Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 11.09.2002, Az.: 8 A 307/01
Abschreibung; Abwasseranlage; Abwassergebühren; Beleuchtung; Erforderlichkeit; Klärschlamm; Zusammenfassung; öffentliche Einrichtung; Überkapazität
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 11.09.2002
- Aktenzeichen
- 8 A 307/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43609
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1 KAG ND
- § 2 KAG ND
- § 5 KAG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Zusammenfassung öffentlicher Abwasseranlagen steht im Ermessen der Gemeinde
2. Zur Begrenzung ansatzfähiger Kosten durch den Grundsatz der Erforderlichkeit
3. Zum Umfang der gerichtlichen Überprüfung
4. Rechtmäßigkeit des Ansatzes kalkulatorischer Kosten
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Verfahrenskosten;
insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger zu 2) ist Eigentümer eines Grundstücks in S., K.Str.. Ferner sind beide Kläger Nießbraucher bezüglich der Grundstücke S., H.-Weg und sowie bezüglich der Grundstücke S., W.-Str..
Alle Grundstücke sind an die zentrale Schmutzwasser- und zentrale Niederschlagswasserentsorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossen. Die Beklagte betreibt in ihrem Stadtgebiet nach Maßgabe ihrer Satzung über die Abwasserbeseitigung und den Anschluss an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage – Abwasserbeseitigungssatzung – zur Beseitigung des in ihrem Entsorgungsgebiet anfallenden Abwassers jeweils eine rechtlich selbständige Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung, zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung und zur dezentralen Schmutzwasserbeseitigung als öffentliche Einrichtung.
Im Rahmen der Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung betrieb die Beklagte im Jahre 1997 die Kläranlagen S., S. und die Kläranlage Nord mit jeweils mechanisch-biologisch-chemischer Reinigung sowie die Klärteiche S. und S. mit mechanischer Belüftung. Die Kläranlage S. wurde seit 1977 geplant, seit 1994 gebaut und im Jahre 1996 fertiggestellt. Die Kläranlage wurde dabei für 150.000 Einwohnergleichwerte (EGW) bemessen. Dem lag zugrunde, dass das Einzugsgebiet der Kläranlage Nord mit 23 anzuschließenden Stadtteilen und 2 anzuschließenden Umlandgemeinden eine Einwohnerzahl von ca. 101.000 EGW umfasste. Die Belastung durch die ansässige abwasserproduzierende Industrie- und die Gewerbebetriebe berücksichtigte die Beklagte damals mit 18.000 EGW. Ferner setzte sie für die Eigenverschmutzung der Kläranlage Nord weitere 15.000 EGW an. Schließlich setzte sie für weitere geplante Anschlüsse von Wohn- und Gewerbegebieten im Rahmen der normalen städtebaulichen Entwicklung, den mittelfristig geplanten Anschluss der Stadtteile I., D. und W. sowie der Fortentwicklung des Gewerbegebietes B. mit dem Güterverkehrszentrum eine weitere Reserve von 16.000 EGW an. 1997 waren einschließlich Pendlern 95.382 Einwohner an die Anlage angeschlossen, 2001 betrug diese Zahl 104.927. Die Kläranlage Nord wurde im Rahmen eines Beleuchtungskonzeptes mit 70 Leuchten ausgestattet. Ferner wurde eine Klärschlammbehandlungsanlage als Bestandteil der Kläranlage vorgesehen.
Im Projektbeschluss zum Neubau der Kläranlage Nord vom 29. Mai 1989 wurde von Gesamtherstellungskosten von 72 Millionen DM ausgegangen. Die Ausschreibung bezüglich der Herstellungsarbeiten der Kläranlage erfolgte im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft europaweit. Vor der Vergabe ließ die Beklagte die Angebote der Mindestbietenden von ihrem Rechnungsprüfungsamt prüfen. Die preisrechtliche Prüfung der Nachträge erfolgte durch die Preisprüfungsstelle der Bezirksregierung Braunschweig. Gleichwohl ergab sich nach Projekterweiterungen und Preissteigerungen bereits 1993 eine Baukostensumme von 125.925.000,00 DM.
In den Haushaltsjahren 1995 und 1996 nahm die Beklagte im Zusammenhang mit dem Bau der Kläranlage Nord Kassenkredite auf.
Mit Vertrag vom 15.12.1995 übertrug sie sodann die weitere Planung, die Finanzierung, den Bau und den Betrieb der Kläranlage Nord auf die Abwasserentsorgung S.-. Das Eigentum an der Kläranlage ging auf die über. Für die Leistungen der hatte die Beklagte ein jährliches Entgelt auf Selbstkostenbasis zu entrichten.
Die Beklagte setzte für das Jahr 1997 neue Gebührensätze fest, wobei sie die jeweiligen Kosten der Einrichtungen ermittelte, um diese sodann auf die Nutzungseinheiten zu verteilen.
Bei der Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung berücksichtigte die Beklagte neben den sonstigen Kosten insbesondere auch das voraussichtlich an die aufgrund des mit dieser geschlossenen Vertrages über den Bau und Betrieb der Kläranlage Nord zu zahlende Entgelt auf der Kostenseite. Bei der Zinsbelastung durch aufgenommene Kredite setzte die Beklagte aufgrund der Ermittlungen ihrer Stadtkämmerei einen kalkulatorischen Zinssatz von 6,5 % an. Die Gesamtkosten der Schmutzwasserbeseitigung reduzierte die Beklagte anschließend u.a. um die von den Drittgemeinden für die Entsorgung ihres Schmutzwassers zu entrichteten Entgelte in Höhe von 575.500,00 DM. Den verbleibenden Aufwand verteilte die Beklagte auf den voraussichtlichen Frischwasserverbrauch im Kalkulationszeitraum. Dabei legte sie als Anhaltspunkt den Jahresverbrauch an Frischwasser des Jahres 1995 abzüglich des in diesem Jahre nachweislich nicht der Schmutzwasserentsorgung zugeführten Frischwassers zugrunde, insgesamt eine Menge von 5.800.000 cbm.
