Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 23.06.2005, Az.: 2 A 20/05
Außenbereich; Kennzeichnungspflicht; Landschaftsbild; Vorrangzone; Windenergieanlage
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 23.06.2005
- Aktenzeichen
- 2 A 20/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 50734
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 35 Abs 1 Nr 5 BBauG
- § 35 Abs 3 S 1 Nr 5 BBauG
- § 35 Abs 3 S 3 BBauG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen als Luftfahrthindernisse kennzeichnungspflichtige Windenergieanlagen auf Vorrangflächen das Landschaftsbild verunstalten können.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Neubescheidung eines Antrags auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-66/18.70 mit Nabenhöhen von 86 m, Gesamthöhen von 121 m und Nennleistungen von je 1,8 Megawatt auf den Flurstücken K., L. und M. der Gemarkung N., einem Ortsteil der Beigeladenen. Die Grundstücke liegen im Außenbereich und werden hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt. Sie befinden sich in einer durch die Beigeladene im Jahre 1998 ausgewiesenen Windenergiekonzentrationsfläche, an die östlich und nördlich die Feldmark der Stadt O. (Landkreis P.) angrenzt, und auf der bereits vier kleinere, ebenfalls von der Klägerin betriebene Windenergieanlagen stehen.
Die Beigeladene begann im Jahre 1996 mit der Aufstellung der 22. Änderung ihres Flächennutzungsplanes, die das Ziel hatte, Windenergiekonzentrationszonen auszuweisen. Sie überprüfte ihr gesamtes Gemeindegebiet daraufhin und kam schließlich zur Ausweisung des oben beschriebenen (einzigen) Vorrangstandortes. Im Planaufstellungsverfahren hatten unter anderem die Stadt O., der Landkreis P. und der Zweckverband Großraum Q. (als für den Landkreis P. zuständige Raumordnungsbehörde) Bedenken im Hinblick auf eine nachhaltige Störung weiträumiger Blickbeziehungen (vor allem von den Harzbergen) erhoben, die zu einer Verkleinerung des Gebietes im Osten (auf jetzt noch circa 20 Hektar) und zu einer Beschränkung der Bauhöhen von Windenergieanlagen auf 403 m über NN führten.
In der Planungsphase gingen alle Beteiligten davon aus, dass in dem Plangebiet etwa drei Windenergieanlagen errichtet werden könnten; entsprechende freie Kapazitäten waren damals in einer in der Nähe verlaufenden Hochspannungsleitung der Firma R. vorhanden. Eine zahlenmäßige Beschränkung von Anlagen findet sich in dem Flächennutzungsplan allerdings nicht.
Auf den am 11.07.2002 gestellten Genehmigungsantrag nach BImSchG führte der Beklagte eine Umwelterheblichkeitsvorprüfung durch und beteiligte dabei zahlreiche Dienststellen, Behörden und andere Stellen. Das Amt 60.5 des Beklagten äußerte sich im Rahmen dieser Vorprüfung dahingehend, dass aus naturschutzrechtlicher Sicht und regionalplanerischer Sicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) verzichtet werden könne, wenn keine Tageskennzeichnung und keine farbliche Kennzeichnung der Rotorenden erforderlich sei. Ein von der Klägerin am 25.11.2002 beigebrachtes Gutachten der Planungsgruppe Grün kam zu dem Ergebnis, dass keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen durch das Vorhaben zu erwarten seien und mithin eine UVP nicht durchzuführen sei. Der Beklagte hat über diese Frage jedoch bisher nicht (vorab) endgültig entschieden. Die Beigeladene erteilte am 20.09.2002 ihr Einvernehmen gemäß § 36 BauGB und bestätigte dieses noch einmal unter dem 28.01.2003, wobei sie darauf hinwies, dass die verbindlichen Darstellungen ihres derzeit gültigen Flächennutzungsplanes die Errichtung von insgesamt sieben Anlagen nicht hindern würden und die landschaftlichen Belastungen auf einen Standort beschränkt blieben sowie ein homogenes Erscheinungsbild vorhanden sei, weil es sich um Anlagen nur eines Herstellers handele.
