Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 30.04.2019, Az.: 7 A 1589/19

Bürgerfunk; Verwendungsnachweis; Widerruf; Zulassung; Zuverlässigkeit; Zuwendung; Widerruf der Zulassung zur Veranstaltung Bürgerrundfunk und Widerruf eines vorläufigen Zuwendungsbescheides

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
30.04.2019
Aktenzeichen
7 A 1589/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 70682
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2019:0430.7A1589.19.00

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den von der Beklagten jeweils ausgesprochenen Widerruf der ihr von der Beklagten erteilten Zulassung zur Veranstaltung von Bürgerrundfunk und des vorläufigen Zuwendungsbescheides der Beklagten zur institutionellen Förderung im Haushaltsjahr 2019.

Die Beklagte erteilte der Klägerin durch Bescheid vom 14. November 2008 die Zulassung zur Veranstaltung von Bürgerrundfunk als Hörfunk in der E.. Diese Zulassung wurde durch Bescheid vom 14. Oktober 2015 um sieben Jahre bis zum 31. März 2023 verlängert. Die Beklagte förderte die Klägerin durchgehend bis zum laufenden Jahr auf der Grundlage der einschlägigen Regelungen der Landeshaushaltsordnung in Verbindung mit der Förderrichtlinie Bürgerrundfunk institutionell durch Zuwendungen, und zwar zuletzt mit Bescheiden vom 29. Dezember 2017 für das Jahr 2018 in Höhe von 281.300 € und vom 20. Dezember 2018 für das Jahr 2019 in Höhe von ebenfalls 281.300 €. Die Bewilligung erfolgte jeweils unter Vorbehalt; eine endgültige Festsetzung des Zuwendungsbetrages sollte nach abschließender Prüfung des Verwendungsnachweises geschehen.

Die seinerzeitige Mitarbeiterin der Beklagten F. führte mit der Zeugin D., die von Juli 2018 bis zu ihrem Ausscheiden am 31. März 2019 bei der Klägerin als Buchhalterin tätig war, am 22. August 2018 ein Gespräch, über dessen Inhalt Frau F. an demselben Tag einen Vermerk fertigte. Danach habe die Zeugin D. u. a. angegeben, die Finanzbuchhaltung der Klägerin sei trotz ihrer intensiven Bearbeitung immer noch in einem unbefriedigenden Zustand. Der Geschäftsführer habe keinen Überblick über Fälligkeiten der laufenden Ein- und Ausgangsrechnungen, über Ratenzahlungsvereinbarungen, Versicherungsbeiträge sowie monatliche Kosten der Honorarkräfte. Eine vorausschauende Finanzplanung sei immer noch nicht möglich. Eine Ordnerstruktur habe es nicht gegeben und Jahresabschlussunterlagen hätten sich im Altpapier befunden. Nachweise zur eindeutigen Differenzierung von Projektkosten und Kosten des institutionellen Bereiches seien bislang nicht aufgearbeitet. Der Geschäftsführer habe sich, auf diese Dinge angesprochen, ihr - der Zeugin D. - gegenüber dahingehend geäußert, er kenne sich mit Buchhaltung (Kennzahlen, Finanzplanung etc.) nicht aus; er habe gehofft, in die Aufgaben eines Geschäftsführers hineinwachsen zu können, sei aber überfordert.

Mit Schreiben vom 07. September 2018 setzte die Beklagte der Klägerin in Person des Geschäftsführers G., der seit dem 15. November 2017 diese Funktion inne (gehabt) hat, eine Frist bis zum 15. Oktober 2018 zur Vorlage noch fehlender Belege für die Verwendungsnachweise bezüglich der Jahre 2016 und 2017. Gleichzeitig erfolgte die Anhörung zum Widerruf der Zulassung zur Veranstaltung von Bürgerrundfunk. Mit weiterem Schreiben vom 24 Januar 2019, gerichtet an den Aufsichtsratsvorsitzenden der Klägerin, forderte die Beklagte von der Klägerin die Vorlage weiterer Nachweise auch für die Mittelverwendung im Jahre 2018 bis zum 28. Februar 2019. Schließlich setzte die Beklagte mit Schreiben an den Geschäftsführer der Klägerin vom 11. März 2019 eine weitere Frist zur Vorlage von Nachweisen für die Mittelverwendung bis zum 20. März 2019.