Die gesamte Berechnung der im Jahre 1997 zu entrichtenden Schmutzwassergebühr erfolgte in der Gebührenkalkulation, die als Anlage 1 der Beschlussvorlage vom 08.01.1997 zum Beschluss der 1. Satzung zur Änderung der Satzung über Abgaben und Kostenerstattungen für die Abwasserbeseitigung mit welcher die Gebührensätze für das Jahr 1997 festgelegt wurden, beigefügt war. Insgesamt führte die Gebührenkalkulation im Bereich Schmutzwasserentsorgung zu einer Gebühr von 5,99 DM pro cbm für das Jahr 1997.
Die Niederschlagswassergebühr wurde auf einen Betrag von 0,68 DM pro qm festgesetzt.
Unter dem 15.01.1997 übersandte die von der Beklagten beauftragte Wasser- und Energieversorgungsgesellschaft mbH (WEVG) dem Kläger zu 2) jeweils entsprechende Gebührenbescheide für den Zeitraum vom 01.01.1996 bis 31.12.1996 unter Anforderung von Abschlägen auf die im Jahr 1997 anfallenden Gebühren für die Verbrauchsstellen K.Str. (im Bescheid K.Str. bezeichnet), Werkstraße und , Werkstraße und H.Weg. Mit Schreiben vom 14.03.1997 änderte die WEVG die Höhe der Abschlagszahlungen bezüglich der genannten Grundstücke. Am 16.04.1997 erhoben die Kläger Widerspruch gegen die Abwassergebührenbescheide 1997 bezüglich aller genannten Grundstücke. Unter dem 15.01.1998 übersandte die WEVG dem Kläger zu 2) für die genannten Grundstücke nunmehr für den Verbrauchszeitraum vom 01.01.1997 bis 31.12.1997 die Jahresgebührenrechnung für Frischwasser-, Abwasser- sowie Niederschlagswassergebühren. Hinsichtlich der zugrunde gelegten Verbrauchswerte und der daraus ermittelten Gebühren wird Bezug genommen auf die Bescheide der Beklagten (Bl. 4 – 8 der Gerichtsakte). Dagegen legte der Kläger zu 2) mit Schreiben vom 08.02.1998 ebenfalls Widerspruch ein.
Diesen begründete er u.a. damit, dass eine ordnungsgemäße Gebührenkalkulation nicht erfolgt sei, da die Angaben über die veranschlagte Frischwassermenge dem Rat bei der Gebührenkalkulation der jeweiligen Abwassergebührensätze nicht vorgelegen hätten. Es sei deshalb nicht festzustellen, ob die veranschlagten Gesamteinnahmen ordnungsgemäß berechnet worden seien. In der Gebührenbedarfsdeckung seien die von den Umlandgemeinden erwarteten Einnahmen und die erwarteten Kosten in die Kalkulation eingestellt worden, obwohl diese nicht kostendeckend seien. Zudem bestünde keine ausdrückliche Trennung von zentraler und dezentraler Abwasserbeseitigung. Aus der Gebührenkalkulation sei nicht ersichtlich, in welchem Umfang die öffentliche Hand für die Inanspruchnahme der Einrichtung Abwasserbeseitigung berücksichtigt werde. Die Kläranlage S. sei mit 150.000 EGW überdimensioniert. Die Abwasserbelastung betrage derzeit nur etwa 119.000 EGW, wobei S. schon eingerechnet sei, obwohl die Abwässer noch nicht über die Kläranlage Nord entsorgt würden. Der Grundsatz der Erforderlichkeit sei verletzt, wenn Kostenpositionen in großem Umfang enthalten seien, die auf Anlagenteilen beruhten, die noch nicht in Betrieb genommen bzw. noch nicht voll ausgelastet seien. 1997 sei die Kläranlage Nord mindestens zu 40.000 bis 50.000 EGW nicht ausgelastet gewesen. Schließlich sei auch die Abschreibungszeit von 33 Jahren bezüglich der Gebäude zu kurz bemessen, da eine Abschreibung von 50 Jahren möglich sei. Die Finanzierung von Investitionskosten über Kassenkredite im Jahre 1995 habe im Vergleich zur Aufnahme eines Darlehns zu überhöhten Zinsen geführt. Zudem sei die Zuständigkeit des Rates für die Aufnahme von Krediten für Investitionen unterlaufen worden. Für die Beleuchtung der Kläranlage Nord werde nur ein Volumen von 35 Leuchten benötigt.
