Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 03.07.2024, Az.: 3 B 173/24

Satzung zur Errichtung des Quartiers Weender Straße / Kornmarkt in Göttingen voraussichtlich nichtig

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
03.07.2024
Aktenzeichen
3 B 173/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 18115
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2024:0703.3B173.24.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine Klage gegen die Abgabenerhebung nach dem NQG hat keine aufschiebende Wirkung. (Anschluss an OVG Bremen, Beschluss vom 18.04.2011, 1 B 177/10)

  2. 2.

    Anhörungsschreiben nach § 7 Abs. 2 NQG müssen die Rechtsbetroffenheit der Anlieger in der Form erkennen lassen, dass eine Abgabenerhebung beabsichtigt ist.

  3. 3.

    Werden Grundstückseigentümer innerhalb eines Quartiers zu einer Sonderabgabe herangezogen, muss die Homogenität der Gruppe dadurch gewährleistet werden, dass die Grundstücke im Hinblick auf die mit dem Quartier verfolgten Ziele vergleichbar nutzbar sind; eine solche vergleichbare Nutzbarkeit ist grundsätzlich nicht anzunehmen, wenn für die im Quartier gelegenen Grundstücke einerseits Kerngebiet und andererseits Mischgebiet festgesetzt ist. (Anschluss an OVG Bremen, Beschluss vom 18.04.2011, 1 B 177/10)

  4. 4.

    Die Festsetzung eines grundstückwertbezogenen Höchstbetrages ist notwendiger Inhalt einer Quartierssatzung.

  5. 5.

    Aufgabe im Sinne des § 3 Satz 1 NQG sind auch freiwillige Aufgaben, sofern diese tatsächlich durch die Gemeinde übernommen wurden.

  6. 6.

    Der Quartiersgemeinschaft stehen keine Abgaben für ihre allgemeinen Verwaltungskosten zu.

  7. 7.

    Das Maßnahmen- und Finanzierungskonzept gem. § 5 NQG muss derart konkret gefasst sein, dass eine Überprüfung der Kostenschätzung möglich ist und die Entscheidung über die Mittelverwendung bei der Gemeinde und deren demokratisch legitimierten Gremien verbleibt.

  8. 8.

    Wer dem Antrag nach § 6 Abs. 2 NQG ausdrücklich zustimmt, ist mit Einwendungen ausgeschlossen, die sich gegen antragsgemäß übernommene Festsetzungen richten.

[Grunde]

Der Antragsteller wendet sich gegen die vorläufige Vollstreckbarkeit der von der Antragsgegnerin gegen ihn festgesetzten Abgabe für das Quartier "E. Straße / F.".

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks mit der Anschrift F. 10 in A-Stadt (Flur 27, Flurstück 29). Das Grundstück hat eine Größe von 1.031m2 mit einer Fassadenlänge zum F. von 9m. Auf dem Grundstück befinden sich ein Ladengeschäft mit 380m2 Fläche, zwei Wohnhäuser und eine Freifläche mit 15 Stellplätzen. Bauplanungsrechtlich liegt das Grundstück in einem Mischgebiet (MI).

Am 14.04.2015 wurde der Förderverein E. Straße / F. e. V. (im Folgenden: Förderverein) unter dem Aktenzeichen VR 201731 in das Vereinsregister des Amtsgerichts A-Stadt eingetragen. Der Antragsteller war bis zum 09.02.2023 als weiterer Vorsitzender eingetragen. Durch die Mitgliederversammlung vom 21.06.2023 wurde die Vereinssatzung auf Beratung der Kanzlei Heinze und Partner, Dortmund/Bielefeld, umfassend zur Vorbereitung des Antrags auf Erlass einer Satzung nach dem Niedersächsischen Quartiergesetz (NQG) geändert. Vereinszweck ist nun "die Attraktivität des Innenstadtbereichs E. Str. / F. in A-Stadt als Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum zu erhöhen, die Rahmenbedingungen für die in diesem Bereich niedergelassenen Betriebe zu verbessern und den Werterhalt bzw. die Wertsteigerung der Immobilien des Bereichs zu unterstützen" sowie die Aufenthalts- und Wohnqualität des Bereichs zu erhöhen. Der Verein beantragte mit Schreiben vom 11.07.2023, bei der Beklagten eingegangen am 12.07.2023, den Erlass einer Satzung nach dem NQG für den Bereich E. Straße und F. unter Vorlage von Zustimmungserklärungen verschiedener Grundstückseigentümer, darunter auch eine Zustimmungserklärung des Antragstellers (Blatt 89-90 des Verwaltungsvorgangs).

Das dem Antrag beigefügte und unverändert als Anlage in die Satzung übernommene Handlungs- und Maßnahmenkonzept sieht fünf "Investitionsfelder" vor, welche meist mehrere Einzelmaßnahmen enthalten. Im Einzelnen sind folgende Maßnahmen geplant, wobei die hier verwendete Nummerierung dem Handlungs- und Maßnahmenkonzept entnommen ist:

1. "Investitionsfeld Wohlfühlatmosphäre im öffentlichen Raum"

1.1. Realisierung baulicher Lösungen mit kühlender Wirkung im Sommer (Gesamtkosten: 223.000€)

1.2. Straßenhausmeisterservice im öffentlichen Raum (Gesamtkosten: 78.000€)

1.3. Leerstandsaufwertung durch temporäres Nutzen des Freiraums durch Anfertigung von Möbeln zur Schaufenstergestaltung durch benachbarte Betriebe, Künstler, Vereine wie den Pro City e. V. oder wissenschaftliche Einrichtungen (Gesamtkosten: 30.000€)

1.4. Gestaltung von Bauzäunen und -gerüsten mit Innenstadtmotiven (Gesamtkosten: 18.000€)

2. "Investitionsfeld Kunden- und Besucherservices"

2.1. kostenloses öffentliches WLAN (Gesamtkosten: 66.000€)

2.2. Kinderbetreuung für Innenstadtbesucher (Gesamtkosten: 163.000€)

3. "Investitionsfeld Veranstaltungen und Inszenierung"

3.1. Stärkung der weihnachtlichen Atmosphäre durch Ergänzung von Inszenierungen, Aktionen und Veranstaltungen des Pro City e. V. (Gesamtkosten: 68.000€)

3.2. "Sympathieaktionen für die Innenstadtatmosphäre" (z. B. Auftritte von Kleinkünstlern, Mitmachaktionen, Schaufensterkationen, Lehmspielplatz; Gesamtkosten: 66.000€)

4. "Investitionsfeld Innenstadt- und Quartierswerbung"

4.1. Unterstützung der Event- und Anlasswerbung des Pro City e. V. (Gesamtkosten: 90.000€)

4.2. Unterstützung eines digitalen Stadtführers in Form der Co-Finanzierung entsprechender Maßnahmen der Antragsgegnerin oder deren Gesellschaften (Gesamtkosten: 31.000€)

5. Quartiersmanagement durch Personalkapazitäten für die laufende Programmabstimmung mit der Stadtverwaltung, die Verwaltung der NQG-Mittel und den Nachweis einer ordnungs- und zweckmäßigen Mittelverwendung (Gesamtkosten: 50.000€)

Die Gesamtkosten sollen nach dem Konzept untereinander in der Form deckungsfähig sein, dass zwischen den Investitionsfeldern "Verschiebungen um bis zu 25% möglich sein" sollen.

Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin nahm am 09.10.2023 den Entwurf der Quartierssatzung zur Kenntnis und stimmte dem Abschluss eines entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vertrags mit dem Förderverein nach Durchführung des Beteiligungsverfahrens zu. Die Antragsgegnerin informierte die Anlieger mit jeweils förmlich zugestellten Schreiben vom 24.10.2023, die sich jeweils nur in der Angabe des betroffenen Grundstücks unterscheiden. In den Schreiben wird ausgeführt, dass das NQG den Zusammenschluss privater Akteure zur Durchführung standortbezogener Aufwertungsmaßnahmen ermöglicht und dass die Einrichtung eines Quartiers in der E. Straße und am F. angestrebt werde, zu dem schon verschiedene Beteiligungen der Gremien und der Öffentlichkeit stattgefunden hätten. Es sei davon auszugehen, dass das Quartier voraussichtlich eingerichtet werden könne, sofern das Widerspruchsquorum nicht erreicht werde. Außerdem wird dargestellt, dass ein Widerspruch innerhalb eines Monats schriftlich, zur Niederschrift oder per E-Mail bei der Bauverwaltung eingelegt werden könne, wobei ein Nachweis der Vertretungsberechtigung des Unterzeichners vorzulegen sei, sofern der Eigentümer eine juristische Person ist. Anschließend wird darauf hingewiesen, dass der Entwurf der Satzung und das Handlungskonzept im Neuen Rathaus sowie auf der Internetseite der Stadt zur Einsichtnahme bereitlägen sowie auf Anfrage auch zugesandt würden. Zuletzt werden noch die Kontaktdaten des Fördervereins angegeben. Einen Hinweis auf eine mögliche Abgabenerhebung enthielt das Schreiben nicht. Im Zeitraum vom 25.10.2023 bis zum 06.12.2023 wurde der Satzungsentwurf öffentlich ausgelegt. Die dagegen gerichteten Widersprüche eines Teils der Grundstückseigentümer erreichten nicht das gesetzliche Widerspruchsquorum von einem Drittel der Eigentümer oder einem Drittel der Grundfläche. Der Antragsteller erhob keinen Widerspruch.

Daraufhin unterzeichnete die Oberbürgermeisterin der Antragsgegnerin unter dem 22.12.2023 einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Förderverein, der diesen insbesondere zu einer dem Maßnahmenplan entsprechenden Verwendung des Abgabeaufkommens verpflichtete. Der Förderverein unterzeichnete den Vertrag unter dem 30.12.2023.

Am 16.02.2024 beschloss der Rat der Antragsgegnerin antragsgemäß die Satzung über die Festlegung des Quartiers "E. Straße / F." nach dem Niedersächsischen Quartiersgesetz (NQG) - Quartierssatzung "E. Straße / F." (im Folgenden: Quartierssatzung).

Das darin definierte Quartier umfasst im Einzelnen festgelegte Grundstücke entlang der E. Straße und der Straße F. im Abschnitt zwischen den Straßen G. /H. straße und I. Straße/J. Straße, unter anderem das Grundstück des Antragstellers. Bauplanungsrechtlich liegt der weit überwiegende Teil der Anliegergrundstücke im Bereich des Bebauungsplans Nr. 185 "Historische Innenstadt" in der Fassung der 2. Änderung (Planerweiterung) vom 15.11.1991. Dieser setzt für die unmittelbar an die E. Straße angrenzende Grundstücksseite Mischgebiete (MI) und Kerngebiete (MK) fest. Im rückwärtigen Bereich - der zumindest weit überwiegend nicht im Geltungsbereich der Quartierssatzung belegen ist - werden teilweise auch besondere Wohngebiete (WB) ausgewiesen. Der Abschnitt zwischen K. straße und H. straße wird - inklusive der Straße - durch den Bebauungsplan Nr. 136 "G." vom 06.12.1991 in der Fassung der 2. Änderung vom 15.02.2010 überplant. Der Abschnitt zwischen L. straße und K. straße liegt im Bereich des Bebauungsplans Nr. 93 "E. Straße - Westlich M. kirche", welcher ein Mischgebiet (MI) mit unterschiedlichen Maßen der Bebauung festsetzt. Die Grundstücke E. Straße 72 und 74 sind durch den gleichnamigen Bebauungsplan Nr. 234 vom 05.05.2008 überplant, der ein Kerngebiet (MK) festsetzt. Das Rathaus liegt im Bereich des Bebauungsplans Nr. 145 "N. kirchenviertel und N. kirchplatz" vom 07.07.1978 und ist als Verwaltungsgebäude festgesetzt. Das Gelände der St.- M. -Kirche ist unbeplant. Der F. sowie die E. Straße selbst sind - bis auf das bereits erwähnte Teilstück zwischen K. straße und H. straße - unbeplant.

Nach § 3 der Quartierssatzung soll zur Finanzierung der Gesamtkosten von 997790€ (inkl. Finanzreserve in Höhe von 88300€ - 10% der Maßnahmenkosten - und Verwaltungskosten in Höhe von 26.490€ - 3% der Maßnahmenkosten -) eine Abgabe erhoben werden, die über den Zeitraum vom 01.04.2024 bis zum 31.03.2029 in vierteljährlichen Raten fällig wird. Dieser Betrag wird gem. § 4 der Quartierssatzung nach einem Maßstab verteilt, der zu 50% die Grundstücksfläche und zu 50% die Grundstückslänge an der Erschließungsanlage i. S. d § 127 Abs. 2 BauGB zur Grundlage hat. Eine Vorschrift zur Begrenzung der Abgabe in Bezug auf den Wert des Grundstücks findet sich in der Satzung nicht.

Mit Bescheid vom 02.04.2024 setzte die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller eine Quartiersabgabe in Höhe von 23.225,69€ fest.

Unter dem 18.04.2024 beantragte der Antragsteller bei der Beklagten die Aussetzung der Vollziehung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 23.04.2024 ab.

Gegen den Bescheid vom 02.04.2024 erhob der Antragsteller am 22.04.2024 Klage, welche unter dem Aktenzeichen 3 A 157/24 geführt wird. Zudem hat er mit Antrag vom 02.05.2024 um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht.

