Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 07.12.2010, Az.: 1 A 2477/09
Bürgerbegehren; Klagebefugnis; Vertretungsberechtigung; Biogasanlage; Bauleitplanung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 07.12.2010
- Aktenzeichen
- 1 A 2477/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 48016
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 22b Abs 3 S 2 GemO ND
- § 22b Abs 3 S 1 GemO ND
- § 22b Abs 1 GemO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Klagebefugt für eine Klage auf Zulassung eines Bürgerbegehrens nach § 22 b NGO ist ausschließlich die "Gesamtheit der Unterzeichner" des Bürgerbegehrens.
2. Die Vertretungsbefugnis für die "Gesamtheit der Unterzeichner" steht den im Bürgerbegehren bezeichneten Vertretungsberechtigten im Falle der Aktivvertretung nur gemeinschaftlich zu.
3. Zur Auslegung eines Bürgerbegehrens.
4. Bürgerbegehren, die konkret oder abstrakt darauf abzielen, die Ansiedlung von - nach Immissionsschutzrecht zu genehmigenden - Biogasanlagen zu verhindern, sind unzulässig, weil sie notwendigerweise die Bauleitplanung der Gemeinde betreffen.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens.
Aus Anlass der geplanten Errichtung einer Biogasanlage auf dem Gelände einer im Gemeindegebiet der Beklagten ansässigen Firma beabsichtigte die Beklagte, einen bereits rechtskräftigen Bebauungsplan zu ändern, um dadurch die Errichtung einer Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von bis zu 1,5 MW zu ermöglichen. Der Aufstellungsbeschluss für die Bebauungsplanänderung wurde am 26. Juni 2008 gefasst (öffentliche Bekanntmachung am 15. Juli 2008). In der Sitzung vom 15. Oktober 2008 hat der Rat der Beklagten den Auslegungsbeschluss gefasst.
Unter dem 23. Oktober 2008 zeigte die Klägerin der Beklagten die Einleitung eines Bürgerbegehrens an. Unter dem 24. Oktober 2008 übermittelte die Klägerin der Beklagten die Unterschriftenliste, auf der neben ihr selbst Herr … sowie Herr … als weitere Vertretungsberechtigte benannt wurden.
Unter dem 9. Januar 2009 reichten die Klägerin sowie die weiteren Vertretungsberechtigten das Bürgerbegehren mit den Unterschriftenlisten bei der Beklagten ein. Das Bürgerbegehren hat folgenden Wortlaut:
"Mit meiner Unterschrift beantrage ich die Durchführung eines Bürgerentscheids nach § 22 b NGO zu folgender Frage:
Sind Sie dafür, dass in Ostrhauderfehn keine Biogasanlagen errichtet werden, die mehr als 0,5 MW leisten?
Begründung:
Die Errichtung großer Biogasanlagen ist mit Nachteilen verbunden, wenn die erforderlichen Substrate (Gärrohstoffe) vor Ort nicht vorhanden sind. Sowohl die Belastungen und Gefahren durch Transporte als auch die Auswirkungen durch den Anbau von Substratpflanzen beeinträchtigen nachhaltig die Lebensqualität, das Orts- und Landschaftsbild, Umwelt- und Wasserhaushalt sowie Existenzgrundlagen in Landwirtschaft und Tourismus. Da alle ökologischen und wirtschaftlichen Wechselwirkungen nicht hinreichend und fundiert geklärt sind, sollen Anlagen über 0,5 MW nur dort betrieben werden, wo ausreichende Substratmengen (z.B. Gülle) in unmittelbarer Nähe zur Anlage vorhanden sind. Deshalb soll auch die auf dem Gelände der Firma … vorgesehene 1,5 MW-Anlage nicht gebaut werden."
In seiner Sitzung vom 23. Februar 2009 beschloss der Verwaltungsausschuss der Beklagten trotz einer anderslautenden rechtlichen Stellungnahme des Bürgermeisters, dass das Bürgerbegehren zulässig ist.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2009 wandte sich die Beklagte an die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde und bat vor dem Hintergrund des aus ihrer Sicht rechtswidrigen Verwaltungsausschussbeschlusses zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens um entsprechendes aufsichtsrechtliches Einschreiten.
