Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 01.04.2014, Az.: 1 B 3147/14

Abgeordneter; Amtszeitverlängerung; Demokratieprinzip; Gruppe; Hauptverwaltungsbeamter; Kreistag; Landrat; Rechtsstaatsprinzip; Vertretung; Wahlverzicht

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
01.04.2014
Aktenzeichen
1 B 3147/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42703
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine Gruppe in der Vertretung kann selbst keine Rechte aus dem Stimmrecht der ihr angehörenden Abgeordneten ableiten. Das Stimmrecht des einzelnen Abgeordneten wird durch die Amtszeitverlängerung eines Hauptverwaltungsbeamten unabhängig von der Rechtmäßigkeit des der Verlängerung zugrunde liegenden Beschlusses nicht verletzt, da das Stimmgewicht nicht beeinträchtigt wird. Allein die Aussicht, dass sich die politischen Mehrheiten in der Vertretung bei einer Neuwahl des Hauptverwaltungsbeamten nach den regulären Fristen verschieben könnten, ist rechtlich nicht geschützt.
2. Die gesetzlichen Regelungen zu Wahlverzicht und Amtszeitverlängerung bei Aufnahme von Fusionsverhandlungen verletzen nicht das Demokratieprinzip. Der Hauptverwaltungsbeamte ist als Amtswalter aufgrund der Beschlüsse der Vertretung weiterhin mittelbar legitimiert. Der Gesetzgeber hat sich bei der Modifikation der grundsätzlich vorgesehenen Direktwahl im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bewegt.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 EURO festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren in ihrer Funktion als Gruppe des Kreistags (Ast. zu 1) bzw. als Mitglied des Kreistags (Ast. zu 2) im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners, zwei Beschlüsse des Kreistags nicht zu vollziehen. Es handelt sich hierbei um den Beschluss zur Aussetzung der Landratswahl für zwei Jahre sowie den zur Verlängerung der Amtszeit des Antragsgegners um zwei Jahre bis zum 31.10.2016.

Der Antragsgegner wurde am 24.09.2006 in direkter Wahl für eine Amtszeit von acht Jahren zum Hauptverwaltungsbeamten des E. gewählt. Seine reguläre Amtszeit endet am 31.10.2014.

Im Sommer 2013 führte er zwei Gespräche mit dem Landrat des F., - das erste am 10.07.2013 im Kreishaus G., das zweite am 27.08.2013 im Kreishaus H.. Hierbei wurde eine mögliche Fusion beider Landkreise thematisiert. Darüber informierte der Antragsgegner den Kreistag am 30.09.2013 unter dem Tagesordnungspunkt „Anfragen“ und teilte mit, dass es bislang keine konkreten Ergebnisse gebe.

Nachdem in der I. Allgemeinen Zeitung unter der Überschrift „Landkreis-Fusion mit H. bahnt sich an“ über einen möglichen Zusammenschluss der beiden Landkreise berichtet worden war, stellten die Kreistagsfraktion J., die Gruppe K. sowie die Antragstellerin zu 1) Anfragen an die Kreisverwaltung. Diese wurden jeweils am 28.10.2013 dahingehend beantwortet, dass es bislang keine konkreten (Zwischen-)Ergebnisse hinsichtlich einer Fusion mit dem Landkreis H. gebe. In dem Antwortschreiben an die Fraktion J. wurde auf die Frage nach einem beabsichtigten Kreistagsbeschluss hinsichtlich einer Verlängerung der Amtszeit des Antragsgegners ausgeführt:

„Soweit mir bekannt ist, ist evtl. beabsichtigt, einen politischen Antrag analog zu dem in der letzten Woche in H. beschlossenen Antrag der dortigen Mehrheitsgruppe auch hier im Kreistag für die kommende Sitzung am 09.12.2013 zu stellen. Ein Unterpunkt dieses Antrags könnte auch die Amtszeitverlängerung des Landrates sein. Die Kreisverwaltung selbst bereitet einen solchen Antrag zurzeit nicht vor.“

Hintergrund war, dass der Kreistag des Landkreises H. bereits am 22.10.2013 beschlossen hatte, Verhandlungen über einen Zusammenschluss mit Nachbarkommunen aufzunehmen und die Amtszeit des Landrats um zwei Jahre bis zum 31.10.2016 zu verlängern.

In Vorbereitung der Kreistagssitzung am 09.12.2013 reichte die (Mehrheits-)Gruppe von L. und M. am 14.11.2013 unter dem Stichwort „Entwicklungsperspektiven des Landkreises G.“ folgenden Antrag ein:

·„Der Landrat nimmt Verhandlungen über einen Zusammenschluss mit Nachbarkommunen auf.
·Auf die Durchführung der Landratswahl wird bis zum 31.10.2016 (2 Jahre nach Ablauf der derzeitigen Amtszeit des Landrats) vorläufig verzichtet.
·Die Amtszeit des bisherigen Landrats, N., wird bis zum 31.10.2016 verlängert.“

In der Begründung wurde ausgeführt, dass sich der Landkreis G. aus verschiedenen Gründen dem Thema „Fusion“ nicht verschließen könne. Um die Basis für zukünftige Entscheidungen beurteilen zu können, sei „eine Auseinandersetzung bis hin zur Aufnahme konkreter Verhandlungen mit potenziellen Partnern erforderlich“. Die in Betracht kommenden möglichen Verhandlungspartner wurden nicht näher bezeichnet.

