Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 04.08.2008, Az.: 11 B 2780/08

Zulassung; Ausschlussgrund; Doppelbewerbung; Rotationsverfahren; Losverfahren; Gestaltungsermessen; Raumkonzeption; Auswahlentscheidung; Attraktivität; Bewährung; Ortsansässigkeit; Zulassungschance; Marktfreiheit; Willkürverbot

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
04.08.2008
Aktenzeichen
11 B 2780/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 45436
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2008:0804.11B2780.08.0A

Fundstelle

  • GewArch 2008, 405-407

Amtlicher Leitsatz

Ein sachlich gerechtfertigter Ausschlussgrund kann bei einer Doppelbewerbung nur vorliegen, wenn er geeignet ist zu verhindern, dass mehrere wirtschaftlich identische natürliche oder juristische Personen durch übermäßige Präsenz ihre Zulassungschancen bei der Bewerbung um einen Standplatz auf einem Markt zulasten der Zulassungschancen anderer Bewerber unangemessen erhöhen.

Ein Ausschluss aller Bewerber bei einer Mehrfachbewerbung ist nicht sachgerecht.

Die unterschiedslose Anknüpfung an eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung und an eine Geschäftsführerposition ist allein nicht geeignet, eine Doppelbewerbung zu begründen.

Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit kann einen sachlich gerechtfertigten Ausschlussgrund darstellen.

Eine Zulassungsentscheidung nach den Auswahlkriterien "wiederholt und bewährt" und "ortsansässig" ist nicht geeignet, die der Marktfreiheit immanente Zulassungschance zu garantieren.

Tenor:

  1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Bewerbung der Antragstellerin auf Teilnahme am F. Heiratsmarkt 2008 mit ihrem 2-Säulen-Autoskooter innerhalb von einer Woche nach Rechtskraft dieses Beschlusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

  2. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

  3. Der Antragsgegner und die Antragstellerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

  4. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

  5. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1 500,00 EURO festgesetzt.

Gründe

1

Der am 28.05.2008 bei Gericht eingegangene Antrag der Antragstellerin mit dem Begehren,

2

den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie mit ihrem 2-Säulen-Autoskooter mit den Grundmaßen 32 m mal 15 m auf dem festgesetzten Festgelände des F. Heiratsmarktes 2008 zuzulassen,

3

hilfsweise,

4

den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihre Bewerbung auf Teilnahme am F. Heiratsmarkt 2008 bis zu einem vom Gericht festzusetzenden Zeitpunkt unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,

5

hat mit dem Hilfsantrag Erfolg, bleibt aber mit dem Hauptantrag erfolglos.

6

Die Antragstellerin hat gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf Zulassung zum F. Heiratsmarkt in der Zeit vom 22. bis 26.08.2007 mit ihrem 2-Säulen-Autoskooter hat.

7

Der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch kann im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur Erfolg haben, wenn das Ermessen nur in eine Richtung ausgeübt werden kann ( BVerwGE 63, 110, 112 [BVerwG 16.08.1978 - 1 WB 112/78] ), d.h. wenn das Verteilungsermessen des Veranstalters gemäß § 70 Abs. 3 GewO zugunsten der Antragstellerin dergestalt auf Null reduziert wäre, dass nur eine Zulassung der Antragstellerin ermessensgerecht wäre.

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Dies ist vorliegend nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass unter den verbleibenden 15 Bewerbern bei erneuter Durchführung eines sachgerechten Auswahlverfahrens gerade die Antragstellerin den Zuschlag hätte erhalten müssen (vgl. VG Hannover, Beschl.v. 31.08.2005 - 11 B 4494/05 -, v. 09.09.2005 - 11 B 4387/05 - u. v. 05.06.2007 - 11 B 1671/07 -).

9

Die Antragstellerin hat indes hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Teilnahme an dem F. Heiratsmarkt 2008 mit ihrem 2-Säulen-Autoskooter hat und dass ihr wesentliche Nachteile im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO drohen, wenn die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergeht.

10

Eine eventuelle Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigt es nicht, die Erfordernisse eines effektiven Rechtsschutzes hintanzustellen. Die von der Rechtsprechung im Hinblick auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG entwickelten Grundsätze zu Ausnahmen vom Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stellen zu Recht regelmäßig auch auf den irreparablen Rechtsverlust als solchen oder das Zeitmoment ab, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit zu spät käme (vgl. BVerfG Beschl.v. 15.08.2002 - 1 BvR 1790/00 -, NJW 2002, 3691 f. = DVBl 2003, 257 ff. [BVerfG 15.08.2002 - 1 BvR 1790/00]m.w.N.).