Unter dem 17.03.2003 erteilte die Bezirksregierung Braunschweig die luftrechtliche Zustimmung nach § 14 LuftVG zu dem Vorhaben und verfügte als Auflage (die in die „Baugenehmigung“ aufzunehmen sei), dass die Windkraftanlagen mit einer Tages- und Nachtkennzeichnung entsprechend den beigefügten Richtlinien des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom 22.12.1999 zu versehen seien. Damit hatte offenbar weder der Beklagte noch die Beigeladene gerechnet. Das Amt 60.5 des Beklagten verschärfte nunmehr seine Stellungnahme. Die Stadt O. und der Landkreis P. verlangten die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens. Die Stadt O. merkte ergänzend an, die Tages- und Nachtkennzeichnung der geplanten drei Anlagen mache das Erscheinungsbild der Windfarm inhomogen und führe zu einer massiven technischen Überprägung des Heber-Höhenzuges. Sie kündigte zudem rechtliche Schritte an, falls eine Genehmigung erteilt würde.
Unter dem 22.07.2003 teilte der Beklagte der Klägerin mit, eine Genehmigung könne nicht in Aussicht gestellt werden; die Klägerin möge ihr Vorhaben so umplanen, dass die Bauhöhe der Anlagen geringer sei als 100 m. Diesem Vorschlag folgte die Klägerin nicht. Sie wies darauf hin, dass das Landschaftsbild bei Dunkelheit nicht erlebbar und die Befeuerung der Anlagen kaum sichtbar sei.
Am 16.01.2004 hat die Klägerin (Untätigkeits-) Klage erhoben. Der Beklagte hat den Genehmigungsantrag mit Bescheid vom 25.02.2004 abgelehnt. Den Widerspruch der Klägerin dagegen hat die Bezirksregierung Braunschweig mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt vor: Das Einvernehmen der Beigeladenen könne nach Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 BauGB nicht mehr zurückgenommen werden; für die Auswirkungen der projektierten Anlagen auf das Landschaftsbild komme es ausschließlich auf ihre Gesamthöhe an (die geringer sei als 403 m über NN); die Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich bewirke, dass sie nur dort unzulässig seien, wo die Umgebung wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdig sei, was im vorliegenden Fall jedoch nicht so sei; die vorhandenen Anlagen würden zum Teil höher empor ragen als die projektierten.
Während die Klägerin zunächst die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beantragt hatte, beantragt sie nunmehr,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 25.02.2004 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 15.07.2004 zu verpflichten, den Genehmigungsantrag der Klägerin vom 11.07.2002 für die Errichtung und den Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-66/18.70 mit einer Nabenhöhe von 86 m auf den Flurstücken K., L. und M. der Gemarkung N. gem. § 4 BImSchG bzw. § 16 BImSchG unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor: Nach dem Erläuterungsbericht zur Flächennutzungsplan-Änderung sei es planerischer Wille der Beigeladenen gewesen, lediglich drei Windkraftanlagen zu errichten; mit den bereits errichteten vier Anlagen sei diese Vorgabe schon überschritten; allerdings würden dem Vorhaben die verbindlichen Darstellungen des F-Planes nicht ausdrücklich entgegenstehen. Nach naturschutzrechtlicher Auffassung würden insbesondere von Windkraftanlagen über 100 m, die grundsätzlich kennzeichnungspflichtig seien, signifikant höhere Belastungen für das Landschaftsbild ausgehen als bei niedrigeren Anlagen, jedenfalls dann, wenn es sich um eine attraktive Landschaft im südniedersächsischen Mittelgebirgsraum im Umfeld des sich nördlich der geplanten Anlage befindlichen, mit Wald bestandenen Höhenzuges Heber handele; durch die obligatorische Kennzeichnungspflicht (Tag und Nacht) entstehe eine nicht hinnehmbare irreversible Beeinträchtigung des Landschaftsbildes der Vorharzlandschaft; farblich deutlich gekennzeichnete Großanlagen unterschieden sich erheblich von solchen mit einem aufgrund der einheitlichen grauen Farbgebung ruhigeren Erscheinungsbild der nicht kennzeichnungspflichtigen Anlagen kleineren Typs bis 100 m Gesamthöhe, wie sie bislang in diesem Bereich und in überschaubarer Zahl an verschiedenen Standorten im Landkreis D. bereits errichtet worden seien; für einen die aufgesuchte Landschaft aufgeschlossen wahrnehmenden Betrachter trete die Windkraftanlage auch nachts oder bei bestimmten Wetterlagen stärker in Erscheinung und werde in aller Regel als belastend empfunden; zudem werde die Wirkung als technischer, unmaßstäblicher und in ästhetischer Hinsicht grob unangemessener Fremdkörper in der ansonsten vertrauten, wenig überformten Mittelgebirgslandschaft deutlich verstärkt; bislang seien keine Objekte mit Tages- oder Nachtkennzeichnung durch Beleuchtung oder Anstrich in der näheren Umgebung vorhanden; negative Auswirkungen auch auf die Avifauna und die nachtaktiven Fledermäuse sowie Nachtfalter und sonstige Insekten seien zudem nicht auszuschließen und müssten noch ergänzend untersucht werden. Da die Vorlage einer (zunächst begehrten) Landschaftsbildanalyse die erheblichen Bedenken gegen das Vorhaben voraussichtlich nicht werde ausräumen können, wäre die Forderung nach ihr ebenso unverhältnismäßig wie die nach einer avifaunistischen Untersuchung.