Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.01.2005, Az.: 7 LA 232/04
Rechtsweg bei Streitigkeiten zwischen Veranstaltern und Teilnehmern über die Teilnahme in Form eines Standplatzes auf dem Volksfest und Schützenfest; Darlegungsanforderungen an die Divergenzrüge
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 24.01.2005
- Aktenzeichen
- 7 LA 232/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 36413
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2005:0124.7LA232.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Braunschweig - 02.08.2004 - AZ: 1 A 201/04
Rechtsgrundlage
- § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
Fundstelle
- GewArch 2005, 258-259
Entscheidungsgründe
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
Das Verwaltungsgericht hat die Klageabweisung damit begründet, dass hinsichtlich der abgelehnten Bewerbung der Klägerin um einen Standplatz auf dem Volks- und Schützenfest 2004 zwischen ihr und der Beklagten kein klärungsfähiges Rechtsverhältnis bestehe. Ein Zulassungsanspruch der Klägerin nach § 22 NGO scheide infolge der vorgehenden Vorschrift des § 70 GewO aus. Auf diese Norm könne sich die Klägerin aber gegenüber der Beklagten nicht berufen, weil nicht diese, sondern die Schützengesellschaft Wolfsburg e.V. Veranstalterin des Volks- und Schützenfestes sei. Für Streitigkeiten in diesem Verhältnis wäre der Zivilrechtsweg gegeben. Demgegenüber wiederholt die Klägerin ihre Behauptung, der "eigentliche Veranstalter" sei die Beklagte. Dafür fehlt es indes an Anhaltspunkten.
Bei Streitigkeiten zwischen Veranstalter und Teilnehmern über das Recht der Teilnahme bestimmt sich der Rechtsweg nach der Rechtsnatur des Teilnahmeverhältnisses, welches wiederum von dem Rechtscharakter der Teilnahmebestimmungen abhängt (vgl. Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl., § 70 Rn. 57; Landmann/Rohmer, GewO, § 70 Rn. 27). Hier ist das Schützenfest auf Antrag und zugunsten der Schützengesellschaft Wolfsburg e.V. auf Dauer als Volksfest festgesetzt worden. Zwar kann gleichwohl eine Gemeinde selbst als Veranstalter im Rechtssinne anzusehen sein, wenn dessen Aufgaben durch eine rechtlich selbständige, faktisch aber abhängige natürliche oder juristische Person wahrgenommen werden, die im Verhältnis zur Gemeinde als "Verwaltungshelfer" zu qualifizieren ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.7.2001 - 14 S 1567/01 -, GewArch 2001, 420 [VGH Baden-Württemberg 28.06.2001 - 14 S 402/01] m.w.N.). Hier ist aber nicht ersichtlich, dass die Beklagte in diesem Sinne anstelle der Schützengesellschaft Wolfsburg e.V. selbst die Funktion als Veranstalterin ausübt und sich mithin der Anspruch auf Teilnahme an dieser Veranstaltung gegen die Beklagte richtet. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass die Schützengesellschaft Wolfsburg e.V. über die Zulassung der Bewerber eigenverantwortlich entscheidet und sich zudem bei Durchführung dieses Verfahrens und der Veranstaltung der Hilfe eines privaten Beauftragten, der Fa. B. GbR, bedient; Zulassungen erfolgen in Vertragsform. Demgegenüber hat sich die Beklagte Befugnisse bei der inhaltlichen Gestaltung des Festes oder der Auswahl der Teilnehmer nicht vorbehalten. Unter diesen Umständen bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichts auch insoweit nicht, als es für Streitigkeiten zwischen dem privaten Veranstalter und der Klägerin den Zivilrechtsweg als gegeben ansieht (vgl. Landmann/Rohmer, a.a.O.; Tettinger/Wank, a.a.O., Rn. 58, 67).
2.
Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor. Wird der Antrag auf Zulassung der Berufung auf diesen Zulassungsgrund gestützt, ist die Abweichung nur dann hinreichend dargelegt, wenn ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt wird, der mit einem ebensolchen Rechtssatz in der Entscheidung eines in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichts im Widerspruch steht. Daran fehlt es hier schon deshalb, weil die Unvereinbarkeit der im angefochtenen Urteil und in einer Entscheidung des höheren Gerichts dargelegten Rechtssätze nicht aufgezeigt wird. Im Übrigen besteht eine solche Divergenz auch in der Sache nicht. Die von der Klägerin angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 29.5.1990 - 7 B 30.90 -, NVwZ 1991, 59; Beschl. v. 21.7.1989 - 7 B 184.88 -, DVBl. 1990, 154) betreffen Streitigkeiten über den Zugang zu gemeindlichen Einrichtungen, die mit dem hier zu entscheidenden Fall nicht vergleichbar sind. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die bundesrechtliche Regelung des § 70 GewO den landesrechtlichen Bestimmungen über eine Zulassung zu gemeindlichen Einrichtungen vorgeht und damit ein Zulassungsanspruch nach dieser Vorschrift ausscheidet, entspricht herrschender Meinung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.7.2001, a.a.O.; Tettinger/Wank, a.a.O., Rn. 5 m.w.N.).
Auf eine Abweichung von Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgericht kommt es nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht an. Ob bei gegebener Divergenz jedenfalls der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gegeben wäre (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 124 Rn. 12), kann hier dahinstehen, denn eine Abweichung von den angeführten Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 29.11.1993 - 8 TG 2735/93 -, GewArch 1994, 287) und des Verwaltungsgerichtshofs Bad.-Württ. (Beschl. v. 19.7.2001, a.a.O.) ist nicht gegeben. In diesen Entscheidungen ging es darum, dass eine Gemeinde über den öffentlich-rechtlichen Zulassungsanspruch eines Bewerbers zu entscheiden hat, wenn sie zwar die Durchführung eines Marktes einem Privaten übertragen, sich aber Mitwirkungs- und Weisungsrechte vorbehalten oder die Durchführung der Veranstaltung maßgebend geregelt hat, so dass der Private lediglich als Verrichtungsgehilfe oder "Verwaltungshelfer" der Gemeinde zu qualifizieren ist. Dafür fehlt es hier indessen - wie dargelegt - an hinreichenden Anhaltspunkten. Da § 70 GewO auf private und öffentlich-rechtliche Veranstaltungen gleichermaßen anzuwenden ist (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 4.11.1986 - Bf VI 12/86 -, GewArch 1987, 303), kommt es - wie ebenfalls ausgeführt - gerade auf den Charakter der konkreten Rechtsbeziehungen an.
3.
Soweit die Klägerin unter formalen Gesichtspunkten die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter rügt, wird ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht geltend gemacht. Der Verfahrensmangel muss der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegen. Das ist hier nicht der Fall, denn der Beschluss, mit dem der Rechtsstreit einem Mitglied der Kammer als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen wird, ist nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VwGO unanfechtbar. Damit ist die Übertragung sowohl hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen als auch hinsichtlich etwaiger Mängel bei dem dabei eingeschlagenen Verfahren der Beurteilung durch das Oberverwaltungsgericht entzogen.