Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 27.06.2005, Az.: 1 A 92/05

Anzahl; Ausgleich; Außenbewirtung; Drittschutz; Ermessen; Fläche; Funktion; Gewicht; Grund; Lage; Leichtigkeit; Nachteil; Passant; Richtlinie; Sicherheit; Sondernutzung; Straßenbild; Straßencafé; Straßenverkehr; Teilbereich; Toilette; Verwaltungsakt mit Doppelwirkung; Verwaltungspraxis; Zugang; öffentliches Interesse

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
27.06.2005
Aktenzeichen
1 A 92/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 50756
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Klägerin wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Sondernutzungserlaubnis, mit der dieser in der Sommersaison 2005 eine Außenbewirtung auf dem K. für deren Gaststätte „H.“ und „I.“ gestattet worden ist..

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Die Klägerin betreibt seit dem Jahre 2003 in L. in der M. Ecke K. das Bistro „N.“. Die Beigeladene ist seit Anfang 2001 Inhaberin der Gaststätte „H.“ auf dem Nachbargrundstück K., zu der seit Mai 2003 auch das angrenzende Grundstück O. gehört. Die weiteren Räume werden als „I.“ bezeichnet. Das „H.“ besteht seit Ende August 1992 und wird seitdem, ebenfalls als Bistro, von der Familie der Beigeladenen geführt. Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene erzielen wesentliche Teile ihrer Einnahmen durch eine Außenbewirtung in der Sommersaison, für die die Beklagte Sondernutzungserlaubnisse erteilt hat. Insoweit konkurrieren die Klägerin und die Beigeladene um Freiflächen auf dem K., insbesondere um einen durch zwei Laubbäume beschatteten Bereich, der an der zur Fußgängerzone gehörenden P. liegt und bisher stets allein von der Beigeladenen genutzt wurde und wird.

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Mit Bescheiden vom 22. März 2005 erteilte die Beklagte sowohl der Klägerin als auch der Beigeladenen eine Sondernutzungserlaubnis für die Inanspruchnahme öffentlicher Straßenflächen zur Außenbewirtung in den Monaten April bis Oktober 2005 jeweils nach einem mit farblicher Markierung versehenen Lageplan (vgl. Beiakten A - „H.“ und B „N.“) und gab beiden auf, einen im Lageplan gekennzeichneten Durchgang von 1,20 m Breite freizuhalten. Dabei setzte die Beklagte die Straßencaféfläche für die Klägerin für einen Teil der öffentlichen Straße „J.“ in der Breite der Gebäudefront der Gaststätte und für einen Teil des vor der Gaststätte gelegenen Platzes „K. - Q.“ fest und ließ außerdem Balustraden zur Begrenzung der Außenbestuhlungsfläche zu. Für die Beigeladene bestimmte die Beklagte die Straßencaféfläche für den Teil des K. vor O. und K. vor dem Eingangs- oder Schaufensterbereich begrenzt durch die Gebäudefrontbreite des Lokals. Als Abwägungskriterien bei der Entscheidung über die Vergabe der Fläche und die Verteilung an zwei nach den gaststättenrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich gleich gelagerte Gastronomiebetriebe nannte die Beklagte auch das Interesse der Klägerin und der Beigeladenen an einer möglichst großen Fläche für die Außengastronomie. Der Klägerin hätte für ihre Gasstätte ein größerer Flächenanteil als bisher zur Verfügung gestellt werden können, weil beide Betriebe gaststättenrechtlich für eine Außenbewirtung grundsätzlich gleiche Voraussetzungen und zwar jeweils für deutlich mehr als die Hälfte der insgesamt zur Verfügung stehenden Fläche erfüllten. Dies gebe der Platz allerdings nicht her. Bei der Flächenermittlung für das „N.“ sei auch der zur Verfügung stehende Straßenraum in der Fußgängerzone „J.“ eingerechnet worden. Zudem habe bei der Aufteilung ein Durchgang von der Fußgängerzone zum Szeneplatz freigehalten werden müssen. Weiter sei gewährleistet worden, dass auch die Außengastronomiefläche für das „H.“ direkt an die J. /Fußgängerzone angrenze und so eine unmittelbare Anbindung an die dortigen Passantenströme (insbesondere Touristen) gegeben sei.