Mit Bescheid vom 09.05.2001, der sich auf den Widerspruch „der Eheleute B. bezieht, wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 15.01.1997, geändert am 14.03.1997, und den Bescheid vom 15.01.1998 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Gebührenkalkulation 1997 der modifizierte Frischwassermaßstab des Jahres 1995 zugrunde liege. Die Verbrauchsmenge sei in der Gebührenkalkulation enthalten gewesen und diese sei ein wesentlicher Bestandteil der Ratsvorlage für die Ratssitzung vom 09.01.1997 gewesen. Die Umlandgemeinden seien zu 100 % an den Kosten der Teile der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigung beteiligt, die sie auch nutzten. Eine Unterdeckung sei nicht ersichtlich. Im Übrigen zahlten die Gemeinden bei einem Entgelt, das mehr als 30 % der Schmutzwassergebühr betrage, einen Deckungsbeitrag an den fixen Kosten, so dass ab dieser Höhe der Gebührenzahler einen Vorteil von dem Anschluss weiterer Gemeinden habe. Die Kosten der Schmutzwasserbeseitigung bestünden nämlich nur zu 30 % aus variablen Kosten. Sie sei ihrer Verpflichtung, die öffentlichen Anteile aus der Oberflächenentwässerung zu ermitteln (und diese nicht in die Kalkulation einfließen zu lassen) in vollem Umfang nachgekommen. Dies ergebe sich daraus, dass für die Gebührenkalkulation 1997 bei jeder einzelnen Haushaltsstelle der durchschnittliche Anteil der letzten drei Abrechnungszeiträume des Niederschlagswassers und des Schmutzwassers zur Gesamtausgabe ermittelt und in Relation zum Gesamtansatz gestellt worden sei. Die so ermittelten Kosten seien auf den öffentlichen Anteil (Straßenentwässerung) und den privaten Anteil (Gebührenzahleranteil) aufgeteilt worden. Der Aufwand für die öffentliche Regenwasserbeseitigung sei in der Gebührenkalkulation mit 894.873,00 DM berücksichtigt und als einrichtungsfremde Kosten aus der Kalkulation herausgerechnet worden. Die Vorfinanzierung durch Kassenkredite sei zur Vermeidung einer Vorfälligkeitsentschädigung für die vorfristige Ablösung von langfristigen Darlehn erfolgt. Das Beleuchtungskonzept für die Kläranlage S. sei unter Berücksichtigung der Unfallverhütungsvorschriften 7.4, abwassertechnische Anlagen, VBG 54 und der Arbeitsstättenrichtlinie erarbeitet und mit den technischen Aufsichtsbeamten des Gemeindeunfallversicherungsverbandes sowie dem Sicherheitsingenieur der Stadt S. abgestimmt worden. Auch seien die Einrichtungen zentrale öffentliche Abwasseranlagen sowie dezentrale öffentliche Abwasseranlagen sowohl in der Abwasserbeseitigungssatzung (§ 2 der Stadt S.) als auch in der Abgabensatzung Abwasserbeseitigungen (§§ 14, 15) in der zugrunde liegenden Gebührenkalkulation getrennt. Eine Überkapazität der Kläranlage S. sei bei einer zugrunde gelegten Kapazität von 134.000 EGW und einer Reserve von 16.000 EGW nicht gegeben. Hinsichtlich der Abschreibungszeit habe man sich an die empfohlenen Richtwerte gehalten. Kürzere Abschreibungszeiten seien sinnvoll, da durch die technische Weiterentwicklung und neue gesetzliche Bestimmungen möglicherweise eine Nutzung nicht mehr zulässig und daher Restbuchwerte vorzeitig auszubuchen seien.
Die Kläger haben am 13.06.2001 Klage erhoben.
Zur Begründung vertiefen sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Darüber hinaus bemängeln sie nunmehr zudem, dass die Abwasseranlagen der Stadt S. wegen ihrer Unterschiedlichkeit in der Arbeitsweise und in den Arbeitsergebnissen nicht miteinander vergleichbar seien und daher auch nicht zu einer einheitlichen Einrichtung Abwasserbeseitigung zusammengefasst werden dürften. Dass die Kläranlage S. überdimensioniert gewesen sei, ergebe sich schon daraus, dass diese nur die Kläranlage S. habe ablösen sollen, da die Kapazität dieser Kläranlage im Jahre 1989 als erschöpft gegolten habe. Eine wesentliche Erweiterung des Kanalnetzes im Einzugsgebiet der Kläranlage S. sei bei der Planung nicht vorgesehen gewesen. Die Kläranlage S. sei damals aber nur auf 105.000 EGW ausgerichtet gewesen. Deshalb treffe auch die Aussage der Beklagten nicht zu, der Anschluss weiterer Stadtteile sei geplant gewesen. Die Beklagte könne für die Eigenverschmutzung der Kläranlage nicht 15.000 EGW zum Ansatz bringen. Die entsprechende Klärschlammanlage sei nämlich außer Betrieb gesetzt worden, da diese nicht richtig funktioniert habe und man mittlerweile erkannt habe, dass die landwirtschaftliche Entsorgung des Klärschlammes die wirtschaftlichste Möglichkeit sei. Die Schlammtrocknungsanlage sei eine Fehlinvestition der Beklagten gewesen. Bereits 1989 sei von dem Ingenieur P. festgestellt worden, dass der in S. anfallende Klärschlamm eine gute Qualität aufweise und daher die Schadstoffgrenzen für die Aufbringung des Klärschlamms in der Landwirtschaft nicht überschritten würden. Die Beklagte habe sich aber dennoch für die teure Schlammtrocknungsanlage entschieden. Die Beklagte habe weiterhin bei der Kalkulation der Gebühren einen überhöhten Zinssatz von 8,25 % zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Beleuchtung ergebe sich aus der DIN 5035 für Kläranlagen, dass 35 Leuchten ausreichend seien. Die Ingenieurleistungen seien nicht ordnungsgemäß frei vergeben worden und die Ausschreibungen seien nicht ordnungsgemäß erfolgt, da die Kosten der Kläranlage von den ursprünglich 72 Mio auf ca. 125 Mio DM explodiert seien.
Die Kläger beantragen,
den Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 15.01.1998 (Jahresveranlagung 1997) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2001 aufzuheben, soweit dadurch Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser festgesetzt worden sind.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf die Gründe ihres Widerspruchsbescheides und trägt ergänzend vor:
Sämtliche Gebührenbescheide richteten sich ausschließlich an den Kläger zu 2). Die Klägerin zu 1) sei mithin durch die Bescheide nicht belastet und könne folglich deren Aufhebung nicht begehren. Etwas anderes könne sich nur hinsichtlich des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2001 ergeben, da dieser sich an beide Kläger richte.
Im Übrigen sei sie berechtigt, die einzelnen in der Stadt bestehenden Einrichtungen zu einer gemeinsamen öffentlichen Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung zusammen zu fassen. Dies ergebe sich grundsätzlich aus dem ihr zustehenden Organisationsermessen, zumal die Arbeitsweise und das Arbeitsergebnis der einzelnen Anlagen miteinander vergleichbar seien. Betrachte man das Arbeitsergebnis der unterschiedlichen Behandlungs- und Bereinigungsanlagen, so handele es sich jeweils um gereinigtes Wasser, welches einem Gewässer zugeführt werde. Ein Unterschied der Arbeitsergebnisse der einzelnen Anlagen sei daher nicht festzustellen. Auch die Verfahren seien hinsichtlich der ablaufenden Prozesse im Wesentlichen vergleichbar. Es handele sich nämlich jeweils in erster Linie um eine biologische Abwasserreinigung, welche mit mehr oder weniger technischem Aufwand betrieben werde.