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie vertritt im wesentlichen die gleiche Auffassung wie der Beklagte und hat das erteilte Einvernehmen am 06.02.2004 widerrufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen Ihnen gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie der Beigeladenen (betreffend die 22. Änderung des Flächennutzungsplanes) Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, die vor Ort stattgefunden hat.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Bescheidungsklage (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) zulässig. Die in dem Wechsel von Verpflichtungs- zu Bescheidungsantrag liegende Beschränkung stellt keine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO dar, was sich aus § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO ergibt. Das Gericht kann lediglich die Frage entscheiden, ob das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich zulässig ist. Es ist bisher weder einer bauordnungsrechtlichen Prüfung unterzogen worden noch ist das Verfahren nach §§ 10 BImSchG, 3 c UVPG durchgeführt worden. Das Gericht sieht sich - vor allem weil ihm der technische Sachver-stand fehlt - außerstande, volle Spruchreife im Hinblick auf den ursprünglich gestellten Verpflichtungsantrag herzustellen, weist aber schon an dieser Stelle daraufhin, dass nach der durch die Verordnung vom 20.06.2005 (BGBl I S. 1687) geänderten Rechtslage - die bei Verkündung des Urteils noch nicht gilt - die begehrte Genehmigung im vereinfachten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu erteilen sein wird.
Die Klage ist auch begründet. Nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 2 und 13 BImSchG umfasst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung eine eventuell erforderliche Baugenehmigung. Die Baugenehmigungspflicht für die Errichtung und den Betrieb von drei Windkraftanlagen folgt aus §§ 68, 69 NBauO. Die Baugenehmigung ist gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 NBauO zu erteilen, soweit die Baumaßnahme dem öffentlichen Baurecht entspricht, zu dem nach § 2 Abs. 10 NBauO das im BauGB (besonders in §§ 29 - 37) verankerte städtebauliche Planungsrecht gehört. Das Gericht kommt nach der Auswertung des Akteninhalts und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung, dass das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Das Vorhaben soll weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes (§ 30 BauGB) noch innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen ( 34 BauGB), also im Außenbereich errichtet werden. Dort ist es gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert, denn es dient der Nutzung der Windenergie. Danach ist es zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Aus den Genehmigungsunterlagen ergibt sich zweifelsfrei (diese Frage ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig), dass die Erschließung gesichert ist. Öffentliche Belange stehen dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen.
Durch die generelle Verweisung bestimmter Vorhaben in den Außenbereich hat der Gesetzgeber selbst eine planerische Entscheidung zugunsten solcher Vorhaben getroffen und damit auch Fälle negativer Berührung mit öffentlichen Belangen in Kauf genommen. Daher muss in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen den jeweils öffentlichen Belangen und dem Vorhaben stattfinden, wobei zu dessen Gunsten die Privilegierung ins Gewicht fällt (vgl. Battis u.a., BauGB, 9. Auflage, § 35, RN 45). Diese Abwägung führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Privilegierung überwiegt.
Das Vorhaben widerspricht zunächst nicht den Festsetzungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB). Die Beigeladene hat mit der 22. Änderung ihres Flächennutzungsplanes in Anwendung von § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB eine Vorrangzone für die Windenergie geschaffen, innerhalb derer die von der Klägerin geplanten Anlagen errichtet werden sollen. Zweifel an der Wirksamkeit des Plans sind nicht angebracht. Das Vorhaben hält auch die dort verfügte Beschränkung ein, denn es übersteigt nicht die Bauhöhe von 403 m über NN. Eine Begrenzung der Bauhöhe für jede einzelne Anlage über Grund ist ebenso erfolgt wie eine zahlenmäßige Begrenzung von Anlagen - was sowohl der Beklagte wie auch die Beigeladene mittlerweile zugestehen -.