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Am 15. April 2005 hat die Klägerin sowohl die vorliegende Klage als auch Klage gegen die ihr selbst erteilte Sondernutzungserlaubnis (Az.: 1 A 90/05) erhoben. Sie begehrt für das „N.“ die Zuweisung eines Teils der auf dem K. - Q. unter zwei Laubbäumen gelegenen Fläche und eine Aufteilung der natürlich beschatteten Fläche, die eine besondere touristische Anziehungskraft ausübe, zwischen ihr und der Beigeladenen nach einem von der Beklagten unter dem 14. März 2005 gefertigten Entwurf.

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Den am selben Tage mit diesem Begehren gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtschutzes hat die Kammer durch Beschluss vom 5. Juli 2005 abgelehnt (1 B 91/05). Außerdem hat das Gericht durch Urteil im Verfahren 1 A 90/05 die Beklagte zur Neubescheidung des Sondernutzungserlaubnisantrages der Klägerin für die Saison 2005 verpflichtet.

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Die Klägerin trägt vor: Zwar begegne die in den früheren Jahren praktizierte Vergabe von Außenbewirtungsflächen entsprechend der Anzahl der Toiletten und der danach berechneten gaststättenrechtlich maximal zulässigen Schankflächen gewissen Zweifeln, sie entfalte jedoch eine durch jahrelange Übung entstandene Bindungswirkung. Nachdem sie, die Klägerin, ihre Toilettenanlage erweitert habe, sei nicht nachvollziehbar, dass für das „N.“ insgesamt nur etwa ein Drittel der in der P. und auf dem K. insgesamt zur Verfügung stehenden Außenbewirtungsfläche erlaubt werde, für das H. jedoch zwei Drittel der verteilten Fläche. Die ihr für 2005 erlaubte Straßencaféfläche sei sogar noch geringfügig kleiner als in den beiden Vorjahren. Nur eine Sondernutzungserlaubnis für sie und die Beigeladene entsprechend dem von der Beklagten gefertigten Entwurfslageplan vom 14. März 2005 sei rechtmäßig. Sie stelle die einzige Möglichkeit dar, den Straßenraum unter den Schatten spendenden Bäumen beiden Bewerbern gleichmäßig zur Verfügung zu stellen. Jede andere Entscheidung sei ermessensfehlerhaft. Ein sachlicher Grund für die sich aus den angefochtenen Bescheiden für das „N.“ ergebende Benachteiligung sei nicht gegeben.

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Die Klägerin beantragt,

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den an die Beigeladene gerichteten Bescheid der Beklagten vom 22. März 2005 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie tritt dem Vorbringen entgegen und erwidert, die zu verteilende Fläche sei an Hand straßenrechtlicher Kriterien ermittelt und es sei festgelegt worden, dass zwischen den beiden Gastronomiebetrieben ein Weg freizuhalten sei. Die an der P. anliegenden Bereiche seien die wirtschaftlich attraktivsten. Dort sei der Schwerpunkt der Fußgängerzone und dort bewegten sich die meisten potenziellen Gäste. Außerdem solle der frei zu haltende Weg möglichst kurz, gut erkennbar und einfach zu gestalten sein. Er solle den direkten Zugang zur Szene zwischen Rathaus und Kirche gewährleisten. Dieser Weg könne nicht verschoben werden, weil sonst die gewünschte Sichtbeziehung zwischen Fußgängerzone und Szene vereitelt werde. Durch die gefundene Aufteilung ergäben sich zwei etwa gleich große Areale an der P.. Die weiteren Flächen direkt vor dem Bistro der Beigeladenen seien bei der Aufteilung ohne Belang gewesen, weil sie wesentlich weniger frequentiert würden. Es ergäbe sich jedoch ein merkwürdiges Bild, wenn dieser Bereich kahl bliebe. Insoweit würden die Ermessenserwägungen in den angefochtenen Bescheiden ergänzt..