Nicht zu beanstanden sei auch, dass sie die Kosten der Klärschlammtrocknungsanlage in den Gebührenbedarf einbezogen habe. Die Errichtung der Klärschlammtrocknungsanlage sei darauf zurückzuführen, dass im Planungsverfahren eine derartige Anlage von dem mit dem Controlling beauftragten Ingenieurbüro angeregt worden sei. Unter dem Gesichtspunkt der mittel- und langfristigen Entsorgungssicherheit und der Flexibilität bei der Wahl der Entsorgungswege habe sie sich damals entschieden, eine solche Klärschlammbehandlung mit einer thermischen Trocknung als letzter Stufe der Schlammbehandlung vorzusehen, da einerseits wirtschaftliche Gesichtspunkte und andererseits eine bestehende Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Klärschlammbeseitigung dafür gesprochen hätten. Die Klärschlammverwertung in der Landwirtschaft unterliege strengen Einschränkungen, so dass sie den Entsorgungsweg damals nicht als dauerhaft gesichert angesehen habe. Allein der Umstand, das sie sich im Jahre 2001 dafür entschieden habe, die Anlage außer Betrieb zu setzen, könne für den Bau der Anlage etliche Jahre zuvor nicht von Bedeutung sein. Auch sei die Kläranlage nicht überdimensioniert. Insbesondere könne eine Eigenverschmutzung von rund 10 % und 15.000 EGW in Ansatz gebracht werden. Da das anfallende Trübwasser nur biologisch abbaubar sei, müsse die Kläranlage um den Anteil des Trübwassers größer dimensioniert werden.
Auf die angesetzte Eigenverschmutzung wirke sich die Klärschlammtrocknung nur unwesentlich aus. Die von den Umlandgemeinden zu entrichteten Entgelte würden nach den von diesen bei der Entsorgung ihres Abwassers verursachten Kosten bemessen. Dabei unterscheide sie zwischen den Kosten der Abwasserreinigung (Kläranlagenbetrieb) und den Kosten des Abwassertransports (Kanalbetrieb). Im Bereich Abwasserreinigung ermittle sie sämtliche hier anfallenden Kosten und stelle diese den Gesamtkosten der Schmutzwasserentsorgung gegenüber. Daraus ergebe sich der prozentuale Anteil der Abwasserreinigung an der Gebühr. Der so ermittelte Betrag für die Abwassereinigung pro Kubikmeter werde den Drittgemeinden in vollem Umfang nach den aus diesen Gebieten anfallenden Schmutzwassermengen in Rechnung gestellt. Bei der Berechnung des Entgeltes für den Abwassertransport gehe sie von der Kanallänge aus, die von den Drittgemeinden mit benutzt werde. Diese Strecke setze sie ins Verhältnis zur Länge des gesamten Kanalnetzes. Entsprechend würden sodann die Kosten aufgeteilt. Die Kosten dieser Kanalstrecken würden sodann weiter entsprechend der von den jeweiligen Nutzern durchgeleiteten Wassermengen aufgeteilt.
Von den tatsächlich eingebauten 70 Leuchten seien im Normalbetrieb lediglich 17 Leuchten als Sparbeleuchtung eingeschaltet. Die volle Anzahl der Leuchten werde nur bei Störfällen oder im Reparaturfall in Betrieb gesetzt. Die Bezugnahme des Klägers auf die DIN 5035 sei nicht nachzuvollziehen, da diese nicht auf Kläranlagen oder auf eine bestimmte Leuchtenzahl, sondern lediglich auf die Leuchtenstärke abstelle. Schließlich dürften die nunmehr erhöhten Gesamtkosten der Kläranlage Nord in die Gebührenrechnung mit einbezogen werden. Insofern ergebe sich aus dem Umstand einer Erhöhung der ursprünglich projektierten Gesamtkosten nichts im Hinblick auf die Nichtansetzbarkeit der endgültig entstandenen Kosten für die Herstellung der Kläranlage Nord. Soweit der Kläger eine ordnungsgemäße Ausschreibung bestreite, seien seine Angaben unsubstantiiert. Der von ihr angesetzte tatsächliche kalkulatorische Zinssatz sei angemessen; er stelle den Mittelwert aller Zinssätze des von ihrer aufgenommenen langfristigen Darlehen dar. Die Rechtmäßigkeit der Aufnahme von Kassenkrediten sei für den vorliegenden Rechtsstreit nicht von Bedeutung, da im Jahre 1997 in Bezug auf die Kläranlage lediglich das der ASG zu entrichtende Entwässerungsentgelt in den Gebührenbedarf aufzunehmen gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
Entscheidungsgründe
Die Klage des Klägers zu 2) ist zulässig, aber unbegründet.
Die Gebührenbescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger zu 2) nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswassergebühren sind §§ 1, 2, 5 NKAG i.V.m. §§ 13 bis 19 der Satzung über Abgaben- und Kostenerstattung für die Abwasserbeseitigung der Stadt S. (Abgabensatzung - Abwasserbeseitigung – ASAB - ) vom 06.12.1995 i.d.F. der Änderung vom 29.01.1997. Hiernach sind die Gemeinden berechtigt, als Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen aufgrund einer Satzung Benutzungsgebühren zu erheben, um die Kosten der jeweiligen Einrichtung zu decken. Vorliegend erhebt die Beklagte als Gegenleistung für die Nutzung ihrer öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung Gebühren. Der Kläger zu 2) ist als Eigentümer des Grundstücks K.Str. sowie als Nießbraucher der Grundstücke H.Weg und sowie Werkstraße und gebührenpflichtig gem. § 16 der ASAB. Die in § 15 a festgelegten Gebühren für die zentrale Entsorgung des Schmutzwassers in Höhe von 5,99 DM pro cbm und für die Entsorgung des Niederschlagswassers in Höhe von 0,68 DM pro qm sind entsprechend den Vorgaben in § 5 Abs. 1 bis 3 NKAG ermittelt worden und nicht zu beanstanden.