11

Die Vergabeentscheidung des Antragsgegners bezüglich des Autoskooter-Fahrgeschäfts beim F. Heiratsmarkt 2008 ist bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihrem Teilnahmerecht nach § 70 Abs. 1 GewO.

12

Dieser aus dem Grundsatz der Marktfreiheit abzuleitende Anspruch ist vorliegend allerdings durch § 70 Abs. 3 GewO eingeschränkt, weil der Platz auf dem F. Heiratsmarkt 2008 nicht ausreicht, um allen Bewerbern in der Sparte " Autoskooter" einen Standplatz zuzuweisen.

13

Die Antragsgegnerin kann ihre ablehnende Entscheidung schon nicht auf sachlich gerechtfertigte Ausschlussgründe stützen.

14

Der Hinweis des Antraggegners auf die "Doppelbewerbung" der Antragstellerin ist nicht geeignet, den Ausschluss der Antragstellerin zu rechtfertigen.

15

Der Antragsgegner hat die Antragstellerin mit dem Hinweis abgelehnt, es liege eine unzulässige Doppelbewerbung mit einem bestimmten Fahrgeschäft vor, weil G. als Geschäftsführer der Antragstellerin gleichzeitig persönlich haftender Gesellschafter der sich ebenfalls mit einem Autoskooter bewerbenden Antragstellerin in dem Verfahren 11 B 2781/08 ist.

16

Es ist nach Auffassung des Gerichts jedenfalls nicht sachgerecht, bei jeder gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an einer Gesellschaft oder Tätigkeit als Geschäftsführer in einem anderen Geschäft die betroffenen Bewerber mit einem bestimmten Typus Fahrgeschäft auszuschließen (vgl. Ziff. 4 der Zulassungsrichtlinien des Antragsgegners). Dem Sinn und Zweck der Veranstaltung des Antragsgegners entsprechende nachvollziehbare Gründe dafür sind nicht ersichtlich und von dem Antragsgegner nicht vorgetragen worden.

17

Die Ablehnung einer Doppelbewerbung ist nicht zwingend. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Attraktivität kann es durchaus von Vorteil sein, mehrere besonders attraktive Fahrgeschäfte auch eines Bewerbers am Auswahlverfahren teilnehmen zu lassen. Der Ausschluss begegnet nach Auffassung des Gerichts nur dann keinen rechtlichen Bedenken, sofern er geeignet ist zu verhindern, dass mehrere wirtschaftlich identische natürliche oder juristische Personen durch übermäßige Präsenz ihre Zulassungschance bei der Bewerbung um einen Standplatz auf einem Markt zulasten der Zulassungschancen anderer Bewerber unangemessen erhöhen. Das wäre allenfalls bei einem Rotationsverfahren oder Losverfahren denkbar, das nicht Gegenstand im vorliegenden Verfahren ist.

18

Im Übrigen begegnet die unterschiedslose Anknüpfung an gesellschaftsrechtliche Beteiligung und an eine Geschäftsführerposition als tatbestandliche Voraussetzung einer Doppelbewerbung Bedenken. Der Geschäftsführer einer juristischen Person zieht nicht notwendig den wirtschaftlichen Nutzen aus der Gesellschaft, weil er etwa angestellter Geschäftsführer sein kann.

19

Vor diesem Hintergrund hätte der Antragsgegner selbst dann, wenn er ein Rotations- oder Losverfahren gewählt hätte, die Antragstellerin nicht mit dem Hinweis auf die Bewerberin in dem Verfahren 11 B 2781/08 ausschließen können. Es wäre bei der Anknüpfung an die Person des Geschäftsführers schon nicht ersichtlich gewesen, dass er gleichzeitig den wirtschaftlichen Nutzen aus der Gesellschaft ziehen kann. Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung von G. an der Antragstellerin hat der Antragsgegner nicht ermittelt. Er hat auch nicht berücksichtigt, dass G. unstreitig die Geschäftsführertätigkeit zusammen mit einem weiteren Geschäftsführer wahrnimmt und damit keine Personalunion der Antragstellerin und der Bewerberin in dem Verfahren 11 B 2781/08 besteht. Aus diesem Grund sind die Antragstellerin und die Bewerberin in dem Verfahren 11 B 2781/08 schon keine Doppelbewerber.