Nach Anhörung des Beklagten beanstandete der Landkreis Leer als Kommunalaufsichtsbehörde mit Bescheid vom 12. Mai 2009 den vom Verwaltungsausschuss unter dem 23. Februar 2009 gefassten Beschluss zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und erklärte diesen für gegenstandslos.
Vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich bestandskräftig gewordenen kommunalaufsichtlichen Bescheides des Landkreises Leer beschloss der Verwaltungsausschuss des Beklagten in seiner Sitzung vom 3. August 2009, dass das Bürgerbegehren "Biogasanlagen in Ostrhauderfehn" unzulässig ist.
Mit Bescheid vom 11. August 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Verwaltungsausschuss in einer Sitzung vom 3. August 2009 auf Anordnung der Kommunalaufsicht des Landkreises Leer beschlossen hat, dass das eingereichte Bürgerbegehren "Biogasanlagen in Ostrhauderfehn" unzulässig ist.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bürgerbegehren nach den Bestimmungen der Niedersächsischen Gemeindeordnung aus mehren Gründen unzulässig sei. Zum einen sei ein Bürgerbegehren über die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen und sonstigen Satzungen nach dem BauGB und dem Maßnahmegesetz zum BauGB unzulässig. Hintergrund dieser Regelung sei die Überlegung, dass Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu treffen seien, vom Einflussbereich plebiszitärer Entscheidungen auszunehmen seien, weil diese die Berücksichtigung und Abwägung einer Vielzahl öffentlicher und privater Interessen erforderten, die sich nicht in das Schema einer Abstimmung im Rahmen eines Bürgerbegehrens pressen ließen. Das Bürgerbegehren selbst sei zwar recht allgemein gehalten und richte sich generell gegen den Bau von Biogasanlagen mit einer Leistung von mehr als 0,5 MW im Gemeindegebiet. Die Entstehungsgeschichte bzw. die Chronologie des Bürgerbegehrens sowie der enge zeitliche Zusammenhang seiner Einleitung mit der vorgesehenen Errichtung einer konkreten Biogasanlage mit einer Leistung von 1,5 MW seien allerdings unübersehbar. Dass das Bürgerbegehren im direkten Zusammenhang mit dem Planverfahren stehe, ergebe sich darüber hinaus auch unmittelbar aus der Formulierung in der Begründung, in der ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass auch die auf dem Gelände der Firma Strenge vorgesehene 1,5 MW-Anlage nicht gebaut werden dürfe.
Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass sich das Bürgerbegehren letztlich gegen ein Vorhaben richte, zu dessen Realisierung bereits mehrere Beschlüsse zur Änderung eines Bebauungsplanes durch den Rat der Beklagten ergangen seien. Diese Beschlüsse müssten bei einer vollständigen Umsetzung des Bürgerbegehrens im Rahmen eines Bürgerentscheids revidiert werden.
Zudem sei die Frist für die Einreichung eines Bürgerbegehrens gegen einen bekanntgemachten Beschluss des Rates nicht eingehalten worden. Ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Rates müsse drei Monate nach dem Tag der Bekanntmachung eingehen. Fristbeginn sei der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Aufstellungsbeschluss am 16. Juli 2008. Fristende sei der 15. Oktober 2008 gewesen. Das Bürgerbegehren sei jedoch erst am 9. Januar 2009, also verfristet, vorgelegt worden.
Darüber hinaus sei das Bürgerbegehren auch deshalb unzulässig, weil es eine Angelegenheit betreffe, über die im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens zu entscheiden sei. Die im Bürgerbegehren angesprochenen Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung von mehr als 0,5 MW führten zu einer Feuerungswärmeleistung von mehr als 1 MW. Derartige Biogasanlagen seien jedoch nach den Vorschriften der 4. BImSchVO in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren zu genehmigen.
Die Klägerin hat am 11. September 2009 - im eigenen Namen - Klage erhoben.
Sie trägt im Wesentlichen vor:
Das Bürgerbegehren sei nach seinem Inhalt und dem Zweck seiner Fragestellung als zulässig zu erachten.
Das Bürgerbegehren betreffe nicht ein konkretes, aktuelles Bauleitplanverfahren, sondern Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld weiterer, ähnlicher bauplanungsrechtlicher Verfahren. Derartige Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung seien zulässig, auch wenn sie geeignet sein könnten, ähnliche Bauleitverfahren wie das aktuelle zukünftig zu verhindern. Demgemäß sei mit dem Bürgerbegehren auch kein Eingriff in das alleinige Recht des Rates verbunden, in laufenden Verfahren Satzungsbeschlüsse zu erlassen.