Zunächst durfte die Beklagte die in § 2 Abs. 6 ASAB genannten öffentlichen Abwasseranlagen zu einer öffentlichen Einrichtung zusammenfassen. Was bei leitungsgebundenen Ver- bzw. Entsorgungsanlagen jeweils öffentliche Einrichtung ist, bestimmt die Kommune im Rahmen ihres Organisationsermessens, das nur einer gerichtlichen Willkürüberprüfung unterliegt (VG Lüneburg, Urteil vom 24.01.1990 – 9 L 92/89 - = NVwZ-RR 90, 506 [OVG Niedersachsen 24.01.1990 - 9 L 92/89]; OVG Lüneburg, Urteil vom 12.11.1991 – 9 L 20/90 - = NStZ – N 1992, 47; OVG Münster, Urteil vom 18.03.1996 – 9 A 389/93 - = NVwZ-RR 97, 652 [OVG Nordrhein-Westfalen 18.03.1996 - 9 A 384/93]). Eine Grenze ist nur dort zu ziehen, wo Anlagen, die hinsichtlich ihrer Arbeitsweise und ihres Arbeitsergebnisses schlechterdings unvergleichbar sind, zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung zusammengefasst werden (OVG Lüneburg, Urteil vom 24.01.1990, a.a.O.; Hatopp/Frese, Nds. Kommunalabgabengesetz, Stand: Dezember 2001, § 5, Erläuterung 93). Die Beklagte hat unwidersprochen dargelegt, dass alle vier Anlagen in ihrem Gebiet dasselbe Arbeitsergebnis, nämlich die Reinigung des Abwassers und dessen Zuführung zu einem Gewässer, erzielen sowie im Wesentlichen die selbe Arbeitsweise haben. Sämtliche Anlagen führen eine biologische Reinigung durch, die mit mehr oder weniger technischem Aufwand betrieben wird.
Die Beklagte hat nicht gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit der Kosten verstoßen, indem sie das Reinigungsentgelt, welches sie an die ASG zu entrichten hatte, in vollem Umfang in die Kostenermittlung mit einbezog.
Der Umfang der als gebührenfähig anzusehenden Kosten wird zwar – auch im Hinblick auf die Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen - begrenzt durch den Grundsatz der Erforderlichkeit (vgl. Driehaus/Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, S. 6, RdNr. 141). Er beruht auf der Überlegung, dass eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung (vgl. § 82 Abs. 2 NGO) besonders dort geboten ist, wo das kommunale Handeln Gebührenpflichten auszulösen bestimmt ist. Im Hinblick auf die Angemessenheit der entstandenen Kosten und die Erforderlichkeit der gebührenfähigen öffentlichen Einrichtungen markiert der Grundsatz jedoch nur eine äußerste Grenze (Driehaus/Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, § 6, RdNr. 740). Dem Einrichtungsträger steht bei der Herstellung, Anschaffung und ausgabenwirksamen Ausgestaltung ein nur beschränkt gerichtlich überprüfbarer Bewertungsspielraum zu, in Beachtung dessen das Gericht lediglich zu prüfen hat, ob der Einrichtungsträger aufgrund einer zutreffenden Ermittlung und Bewertung aller erheblichen Umstände insgesamt zu einer vertretbaren Entscheidung gelangt ist und auch sonstige fachgesetzliche, technische und rechtliche Vorgaben beachtet hat (Driehaus/Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, § 6, RdNr. 740 m.H.a. OVG Lüneburg, Urteil vom 30.04.1996 – 9 K 526/96 -). Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben ist die Erforderlichkeit bezüglich der Dimensionierung der Anlage, der Einrichtung der Schlammtrocknungsanlage, der Beleuchtung der Kläranlage sowie bezüglich der Gesamtkosten der Anlage gegeben.
Die Kläranlage S. weist keine echte Überkapazität auf, so dass die Beklagte nicht verpflichtet war, einen Teil der Kosten zu Lasten der allgemeinen Deckungsmittel auszugliedern. Zwar weist der Kläger zu 2) zutreffend darauf hin, dass bei nicht voll ausgelasteten öffentlichen Entsorgungseinrichtungen Leerkosten aufgrund echter Überkapazität nicht gebührenfähig sind. Eine echte Überkapazität kann aber nur dann angenommen werden, wenn eine sachlich schlechterdings unvertretbar hohe, auf Vorrat geschaffene Kapazität vorliegt, diese Kapazität auf einem eindeutigen, der Kommune zurechenbaren Planungsfehler beruht (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30.01.1995 – 2 L 128/94 -, = DÖV 95, 474) und dieser Planungsfehler im maßgeblichen Planungsstadium für die Kommune erkennbar war (BVerwG, Beschluss vom 20.01.1998 – 8 B 1.98 - = Buchholz 401.9 Nr. 39, S. 8; Driehaus/Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, § 6, Rn. 740).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die auf 150.000 EGW ausgelegte Kläranlage wurde nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zahlen 1997 von 95.382 Einwohnern, Pendlern und Bewohnern von Umlandgemeinden genutzt, für 2001 betrug diese Zahl nach Anschluss der Ortsteile B., B., S., T. und Ü. 104.927. Nicht berücksichtigt wurde dabei jeweils die Inanspruchnahme durch die ansässigen Industrie- und Gewerbebetriebe, die ebenfalls in EGW ausgedrückt wird und die die Beklagte in der Planung mit 18.000 EGW berücksichtigt hat, sowie die mit 10 % der Gesamtgröße anzusetzende Eigenverschmutzung der Anlage. Diese entsteht durch die Schlammentwässerung und fällt daher unabhängig vom Betrieb der Klärschlammtrocknungsanlage an.