Nachdem diese Fristen verstrichen waren, ohne dass die erforderten Verwendungsnachweise vollständig vorgelegt wurden, beschloss die Versammlung der Beklagten in ihrer Sitzung am 21. März 2019 zu Tagesordnungspunkt 4 mit 22 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und einer Enthaltung, dass (erstens) der Klägerin die Zulassung zur Veranstaltung von Bürgerrundfunk (Hörfunk) widerrufen wird, sowie (zweitens), dass der vorläufige Zuwendungsbescheid zur institutionellen Förderung der Klägerin im Haushaltsjahr 2019 vom 20. Dezember 2018 mit Wirkung ab dem 01. April 2019 für die Zukunft widerrufen wird, und (drittens), dass die sofortige Vollziehung der in Ziffern 1 und 2 getroffenen Entscheidungen im öffentlichen Interesse nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG angeordnet wird.

Der Direktor der Beklagten setzte diesen Beschluss mit dem vorliegend angegriffenen Bescheid vom 22. März 2019 um. Zusätzlich wurde unter Ziffer 4 des Bescheidtenors eine Verwaltungsgebühr von 500 € erhoben. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 1 Nds. Mediengesetz sowie gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 1 (analog) Nds. Mediengesetz sei die Zulassung zum Bürgerfunk zu widerrufen; gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) werde der Zuwendungsbescheid für 2019 für die Zeit ab dem 01. April 2019 widerrufen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die für die Belegprüfung hinsichtlich der Jahre 2016 und 2017 vorgelegten Unterlagen hätten erhebliche Mängel hinsichtlich der Vollständigkeit, der Chronologie, des Vier-Augen-Prinzips und der Dokumentation aufgewiesen. Dem Geschäftsführer seien die Fristen aus den Förderrichtlinien und der entsprechenden Anlage zu Landeshaushaltsordnung nicht bekannt gewesen. Unterlagen seien nur auf Nachfrage und auch dann nur unter Fristverlängerung und teilweise unvollständig zur Verfügung gestellt worden. Nachweise seien verspätet und unvollständig vorgelegt worden. Es hätten Erläuterungen zu den Abweichungen bei den Ausgaben gefehlt, Nachweise und Berechnungen zur Höhe der geldwerten Leistungen seien ebenso nicht vorhanden gewesen wie Nachweise über angezeigte Spenden sowie eine Übersicht zu den Projektkonten bzw. den Kostenstellen. Aufgrund dieser Umstände sei eine positive Prognose hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften der Landeshaushaltsordnung in Bezug auf den Geschäftsführer G. bereits im September 2018 nicht mehr möglich gewesen. Sofern aber in der Person des Geschäftsführers einer GmbH nicht mehr die positive Prognose möglich sei, dass dieser die Gewähr dafür biete, die gesetzlichen Vorschriften beim Betrieb eines Rundfunksenders einzuhalten, stelle dies ein Zulassungshindernis dar. Nach den vorläufigen Prüfungsergebnissen ergäben sich ungefähre Rückforderungen für das Jahr 2016 in Höhe von 7.700 €, für das Jahr 2017 in Höhe von 17.800 € und für das Jahr 2018 in Höhe von 10.200 €, mithin eine Summe von ca. 35.700 €. Innerhalb des Senders seien keine personellen Maßnahmen getroffen worden, die im Rahmen der Organisationshoheit des Geschäftsführers zu der Annahme führen könnten, dass die Mängel in Buchhaltung, Belegführung und Abwicklung der Förderung insgesamt demnächst behoben werden würden. Vielmehr habe die bisherige Verwaltungskraft gekündigt und den Sender seit Anfang März 2019 faktisch verlassen. Im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens über den Widerruf des Zuwendungsbescheides verkenne sie nicht, dass damit die Förderung der Klägerin eingestellt werde. Dies bedeute - und das habe durchaus erhebliches Gewicht - voraussichtlich die baldige Zahlungsunfähigkeit der Klägerin und damit auch die Einstellung des Sendebetriebes. Damit würden auch die bei der Klägerin vorhandenen Arbeitsplätze wahrscheinlich wegfallen. Dies sei jedoch eine Folge der andauernden und mehrfachen Verletzung haushaltsrechtlicher Vorschriften durch die Klägerin. Ein in gleicher Weise effektives, weniger belastendes Mittel sei indes nicht ersichtlich. Insbesondere erscheine eine reine Rückforderung der Mittel, deren zweckentsprechende Verwendung nicht nachgewiesen worden sei, nicht erfolgversprechend und auch nicht ausreichend. Die Klägerin habe trotz Aufforderung keine hinreichenden Angaben dazu gemacht, wie eine Rückzahlung im laufenden Betrieb möglich sein solle. Insbesondere sei auch für die Zukunft kein ordnungsgemäßer Verwendungsnachweis bzw. keine ordnungsgemäße Geschäftsführung zu erwarten. Nach den Verwaltungsvorschriften zu § 44 Landeshaushaltsordnung dürften öffentliche Mittel nur an Zuwendungsnehmer gegeben werden, die die dort beschriebenen Anforderungen erfüllten. Würde hiervon abgewichen, wäre nicht mehr sichergestellt, dass die zweckentsprechende Mittelverwendung überprüft werden könne. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin gegenüber den anderen, sich insoweit rechtstreu verhaltenden Veranstaltern von Bürgerrundfunk (und anderen Zuwendungsnehmern) einen Vorteil erhielte, wenn ihr gegenüber auf die Durchsetzung der Einhaltung der Vorschriften der Landeshaushaltsordnung verzichtet würde. Der Klägerin sei seit dem September 2018 formal bekannt, dass ein Zulassungswiderrufsverfahren geführt werde. Die Klägerin habe den Geschäftsführer bis heute nicht abberufen. Die Wahl des Widerrufszeitpunktes beruhe auf den Erwägungen, dass der Klägerin bereits seit September 2018 das eingeleitete Widerrufsverfahren bekannt sei, sodass keine Überraschungsentscheidung vorliege und die Klägerin hinreichend Zeit gehabt habe, sich auf diesen Umstand einzustellen. Es müsse berücksichtigt werden, dass ein Widerruf der Zuwendung zu einem späteren Zeitpunkt dazu führen würde, dass entsprechend länger gefördert werden müsste und die Klägerin die zweckentsprechende Verwendung dieser (weiteren) Mittel voraussichtlich wiederum nicht vollständig nachweisen könne. Diese negative Prognose wiege so schwer, dass eine Rücksichtnahme auf die vertraglichen Verpflichtungen der Klägerin nicht mehr zu verantworten sei.

