Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.12.2000, Az.: 6 K 581/98
Durch Telefax übermittelte Umsatzsteuervoranmeldung als ordnungsgemäße Steuererklärung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 19.12.2000
- Aktenzeichen
- 6 K 581/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 14412
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:1219.6K581.98.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 04.07.2002 - AZ: V R 31/01
Fundstellen
- DStRE 2001, 1052-1054 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2001, 548-550 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten sich darüber, ob die Übermittlung einer Umsatzsteuervoranmeldung per Telefax die Pflicht zu einer fristgerechten und wirksamen Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung erfüllt.
Die Klägerin übermittelte den von ihr ausgefüllten amtlichen Vordruck zur Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 1997 am 14.01.1998 per Telefax an das Finanzamt (FA). Der Originalvordruck war unterschrieben. Das Original verblieb bei der Klägerin.
Der Beklagte erkannte diese Übermittlung nicht als wirksame und fristgerechte Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung an, da er bereits vorher mehrmals mitgeteilt hatte, dass die Übermittlung einer Voranmeldung per Telefax nicht den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Mit Bescheid vom 19.05.1998 schätzte er die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dez. 1997 entsprechend der Angaben des übermittelten Telefaxes auf 1.391 DM und setzte einen Verspätungszuschlag von 90,00 DM fest. In den Erläuterungen wies der Beklagte darauf hin, dass die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steueranmeldung nach § 162 Abgabenordnung (AO) geschätzt wurden.
Den Einspruch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlages wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 14.07.1998 mit der Begründung zurück, dass gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG die Umsatzsteuervoranmeldung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck abzugeben sei. Diese Voraussetzung könne ein Telefax nicht erfüllen. Demzufolge sei keine wirksame Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben worden, so dass die Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 AO zu schätzen seien. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages nach § 152 AO sei erforderlich gewesen, da die Klägerin mehrfach auf die Unzulässigkeit der Übermittlung der Werte per Telefax hingewiesen worden sei. Auch die Höhe des Zuschlages sei nicht zu beanstanden, da er mit 6,4 v. H. der festgesetzten Vorauszahlung im mittleren Bereich des gesetzlichen Rahmens liege.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, eine Schätzung sei nicht zulässig gewesen, da die Besteuerungsgrundlagen dem FA bekannt gewesen seien. Im Übrigen sei die Voranmeldung nicht bzw. nicht verspätet abgegeben worden. Dies ergebe sich aus der Formulierung des Gesetzestextes. Danach sei eine Steuererklärung nach amtlichem Vordruck abzugeben. Hieraus könne nicht gefolgert werden, dass eine bestimmte Art von Papier im Original zu übermitteln sei. Die Verpflichtung werde vielmehr auch erfüllt, wenn die Originalvordrucke per Kopie durch ein Faxgerät übermittelt würden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Umsatzsteuervoranmeldung 1997 v. 19.05.1989 sowie den Einspruchsbescheid v. 14.07.1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Auffassung nach ist die Übermittlung einer Umsatzsteuervoranmeldung per Telefax unzulässig. Hierin liege keine wirksame Abgabe gem. § 18 Abs. 1 UStG. Abgabenrechtliche Bedenken ergäben sich insbesondere wegen der auf dem Telefax fehlenden Originalunterschrift. Zwar sehe das UStG für die Voranmeldung keine eigenhändige Unterschrift des Unternehmers vor. Nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck der Umsatzsteuervoranmeldung sei jedoch zu versichern, dass die Angaben in der Steuererklärung wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden seien. Diese Versicherung sei gem. § 150 Abs. 2 AO zu unterschreiben. Im Übrigen könne die Unterschrift auch strafrechtliche Bedeutung erlangen, da sie den Beweis für die Urheberschaft der Umsatzsteuervoranmeldung erbringen könne. Zudem ergebe sich die Pflicht zur eigenhändigen Unterzeichnung aus § 126 BGB.
Gründe
I.
Die Klage ist begründet.
1.
Der Beklagte war nicht berechtigt, einen Verspätungszuschlag wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für Dez. 1997 festzusetzen. Die von der Klägerin dem FA per Telefax übermittelte Umsatzsteuervoranmeldung ist als fristgemäße Abgabe der Steuererklärung anzusehen.
2.
