Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 29.04.2014, Az.: 13 A 55/14

Bahncard; Beihilfe; Fahrtkosten; Monatskarte

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
29.04.2014
Aktenzeichen
13 A 55/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42382
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine weitergehende Beihilfe für Fahrtkosten anlässlich einer ambulanten Untersuchung in einer Klinik in Bad Pyrmont.

Der Kläger ist als Beamter der Beklagten mit einem Bemessungssatz von 70 v.H. beihilfeberechtigt.

Er war zum Zeitpunkt der streitigen Reise sowohl im Besitz einer Monatskarte für den ÖPVN in Hannover (sogenannte „Mobilcard“) als auch im Besitz einer Bahncard 25.

Der Kläger reiste am 25.01.2013 von seinem Wohnort nach Bad Pyrmont und zurück. Nach einer ärztlichen Bescheinigung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. vom 18.03.2013 hatte sich der Kläger am 25.01.2013 auf Veranlassung des bescheinigenden Arztes in einer psychosomatischen Klinik in Bad Pyrmont ambulant vorgestellt. Diese Vorstellung erfolgte im Hinblick auf eine geplante stationäre Aufnahme.

Der Kläger wendete unter Einsatz seiner Bahncard für die Hin- und Rückfahrkarte der Deutschen Bahn insgesamt 18,70 € auf. Für die Hin- und Rückreise von seiner Wohnung zum Hauptbahnhof in Hannover setzte der Kläger seine Mobilcard ein.

Anfang Februar 2013 beantragte der Kläger eine Beihilfe für seine Fahrtkosten. Zunächst lehnte die Beklagte eine Beihilfe hierfür mit Bescheid vom 14.02.2013 insgesamt ab.

Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Widerspruch ein und reichte eine am 28.06.2013 erfolgte „Verordnung einer Krankenbeförderung“ für eine vor- oder nachstationäre Krankenhausbehandlung am 25.01.2013 bei der Beklagten ein.

Mit Bescheid vom 25.09.2013 gewährte nunmehr die Beklagte für die Fahrtkosten eine Beihilfe iHv. 6,09 €. Bei der Berechnung ging sie von Fahrtkosten iHv. 18,70 € aus, setzte hiervon insgesamt 10 € als Eigenanteil ab und gewährte auf den verbleibenden Rest von 8,70 € eine Beihilfe entsprechend dem Bemessungssatz von 70 v.H.

Auch gegen diesen Bescheid vom 25.09.2013 legte der Kläger Widerspruch ein. Die Fahrtkosten von seiner Wohnung zum Bahnhof und zurück seien unberücksichtigt geblieben. Der Beihilfeverordnungsgeber habe nicht geregelt, dass der Einsatz einer privaten Monatskarte zum Ausschluss von Erstattungsansprüchen führe. Der niedrige Preis der Zugfahrkarte sei nur durch den Einsatz seiner Bahncard erzielt worden. Die Kosten der Bahncard müssten deshalb ebenfalls anteilig berücksichtigt werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013, zugestellt am 04.12.2013, zurück.

Der Kläger hat am 03.01.2014 Klage erhoben.

Er trägt vor: Die Beklagte habe das Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 NBhVO anerkannt. Deshalb seien seine Aufwendungen für seine Mobilcard und die Bahncard mit zu berücksichtigen. Es liege eine Ungleichbehandlung mit Beamten vor, die mit dem eigenen Kfz fahren. Wegen seiner Schwerbehinderung könne er nicht selbst mit dem Auto fahren. Damit liege eine verfassungswidrige ungerechtfertigte mittelbare Ungleichbehandlung vor.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 25.09.2013 und den Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm, den Kläger, die Beihilfe in voller Höhe von 32,94 € zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Klage entgegen.

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung und mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter und nach § 101 Abs. 2 VwGO weiterhin ohne mündliche Verhandlung.

Das Gericht versteht das Aufhebungsbegehren des Klägers dahingehend, dass er nur insoweit den Bescheid der Beklagten vom 25.09.2013 aufgehoben haben möchte, wie er seinem Verpflichtungsbegehren entgegensteht. Denn soweit die Beklagte nunmehr eine Beihilfe zu den Fahrtkosten bereits bewilligt hat, ist der Kläger dadurch nur begünstigt und nicht beschwert. Die so verstandene Klage ist zulässige, jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitergehende Beihilfe.

Die Beklagte zieht als Rechtsgrundlage für eine Fahrtkostenerstattung § 26 Abs. 2 Nr. 3 NBhVO heran. Danach sind Aufwendungen für andere als in Absatz 1 der Vorschrift genannten Rettungsfahrten nur beihilfefähig, wenn die Fahrt ärztlich verordnet ist und die Fahrten im Zusammenhang mit einer vor- oder nachstationären Behandlung stehen, wenn durch die vor- oder nachstationäre Behandlung eine andernfalls medizinisch gebotene stationäre Krankenhausbehandlung verkürzt oder vermieden werden kann.