20

Dessen ungeachtet wäre aber ein Ausschluss beider Bewerber auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht sachgerecht. Eine solche Regelung kommt einer unzulässigen "Strafvorschrift" gleich. Die oben dargelegte Rechtfertigung des Ausschlusses von Doppelbewerbungen reicht nur soweit, wie eine übermäßige Präsenz wirtschaftlich identischer Bewerber zu vermeiden ist. Dieses Ziel wird schon erreicht, wenn von Doppel- oder Mehrfachbewerbern (nur) einer am Auswahlverfahren teilnehmen kann. Der Ausschluss aller Bewerber, wie ihn die Zulassungsrichtlinien des Antragsgegners vorsehen, ist zur Erreichung des Ziels nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig.

21

Der Antragsgegner kann sich auch nicht darauf berufen, dass das Fahrgeschäft der Antragstellerin für den Standplatz am Denkmal wegen seiner Größe nicht geeignet ist.

22

Die Raumkonzeption des Festplatzes und die Gesamtkonzeption liegen zwar im weiten Gestaltungsermessen des Veranstalters. Der Antragsgegner hat aber nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht, dass der 2-Säulen-Autoskooter der Antragstellerin mit den Grundmaßen 32 m mal 15 m mit Kassenwagen und 27,12 mal 15 m ohne Kassenwagen gegenüber dem Fahrgeschäft des Beigeladenen zu 2) mit den Grundmaßen 28 m mal 16 m mit Kassenwagen und 25,5 mal 16 m ohne Kassenwagen auf dem für den einen der beiden ausgewählten Autoskooter vorgesehenen Standplatz am Denkmal nicht gepasst hätte.

23

Er trägt lediglich vor, dass wegen des besonderen Zuschnitts und der besonderen örtlichen Gegebenheiten bei dem Standplatz am Denkmal nur eine Aufbaufläche für einen Autoskooter in den maximalen Ausmaßen von 28,5 m mal 15 m mit Kassenwagen und 26,5 mal 16 m ohne Kassenwagen zur Verfügung steht. Dazu wird pauschal auf die Baumallee, den Eckwinkel von 90 °, den zu einer Seite vorhandenen Notausgang des benachbarten Festzeltes und die im rückwärtigen Bereich zu platzierenden Sanitäranlagen für das Festzelt verwiesen. Auf den Einwand der Antragstellerin, dass dieser Standplatz im Vorjahr unter allen Bewerbern um einen Autoskooterstandplatz ohne Größeneinschränkung verlost worden ist, verweist der Antragsgegner lediglich auf das verbesserte Angebot an Toiletten auf dem F. Heiratsmarkt 2008. Für die bestrittene und dem Verantwortungsbereich des Antragsgegners zuzurechnende Tatsache, dass die örtlichen Gegebenheiten auf dem F. Heiratsmarkt 2008 lediglich den Aufbau eines Autoskooters mit den von ihm vorgegebenen Ausmaßen zulassen, hat er keinen geeigneten Nachweis vorgelegt. Auch die Verwaltungsvorgänge enthalten keinen Belegungsplan.

24

Aus dem vorliegenden Belegungsplan in dem beigezogenen Verfahren 11 D 3368/07 ist jedenfalls nicht einmal ersichtlich, dass der Autoskooterstandplatz am Denkmal an ein Festzelt angrenzt. Der "Disco Driver" des Beigeladenen zu 2) befand sich zusammen mit anderen Fahrgeschäften in dem von den Straßen "Am alten Pferdemarkt", "H. -Allee" und "I. -Allee" begrenzten Areal, während das "J. zelt" hinter dem am Denkmal platzierten "Break-Dancer" in dem durch die Straßen "K. -Allee", "L. -Allee" und "Am Jugendheim" begrenzten Areal platziert war. Der Antragsgegner hat auch nicht vorgetragen, dass der Autoskooterstandplatz am Denkmal im Jahr 2008 auf den im Vorjahr für den "Break-Dancer" genutzten Platz verlegt worden ist oder dass das "M. zelt" nunmehr hinter dem im Jahre 2007 vom "Disco Driver" des Beigeladenen zu 2) belegten Standplatz aufgebaut werden soll.