Er ist der Ansicht, die räumliche Abgrenzung des Quartiers sei willkürlich, da die Anlieger der übrigen Straßen in der Fußgängerzone, deren Aufwertung bezweckt sei, nicht mit einbezogen worden seien. Diese Grundstückseigentümer seien ohne Zahlungspflicht reflexhaft begünstigt, was eine Ungleichbehandlung darstelle. Die Fassadenlängen der Seitenstraßen hätten ebenfalls Berücksichtigung finden müssen. Insgesamt seien die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung einer Sonderabgabe nicht erfüllt. Außerdem genüge das Handlungskonzept nicht dem Erfordernis der Begründung gem. § 5 Satz 3 NQG. Die mangelnde Kalkulation führe dazu, dass das beschließende Gremium sich keine hinreichend umfassende Vorstellung habe bilden können. Auch habe kein nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 NQG erforderlicher öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen werden können, da die private Initiative nicht in die Aufgabe der Gemeinde falle und damit materielle Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Vertrags gem. §§ 54ff. VwVfG nicht erfülle. Zudem habe die nach § 9 Abs. 2 Satz 2 NQG erforderliche obere Schranke der Abgabe keinen Eingang in die Satzung gefunden. Ferner rügt der Antragsteller, dass keine detaillierte Kalkulation vorliegt. Zudem bezweifelt er das Vorliegen der nach dem NQG erforderlichen Quoren, deren Höhe außerdem verfassungsrechtlich bedenklich sei. Bei der konkreten Berechnung sei zudem eine falsche Höhe des Einheitswertes für das gegenständliche Grundstück angesetzt worden.

Der Antragsteller beantragt daher,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 02.04.2024 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die formellen und materiellen Anforderungen an das dem Erlass der Satzung vorausgehende Verfahren seien erfüllt, insbesondere seien die Betroffenen hinreichend informiert worden. Die Festlegung eines grundstückswertbezogenen Höchstwertes der Abgabe sei nicht erforderlich, da sich diese bereits unmittelbar aus dem NQG ergebe. Die Festlegung der "A-Lage" der Göttinger Innenstadt als Quartiersbereich sei auch sachgerecht. Der festgelegte Verteilungsmaßstab entspreche der abschließenden Regelung des NQG. Zudem weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass der Antragsteller Gründungsmitglied war und dem Antrag zugestimmt hat.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Akten inklusive des Verfahrens in der Hauptsache sowie die zum Verfahren 3 A 153/24 erfassten Beiakten 2 und 3 (Verwaltungsvorgang) verwiesen.

I.

Der gemäß § 80 Abs. 5 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 6 Satz 1 VwGO zulässige Antrag hat Erfolg.

Gemäß § 80 Abs. 5 und Abs. 4 Satz 3 VwGO kann das Gericht der Hauptsache bei der Erhebung von öffentlichen Abgaben die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

1.

Es handelt sich bei der streitgegenständlichen Abgabe um eine öffentliche Abgabe im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO.

Dies ergibt sich zwar entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht bereits daraus, dass das NQG als Landesgesetz auf das NKAG verweist und in der Gesetzesbegründung die Abgabe als beitragsähnliche Sonderabgabe eigener Art einordnet, denn der bundesrechtliche Begriff des § 80 VwGO unterliegt nicht der Disposition des Landesgesetzgebers.

Die Abgabe erfüllt jedoch der Sache nach die durch § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO aufgestellten Voraussetzungen.

Hierzu führt das OVG Bremen in seinem Beschluss vom 18.04.2011 (1 B 177/10, BeckRS 2011, 53339) zum Bremischen Gesetz zur Stärkung von Einzelhandels- und Dienstleistungszentren (BremGSED) aus:

§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO greift aus der Gesamtheit der Geldleistungen, die von Hoheitsträgern durch Verwaltungsakt gefordert werden, den Kreis von Zahlungspflichten heraus, der von der Zweckrichtung her Gemeinsamkeiten mit den der Finanzgerichtsbarkeit zugewiesenen Steuern aufweist und es wegen dieser Parallelität rechtfertigt, dass sich das öffentliche Interesse am sofortigen Zahlungseingang - ebenso wie im Steuerrecht - gegenüber dem sonst als vorrangig anerkannten Interesse des Schuldners durchsetzt, vor Unanfechtbarkeit des Heranziehungsbescheides nicht leisten zu müssen (BVerwG, Urteil vom 17.12.1992 - 4 C 30/90 -, NVwZ 1993, 1112).

Das überwiegende öffentliche Interesse am sofortigen Zahlungseingang ist bei der vorliegenden Abgabe dadurch zu rechtfertigen, dass sie der Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe dient, deren Durchführung bei einem verzögerten Zahlungseingang gefährdet wäre. Dabei ist der Begriff der öffentlichen Aufgaben erheblich weiter zu fassen als der der staatlichen Aufgaben. Es reicht insoweit aus, dass die Durchführung der Aufgabe - wie hier - dem Gemeinwohl dienen soll. Der Gesetzgeber hat das öffentliche Interesse an der Einrichtung von Innovationsbereichen, in denen private Aufgabenträger Maßnahmen zur Verbesserung von Einzelhandels- und Dienstleistungsbereichen ergreifen können, durch den Erlass des Bremischen Gesetzes zur Stärkung von Einzelhandels- und Dienstleistungszentren anerkannt. Auch § 171f BauGB erhebt das Ziel der Stärkung privater Initiativen, die einen Beitrag zur städtebaulichen Verbesserung von Eufach0000000004quartieren leisten können, zu einem stadtentwicklungspolitischen öffentlichen Interesse. Dass damit auch (mittelbar) privaten Interessen Rechnung getragen wird, schließt das öffentliche Interesse nicht aus (Hecker, Business Improvement Districts in Deutschland, 2010, S. 76).

Die nach § 7 Abs. 1 BremGSED erhobene Abgabe dient der Finanzierung dieser öffentlichen Aufgabe, da sie nach Satz 1, 2. Halbsatz dieser Vorschrift i. V. m. § 8 Abs. 1 BremGSED weit überwiegend zur Deckung des dem Aufgabenträger (§ 3 BremGSED) entstehenden Aufwandes zu verwenden ist.

Die im Rahmen der Abgabenpflicht zu leistenden Geldzahlungen sind - wie bei einer Steuer - normativ festgelegt (vgl. Eyermann/Schmidt, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80 RdNr. 19). Der Umfang der Geldforderung ist aus dem Ortsgesetz heraus berechenbar, ohne dass hierzu weitere Berechnungsparameter hinzugezogen werden müssten. Dies führt dazu, dass die durch die Abgabenerhebung zu erzielenden Einnahmen bereits bei Inkrafttreten des Ortsgesetzes der Höhe nach feststehen, was der Verwaltung und dem Aufgabenträger ein hohes Maß an Planungssicherheit beschert (vgl. Schoch, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 RdNr. 113).

