Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 16.12.2010, Az.: 2 A 355/10

Aufenthaltsvermutung; Eigennutzung; Erhebungszeitraum; Jahreskurbeitrag; Kurbeitrag; Typisierung; Vermittlungsvertrag; Zweitwohnungsinhaber

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
16.12.2010
Aktenzeichen
2 A 355/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 48017
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Pauschalierende Regelungen, die Zweitwohnungsinhaber und deren Familienangehörige, sofern sie sich im Erhebungszeitraum im Erhebungsgebiet aufgehalten haben, zur Entrichtung eines nicht die tatsächliche, sondern eine wahrscheinliche durchschnittliche Aufenthaltsdauer berücksichtigenden Jahreskurbeitrags verpflichten, sind (weiterhin) zulässig.

2. Die Pflicht zur Zahlung des Saison- bzw. Jahreskurbeitrags entfällt dann, wenn der Zweitwohnungsinhaber die durch den Erwerb der Zweitwohnung zunächst begründete Aufenthaltsvermutung durch konkretes Tatsachenvorbringen substantiiert widerlegt.

3. Bei einer Veranlagung eines Zweitwohnungsinhabers zu einem Jahreskurbeitrag zu Beginn des maßgeblichen Erhebungszeitraums können nur eingeschränkt Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Kurbeitragsveranlagung erfolgreich erhoben werden, da der Betroffene bei Erlass des angefochtenen Bescheides noch die Möglichkeit hat, sich im weiteren Verlauf des Veranlagungsjahres im Erhebungsgebiet aufzuhalten und die Fremdenverkehrseinrichtungen in Anspruch zu nehmen.

4. Die Aufenthaltsvermutung verbunden mit der realen Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Kur- und Erholungseinrichtungen entfällt bei einer Veranlagung zu Beginn eines Erhebungszeitraums allerdings dann, wenn die Eigennutzung der in Rede stehenden Ferienwohnung nach einem abgeschlossenen Vertrag (z.B. Gästevermittlungsvertrag) während der Vertragsdauer vollständig ausgeschlossen ist.

5. Der Rechtmäßigkeit der Heranziehung des Zweitwohnungsinhabers zu einem Jahreskurbeitrag zu Beginn des Erhebungszeitraums steht der Inhalt eines (Vermietungs-)Vertrages auch dann entgegen, wenn dieser Vertrag die Eigennutzung des in Rede stehenden Ferienobjekts auf 7 Übernachtungen im Jahr begrenzt. Eine derartige Begrenzung widerspricht dem Gedanken der - die Erhebung eines Jahreskurbeitrags rechtfertigenden - Typisierung, der betreffende Zweitwohnungsinhaber und deren Familienangehörige hielten sich wahrscheinlich durchschnittlich 30 Tage im Jahr in der Ferienwohnung und damit im Erhebungsgebiet auf.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Jahreskurbeitrag.

Er ist (Mit-)Eigentümer eines Ferienhauses im A-weg 9a im Ortsteil B der Beklagten. Die Wohnung wird an Urlaubsgäste vermietet. Zu diesem Zweck hat der Kläger mit dem „Vermietungsservice C“ einen Vertrag geschlossen und diesen mit der Vermietung und Betreuung des Ferienhauses beauftragt. In dem im Jahr 2003 geschlossenen Vertrag heißt es unter Ziffer 5:

„Eine Selbstnutzung über 7 Übernachtungen im Jahr ist ausgeschlossen.“

Der Kläger hat sich in 2008 vom 23. bis 24. März, vom 28. bis 31. Oktober und vom 30. bis 31. Dezember und in 2009 vom 1. bis 2. Januar, 1. bis 3. Mai, 28. bis 30. Oktober sowie vom 30. bis 31. Dezember in seinem Ferienhaus aufgehalten.

Die Beklagte zog den Kläger mit Bescheid vom 28. Dezember 2009 zu einem Jahreskurbeitrag für 2010 in Höhe von 87,00 Euro heran.

