § 1 S. 1 TierSchG), kommt es darauf an, welche Kenntnisse und Fähigkeiten Hundeausbilder haben müssen, um Leben und Wohlbefinden der ihnen anvertrauten Hunde bestmöglich zu schützen. Nach der Gesetzesbegründung wurde die Erlaubnispflicht eingeführt, um ein "Mindestmaß an Sachkunde der Ausbilder und Schulungsleiter sicherzustellen" (BT-Drs. 17/10572). Hintergrund ist die Erkenntnis, dass "Fehler bei der Ausbildung oder Erziehung von Hunden sich auf das Wohlergehen der Tiere auswirken [können]" (BT-Drs. 17/11811).
Die Verwaltungspraxis des Beklagten, nur bei Antragstellern, die eine Ausbildung bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eine als gleichwertig anerkannte Ausbildung abgeschlossen haben, die Sachkunde zu unterstellen, ist nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat eine einheitliche und verpflichtende Ausbildung als Voraussetzung einer Erlaubniserteilung nicht vorgeschrieben. Jedoch führt das gesetzgeberische Ziel der Gewährleistung eines Mindeststandards dazu, dass eine gewisse Standardisierung erfolgen muss und nicht sämtliche Lehrgänge bzw. Zertifikate aller am Markt vorhandenen Anbieter ohne weiteres als ausreichender Sachkundenachweis akzeptiert werden können. Abschlüssen und Zertifikaten öffentlicher Stellen sowie als gleichwertig anerkannten Ausbildungen kommt ein höherer Aussage- und Stellenwert hinsichtlich der Gewährleistung der gesetzlichen Ziele zu als Bescheinigungen privater Anbieter. Zudem wird hierdurch eine annähernde Vergleichbarkeit der Abschlüsse gesichert. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, solange die Möglichkeit besteht, dass private Anbieter ihre Lehrgänge als gleichwertig anerkennen lassen können. Ein solches Verfahren ist unter Ziff. 5 des Katalogs der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ausdrücklich vorgesehen.
Der Beklagte hat als Maßstab für eine hinreichende Sachkunde diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten gewählt, die im Rahmen der Zertifikatslehrgänge bei den Tierärztekammern in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie bei der IHK Potsdam vermittelt werden. Damit wird kein niedriger Standard zugrunde gelegt. Die Gesetzesbegründung, nach der durch die Erlaubnispflicht ein "Mindestmaß an Sachkunde der Ausbilder und Schulungsleiter" (BT-Drs. 17/10572, S. 47) sichergestellt werden soll, steht einem solchen Anforderungsprofil nicht entgegen. Dieser Formulierung kann nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber lediglich ein niedriges Niveau an Kenntnissen und Fähigkeiten sicherstellen wollte.
Die Bewertung des Beklagten, dass die bisher vorgelegten Nachweise der Klägerin nicht genügen, um jegliche Zweifel an ihrer Sachkunde auszuräumen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Voraussetzung einer Erlaubniserteilung ist nach den zulässigen Vorgaben des Beklagten, dass der Antragsteller entweder eine entsprechende staatliche oder als gleichwertig anerkannte Aus- oder Weiterbildung absolviert hat oder aufgrund des bisherigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse hat. Zweifel an der Sachkunde sind demnach vor allem dann berechtigt, wenn der Antragsteller entweder eine "sonstige Aus- oder Weiterbildung" im Sinne der Ziff. 12.2.2.2 Spiegelstrich 1 AVV absolviert hat, oder aber überhaupt keine Ausbildung nachweisen kann und stattdessen bereits einschlägige Erfahrung im Umgang mit Hunden gesammelt hat (vgl. Ziff. 12.2.2.2 f. AVV sowie Ziff. 4 b) des Katalogs der Bund-Länder-Arbeitsgruppe). Allerdings schließt auch der Nachweis eines Lehrgangs bei einer öffentlichen Stelle nicht zwingend Zweifel an der Sachkunde und damit die Durchführung eines Fachgesprächs aus (Ziff. 12.2.2.4 der AVV und Ziff. 4 b) des Katalogs der Bund-Länder-Arbeitsgruppe).
Die Klägerin hat weder eine Ausbildung bei einer öffentlich-rechtlichen Institution absolviert noch eine Ausbildung, deren Gleichwertigkeit anerkannt ist, abgeschlossen. Ihre Ausbildung bei "Hundewelten" stellt eine "sonstige Aus- oder Weiterbildung" im Sinne der Ziff. 12.2.2.2 Spiegelstrich 1 AVV dar.