Die Klägerin hat am 27. März 2019 gegen diesen Bescheid Klage erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz (7 B 1591/19) nachgesucht. Sie wendet insbesondere ein, die Beklagte selbst habe der Klägerin erst mit erheblicher Verzögerung die genannten Mängel vor Augen geführt. Im Übrigen lägen die Versäumnisse überwiegend in der Zeit vor Übernahme der Geschäftsführerfunktion durch Herrn G.. Dieser habe sich durchaus erfolgreich bemüht, fehlende Belege vorzulegen; er habe aber die Versäumnisse seiner Vorgänger bei der Belegführung im Nachhinein nicht ausgleichen können. Auch sei es nicht angemessen, wegen einer Prüfsumme im Hinblick auf fehlende Nachweise in Höhe von insgesamt 35.700 € für drei Jahre der Klägerin die Zulassung zu entziehen. Die Voraussetzungen für einen Widerruf des Zuwendungsbescheides für das Jahr 2019 lägen nicht vor. Die Beklagte berufe sich zu Unrecht darauf, dass neue, nachträglich eingetretene Tatsachen gegeben seien. Dies sei nicht der Fall, weil die Belege bereits seit den Vorlagefristen zum 30. März 2017 bzw. 31. März 2018 gefehlt hätten.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2019 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und tritt dem klägerischen Vorbringen entgegen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Das Amtsgericht A-Stadt hat mit Beschluss vom 26. März 2019 die vorläufige Verwaltung des Vermögens der Klägerin angeordnet und den Beigeladenen zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