In dem hier relevanten Sachzusammenhang komme es letztlich allein darauf an, ob ein Bürgerbegehren unter Außerachtlassung eines möglicherweise gerade aktuellen bauplanungsrechtlichen Verfahrens Sinn mache oder ob das Bürgerbegehren ohne einen Zusammenhang mit diesen Verfahren inhaltsleer wäre. Hier liege es ungeachtet der einen, bereits geplanten, Biogasanlage so, dass vergleichbare Sachverhalte in Zukunft vernünftigerweise betroffen sein könnten.
Das Bürgerbegehren habe somit Appellfunktion im Hinblick auf eine reine Grundsatzfrage zur Gemeindeentwicklung und bewege sich ausschließlich im Vorfeld etwaiger Bauleitpläne.
Vor diesem Hintergrund sei auch die Beanstandung durch die Kommunalaufsichtsbehörde als rechtswidrig anzusehen. Auch die Aufsichtsbehörde habe zur Kenntnis zu nehmen, dass dem Bürgerbegehren seitens des Gesetzgebers ein hoher Stellenwert zugewiesen worden sei und der zuständige Verwaltungsausschuss der Beklagten nach gründlicher Befassung mit der Problematik zu der Einschätzung gelangt sei, dass das Bürgerbegehren zulässig sei.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin nach entsprechenden Hinweisen durch das Gericht vorgetragen, dass die Klage nunmehr nicht mehr als "im eigenen Namen" erhoben zu betrachten sei. Vielmehr wolle sie für die Gesamtheit der Unterzeichnenden des Volksbegehrens auftreten. Zudem trete auch der weitere im Bürgerbegehren genannte Vertretungsberechtigte, Herr …, dem Verfahren bei. Der dritte Vertretungsberechtigte sei aufgrund einer Erkrankung nicht in der Lage, dem Prozess beizutreten. Darüber hinaus solle die Klage nunmehr nicht gegen den Beklagten, sondern gegen den Verwaltungsausschuss des Rates der Beklagten gerichtet sein.
Die Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dass Bürgerbegehren "Biogasanlage in Ostrhauderfehn" für zulässig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert: Die mit dem Bürgerbegehren zur Abstimmung gestellte Frage beziehe sich bei einer abstrakten Auslegung auf einen Gegenstand, der nicht zum kommunalen Aufgabenbereich gehöre. Allgemeine Stellungnahmen zur Beurteilung der Zulässigkeit von Vorhaben im Gemeindegebiet gehörten nicht zum gemeindlichen Wirkungskreis. Insbesondere dürfe eine Gemeinde nicht den Eindruck erwecken, dass sie den Bürgern außerhalb der gesetzlichen Regelungen verbindliche Vorgaben auferlege, die keine Rechtsgrundlage hätten. Willensbekundungen des kommunalen Vertretungsorgans mit Außenwirkung für die Bürger seien nur im Rahmen der kommunalen Aufgaben möglich, die gegenüber den Bürgern wahrgenommen würden.
Die Städte und Gemeinden seien in Fragen der Zulässigkeit von Biogasanlagen nur im Rahmen der Aufstellung von Bauleitplänen sowie in Form einer Beteiligung an immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren eingebunden. In diesen Handlungsfeldern stünden jedoch gesetzliche Ausschlusstatbestände einem Bürgerbegehren entgegen. Zum einen sei nach den Regelungen der NGO ein Bürgerbegehren ausgeschlossen, wenn es sich auf die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen oder sonstigen Satzungen nach dem BauGB beziehe. Dazu gehöre auch die Entscheidung, ob ein Aufstellungsverfahren für einen Bauleitplan durchgeführt werde. Ein Bürgerbegehren sei dabei nicht nur dann unzulässig, wenn es die Aufstellung eines Bebauungsplans in einem bestimmten Sinne steuere, sondern auch dann, wenn es eine vorbereitende oder verbindliche Bauleitplanung durch entsprechende Vorgaben verhindern wolle. Dies sei im vorliegenden Verfahren unzweifelhaft der Fall, weil Ziel des Bürgerbegehrens die Verhinderung der Errichtung weiterer Biogasanlagen im Gemeindegebiet sei.