Hiergegen hat der Kläger am 26. Januar 2010 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

Die Veranlagung zu einem Jahreskurbeitrag sei zu beanstanden. Er habe nach dem Vertrag mit dem Vermietungsservice die Möglichkeit, das Ferienhaus für maximal 7 Übernachtungen im Jahr zu nutzen. Vor diesem Hintergrund sei allenfalls eine anteilige Heranziehung zum Jahreskurbeitrag gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Abgabenbescheid vom 28. Dezember 2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Klagebegehren entgegen und trägt vor, eine lediglich anteilige Veranlagung sehe die Satzung nicht vor. Der Kläger könne sich insbesondere nicht auf die Entscheidung des OVG Schleswig vom 22. Juni 2009 berufen. Insoweit seien die Sachverhalte nicht vergleichbar.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Er ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Nach einer interessengerechten Auslegung des Klagebegehrens (§ 88 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) ist das Klagebegehren des Klägers dahingehend auszulegen, dass er die vollständige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt. Soweit er in seiner Klageschrift um eine „Neufestlegung des Kurbeitrags“ in Anlehnung an die Grundsätze des Urteils des OVG Schleswig zum Verfahren 2 LB 4/09 gebeten hat, wertet das Gericht diese Ausführungen als Einverständnis gegenüber der Beklagten, eine anteilige Festsetzung des Kurbeitrags vorzunehmen. Es ist nämlich nicht Aufgabe des Gerichts, sondern es ist der Beklagten vorbehalten, einen rechtwidrigen Jahreskurbeitragsbescheid durch einen anderen Bescheid, der die Veranlagung zu einem reduzierten (Jahres-) Kurbeitrag enthält, zu ersetzen.

Die so verstandene Klage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) entscheiden kann, ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Kurbeitragsbescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Kurbeitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in den Bestimmungen der Kurbeitragssatzung der Beklagten vom 16. Juli 2007 (Amtsblatt für den Landkreis Friesland 2010, Seite 5) - KBS -, die ihrerseits insbesondere auf den §§ 2 und 10 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung vom 1. Januar 2007 (NKAG) beruhen. Zur Nichtigkeit der Satzung führende Mängel hat der Kläger nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich, wobei zu berücksichtigen ist, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, gleichsam ungefragt auf Fehlersuche zu gehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -, NVwZ 2002, 1123, 1125 m.w.N.).

Nach § 2 Satz 1 KBS sind alle Personen kurbeitragspflichtig, die sich in den Kurbezirken aufhalten, ohne in ihnen eine Hauptwohnung zu haben und denen die Möglichkeit zur Benutzung der Fremdenverkehrseinrichtungen und zur Teilnahme an den zu Zwecken des Fremdenverkehrs durchgeführten Veranstaltungen geboten wird. Dabei sind Zweitwohnungsinhaber und ihre jeweiligen Familienangehörigen nach § 3 Abs. 4 Satz 1 KBS verpflichtet, den Jahreskurbeitrag zu entrichten. Die Zweitwohnungsinhaber haben jedoch einen Erstattungsanspruch, wenn sie nachweisen, dass sie sich während des Erhebungszeitraumes nicht im Gebiet der Gemeinde aufgehalten haben (§ 3 Abs. 4 Satz 2 KBS), wobei der Nachweis der Beklagten bis zu dem auf das Veranlagungsjahr folgenden 31. März vorzulegen ist.

Solche pauschalierenden Regelungen, die Zweitwohnungsinhaber und deren Familienangehörige, sofern sie sich im Erhebungszeitraum im Erhebungsgebiet aufgehalten haben, zur Entrichtung eines nicht die tatsächliche, sondern eine wahrscheinliche durchschnittliche Aufenthaltsdauer berücksichtigenden Jahreskurbeitrags verpflichten, werden in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein als zulässig angesehen, und zwar auch dann, wenn im Landeskommunalabgabengesetz eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zur Erhebung eines Jahreskurbeitrags fehlt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 1976 - 7 B 124.75 -, juris, sowie vom 4. Januar 1980 - 7 B 252.79 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf GemSH 1980, 214; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 1985 - 14 S 2528/84 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf ZKF 1986,37; HessVGH, Beschluss vom 25. Februar 1986 - 5 TH 1207/85 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf KStZ 1986, 134; Lichtenfeld, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: September 2010, § 11 Rn. 41 f.; Rosenzweig/Freese, Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz - Kommentar, Stand Dezember 2009, § 10 Rn. 43; vgl. für Niedersachsen: Nds. OVG, Beschluss vom 27. Dezember 2005 - 9 ME 185/05 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf ZKF 2006, 95 [OVG Nordrhein-Westfalen 12.10.2004 - 15 B 1873/04] sowie Beschluss vom 16. Januar 2006 - 9 ME 304/05 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf ZKF 2006, 116; Beschluss vom 4. Februar 2008 - 9 LA 88/07 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf NdsVBl 2008, 298, mit ausdrücklichem Hinweis darauf, dass die Erhebung eines Jahreskurbeitrags bei Inhabern von Zweitwohnungen auch unter europarechtlichen Vorgaben nicht zu beanstanden ist). Die darin liegenden Typisierungen rechtfertigen sich - vor allem auch im Blick auf Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) - aus Gründen der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung, weil gerade bei den Zweitwohnungen die Ermittlung der tatsächlichen Aufenthaltsdauer ihrer Inhaber sowie deren Familienangehöriger in der Regel schwierig und wirtschaftlich unvertretbar ist.

