Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 10.06.2005, Az.: 2 B 180/05

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
10.06.2005
Aktenzeichen
2 B 180/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50708
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegners ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO zwar statthaft und zulässig, aber unbegründet.

2

Der Antrag ist zulässig, obwohl die Antragstellerin zuvor nicht bei dem Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung beantragt hat. Ein solcher Antrag war gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 VwGO entbehrlich, weil die Vollstreckung der Gebührenforderung droht.

3

Diese Lage ist dann gegeben, wenn aus Sicht eines objektiven Betrachters nicht nur allgemein gehaltene Hinweise auf die Möglichkeit der Vollstreckung im angefochtenen Gebührenbescheid erteilt werden, sondern bereits konkrete Vorbereitungshandlungen der Behörde für eine alsbaldige Durchsetzung des Bescheides vorliegen (vgl. Schoch, a.a.O., Rn. 349 m.w.N.; so auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16.05.2001 - 1 M 39/01 - JURIS). Hat die Behörde dem Bürger schriftlich erklärt, „dass die Vollstreckung droht“, reicht dies in der Regel aus, um die Ausnahmevorschrift des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO anzunehmen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 01.08.1995 - 23 CS 95.1560 -, JURIS). So liegt der Fall hier. In den angefochtenen Gebührenbescheid hat der Antragsgegner die Passage aufgenommen: „Sollten sie die festgesetzte Gebührenschuld nicht innerhalb von 2 Wochen bezahlt haben, werden wir gegen Sie die Vollstreckung einleiten“. Zusätzlich enthält der Bescheid im Text (oben rechts) den Hinweis: „Nur durch die unverzügliche Zahlung des festgesetzten Betrags vermeiden Sie Zwangsmaßnahmen wie Vollstreckung bzw. Bußgeldverfahren“. In der Zusammenschau der beiden Hinweise muss ein rechtsunkundiger Bürger - wie die Antragstellerin -, der nicht wissen kann, dass es nach § 4 Abs. 1 NVwVG im Regelfall zunächst einer Mahnung bedarf, bevor die Vollstreckungsbehörde tätig werden darf, davon ausgehen, dass Vollstreckungsmaßnahmen ihn quasi „automatisch“ ereilen werden, wenn er die gesetzte 2-Wochen-Frist (die nur der Hälfte der Frist zur Klageerhebung gegen den Bescheid entspricht) ungenutzt verstreichen lässt.

4

Der Eilrechtsschutzantrag ist aber in der Sache unbegründet, weil die Gebührenforderung des Antragsgegners aller Voraussicht nach zu Recht besteht. Deshalb fällt die vom Gericht im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende eigene Ermessensentscheidung, ob die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs angeordnet wird oder nicht, zu Lasten der Antragstellerin aus. Zutreffend weist der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 27.05.2005 darauf hin, dass die Rundfunkgebührenpflicht aufgrund gesetzlicher Regelung bereits mit dem zum Empfang Bereithalten eines Gerätes beginnt, sie also weder eine vertragliche Regelung mit dem Rundfunkteilnehmer noch dessen Geschäftsfähigkeit voraussetzt. Ebenso ist es unerheblich, ob man das Eigentum am Empfangsgerät besitzt; es reicht aus, um Rundfunkteilnehmer zu werden, wenn man berechtigt und in der Lage ist, die Programmauswahl auf dem zur Verfügung gestellten Gerät zu treffen. Dies darf und kann die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag. Um von der sie deshalb treffenden Rundfunkgebührenpflicht befreit zu werden, bedarf es zwingend eines entsprechenden Befreiungsantrages (§ 6 Abs. 3 RGebStV). Diesen hat die Antragstellerin allerdings erst für die Zeit nach dem hier streitigen Gebührenzeitraum gestellt. Da eine rückwirkende Befreiung nach § 5 Abs. 5 Befreiungsverordnung nicht möglich ist, ist es rechtlich unerheblich, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Rundfunkgebührenbefreiung bereits im Zeitpunkt des erstmaligen zum Empfang Bereithaltens bei der Antragstellerin vorlagen.

5

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

6

Die Streitwertfestsetzung gründet sich auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren beträgt der Wert ¼ der Hauptforderung (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327, Nr. 1.5.).