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Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

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die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Ansicht, von einer Ungleichbehandlung der Klägerin könne schon deshalb keine Rede sein, weil die Beigeladene ihre Toilettenanlage inzwischen weiter vergrößert habe und dadurch weiterhin über eine deutlich größere mögliche Außenbewirtungsfläche als die Klägerin verfüge. Das Verhältnis der maximal möglichen Außenbewirtungsflächen entspreche in etwa dem Verhältnis der zugewiesenen Sondernutzungsflächen. In Wahrheit sei die Beigeladene benachteiligt, denn die Klägerin verfüge über die qualitativ hochwertigeren Flächen. Ihr gesamter Sondernutzungsbereich liege an der Fußgängerzone J., auf der der hauptsächliche Fußgängerverkehr stattfinde. Dagegen liege nur ein geringer Teil der Außenfläche des „H.“ an der Fußgängerzone, der weitaus größere Teil liege im rückwärtigen Bereich des K. und sei nur über den schmalen Durchgang zu erreichen. Daneben sei tatsächlich der Außenbereich der Beigeladenen verkleinert und der der Klägerin vergrößert worden. Die Beklagte habe ihr Ermessen bei der Erteilung der Sondernutzungserlaubnisse korrekt ausgeübt. Die jeweils erlaubten Freiflächen entsprächen in etwa dem Größenverhältnis der Gaststätten. Außerdem sei die von der Beklagten vorgenommene qualitative Gewichtung der Außenbewirtungsflächen nach ihrer jeweiligen Lage sachgerecht. Der geringfügige quantitative Vorteil werde durch den qualitativen Nachteil mehr als ausgeglichen. Schließlich könne die Klägerin sich auch nicht auf eine Zusage der Beklagten berufen. Interne Vermerke über Besprechungen erfüllten nicht das für eine Zusage gesetzlich vorgeschriebene Schriftformerfordernis. Auch habe sich nach dem Telefonat im Februar 2005 die maßgebliche Sachlage geändert, nachdem auch die Beigeladene ihre Toilettenzahl erhöht habe.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem Verfahren, in dem Klageverfahren 1 A 92/05 und in dem Eilverfahren 1 B 91/05 sowie die jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten bzw. Antragsgegnerin Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die mit dem Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin gemäß § 87a Absätze 2 und 3 VwGO entscheidet, ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Der Klägerin steht ein Abwehrrecht gegen die der Beigeladenen erteilten Sondernutzungserlaubnis zu (dazu nachfolgend unter 1.). Der angefochtene Bescheid der Beklagten begegnet in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtlichen Bedenken. Insoweit hat die Beklagte das ihr zustehende Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt, als sie über den Antrag der Beigeladenen auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Gasstätte „H.“ und „I.“ entschieden hat. Insbesondere hat die Beklagte die Belange der Klägerin nicht sachgerecht eingestellt (dazu nachfolgend unter 2). Dies verletzt die Klägerin teilweise in ihren Rechten. Der Bescheid ist deshalb in diesem Umfang aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Übrigen ist die Klage wegen des uneingeschränkt gestellten Anfechtungsantrags abzuweisen.

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1. Gegen einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, bei dem ein begünstigender Verwaltungsakt - wie die hier angefochtene Sondernutzungserlaubnis für die Beigeladene vom 22. März 2005 - zugleich Rechtswirkungen gegenüber einem Dritten erzeugt, ist der Dritte nur dann klagebefugt, wenn er substantiiert geltend macht, dass mit dem Verwaltungsakt Rechtsvorschriften verletzt werden, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind, und er hierdurch in eigenen Rechten betroffen ist.

