Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 01.06.2005, Az.: 3 A 190/03

Dienstbezogenheit; Dienstunfall; Gemeinschaftsveranstaltung; Gemeinschaftszweck; Unfallfürsorge; Veranstaltung, dienstliche; Weihnachtsfeier

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
01.06.2005
Aktenzeichen
3 A 190/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 50706
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine außerhalb des Dienstortes und der regelmäßigen Dienstzeit für zwei Sachgebiete eines größeren Finanzamtes organisierte Weihnachtsfeier eine dienstliche Veranstaltung im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG sein kann (hier bejaht).

Tatbestand:

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Die klagende Steueramtfrau, die im Sachgebiet IX des Finanzamts N. tätig ist, begehrt die Anerkennung eines Unfalls als Dienstunfall gemäß § 31 Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG).

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Am 11.12.2002 fand nach Ende der regelmäßigen Dienstzeit (15:30 Uhr) außerhalb der Dienststelle auf Burg O. eine gemeinsame Weihnachtsfeier der Sachgebiete VIII und IX des Finanzamts N. statt, an der neben der Klägerin weitere 36 der insgesamt 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden Sachgebiete teilnahmen. Das Programm der Veranstaltung sah vor, dass man zunächst zwischen drei unterschiedlichen Aktivitäten – Eislaufen, Eisstockschießen und Besichtigung der Kornbrennerei – wählen konnte; um ca. 18.00 Uhr fand dann ein gemeinsames Abendessen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer statt. Die beiden zuständigen Sachgebietsleiter nahmen an der gesamten Veranstaltung nicht teil. Frau Steueramtsrätin P., die Sachgebietsleiterin VIII, war in Urlaub, und der damalige kommissarische Sachgebietsleiter IX, der zur Erprobung vom Finanzamt Q. zugeordnete Steueramtmann R., war aus dienstlichen Gründen – Teilnahme an einer Dienstbesprechung der Vorsteherin des Finanzamts N. mit den Sachgebietsleitern – verhindert. Auf Wunsch der Vorsteherin nahm Steueramtmann S., der das Sachgebiet IX bereits nahezu ein Jahr geleitet hatte und zur Zeit der Weihnachtsfeier gerade als Sachgebietsleiter im Finanzamt Q. erprobt wurde, an der gesamten Veranstaltung teil. Mit ihrer Teilnahmebitte an Herrn S. wollte die Vorsteherin – wie sie der Beklagten auf Nachfrage schriftlich am 13.3.2003 bestätigte – unterstreichen, dass sie Weihnachtsfeiern der Sachgebiete des Finanzamts N., die ihres Erachtens keine kollegialen, privaten Zusammenkünfte seien, „im dienstlichen Interesse für wünschenswert und die Teilnahme mindestens einer zuständigen Führungskraft für unerlässlich halte“.

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Zwischen 17:00 und 17:30 Uhr stürzte die – nicht alkoholisierte – Klägerin beim Schlittschuhlaufen auf der Eisbahn der Burg O. unglücklich und versuchte, diesen Sturz mit der linken Hand abzufangen; dabei zog sie sich einen Bruch des linken Handgelenks zu. Sie war vom 11. bis zum 31.12.2002 dienstunfähig erkrankt. Mit Dienstunfallanzeige vom 15.12.2002 teilte sie dies der Beklagten mit, wobei sie angab, der Unfall habe sich während der Teilnahme an einer dienstlichen Veranstaltung außerhalb der Dienststelle ereignet.

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Mit Bescheid vom 7.1.2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 11.12.2002 als Dienstunfall ab, weil es sich hierbei nicht um eine dienstliche Veranstaltung im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG gehandelt habe. Zum einen hätten die zuständigen Dienstvorgesetzten / Sachgebietsleiter an der Feier nicht teilgenommen. Zum anderen habe die Feier auf der Burg O. nicht im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit der Klägerin gestanden, da die Klägerin sich bereits gegen 15:30 Uhr beim Verlassen des Dienstgebäudes bei dem elektronischen Zeiterfassungsgerät ausgebucht habe.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 3.6.2003, zugestellt am 19.6.2003, wies die Beklagte den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin zurück. Auch unter Berücksichtigung der Widerspruchsbegründung lägen die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG nicht vor. Die Einwände der Klägerin, die in Rede stehende Weihnachtsfeier habe unzweifelhaft dem dienstlichen Interesse gedient, zudem sei Steueramtmann S. für die Dienststellenleitung bei dieser Feier anwesend gewesen, griffen nicht durch. Es habe keine Anordnung durch die Vorsteherin des Finanzamts N. bestanden, die gemeinsame Weihnachtsfeier der beiden Sachgebiete als dienstliche Veranstaltung durchzuführen. Auch die Anwesenheit des Steueramtmannes S. lasse die Feier nicht als dienstliche Veranstaltung erscheinen, da er hieran nicht als zuständiger Sachgebietsleiter teilgenommen habe. Zudem sei es den Teilnehmern freigestellt gewesen, an welcher der angebotenen nachmittäglichen Aktivitäten sie hätten teilnehmen wollen, so dass es sich hierbei um eine rein private Gestaltung der Art der Aktivitäten gehandelt und eine einheitliche Veranstaltung der Abteilungen während des Schlittschuhlaufens nicht vorgelegen habe. Ferner habe das Schlittschuhlaufen auch unter sportlichem Aspekt keine dienstliche Veranstaltung dargestellt.