Auch eine konkrete Einflussnahme auf ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren sei im Rahmen eines Bürgerbegehrens unzulässig. Über die im Bürgerbegehren angesprochenen Biogasanlagen sei in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu entscheiden. Die zum Bürgerbegehren gestellte Frage erwecke daher den Eindruck, dass sie in gemeindlichen Beteiligungen in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren Wirkung entfalte und die Beklagte veranlassen könne, in einem bestimmten, verneinenden Sinne auf das immissionsschutzrechtliche Verfahren einzuwirken. Die Entscheidung der Gemeinde über die Erteilung des Einvernehmens in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sei jedoch eine reine Rechtsprüfung in dem Sinne, dass die gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen abgeprüft werden müssten. Ein irgendwie gearteter Ermessungsspielraum, der Rücksicht auf das Bürgerbegehren nehmen könnte, bestehe insoweit nicht.
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, dass sie die Klage als nicht im eigenen Namen, sondern als - im Namen der Gesamtheit der Unterzeichner des Bürgerbegehrens erhoben - verstanden wissen wolle und soweit der weitere Vertretungsberechtigte Herr … dem Verfahren beitreten wolle, so stimme sie den hierin liegenden Klageänderungen nicht zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig und wäre im Übrigen auch unbegründet.
Als statthafte Klageart kommt in Fällen der vorliegenden Art nur eine gegen den für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zuständigen Verwaltungsausschuss gerichtete Leistungsklage mit dem Ziel, diesen zur Zulassung des Begehrens zu verurteilen, in Betracht. Die Klage ist daher gegen den unzutreffenden Klagegegner gerichtet.
Des weiteren fehlt es an einer Klagebefugnis der Klägerin. Die analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis steht allein den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens in ihrer Gesamtheit zu. Diese handeln im Prozess durch ihre Vertretungsberechtigten. Ein Recht der Vertreterinnen bzw. Vertreter, das gemeinschaftliche Recht der Vertretenden im eigenen Namen, also prozessstandschaftlich geltend zu machen, besteht daneben mangels gesetzlicher Regelung in Niedersachsen nicht (vgl. hierzu Wefelmeier, Kommentar zur Nds. Gemeindeordnung in Praxis der Kommunalverwaltung, § 22 b Rdnr. 134 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2010 die ursprünglich von ihr allein und im eigenen Namen erhobene Klage dahingehend abgeändert hat, dass die Klage nunmehr als "im Namen der Gesamtheit der Unterzeichnenden des Bürgerbegehrens erhoben" anzusehen sei und zusätzlich zu ihr ein weiterer Vertretungsberechtigter die Kläger vertreten wolle, so ist hierin eine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO zu sehen. Nach § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Änderung der Klage aber nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. An einer Einwilligung der Beklagten fehlt es im vorliegenden Falle. Die Beklagte hat der Änderung der Klage in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich widersprochen. Das Gericht hält die Änderung der Klage auch nicht für sachdienlich.
Eine subjektive Klageänderung ist insbesondere dann nicht sachdienlich, wenn auch die geänderte Klage unzulässig ist (vgl. Schoch, Schmidt-Aßmann, Pietzner, Kommentar zur Verwaltungsgerichtordnung Band 2, Stand Mai 2010 § 91 Rdr. 64). So liegt der Fall hier. Auch die geänderte Klage wäre unzulässig, weil es an einer ordnungsgemäßen Vertretung der Gesamtheit der Unterzeichnenden fehlen würde.
