Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.12.2000, Az.: 6 K 632/99
Angemessenheit einer Pensionszusage
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 19.12.2000
- Aktenzeichen
- 6 K 632/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 14413
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:1219.6K632.99.0A
Fundstellen
- EFG 2001, 525-526 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- GmbHR 2001, 527 (amtl. Leitsatz)
- b&b 2001, 446
Tatbestand
Die Parteien streiten um die steuerliche Behandlung von Aufwendungen der Klägerin für eine Versorgungszusage zugunsten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers, soweit ein Teil der Aufwendungen auf die Witwenversorgung entfällt.
Die Klägerin ist eine GmbH, die 1987 gegründet wurde. Gegenstand des Unternehmens ist die Übernahme von Beteiligungen an Veredelungsbetrieben, sowie die Erzeugung und der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten aller Art. Seit 1992 ist D alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer. Weiteren Arbeitnehmer beschäftigt die Klägerin nicht. Aufgrund des Anstellungsvertrages vom 03.01.1994 beträgt das monatliche Gehalt des D DM 12.000. Am 01.01.1994 sagte die Klägerin dem D mit Erreichen des 65sten Lebensjahres eine lebenslange Altersrente in Höhe von DM 3.000 monatlich zu. Die Pensionszusage beinhaltete weiterhin eine Hinterbliebenenrente für die Ehefrau des D in Höhe von monatlich DM 2.400. Die Klägerin hat für die Pensionszusage eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen, die eine Witwenrentenanwartschaft in zugesagter Höhe beinhaltet.
Im Rahmen einer für die Jahre 1992 bis 1994 durchgeführten Außenprüfung stellte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) fest, dass die Berechnung der Pensionsrückstellung unter Berücksichtigung einer Witwenrentenanwartschaft von 80 % der Altersrente des Gesellschafter-Geschäftsführers erfolgte. Durch die Außenprüfung wurde die Pensionsrückstellung unter Berücksichtigung einer Witwenrentenanwartschaft von 60 % (DM 1.800) berechnet und anerkannt. Die aufgrund der Prüfungsergebnisse geänderten Bescheide wurden rechtskräftig.
Im Rahmen der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für das Streitjahr 1996 stellte das Finanzamt fest, dass die Klägerin bei der Berechnung der Pensionsrückstellung wiederum von einer Witwenrentenanwartschaft in Höhe von 80 % der Rente des D ausgegangen war. Aufgrund dieser Feststellung erfolgte unter Minderung der Anwartschaft auf 60 % die Kürzung der Pensionsrückstellung von DM 73.343 auf DM 68.731. Der Gewinn wurde entsprechend um DM 4.612 erhöht.
Hiergegen wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Sie ist der Ansicht, dass die Zuführungen zur Pensionsrückstellung in vollem Umfang zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen seien. Die vom FA vorgenommene Beschränkung der Witwenversorgung auf 60 % der Altersbezüge des versorgungsberechtigten Geschäftsführers sei willkürlich, da sie die individuelle Versorgungssituation der jeweils Betroffenen nicht berücksichtige. So erziele die Ehefrau des D nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von DM 12.000 jährlich. Allein aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei somit eine ausreichende Altersversorgung nicht gewährleistet.
Die Klägerin beantragt,
den geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1996 vom 14.04.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.06.1999 und des Änderungsbescheids vom 20.09.1999 aufzuheben und die Steuern mit der Maßgabe festzusetzen, dass die Kürzung der Pensionsrückstellung um DM 4.612 aufgehoben und die Pensionsrückstellung in voller Höhe anerkannt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er ist der Ansicht, dass die Witwenrentenanwartschaft nur in Höhe von 60 % der Altersbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers steuerlich anerkannt werden können. Hinsichtlich des überhöhten Betrages liege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Dies ergebe sich daraus, dass die Zusage der Witwenrentenanwartschaft dem Fremdvergleich nicht standhalte. Üblich sei eine Witwenrentenanwartschaft nur in Höhe von 60 % der Bezüge des Geschäftsführers. Dies entspreche den Vorgaben der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung. Gerade weil die gesetzliche Rentenversicherung der Ehefrau unter Berücksichtigung einer Witwenrente in Höhe von 60 % keine ausreichende Altersversorgung gewährleiste, sei der über 60 % hinausgehende Anteil der Witwenrentenanwartschaft nicht betrieblich veranlasst, da die Gesellschaft insoweit die von der Ehefrau gewünschte zusätzliche private Altersversorgung übernehme.
Gründe
Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht einen Teil der Zuführung zur Pensionsrückstellung als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) behandelt.
Eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihren Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschaft nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 21. Dezember 1994, I R 98/93, BStBl II 1995, 419 m.w.N.). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender Gesellschafter, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren und vornherein abgeschlossenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (BFH-Urteil vom 13. März 1991, I R 1/90, BStBl II 1991, 597).
Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall keine vGA gegeben, da die Aufwendungen für die Pensionszusage einschließlich der Witwenversorgung betrieblich und nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst waren. Die von der Klägerin gemachte Pensionszusage hält in vollem Umfang einem Fremdvergleich stand. Dies ist nach der Rechtsprechung des BFH im allgemeinen dann der Fall, wenn aus Sicht des Zusagezeitpunkts die Pension noch erdient werden kann, die Qualifikation des Geschäftsführers feststeht, die voraussichtliche Ertragsentwicklung die Zusage erlaubt und keine anderen betrieblichen Besonderheiten der Zusage entgegenstehen (BFH vom 29.10.1997, I R 52/97, BStBl II 1999, 318). Liegen diese Voraussetzungen - wie im Streitfall zwischen den Beteiligten unstreitig - vor, so ist eine zugleich eingeräumte Hinterbliebenenversorgung grundsätzlich als unschädlich anzusehen (BFH vom 29.10.1997, a.a.O.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Hinterbliebenenversorgung selbst nicht unangemessen hoch ist (BFH vom 21.12.1994, I R 98/93, BStBl II 1995, 419). Die von der Klägerin zugesagte Witwenrente in Höhe von DM 2.400 monatlich ist weder in ihrem absoluten Umfang noch in Relation zu dem monatlichen Gehalt des D von DM 12.000 unangemessen hoch. Insoweit ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Altersrente des Geschäftsführers bis zu 75 % seiner letzten Aktivbezüge betragen darf (BFH v. 29.10.1997, I R 52/97, BStBl II 1999, 318). Weiterhin ist eine Witwenrente in Höhe von 60 % der Rente des Geschäftsführers nach der Ansicht des FA - und auch sonst unbestritten - steuerlich unschädlich möglich. Diese Berechnung führt vorliegend zu einer noch angemessenen Hinterbliebenenrente von DM 5.400. Die tatsächlich zugesagte Witwenrente von DM 2.400 liegt deutlich unter diesem Betrag. Eine Überversorgung tritt auch bei der gebotenen Hinzurechnung der Rentenansprüche aus der gesetzlichen Altersversorgung, die Frau D aufgrund ihrer nichtselbständigen Tätigkeit mit jährlichen Einkünften von DM 12.000 erwirbt, offensichtlich nicht ein.
Die Witwenrente ist auch nicht deshalb als unangemessen und damit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst zu qualifizieren, weil sie 80 % der dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagten Altersrente ausmacht. Insoweit ist dem Beklagten zwar zuzugeben, dass viele Pensionszusagen eine Hinterbliebenenversorgung von nur 60 % der Versorgungsbezüge des originär Versorgungsberechtigten enthalten. Dies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass sich diese Witwenrenten an der 60 %-Grenze der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung orientieren. Darauf kommt es jedoch bei der Beurteilung, ob die einem Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber versprochene Hinterbliebenenversorgung angemessen ist und damit dem Fremdvergleich standhält, nicht entscheidend an. Denn die Vorgaben der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung sind aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen nicht auf die Hinterbliebenenversorgung von Geschäftsführern übertragbar. Sie sind im Rahmen des Fremdvergleichs kein geeigneter Vergleichsmaßstab. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Geschäftsführer ihr Gehalt sowohl der Höhe nach als auch bezüglich der Verteilung auf die einzelnen Gehaltsbestandteile individuell aushandeln.
Dies muss "mit steuerlicher Anerkennung" auch einem Gesellschafter-Geschäftsführer freistehen, solange die Witwenrente zur Geschäftsführerpension nicht völlig außer Verhältnis steht. Ohne auf diese Relation näher einzugehen, hat der BFH in seinem Urteil vom 13.10.1983 (I R 4/81, BStBl II 1984, 65) eine Witwenrente in Höhe von 75 % der Altersente des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht als unangemessen erachtet. Ab welchem Verhältnis eine Witwenrenten nicht mehr als angemessen angesehen werden kann, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Eine Hinterbliebenenversorgung in Höhe von 80 % der Altersrente des Gesellschafter-Geschäftsführers ist jedenfalls noch angemessen. Insoweit ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass die Qualifizierung einzelner Gehaltsbestandteile als vGA regelmäßig nur dann in Betracht kommt, wenn diese zu einer Gewinnabsaugung oder zu einer unangemessenen Risikoverteilung zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer führen können, wie dies z.B. bei Tantiemen der Fall sein kann. Ein solches Gefährdungspotenzial ist jedoch bei einer Hinterbliebenenrente von 80 % der Altersrente des Geschäftsführers nicht gegeben.
Anhaltspunkte dafür, dass unter Einbeziehung der Pensionszusage die Gesamtbezüge des D unangemessen hoch seien und aus diesem Grund eine vGA vorliege, hat weder die Klägerin vorgetragen, noch sind diese sonst ersichtlich.
Die Berechnung der Steuern konnte gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Finanzamt übertragen werden. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Frage, ob die Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer dem Fremdvergleich allein deswegen nicht standhält, weil die zugesagte Hinterbliebenenversorgung 80 % der Altersrente des Geschäftsführers beträ