25

Die Antragstellerin hat sich in der Vergangenheit auch nicht als unzuverlässig erwiesen.

26

Die Unzuverlässigkeit eines Bewerbers kann zwar einen sachlich gerechtfertigten Ausschlussgrund darstellen, weil dem Veranstalter das Risiko nicht zugemutet werden kann, dass einzelne Beschicker die gesamte Veranstaltung in Misskredit bringen oder ihre Durchführung gefährden (vgl. Friauf-Wagner, GewO, § 70 Rn. 47). Mangelnde Zuverlässigkeit ist aber nur anzunehmen, wenn bestimmte Tatsachen Anlass zu der Besorgnis geben, dass der Bewerber sein Gewerbe nicht ordnungsgemäß ausüben wird. Eine solche Unzuverlässigkeit im gewerberechtlichen Sinne ist bei der über ein Jahrzehnt zurückliegenden einmaligen Beteiligung des Geschäftsführers der Antragstellerin G. an der Schießerei auf dem Markt im Jahre 1997 nicht anzunehmen, zumal es wegen dieses Vorfalles nicht zu einer Verurteilung gekommen ist, weil das Gericht die Schuldfrage nicht hat klären können. Der Antragsgegner hat den Vorfall ausweislich der vorgelegten Verwaltungsvorgänge unter dem Kriterium "wiederholt und bewährt" in seine Auswahlentscheidung nach Ermessensgrundsätzen einbezogen. Danach hat der Antragsgegner von den qualitativ geeigneten Bewerbern im Positiven diejenigen bevorzugt bewertet, die in der Vergangenheit als Betreiber eines Autoskooters oder sonstiger Beschicker am Markt teilgenommen und "sich nichts zu Schulden kommen lassen haben" und daraus gefolgert, dass sie sich auch bei künftigen Veranstaltungen als zuverlässig erweisen werden. Im Gegenzug hat er die zurückliegende Beteiligung des Geschäftsführers der Antragstellerin G. an der Schießerei die als Gefährdung der Sicherheit und Ordnung auf dem Marktgelände negativ bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt. Zwar können auch frühere Schwierigkeiten bei der Marktabwicklung, die unterhalb der Schwelle der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit liegen, berücksichtigt werden (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt.v. 30.04.1991 - 14 S 1277/89 -, GewArch. 1991, 344; VG Karlsruhe, Urt.v. 17.05.2004, -2 K 822/04 -, GewArch. 2004, 417). Dabei muss allerdings einem Missbrauch der Ausschlussmöglichkeit wegen Unzuverlässigkeit des Bewerbers entgegengewirkt und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Genüge getan werden (vgl. Friauf-Wagner, a.a.O., § 70 Rn. 50). Der Antragsgegner hat schon nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht, dass nach der einmaligen über zehn Jahre zurückliegenden strafrechtlich nicht weiter verfolgten Beteiligung des Geschäftsführers der Antragstellerin G. an der Schießerei auf dem Markt weiterhin eine erstzunehmende Gefährdung der Sicherheit und Ordnung auf dem Marktgelände besteht und dass sich der Geschäftsführer der Antragstellerin durch mildere Abwehrmaßnahmen nicht beeindrucken lässt und sein marktordnungswidriges Verhalten fortsetzt.

27

Darüber hinaus hat der Antragsgegner das ihm bei der Auswahlentscheidung zustehende Auswahlermessen auch durch die positive Auswahlentscheidung nach dem Kriterium "wiederholt und bewährt" verletzt.