Nach § 152 Abs. 1 AO kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist von den Gerichten uneingeschränkt nachprüfbar (vgl. BFH-Urteil v. 11. Juni 1997 X R 14/95, BFHE 183, 21, BStBl II 1997, 642).
a)
Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages nicht vor, da die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nachgekommen ist. Gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG sind Voranmeldungen bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraumes nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck abzugeben. Die Verpflichtung, eine Steuererklärung "nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck" abzugeben, wird allgemein für Steuererklärungen auch im § 150 Abs. 1 Satz 1 AO begründet. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck abgegeben ist, wenn entweder Vordrucke verwendet werden, die mit dem von den zuständigen Finanzbehörden freigegebenen Druckvorlagen hergestellt worden sind (amtliche Vordrucke) oder wenn Vordrucke verwendet werden, die nach dem Muster einer amtlichen Druckvorlage durch Druck, Ablichtung oder mit Hilfe von Datenverarbeitungsanlagen hergestellt worden sind (nichtamtliche Vordrucke). Die Verwendung nichtamtlicher Vordrucke ist danach jedoch nur zulässig, wenn diese in der drucktechnischen Ausgestaltung in der Papierqualität und in den Abmessungen den amtlichen Vordrucken entsprechen. Die Vordrucke müssen danach insbesondere in Wortlaut, in Format und in der Seitenzahl sowie Seitenfolge mit den amtlichen Vordrucken übereinstimmen, über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren haltbar sein, beidseitig bedruckt und gut lesbar sein. Die farbigen Eindrucke können durch entsprechende Graustufen ersetzt werden. Soweit die Seiten des 4-seitigen Hauptvordrucks der Steuererklärung auf zwei getrennten Blättern gedruckt werden, sind sie dem amtlichen Vordruck entsprechend miteinander zu verbinden (vgl. BMF-Schreiben vom 14.11.1996, BStBl I S. 1411).
Hiervon abweichend können zur Erleichterung und Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens auf Antrag zugelassen werden, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen auf Vordrucken abgegeben werden, die von den amtlich vorgeschriebenen Vordrucken abweichen. Über den Antrag entscheidet die Oberfinanzdirektion. Die Vordrucke müssen im Wortlaut, im Druckbild, im Format, im Aufbau, in der Papierqualität und in der Farbgestaltung grundsätzlich den in dem jeweiligen Bundesland amtlich vorgeschriebenen Vordruck entsprechen. Sie müssen über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren haltbar und gut lesbar sein. Abweichungen können zugelassen werden in Bezug auf die geringfügige Veränderung der Zeilen- und Schreibabstände sowie des Papierformats, soweit dünneres und leichteres Papier mit ausreichender Reißfestigkeit benutzt werden soll, hinsichtlich der farblichen Gestaltung sowie der Verwendung von weißem Papier (BMF-Schreiben v. 9. Januar 1992 BStBl I, S. 82).
Die Übermittlung von Steueranmeldungen per Telefax ist nach Auffassung der Finanzverwaltung deshalb rechtlich nicht zulässig. Dies wird durch Verfügungen unterschiedlicher Oberfinanzdirektionen ausdrücklich bekräftigt (vgl. Vfg. der OFD München v. 27. Februar 1997, StEK AO 1977 § 150 Nr. 17; ebenso Finanzministerium Sachsen-Anhalt v. 10. April 1997; StEK AO 1977 § 150 Nr. 17, OFD Hannover v. 7. Oktober 1998; StEK AO 1977 § 150 Nr. 19 unter Punkt 5).
b)
Diese Auffassung wird - soweit ersichtlich - in der Literatur ausdrücklich lediglich von Brockmeyer (in Klein, Abgabenordnung, 7. Auflage, § 150 Rz. 2) und Dumke (in Schwarz, AO, § 150 Rz. 3) geteilt. Die Verwendung einer Ablichtung vom amtlichen Vordruck, die sodann ausgefüllt und in körperlicher Form dem FA übersandt wird, wird dem gegenüber als zulässig angesehen (Klein/Brockmeyer, a.a.O.; Cissée in Bunjes/Geist, UStG, 6. Aufl., § 18 Rz. 4; Beermann/Stöcker, AO, § 150 Rz. 6; Kühn/Hofmann, AO, 17. Aufl., § 150 Anm. 3).