Die erkennende Klammer hat mit Beschlüssen vom 29. März 2019 und vom 09. April 2019 jeweils durch eine Zwischenentscheidung die aufschiebende Wirkung der Klage befristet bis (zuletzt) zum 30. April 2019 angeordnet.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung der Frau D. und der Frau Antje H. jeweils über die Organisation und Buchhaltung der Klägerin im Zeitraum zwischen Juni 2018 und Februar 2019. Hinsichtlich der Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 22. März 2019 ist (im Ergebnis) sowohl hinsichtlich des Widerrufs der Zulassung zur Veranstaltung von Bürgerrundfunk (1.) als auch bezüglich des Widerrufs des vorläufigen Zuwendungsbescheides vom 20. Dezember 2019 (2.) wie auch im Hinblick auf die Festsetzung der Verwaltungsgebühr (3.) rechtmäßig und verletzt die Klägerin (bereits deshalb) nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Beklagte hat die Zulassung der Klägerin zur Veranstaltung von Bürgerrundfunk (im Ergebnis) zu Recht widerrufen.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Widerruf der besagten Zulassung lagen zu dem hier für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung der Versammlung der Beklagten am 21. März 2019 (vgl. VG Hannover, Beschl. v. 13.02.2013 - 7 B 6563/12 -, Veröffentl. nicht bekannt; bestätigt durch: OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.05.2013 - 10 ME 21/13 -, juris Rn. 46) vor. Die Beklagte hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die Klägerin durch ihren Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die Gewähr dafür geboten hat, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Daher war der Widerruf insoweit zwingend gemäß §§ 12 Abs. 2 Nr. 1, 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 des Nds. Mediengesetzes (NMedienG) auszusprechen; die Vorschriften eröffnen keinen Ermessensspielraum.

Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 NMedienG ist die Zulassung zu widerrufen, wenn sie im Hinblick auf § 5 oder § 6 NMedienG nicht mehr erteilt werden könnte und die Zulassungsvoraussetzungen nicht innerhalb einer von der Landesmedienanstalt gesetzten Frist erfüllt werden. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 NMedienG setzt die Zulassung voraus, dass der Veranstalter die Gewähr dafür bietet, dass er die gesetzlichen Vorschriften einhalten wird; bei dem Antrag einer juristischen Person oder einer nicht rechtsfähigen Vereinigung müssen die Voraussetzungen nach Satz 1 Nrn. 1-3 und 5 von den gesetzlichen und den satzungsmäßigen Vertreterinnen oder Vertretern erfüllt sein. Diese gesetzlichen Widerrufsregelungen gelten, wie sich aus einem Umkehrschluss aus § 25 Abs. 4 Satz 1 Hs 1 NMedienG ergibt, auch für die Veranstaltung von - wie vorliegend streitgegenständlich - Bürgerrundfunk. Denn nach dieser Norm sind von den Vorschriften des Ersten und des Zweiten Abschnitts § 5 Abs. 1 Nrn. 1, 4 und 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 sowie Nr. 8 in Verbindung mit Nr. 2 sowie die §§ 15 und 16 nicht anzuwenden; § 5 Abs. 2 Nr. 5 und § 12 NMedienG finden demnach sehr wohl Anwendung.

a. Die Klägerin als Veranstalterin hat zu dem rechtserheblichen Zeitpunkt in der Person ihres Geschäftsführers - ihrem gesetzlichen Vertreter - nicht (mehr) die Gewähr dafür geboten, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.

Nach dem Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge hat die Klägerin in der Person ihres Geschäftsführers die Nachweispflichten, die sich aus den Vorschriften der Nds. Landeshaushaltsordnung (LHO) ergeben, (jedenfalls) für das Zuwendungsjahr 2018 nicht erfüllt. Die Klägerin erhielt - wie bereits in den Jahren zuvor - für das Jahr 2018 Zuwendungen i. S. d. § 23 LHO zur Deckung ihrer gesamten Ausgaben oder eines nicht abgegrenzten Teils ihrer Ausgaben (institutionelle Förderung, Nr. 2.2 der Verwaltungsvorschriften -VV- zu § 23 LHO). Nach § 44 Abs. 1 Sätze 1-3 dürfen Zuwendungen nur unter den Voraussetzungen des § 23 LHO gewährt werden; dabei ist zu bestimmen, wie die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendungen nachzuweisen ist. Außerdem ist ein Prüfungsrecht der zuständigen Dienststelle oder ihrer Beauftragten festzulegen. Nach den Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO dürfen Zuwendungen nur solchen Empfängern bewilligt werden, bei denen eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gesichert erscheint und die in der Lage sind, die zweckentsprechende Verwendung der Mittel bestimmungsgemäß nachzuweisen (A.1.2). Für Zuwendungen zur institutionellen Förderung sind die ANBest-I (Anlage 1 zu den VV) als Nebenbestimmungen grundsätzlich unverändert zum Bestandteil des Zuwendungsbescheides zu machen (A.5.1). Die Bewilligungsbehörde hat die Verwendung der Zuwendung zu überwachen (A.9.1). Außerdem hat die Bewilligungsbehörde von dem Zuwendungsempfänger den Nachweis der Verwendung entsprechend dem Zuwendungsbescheid (einschließlich Nebenbestimmungen) zu verlangen (A.10.1).