Die Antragstellerin zu 1) reichte Ende November 2013 einen Änderungsantrag ein, in dem der erste Punkt des oben zitierten Antrags wie folgt ergänzt wurde:

„Nach Abschluss der Verhandlungen werden die Ergebnisse öffentlich gemacht. Sofern eine Fusion erfolgen soll, wird hierzu eine Bürgerbefragung durchgeführt, an deren Ergebnis sich der Kreistag gebunden fühlt.“

Die weiteren Punkte des ursprünglichen Antrags sollten entfallen. In der Begründung führte die Antragstellerin zu 1) u.a. aus, dass „der Kreis H. wahrscheinliches Zielobjekt“ sei, dieser aber erhebliche eigene Schwierigkeiten habe. Da das Projekt noch nicht begonnen worden sei, sei ein Abschluss innerhalb von zwei Jahren unrealistisch, so dass die Wahl eines neuen Landrats bevorzugt werde; dieser könne dann ohne Zeitdruck entsprechende Verhandlungen führen.

Am 28.11.2013 erklärte der Antragsgegner schriftlich seine Zustimmung zu der Verlängerung seiner Amtszeit als Landrat des Landkreises G. um zwei Jahre.

In seiner Sitzung vom 09.12.2013 fasste der Kreistag ohne Mitwirkung des Antragsgegners unter den Tagesordnungspunkten (im Folgenden TOP) 8 - 10 mehrheitlich die dem Antrag der Mehrheitsfraktion entsprechenden Beschlüsse (s.o.).

Mit Schreiben vom 11.12.2013 zeigte der Antragsgegner die Aufnahme von Verhandlungen über einen Zusammenschluss mit Nachbarkommunen gegenüber der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde an. In dem folgenden Schriftverkehr brachte er zum Ausdruck, dass „vorrangig die Absicht bestehe, mit dem Landkreis H. in Fusionsverhandlungen einzutreten“ (Schreiben des Antragsgegners vom 23.12.2013).

Der Kreisausschuss des Landkreises H. beschloss in seiner Sitzung am 29.01.2014, ausschließlich mit dem Landkreis G. über einen Zusammenschluss zu verhandeln. Im Landkreis G. stellte der Erste Kreisrat in der Sitzung des Kreisausschusses vom 17.02.2014 auf der Grundlage eines von ihm Ende Januar 2014 erarbeiteten Diskussionspapiers den Sachstand der Fusionsverhandlungen vor.

Die Antragsteller haben mit Schreiben vom 21.02.2014 bei Gericht Klage gegen den Kreistag des Landkreises G. erhoben. Mit dieser Klage, die sie als Hauptsacheverfahren zum vorliegenden Verfahren ansehen, begehren sie die Feststellung, dass die Beschlüsse zu dem vorläufigen Verzicht auf die Wahl eines Landrats sowie die Verlängerung der Amtszeit des Antragsgegners rechtswidrig sind.

Zusammen mit der Klage haben sie um Eilrechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führen sie aus:

Der Antrag sei zulässig, da sie durch die angegriffenen Beschlüsse in ihren organschaftlichen Rechten verletzt seien. Zu diesen gehöre es, dass dem Kreistag nur solche Mitglieder angehören und an Entscheidungen mitwirken, die hierzu auch entsprechend legitimiert seien. Mit Ablauf seiner regulären Amtszeit würde der Antragsgegner aufgrund der rechtswidrigen Beschlüsse weiterhin der Vertretung als nicht legitimiertes, aber formal stimmberechtigtes Mitglied angehören.

Eine rechtsfehlerhafte Zusammensetzung der Vertretung verfälsche zudem das zahlenmäßige Gewicht der einzelnen Stimme und schmälere rechtswidrig das (Abstimmungs-)Mitwirkungsrecht der Kreistagsabgeordneten. Dieses umfasse auch den Anspruch, dass die einzelne Stimme mit dem ihr nach dem NKomVG zukommenden Gewicht bei der Abstimmung berücksichtigt werde.

Der Antrag sei auch begründet, da ein Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft gemacht werden könne. Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus Folgendem:

Die zu TOP 9 und 10 gefassten Beschlüsse seien rechtswidrig, weil die ihnen zugrundeliegende Regelungen in § 80 NKomVG nicht im Einklang mit Verfassungsrecht stünden. Unabhängig davon seien aber die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt. Zur Begründung führen sie aus:

§ 80 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 NKomVG a. F. erlaube es der Vertretung einer Kommune, durch Beschluss auf eine erforderliche Wahl des Hauptverwaltungsbeamten für einen Zeitraum von maximal zwei Jahren nach dem Ablauf der Amtszeit oder dem Ausscheiden aus dem Amt vorläufig zu verzichten, wenn die Vertretung beschlossen habe, Verhandlungen über den Zusammenschluss mit einer anderen Kommune aufzunehmen. In diesem Fall könne die Vertretung zugleich mit Zustimmung der Amtsinhaberin oder des Amtsinhabers eine Verlängerung der Amtszeit beschließen (§ 80 Abs. 5 S. 7 NKomVG a. F.). Damit weiche die Norm von der grundsätzlichen Regelung des NKomVG ab, nach welcher der Hauptverwaltungsbeamte von den Bürgerinnen und Bürgern entsprechend den Vorschriften des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes in direkter Wahl gewählt werde.

Hinzu komme, dass 2006 zum Zeitpunkt der Wahl des Antragsgegners weder diese Vorschrift noch die erst 2009 in die NGO aufgenommene gleichlautende Vorläufervorschrift - § 61 Abs. 2a NGO - existiert hätten. Die Bürger hätten ihre Wahlentscheidung somit vor dem Hintergrund getroffen, dass die Amtszeit des Antragsgegners lediglich acht Jahre betrüge. Sie hätten nicht damit rechnen können und müssen, dass die Vertretung nachträglich durch den Landesgesetzgeber ermächtigt würde, durch mit einfacher Mehrheit herbeigeführten Beschluss die Amtszeit des Landrats um zwei Jahre bzw. nach antragsgemäßer Entscheidung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gem. § 80 Abs. 3 S. 3 NKomVG a. F. sogar um drei Jahre zu verlängern.

