Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 16.12.2010, Az.: 2 A 1149/10

Billigkeitserlass; Erlass; Ertragsminderung; Grundsteuer; Rohertrag; Unbilligkeit; Vermietungsanzeige; Vertretenmüssen

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
16.12.2010
Aktenzeichen
2 A 1149/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 48018
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Eigentümer hat die Rohertragsminderung im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 GrStG zu vertreten, wenn diese auf seiner eigenen Entscheidung beruht oder auf dessen persönliche Umstände zurückzuführen ist. "Vertretenmüssen" im Sinne des dieser Vorschrift erfordert dabei kein Verschulden im Sinne eines Vorsatzes oder Fahrlässigkeit.

2. Der Eigentümer hat einen Leerstand der Räumlichkeiten nur dann nicht zu vertreten, wenn er alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, Mieter für das Objekt zu finden.

3. Angesichts der Ausnahmevorschrift des § 33 GrStG, die mit Rücksicht auf die Eigenart der Grundsteuer als grundsätzlich ertragsunabhängige Objektsteuer eng auszulegen ist, kann ein Erlassantrag nach dieser Vorschrift nur dann Erfolg haben, wenn das Objekt nicht nur im Internet, sondern auch in regionalen und überregionalen Zeitungen angeboten wird, um zu gewährleisten, dass es einem möglichst breiten Interessentenkreis bekannt wird. Sofern der Eigentümer diese in der Regel zumutbare Anstrengung unterlassen hat, hat er die Rohertragsminderung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG zu vertreten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten zum Grundsteuererlass.

Der Kläger ist seit geraumer Zeit (Mit-)Eigentümer eines Hausgrundstücks (Wohnungs-/Teileigentum) in der A-Str. 51-57 im Gebiet der Beklagten. Die in seinem Sondereigentum stehenden Räumlichkeiten waren bis Ende 2007 vermietet. Seit dem 18. Dezember 2007 stehen diese Geschäftsräume leer. Der Kläger beauftragte bereits im August 2007 einen Makler mit der Vermietung der Flächen. Der Makler, der ein Büro auf B. unterhält, bewirbt das Objekt seit dieser Zeit auf verschiedenen Internetportalen sowie mit einem Werbeplakat am Objekt selbst.

Das Finanzamt Emden setzte mit einem Grundsteuermessbescheid vom 1. Dezember 1993 den Grundsteuermessbetrag für diese Einheit auf 143,50 DM fest. Die Beklagte veranlagte den Kläger mit Bescheid vom 5. Februar 2009 zu einer Grundsteuer B für 2009 in Höhe von 256,80 Euro. Hiergegen erhob der Kläger keine Einwände.

Mit einem im März 2010 bei der Beklagten eingegangenen Schriftsatz beantragte der Kläger „wegen vollständigen Leerstands im Jahr 2009“ eine „Grundsteuerermäßigung“.

Die Beklagte lehnte den „Antrag auf Grundsteuererlass“ für 2009 für die Räumlichkeiten in dem Objekt in der A-Str. 51 bis 57 mit Bescheid vom 25. März 2010 ab. Sie führte zur Begründung im Wesentlichen aus:

Nach der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts führe der Leerstand von Wohn-/und/oder Gewerberäumen nicht zu einem Erlass der Grundsteuer, wenn der Leerstand aufgrund der Marktverhältnisse strukturell bedingt sei und das Fehlen der Mieternachfrage alle Vermieter im Gemeindegebiet vergleichbar treffe. Des Ausnahmecharakters der Erlassregelung im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz habe zur Folge, dass der Erlassanspruch lediglich auf atypische Umstände, die vorübergehender Natur seien, beschränkt sei. Ein allgemeiner und dauerhafter Leerstand von solchen Räumen könne deshalb einen Grundsteuererlass nicht erfolgreich begründen.