Schon angesichts dieser Zahlen ist ein erkennbarer Planungsfehler der Beklagten nicht gegeben. Die in der Planung anvisierte Anschlussgröße von 101.000 Einwohnern und Pendlern war 2001 bereits um 3.000 überschritten. Im Übrigen hatte die Beklagte seit 1977 an einem neuen Konzept einer großräumigen Abwasserentsorgung für das Stadtgebiet S. einschließlich einiger Nachbargemeinden gearbeitet und sich in diesem Rahmen für den Bau der Kläranlage Nord entschieden, die nach und nach die Kläranlage S. ersetzen sollte. Bei der Frage der Dimensionierung hatte die Beklagte zunächst berücksichtigt, dass die Kapazität der Kläranlage S. (105.000 EGW) erschöpft und unzureichend war und sich dies zunehmend als drängendes Problem darstellte. Dies wird in der Ratsvorlage vom 29.05.1989 (Bl. 36 ff. der Verwaltungsakten, Anlage 2) mehrfach betont. Eine sinnvolle Lösung war daher nur durch eine Kapazitätserweiterung zu erreichen. Da die Kläranlage S. das Abwasser aus nur 18 Stadtteilen sowie zwei Nachbargemeinden behandelte, an die neu zu bauende Kläranlage Nord jedoch kurzfristig 23 Stadtteile sowie zwei Nachbargemeinden sowie mittelfristig die Stadtteile I., D. und W. angeschlossen werden sollten, musste die Beklagte noch zusätzlich von einer höheren Einwohnerzahl als bisher ausgehen. Dem stehen – entgegen der Meinung des Klägers zu 2) – die Ausführungen auf Seite 3 der Ratsvorlage, dass eine wesentliche Erweiterung des Kanalnetzes im Einzugsgebiet der Kläranlage nicht vorgesehen sei, nicht entgegen. Der Anschluss zusätzlicher Gemeinden an die neu zu errichtende Kläranlage Nord muss nicht zwingend mit einer Erweiterung des bestehenden Kanalnetzes einhergehen, da mit diesem Begriff auch der Ausbau des Kanalnetzes gemeint sein kann.
Die von der Beklagten angesetzte Reserve von 16.000 EGW ist nicht zu beanstanden. Im Rahmen des der Gemeinde zustehenden Prognosespielraums ist es nicht unangemessen, wenn diese eine Reserve von bis zu 20 % der Ausbaugröße ansetzt (OVG Lüneburg, Urteil vom 08.08.1990 – 9 L 182/89 -). Das gilt zumal dann, wenn die Gemeinde – wie hier die Beklagte – ganz konkret Vorsorge im Hinblick auf die Planung neuer Industrie- und Gewerbeflächen schaffen will. Aus der Ratsvorlage vom 29.05.1989 ergibt sich, dass die Beklagte Vorsorge treffen wollte für die Entwässerung neu geplanter Industrie- und Gewerbeflächen im Nord-Osten des Stadtgebietes. Diese Erwägungen waren zum maßgeblichen Zeitpunkt der Prognoseentscheidung sachgerecht und fehlerfrei, wobei sich auch dann nichts ändert, wenn sich die Industrie- und Gewerbeflächen möglicherweise nicht wie geplant entwickelt haben sollten.
Auch hinsichtlich der an die für die Schlammtrocknungsanlage gezahlten Entgelte ist die Erforderlichkeit im Rahmen der vom Gericht durchzuführenden Vertretbarkeitskontrolle zu bejahen, wobei dem Gericht die Prüfung der im Einzelfall zweckmäßigsten Entscheidung von vornherein verwehrt ist (Driehaus/Lichenfeld, Kommunalabgabenrecht, § 6, Rn. 714).
Die Entscheidung für den Bau einer Klärschlammtrocknungsanlage war im Planungszeitraum eine zumindest vertretbare Entscheidung, wobei es nicht darauf ankommt, dass die Anlage später nur im Probebetrieb lief und schließlich mit Ratsbeschluss vom 23.08.2001 gänzlich außer Betrieb gesetzt wurde. Die Beklagte wollte, ausgehend von dem Vorentwurf des Ingenieurbüros P., Unsicherheiten im Hinblick auf die Klägerschlammbeseitigung vermeiden und sich mit dem Bau der Anlage alle Möglichkeiten der Verwertung offen halten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem Risiko, dass eine dauerhafte Verwertung des Klärschlammes in der Landwirtschaft nicht gesichert sein könnte, bei ihrer damaligen Entscheidung eine besondere Bedeutung zumaß.
Zwar hatte der Gutachter P. der Gemeinde bescheinigt, der Klärschlamm der Stadt S. sei von guter Qualität, die Grenzwerte seien eingehalten. Dennoch sah sich die Beklagte, wie sie in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, bereits 1995 verschiedenen Schwierigkeiten im Hinblick auf die landwirtschaftliche Verwertung des Klärschlammes ausgesetzt. Zum einen wurde es angesichts ungeklärter Haftungsfragen zusehends problematischer, landwirtschaftliche Abnehmer für den Klärschlamm zu finden. Zum anderen befürchtete die Beklagte angesichts einer zunehmenden Sensibilisierung der Öffentlichkeit bezüglich landwirtschaftlicher Anbaumethoden, der durch ein Interview des damaligen Umweltministers Töpfer Ausdruck verliehen wurde, weitere Gesetzesverschärfungen. Auch wenn die landwirtschaftliche Verwendung auch heute grundsätzlich noch möglich ist, war die damalige Befürchtung angesichts der nunmehr geltenden Restriktionen jedenfalls nicht völlig unbegründet. Die AbfklärV (Klärschlammverordnung) enthält detaillierte Regelungen bezüglich des „ob“ und „wie“ der Aufbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Flächen. Auf bestimmten Flächen wie Gemüse- und Obstanbauflächen und Dauergrünland darf grundsätzlich überhaupt kein Klärschlamm aufgebracht werden (§ 4 AbfklärV). Ferner unterliegt das Verfahren zahlreichen Regelungen und Nachweispflichten (§ 7 AbfklärV). Auch hinsichtlich der Einbringung von Klärschlamm in Deponien gelten mit der AbfAblV i.V.m. der TA-Siedlungsabfall zahlreiche Regelungen.