Dies führe zu erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken, da nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die in Art. 28 Abs. 1 S. 2 und Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG umschriebenen Wahlrechtsgrundsätze als allgemeine Rechtsprinzipien für Wahlen zu allen Volksvertretungen im staatlichen und kommunalen Bereich gelten würden. Es widerspreche diesen sich aus dem Grundgesetz ergebenden allgemeinen Rechtsprinzipien, wenn den Bürgerinnen und Bürgern zunächst ein subjektives, aktives Wahlrecht eingeräumt werde, die Tragweite der daraufhin getroffenen Entscheidung jedoch nachträglich einem anderen - nämlich der Vertretung der Kommune - überlassen werde.

Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 NKomVG a. F. nicht vor. Danach müsse die Vertretung beschlossen haben, Verhandlungen über den Zusammenschluss mit einer anderen Kommune aufzunehmen. Vorliegend fehle dem zum TOP 8 gefassten Beschluss die erforderliche Bestimmtheit, werde doch in diesem der Antragsgegner nur äußerst vage beauftragt, Verhandlungen über einen Zusammenschluss „mit Nachbarkommunen“ aufzunehmen. Eine Auslegung der Vorschrift dergestalt, dass weder eine Beschränkung auf einen Verhandlungspartner noch eine Nennung der in Betracht kommenden Verhandlungspartner erforderlich sei, lasse sich nicht mit dem Wortlaut vereinbaren.

Entscheidend für die Auslegung der Vorschrift sei, dass diese eine Ausnahme zu den in § 80 Abs. 2 NKomVG a. F. vorgesehenen Fristen für die Wahl des Hauptverwaltungsbeamten regele und damit eng auszulegen sei. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien offenbar davon ausgegangen sei, dass die Fusionsverhandlungen in einem „Zeitraum von längstens zwei Jahren“ bzw. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen in maximal drei Jahren, abzuschließen seien, spreche dafür, dass in dem Beschluss zumindest die in Aussicht genommene Kommune benannt werden müsse. Stünde noch nicht einmal diese fest, wäre der vorgegebene zeitliche Rahmen für die Fusion nicht einzuhalten. Der in der Vorschrift verwendete Singular „eine Nachbarkommune“ sei bewusst gewählt und spiegele sich auch in der die zwölfmonatige Verlängerung betreffenden Formulierung „die nach Satz 1 geplante Körperschaftsumbildung“ wider. Nur der Fall, in dem bereits ein konkreter Verhandlungspartner ausgemacht worden sei, könne einen ausnahmsweisen Verzicht auf die Wahl des Hauptverwaltungsbeamten rechtfertigen.

Zudem bringe die Unbestimmtheit erkennbare Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Beschlusses durch den Hauptverwaltungsbeamten mit sich und berge die Gefahr einer unzulässigen rechtsmissbräuchlichen Verwendung der Ausnahmeregelung, soweit die Vertretung von vornherein ernsthafte Verhandlungen nicht beabsichtige, sondern mit dem Beschluss nach § 80 Abs. 4 S. 1 NKomVG (§ 80 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 NKomVG a. F.) in Wahrheit die Fristen des § 80 Abs. 2 NKomVG a. F. umgehen wolle.

Sowohl die Wortwahl des Antrags vom 14.11.2013 als auch die ihn betreffende Diskussion in der Kreistagssitzung würden sehr anschaulich belegen, dass die Vertretung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung mangels entsprechender Vorgespräche/-untersuchungen keine Vorstellung davon gehabt habe, ob ein Zusammenschluss mit einer der Nachbarkommunen überhaupt Sinn mache. Die Einleitung der hierfür erforderlichen Maßnahmen bereits als „Verhandlungen über einen Zusammenschluss“ zu bezeichnen, begründe bereits den Verdacht eines Etikettenschwindels. In jedem Fall werde deutlich, dass der Prozess nicht innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen werden könne; allein über die bloße Anpassung eines bestehenden Finanzvertrages habe der Landkreis G. mit der Stadt G. 2 ½ Jahre verhandelt.

Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass der Antragsgegner die angegriffenen Beschlüsse wohl ausführen werde. Nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes könne gesichert werden, dass die erforderliche Landratswahl, die idealerweise mit der Wahl des Europäischen Parlaments am 25.05.2014 zusammengelegt werden solle, durchgeführt werde.

Die Antragsteller beantragen,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die zu den Tagesordnungspunkten 9 und 10 gefassten Beschlüsse des Kreistags des Landkreises Hildesheim vom 09.12.2013 vorläufig und bis zur Entscheidung des Gerichts über die Anträge zu 1) und 2) im Kommunalverfassungsstreit nicht zu vollziehen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er ist der Ansicht, dass der Antrag bereits unzulässig, daneben aber auch unbegründet sei. Hierzu führt er aus:

Es fehle den Antragstellern die Antragsbefugnis, da sie nicht in eigenen Rechten verletzt seien. Das gerichtliche Verfahren diene nicht der Feststellung der objektiven Rechtswidrigkeit von Kreistags- oder Ratsbeschlüssen, sondern dem Schutz der dem klagenden Organ bzw. Organteil durch das Innenrecht zugewiesenen Rechtspositionen. Auf Letztere könnten sich jedoch weder die Antragstellerin zu 1) noch der Antragsteller zu 2) berufen. Es sei zwar von der Rechtsprechung entschieden worden, dass das Stimmrecht eines Abgeordneten auch den Anspruch darauf umfasse, dass seine Stimme mit dem ihr nach dem Kommunalverfassungsrecht zukommenden Gewicht bei der Abstimmung berücksichtigt werde. Dieser Zählwert der Stimme werde geschmälert, wenn bei einer Abstimmung nicht nur die Stimmen der Stimmberechtigten, sondern auch solche nicht stimmberechtigter Personen gezählt würden. In dem Fall seien Mitgliedschaftsrechte verletzt und könnten klageweise im Wege des Kommunalverfassungsstreits geltend gemacht werden.