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Zur Begründung ihrer am 17.6.2003 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor: Es habe sich bei der gemeinsamen Weihnachtsfeier um eine dienstliche Veranstaltung gehandelt. Zum einen sei die gemeinsame Weihnachtsfeier zu dem Zwecke organisiert worden, die nötige Zusammenarbeit zwischen den Sachgebieten zu fördern und über die Grenzen des jeweiligen Sachgebiets hinweg im Gespräch zu bleiben und das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Die Veranstaltung habe der Besserung des Arbeitsklimas und der Erhöhung des Verantwortungsbewusstseins der einzelnen Bediensteten für die gesamte zu erfüllende Aufgabe gedient. Zum anderen habe eine formelle Dienstbezogenheit der Veranstaltung vorgelegen, weil die Veranstaltung durch von der Dienststellenleitung beauftragte Dritte organisiert worden sei. Diese Aufgabe habe stellvertretend für die Dienststellenleitung Steueramtmann S. wahrgenommen, der auf Wunsch der Vorsteherin des Finanzamtes N. an der Weihnachtsfeier teilgenommen habe. Das Schlittschuhlaufen sei Teil des Programms der Weihnachtsfeier gewesen. Der Dienstunfallschutz umfasse alle Einzelveranstaltungen, die zum Programm dieser Veranstaltung gehört hätten und zu denen den Teilnehmern erkennbar Gelegenheit habe gegeben werden sollen. Die Weihnachtsfeier habe außerhalb der Dienstzeiten, also nach 15.30 Uhr, stattfinden müssen, weil es nach einer Prüfung durch den Rechnungshof untersagt sei, Weihnachtsfeiern unter Anrechnung der Dienstzeit durchzuführen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7.1.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.6.2003 zu verpflichten, das Unfallereignis der Klägerin vom 11.12.2002 als Dienstunfall anzuerkennen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hält ihre angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und tritt den Ausführungen der Klägerin im Einzelnen entgegen. Bei der hier in Rede stehenden Weihnachtsfeier habe der Teamförderungsgedanke nicht im Vordergrund gestanden und sei nicht das tragende Ziel der Veranstaltung gewesen. Denn Mindestvoraussetzung für eine beabsichtigte Teambildung zwischen den beiden Sachgebieten wäre gewesen, dass beide Sachgebietsleiter an der Veranstaltung teilgenommen und quasi symbolisch miteinander gefeiert hätten. Die Feier hätte an einem anderen Termin stattgefunden, wenn die Teilnahme einer zuständigen Führungskraft wirklich gewollt gewesen wäre.

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Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 6.5.2005 auf den Einzelrichter übertragen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten; diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und begründet.

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Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, dass der am 11.12.2002 im Rahmen der Weihnachtsfeier erlittene Unfall als Dienstunfall anerkannt wird; der dem entgegenstehende Bescheid der Beklagten vom 7.1.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3.7.2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.

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Ein Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG; vgl. BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 – 2 C 22.01 –, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 12). Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG gehört zum Dienst auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen. Es kommt darauf an, ob es sich bei dem auf äußerer Einwirkung beruhenden Ereignis, das die Verletzung verursacht hat, um ein solches handelt, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Damit wird außer dem hier nicht zweifelhaften Kausalzusammenhang zwischen Ereignis und Schaden ein bestimmter innerer Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Ausübung des Dienstes verlangt. Der Zusammenhang des Unfalles mit dem Beamtendienst muss das entscheidende Kriterium sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.2.1971 – 6 C 36.66 –, BVerwGE 37, 203).