c)
Der Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass bei Verwendung des amtlichen Vordruckes eine Übermittlung per Telefax ausreichend ist, so dass die beim FA eingehenden Ablichtungen in ihrer Gesamtheit eine Steuererklärung nach amtlichem Vordruck darstellen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG und § 150 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Abgabe der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck zu erfolgen. Aus dieser gesetzlichen Formulierung erläßt sich entnehmen, dass zwar die Verwendung eines amtlichen Vordruckes zulässig, jedoch nicht stets erforderlich ist, da nicht die Abgabe auf einem amtlichen Vordruck vorgeschrieben ist. Nach amtlichem Vordruck abgegeben sind jedoch auch solche Steuererklärungen, die hinsichtlich ihrer drucktechnischen Aufmachung vollständig dem amtlichen Vordruck entsprechen. Die Verwendung einer Erklärung nach amtlichen Vordruck hat den Sinn, Verwechslungen, Abweichungen und Unvollständigkeiten zu vermeiden. Zudem soll die Auswertung der angegebenen Daten mittels elektronischer Datenverarbeitung ohne zeit- und personalaufwendige Abänderungen durchgeführt werden können (vgl. FG Nürnberg, EFG 1990, 339). Diese Voraussetzungen erfüllt auch ein Telefax bei Verwendung des amtlichen Vordruckes. Denn mit der Übermittlung wird durch das Empfangsgerät des FA eine Ablichtung erstellt, die dem amtlichen Vordruck vollständig entspricht. Dem steht nicht entgegen, dass die einzelnen Blätter lediglich einseitig bedruckt, nicht gelocht und nicht untrennbar miteinander verbunden sind. Denn diese Arbeiten können von der Finanzverwaltung leicht und ohne größere Schwierigkeiten selbst durchgeführt werden. Die gesetzliche Regelung dient dagegen im Wesentlichen der vollständigen und leichten EDV-mäßigen Erfassung der steuerlichen Daten. Hierzu bedarf es weder der beidseitigen Belichtung noch des Lochens oder Zusammenheftens der übermittelten Kopien. Denn auch der amtliche Vordruck ist, soweit er aus mehreren Blättern besteht, nicht untrennbar miteinander verbunden. Auch in diesem Fall muss der Bearbeiter in jedem Einzelfall die Vollständigkeit des Erklärungsvordruckes eigenständig prüfen. Da die Finanzverwaltung und die Literatur die Verwendung einer Ablichtung des amtlichen Vordruckes für zulässig hält, kann es nach Auffassung des Senats keinen Unterschied machen, ob die Ablichtung vor oder nach Aufnahme der steuerlichen Daten erfolgt.
d)
Dem steht entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht entgegen, dass auf dem Telefax keine Originalunterschrift des Unternehmers vorhanden ist. Wie sich aus § 150 Abs. 3 AO ergibt, ist eine Steuererklärung lediglich dann eigenhändig zu unterschreiben, wenn die Steuergesetze dies anordnen. Anders als § 18 Abs. 3 UStG für die Umsatzsteuerjahreserklärung, ordnet der § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG für die jeweiligen Voranmeldungen die eigenhändige Unterzeichnung der Steuererklärung nicht an (Klein/Brockmeyer, § 150 Rz. 5; ebenso Finanzministerium Baden-Württemberg vom 01.04.1985, StEK AO 1977 § 150 Nr. 2).
Eine eigenhändige Unterschrift lässt sich auch aus § 150 Abs. 2 AO i.V.m. dem Umsatzsteuervoranmeldungsvordruck nicht herleiten. Zwar sind die Angaben in den Steuererklärungen wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen und dies ist, wenn der Vordruck es so vorsieht, auch schriftlich zu versichern (§ 150 Abs. 2 AO). Diese Verpflichtung wird auch dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige die von ihm ausgefüllte Erklärung unterzeichnet und sie dann per Telefax dem FA übermittelt. Denn die Schriftform ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch dann gewahrt, wenn das Schriftstück per Telefax übermittelt wird, sofern die Kopiervorlage erkennbar ordnungsgemäß unterschrieben ist (vgl. zuletzt Beschluss d. BFH v. 31.03.2000 VII B 87/99, BFH/NV 2000, 1224; vgl. auch HHSp/Trzaskalik, AO, § 150 Rz. 34). Da im Streitfall die Kopiervorlage vom Geschäftsführer der Klägerin eigenhändig unterschrieben worden war, ist das Schriftformerfordernis des § 150 Abs. 2 AO erfüllt. Demzufolge hatte die Klägerin entgegen der Annahme des Beklagten ihre Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Dezember 1997 wirksam abgegeben, so dass die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages nicht vorlagen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 u. 711 ZPO i.V.m. § 151 Abs. 1 u. 3 FGO.