Eine Berufung hierauf sei den Antragstellern vorliegend jedoch verwehrt. Zum einen greife für die Antragstellerin zu 1) die aus dem Stimmrecht ggf. abzuleitende Antragsbefugnis nicht, da diese aus dem einzelnen Mandat abgeleitete Rechtsposition auch nur von den einzelnen Mitgliedern der Vertretung geltend gemacht werden könne.

Zum anderen mache der Antragsteller zu 2) – wie auch die Antragstellerin zu 1) – gerade nicht geltend, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Kreistag eine Verletzung des Stimmrechts vorgelegen habe. Vielmehr werde beanstandet, dass durch die angegriffenen Beschlüsse der Kreistag nach Ablauf der regulären Amtszeit des Antragsgegners fehlerhaft zusammengesetzt sei und das Stimmrecht zukünftig verletzt würde. Das Rechtsschutzbegehren richte sich derzeit ausschließlich auf die (objektive) Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kreistagsbeschlüsse und nicht auf die Verletzung organschaftlicher Rechte.

Auch das Rechtsschutzbedürfnis sei nicht gegeben. Das Ziel der Antragsteller, die Ausführung der angegriffenen Beschlüsse zu verhindern, könne im Wege der einstweiligen Anordnung gar nicht erreicht werden; der Antrag gehe ins Leere, da die Rechtsfolgen bereits kraft Gesetzes eingetreten seien und eines gesonderten Vollzugs nicht bedürften.

Für die Verlängerung seiner Amtszeit folge dies daraus, dass nach dem Niedersächsischen Beamtengesetz für die Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Zeit, welches auf einer Wahl durch die Bürgerinnen und Bürger beruhe, eine Ernennung nicht erforderlich sei. Entsprechendes gelte für die beschlossene Verlängerung, die mit Beschlussfassung eingetreten sei. Daran ändere auch die Feststellung der vermeintlichen Rechtswidrigkeit nichts, zumal der Landesgesetzgeber für den Fall der Aufhebung des Beschlusses über den vorläufigen Wahlverzicht eine gesonderte Regelung vorgesehen habe.

Auch im Hinblick auf den Beschluss, vorläufig auf eine Wahl des Hauptverwaltungsbeamten zu verzichten, trete bereits kraft Gesetzes die Folge ein, dass der Antragsgegner (vorläufig) keinen Wahltermin festzulegen habe.

Den Antragstellern fehle im Übrigen auch ein Anordnungsanspruch, da die angegriffenen Beschlüsse auf einem rechtmäßigen Beschluss beruhten und damit ihrerseits uneingeschränkt rechtmäßig seien.

Die Vorschrift über den vorläufigen Wahlverzicht begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Landesgesetzgeber habe von der ihm zustehenden Regelungskompetenz hinsichtlich der Wahl und der Amtszeitverlängerung des Hauptverwaltungsbeamten Gebrauch gemacht. Von der grundsätzlich geltenden Direktwahl sei man für die vorliegende Konstellation abgewichen bzw. habe diese verfahrensrechtlich ergänzt, um freiwillige Fusionen auf kommunaler Ebene zu fördern. Dies stehe auch nicht im Widerspruch zu dem Demokratieprinzip, welches lediglich eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen mit Amtswaltern erfordere. Diese müsse nicht in jedem Fall durch unmittelbare Volkswahl, welche das Grundgesetz nur für den Rat als zentrale Führungsinstanz der Gemeinde vorschreibe, erfolgen. Der Landesgesetzgeber bewege sich innerhalb seines gesetzgeberischen Spielraums und fördere einen legitimen und gewichtigen Zweck, nämlich freiwillige kommunale Fusionen zu fördern und Folgekosten einzusparen, wenn er der unmittelbar demokratisch legitimierten Vertretung die Entscheidung über den vorläufigen Wahlverzicht und die Amtszeitverlängerung einräume. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Wähler in die konkrete Dauer einer Amtsperiode könne es zudem schon deshalb nicht geben, weil das Gesetz u.a. die Möglichkeiten der Abberufung/Abwahl oder den Rücktritt vorsehe. Im Übrigen könne der Landesgesetzgeber auch bestimmen, dass zukünftig der Hauptverwaltungsbeamte grundsätzlich von der Vertretung gewählt werde.

Die Einstufung der gesetzlichen Regelung zur Aufnahme von Fusionsverhandlungen mit Nachbarkommunen als eng auszulegende Ausnahmevorschrift sei nicht zutreffend. Der Wortlaut dieser Vorschrift verlange gerade nicht, dass bereits Verhandlungen begonnen oder gar weit fortgeschritten sein müssten. Hätte der Landesgesetzgeber dies voraussetzen wollen, wären andere Formulierungen erforderlich und sinnvoll gewesen. Auch für eine Einschränkung dergestalt, dass die Verhandlungen innerhalb eines prognostischen Zeitraums von zwei Jahren zu Ende gebracht werden können, fände sich im Gesetz keine Stütze. Vielmehr seien die gesamten Regelungen vor dem Hintergrund zu sehen, dass das Land den freiwilligen Zusammenschluss von Kommunen nachhaltig unterstütze, um eine Entschuldung der kommunalen Gebietskörperschaften zu erreichen und möglichst eine ansonsten notwendige gesetzliche Gebietsreform zu vermeiden. Daher sei eine eher weite Auslegung der Regelung geboten.