Gemäß § 22 b Abs. 3 Satz 2 NGO muss ein Bürgerbegehren bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Diese Vertretungsbefugnis umfasst insbesondere das Recht, die Unterzeichenden gerichtlich zu vertreten, vor allem bei einer Klage gegen die Nichtzulassung des Begehrens durch den Verwaltungsausschuss. Sind - wie hier - mehrere Vertreterinnen oder Vertreter benannt worden, so sind diese nach Auffassung des Gerichtes im Falle einer Aktivvertretung, also insbesondere bei einer Klageerhebung, nur gemeinschaftlich, d.h. in ihrer Gesamtheit zur Vertretung der Unterzeichnenden berechtigt. Dies entspricht zum Einen den zivilrechtlichen Regelungen für Korporationen (vgl. etwa § 78 Abs. 2 AG, § 35 Abs. 2 GmbHG und § 25 Abs. 1 GenG). Zum Anderen erscheint die Notwendigkeit einer Gesamtvertretung bei aktiven Handeln auch deshalb als sachgerecht, weil dabei der hinter einer solchen Beschränkung der Vertretungsmacht stehende Gedanke, die Vertretenen einerseits vor unüberlegtem, unzweckmäßigem oder pflichtwidrigen Verhalten eines einzelnen Vertreters zu schützen und andererseits die versammelte Kompetenz und Verantwortung der verschiedenen Vertreter für die Gesamtheit der Unterzeichner nutzbar zu machen, besondere Beachtung verdient (ebenso VG Oldenburg, Beschluss vom 19. April 2005 - 2 B 901/05, zitiert nach juris, sowie Wefelmeyer, a.a.O., § 22 b Rdr. 82 m.w.N. zum Sach- und Streitstand). Im vorliegenden Verfahren hat zunächst nur die Klägerin Klage erhoben. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung hat zwar ein weiterer Vertretungsberechtigter erklärt, sich der Klage anzuschließen. Hinsichtlich des dritten Vertretungsberechtigten, Herrn …, haben die Beteiligten, wenngleich auch aus unterschiedlichen Gründen, so doch im Ergebnis übereinstimmend vorgetragen, dass dieser dem Klageverfahren definitiv nicht beitreten wird. Eine ordnungsgemäße Vertretung ist somit auch nachträglich nicht herstellbar.
Die Klage ist danach unzulässig.
Sofern man die Klage entgegen den vorstehenden Ausführungen als zulässig erachten wollte, so wäre sie jedenfalls unbegründet.
Die Frage der Zulässigkeit von Volksbegehren in Niedersachsen richtet sich nach der Vorschrift des § 22 b NGO.
Nach § 22 b Abs. 1 NGO kann mit einem Bürgerbegehren beantragt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde über eine Angelegenheit der Gemeinde entscheiden (Bürgerentscheid).
Gemäß § 22 b Abs. 2 NGO kann Gegenstand eines Bürgerbegehrens nur eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde sein, für die der Rat nach § 40 Abs. 1 NGO zuständig ist oder für die er sich die Beschlussfassung nach § 40 Abs. 2 S. 1 und 2 NGO vorbehalten kann. Die zur Abstimmung gestellte Frage "Sind Sie dafür, dass in Ostrhauderfehn keine Biogasanlagen errichtet werden, die mehr als 0,5 MW leisten?" bezieht sich bei einer abstrakten Betrachtung auf einen Gegenstand, der nicht zum kommunalen Aufgabenbereich gehört. Insofern fehlt es an einer Zuständigkeit des Rates darüber, ob derartige Anlagen im Gemeindegebiet errichtet werden. Denn Biogasanlagen mit der im Bürgerbegehren genannten Leistung sind in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen (vgl. § 14 BImSchG i.V.m. Ziff. 1.4 b aa) Spalte 2). Für dieses Verfahren ist der Landkreis als Genehmigungsbehörde zuständig.
Eine Handlungskompetenz kommt der Gemeinde im Zusammenhang mit der Errichtung von Biogasanlagen der im Bürgerbegehren genannten Art nur im Rahmen der Aufstellung von Bauleitplänen sowie der Beteiligung an immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu. Bürgerbegehren, die sich auf diese Handlungsfelder beziehen, stehen jedoch gesetzliche Ausschlusstatbestände entgegen.
Gemäß § 22 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ist ein Bürgerbegehren u.a. über die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen unzulässig. Die Feststellung, ob ein Bürgerbegehren den notwendigen Bezug zur Bauleitplanung aufweist, kann im Einzelfall schwierig sein. Insoweit kommt es zunächst nicht darauf an, ob sich das Begehren ausdrücklich gegen einen in der Fragestellung konkret genannten Bauleitplan wendet. Das Begehren ist vielmehr auch dann ausgeschlossen, wenn es der Sache nach offensichtlich auf eine Bauleitplanung gerichtet ist und sich nur in das formelle Gewand einer anderen Frage kleidet (vgl. Wefelmeyer, a.a.O., § 22 b Rdr. 43 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Im Falle des hier streitgegenständlichen Bürgerbetehrens ist der Bezug zur Bauleitplanung gegeben.