Diese Rechtsprechung greift grundsätzlich auch im vorliegenden Fall. Sie verwehrt dem Zweitwohnungsinhaber den Einwand, dass er sich nur für einen kürzeren Zeitraum als denjenigen, der bei der Pauschalierung als wahrscheinliche durchschnittliche Jahresaufenthaltsdauer von Zweitwohnungsinhabern von 30 Tagen - wie hier (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 KBS) - angenommen worden ist, im Erhebungsgebiet aufgehalten habe. Er kann sich ferner nicht erfolgreich darauf berufen, dass bei ihm wie bei Kurgästen ohne Zweitwohnung im Erhebungsgebiet ein nach den Tagen des Aufenthalts bemessener Kurbeitrag zu erheben sei. Die hier bestehende Ungleichbehandlung wird nach der insoweit einhelligen Rechtsprechung durch die Erwägung sachlich gerechtfertigt, dass es einerseits für die erhebungsberechtigte Gemeinde bei Gästen, die keine Zweitwohnung im Erhebungsgebiet haben und daher während ihres Aufenthalts eine Wohnung anmieten, wegen der nach § 7 KBS bestehenden Meldepflichten des Vermieters leicht möglich ist, die tatsächliche Aufenthaltsdauer zu ermitteln, und dass andererseits vergleichbare Kontrollmechanismen bei den Inhabern von Zweitwohnungen nicht greifen, bei denen eine Vermietung an sich selbst in der Regel nicht stattfindet. Nicht bei Mietverhältnissen, wohl aber bei diesen Zweitwohnungsinhabern ist es kaum praktisch durchführbar, zumindest aber wirtschaftlich unvertretbar, die tatsächliche Aufenthaltsdauer der Inhaber und ihrer Familienangehörigen im Kurgebiet während des ganzen Jahres zu überwachen und festzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 1980 - 7 B 252.79 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf Buchholz 401.63 Kurabgabe Nr. 4; Nds. OVG, Beschluss vom 4. Februar 2008 a.a.O., Lichtenfeld, a.a.O., § 11 Rn. 42).

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. nur Beschluss vom 16. Mai 1990 - 8 B 170.89 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ-RR 1991, 320), des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 30. Mai 2000 - 9 L 977/99 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf NVwZ-RR 2000, 830; vom 25. Februar 2004 - 9 KN 546/02 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf NSt-N 2004, 89; vom 27. Dezember 2005 - 9 ME 185/05 -, a.a.O. und vom 16. Januar 2006 a.a.O.) sowie in der übereinstimmenden Rechtsprechung anderer Obergerichte (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17. August 1992 - 14 S 249/90 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf KStZ 1992, 216; VGH Kassel, Beschluss vom 25. Februar 1986 a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Dezember 1987 - 10 C 10/87 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf KStZ 1988, 168; OVG Schleswig, Urteil vom 4. Oktober 1995 - 2 L 197/94 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf KStZ 1996, 215) geklärt, dass die Kurbeitragspflicht der Inhaber einer Zweitwohnung, die nicht über eine Hauptwohnung im Erhebungsgebiet verfügen, daran anknüpft, dass diese tatsächlich eine reale Möglichkeit haben, die Kur- und Erholungseinrichtungen in Anspruch zu nehmen. Ob der einzelne Ortsfremde während seines Aufenthaltes im Erhebungsgebiet von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist unerheblich, da das Gesetz den die Erhebung der Kurabgabe rechtfertigenden Vorteil schon in der Inanspruchnahmemöglichkeit sieht.