Darüber hinaus wird auch in der abfalltechnischen Fachliteratur die Bedeutung der Klärschlammtrocknung unterstrichen sowie die weitere Verbreitung der Technologie prognostiziert, da sie als ausgereift gelte sowie schnell und kostengünstig realisiert werden könne (Dorschel, Sonderdruck aus awt, Heft 1/96; Hohnhecker, awt, Heft 3/92, S. 3 ff.). Bis Mitte der 90iger Jahre wird die Zahl der Bauten bzw. im Bau befindlichen Anlagen mit annähernd 100 angegeben (Dorschel, a.a.O.).
Auch mit dem eingerichteten Beleuchtungskonzept ist die Beklagte zu einer vertretbaren Entscheidung gelangt. Sie hat von dem Kläger zu 2) unwidersprochen dargelegt, dass dieses unter Berücksichtigung der Unfallverhütungsvorschriften 7.4, abwassertechnischer Anlagen, VBG 54 und der Arbeitsstättenrichtlinie erarbeitet und mit dem technischen Aufsichtsbeamten des Gemeindeunfallversicherungsverbandes und im Sicherheitsingenieur der Stadt Salzgitter abgestimmt worden sei. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte sich bei der Erarbeitung ihres Beleuchtungskonzeptes auch an dem maximalen Lichtbedarf bei Störfällen und Reparaturarbeiten orientiert hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der DIN 5035, auf die §§ 22 Abs. 2, 19 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschriften der BGFW verweisen. Die DIN-Norm enthält nämlich keine Regelung über die Anzahl der Leuchten, sondern lediglich über die Mindestbeleuchtungsstärke.
Auch im Hinblick auf die Gesamtkosten der Kläranlage ist ein Verstoß gegen das Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung und damit gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit nicht zu erkennen (§ 82 Abs. 2 NGO). Die Beklagte hat detailliert dargelegt, wie sie bei der Vergabe der Herstellungsarbeiten vorgegangen ist. Insbesondere hat sie eine europaweite öffentliche Ausschreibung durchgeführt (Supplement zum Amtsblatt der EU, S. 2, 1984, S. 15). Bei einer öffentlichen Ausschreibung kann davon ausgegangen werden, dass diese zu der wirtschaftlichsten und sparsamsten Herstellung führt, zumal die Beklagte die Angebote der Mindestbietenden von ihrem Rechnungsprüfungsamt prüfen ließ. Die Nachträge unterlagen einer preisrechtlichen Prüfung der Preisprüfstelle der Bezirksregierung Braunschweig. Diese Angaben der Beklagten sind auch nicht substantiiert bestritten worden. Bloße Befürchtungen des Klägers zu 2), die Verteuerung der Gesamtanlage sei auf eine unsachgemäße Ausschreibung bzw. auf eine freie Vergabe der Ingenieurleistungen zurückzuführen, genügen insoweit nicht.
Der Ansatz der kalkulatorischen Kosten ist sowohl durch die Beklagte selbst, als auch durch die korrekt erfolgt. Erstere sind unter Nummer 72 und Nummer 73 in der Gebührenkalkulation der Beklagten enthalten und betreffen Anlagen, die nicht auf die übertragen worden sind. Der Ansatz derartiger kalkulatorischer Kosten beruht auf § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG.
Soweit der Kläger zu 2) den Zinssatz im Hinblick auf die kalkulatorischen Zinsen rügt, ist dies im Hinblick auf die von der Beklagten selbst erhobenen kalkulatorischen Zinsen jedenfalls unzutreffend. Die Beklagte hat nämlich nicht, wie der Kläger zu 2) behauptet, einen Zinssatz von 8,25 %, sondern einen solchen von 6,5 % zugrunde gelegt. Das ergibt sich aus der Ratsvorlage vom 08.01.1997, S. 4. Der von der Gemeinde in Ansatz gebrachte kalkulatorische Zinssatz von 6,5 %, der einen Mittelwert der Zinssätze aller von ihr aufgenommenen langfristigen Darlehn enthält, hält sich im Rahmen des Angemessenen.
Auch der von der ASG geltend gemachte Zinsaufwand, der ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Wirtschaftsplanes von 1997 den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP) entspricht, ist nicht zu beanstanden.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang schließlich der Einwand die Aufnahme von Kassenkrediten im Jahre 1995 sei unzulässig gewesen und habe den Zinssatz erhöht. Die im Jahre 1995 von der Beklagten aufgenommenen Kassenkredite, die naturgemäß nur eine kurze Laufzeit haben, waren bei Übertragung der Kläranlage an die vollständig bedient. Diese Kredite haben daher für die Festsetzung der kalkulatorischen Zinsen durch die keine Rolle gespielt. Ein möglicher Verstoß gegen das kommunale Haushaltsrecht – über den nicht mehr zu entscheiden ist - würde sich daher für die Gebührenabrechnung im Jahre 1997 nicht auswirken.
Nicht berechtigt ist schließlich auch der Einwand die Abschreibungszeit bezüglich der Gebäude der Kläranlage sei zu kurz bemessen worden. Mangels näherer gesetzlicher Regelung kann die mutmaßliche Nutzungsdauer in der Regel nur geschätzt werden, wobei der Schätzwert in besonderem Maße von betrieblichen Gegebenheiten der einzelnen Anlage abhängt (Driehaus/Schulte/Wiesemann, Kommunalabgabenrecht, § 6, Rn. 171). Als Anhaltspunkt für die Schätzung können die von der Gesellschaft zur Förderung der Abwassertechnik e.V. herausgegebenen Listen der Abschreibungssätze herangezogen werden (vgl. Gesellschaft zur Förderung der Abwassertechnik e.V., Arbeitsblatt ATV-A 133, Anhang 7). Unter Heranziehung der angegebenen Tabelle ist eine Abschreibungszeit von 33 Jahren, die sich aus dem vorgelegten Wirtschaftsplan der ergibt, für die Gebäude nicht zu beanstanden. In der Tabelle ist ein Abschreibungssatz von 2 bis 3 % genannt, was einer Nutzungsdauer in Jahren von 33 - bis 50 Jahren entspricht. Zwar ist die mit ihrer im Wirtschaftsplan enthaltenen Abschreibungsdauer von 33 Jahren damit am unteren Rande der Bewertungsskala geblieben. Die Beklagte hat dafür aber mit ihrem Hinweis auf die Berücksichtigung der technischen Weiterentwicklung und der Gefahr des vorzeitigen Ausbuchens von Restbuchwerten eine nachvollziehbare und nicht zu beanstandende Begründung geliefert.