Belange des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB) sind nicht einmal beeinträchtigt. Der Hinweis des Beklagten auf nicht auszuschließende Auswirkungen auf die Avifauna, nachtaktive Fledermäuse und Schmetterlinge ist viel zu vage, um dieser Frage - etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - ernsthaft nachzugehen. Auch der Beklagte selbst hielte eine derartige Forderung für überzogen.
Von den übrigen in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB aufgeführten öffentlichen Belangen bedürfen nur eine Beeinträchtigung des Erholungswertes der Landschaft und - damit korrespondierend - eine Verunstaltung des Landschaftsbildes (Nr. 5) näherer Betrachtung. Weitere Belange werden offenbar nicht berührt. Was nun diesen Belang betrifft, ist zunächst von Bedeutung, dass die Beigeladene selbst (mit Zustimmung des Beklagten) den Standort, auf dem die geplanten Anlagen errichtet werden sollen, in einem aufwändigen Verfahren als Vorrangstandort für derartige Anlagen ausgewählt und bereits bei dieser Planung alle in Betracht kommenden Belange gegeneinander abgewogen hat. Sie hat mithin für Anlagen der von der Klägerin geplanten Art und Größe auf diesem Standort den Vorrang demgegenüber dem Erholungswert der Landschaft und dem Landschaftsbild gegeben. Planungsvorgang und Planungsergebnis sind für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbar; denn offenbar war der ausgewählte Standort (ein größeres landwirtschaftlich genutztes Gebiet am Südwesthang eines bewaldeten Hügels, in dessen Nähe sich nur vereinzelt Wohnhäuser befinden und dessen Umgebung für den Fremdenverkehr ohne erwähnenswerte Bedeutung ist) weniger schützenswert als alle anderen im Gemeindegebiet der Beigeladenen in Erwägung gezogenen Standorte. Dazu wird in dem Erläuterungsbericht vom 04.03.1998 nämlich ausgeführt:
„Als wesentliches Ergebnis der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sind die Bedenken aus Sicht des Landschaftsbildes, vorgetragen durch den Landkreis D., insbesondere aber dem Zweckverband Großraum Q., den Landkreis P. sowie die Stadt O. anzusehen. Im Rahmen der Abwägung dieser Anregungen und Bedenken erfolgte einerseits eine Reduzierung des Änderungsbereiches sowohl im Osten als auch im Südwesten mit der Maßgabe, dass entgegen den ursprünglich geplanten 6 Anlagen nur noch 3 Windräder verfolgt werden, andererseits die Festlegung der zulässigen Höhe baulicher Anlagen als Höchstgrenze in Form einer Oberkante von 403 m über NN (dies entspricht bezogen auf den höchsten Punkt einer zulässigen Masthöhe von 60 m und einem Rotorhalbmesser von 33 m). Im übrigen wurde darauf hingewiesen, dass der Standort, insbesondere aus nördlicher bzw. nordöstlicher Ansicht unter Ausnutzung der Reliefenergie sowie der Bewaldung der anschließenden Hänge durch die Anlehnung an die topographischen Begebenheiten dazu beiträgt, Auswirkungen auf das Landschaftsbild abzumildern. Im übrigen wurde den Bedenken jedoch entgegnet, dass Windenergieanlagen im südniedersächsischen Raum aufgrund der Topographie natürlicherweise nur in exponierten Lagen wirtschaftlich darstellbar sind. Das Planungsziel des Zweckverbandes Großraum Q., den Harzrand mit einer Pufferzone von 10 Km windenergiefrei zu halten, ist zwar nachvollziehbar, es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die westlich gelegenen Höhenzüge ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für das Landschaftsbild aufweisen und ebensolche Eignung für Erholungsnutzung besitzen. Angesichts der Förderung der Windenergienutzung, nicht zuletzt durch die grundlegenden Aussagen des Baugesetzbuches, kann das Landschaftsbild somit keinen unüberwindbaren Belang darstellen. Im Hinblick darauf, dass der Änderungsbereich