Die Abgabe wird durch staatliche Organe erhoben. Die dabei erzielten Mittel kommen zwar nicht einem öffentlichen Haushalt, sondern gemäß § 8 Abs. 1 BremGSED dem Aufgabenträger zugute. Das Interesse an der Umsetzung des Maßnahmen- und Finanzierungskonzepts des Aufgabenträgers, das gemäß § 4 Abs. 1 BremGSED Grundlage für die Einrichtung des Innovationsbereichs ist, ist - im Hinblick auf § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - dem Interesse an einer ordnungsgemäßen Haushaltsdurchführung (vgl. Puttler, in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 80 RdNr. 55; Hk-VerwR/Bostedt, 2. Aufl. 2010, § 80 VwGO RdNr. 48) gleichwertig. Mit dem Maßnahmen- und Finanzierungskonzept wird der Gesamtfinanzbedarf des Innovationsbereichs festgelegt. Die Umsetzung des Maßnahmen- und Finanzierungskonzepts steht und fällt mit dem verlässlichen Zufluss der durch die Abgabe erhobenen Mittel, die dem Aufgabenträger durch Leistungsbescheid (§ 8 Abs. 2 BremGSED) weitergereicht werden. Der Aufgabenträger hat praktisch keine Möglichkeit, sich anderweitig Mittel zu verschaffen, um ausstehende Abgabenzahlungen vorzufinanzieren. Die (orts-)gesetzliche Konzeption des Innovationsbereichs als einer befristeten Einrichtung (§ 4 Abs. 3 BremGSED) widerspräche es, wenn Maßnahmen nach Ablauf des Geltungszeitraums des Ortsgesetzes nachgeholt werden müssten. Nach diesem Zeitpunkt aufgrund eines längeren erfolglosen Rechtsstreits nachgezahlte Abgaben könnten deshalb nicht mehr zweckentsprechend verwendet werden.

Diese Erwägungen - denen die Kammer folgt - lassen sich auch auf die Abgabe nach dem NQG übertragen. Auch das NQG findet seine bundesrechtliche Stütze in § 171f BauGB (vgl. auch LT-Drucksache 18/6158, S. 11). Auch die nach § 10 NQG erhobene Abgabe kommt gem. § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2-3 NQG der Quartiersgemeinschaft - welche funktional dem (privaten) Aufgabenträger nach dem BremGSED entspricht - zu Gute, die dafür im Gegenzug gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 NQG das Maßnahmen- und Finanzierungskonzept umsetzen muss. Auch unter dem NQG erfolgt die Abgabenerhebung durch staatliche Organe, nämlich gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 NQG i. V. m. der Quartierssatzung die Gemeinde, und ist aufgrund des Ortsrechts unmittelbar berechenbar (vgl. § 9 Abs. 3 NQG).

2.

Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte läge nur vor, wenn die Zahlung dem Antragsteller einen nicht wieder gut zu machenden Schaden zufügen würde, der auch durch eine etwaige spätere Rückzahlung nicht ausgeglichen werden könnte (so bereits Beschlüsse der Kammer vom 15.04.1997 - 3 B 3135/96 -, vom 03.06.1998 - 3 B 3047/98 -, vom 07.07.2000 - 3 B 3279/00 -, vom 02.12. 2005 - 3 B 547/05 - juris, Rn 3, und vom 13.03.2008 - 3 B 24/08 -, vom 09.11.2007 - 3 B 312/07 -, vom 15.05.2006 - 3 B 219/06 - und vom 03.02.2010 - 3 B 605/09 -, 19.03.2019 - 3 B 80/19). Hieran ändert auch nichts, dass die vereinnahmten Mittel unmittelbar an private Dritte ausgekehrt werden sollen, da die Antragsgegnerin als Hoheitsträger auch selbst für die Folgenbeseitigung ihrer Abgabenerhebung einstehen muss. Diese Einstandspflicht steht auch nicht in Streit, denn die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 04.06.2024 selbst mitgeteilt, davon auszugehen, dass sie für etwaige Rückzahlungsverpflichtungen notfalls mit Haushaltsmitteln einzustehen habe. Tatsachen, aus denen Anhaltspunkte für eine unbillige Härte entnommen werden könnten, hat der Antragsteller nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich.

3.

Es bestehen jedoch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides dergestalt, dass ein Erfolg des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren deutlich wahrscheinlicher erscheint als ein Misserfolg, da gravierende Zweifel an der Vereinbarkeit der Quartierssatzung, auf welcher der Bescheid beruht, mit höherrangigem Recht bestehen.

a)

Hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der Quartierssatzung sind zunächst bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung keine Mängel hinsichtlich der durch das NQG vorgesehenen Zustimmungsquoren ersichtlich. Zwar dürfte es sich verbieten, mehrere Flurstücke als ein Grundstück zu betrachten, denn auch ein gemeinsames Grundbuchblatt enthält begrifflich mehrere Grundstücke (§ 4 Abs. 1 GBO), während sich die Definition des Grundstücks am Liegenschaftskataster, also am Flurstück, orientiert (§ 2 Abs. 2 GBO). Auch bei getrennter Zählung der Widersprüche der jeweiligen Grundstückseigentümer wird jedoch das Widerspruchsquorum von 30% nicht erreicht, während das Zustimmungsquorum von 15% überschritten wird.

Die Kammer hat im Hinblick auf § 54ff. VwVfG auch keine Zweifel an der Wirksamkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags mangels Aufgabenerfüllung durch die Gemeinde. Das VwVfG findet nämlich nach § 1 Abs. 2 NVwVfG auf Handeln niedersächsischer Behörden nur Anwendung, wenn das Landesrecht keine abweichenden Regelungen trifft. Mit dem Erfordernis eines öffentlich-rechtlichen Vertrages in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 NQG steht danach fest, dass ein solcher auch wirksam geschlossen werden kann.

Die Quartierssatzung leidet jedoch unter dem formalen Mangel, dass die Betroffenen nicht ausreichend hinsichtlich ihres Widerspruchsrechts angehört wurden. Das Widerspruchsrecht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 NQG ist - trotz der verwendeten gleichen Bezeichnung - von dem in der VwGO geregelten Rechtsbehelf des Widerspruchs zu unterscheiden (so auch LT-Drucksache 18/6158, S. 15). Es stellt funktional keinen Rechtsbehelf dar, sondern ist - wie die Verpflichtung zur individuellen Information in § 7 Abs. 2 NQG zeigt - eher mit der Anhörung (LT-Drucksache 18/6158, S. 15 spricht allgemeiner von "Beteiligung") verwandt.