28

Der Antragsgegner hat seiner Auswahlentscheidung zwar die erstmals für das Zulassungsverfahren zum F. Heiratsmarkt 2008 bindenden Zulassungsrichtlinien vom 20.02.2008 zugrunde gelegt. Danach sollen vorrangig Geschäfte "von hoher Art und Qualität" zugelassen werden. Lediglich aus dem Vermerk des Antragsgegners zum Auswahlverfahren ergibt sich, dass der Antragsteller damit solche Geschäfte meint, die für einen qualitativ guten und vielseitigen F. Heiratsmarkt geeignet sind und dem Stand der Technik und den aktuellen Sicherheitsbestimmungen entsprechen. Der Antragsgegner betont, dass dabei nicht die Attraktivität der einzelnen Autoskooter, das Baujahr, die Beleuchtung und die technischen Daten im Vordergrund stehen und zusätzliche Angebote wie behindertengerechte Ausstattung und zusätzliche Videoüberwachung ohne Bedeutung für die Auswahlentscheidung sind. Nach den Ausführungen des Antragsgegners sollen die Geschäfte "eine gewisse Qualitätsstufe erreichen" und sich "in die Örtlichkeit des Marktes einfügen". Diese wenig differenzierten Anforderungen erfüllen alle bis auf einen Bewerber. Der Antragsgegner musste deshalb für die eigentliche Auswahlentscheidung auf die weiteren von ihm in den Zulassungsrichtlinien aufgeführten Kriterien zurückgreifen. Danach soll bei mehreren Geschäften von hoher Art und Qualität der Bewerber bevorzugt werden, der wiederholt an dem F. Heiratsmarkt teilgenommen und sich bewährt hat. Dabei hat sich ein Bewerber bewährt, wenn er langjährig die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten hat, seinen übrigen Verpflichtungen fristgemäß nachgekommen ist und sein Geschäft ordnungsgemäß und ohne Beanstandungen geführt hat. Eine zusätzliche positive Bewertung erfahren ortsansässige Bewerbungen, die in der Vergangenheit zur Entwicklung des Marktes beigetragen haben.

29

Damit bevorzugt der Antragsgegner wiederum - wie nach der von ihm in den letzten Jahren bei der Vergabe des Standplatzes für das Autoskooter-Fahrgeschäft beim F. Heiratsmarkt geübten Verwaltungspraxis - den Beigeladenen zu 2) als ortsansässigen Altbewerber nach dem Grundsatz "bekannt und bewährt" bei der Vergabe des Standplatzes für den Autoskooter auf dem F. Heiratsmarkt 2008.

30

Diese Grundsätze sind nicht geeignet, die der Marktfreiheit immanente Zulassungschance durch das im Rahmen des § 70 Abs. 3 GewO angewandte Auswahlverfahren zu garantieren.

31

Das Verteilungsermessen des Veranstalters gemäß § 70 Abs. 3 GewO unterliegt neben den jede Ermessensentscheidung der Verwaltung bindenden Grundsätzen wie Gleichheitsgrundsatz und Willkürverbot auch den sich aus dem Grundsatz der Marktfreiheit ergebenden Schranken (vgl. BVerwG, Urt.v. 27.04.1984, GewArch. 1984, 265 = DVBl. 1984, 1071). Eine Auswahlentscheidung nach einem System, dass Neu- und Wiederholungsbewerbern, die nicht auf dem Markt vertreten waren, weder im Jahr der Antragstellung noch in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance einräumt, liegt in jedem Fall außerhalb der Ermessensgrenzen des § 70 Abs. 3 GewO (vgl. BVerwG aaO., Nds. OVG, Urt.v. 18.07.2002 - 7 LB 3835/01 -).

32

Nach den vom Antragsgegner im Jahr der Antragstellung 2008 und in den zurückliegenden Jahren herangezogenen Auswahlkriterien und der praktizierten Vergabepraxis ist der Antragstellerin eine solche Zulassungschance nicht eingeräumt worden und wird ihr beim Festhalten an diesen Kriterien auch in Zukunft nicht eingeräumt werden. Die Zulassungschance der Antragstellerin hing in den zurückliegenden Jahren und hängt in Zukunft ausschließlich von dem Teilnahmewillen der in den letzten Jahren berücksichtigten beigeladenen Altbeschicker ab. Ein solches Auswahlverfahren eröffnet der Antragstellerin über einen längeren Zeitraum keine erkennbare Zulassungschance (vgl. VG Hannover, Urt.v. 22.05.2006 - 11 A 6044/04 -; Beschl.v. 05.06.2007 - 11 B 1671/07 -).

33

Die Antragstellerin hat wegen der ermessensfehlerhaften Auswahlentscheidung lediglich einen Bescheidungsanspruch. Das Gericht ist nicht befugt, das Auswahlermessen anstelle des Antragsgegners auszuüben. Allein aus der Rechtswidrigkeit des angewendeten Auswahlverfahrens kann die Antragstellerin keine für sie positive Auswahlentscheidung des Antragsgegners ableiten (vgl. VG Hannover, Urt.v. 29.09.2005 - 11 A 451/05 -).