Auch sei es nicht erforderlich, dass sich der Beschluss perspektivisch allein auf eine positive Entscheidung zu der geplanten Fusion richte; dass der Gesetzgeber eine Regelung für den Fall der Aufhebung eines Beschlusses über den vorläufigen Wahlverzicht vorgesehen habe, spreche dafür, dass er auch ein negatives Ende der Fusionsverhandlungen im Blick gehabt habe.

Die am Wortlaut verhaftete Auslegung der Vorschrift mache insoweit keinen Sinn, als danach auch Verhandlungen mit einer beliebigen Kommune, beispielsweise auch dem Landkreis O., gedeckt seien, was der Gesetzgeber jedoch ganz offensichtlich nicht gemeint haben könne. Ebenso sei der verwendete Singular entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht zwingend. Vielmehr erfordere die Umsetzung der Vorschrift eine konkrete, realitätsbezogene und zielgerichtete Herangehensweise, ohne jedoch von vornherein Gespräche mit anderen potenziellen Partnern auszuschließen. Unabhängig von der weiten Fassung des „formalen“ Wortlauts des Beschlusses ergebe sich aus dem Protokoll der Kreistagssitzung, dass allen beteiligten Kreistagsmitgliedern bewusst oder es für diese erkennbar gewesen sei, dass zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen der Landkreis H. als Verhandlungspartner in Betracht gekommen sei. Seit Beschlussfassung hätten sehr zielgerichtete Fusionsverhandlungen mit dem Landkreis H. begonnen, u.a. sei eine Lenkungsgruppe gebildet, ein externes Gutachten zu den entscheidungserheblichen Grundlagen in Auftrag gegeben und Anfang März 2014 der Landkreis G. gemeinsam bereist worden.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg, da er bereits unzulässig, im Übrigen aber auch unbegründet ist.

1. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist statthaft; die in § 123 Abs. 5 VwGO angeordnete Subsidiarität greift vorliegend nicht. In der Hauptsache verfolgen die Antragsteller ihr Begehren, nämlich die Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Beschlüsse gegenüber dem Kreistag G., im Wege der Feststellungsklage, für die eine Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach den §§ 80, 80a VwGO nicht in Betracht kommt.

Nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits vor Klageerhebung zulässig. Daher kann es vorliegend dahinstehen, ob die Auffassung der Antragsteller, ihre Klage gegen den Kreistag G. sei die zu diesem Verfahren gehörige Hauptsache, zutreffend ist. Für diese Auffassung könnte die sich aus dem NKomVG ergebenden Zuständigkeitsverteilung zwischen Vertretung und Hauptverwaltungsbeamten sprechen; nach dieser fasst die Vertretung die Beschlüsse, während dem Hauptverwaltungsbeamten, also dem Antragsgegner, gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 2 NKomVG regelmäßig deren Ausführung zugewiesen ist.

Zweifel an der Beteiligtenfähigkeit der Antragsteller bestehen nicht. Für das vorliegende Verfahren, welches dem in der Hauptsache angelegten kommunalen Organstreit vorausgeht, sind insoweit die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Kommunalverfassungsstreit anzuwenden. Danach ist die Antragstellerin zu 1) als Gruppe und Teilorgan der Vertretung analog § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig, soweit ihr ein Recht zusteht. Für den Antragsteller zu 2) als einzelnes Mitglied der Vertretung ergibt sich die Beteiligtenfähigkeit nach Auffassung der Kammer ebenfalls nach dieser Vorschrift.

Der Antragstellerin zu 1) fehlt jedoch die gem. § 42 Abs. 2 VwGO in analoger Anwendung erforderliche Antragsbefugnis. Da es sich bei den Antragstellern um Organteile der kommunalen Vertretung handelt, müssten die angegriffenen Beschlüsse in eigene, den Antragstellern in ihrer Funktion durch Gesetz eingeräumten Rechtspositionen eingreifen. Das Abstimmungsrecht, auf das sich die Antragsteller berufen, vermag der Antragstellerin zu 1) in der vorliegenden Konstellation keine Antragsbefugnis zu vermitteln.

Die Antragstellerin zu 1) ist eine Gruppe im Sinne des § 57 Abs. 1 NKomVG, der dieses Gesetz verschiedene Rechte einräumt, beispielsweise im Zusammenhang mit der Besetzung der Ausschüsse der Vertretung (§ 71 Abs. 2 S. 7, Abs. 9 S. 3 NKomVG) oder im Hinblick auf die Gewährung von Akteneinsicht (§ 58 Abs. 4 S. 3 NKomVG). Das Recht auf Abstimmung, § 66 NKomVG, räumt hingegen lediglich dem einzelnen Mitglied der Vertretung eine eigene Rechtsposition ein. Die Antragstellerin zu 1) als solche kann für sich als Gruppe über das den einzelnen, ihr angehörenden Mitgliedern zustehende Stimmrecht hinaus keine weitergehenden Rechte ableiten, auf deren mögliche Beeinträchtigung sie sich im Rahmen der Antragsbefugnis berufen könnte.

Ihre Antragsbefugnis ergibt sich auch nicht daraus, dass sie, - sollten die angegriffenen Beschlüsse rechtswidrig sein -, nach Ablauf der regulären Amtszeit des Antragsgegners Bestandteil eines rechtsfehlerhaft zusammengesetzten Organs wäre. Die rechtmäßige Zusammensetzung der Vertretung gehört nicht zu den der Antragstellerin als Teilorgan der Vertretung spezifisch zugewiesenen Rechten, ebenso wenig wie es ein subjektives Recht der einzelnen Organe darauf gibt, dass in der Vertretung nur rechtmäßige Beschlüsse gefasst werden (VG Ansbach, Beschluss vom 11.01.2005 - AN 4 E 04.03283 -, juris Rn. 15 unter Bezugnahme auf  BVerwG, Beschluss vom 07.01.1994 - 7 B 224/93 -, juris Rn. 3). Die Überwachung und Einhaltung der Rechtmäßigkeit ist insoweit Sache der Kommunalaufsicht bzw. der körperschaftsinternen Rechtsaufsicht, die das NKomVG dem Hauptausschuss (§ 79 S. 1 NKomVG) und dem Hauptverwaltungsbeamten (§ 88 NKomVG) zuweist, und kann im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das dem Schutz und der Durchsetzung subjektiver Rechte dient und kein objektives Beanstandungsverfahren ist, nicht geltend gemacht werden.