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Die Erteilung einer gemäß § 18 Abs. 1 NStrG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5 der Sondernutzungssatzung der Beklagten erforderlichen Sondernutzungserlaubnis für die Einrichtung von Straßencafés steht im Ermessen der Beklagten. Dieses Ermessen ist entsprechend dem Zweck des § 18 NStrG und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen auszuüben (§ 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i.V.m. § 40 VwVfG). Das Gericht hat die Ermessensentscheidung der Behörde nur darauf zu überprüfen, ob dieser rechtliche Rahmen eingehalten wurde (§ 114 Satz 1 VwGO).

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Grundsätzlich setzt eine nach § 18 NStrG zulässige Sondernutzung eine Gemeinverträglichkeit voraus, so dass bei der Ausübung des Ermessens die Belange des Straßenbaus und des Schutzes der Straße, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und auch die Belange der Straßenanlieger gegen die Interessen desjenigen abzuwägen sind, der die Erlaubnis zur Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus begehrt. Schutzgut der straßenrechtlichen Erlaubnispflicht für Sondernutzungen ist neben dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs und am Schutz des Straßenbildes das öffentlich-rechtliche Bedürfnis, zeitlich und örtlich gegenlaufende Interessen verschiedener Straßenbenutzer auszugleichen, die auch unabhängig von der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu einer Begrenzung bestimmter Sondernutzungen führen können, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen. Wegen dieser Verteilungs- und Ausgleichsfunktion der Sondernutzungserlaubnis hat ein Drittbetroffener zumindest Anspruch darauf, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung seine schutzwürdigen Interessen nicht willkürlich außer Acht lässt. Hierauf beruft sich die Klägerin substantiiert, indem sie die Verletzung ihrer Interessen als eine auch Außenbewirtung betreibende Mitbewerberin im Einzelnen darlegt.

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2 Nach den oben genannten Grundsätzen hat die Beklagte bei der Erteilung der hier angefochtenen Sondernutzungserlaubnis im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung die Belange der Klägerin zwar teilweise hinreichend berücksichtigt. Die Sondernutzungserlaubnis ist deshalb aber nur in diesem Umfang rechtlich nicht zu beanstanden. Dies betrifft die unmittelbar vor dem „H.“ und dem „I.“ angrenzenden Flächen des K., die die Beklagte für die Beigeladene als Außenbewirtungsfläche festgesetzt hat. Insoweit behandelt die Beklagte die Beigeladene wie die Klägerin. Denn auch der Klägerin werden die direkt am „N.“ und damit die an den Gebäudeseiten der Gaststätte befindlichen Flächen für die Außenbewirtung erlaubt. Nach den Lageplänen ergibt sich bei einem Vergleich dieser Flächen, dass sich hierdurch bereits in etwa gleich große Flächen für die Beigeladene und die Klägerin gegenüberstehen.

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Dagegen erweist sich die weitergehende Sondernutzungserlaubnis, die die Beklagte auf den Teilbereich des K. erstreckt hat, der an die J. und an den im Lageplan gelb markierten Durchgang grenzt, als ermessensfehlerhaft. Denn die Beklagte gewährt damit nur der Beigeladenen eine zusätzliche Außenbewirtungsfläche. Die von der Beklagten angewendeten Verteilungskriterien verstoßen diesbezüglich gegen den zu beachtendenden Gleichheitsgrundsatz und die Sondernutzungserlaubnis ist deshalb in dem Umfang rechtswidrig. Es gibt keinen rechtlich nachvollziehbaren Grund für eine Ungleichbehandlung der Klägerin und der Beigeladenen bei der Zuweisung der genannten Straßencaféfläche auf dem K..