Bei "Hundewelten" handelt es sich um einen privaten Anbieter. Die Klägerin hat dort drei Lehrgänge besucht. Die beschriebenen Ausbildungsinhalte sind auch Gegenstand der vom Beklagten anerkannten Ausbildungen bei den Tierärztekammern bzw. der IHK. Dennoch ergibt sich allein aus der Ausbildungsbeschreibung noch keine verlässliche Aussage über die tatsächlich vermittelten Inhalte und über die Qualität der Ausbildung aus tierschutzrechtlicher Sicht. Diesbezüglich einen Mindeststandard zu gewährleisten, ist jedoch gerade der Zweck der neuen Erlaubnispflicht des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 f) TierSchG (vgl. BT-Drs. 17/11811, S. 29). Denn Fehler bei der Ausbildung oder Erziehung von Hunden können sich nachteilig auf das Wohlergehen der Tiere auswirken. Zwar wird derzeit in einigen Bundesländern die Anerkennung von "Hundewelten" als gleichwertig geprüft. Die Gleichwertigkeit ist jedoch noch nicht anerkannt. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass in Nordrhein-Westfalen die Anerkennung von "Hundewelten" als gleichwertig abgelehnt worden ist. Die DEKRA-Zertifizierung von "Hundewelten" sowie die Anerkennung als Bildungsträger nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) sagen nichts über den dortigen Ausbildungsstandard in tierschutzrechtlicher Hinsicht aus. Diese beiden Zertifizierungen beziehen sich lediglich auf die pädagogische Qualität der Einrichtung in der Erwachsenenbildung.
Auch aus der bisherigen beruflichen Tätigkeit der Klägerin ergibt sich nicht zweifellos die erforderliche Sachkunde. Der Grund hierfür liegt in der Nebenerwerbstätigkeit und den zeitweise sehr sporadischen Einsätzen (laut Vortrag der Klägerin mitunter nur ein Therapietag im Monat), die eine genaue Einschätzung ihrer erworbenen Erfahrung und Fähigkeiten kaum zulassen. Dies mag der Spezialisierung auf die Ausbildung von Problemhunden und der persönlichen Situation der Klägerin geschuldet sein. Diese individuellen Gründe rechtfertigen jedoch ein Absenken der Anforderungen an die erforderliche Sachkunde nicht. Gerade im Umgang mit sog. Problemhunden ist die Beachtung tierschutzrechtlicher Aspekte von herausgehobener Bedeutung, da die Erziehung dieser Tiere eine besondere Herausforderung darstellt und besonders viel Erfahrung verlangt.
Der Beklagte war aufgrund der noch bestehenden Zweifel an der Sachkunde der Klägerin befugt, ein Fachgespräch anzuordnen.
Nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. ist der Nachweis über die Sachkunde auf Verlangen in einem Fachgespräch bei der zuständigen Behörde zu führen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Behörde dem Antragsteller nicht das Fachgespräch als Möglichkeit, die Sachkunde nachzuweisen, verweigern darf. § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. sieht das Fachgespräch als Mittel zur Ausräumung der Zweifel ausdrücklich vor. Der D.O.Q. Test pro findet hingegen weder im Gesetz noch in den AVV Erwähnung. Ein alleiniger Verweis auf diesen Test reicht deshalb mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage nicht aus.
Die ablehnende Entscheidung des Beklagten ist jedoch deshalb rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil er zu Unrecht verlangt hat, die Klägerin müsse das Fachgespräch selbst organisieren.
Die Organisation und Durchführung eines Fachgesprächs liegt im Pflichtenkreis der zuständigen Behörde. Zweck eines solchen Gespräches ist es, dass die Behörde auf der Basis der schon eingereichten Nachweise die noch offenen Fragen ansprechen und klären kann (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Aufl. 2007, § 11 Rn. 17). Dementsprechend heißt es unter Ziff. 6 des Katalogs der Bund-Länder-Arbeitsgruppe:
"Der zuständigen Behörde bleibt es aber vorbehalten, im Fachgespräch Schwerpunkte zu setzen und ggf. den Inhalt und den Umfang des Fachgesprächs entsprechend den nachgewiesenen Kenntnissen und Fähigkeiten anzupassen."
Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn die Behörde selbst einen Sachverständigen oder eine Kommission für das Fachgespräch bestimmt und die abzuprüfenden Inhalte festlegt. Es steht ihr frei, sich dabei externer Sachverständiger zu bedienen, sofern ihr kein hinreichend geschultes eigenes Personal zur Verfügung steht.
Die Untersagung der weiteren Tätigkeit als Hundetrainerin unter Ziff. 2 des Bescheids vom 28.10.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Die Untersagung ist ermessensfehlerhaft. Sie verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass die Klägerin nach seiner Einschätzung sowohl den D.O.Q. Test pro als auch ein Fachgespräch ohne weiteres bestehen würde. Der Beklagte hat jedoch vor Erlass seines Bescheides ein Fachgespräch nicht organisiert und durchgeführt. Vielmehr hat er die Klägerin zu Unrecht darauf verwiesen, das Fachgespräch selbst zu organisieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.