Demgegenüber steht dem Antragsteller zu 2) das Stimmrecht zwar als eigene wehrfähige Innenrechtsposition zu, die durch die angegriffenen Beschlüsse jedoch nicht verletzt wird. Den Ausführungen des Antragstellers zu 2), dass nach dem Ende der regulären Amtszeit des Antragsgegners die Vertretung fehlerhaft besetzt sei – nämlich mit dem Antragsgegner, der aufgrund rechtswidriger Beschlüsse weiterhin als stimmberechtigtes Mitglied an den Abstimmungen teilnehme –, was zu einer Minderung des seiner Stimme zukommenden seines Stimmgewichts führe, schließt sich die Kammer im Ergebnis nicht an. Den Antragstellern ist zuzugeben, dass das Stimmrecht zwar nicht nur das Recht auf Abstimmung als solche umfasst, sondern der einzelnen Stimme auch ein bestimmtes Gewicht verleiht. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung des § 66 Abs. 1 NKomVG, nach der die Beschlüsse regelmäßig mit Stimmenmehrheit gefasst werden und bei Stimmengleichheit der Antrag abgelehnt ist. Daraus folgt, dass allein die Stimmen der Stimmberechtigten, d.h. die der Abgeordneten sowie des Hauptverwaltungsbeamten (§ 45 Abs. 1 S. 2 NKomVG) maßgeblich sind. Aus dem Verhältnis der Ja- und Neinstimmen zu der Gesamtzahl der Stimmberechtigten ergibt sich dadurch ein bestimmter Erfolgswert der Stimme. Werden auch die Stimmen nicht stimmberechtigter Mitglieder gezählt, würde das insoweit sich aus der Zahl der Stimmberechtigten und der beschriebenen Abstimmungsregel konkretisierte (Abstimmungs-)Mitwirkungsrecht des einzelnen Abgeordneten rechtswidrig geschmälert (VG Lüneburg, Urteil vom 26.04.2006 - 5 A 414/05 -, juris Rn. 14 m. w. N.). Zu einer Verschiebung des Stimmgewichts kommt es in der vorliegenden Konstellation jedoch in keinem Fall, da der Hauptverwaltungsbeamte immer kraft Gesetzes in der Vertretung eine Stimme hätte. Ob dies nun der Antragsgegner oder eine für die Zeit nach Ablauf seiner regulären Amtszeit gewählte andere Person wäre, ist für die objektive Stimmgewichtung unerheblich. Allein die Aussicht der Antragsteller, dass sich die politischen Mehrheiten bei einer Landratswahl nach den regulären Fristen zu ihren Gunsten verschieben würden, ist rechtlich nicht geschützt. Insoweit ist es unerheblich, ob der Antragsgegner für die Zeit nach dem 31.10.2014 rechtmäßig stimmberechtigtes Mitglied des Kreistags ist.

Problematisch ist auch das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf den Beschluss, mit dem die Amtszeit des Antragsgegners verlängert wurde. Hier bestehen Zweifel daran, ob es einer Vollziehung überhaupt bedarf bzw. diese überhaupt möglich ist, mit der Konsequenz, dass Eilrechtsschutz in Form des gestellten Antrags ggf. nicht zu erlangen ist. Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Antragsgegner wird gem. § 88 Abs. 1 S. 1 NKomVG von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählt. Er ist Beamter auf Zeit und sein Beamtenverhältnis wird regelmäßig mit dem Tag begründet, an dem die Wahl angenommen wird (§ 80 Abs. 5 S. 2 und 3 NKomVG). Nach § 7 Abs. 4 NBG bedarf es keiner Ernennung, deren gesetzliche Rechtsfolgen treten mit Begründung des Beamtenverhältnisses, also mit Annahme der Wahl ein. Vorliegend hat der Antragsgegner bereits vor der Sitzung am 09.12.2013, in der seine Amtszeitverlängerung beschlossen wurde, sich mit einer Verlängerung seiner Amtszeit für zwei Jahre einverstanden erklärt. Stellt man den die Amtszeit verlängernden Beschluss einer Wahl gleich, könnte man dieses Schreiben als (vorgezogene) Annahme werten. Damit wäre das Beamtenverhältnis für die weiteren zwei Jahre „begründet“ bzw. verlängert. Wie eine „Vollziehung“ dieses Beschlusses aussehen soll, wird nicht vorgetragen und scheint auch schwer denkbar. Unabhängig davon, ob man das Einverständnis des Hauptverwaltungsbeamten für das Wirksamwerden des Beschlusses für konstitutiv hält (was möglicherweise dem Gedanken des § 80 Abs. 5 S. 9 NKomVG – „Hauptverwaltungsbeamte zur Wiederwahl nicht verpflichtet“ - entnommen werden könnte), dürfte er jedenfalls mit seiner Einverständniserklärung alles getan haben, um den Beschluss wirksam werden zu lassen. Bei dieser Betrachtungsweise ginge der Antrag nur dann nicht „ins Leere“, wenn man ihn dahingehend verstünde „den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Neuwahlen vorzubereiten“. (Der Antragsgegner wäre nach § 45 c iVm. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 NKWG Wahlleiter, der für die Bildung des Wahlausschusses verantwortlich ist, § 10 Abs. 1 S. 1 NKWG.)