Die Pflicht zur Zahlung des Saison- bzw. Jahreskurbeitrags entfällt allerdings dann, wenn der Zweitwohnungsinhaber die durch den Erwerb der Zweitwohnung zunächst begründete Aufenthaltsvermutung durch konkretes Tatsachenvorbringen substantiiert widerlegt. Denn die Möglichkeit zur Benutzung der Kur- und Erholungseinrichtungen besteht naturgemäß nicht, wenn sich der Eigentümer oder Besitzer der Zweitwohnung während des gesamten Erhebungszeitraums nicht in der Gemeinde aufgehalten hat. Sie entfällt ferner dann, wenn der Zweitwohnungsinhaber trotz Aufenthaltes im Erhebungsgebiet aus gesundheitlichen Gründen, z.B. wegen Bettlägerigkeit, Krankenhausaufenthaltes oder Verletzung, nachweislich während der gesamten Aufenthaltsdauer objektiv gehindert war, die Kureinrichtungen zu nutzen. Darüber hinaus kann ein Aufenthalt in der Zweitwohnung beispielsweise im Falle einer ganzjährigen Dauervermietung an Dritte schon zu Beginn eines Jahres ausgeschlossen sein.

Bei einer Veranlagung eines Zweitwohnungsinhabers zu einem Jahreskurbeitrag zu Beginn des maßgeblichen Erhebungszeitraums können demgegenüber nur eingeschränkt Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Kurbeitragsveranlagung erfolgreich erhoben werden. Bei einer Veranlagung zu diesem (frühen) Zeitpunkt ist nämlich für den Ausgang des Verfahrens von maßgeblicher Bedeutung, dass der Betroffene bei Erlass des angefochtenen Bescheides - dem für die Beurteilung der Begründetheit der Anfechtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt - noch die Möglichkeit hat, sich im weiteren Verlauf des Veranlagungsjahres im Erhebungsgebiet aufzuhalten und die Fremdenverkehrseinrichtungen in Anspruch zu nehmen. Für den Fall, dass sich nach Ablauf des Erhebungsjahres herausstellen sollte, dass er sich - als Besitzer einer Zweitwohnung - im laufenden Jahr nicht im Erholungsgebiet der Beklagten aufgehalten oder sich aus anderen Gründen, die (grundsätzlich) keine Kurbeitragspflicht auslösen - wie z.B. Aufenthalte zur Berufsausübung -, dorthin begeben hat, führt dieser Umstand nicht nachträglich zur Rechtswidrigkeit des - gfls. im Klageverfahren angefochtenen - Kurbeitragsbescheides. Diesem Umstand kann aber durch eine Rückerstattung des Beitrages Rechnung getragen werden (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 2 KBS). Die Prüfung, ob einem Zweitwohnungsinhaber der zunächst entrichtete Jahreskurbeitrag zurückzuzahlen ist, ist also einem weiteren Verwaltungsverfahren vorbehalten, das frühestens im Folgejahr durchzuführen ist (ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, vgl. nur Entscheidungen vom 14. September 2000 - 2 A 2851/98 -, vom 8. September 2000 - 2 A 925/99 -, vom 19. April 2000 - 2 A 1118/98 -, vom 29. März 2001 - 2 A 4261/00 und vom 11. Dezember 2003 - 2 A 3936/03 -, jeweils V.n.b,; Nds. OVG, Beschluss vom 9. September 2008 - 9 ME 191/08 -, veröffentlicht in der Rechtsrechungsdatenbank des Nds.OVG; Nds.OVG, Beschluss vom 06. Mai 2009 - 9 LA 410/07 -, V.n.b.). Dies gilt auch dann, wenn der Kurbeitragsbescheid - mangels Klageerhebung oder aufgrund eines die Rechtmäßigkeit des Kurbeitragsbescheides bestätigenden Urteils - bestandskräftig (geworden) sein sollte.

Die an den Erwerb der Zweitwohnung anknüpfende Vermutung eines Aufenthalts verbunden mit der realen Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Kur- und Erholungseinrichtungen entfällt bei einer Veranlagung zu Beginn eines Erhebungszeitraums allerdings dann, wenn die Eigennutzung der in Rede stehenden Ferienwohnung nach einem abgeschlossenen Vertrag (z.B. Gästevermittlungsvertrag) während der Vertragsdauer vollständig ausgeschlossen ist, also nach den vertraglichen Bedingungen in dem Veranlagungsjahr überhaupt keine Möglichkeit verbleibt, die Ferienwohnung - beispielsweise zur Durchführung von Reinigungs-, Renovierungs- und Reparaturarbeiten - zu betreten (vgl. Nds. OVG vom 5. September 2006 - 9 ME 203/06 -, juris, Rn. 3, mit Veröffentlichungshinweis auf ZKF 2006, 238; dasselbe, Beschluss vom 9. September 2008 - 9 ME 191/08 -, juris, Rdnr. 6; VG Oldenburg, Beschluss vom 12. Oktober 2007 - 2 B 2323/07 -, juris).