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In der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der das Gericht folgt, ist geklärt, dass auch eine Weihnachtsfeier, an der der Beamte teilnimmt, als dienstliche Veranstaltung im Sinne des Dienstunfallrechts gelten kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.2.1989 – 2 C 38.86 –, NJW 1989, 2005 f. mit weiteren Nachweisen). Eine Teilnahme an einer von den Angehörigen eines Teils einer größeren Dienststelle organisierten Weihnachtsfeier dient allerdings nur dann dienstlichen Interessen und Zwecken und unterliegt dem Dienstunfallschutz, wenn die Gemeinschaftsveranstaltung ihre entscheidende Prägung durch die dienstliche Sphäre erhält. Sie muss im Zusammenhang mit dem Dienst, den eigentlichen Dienstaufgaben, stehen und dienstlichen Interessen dienen (materielle Dienstbezogenheit). Außerdem muss sie, sei es unmittelbar oder mittelbar, von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen werden und damit in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sein (formelle Dienstbezogenheit). Dies erfordert nicht, dass die Zusammenkunft vom Dienstvorgesetzten selbst veranstaltet wird, es reicht aus, wenn er sie billigt und fördert. Schließlich muss, um eine dienstunfallrechtlich geschützte Gemeinschaftsveranstaltung annehmen zu können, das Vorhaben in seiner Ausgestaltung von vornherein so geplant sein, dass voraussichtlich alle zu beteiligenden Angehörigen der Dienststelle oder eines abgegrenzten Teils hiervon mitmachen können, d.h. dass ihnen dies zumutbar ist und dass der zuständige Dienstvorgesetzte zustimmen kann (vgl. insoweit – für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung – BSG, Urteil vom 16.5.1984 – 9b RU 6/83 –, BSGE 56, 283 ff.) Dem Ort und dem Zeitpunkt der Veranstaltung allein kommt jeweils keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1972 – 6 B 42.71 –, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 47; Wilhelm in: GKÖD, Band I, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, O § 31 BeamtVG Rdn. 77). Da in Fällen wie hier (Gemeinschaftsveranstaltung außerhalb des Dienstortes und außerhalb der Dienstzeit) die regelmäßigen Abgrenzungskriterien des Dienstortes und der Dienstzeit versagen, ist einerseits von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, dass die unfallgeschützte Tätigkeit des Beamten im engen natürlichen Zusammenhang mit den eigentlichen Dienstaufgaben oder sonstigen dienstlich notwendigen Verrichtungen oder dem dienstlichen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.4.1967 – 6 C 96.63 –, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 32). Andererseits müssen besondere Umstände festgestellt werden, die den Schluss rechtfertigen, dass die betreffende Tätigkeit des Beamten dem dienstlichen Bereich zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.7.1965 – 2 C 39.63 –, BVerwGE 21, 307). Bei Unfällen im eher privaten Lebensbereich des Beamten müssen für ein Verhalten des Beamten, soll es der unfallgeschützten Sphäre zuzurechnen sein, die Anforderungen des Dienstes ursächlich sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.9.1969 – 2 C 30.66 –, BVerwGE 34, 20/22). Dann, wenn äußere Einwirkung und eigenes Verhalten des Betroffenen bei einem plötzlichen, örtlich und zeitlich bestimmbaren Schadensereignis zusammenwirken, kommt es darauf an, wodurch dieses Ereignis seine Prägung erfährt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.2.1971, a.a.O.).

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An diesen Maßstäben gemessen war der Unfall der Klägerin vom 11.12.2002 auf der Weihnachtsfeier auf Burg O. in der Zeit zwischen etwa 17.00 und 17:30 Uhr ein Dienstunfall. Bei dieser Feier handelte sich um eine außerhalb des Dienstortes und außerhalb der regulären Dienstzeit von abgegrenzten Teilen – den beiden Sachgebieten VIII und IX – des Finanzamts N. abgehaltene Gemeinschaftsveranstaltung, die ihre entscheidende Prägung durch die dienstliche Sphäre erhalten hatte. Zudem diente das zum „Programm“ der gemeinsamen Weihnachtsfeier gehörende Eislaufen, bei dem die Klägerin stürzte und sich das linke Handgelenk brach, wesentlich dienstlichen Interessen.