Vorliegend wurden die Betroffenen im Wesentlichen über die im Wortlaut des § 7 Abs. 2 NQG genannten Mindestinhalte informiert. Allerdings wurde nur auf die Auslage des "Handlungskonzepts" verwiesen, während § 7 Abs. 2 NQG den Hinweis auf die Auslage des "Maßnahmen- und Finanzierungskonzept" verlangt. Das Weglassen der Finanzierungskomponente in der Bezeichnung in Verbindung mit dem Fehlen jeglichen Hinweises auf die aus der Satzung folgende Abgabenerhebung ist geeignet, den Empfänger über die Bedeutung der Information zu täuschen und ihn damit unrechtmäßig vom Widerspruch abzuhalten. Dabei möchte die Kammer der Antragsgegnerin keinesfalls eine entsprechende Absicht unterstellen, zumal sie lediglich den Titel des mit dem Antrag eingereichten Konzeptes übernommen hat. Die bloße objektive Eignung zur Irreführung führt jedoch bereits zu einem wesentlichen Verfahrensfehler. Ein gewissenhafter Durchschnittsempfänger dürfte das im vorliegenden Fall versandte Informationsschreiben dergestalt verstehen, dass eine Satzung erlassen wird, um privaten Akteuren zu gestatten, eigenverantwortlich, und damit auf eigene Kosten oder vielleicht auch auf Kosten der Gemeinde, Aufwertungsmaßnahmen im Quartier durchzuführen. Insbesondere kann nicht erwartet werden, dass der objektivierte Durchschnittsempfänger mit dem NQG die Abgabenpflicht verknüpft, zumal das NQG selbst juristisch vorgebildeten Personen eher unbekannt sein dürfte. Vielmehr spricht die Nennung der Bauverwaltung als Adressat des Widerspruchs selbst für den juristisch vorgebildeten Empfänger dafür, dass ggf. nachbarrechtsbeeinträchtigende bauliche Maßnahmen legitimiert, keinesfalls aber Abgabenpflichten entstehen sollen.

Außerdem ist der Wortlaut des § 7 Abs. 2 NQG ergänzend dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass die Information sämtliche nach hergebrachten Grundsätzen für eine Anhörung erforderlichen Angaben enthalten muss, keinesfalls aber irreführen darf. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebot eines fairen Verfahrens, das insbesondere auch für das Verwaltungsverfahren gilt, fordert grundsätzlich eine Anhörung (BVerfG NJW 2000, 1709, 1709 [BVerfG 18.01.2000 - 1 BvR 321/96]). Soweit eine Anhörung in Ausnahmefällen aus Verhältnismäßigkeitsgründen zu Gunsten einer einfacheren Verwaltungspraxis unterbleiben darf (etwa in den gesetzlich geregelten Fällen des § 28 Abs. 2 VwVfG), kann dies vorliegend keine Anwendung finden. Durch das gesetzliche Erfordernis einer individuellen Information sind ohnehin zwingend Schreiben an alle Betroffenen zu fertigen. Der geringfügige Mehraufwand, den die vollständige Darlegung der für den Betroffenen wesentlichen Aspekte verursacht, führt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung offensichtlich zu keinem Überwiegen gegenüber dem Recht auf Anhörung.

Bei der Anhörung muss die Behörde die beabsichtigte Maßnahme nach Art und Inhalt so konkret umschreiben, dass für den Beteiligten hinreichend klar oder erkennbar ist, weshalb und wozu er sich äußern können soll und mit welcher eingreifenden Entscheidung er zu welchem ungefähren Zeitpunkt zu rechnen hat (Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen: § 28 VwVfG Rn. 35 m. w. N.). Damit der Betroffene einer Satzung nach dem NQG seine Rechtsbetroffenheit erkennen kann, ist die Information über die offensichtlich für ihn besonders wesentliche Rechtsfolge, nämlich die Abgabenerhebung, zwingend in ein Informationsschreiben aufzunehmen. Enthält hingegen - wie vorliegend - ein umfängliches Informationsschreiben keinerlei Hinweis auf die Abgabenerhebung, so führt dies zur Irreführung des Betroffenen hinsichtlich der Erforderlichkeit seines Einschreitens. Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob über den bloßen - vorliegend bereits nicht erfolgten - Hinweis auf die Rechtsfolge der Abgabenerhebung hinaus auch über die - zu diesem Zeitpunkt bereits feststehende - individuell zu erwartende Höhe der Abgabe informiert werden muss. Im Ergebnis kann sich die Antragsgegnerin daher nicht darauf berufen, das Widerspruchsquorum sei nicht erreicht.

Bedenken begegnet auch die Angabe, dass ein Widerspruch nur unter Vorlage eines Nachweises der Vertretungsberechtigung juristischer Personen erfolgen könne. Ob ein entsprechendes, nicht im NQG festgelegtes, Erfordernis angesichts einer etwaigen Nachvollziehbarkeit einer etwaigen gesetzlichen Vertretungsberechtigung anhand öffentlicher Register im Rahmen der Amtsermittlung gem. § 24 VwVfG zulässig ist oder irreführend und damit aufgrund der unzulässigen möglichen Abschreckung der Betroffenen von der Einlegung des Widerspruchs unzulässig ist, kann hier aufgrund der bereits oben festgestellten Mängel dahinstehen.

b)

Materiell genügt der Zuschnitt des Quartiers in der Quartierssatzung nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, welche an die Erhebung einer Sonderabgabe zu stellen sind.

Bei der Abgabe nach dem NQG handelt es sich um eine Sonderabgabe (so auch LT-Drucksache 18/6158, S. 16; zum Hamburger Recht so auch OVG Hamburg, Urteil vom 27. August 2010, 1 Bf 149/09, ZfBR 2011, 53; zum BremGSED so auch OVG Bremen, Beschluss vom 18.04.2011, 1 B 177/10, BeckRS 2011, 53339; zum ebenfalls vergleichbaren ISGG NRW so auch VG Köln, Urteil vom 20.05.2021, 8 K 3904/18, BeckRS 2021, 62692), was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen führt das OVG Bremen (a. a. O.) zutreffend aus:

Da es sich - wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat - bei der erhobenen Abgabe weder um eine Steuer noch um einen Beitrag sondern um eine Sonderabgabe handelt, darf mit ihr nur eine homogene Gruppe belegt werden, die in einer spezifischen Beziehung (Sachnähe) zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck steht und der deshalb eine besondere Finanzierungsverantwortung zugerechnet werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf die Homogenität der Gruppe nicht erst durch die die Abgabenpflicht auslösende Regelung hergestellt werden (vgl. Hecker, a. a. O. S. 171), sondern die Gruppe muss hinsichtlich gemeinsamer, durch Rechtsordnung und gesellschaftliche Wirklichkeit geprägte Interessen und Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar sein (Beschluss vom 17.07.2003 - 2 BvL 1/99, 2 BvL 4/99, 2 BvL 6/99, 2 BvL 16/99, 2 BvL 18/99 u. a. BVerfGE 108, 186; Beschluss vom 24.11.2009 - 2 BvR 1387/04-, BVerfGE 124,348). Die Homogenität ist im Hinblick auf die Sachnähe und Finanzierungsverantwortung für die mit der Abgabenerhebung verfolgten Ziele finanzverfassungsrechtlich entscheidend. Im Beschluss vom 12.05.2009 (- 2 BvR 743/01-, BVerfGE 123, 132, s. a. Urteil vom 03.02.2009 - 2 BvL 54/06 -, BVerfGE 122, 316) verdeutlicht das Bundesverfassungsgericht, dass innerhalb des Ensembles der speziellen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Sonderabgabe mit Finanzierungszweck eine besonders enge Verbindung zwischen der spezifischen Beziehung oder auch Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Zweck der Abgabenerhebung, einer daraus ableitbaren Finanzierungsverantwortung und der gruppennützigen Verwendung des Abgabenaufkommens bestehe. Seien Sachnähe zum Zweck der Abgabe und Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe der Abgabepflichtigen gegeben, so wirke die zweckentsprechende Verwendung des Abgabenaufkommens zugleich gruppennützig, entlaste die Gesamtgruppe der Abgabenschuldner nämlich von einer ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnenden Aufgabe. Die Erfüllung dieser Merkmalsgruppe in ihrem Zusammenspiel bilde zugleich den entscheidenden Rechtfertigungsgrund für eine zu der Gemeinlast der Steuern hinzutretende Sonderlast und sichere so die Wahrung verhältnismäßiger Belastungsgleichheit (BVerfG, Urteil vom 06.07.2005 - 2 BvR 2335/95, 2 BvR 2391/95 -, BVerfGE 113, 128 <150 f.>).