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Zunächst ist die Bevorzugung nicht durch besondere Richtlinien oder die bisherige Verwaltungspraxis der Beklagten gerechtfertigt. Dies folgt schon daraus, dass die Beklagte bei der Erteilung der jeweiligen Sondernutzungserlaubnis für die Klägerin und die Beigeladene im Jahr 2005 von ihrer bisherigen Verwaltungspraxis abgewichen ist. Sie hat sich nämlich nicht mehr an den jeweils maximalen Bewirtungsflächen orientiert, die nach der Anzahl der Toiletten als gaststättenrechtlich zulässig angesehen worden sind, wie dies offenbar in den Jahren 2003 und 2004 der Fall war. Diese Abkehr ist hier aber rechtlich unerheblich, denn die genannte Verteilungspraxis war nicht sachgerecht. Sie lässt keinerlei straßenrechtlichen Bezug erkennen und ist auch nicht als Verteilungsmodus nach der Sondernutzungssatzung oder sonst vorgegebenen Richtlinien der Beklagten fixiert worden. Vielmehr führte diese Praxis zu dem eher kuriosen Ergebnis, dass von der Klägerin und der Beigeladenen mit Blick auf erstrebte Außenbewirtungsflächen eine völlige Überdimensionierung bei der Anzahl der Toiletten erfolgte. Dies gipfelte Anfang des Jahres 2005 darin, dass die Beigeladene trotz einer bis dahin möglichen Außenschankfläche von 228,30 qm, die schon nach den örtlichen Verhältnissen nicht vollständig ausgeschöpft werden konnte, weitere Toiletten herstellte und damit ihre mögliche Außenschankfläche auf 328,30 qm vergrößerte. Sie übertraf dadurch erneut die von der Klägerin erst im März 2005 erreichte maximale Außenschankfläche von 239,23 qm, für die ebenfalls eine Ausnutzungsmöglichkeit weder gewünscht ist, noch realistisch bestand und besteht. Auch wenn sich aus den von der Klägerin angefochtenen Bescheiden für die betroffenen Gastwirte eine überraschende Änderung der Verteilungspraxis ergeben hat, sind Rechtspositionen aus der sachwidrigen und deshalb rechtlich nicht haltbaren Übung nicht ableitbar.

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Nach alledem ist deshalb ohne Belang, dass bei einer Relation der gaststättenrechtlich maximal möglichen Außenschankflächen für die Beigeladene ein Vorteil von ungefähr dem 1,4-Fachen besteht. Dies würde im Übrigen, ohne dass es auf eine Berechnung im Einzelnen ankommt, augenscheinlich auch nicht die tatsächlich der Klägerin und der Beigeladenen insgesamt durch die Bescheide vom 22. März 2005 erlaubten Freiflächen spiegeln, weil schon die der Beigeladenen zugestandene Freifläche an der P. nach den vorgelegten Plänen erkennbar und unstreitig größer ist als die Außenbewirtungsfläche der Klägerin. Auch wenn Tische im Stammbereich des Baumes an der P. durch die Gestaltung des Wurzelschutzes dort tatsächlich nicht aufgestellt werden können, kommt bei einem Vergleich der Freiflächen noch hinzu, dass die Fläche der Beigeladenen direkt vor dem „H.“ noch zusätzlich in etwa schon derjenigen des „N.“ insgesamt entspricht.

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In jedem Fall begegnet die Ermessensentscheidung der Beklagten allein deshalb erheblichen Bedenken weil sie bei der Zuweisung von Außenbewirtungsflächen, um die die Klägerin und die Beigeladene konkurrieren, in ihre Überlegungen nur die öffentlichen Flächen einbezieht, die direkt an die J. angrenzen. Dies stellt eine deutliche und sachlich nicht begründbare Besserstellung der Beigeladenen dar. Es ist aus Gründen der Gleichbehandlung nicht nachvollziehbar, dass allein der Beigeladenen zusätzlich noch der weitere, an die J. angrenzende Teil des K. überlassen worden ist.