Im Ergebnis zu Unrecht beruft sich der Kläger zu 2) auch darauf, die Einnahmen aus den Umlandgemeinden seien nicht kostendeckend, so dass die Bewohner des Stadtgebietes eine Unterdeckung auszugleichen hätten. Dies ist nicht der Fall. Die von den Umlandgemeinden zu zahlenden Gebühren von 575.500,00 DM, die unter Ziff. 90 in die Erlöse der Gebührenkalkulation eingestellt sind, entsprechen nach den ohne weiteres nachvollziehbaren Darlegungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid, auf die gem. § 117 Abs. 5 VwGO verwiesen wird, den Kosten der Nutzung durch die Umlandgemeinden. Im Übrigen ergibt sich aus den Darlegungen der Beklagten, dass der Kläger zu 2) durch den Anschluss weiterer Gemeinden nicht beschwert wird, sondern dass sich im Gegenteil ein Gebührenvorteil daraus ergibt, dass sich die Umlandgemeinden mit einem Deckungsbeitrag auch an den fixen Kosten beteiligten, die ca. 70 % der Kosten der Schmutzwasserbeseitigung darstellen.
Dem Rat der Beklagten haben bei der Kalkulation der Abwassergebührensätze die Angaben über die veranschlagte Frischwassermenge vorgelegen. Auf Seite 3 der Beschlussvorlage vom 08.01.1997 für die Ratssitzung vom 29.01.1997 (Bl. 26 d. Verwaltungsakte Anl. 2) wird mitgeteilt, dass bei der zu berücksichtigenden Frischwassermenge der Wert für 1995 abzüglich der geschätzten Menge des nachweislich nicht in die Kanalisation gelangenden Frischwassers zugrunde gelegt wurde. Als entsprechender Wert findet sich in der Gebührenkalkulation unter Ziff. 129 eine Menge von 5.800.000 cbm. Dem Frischwasserverbrauchsmaßstab kann als einem allgemein anerkannten Wahrscheinlichkeitsmaßstab auch der Frischwasserverbrauch des Vorjahres zugrunde gelegt werden (Driehaus/Schulte/Wiesemann, Kommunalabgabenrecht, § 6, RdNr. 372), so dass das Vorgehen der Beklagten nicht zu beanstanden ist.
Auch die Niederschlagswassergebühren in Höhe von 0,78 DM pro Quadratmeter hat die Beklagte im Ergebnis zutreffend gemäß § 5 Abs. 1 – 3 NKAG kalkuliert.
Nicht durchgreifend ist nämlich der Einwand des Klägers zu 2), aus der Gebührenkalkulation sei nicht ersichtlich, in welchem Umfang die öffentliche Hand bei der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Abwasserbeseitigung für Verkehrsanlagen berücksichtigt worden sei. In der Gebührenkalkulation für die Niederschlagswasserbeseitigung findet sich ein Abzugsbetrag in Höhe von 894.873,00 DM als Entgelt des Straßenbaulastträgers. Die Beklagte hat nur den verbleibenden Aufwand durch die Gesamtquadratmeterzahl der angeschlossenen Fläche geteilt, so dass die Gebührenzahler nicht mit dem Aufwand für die öffentliche Regenwasserbeseitigung belastet wurden. Dies ist in der Kalkulation unter der ausgewiesenen Niederschlagswassergebühr in Höhe von 0,68 DM pro Quadratmeter auch noch einmal ausdrücklich vermerkt. Hinsichtlich der Ermittlung des Aufwandes für die öffentliche Niederschlagswasserbeseitigung wird gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid (Bl. 89 der Verwaltungsakte Anl. 1) verwiesen, die im Übrigen auch nicht bestritten worden ist.
Die Klage der Klägerin zu 1) ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet. Die Klägerin zu 1) ist klagebefugt gem. § 42 Abs. 2 VwGO nur im Hinblick auf den Widerspruchsbescheid vom 09.05.2001. Sämtliche Gebührenbescheide sind nur an den Kläger zu 2) ergangen, so dass die Klägerin zu 1) durch die Gebührenbescheide nicht zur Zahlung herangezogen wurde und dem gemäß auch nicht beschwert ist. Allerdings bezieht sich der an die Prozessbevollmächtigte gerichtete Widerspruchsbescheid vom 09.05.2001 auf beide Eheleute. Die Klägerin zu 1) ist daher erstmals durch den Widerspruchsbescheid belastet, da dieser den Widerspruchsführern die Kosten auferlegt. Ihre Klage ist daher als isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheides gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zulässig.
Die in diesem Umfange zulässige Klage der Klägerin zu 1) ist jedoch im Ergebnis unbegründet. Zwar hätte die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zu 1) vom 16.04.02, über den sie in ihrem Widerspruchsbescheid vom 09.05.01 mit entschieden hatte, als unzulässig zurückweisen müssen, da die Klägerin zu 1) nicht Adressatin der Ausgangsbescheide und daher auch nicht widerspruchsbefugt i.S. des § 42 Abs. 2 VwGO analog war. Dadurch, dass die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen hat, wird die Klägerin zu 1) jedoch nicht beschwert. Denn auch bei Zurückweisung des Widerspruches als unzulässig wären ihr die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen gewesen
Gründe, die die Zulassung der Berufung gem. § 124 a i.V.m. § 124 II Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11 VwGO und § 711 ZPO.