Anschließend führt es in Anwendung dieses Maßstabes - ebenfalls zutreffend - hinsichtlich des - wie oben festgestellt mit dem NQG vergleichbaren - BremGSED aus:

Gemäß § 2 Abs. 1 BremGSED soll durch die Festlegung von Innovationsbereichen die Attraktivität von urbanen Einzelhandels- und Dienstleistungszentren verbessert werden. Voraussetzung für die Festlegung ist das Vorhandensein eines entsprechenden, durch Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe mit im Wesentlichen gleichgerichteten wirtschaftlichen Interessen geprägten Zentrums. Nur in diesem Fall kann von der gebotenen Homogenität innerhalb der Gruppe ausgegangen werden. Der Umstand, dass gemäß § 7 Abs. 1 BremGSED die Grundstückseigentümer zu der Abgabe herangezogen werden, lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Grundstücke im Innovationsbereich eine vergleichbare wirtschaftliche Nutzung oder Nutzbarkeit in diesem Sinne aufweisen.

Der Innovationsbereich erstreckt sich auf die an den Straßenzug O.-Weg/VdS-Tor angrenzenden Grundstücke, mit teilweise geringen Ausweitungen in angrenzende Seitenstraßen. Der Straßenzug ist ca. 1,2 km lang. In dem - an die X1. Innenstadt anschließenden - O.-Weg ist für die Grundstücke bauplanungsrechtlich überwiegend Kerngebiet festgesetzt. Ab der Kreuzung S.-Wall/A.-D., d. h. im Bereich VdS-Tor, ist demgegenüber durch den Bebauungsplan 2283 Mischgebiet festgesetzt. Diese unterschiedlichen bauplanungsrechtlichen Festsetzungen weisen auf eine fehlende Homogenität der Gruppe der Grundstückseigentümer im Innovationsbereich hin:

Kerngebiete zeichnen sich gemäß § 7 Abs. 1 BauNVO durch ihre Zentralität aus. Der Einzugsbereich der Einzelhandels- und Dienstleistungsangebote geht typischerweise deutlich über den örtlichen Nahbereich hinaus. Dies unterscheidet ein Kerngebiet in seiner wirtschaftlichen Struktur von einem Mischgebiet nach § 6 Abs. 1 BauNVO, das typischerweise gerade keine zentrale Versorgungsfunktion besitzt. Ein Mischgebiet zeichnet sich in seinem gewerblichen Nutzungsspektrum vielmehr durch eine Bandbreite unterschiedlicher Nutzungen aus, was im Hinblick auf die Einzelhandels- und Dienstleistungsangebote auch einen relevanten Anteil von der Nahversorgung dienenden Betrieben einschließt.

Während die Kerngebiete "vorwiegend" der Unterbringung von Handelsbetrieben und zentralen Einrichtungen dienen und nicht betriebsbezogene Wohnungen dort nur nach Maßgabe der Festsetzungen der jeweiligen Bebauungspläne zugelassen sind - eine Möglichkeit, von der im Bereich des O.-Wegs nicht durchgängig Gebrauch gemacht worden ist -, dient das Mischgebiet in gleicher Weise dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Diese Gleichrangigkeit von Wohnen und nicht störendem Gewerbe würde konterkariert, wenn die Eigentümer von Wohngrundstücken im Mischgebiet durch die Abgabe zur Aufnahme einer gewerblichen Nutzung veranlasst würden, um Nutzen aus der Verwendung der Abgabe ziehen zu können.

In tatsächlicher Hinsicht entspricht die vom OVG Bremen beurteilte Situation - soweit im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes feststellbar - der gegenständlichen Situation; auch hier fehlt es nach Überzeugung der Kammer an einer vergleichbaren wirtschaftlichen Nutzbarkeit und damit an einer hinreichend homogenen Gruppe. Auch das gegenständliche Quartier erstreckt sich über eine nicht unerhebliche Strecke (hier allerdings nur etwa 0,5km) und weist bauplanungsrechtlich eine Mischung aus Mischgebieten und Kerngebieten auf. Diese unterschiedliche Nutzungsplanung spiegelt sich - soweit ohne Beweisaufnahme vor Ort feststellbar - auch in der Wirklichkeit wieder; so befinden sich etwa auf dem Grundstück des Antragstellers neben Ladenfläche auch Wohnhäuser.

Die Kammer hat bei der Übertragung des Maßstabes nicht verkannt, dass dadurch der Anwendungsbereich des NQG praktisch erheblich eingeschränkt wird. Die sich aus dem vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstab ergebende strenge Prüfung der Homogenität steht jedoch als Verfassungsgebot nicht zur Disposition des einfachen Gesetzgebers. Dieser hätte es in der Hand gehabt - etwa durch ein größeres Gestaltungsermessen der Gemeinden bei der Festlegung des Verteilungsmaßstabes - die Abgabengerechtigkeit auch in weniger homogenen Quartieren sicherzustellen, um dem Gesetz einen breiteren Anwendungsbereich zu verschaffen.

Die Satzung kann auch nicht im Rahmen teleologischer Reduktion vor der Rechtsfolge der Nichtigkeit bewahrt werden. Der Grundsatz der Normenklarheit verbietet, einzelne Grundstücke, die ausdrücklich in den Geltungsbereich einbezogen wurden, im Rahmen der Auslegung wieder auszuschließen. Außerdem drängen sich vorliegend keine Maßstäbe auf, um verschiedene homogene Quartiersteile zu ermitteln, sodass die Unterscheidung zwingend der Ermessensausübung des normsetzenden Gremiums bedarf.

Da schon grundsätzliche Anforderungen hinsichtlich der Festlegung des Quartiers nicht erfüllt sind, kann dahinstehen, ob die in der Satzung explizit von der Beitragserhebung ausgenommene Fläche der M. kirche tatsächlich ausschließlich zu Zwecken des Gemeinbedarfs i. S. d. § 9 Abs. 5 NQG genutzt wird. Zunächst ist bereits zweifelhaft, ob eine kirchliche Nutzung tatsächlich der Allgemeinheit (und nicht bloß der Kirchengemeinde) dient. Außerdem kommt - was in der Hauptsache durch Beweisaufnahme zu klären wäre - auch eine weitergehende Nutzung in Betracht, die bauplanungsrechtlich mit hoher Wahrscheinlichkeit zulässig ist, da das Grundstück Teil des unbeplanten Innenbereichs ist.

c)

Die Satzung ist zudem - selbstständig tragend - offensichtlich aufgrund eines Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Satz 3 NQG nichtig.

Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 NQG darf die für ein Grundstück zu leistende Abgabe insgesamt einen angemessenen Teil des Wertes des Grundstücks nicht überschreiten; die Bemessung des angemessenen Teils soll sich an 15 Prozent des Einheitswertes oder, sofern ein Grundsteuerwert festgestellt ist, an einem entsprechenden Teil dieses Wertes orientieren. Bei dieser Regelung handelt es sich - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - nicht um eine gesetzliche Begrenzung der Abgabenhöhe, sondern um eine inhaltliche Anforderung an die Satzung. Dies ergibt sich zunächst systematisch aus Satz 1 des entsprechenden Absatzes, der festschreibt, dass die Satzung die Erhebung einer Abgabe vorsehen muss, woraufhin die folgenden Sätze inhaltliche Anforderungen an die Bemessung der Abgabenhöhe durch die Satzung stellen. Auch bedarf die Regelung mangels eindeutiger Festlegung des Bezugsmaßstabs ("soll") auch inhaltlich offensichtlich einer Konkretisierung durch die Satzung. Auch die historische Auslegung ergibt, dass die Vorschrift den Satzungsinhalt regeln soll. Im Rahmen der Konkretisierung kann nämlich den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verwendung des Einheitswertes als Bezugswert (Schrödter/Möller/Ohlendorf: § 171f BauGB, 9. Auflage 2019, Rn. 16; vgl. auch Blatt 117 verso und 145 recto des Verwaltungsvorgangs, wo die Bedenken offenbar geteilt werden) Rechnung getragen werden. Diese Möglichkeit hat den Gesetzgeber zur gewählten - im Vergleich zum Gesetzesentwurf weicheren und ermessensoffeneren - Formulierung veranlasst (Niederschrift über die 77. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz am 12. April 2021, Seite 11). Auch wäre denkbar, dass sich die Gemeinde im Rahmen ihres Ermessens entscheidet, die Abgabenhöhe auf einen niedrigeren Wert als 15% des Einheitswertes zu begrenzen.

Die Quartierssatzung enthält die vom NQG als Mindestinhalt der Satzung geforderte Beschränkung nicht und ist daher nichtig. Der Fehler der Satzung kann auch nicht dadurch geheilt werden, dass eine der Soll-Vorschrift des Gesetzes entsprechende Beschränkung bei der Berechnung der einzelnen Beiträge berücksichtigt wurde, indem ein Abgabenhöchstsatz in Höhe von 15% des Einheitswertes als obere Schranke im Bescheid angeführt wird. Der Bescheid setzt als Verwaltungsakt die Regelungen der Satzung lediglich um, kann also nicht für die Auslegung der Satzung herangezogen werden, zumal er von einem anderen Organ erlassen wurde.

d)

Einzelne Maßnahmen des Maßnahmen- und Finanzierungskonzeptes genügen zudem zumindest bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nicht den einfachgesetzlichen Anforderungen des NQG.

Hinsichtlich der Unterstützung des WLAN-Angebots sowie des digitalen Stadtführers liegt ein Verstoß gegen § 3 Satz 1 NQG nahe, nach dem die Aufwertungsmaßnahmen die Gemeinde nicht von ihren im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit liegenden Aufgaben entlasten dürfen. Bei Gemeinden ist der Aufgabenkreis gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 NKomVG weit gefasst ("alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft"), sodass jede - auch freiwillig übernommene - Leistung eine Aufgabe darstellt. Sowohl das WLAN-Angebot als auch der digitale Stadtführer sollen nach dem Maßnahmen- und Finanzierungskonzept durch Unterstützung entsprechender Maßnahmen des OB-Referats der Stadt A-Stadt bzw. städtischer Gesellschaften wie der GWG und damit im Rahmen der freiwillig übernommenen Aufgaben der Gemeinde erfolgen. So soll das WLAN durch Ausstrahlung der "städtischen SSID [...] in enger Abstimmung mit dem für Smart City zuständigen Referat der Oberbürgermeisterin - Digitale Stadt" erzeugt werden. Hinsichtlich des digitalen Stadtführers spricht das Maßnahmenkonzept sogar ausdrücklich von "Co-Finanzierung".

Die im "Investitionsfeld Quartiermanagement" dargestellten Ausgaben (Personalressourcen zur Mittelverwaltung) stellen keine Maßnahme im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 NQG dar. Es fehlt schon am durch § 2 Abs. 2 Satz 1 NQG vorausgesetzten unmittelbaren Vorteil, denn der Vorteil kann erst mittelbar durch Umsetzung der in der Hauptsache geplanten Maßnahme entstehen. Nach dem Maßnahmen- und Finanzierungskonzept sind die Personalressourcen ausdrücklich keiner konkreten Maßnahme zugeordnet. Dem NQG lässt sich auch nicht entnehmen, dass der Quartiersgemeinschaft allgemeine Verwaltungskosten zustehen. Vielmehr ist das Gegenteil im Umkehrschluss aus § 9 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 NQG zu entnehmen, der für die Gemeinde - aber gerade nicht für die Quartiersgemeinschaft - eine Verwaltungskostenpauschale vorsieht. § 11 Abs. 1 Satz 3 NQG sieht zudem ausdrücklich vor, dass das Aufkommen aus der Abgabe ausschließlich für die Aufwertungsmaßnahmen selbst zu verwenden ist. Die Erstattung von allgemeinen Verwaltungskosten widerspräche auch dem in § 1 Satz 2 NQG niedergelegten Ziel des Gesetzes, private Verantwortungsübernahme zu fördern.

Hinsichtlich der geplanten Unterstützung der Schaufenstergestaltung in leerstehenden Immobilien fehlt es an dem von § 2 Abs. 2 Satz 1 NQG verlangten Vorteil für die überwiegende Mehrheit der in das Quartier einbezogenen Grundstücke. Zwar ist das Leerstandsmanagement in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 NQG ein Regelbeispiel einer quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahme. In der konkreten Ausgestaltung des Maßnahmen- und Finanzierungskonzeptes bietet die Maßnahme jedoch nur einen räumlich sehr beschränkten Vorteil, während sich das Quartier über einen größeren räumlichen Bereich erstreckt. Die geplante Nutzung von Schaufensterflächen im Leerstand durch angrenzende Betriebe verschafft vielmehr diesen einen deutlich überwiegenden individuellen Sondervorteil, der mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung einer Sonderabgabe nicht vereinbar ist. Bereits die Festlegung dieser Nutzungsmöglichkeit führt zur Rechtswidrigkeit der Finanzierung der Maßnahme über eine Quartierssatzung. Es kann daher dahinstehen, inwieweit dasselbe gilt, wenn die Fläche - wie ebenfalls vorgeschlagen - anderen Akteuren zur Gestaltung überlassen wird; insbesondere für gemeinnützige Akteure dürfte ein etwaig auch dort noch vorhandener Sondervorteil deutlich weniger ins Gewicht fallen.

e)

Ferner ist die in der Satzung festgelegte Abgabenhöhe insgesamt nicht ausreichend kalkuliert. Es fehlt damit insbesondere an der nach § 5 Satz 3 NQG erforderlichen Begründung.