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Unabhängig davon, ob der Bereich an der P. besonders attraktiv ist oder nicht, gleicht die Beklagte mit ihrer Entscheidung einen als Lagenachteil für die Beigeladene bewertete Situationsgebundenheit der Gaststättengebäude aus. Mit ihrer Gaststätte ist die Beigeladene zwar ebenso wie die Klägerin Anliegerin am K. und steht der Klägerin mit dieser Eigenschaft als solcher gleich. Anders verhält es sich im Hinblick auf die J.. Zu dieser Straße kommt der Beigeladenen eine reine Hinterliegereigenschaft zu, während die Gebäude der Klägerin direkt anliegen. Hier tritt also ein deutlicher Unterschied zu Tage. Die Beklagte verkehrt so die vorteilhafte Lage der Gaststätte „N.“ zu einem Nachteil bei der Konkurrenz um den umstrittenen beschatteten Bereich des K., der nach der Sicht der Beklagten nur der Beigeladenen als Straßencaféfläche zugeteilt werden kann. Die Beklagte verkennt danach offenkundig ihren straßenrechtlichen Handlungsspielraum. Daraus folgt hier zusätzlich auch nach der Flächenzuweisung ein deutliches Ungleichgewicht zu Lasten der Klägerin.

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Dieses kann auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass - worauf die Beklagte hinweist - zwischen den Sondernutzungsflächen auf dem K., die an der P. liegen ein Durchgang frei zu halten ist. Hierdurch stellt die Beklagte zwar straßenrechtliche Erwägungen an, weil sie insoweit den erforderlichen Zugang von der P. zum Szeneplatz als möglichst kurz, gut erkennbar und einfach zu gestalten bezeichnet hat. Ob der 1,20 m breite Durchweg diesen Vorgaben tatsächlich entspricht, ist jedoch zweifelhaft. Die städtebaulich attraktive Szene auf dem Szeneplatz ist von dem Ausgangspunkt J. des von der Beklagten festgelegten Durchwegs nur am Rande wahrnehmbar, wie die bei den Akten befindlichen Lagepläne eindeutig belegen. Eine Sichtbeziehung verbesserte sich insoweit immer mehr je weiter südlich der Zugang angelegt würde. Auch ist der vorgeschriebene Durchgang zwischen den Freisitzflächen der Klägerin und der Beigeladenen nur für diejenigen Passanten möglichst kurz, die sich nicht schon nahe des südlichen Bereichs der der Beigeladenen zugewiesenen Außenbewirtungsfläche oder noch weiter südlich im Bereich der auf dem K. aufgestellten Telefonzellen befinden. Für diese ist der auch vorhandene, diagonale Weg zwischen Kirchengebäude und Freisitzfläche der Beigeladenen der direkte Zugang zum Szeneplatz. Dieser Weg ermöglicht von dem genannten Standort in diagonaler Richtung den direkten Blick aus Richtung J. zu der gesamten Szene. Zudem dürften die Passanten wegen der geringen Breite des Durchgangs von 1,20 m und der umgebenden sowie hinterliegenden Außenbewirtungsflächen nach der allgemeinen Lebenserfahrung den Durchweg eher als Abgrenzung zwischen und Zugang zu den Gaststättenflächen bzw. als Weg für das Servicepersonal der Gaststätten wahrnehmen.

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Selbst wenn der Durchgang an der von der Beklagten festgelegten Stelle bestehen bliebe, würde dies die dargelegte bedenkliche Besserstellung der Beigeladenen durch Zuweisung einer Sondernutzungsfläche unter den Laubbäumen nicht entkräften.

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In diesem Umfang konnte der angefochtene Bescheid nach alledem, wie tenoriert, keinen Bestand haben.

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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 155 Abs. 1 , 154 Abs. 3, 159 VwGO i. V. m. 100 Abs. 1 ZPO und §162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt und sich dadurch im Lager der Beklagten am Kostenrisiko beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, der teilweise unterlegenen Klägerin anteilig auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.