Im Übrigen ist für die Jahreskurbeitragspflicht nicht entscheidungserheblich, ob der betroffene Zweitwohnungsinhaber für seine Wohnung zu Zweitwohnungsteuern veranlagt wird bzw. werden könnte. Denn Anknüpfungspunkt der Kurbeitragspflicht des ortsfremden Eigentümers einer solchen Wohnung im Erhebungsgebiet ist nicht - wie bei der Zweitwohnungsteuer - die Inhaberschaft einer Zweitwohnung, sondern die Möglichkeit des auch nur vorübergehenden Aufenthalts im Erhebungsgebiet (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27. Dezember 2005, a.a.O.).

Gemessen an diesen Vorgaben ist die Veranlagung des Klägers zu einem Jahreskurbeitrag zu beanstanden.

Die Regelung des § 3 Abs. 4 KBS zur Erhebung und zur Höhe des (Jahres-)Kurbeitrags für Zweitwohnungsinhaber hält sich zwar aus den oben genannten Gründen im Rahmen des durch § 10 NKAG eröffneten Rechtssetzungsermessens der Gemeinde. Der Rechtmäßigkeit der Heranziehung des Klägers zu einem Jahreskurbeitrag zu Beginn des Erhebungszeitraums steht jedoch der Inhalt des mit dem „Vermietungsservice C“ abgeschlossenen Vertrages aus dem Jahr 2003 entgegen, auch wenn dieser Vertrag nicht den vollständigen Ausschluss der Eigennutzung des in Rede stehenden Ferienhauses während der Vertragsdauer vorsieht. Im Fall der vertraglichen Begrenzung der Nutzungszeit des eigenen Ferienobjekts auf 7 Übernachtungen im Jahr widerspricht es dem Gedanken der - die Erhebung eines Jahreskurbeitrags rechtfertigenden - Typisierung, der betreffende Zweitwohnungsinhaber und deren Familienangehörige hielten sich wahrscheinlich durchschnittlich 30 Tage im Jahr in der Ferienwohnung und damit im Erhebungsgebiet auf (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 22. Juni 2009 - 2 LB 4/09 -, juris, mit Veröffentlichungshinweis auf NVwZ-RR 2009, 778). Da es sich bei diesem Pauschbetrag um einen Ersatzmaßstab handelt, der sich aus der Summe der Tagessätze für die angenommene Anzahl von Aufenthaltstagen errechnet, lassen die Grundsätze der Verwaltungspraktikabilität und Verwaltungsvereinfachung die o.g. Typisierung nicht rechtfertigen. In einem solchen Fall kann nämlich ohne nennenswerten Aufwand aus den vorliegenden Unterlagen (Vertrag über vereinbarte Eigennutzung) festgestellt werden, für welchen Zeitraum dem Zweitwohnungsinhaber ein Nutzungsrecht an der Wohnung zusteht. Vor diesem Hintergrund lässt sich bei Kurbeitragsveranlagungen, die zulässigerweise vor dem Erhebungszeitraum erfolgen, die Erhebung eines Jahreskurbeitrages, der bei der Berechnung einen Aufenthalt von 30 Tagen zu Grunde legt, nicht rechtfertigen.

Für eine teilweise Abweisung der Klage - soweit der Kläger zu einem Jahreskurbeitrag von mehr als 7/30 des üblichen Satzes von 87,00 € herangezogen wurde - besteht kein Raum. Es obliegt letztlich dem Satzungsgeber im Rahmen seiner satzungsrechtlichen Gestaltungsfreiheit, eine Regelung zu schaffen, die vorgibt, wie mit solchen Konstellationen umzugehen ist. So ist z.B. denkbar, in der Satzung in Zusammenhang mit den Vorgaben hinsichtlich der Festsetzung eines Jahreskurbeitrages Staffelungen vorzusehen. Daneben kann unter Umständen auch überlegt werden, die satzungsrechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, gegenüber den Inhabern von Zweitwohnungen, die über einen Vertrag der vorliegenden Art verfügen, Tageskurbeiträge geltend zu machen (vgl. hierzu OVG Schleswig, Urteil vom 22. Juni 2009 a.a.O.). Diese Fragestellungen sind jedoch in diesem Verfahren nicht zu klären.