Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 21.06.2005, Az.: 2 B 190/05

Abmeldung; Drohen der Vollstreckung; Kündigung; Rundfunkgebührenpflicht

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
21.06.2005
Aktenzeichen
2 B 190/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50709
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen des Antragstellers gegen zwei Gebührenbescheide des Antragsgegners ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO statthaft, zulässig und in der Sache begründet.

2

Nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in einem Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO - wie er hier im Fall von beigetriebenen Rundfunkgebühren vorliegt - grundsätzlich nur zulässig, wenn der Antragsteller zuvor bei der Behörde die Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO beantragt und die Behörde diesen Antrag ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Diese Voraussetzung gilt jedoch gemäß § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO ausnahmsweise dann nicht, wenn die Vollstreckung der Gebührenforderung droht. Diese Lage ist gegeben, wenn aus Sicht eines objektiven Betrachters im angefochtenen Gebührenbescheid nicht nur allgemein gehaltene Hinweise auf die Möglichkeit der Vollstreckung erteilt werden, sondern bereits konkrete Vorbereitungshandlungen der Behörde für die alsbaldige Durchsetzung des Bescheides vorliegen (vgl. Schoch, a.a.O., Rn. 349 m.w.N.; so auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16.05.2001 - 1 M 39/01 - JURIS). Hat die Behörde dem Bürger schriftlich erklärt, „dass die Vollstreckung droht“, reicht dies in der Regel aus, um die Ausnahmevorschrift des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO greifen zu lassen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 01.08.1995 - 23 CS 95.1560 -, JURIS). So liegt der Fall hier. In den streitbefangenen Gebührenbescheiden hat der Antragsgegner die Passage aufgenommen: „Sollten sie die festgesetzte Gebührenschuld nicht innerhalb von 2 Wochen bezahlt haben, werden wir gegen Sie die VOLLSTRECKUNG einleiten“. Zusätzlich enthält der Bescheid im Text (oben rechts) den Hinweis: „Nur durch die unverzügliche Zahlung des festgesetzten Betrags vermeiden Sie Zwangsmaßnahmen wie Vollstreckung bzw. Bußgeldverfahren“.

3

In der Zusammenschau der beiden Hinweise muss ein rechtsunkundiger Bürger - wie der Antragsteller -, der nicht wissen kann, dass es nach § 4 Abs. 1 NVwVG im Regelfall zunächst einer Mahnung bedarf, bevor die Vollstreckungsbehörde tätig werden darf, davon ausgehen, dass Vollstreckungsmaßnahmen ihn quasi „automatisch“ ereilen werden, wenn er die gesetzte 2-Wochen-Frist (die nur der Hälfte der Frist zur Klageerhebung gegen den Bescheid entspricht) ungenutzt verstreichen lässt.

4

Der Eilrechtsschutzantrag ist in der Sache auch begründet, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Gebührenforderung bestehen. Deshalb fällt die vom Gericht im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende eigene Ermessensentscheidung, ob die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs angeordnet wird oder nicht, zu Lasten des Antragsgegners aus. Zutreffend weist dieser nämlich darauf hin, dass seine im Schreiben vom 19.08.2004 an die im Auftrag des Antragsgegners tätige GEZ gewählte Formulierung:

5

„da ich für ca. 9 Monate im Rahmen meiner beruflichen Ausbildung zu meinen Eltern ziehe, kündige ich hiermit meinen Teilnehmeranschluss ... ... ... und widerrufe den dazugehörigen Abbuchungsauftrag zu 01.09.2004.“

6

nur als Abmeldung seiner Rundfunkgeräte, also als Anzeige der Beendigung des Bereithaltens eines Rundfunkgerätes im Sinne von § 4 Abs. 2 RGebStV verstanden werden kann.

7

Als eine solche Anzeige hat die GEZ das Schreiben auch verstanden, denn sie hat darauf mit Schreiben vom 30.08.2004 geantwortet: „Sie möchten Ihre Rundfunkgeräte abmelden...“. Da die Rundfunkgebührenpflicht aufgrund gesetzlicher Regelung bereits mit dem zum Empfang Bereithalten eines Gerätes beginnt, sie also keine vertragliche Regelung mit dem Rundfunkteilnehmer voraussetzt, ist es zwar nachvollziehbar, dass sich die GEZ, um Verwaltungsaufwand für ggf. notwendige Ermittlungen zu ersparen, in eben diesem Schreiben noch einmal gegenüber dem Antragsteller vergewissern wollte, ob er wirklich nicht mehr der Gebührenpflicht unterliege. Dies ändert aber nichts daran, dass der Antragsteller im „Kündigungs“ -schreiben bereits unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatte, er halte ab 01.09.2004 keine Rundfunkgeräte mehr zum Empfang bereit. Daher war es rechtlich nicht erforderlich, dass der Antragsteller auf das Schreiben vom 30.08.2004 überhaupt antwortet, weshalb es nicht darauf ankommt, ob der Antragsteller dieses Schreiben der GEZ überhaupt erhalten hat. Wenn der Antragsgegner bzw. die GEZ der Auffassung gewesen sein sollte, dass der Antragsteller falsche Angaben gemacht habe, hätte z. B. ein Gebührenbeauftragter dies überprüfen können. Nach dem Vorbringen des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren spricht aber nichts für die Richtigkeit einer solchen (bloßen) Vermutung, denn es wurde insoweit angegeben, dass die Geräte zu einem Bekannten des Antragsteller geschafft worden seien. Somit spricht derzeit alles dafür, dass die Gebührenpflicht des Antragstellers mit dem Ablauf des 31.08.2004 beendet war.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

9

Die Streitwertfestsetzung gründet sich auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.