Hierauf hat der Kläger am 28. April 2010 Klage erhoben.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:

Angesichts des Leerstandes seines Objekts habe er einen Anspruch auf einen Grundsteuererlass. Er habe den Ertragsausfall nicht zu vertreten. Er habe sich ausreichend bemüht, das Objekt wieder zu vermieten. Auf der Insel B. sei die Internetplattform neben der direkt am Objekt möglichen Beschilderung der einzige Erfolg versprechende Weg, um die Räumlichkeiten zu vermieten. Die Interessenten von B. würden wissen, was auf ihrer Insel los sei. Ein auswärtiger Interessent sehe sich im Internet um. Die kleine Zeitung in B. spiele keine Rolle. Sofern sich jemand durch die Präsentation der Räumlichkeiten im Internet angesprochen fühle, komme der Interessent auf die Insel, um die Verhältnisse vor Ort zu bewerten. Diese Vorgehensweise werde von den beiden Maklern auf der Insel bestätigt. Sie decke sich auch mit der Einschätzung von Geschäftsleuten, die auf der Insel tätig seien. Vor diesem Hintergrund habe er bzw. sein Makler auf Zeitungsinserate verzichtet. Schließlich bedeute für ihn die Heranziehung zur Grundsteuer eine besondere Härte. Er beziehe nämlich seit 2007 lediglich eine Berufsunfähigkeitsrente, da er zu 60% schwerbehindert sei. Zudem habe er zwei minderjährige Töchter zu unterhalten, die die Oberstufe eines Gymnasiums besuchten.

Der Kläger beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 25. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Grundsteuer für 2009 in Höhe von 129,40 € zu erlassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Klagebegehren entgegen und trägt vor, der Kläger habe den Ertragsausfall zu vertreten. Es sei zu bezweifeln, ob Angebote in einschlägigen Internetportalen ausreichten, um Intensität und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen zu belegen. Ergänzend zur „Online-Werbung“ seien nachhaltig Zeitungsanzeigen zu schalten, um einen möglichst großen Kreis Suchender anzusprechen. Diese Zeitungsanzeigen müssten dann, mit Blick auf die Kurzlebigkeit von Informationen in periodischen Abständen wiederholt werden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Er ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) entschieden werden kann, ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, ihm den begehrten Grundsteuererlass für 2009 zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2010 ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden. Er verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ferner kann demgemäß dem Verpflichtungsbegehren des Klägers nicht entsprochen werden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die begehrte Erlassentscheidung lässt sich nicht auf die hier in Betracht kommende Rechtsgrundlage des § 33 Abs. 1 Grundsteuergesetz - GrStG - in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 38 des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl. 2008, 2794, 2844) stützen, die gemäß Art. 39 Abs. 5 dieses Gesetzes mit Wirkung zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist und gemäß § 38 GrStG erstmals für die Grundsteuer des Jahres 2008 gilt. Darin ist Folgendes bestimmt:

"Ist bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert und hat der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten, so wird die Grundsteuer in Höhe von 25 Prozent erlassen. Beträgt die Minderung des normalen Rohertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken wird der Erlass nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Normaler Rohertrag ist

1. bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der Rohertrag, der nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung gemeinhin und nachhaltig erzielbar wäre;

2. bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete."

Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG sind nicht erfüllt. Dabei kann - was die Beklagte nicht in Abrede stellt - unterstellt werden, dass der normale Rohertrag der Gewerberäume des Klägers in 2009 um mehr als 50 Prozent gemindert war. Der Kläger hat jedoch diese Rohertragsminderung im Sinne der genannten Vorschriften zu vertreten.