Die Beklagte hat in Erfüllung dieser Aufgaben von der Klägerin die Vorlage der Verwendungsnachweise insbesondere für das (Haushalts-)Jahr 2018 eingefordert. Die Prüfung der von der Klägerin daraufhin bei der Beklagten eingereichten Nachweise hat ergeben, dass Belege in erheblichem Umfang fehlten. In dem Verwaltungsvorgang findet sich eine Liste "Belegprüfung 2018" (Bl. 153 d. Verwaltungsvorgangs), in der im Einzelnen die fehlenden Belege zu den Buchungspositionen aufgeführt sind. Der Geschäftsführer hat/hatte seit dem 15. November 2017 diese Funktion inne und verantwortete daher die Buchführung für das Jahr 2018 i. S. d. §§ 5 und 12 NMedienG.

Dass die Haushalts- und Buchführung der Klägerin insbesondere auch für das Jahr 2018 fehlerbehaftet gewesen ist, wird zur Überzeugung der Kammer auch durch die Aussagen der Zeuginnen D. und H. deutlich. So hat die Zeugin D. glaubhaft dargetan, dass es bei der Klägerin nur im ersten Quartal 2018 eine Buchhaltung gegeben hatte; im zweiten Quartal 2018 habe bei der Klägerin überhaupt keine Buchhaltung stattgefunden. Erst mit ihrem Eintritt am 01. Juli 2018 habe wieder eine Buchführung aufgenommen werden können. Dabei sei nicht sichergestellt gewesen, dass jede an die Klägerin gerichtete Rechnung auch letztlich bei ihr - der Zeugin - gelandet sei und von der Buchhaltung habe erfasst werden können. Dies habe schon praktisch allein daran gelegen, dass nicht bekannt gewesen sei, wie viele Briefkastenschlüssel zu dem Briefkasten vorhanden gewesen seien. Sie habe den Eindruck gehabt, dass sehr viele Personen Zugriffsmöglichkeit auf den Briekasten gehabt hätten. Dieses abzustellen, sei auf Widerstände innerhalb der Klägerin gestoßen.

Die Zeugin H. hat hierzu glaubhaft ausgesagt, es sei allgemein festgestellt worden, dass es in der Buchhaltung der Klägerin große Schwierigkeiten gegeben habe, die entsprechenden Konten ordnungsgemäß zu führen. Insbesondere sei zwischen Projektkonten und dem institutionellen Haushalt zu trennen gewesen. Die Beklagte habe Wert daraufgelegt, dass die Klägerin sich hier fortentwickele und die festgestellten Mängel dringend abstelle. Seitens der Klägerin sei zugesagt worden, dass hier eine Verbesserung in der Haushaltsführung eintreten solle. Die Liste Blatt 153 des Verwaltungsvorgangs habe sie Anfang März 2019 gefertigt. Im März 2019 habe auch ein Gespräch von Vertretern der Beklagten in ihrem Beisein mit Vertretern des Aufsichtsrats der Klägerin stattgefunden; der Geschäftsführer sei nicht dabei gewesen. Sie habe auch eine Präsentation vorbereitet gehabt, die unter anderem diese Liste Blatt 153 des Verwaltungsvorgangs enthalten habe. Sie habe bereits alles für die Präsentation technisch Erforderliche aufgebaut gehabt. Nachdem der mögliche Rückforderungsbetrag in Höhe von ca. 10.000,00 € für das Jahr 2018 genannt worden sei, hätten alle Anwesenden darauf verzichtet, dies im Einzelnen durch eine Projektion der Beanstandungsliste zu belegen.

b. Die Beklagte forderte die Klägerin daraufhin (u. a.) unter dem 24. Januar 2019 - gerichtet an den Aufsichtsratsvorsitzenden Vetter - unter Fristsetzung bis zum 28. Februar 2019 auf, die fehlenden Belege vorzulegen. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr G., wurde von dieser Anforderung in Kenntnis gesetzt. Dies steht für die erkennende Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Die Zeugin D. hat ausgesagt, dass der Geschäftsführer G. sie im Januar 2019 - oder zu einem ungefähren Zeitpunkt in diesem Zeitraum - ausdrücklich gebeten habe, dass sie sich darum kümmere, die Belege für das Jahr 2018 für die Beklagte zusammenzustellen. Der Geschäftsführer der Klägerin ist dieser Aufforderung nicht innerhalb der gesetzten - nicht zu kurz bemessenen - Frist nachgekommen. Dieser Grund trägt allein den Widerruf der Zulassung zum Bürgerrundfunk.