Dabei kann dahinstehen, ob tatsächlich - wie die Antragsgegnerin ausführt - angesichts des Erstattungsanspruchs nach § 3 Abs. 4 Satz 3 der Quartierssatzung, der seine Grundlage in § 11 Abs. 4 NQG findet, bei der Kontrolle der Prognose ein großzügigerer Maßstab anzusetzen ist als bei der ex-post-Kontrolle oder der periodenübergreifenden Gebührenkalkulation und damit nachvollziehbare Kostenschätzungen ausreichend sind. Die im Maßnahmen- und Finanzierungskonzept angegebenen Kosten entbehren nämlich jeglicher Nachvollziehbarkeit und stellen sich als schlichte Setzung dar. Das Maßnahmen- und Finanzierungskonzept ordnet den Teilmaßnahmen lediglich jeweils einen Betrag zu. An keiner Stelle wird erläutert, in welcher Weise die Kostenschätzung aus den - zudem teilweise sehr vagen - Maßnahmen abgeleitet wird. Der zu geringe Begründungsumfang des Antrags der Initiative ist bereits im Verwaltungsverfahren aufgefallen (Blatt 141 verso des Verwaltungsvorgangs), wurde jedoch in der Folge nicht erhöht. Vielmehr gibt der bevollmächtigte Rechtsanwalt in einer E-Mail vom 20.03.2023 sogar ausdrücklich an, der Gesamtbetrag sei "auf 1 Mio. Euro "glattgezogen"" (Blatt 171 recto des Verwaltungsvorgangs). Der bloße Verweis darauf, die Berechnung fundiere auf einer umfangreichen Recherche und der Einholung von ersten Kostenvoranschlägen (Blatt 117 verso des Verwaltungsvorgangs), findet im durch die Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang keine Stütze. Erst recht fehlen derartige Angaben in der veröffentlichten Begründung.

Zudem zeigt die Festlegung im Maßnahmen- und Finanzierungskonzept, dass bis zu 25% der Mittel auf andere Teilmaßnahmen übertragen werden können sollen, dass die Beträge nicht einmal den Anspruch erheben, eine nachvollziehbare Kostenschätzung zu sein. Vielmehr erinnert dieses Konzept an die Deckungsfähigkeit (vgl. § 20 BHO, § 20 LHO Niedersachsen) und damit an ein Instrument der Budgetierung staatlichen Handelns durch demokratisch legitimierte Hoheitsträger. Dieses Konzept kann nicht auf den Umgang Privater mit öffentlichen Mitteln übertragen werden, denn diese (hier: die Quartiersgemeinschaft) verfügen nicht über demokratische Legitimation für ihre Entscheidungen zu Lasten Dritter. Dementsprechend stellt § 9 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 NQG ebenso wie § 5 Satz 1 NQG auch klar, dass die Abgabe nach dem NGQ nicht ein Budget für - im Ermessen der Quartiersgemeinschaft stehende - stadtteilbezogene Maßnahmen zur Verfügung stellt, sondern Kosten konkreter Maßnahmen decken soll. Damit verbleibt die Entscheidung über die Mittelverwendung bei der Gemeinde und deren demokratisch legitimierten Gremien. Dementsprechend ist die Entscheidung über die Satzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 NQG ("kann") keine gebundene Entscheidung und es besteht nach § 8 Abs. 3 NQG kein Anspruch auf Erlass der Satzung.

Es bedarf keiner Erörterung, ob eine im Verwaltungsverfahren vorgeschlagene Zustimmungsbedürftigkeit durch die Antragsgegnerin (Blatt 144 recto des Verwaltungsvorgangs) diesen Mangel behoben hätte, denn der Vorschlag hat keinen Niederschlag in der Satzung gefunden.

4.

Durch den angegriffenen Bescheid ist der Antragsteller auch in seinen Rechten verletzt.

Der Antragsteller ist zwar nicht in seinen Rechten verletzt, soweit er Fehler rügt, welche ihren Ursprung im Maßnahmen- und Finanzierungskonzept haben, denn er handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er sich darauf beruft. Er verstößt insoweit gegen das auch im öffentlichen Recht geltende Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"). Typischer Anwendungsfall im öffentlichen Recht ist der Nachbar, der im Baugenehmigungsverfahren Einwendungen erhebt und Rechtsbehelfe einlegt, obwohl er sich gegenüber dem bauwilligen Nachbarn mit dem Vorhaben formell einverstanden erklärt hat (VGH Mannheim NVwZ-RR 1991, 458; VG Karlsruhe, Urteil vom 17.05.2018, 9 K 1095/16; eine dem § 55 Abs. 1 Satz 2 LBO-BW entsprechende Vorschrift findet sich in Niedersachsen in § 68 Abs. 4 NBauO). Wie das bauordnungsrechtliche Verfahrensrecht kennt auch das NQG eine aktive Zustimmung, nämlich die Antragszustimmung nach § 6 Abs. 2 NQG. Wer nach § 6 Abs. 2 NQG gerade den Antrag in der durch das Gesetz vorgesehenen Form aktiv unterstützt, eine - abgabenbegründende - Satzung zu erlassen, kann sich entsprechend dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens später nicht mit Erfolg dagegen wenden, dass eine derartige Satzung wie beantragt erlassen wurde. Der Antragsteller hat für sein streitgegenständliches Grundstück ausdrücklich dem Antrag auf Erlass der streitgegenständlichen Satzung zugestimmt, wie sich aus der als Blatt 89-90 zum Verwaltungsvorgang genommenen Erklärung ergibt.

Der im vorherigen Abschnitt unter c) festgestellte objektive Rechtsverstoß ist jedoch nicht im Maßnahmen- und Finanzierungskonzept bereits angelegt, sondern beruht auf einer Fehleinschätzung bei der Formulierung der Satzung. Der Antragsteller ist insoweit in seinen Rechten verletzt, obwohl sich der Abgabenhöchstsatz in der durch das Gesetz vorgeschlagenen Form nicht auf die Höhe seiner Abgabe auswirkt. Auch unter Zugrundelegung des durch den Antragsteller vorgetragenen niedrigeren Einheitswertes von 336.532€ liegen 15% davon (50.479,80€) oberhalb des geltend gemachten Abgabenbetrages von 23.225,69€. Es ist aber denkbar, dass der Satzungsgeber bei pflichtgemäßer Ermessensausübung einen niedrigeren Satz als die durch das Gesetz vorgeschlagenen 15% des Einheitswertes festgesetzt hätte.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (1/4 des streitbefangenen Aussetzungsbetrages).