„Vertretenmüssen“ im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 GrStG erfordert dabei kein Verschulden im Sinne eines Vorsatzes oder Fahrlässigkeit (vgl. VGH Bad.-Württemberg, Urteil vom 16. März 2006 - 2 S 1002/05 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf DÖV 2006, 918; VG Köln, Urteil vom 2. April 2008 - 23 K 2908/07 -, juris; FG Berlin, Urteil vom 17. Januar 2001 - 2 K 2268/98 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf DStRE 2003, 812). Maßgebend ist vielmehr, ob die Ertragsminderung auf einer eigenen Entscheidung des Eigentümers beruht oder auf dessen persönliche Umstände zurückzuführen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 15. April 1983 - 8 C 150.81 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 1984, 309) hat der Eigentümer die Mietminderung nicht zu vertreten, wenn er sie weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt hat, noch ihren Eintritt durch geeignete und zumutbare Maßnahmen verhindern konnte. Er hat somit die Umstände zu vertreten, die er selbst auf Grund eigener Entscheidung herbeigeführt hat oder deren Eintritt er nicht verhindert hat, obwohl er in einer ihm zumutbaren Weise dazu in der Lage gewesen wäre, und dies von ihm normalerweise auch hätte erwartet werden können. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ausschließlich und allein das Verhalten des Eigentümers während des Erlasszeitraums entscheidend (BVerwG, Urteil vom 15. April 1983, a.a.O.). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 34 Abs. 1 S. 2 GrStG, wonach für die Erlassentscheidung die Verhältnisse des Erlasszeitraums maßgebend sind. Alle Ereignisse, die in früheren Kalenderjahren eingetreten sind und ebenfalls Ursache für die Mietminderung in dem Erlasszeitraum gewesen sein können, bleiben unbeachtlich. Es ist deshalb auch gleichgültig, ob diese früheren Ereignisse vom Eigentümer zu vertreten sind oder nicht. Soweit die Ertragsminderung durch einen Leerstand zu Beginn des Erlasszeitraums bedingt ist, hat der Steuerpflichtige sie dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat (vgl. BFH, Urteil vom 24. Oktober 2007 - II R 4/05 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf BFH/NV 2008, 405; BVerwG, Urteil vom 6. September 1984 - 8 C 60.83 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a auf KStZ 1985, 11; vgl. auch Abschn. 38 Abs. 4 Satz 1 und 2 GrStR 1978). Auch im Falle eines Überangebots auf dem betreffenden Marktsegment kann dabei vom Steuerpflichtigen nicht verlangt werden, sich stets den unteren Rand der Mietpreisspanne zu Eigen zu machen (so aber wohl Hessischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 7. März 2005 - 5 UE 3009/02 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ-RR 2006, 62). Es reicht aus, dass die Räumlichkeiten dem Markt zur Verfügung stehen und nachhaltig zu einer Miete innerhalb der Spanne eines marktgerechten Mietzinses angeboten worden sind. Dabei hat der Eigentümer einen Leerstand nur dann nicht zu vertreten, wenn er alle zumutbaren Anstrengungen (Hervorhebung durch das erkennende Gericht) unternommen hat, Mieter für das Objekt zu finden (in diesem Sinne auch FG Bremen - 3 K 57/09 (1) -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf EFG 2010, 1813). Je schwieriger ein Objekt zu vermieten ist, desto intensiver und nachhaltiger haben die Vermietungsbemühungen zu sein, um Aussicht auf eine Vermietung zu haben.

An diesen Vorgaben gemessen hat der Kläger die Ertragsminderung (bzw. hier den Ertragsausfall) zu vertreten. Nach Überzeugung des Gerichts wäre es dem Kläger zumutbar gewesen, in 2009 regelmäßig Vermietungsanzeigen in überregionalen und regionalen Zeitungen zu schalten. Da er - wie auch sein Makler - dies unterlassen hat, hat er die Rohertragsminderung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG zu vertreten