c. Es ist deshalb für den Widerruf der Zulassung zur Veranstaltung von Bürgerrundfunk unerheblich, dass die Beklagte diesen Widerruf auch darauf gestützt hat, die Klägerin gewährleiste organisatorisch und finanziell nicht (mehr) den dauerhaften Betrieb des Bürgerrundfunks. Dieser Zulassungsgrund nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NMedienG ist von der Ermächtigung zum zwingenden Widerruf in § 12 Abs. 2 Nr. 1 NMedienG nicht in Bezug genommen. Entgegen der Ansicht der Beklagten dürfte eine analoge Anwendung dieser Vorschrift hier ausscheiden, weil es sich bei dem Widerruf der noch bis zum 31. März 2023 geltenden Zulassung um einen Akt der Eingriffsverwaltung handelt (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 14.08.1996 - 2 BvR 2088/93 -, juris, Rn 10ff.); der Klägerin wird mit dem Widerruf eine durch die (Verlängerung der) Zulassung bis zum 31. März 2023 eingeräumte, rechtlich geschützte Rechtsposition genommen.

Der Beklagten hätte, wenn sie den Widerruf der Zulassung nicht (allein) mit der Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers, sondern (auch) mit der Unfähigkeit der Klägerin als solcher, den dauerhaften Betrieb organisatorisch und finanziell zu gewährleisten, begründen wollte, die Möglichkeit offen gestanden, den Widerruf auf § 49 Abs. 2 VwVfG stützen können. Das durch diese Norm eröffnete Ermessen hat die Beklagte allerdings nicht ausgeübt.

2. Auch der Widerruf des vorläufigen Zuwendungsbescheides für das Jahr 2019 vom 20. Dezember 2018 mit Wirkung ab dem 01. April 2019 ist rechtmäßig.

Die Beklagte durfte diesen Widerruf auf § 49 Abs. 2 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i.V.m. § 1 Abs. 1 des Nds. Verwaltungsverfahrensgetzes, wonach (u. a.) für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Anstalten des öffentlichen Rechts die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit Ausnahme der §§ 1, 2, 61 Abs. 2, §§ 100 bis 101 VwVfG gelten, stützen. In speziellen Gesetzen, etwa dem Nds. Mediengesetz, sind Vorschriften über den Widerruf von Zuwendungsbescheiden nicht enthalten.

Nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG darf ein rechtmäßiger, begünstigender Verwaltungsakt - wie hier die zugunsten der Klägerin mit Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2018 festgesetzte Zuwendung -, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur dann widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.

a. Eine neue Tatsache im Sinne der Norm liegt hier in dem Umstand, dass der Geschäftsführer der Klägerin die Verwendungsnachweise für das Jahr 2018 auch nach Aufforderung und Fristsetzung bis zum 28. Februar 2019 in dem Schreiben der Beklagten vom 24. Januar 2019 nicht vorgelegt hat bzw. nicht hat vorlegen können. Daraus hat die Beklagte - wie ausgeführt - zu Recht den Schluss gezogen, dass der Geschäftsführer der Klägerin nicht in der Lage (gewesen) ist, eine ordentliche Buchführung bei der Klägerin einzuführen bzw. durchzusetzen, mittels derer die Klägerin die Vorgaben der Landeshaushaltsordnung und der Nebenbestimmungen zu dem Zuwendungsbescheid für das Jahr 2018 hätte einhalten können.