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Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner bereits den Beigeladenen den Zuschlag erteilt und mit ihnen einen Platzvertrag geschlossen hat und dass damit die Platzkapazität für das Autoskooter-Fahrgeschäft beim F. Heiratsmarkt 2008 erschöpft ist.

35

Das Gebot effektiven Primärrechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG für abgelehnte Marktstandbewerber rechtfertigt es nicht, die Antragstellerin bei Erschöpfung der Platzkapazität auf eine inhaltliche Kontrolle der Entscheidung des Antraggegners im Verfahren einer Fortsetzungsfeststellungsklage oder im Rahmen eines Schadensersatzprozesses wegen eines Amtshaftungsanspruchs zu beschränken. Das von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht der Antragstellerin auf Ausübung ihres Berufes als Marktbeschicker oder auf Teilnahme an einer korrekten Bewerberauswahl zu diesem Markt ist aber bereits mit der verzögerten oder verweigerten Sachentscheidung im einstweiligen Rechtsschutz unwiederbringlich verloren, ohne dass eine von Art. 19 Abs. 4 GG geforderte inhaltliche Überprüfung der Vergabeentscheidung durch ein Gericht stattgefunden hätte. Ergibt die Überprüfung der versagenden Vergabeentscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, dass ein Standplatz zu Unrecht vorenthalten wurde, hat das Gericht eine entsprechende Verpflichtung des Marktanbieters auszusprechen. Es ist dann die im Einzelnen vom Gericht nicht zu regelnde Sache des Marktanbieters, diese Verpflichtung umzusetzen. Sowohl das öffentliche Recht wie das Privatrecht halten mit Widerruf und Rücknahme oder der Möglichkeit der Kündigung - gegebenenfalls gegen Schadensersatz für den rechtswidrig bevorzugten Marktbeschicker - Vorkehrungen für den Fall bereit, dass die öffentliche Hand eine zunächst gewährte Rechtsposition entziehen muss. Die Bescheidung von erfolgreichen Mitbewerbern oder der Abschluss von Mietverträgen mit ihnen ist demnach weder ein rechtliches noch ein faktisches Hindernis, das die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes für einen zu Unrecht übergangenen Antragsteller unmöglich macht. Die Marktanbieter haben es in der Hand, durch die Regelung entsprechender Widerrufsvorbehalte oder die Vereinbarung entsprechender Kündigungsklauseln für diese Fälle vorzusorgen ( BVerfG, Beschl.v. 15.08.2002 - 1 BvR 1790/00 - a.a.O.; VG Hannover, Beschl.v. 05.06.2007 - 11 B 1671/07 -).

36

Im vorliegenden Verfahren ist eine derartige Rückabwicklung indes nur erforderlich, wenn bei der Durchführung eines rechtsstaatlichen Grundsätzen genügenden neuen Auswahlverfahrens - beispielsweise eines für die Marktbeschicker zugänglichen Losverfahrens oder eines Rotationsverfahrens - die Auswahlentscheidung nicht wiederum auf die Beigeladenen entfiele.

37

Dem Antragsgegner war eine angemessene Frist für ein neues Auswahlverfahren und die Neubescheidung zu setzen. Die scheint erforderlich, weil mehrere Aufforderungen der Antragstellerin, ihren Antrag auf Teilnahme am F. Heiratsmarkt 2007 zu bescheiden, bis zur Einleitung des einstweiligen Rechtsschutzverfahren 11 B 1355/07 ohne Reaktion des Antragsgegners geblieben sind, das Vollstreckungsverfahren 11 D 3368/07 erforderlich wurde und der Antragsgegner auch mit Erlass der Zulassungsrichtlinien vom 20.02.2008 deutlich gemacht hat, dass er im Ergebnis an der seit Jahren geübten rechtswidrigen Zulassungspraxis festhalten will. Das Gericht geht unter diesen Umständen davon aus, dass eine Frist von einer weiteren Woche nach Vollstreckbarkeit dafür ausreichend ist, um die Durchsetzbarkeit des effektiven Rechtsschutzes zu gewährleisten.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit nicht einem Kostenrisiko ausgesetzt haben.

Streitwertbeschluss:

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG (n.F.) i.V.m. Ziffer 54.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der im Juli 2004 in Leipzig beschlossenen Änderungen (DVBl. 2004, 1525 ff.). Danach ist in Streitigkeiten der vorliegenden Art von einem Mindeststreitwert von 300,00 EUR pro Tag auszugehen.