letztendlich die einzig wirtschaftlich nutzbare Fläche innerhalb des Stadtgebietes darstellte, wurde den vorgetragenen Bedenken weitergehende Folge nicht geleistet. Nicht ausdrücklich vorgetragen, gleichwohl jedoch gegeben, sind Beeinflussungen des Landschaftsbildes aus südlicher Ansicht. Auch diese sind jedoch im Hinblick auf den öffentlichen Belang der Windenergienutzung als von geringerem Gewicht einzustufen. Letztendlich hat sich die plangebende Gemeinde im Rahmen des umfangreichen Abwägungsverfahrens entschieden, an der modifizierten Fassung der Planung festzuhalten.“
Zwar wird dadurch die Prüfung, ob im konkreten Einzelfall durch eine Anlage, die die Planvorgaben einhält, das Landschaftsbild verunstaltet wird, nicht gänzlich obsolet; denn der Flächennutzungsplan verliert durch die Ausschlusswirkung einer derartigen Darstellung für alle anderen Standorte im Gemeindegebiet nicht den Charakter eines (nur) vorbereitenden Bauleitplans (vgl. dazu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35, RN 81 m.w.N.). Nach Auffassung der Kammer müssen jedoch besondere, von der planenden Gemeinde nicht bedachte Umstände vorliegen, die im Einzelfall einen massiven Eingriff in das Landschaftsbild darstellen, der die Privilegierung des Vorhabens zurücktreten lässt. Selbst für Flächen, die nicht in einer Vorrangzone liegen, gilt nämlich, dass der Belang der Verunstaltung des Landschaftsbildes einer privilegierten Windenergieanlage nur entgegenstehen kann, wenn es sich ausnahmsweise um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.03.2003 - 4 B 7.03 - BauR 2004, 295; VGH Mannheim, Urteil vom 15.10.2002 - 8 S 737/02 - NuR 2003, 103; VG Gießen, Urteil vom 07.06.2004 - 1 E 5973/03 - NuR 2004, 818 [OVG Nordrhein-Westfalen 07.01.2004 - 22 B 1288/03]). Für Anlagen, die auf Vorrangflächen errichtet werden sollen, ist die erste Alternative auszublenden, denn - wie bereits ausgeführt - kann die Geeignetheit des Standortes überhaupt nicht mehr infrage gestellt werden. Der Beklagte und die Beigeladene befürchten einen massiven und nicht mehr hinnehmbaren Eingriff in das Landschaftsbild durch die Kennzeichnung der Anlagen bei Tag und Nacht (die bei der Erstellung der 22. Änderung zum Flächennutzungsplan der Beigeladenen nicht bedacht worden ist, obwohl nicht zuletzt der Beklagte auf diese Problematik hingewiesen hatte). Dem folgt die Kammer nicht.
Es handelt sich im einzelnen um eine farbliche Kennzeichnung der Spitzen der Rotorblätter durch 6 m breite rote und weiße Farbfelder, alternativ 2 weißblitzende Mittelleistungsfeuer in Verbindung mit einem 3 m hohen Farbring am Mast als Tageskennzeichnung und zwei versetzte Gefahrfeuer (rot blinkende Rundstrahlfeuer, die 20 bis 60 mal pro Minute blinken, oder rote Blitzfeuer) auf der Mastspitze, die 30 Minuten nach Sonnenuntergang eingeschaltet und 30 Minuten vor Sonnenaufgang ausgeschaltet werden, als Nachtkennzeichnung. Die Bezirksregierung Braunschweig hat als damals zuständige zivile Luftfahrtbehörde diese Kennzeichnung als Auflage zu der von ihr am 17.03.2003 erteilten luftrechtlichen Zustimmung gemäß § 14 LuftVG verbindlich angeordnet, wobei sie die Richtlinien für die Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom 22.12.1999 angewandt hat. Ob - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - diese Anforderungen inzwischen abgemildert worden sind oder demnächst abgemildert werden, ist für die Entscheidung des Gerichts ohne Belang. Die Kammer weist jedoch darauf hin, dass die in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufzunehmende Auflage den in jenem Zeitpunkt geltenden Richtlinien zu entsprechen hat, so dass sich der Beklagte ggf. um eine Änderung der luftrechtlichen Zustimmung zu bemühen hat.