Die Beklagte wäre dazu berechtigt gewesen, den widerrufenen Zuwendungsbescheid nicht zu erlassen, wenn ihr bereits bei dessen Ergehen diese neue Tatsache bekannt gewesen wäre. Wie ausgeführt setzen § 44 LHO und die hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften für die Vergabe der Zuwendung voraus, dass bei dem Zuwendungsempfänger eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gesichert erscheint und er in der Lage ist, die zweckentsprechende Verwendung der Mittel bestimmungsgemäß nachzuweisen. Dies ist - wie unter 1.a) dargelegt - zu dem hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt in der Person des Geschäftsführers der Klägerin nicht gegeben bzw. für die Klägerin zu verneinen (gewesen).

b. Ohne den Widerruf des Zuwendungsbescheides für das Jahr 2018 wäre das öffentliche Interesse gefährdet. Notwendig ist eine durch den Bestand des widerrufenen Bescheides drohende konkrete Gefährdung des öffentlichen Interesses, zu deren Beseitigung der Widerruf beitragen kann und erforderlich ist (vgl. Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl., Rn. 48 zu § 49, m.w.N. aus der höchstrichterl. Rspr.). Zum öffentlichen Interesse zählt auch die sparsame Verwendung öffentlicher Mittel (Ramsauer, a.a.O., m.w.N.). Vorliegend hat die Gefahr gedroht, dass die aus Mitteln der Rundfunkbeiträge finanzierten Zuwendungen an die Klägerin über den 31. März 2019 hinaus ohne hinreichende Nachweise für deren Verwendung von der Klägerin ausgegeben worden wären, sodass die reale Möglichkeit bestand, dass die Mittel nicht zweckgerichtet verwandt worden wären.

c. Da die mit Schreiben der Beklagten vom 24. Januar 2019 gesetzte (Nach-)Frist für die Vorlage der Verwendungsnachweise für das Jahr 2018 (erst) am 28. Februar 2019 abgelaufen war, ist mit dem Erlass des angegriffenen Widerrufsbescheides am 22. März 2019 die Jahresfrist nach § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG gewahrt. Nach dieser Vorschrift ist, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche den Widerruf rechtfertigen, der Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Voraussetzung für den Lauf der Jahresfrist ist die positive Kenntnis aller Tatsachen, die für die Entscheidung über den Widerruf von Bedeutung sein können (vgl. Ramsauer, a.a.O., Rn. 59). Erst mit Ablauf dieser Nachfrist war hinreichend sicher, dass es der seit November 2017 bei der Klägerin tätige Geschäftsführer nicht vermocht hat, bei der Klägerin eine ordentliche Buchführung einzuführen und die notwendigen Belege für die zweckgerichtete Verwendung der gewährten Zuwendungen beizubringen.

d. Die Beklagte hat das ihr durch § 49 VwVfG eröffnete Ermessen beanstandungsfrei ausgeübt. Im Subventionsrecht ist anerkannt (vgl. Ramsauer, a.a.O., Rn. 73), dass ein Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorgaben, insbesondere der fehlende Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung von öffentlichen Geldern, die Ausübung des Ermessens zu Lasten des Zuwendungsnehmers rechtfertigt, wenn nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen (sog. intendiertes Ermessen). Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Die Beklagte hat im Übrigen sämtliche vorliegend erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände in ihre Abwägung einbezogen; insbesondere hat sie die geringe Anzahl der aus der Zuwendung finanzierten Vollzeitstellen bei der Klägerin mit dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Haushaltsgrundsätze abgewogen. Dabei nimmt sie zutreffend an, dass für Bürgerrundfunk nichts anderes gelten kann als für andere Zuwendungsempfänger. Da die Beklagte mehrere Veranstalter von Bürgerrundfunk fördert, ist ihr zuzugestehen, dass sie einheitliche Maßstäbe bei der rechtlichen Bewertung buchhalterischer und organisatorischer Mängel, die sich bei den Veranstaltern zeigen, anlegt.

3. Die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 500,00 € ist ebenfalls rechtmäßig. Gemäß § 50 Abs. 2 NMedienG erhebt die Beklagte Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen (u. a.) nach dem NMedienG. Nach § 2 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Verwaltungsgebühren und die Erstattung von Auslagen für Amtshandlungen -Kostensatzung- vom 02. Juni 2016 (Nds.MBl. 2016, S. 677) i.V.m. Nr. III.7 des Kostenverzeichnisses ("Widerruf der Zulassung") hierzu ist ein Gebührenrahmen von 100,00 bis 1.500,00 € vorgegeben. Die festgesetzte Gebühr beträgt nur 1/3 der zulässigen Höchstgebühr und ist bereits im Hinblick auf den Wert der Sache für die Beklagte nicht zu hoch gegriffen.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil dieser keinen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko im Sinne von § 154 Abs. 3 VwGO nicht ausgesetzt hat.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.