Das Gericht verkennt nicht, dass der Kläger einen Makler beauftragt hat, der die Gewerberäume - nach seinen unwidersprochen vorgebrachten Angaben - das ganze Jahr über im Internet zur Vermietung angeboten hat. Gleichwohl hält das Gericht die Nutzung des Mediums Zeitung bei Vermietungsbemühungen für so wichtig, dass hierauf auch bei Vermietungsangeboten im Internet seitens eines Maklers nicht verzichtet werden kann (vgl. VG München, Urteil vom 23. Juli 2009 - M 10 K 08.3415 -, juris; dasselbe, Urteil vom 18. Juni 2009 - M 10 K 09.1205 -, juris; VG Göttingen, Urteil vom 2. November 2010 - 2 A 38/10 -, V.n.b.; a.A. VG Düsseldorf, Urteil vom 11. Mai 2009 - 5 K 3933/08 -, juris, Rdnr. 49 und FG Bremen, Urteil vom 9. Juni 2010 a.a.O., die allerdings lediglich pauschal darauf hinweisen, eine Bewerbung in gewerblichen Internetportalen erscheine angesichts der weit verbreiteten Nutzung von gewerblichen Internetportalen als ausreichend. Hierbei handelt es sich auch um eine für den Eigentümer des Objekts zumutbare Anstrengung. Es ist nämlich bei § 33 GrStG in den Blick zu nehmen, dass es sich hierbei um eine Ausnahmevorschrift handelt, die mit Rücksicht auf die Eigenart der Grundsteuer als grundsätzlich ertragsunabhängige Objektsteuer eng auszulegen ist. Aus diesen Gründen kann ein Erlassantrag nach § 33 GrStG nur dann Erfolg haben, wenn das Objekt nicht nur im Internet, sondern auch in regionalen und überregionalen Zeitungen angeboten wird, um zu gewährleisten, dass es einem möglichst breiten Interessentenkreis bekannt wird. Der Einwand des Klägers, nach der Meinung seines Maklers und anderer Geschäftsleute auf B. sei bei Gewerbeflächen auf der Insel die Internetplattform neben der direkt am Objekt zu erfolgenden Beschilderung der einzige Erfolg versprechende Weg, um die Räumlichkeiten zu vermieten, greift nicht durch. Es liegt auf der Hand, dass es neben den fest entschlossenen Interessenten, die ein Objekt für ihre gewerbliche Tätigkeit auf der ostfriesischen Insel gezielt suchen, auch eine Anzahl von vermeintlichen Gewerbetreibenden gibt, bei denen die Möglichkeit besteht, dass ihr Interesse an einer Anmietung solcher Räume erst durch eine Vermietungsanzeige in einer Tageszeitung, die ihnen ins Auge springt, geweckt wird. Vor diesem Hintergrund stellt es eine zumutbare Anstrengung dar, wenn solche Objekte nicht nur am Gebäude selbst (z.B. Schaufenster) und im Internet, sondern auch in - insbesondere regionalen - Zeitungen zur Vermietung angeboten werden. Nur derjenige Interessent, der gezielt nach so einer Gewerbefläche sucht, wird sich aller Möglichkeiten bedienen und einen gewissen Aufwand auf sich nehmen, ein geeignetes Objekt zu finden. Derjenige Interessent, der keine festen Pläne hat, dem aber eine Anmietung der Räumlichkeiten auf B. möglicherweise gelegen käme (z.B. Inhaber von Souvenirläden auf dem Festland, die unter Umständen die Gründung einer Filiale oder Zweigstelle erwägen), wird nicht in jedem Fall wie ein fest Entschlossener aktiv werden, und sich der Mühe unterziehen, im Internet nach Räumen zu suchen. Es entspricht der Lebenswirklichkeit, dass solche Interessenten unter Umständen erst dann auf einschlägige Ideen gebracht werden, wenn ihnen ein - interessantes - Vermietungsangebot in einer Zeitungsanzeige ins Auge springt. Der Hinweis des Klägers, eine Anzeige in einer Zeitung in B. gehe ins Leere, da die Bürger auf B. wissen würden, was auf ihrer Insel los sei, mag zwar zutreffen. Die Nähe der Gemeinden an der ostfriesischen Küste sowie der Städte Emden, Norden und Aurich zu B. rechtfertigt jedoch die Annahme, dass das Bestehen eines gfls. lediglich lockeren Interessentenkreises in diesen Bereichen für die Anmietung von Gewerberäumen auf B. - eventuell zur Begründung einer Zweigstelle einer freiberuflichen Praxis einerseits oder einer Filiale im Einzelhandel andererseits - nicht ausgeschlossen ist, deren Interesse unter Umständen erst durch eine - markante - Anzeige in der dort erscheinenden Tageszeitung geweckt wird. Insoweit sind die Gepflogenheiten des Marktes nicht anders zu bewerten, als im Handel. So lässt sich bspw. für den Kfz.-Handel feststellen, dass es trotz „überquellender“ Internetportale, insbesondere auch in Gestalt der Homepages von Autohäusern üblich ist, zusätzlich auch in Tageszeitungen für den Kauf von Autos zu werben.