Mit Blick auf den Beschluss über den vorläufigen Wahlverzicht ist eine Vollziehung des Beschlusses wohl denkbar, auch wenn diese paradoxerweise in einem Nichthandeln besteht. Würde man den Antragsgegner hier im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichten, den Beschluss nicht auszuführen, bedeutete dies, dass die Neuwahl innerhalb der Fristen des § 80 Abs. 8 NKomVG n.F. durchzuführen wäre. Einer abschließenden Bewertung bedarf es indes nicht, weil der Antrag bereits aus anderen Gründen unzulässig ist.

2. Der Antrag wäre darüber hinaus auch nicht begründet. Für den Erlass der begehrten Sicherungsanordnung gem. § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller zu 2) hat nicht glaubhaft gemacht, dass die streitgegenständlichen Beschlüsse rechtwidrig sind. Diese sind nach Auffassung der Kammer rechtlich nicht zu beanstanden. Die Rechtsgrundlage ist verfassungsgemäß und die Beschlüsse erfüllen die gesetzlichen Voraussetzungen.

Rechtsgrundlage für den Beschluss über den vorläufigen Wahlverzicht ist § 80 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 NKomVG a. F.. Danach kann die Vertretung für einen festzulegenden Zeitraum von längstens zwei Jahren nach dem Ablauf der Amtszeit oder dem Ausscheiden aus dem Amt auf eine erforderliche Wahl des Hauptverwaltungsbeamten verzichten, wenn sie beschlossen hat, mit einer anderen Kommune Verhandlungen über einen Zusammenschluss zu führen.

Damit bildet die Vorschrift eine Ausnahme zu der Regelung des § 80 Abs. 1 S. 1 NKomVG, nach der der Hauptverwaltungsbeamte von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählt wird.

Die Ausnahmeregelung verstößt nicht gegen die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze, die in Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 57 Abs. 2 S. 1 Nds. Verfassung für die Wahl zu den kommunalen Vertretungen niedergelegt sind, aber auch darüber hinaus Geltung entfalten. Art. 38 Abs. 1 GG ist vorliegend nicht einschlägig, da dieser unmittelbar nur die Wahlen zum Deutschen Bundestag erfasst und sich eine analoge Anwendung auf Wahlen und Abstimmungen in den Ländern vor dem Hintergrund der selbständigen Verfassungsräume von Bund und Ländern verbietet (BVerfG, Beschluss vom 20.12.1998 - 2 BvR 69/98 -, juris Rn. 3).

Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl ist vorliegend nicht verletzt, da es nicht um einen unberechtigten Ausschluss der Staatsbürger von einer Wahl überhaupt geht. Ebenso wird die Unmittelbarkeit der Wahl nicht beeinträchtigt, da bei einer Verlängerung der Amtszeit des Hauptverwaltungsbeamten lediglich das ursprüngliche Votum der Wähler verlängert, nicht aber ersetzt wird. Die Wähler können ihr aktives und passives Wahlrecht bei der nächsten Wahl auch in gleicher Weise ausüben, da die in Rede stehende gesetzliche Regelung das Stimmgewicht nach Zähl- und Erfolgswert nicht verändert. Für eine Verletzung der übrigen Wahlgrundsätze bestehen keine Anhaltspunkte.

Darüber hinaus ist jedoch für die Wahl zum Hauptverwaltungsbeamten das Demokratieprinzip zu beachten, welches gem. Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 der Nds. Verfassung für den gesamten kommunalen Bereich Geltung beansprucht. Danach bedürfen kommunale Organe und Amtswalter, soweit sie Staatsgewalt ausüben, stets einer demokratischen Legitimation, die sich auf die Gesamtheit der Bürger zurückführen lässt. Für diese genügt es regelmäßig, dass sie sich mittelbar auf das Volk als Träger der Staatsgewalt zurückführen lässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.02.1978 – 2 BvR 268/76 -, juris Rn. 46). Der Landrat ist neben Kreistag und Kreisausschuss ein Organ des Landkreises (§ 7 Abs. 2 Nr. 4 NKomVG); er übt Staatsgewalt aus, indem er u.a. die Beschlüsse der Vertretung ausführt und die Verwaltung leitet. Während die Direktwahl für den Kreistag als kommunale Vertretung verfassungsrechtlich vorgeschrieben ist, hat der Landesgesetzgeber bezüglich der Wahl des Hauptverwaltungsbeamten einen Gestaltungsspielraum. Dem Demokratieprinzip würde auch die Wahl durch die Abgeordneten der Vertretung entsprechen, da diese ihrerseits direkt gewählt wurden und dem Hauptverwaltungsbeamten die erforderliche Legitimation vermitteln würden. Der Landesgesetzgeber hat sich grundsätzlich für die Direktwahl des Landrats entschieden und billigt der Vertretung nur im Ausnahmefall die Möglichkeit zu, diese Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger zu modifizieren. Mit der ab 20.05.2009 eingefügten Regelung zum Wahlverzicht, § 61 Abs. 2a S. 1 NGO, die dann im Rahmen der Neuordnung des Kommunalverfassungsrechts durch Einführung des NKomVG auf die Landkreise bzw. alle Kommunen ausgedehnt wurde, hat er in zulässiger Weise von seinem Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht.