Was die farbliche Kennzeichnung der Rotorblätter oder des Masten angeht, stellt diese - für sich genommen - keine bedeutsame Veränderung der ohnehin durch die nicht unbeträchtliche Zahl von Windenergieanlagen geprägte Landschaft dar. Eher die Größe der Anlagen und die Rotorbewegungen sind Umstände, die einer sonst weitgehend unberührten Außenbereichslandschaft fremd sind und die nahezu jede Landschaft, die nicht schon durch - andere - Industrieanlagen vorgeprägt sind, massiv verändert. Diese Veränderungen hat der Gesetzgeber durch die Aufnahme von Windenergieanlagen in den Kreis der im Außenbereich privilegierten Anlagen aber ausdrücklich gewollt, und die Beklagte hat sie - wie ausgeführt - für den konkreten Standort vorgesehen. Zwar stellen rotfarbene Anlagenbestandteile in der vornehmlich durch die Farben grün, braun und gelb geprägten Landschaft auch für sich genommen Fremdkörper dar; sie betreffen aber nur wenige Prozentanteile der gesamten Anlagen und sind auch deshalb im Verhältnis zu der durch die Anlagen überhaupt hervorgerufenen Störung der Landschaft zu vernachlässigen - unabhängig davon, von welchem Standort aus sie betrachtet werden.
Sollten sich die Beteiligten für die Anbringung weiß blitzender Mittelleistungsfeuer entscheiden, gilt folgendes: Sie sind wegen ihrer geringen Lichtintensität nur für den in der Nähe auf dem Erdboden stehenden Betrachter und auch nur dann wahrnehmbar, wenn er den Blick zu den Rotoren der Windkraftanlage emporhebt, wobei sich ihm dann das oben beschriebene Bild einer kleinen Industrielandschaft darbietet, für die eine blitzende Lichtanlage nicht einmal untypisch ist, die mithin ebenfalls in dem konkreten Kontext vernachlässigbar ist.
Die Nachtkennzeichnung hingegen ist schon für sich genommen für jedes Landschaftsbild untypisch. Allerdings nimmt ein Betrachter sie - da sich die Anlagen am Rande einer bewaldeten Anhöhe in exponierter Höhenlage befinden -, wo er sich auch befindet, als rote Lichter am Himmel wahr, die er kaum einer konkreten, auf dem Erdboden stehenden Anlage zuordnen kann, die er mithin auf ähnliche Weise empfindet wie Positionslichter von Flugzeugen oder Hubschraubern. Selbst in mondhellen Nächten sind die Windkraftanlagen eher schemenhaft, die rote Befeuerung jedoch deutlich zu sehen. Mithin ordnet ein Betrachter sie nicht zwangsläufig einer auf dem Erdboden stehenden Industrieanlage und schon gar nicht dem Landschaftsbild zu. Deshalb kann man auch insoweit allenfalls von einem vernachlässigbaren Eingriff in das Landschaftsbild sprechen.
Der Umstand, dass die Beigeladene das zuvor nach § 36 Abs. 1 BauGB erteilte Einvernehmen im Laufe des gerichtlichen Verfahrens widerrufen hat, ist rechtlich unerheblich. Zum einen sieht das Gesetz einen derartigen Widerruf nicht vor, zum anderen wäre das Gericht nicht einmal an eine von vornherein erfolgte Versagung des Einvernehmens gebunden (vgl. Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 36, RN 25 m.w.N.).
Von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens hat der Beklagte hier zu Recht in Anwendung von § 15 Abs. 2 Nr. 2 ROG abgesehen, da das Vorhaben den Darstellungen eines den Zielen der Raumordnung angepassten Flächennutzungsplans entspricht und sich die Zulassung der Maßnahme nicht nach einem Planfeststellungsverfahrens oder einem sonstigen Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung bestimmt. Mithin muss die Kammer auch nicht der Frage nachgehen, ob die von der Klägerin geplanten Anlagen überhaupt raumbedeutsam sind, und hat von einer Beiladung der Stadt O., des Landkreises P. und des Zweckverbandes Großraum Q. abgesehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Klägerin muss nicht anteilig Kosten tragen, denn sie hat durch die veränderte Formulierung des Klagantrages ihr Klageziel nicht teilweise aufgegeben. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Beigeladenen außergerichtliche Kosten zu erstatten, da sie auf der Seite des - unterlegenen - Beklagten gefochten hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.