Es kommt im Falle des Klägers hinzu, dass es offensichtlich schwierig war, die seit Ende 2007 leerstehenden Geschäftsräume zu vermieten. Je schwieriger ein Objekt zu vermieten ist, desto größer ist die Veranlassung des Grundstückseigentümers, sich intensiv und nachhaltig um die Vermietung zu bemühen. Dieser Umstand hätte den Kläger im besonderen Maße den Anstoß geben müssen, die Bewerbung der Gewerbeflächen auch auf das Medium Zeitung auszuweiten.

Der Anspruch des Klägers lässt sich auch nicht auf § 227 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 5 Abgabenordnung - AO - stützen. Hinreichende und durchgreifende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer persönlichen oder sachlichen Unbilligkeit, die zu einem Erlass der Grundsteuer nach § 163 AO bzw. § 227 AO führen könnten, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. In Fällen eines wegen Ertragsminderung geltend gemachten Grundsteuererlasses nach § 33 GrStG ist ein Rückgriff auf § 227 AO wegen sachlicher Unbilligkeit ausgeschlossen (BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 1994 - 8 B 229.93 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf Buchholz 401.4 § 33 GrStG Nr. 25; Nds. OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2003 - 13 LA 213/03 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ 2004, 370 [VGH Bayern 05.08.2003 - 22 B 00.2918]). Persönliche Billigkeitsgründe, die einen Billigkeitserlass nach § 227 AO rechtfertigen könnten, hat der Kläger nicht mit Erfolg geltend gemacht. Soweit er darauf hinweist, dass er zum einen seit 2007 lediglich eine Berufsunfähigkeitsrente beziehe, da er zu 60% schwerbehindert sei, und zum anderen zwei minderjährige Töchter habe, die er zu unterhalten habe, wird eine persönliche Unbilligkeit nicht begründet.

Die Erhebung einer Abgabe aus persönlichen Gründen ist unbillig, wenn der Abgabenpflichtige erlasswürdig und erlassbedürftig ist. Das zuletzt genannte Merkmal ist gegeben, wenn die Erhebung der Abgabe die Fortführung der persönlichen wirtschaftlichen Existenz gefährden, d.h. wirtschaftlich existenzgefährdend oder existenzvernichtend wirken würde. Gefährdet ist die wirtschaftliche Existenz, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt (Mittel für Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Behandlung, Ausbildung, sonstige erforderliche Gegenstände des täglichen Lebens) vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1990, - 8 C 42.88 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NJW 1991, 1073). Dabei ist der Abgabenschuldner bei der Berufung auf persönliche Gründe für einen Billigkeitserlass i.S.d. § 227 AO gehalten, grundsätzlich alle verfügbaren Mittel zur Zahlung der Steuerschuld vorrangig einzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 1994 - 8 B 229.93 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf KStZ 1995, 34). Dem Abgabepflichtigen muss nur soviel an Mitteln belassen werden, dass die Bestreitung einer bescheidenen Lebensführung gewährleistet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1990, a.a.O.). Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Lebensführung ärmlich sein muss (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, Kommentar Stand: Juni 2010, § 227 AO, Tz. 92) oder dass die finanziellen Mittel des Abgabepflichtigen unter dem Blickwinkel der §§ 850 ff. ZPO lediglich das Existenzminimum erreichen müssen (vgl. BFH, Beschluss vom 10. März 1987 - VII B 169/85 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf BFH/NV 1988, 71). Außerdem hat der Abgabenpflichtige grundsätzlich auch seine Vermögenssubstanz anzugreifen. Das gilt insoweit, als die Verwertung der Vermögenssubstanz nicht die Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz zur Folge hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1990, a.a.O.).

Ausgehend von diesem Maßstab liegen die Erlassvoraussetzungen nicht vor. Die Kammer ist bereits angesichts des geringen Umfanges des in Rede stehenden Steuerbetrages - 128,40 € - davon überzeugt, dass der notwendige Lebensunterhalt des Klägers auch ohne den begehrten Erlass nicht gefährdet war. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Zahlung eines Betrages von 128,40 € seine wirtschaftliche Existenz in Frage stellen würde. Gegenteiliges hat der Kläger jedenfalls nicht vorgetragen.