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Die Weihnachtsfeier am 11.12.2002 diente im Einverständnis mit der Dienstvorgesetzten ausschlaggebend der Verbesserung des Betriebsklimas und der Erhöhung des Verantwortungsbewusstseins der einzelnen Bediensteten der Sachgebiete VIII und IX des Finanzamts N., für die Gemeinschaftsveranstaltung ausgerichtet wurde. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus der schriftlichen Stellungnahme der Vorsteherin T. gegenüber der Beklagten vom 13.3.2003 – P 1643-I/100 – (Bl. 16 f. der Beiakte A). Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, die hier in Rede stehende Weihnachtsfeier sei ausschließlich vom autonomen Willen der daran als Privatpersonen beteiligten Bediensteten getragen gewesen. Der materielle und formelle Bezug dieser Feier zur dienstlichen Sphäre des Finanzamts N. wird insbesondere dadurch deutlich, dass die Vorsteherin Steueramtmann S., der das Sachgebiet IX bereits nahezu ein Jahr geleitet hatte und zur Zeit der Weihnachtsfeier gerade als Sachgebietsleiter im Finanzamt Q. erprobt wurde, bat, an der gesamten Weihnachtsfeier stellvertretend für die beiden damals zuständigen, infolge Urlaubs bzw. einer von der Vorsteherin anberaumten Dienstbesprechung verhinderten Sachgebietsleiter teilzunehmen. Mit ihrer Teilnahmebitte an Herrn S. wollte die Vorsteherin unterstreichen, dass sie Weihnachtsfeiern der Sachgebiete des Finanzamts N., die ihres Erachtens keine kollegialen, privaten Zusammenkünfte seien, „im dienstlichen Interesse für wünschenswert und die Teilnahme mindestens einer zuständigen Führungskraft für unerlässlich halte“. Dass bei einem Beteiligungsgrad von etwa 70% an der für die beiden Sachgebiete VIII und IX ausgerichteten Weihnachtsfeier, für die – anders als bei vielen anderen Behörden – nach einer Weisung des Organisationsreferats der Steuerabteilung J. keinerlei Dienstbefreiung erteilt werden durfte, eine dienstunfallrechtlich geschützte Gemeinschaftsveranstaltung angenommen werden kann, unterliegt nach Ansicht des Gerichts keinen Zweifeln. Das Gericht vermag der Beklagten nicht darin beizupflichten, eine dienstliche Veranstaltung im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG könne im vorliegenden Fall deshalb nicht vorliegen, weil bei der Weihnachtsfeier lediglich das Abendessen gemeinsam eingenommen worden sei, während die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Feier zuvor zwischen drei verschiedenen Aktivitäten hätten auswählen können und demzufolge der Gemeinschaftszweck völlig in den Hintergrund getreten sei. Der Unfallschutz umfasst alle „Einzelveranstaltungen“, die zum „Programm“ der dem Gemeinschaftszweck dienenden Weihnachtsfeier gehören und zu denen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern erkennbar Gelegenheit gegeben werden soll, wie beispielsweise Gesellschaftsspiele, Spaziergänge, Besichtigungen, aber auch Kegeln, Tanzen, sportliche Betätigungen oder Belustigungen (vgl. Wilhelm in: GKÖD, a.a.O., Rdn. 79). Hier konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor dem gemeinsamen Abendessen zwischen drei verschiedenen Einzelaktivitäten auswählen, was jedoch den Zweck der Förderung der Zusammengehörigkeit nicht entfallen lässt. Zum einen entspricht es der Lebenserfahrung, dass es in Anbetracht der hier in Rede stehenden Teilnehmerzahl mitunter der Kommunikation zwischen einzelnen Bediensteten eher dienlich ist, wenn sie sich zumindest für eine Weile – einen bestimmten „Programmteil“ – innerhalb einer kleineren Gruppe austauschen können. Zum anderen erhöht ein „Programmteil“ mit begrenzt wählbaren Einzelaktivitäten wie hier den Beteiligungsgrad an der Gemeinschaftsveranstaltung. Sofern nämlich ein Teil der zu beteiligenden Bediensteten eine „reine“ Besichtigung mit anschließendem gemeinsamen Abendessen beschlossen hätte und ein nennenswert anderer Teil aus hinreichend nachvollziehbaren Gründen etwa deswegen nicht hätte mitmachen wollen, weil er vor dem gemeinsamen Abendessen gerade bestimmte sportliche Aktivitäten für sinnvoll und wünschenswert hielt, wäre dies dem Gemeinschaftszweck gerade abträglich gewesen. Die vor dem gemeinschaftlichen Abendessen angebotenen sportlichen Aktivitäten (Eislaufen einerseits und Eisstockschießen andererseits) waren im Verhältnis zum alternativ wählbaren Programmteil „Besichtigung“ auch nicht etwa so gefährlich, dass ihre Einbeziehung in den Dienstunfallschutz als für den Dienstherrn schlechterdings unzumutbar angesehen werden müsste. War hiernach die gemeinsame Weihnachtsfeier der Sachgebiete VIII und IX auf Burg O. eine dienstliche Veranstaltung im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG, so diente das zum „Programm“ dieser Feier gehörende Eislaufen, bei dem die Klägerin stürzte und sich das linke Handgelenk brach, gleichfalls wesentlich dienstlichen Interessen. Dafür, dass das Verhalten der verunfallten Klägerin im vorliegenden Fall in so hohem Maße vernunftwidrig und gefahrbringend gewesen wäre, dass die dadurch geschaffene Gefahr als die rechtlich allein wesentliche Unfallursache zu werten wäre, ist schlechterdings nichts ersichtlich, zumal die Klägerin – wie auch die Beklagte nicht in Abrede stellt – im Unfallzeitpunkt unstreitig nicht alkoholisiert war.

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Der Klage ist hiernach antragsgemäß stattzugeben.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.