Das Gericht hat bereits seine Zweifel, ob die von der Beklagten angenommene Rechtsgrundlage hier überhaupt einen Anspruch auf die bereits bewilligte Beihilfe begründet. Zwar wurde die Fahrt - nachträglich - noch verordnet. Nach der Bescheinigung des Dr. C. vom 18.03.2013 fuhr der Kläger aber nur nach Bad Pyrmont, um sich für eine geplante stationäre Aufnahme ambulant vorzustellen. Dass dadurch eine medizinisch gebotene stationäre Krankenhausbehandlung verkürzt oder vermieden wurde, ergibt sich nicht aus der Bescheinigung und wurde vom Kläger auch sonst nicht dargelegt.

Letztendlich muss dies hier nicht abschließend entschieden werden. Eine wohl rechtswidrige Beihilfegewährung insoweit begünstigt den Kläger nur und verletzt ihn nicht in seinen Rechten. Jedenfalls lässt sich aus § 26 Abs. 2 Nr. 3 NBhVO kein Anspruch auf die vom Kläger begehrte weitergehende Fahrtkostenerstattung ableiten. Auch die übrigen Regelungen des NBhVO, insbesondere die weiteren Tatbestände des § 26 NBhVO, bieten dafür keine Anspruchsgrundlage.

Als Fahrtkosten sind gem. § 26 Abs. 4 NBhVO die tatsächlichen Aufwendungen bis zur Höhe der niedrigsten Kosten eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels beihilfefähig. Tatsächlich hat der Kläger für die Hin- und Rückfahrt nach Bad Pyrmont am 25.01.2013 ausweislich der vorgelegten Bahnfahrkarte einen Betrag von 18,70 € aufgewendet.

Die beihilfefähigen Aufwendungen mindern sich jedoch nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 NBVO um einen Eigenbehalt in Höhe von 10 Prozent, jedoch mindestens fünf und höchstens zehn Euro, jedoch jeweils nicht um mehr als die tatsächlichen beihilfefähigen Aufwendungen bei Fahrten. Der Eigenanteil berechnet sich dabei je einfacher Fahrt (vgl. zu dieser Frage auch VG Hannover, Beschluss vom 29.04.2004 - 7 B 1907/04 - hinsichtlich der Vorschriften zum SGB V, die aber der Verordnungsgeber wirkungsgleich auf die Beihilfe übertragen wollte). Mithin waren hier - wie geschehen -zweimal jeweils fünf Euro Eigenanteil abzusetzen. Vom verbleidenden Restbetrag hat die Beklagte korrekt die Beihilfe nach dem Bemessungssatz von 70 v.H. berechnet.

Die Monatskarte des örtlichen ÖPNV-Unternehmens und die Bahncard 25 hat sich der Kläger privat gekauft. Die Beklagte hat den Kläger nicht dazu verpflichtet. Da er aufgrund der Monatskarte ohne zusätzliche Aufwendungen zum Hauptbahnhof und wieder zurück gelangen konnte, fehlt es entsprechend auch an einem Beihilfeanspruch. Auch hinsichtlich der Bahnfahrkarte hat der Kläger tatsächlich durch den Einsatz seiner privaten Bahncard nur Aufwendungen von 18,70 € gehabt. Dass er seine Monatskarte (Mobilcard) und seine Bahncard privat angeschafft hat, ändert nichts an dem Umstand, dass seine tatsächlichen beihilfefähigen Aufwendungen sich durch deren Verwendung verringert haben. Die gegenüber dem Dienstherrn bestehende Treuepflicht gebietet es im Übrigen auch, dass ein Beamter - soweit er im Besitz solcher Karten ist - diese für Reisen einsetzt, um damit mögliche Erstattungsleistungen des Dienstherrn zu mindern. Für einen - ggf. anteiligen - Ersatz der Kosten der GVH-Monatskarte und der Bahncard findet sich weder im Beihilferecht noch sonst eine Anspruchsgrundlage. Diese folgt auch nicht aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht. Die Kosten dieser Karten sind Kosten der normalen Lebensführung.

Grundsätzlich sind nach § 26 Abs. 4 NBhVO nur die tatsächlichen Aufwendungen bis zur Höhe der niedrigsten Kosten eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels beihilfefähig. Lediglich dann, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzt werden konnte, kommt eine Fahrtkostenerstattung für die Benutzung eines Kraftfahrzeuges in Betracht. Da das Krankenhaus in Bad Pyrmont für den Kläger aber ohne weiteres mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen war, kann er schon deshalb keine höheren Aufwendungen geltend machen. Deshalb spielt es auch absolut keine Rolle, ob der Kläger aufgrund seiner Schwerbehinderung nun überhaupt in der Lage gewesen wäre, ein Kraftfahrzeug zu benutzen oder nicht. Für eine „mittelbare Diskriminierung“ des Klägers aufgrund einer Behinderung kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.