Inhalt und Ziel eines Bürgerbegehrens sind entsprechend dem Rechtsgedanken des § 133 BGB für die Auslegung von Willenserklärungen nach dem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Bürgerbegehrens zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste, zu ermitteln (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 30. Juni 2006 - 7 K 273/09 - zitiert nach juris). Demgemäß müssen Erklärungen und Erläuterungen, die erst nach Beendigung des Bürgerbegehrens gegeben wurden, bei der Betrachtung des Inhaltes des Bürgerbegehrens außer Betracht bleiben.
Zwar nimmt die zur Abstimmung gestellte Frage "Sind Sie dafür, dass in Ostrhauderfehn keine Biogasanlagen errichtet werden, die mehr als 0,5 MW leisten?" keinen Bezug zu einem konkreten Beschluss der Beklagten zu einer Bauleitplanung, jedoch ist in der Begründung für das Bürgerbegehren ausdrücklich auf die in Planung befindliche Biogasanlage mit einer Leistung von 1,5 MW auf dem Gelände der Firma … Bezug genommen worden und zwar mit der Forderung, diese Anlage nicht zu bauen. Hinsichtlich der genannten geplanten Biogasanlage auf dem Gelände der Firma …hat der Beklagte eine konkrete Bauleitplanung eingeleitet, mit der die Ansiedelung der Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von 1,5 MW ermöglicht werden sollte. Der entsprechende Aufstellungsbeschluss für die Bebauungsplanänderung wurde am 26. Juni 2008 gefasst (öffentliche Bekanntmachung am 15. Juli 2008). In der Sitzung vom 15. Oktober 2008 hat der Rat der Beklagten den entsprechenden Auslegungsbeschluss gefasst.
Danach ergibt sich aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsbürgers, dass für die Unterzeichnenden unzweifelhaft klar war, dass sich das Bürgerbegehren nicht nur gegen zukünftige Planungen zur Ansiedelung von Biogasanlagen richten sollte, sondern einen konkreten Bezug zu einem bereits in der Bauleitplanung befindlichen Vorhaben aufweist. Das Bürgerbegehren ist somit nach § 22 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 NGO unzulässig.
Zugleich ist damit auch der Ausschlusstatbestand des § 22 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 NGO erfüllt, wonach Angelegenheiten, die im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens zu entscheiden sind, von einem Bürgerbegehren ausgeschlossen sind. Das Bürgerbegehren hatte nämlich nach den vorstehenden Ausführungen unzweifelhaft einen Bezug zu dem Genehmigungsverfahren der Biogasanlage auf dem Gelände der Firma ….
Die Sach- und Rechtslage wäre letztlich aber auch dann nicht anders zu beurteilen, wenn man - wie die Klägerin vorträgt - die zur Abstimmung gestellte Frage nur abstrakt im Sinne eines Appells betrachten wollte. Ziel des Begehrens wäre danach, zukünftig die Ansiedlung von Biogasanlagen der genannten Größenordnung auszuschließen. Auch damit wäre jedoch ein direkter Bezug zu einer Bauleitplanung der Gemeinde gegeben. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Gemäß § 22 b Abs. 10 NGO hat der Bürgerbescheid die Wirkung eines Ratsbeschlusses mit der Folge, dass der Bürgermeister einer Gemeinde grundsätzlich nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 NGO zur Ausführung des Bürgerentscheids verpflichtet wäre. Eine Umsetzung des verlangten Begehrens der Bürger könnte jedoch nur in der Weise erfolgen, dass eine Bauleitplanung erfolgt, die auf die Verhinderung von Biogasanlagen hinaus läuft. Eine derartige Verhinderungsplanung wäre jedoch mit den Zielen der Bauleitplanung, insbesondere einer gerechten Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange, nicht vereinbar. Insoweit wäre nicht nur der Ausschlussgrund des § 22 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 NGO, sondern auch der weitere Ausschlussgrund der Nr. 8 der genannten Vorschrift verwirklicht, wonach Bürgerbegehren, die ein gesetzwidriges Ziel - hier eine unzulässige Verhinderungsplan - verfolgen, unzulässig sind.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den Vorschriften der §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.