Der Landesgesetzgeber hat mit der Einführung der Vorschrift über den Wahlverzicht in die NGO, die in der Folge durch das NKomVG ersetzt und um die Möglichkeit der Amtszeitverlängerung ergänzt wurde, auch nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 2 Abs. 2 der Nds. Verf.) abzuleitende Rückwirkungsverbot verstoßen. Bei beiden Regelungen handelt es sich allenfalls um einen Fall der zulässigen „unechten“ Rückwirkung, weil der in der Vorschrift geregelte Sachverhalt noch nicht abgeschlossen ist. Gegebenenfalls kann aber der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes der Regelungsbefugnis Schranken setzen. Diese Schranken werden jedoch nicht überschritten, wenn die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens das Ausmaß des Vertrauensschadens überwiegt (HessStGH, Urteil vom 07.04.1976 – P. St. 798 -, S. 37).  Nachdem der Antragsgegner 2006 gewählt wurde, fiel die Einführung des § 61 Abs. 2a NGO am 20.05.2009 mitten in seine laufende achtjährige Amtszeit, eine Neuwahl stand nicht an. Gleiches gilt für das Inkrafttreten des NKomVG am 24.12.2010, mit dem die Möglichkeit der Amtszeitverlängerung überhaupt erst geschaffen wurde. Den Antragstellern ist zuzugeben, dass die Wähler diese Neuregelungen bei der Wahl des Antragsgegners nicht vorhersehen konnten und möglicherweise auf den Fortbestand der gesetzlichen Regelung vertraut haben. Auf Seiten des Gesetzgebers ist dagegen einzustellen, dass er freiwillige kommunale Zusammenschlüsse erleichtern wollte. Die sich aus diesen ergebenden Synergieeffekte kommen letztlich auch den Wählern zugute und dienen dem Gemeinwohl, so dass die Abwägung vorliegend zugunsten der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit ausfällt.

Die Beschlüsse erfüllen auch die Voraussetzungen der gesetzlichen Regelung. Dafür ist der Beschluss notwendig, aber auch hinreichend, Verhandlungen über den Zusammenschluss mit Nachbarkommunen aufzunehmen. Der von den Antragstellern vertretenen restriktiven Auslegung, nach denen sich die Verhandlungsbereitschaft bereits auf eine andere Kommune, die dann auch noch namentlich zu benennen sei, konkretisiert haben müsse, ist nicht zu folgen. Letzteres lässt sich der Gesetzgebungsgeschichte jedenfalls nicht entnehmen (vgl. zu § 80 Abs. 3 a.F. NKomVG: LT-Drs. 16/2510, S. 115 f., LT-Drs. 16/3147, S. 11 f.). Die Argumentation der Antragsteller, dass der Singular vorliegend absichtlich gewählt wurde, was sich auch in der Verwendung „die … Körperschaftsumbildung“ (§ 80 Abs. 3 S. 3 NKomVG a.F.) zeige, verfängt nicht. Eine Körperschaftsumbildung ist auch mit der Beteiligung von mehr als zwei Kommunen denkbar.

Zudem spricht der Zweck der Vorschrift für eine weite Auslegung. Mit dieser sollen gebietliche Neugliederungen auf freiwilliger Basis gefördert werden, soweit diese nachhaltig zu wirtschaftlich verbesserten Rahmenbedingungen und damit zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vor Ort beitragen können. Die Landesregierung unterstützt den Fusionsprozess der Kommunen finanziell und bietet an, den Prozess beratend zu begleiten (vgl. Gemeinsame Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens und der Niedersächsischen Landesregierung zur Zukunftsfähigkeit der niedersächsischen Kommunen (Zukunftsvertrag), Ziff. 8, http://www.nsgb.info/pics/medien/1_1261125792/Zukunftsvertrag.pdf). Vor diesem Hintergrund ist ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen auch bei einer nur begrenzt evaluierten Ausgangslage nicht von vornherein aus zeitlichen Gründen ausgeschlossen. Zudem spricht gerade die Regelung des § 80 Abs. 3 S. 3 NKomVG a.F. dafür, dass der voraussichtliche Erfolg gerade nicht schon Voraussetzung für den von der Vertretung beschlossenen Wahlverzicht sein kann. Diese Vorschrift ermöglicht es der obersten Kommunalaufsichtsbehörde, den Wahlverzicht um zwölf Monate zu verlängern, soweit die Körperschaftsumbildung innerhalb des Verlängerungszeitraums voraussichtlich abgeschlossen sein werde. Eine entsprechende Formulierung findet sich für den von der Vertretung zu beschließenden Wahlverzicht nicht. Dass der Gesetzgeber eine Regelung für den Fall vorgesehen hat, dass ein Beschluss zum Wahlverzicht aufgehoben wird, legt ebenfalls den Schluss nahe, dass er auch einen Misserfolg der Fusionsverhandlungen einkalkuliert hat.

Nicht zuletzt erscheint es wenig nachvollziehbar, wenn der Antragsteller zu 2) geltend macht, dass im vorliegenden Fall aufgrund des Beschlusses Verhandlungen mit allen möglichen Kommunen in Betracht kämen. Betrachtet man den bloßen Wortlaut des Beschlusses isoliert, mag dies zwar so sein, allein der Geschehensablauf macht aber deutlich, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung in erster Linie der Landkreis H. und eventuell noch die Stadt P. als Verhandlungspartner in Betracht kamen. Auch die Entwicklung seit der Beschlussfassung zeigt, dass ernsthaft mit dem Landkreis H. und nur mit diesem über einen möglichen Zusammenschluss verhandelt wird.

Schließlich wird auch die Frist des § 80 Abs. 3 S. 2 NKomVG a. F. eingehalten. Danach muss der Beschluss über den Wahlverzicht spätestens fünf Monate vor Ablauf der Amtszeit gefasst werden. Vorliegend datiert der entsprechende Beschluss auf den 09.12.2013 und damit ca. zehn Monate vor Ablauf der regulären Amtszeit des Antragsgegners.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog von 2013, Ziff. 1.5, 22.7 (NVwZ-Beilage 2013, 57).