Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.04.2004, Az.: 4 K 317/91
Dritte Vorlage der Fragen der Vereinbarkeit der Gewerbeertragssteuer und der Abfärberegelung mit dem Grundgesetz (GG) zur Entscheidung an das Bundesverfassungsgericht; Kritische Auseinandersetzung mit dem Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17.11.1998; Anforderungen an die zulässige Erhebung einer Vorlagefrage; Wiedergabe der Gründe der zweiten Vorlage; Historischer Hintergrund der Gewerbesteuer; Auslegung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch das Bundesverfassungsgericht; Geltung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Steuerrecht; Systematische Einteilung der Auslegungsgrundsätze; Konkurrenz zwischen dem Gebot gleicher Lastenzuteilung im Steuerrecht und dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Erschließung von Steuerquellen; Forderung nach einer möglichst gleichmäßigen Belastung aller Steuerpflichtigen im Steuerrecht nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit; Ungleiche Besteuerung von Unternehmenserträgen durch die nur Gewerbebetriebe treffende Gewerbeertragsteuer; Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften über die Gewerbeertragsteuer mit dem Ziel der Beseitigung der festgestellten Ungleichbehandlung; Erörterung der Verfassungsmäßigkeit der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG); Mittelbare Ungleichbehandlung der Einzelunternehmer im Vergleich zu den Personengesellschaften durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG; Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG; Zweck des konkreten Normenkontrollverfahrens; Zulässigkeit der erneuten Vorlage in Bezug auf die Vorschriften über die Gewerbeertragsteuer; Bindungswirkung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts; Verfassungsrechtliche Beurteilung der Gewerbeertragsteuer anhand des Willkürverbots und der "neuen Formel"; Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abfärberegelung; Zulässigkeit einer erneuten Vorlage der Fragen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.04.2004
- Aktenzeichen
- 4 K 317/91
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 30610
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2004:0421.4K317.91.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
- Art. 3 Abs. 1 GG
- Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG
- Art. 106 Abs. 6 GG
- § 31 Abs. 1 BVerfGG
Verfahrensgegenstand
Gewinnfeststellung 1988, Gewerbesteuermessbetrag 1988
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die sog. Abfärberegelung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, wonach bei teilweise gewerblichen Einkünften einer Personengesellschaft die Einkünfte im Ganzen als solche gewerblicher Natur zu qualifizieren sind und der Gewerbesteuer unterliegen, verletzt das aus dem Allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot der gleichmäßigen Lastenzuteilung im Steuerrecht.
- 2.
Der Steuergesetzgeber hat bei der Ausgestaltung von Steuergesetzen grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum bezüglich Steuerquelle, Steuersatz und Steuerobjekt, dem nach der sog. Neuen Formel des Bundesverfassungsgerichts insoweit Grenzen gezogen sind, als dass die getroffene Regelung im Vergleich zu anderen Steuergesetzen von Gründen solcher Art und solchem Gewicht getragen ist, dass die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist.
- 3.
Eine den Vorgaben des Allgemeinen Gleichheitssatzes genügende steuerliche Erfassung des Unternehmensertrages erfordert, dass die für den Steuerpflichtigen belastende Regelung sachlich gerechtfertigt, folgerichtig, systemgerecht und willkürfrei ist.
- 4.
Auf Grund der Verschiedenartigkeit der einen Beruf prägenden Produktionsfaktoren ist es dem Steuergesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, Berufsgruppen bei Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Grundes ungleich zu behandeln, soweit dabei die Bedeutung des Berufs im gesellschaftlichen Gefüge und sein Charakter, das persönliche Engagement des Leistenden sowie die zeitliche Dauer seiner Ausübung sachlich angemessen berücksichtigt werden.
- 5.
Die sog. Interessentheorie vermag eine unterschiedliche Behandlung wirtschaftlicher Erträge nicht zu rechtfertigen, da neben den Gewerbetreibenden auch die selbstständig Tätigen, die Land- und Forstwirte und nicht zuletzt die Gemeindeeinwohner ein Interesse an einer funktionsfähigen gemeindlichen Infrastruktur haben und diese auch nutzen.
- 6.
Bei der steuerlichen Erfassung wirtschaftlicher Erträge ist nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG das Gebot der Rechtsformenneutralität zu berücksichtigen.
Tenor:
- 1.
Das Verfahren wird ausgesetzt.
- 2.
Die Sache wird dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit § 80 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) zur Entscheidung darüber vorgelegt, ob die Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) über die Gewerbeertragsteuer (§§ 1, 2, 5 bis 8, 10, 11, 14, 16, und 18 GewStG) und § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der jeweils für den Veranlagungszeitraum 1988 geltenden Fassung (GewStG 1984 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.05.1984, BGBl. I 1984, 657, geändert durch das Steuerbereinigungsgesetz 1985 vom 14.12.1984, BGBl. I 1984, 1493, das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2436, das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Lastenausgleichsbank vom 20.02.1986, BGBl. I 1986, 297, das Gesetz über das Baugesetzbuch vom 08.12.1986, BGBl. I 1986, 2191 und das Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften vom 17.12.1986, BGBl. I 1986, 2488 und EStG 1987 in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.02.1987, BGBl. I 1987, 657, geändert durch das Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988 vom 14.07. 1987, BGBl. I 1987, 1629 und das Achte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 14.12.1987, BGBl. I 1987, 2602) verfassungswidrig sind.
Gründe
A.
Einleitende Darlegungen
I.
Der Senat legt dem Bundesverfassungsgericht die Fragen der Vereinbarkeit der Gewerbeertragsteuer und der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG zum dritten Mal zur Entscheidung vor, nachdem die beiden vorangegangenen Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Senats vom 23.07.1997 (EFG 1997, 1456; FR 1997, 864; BB 1997, Beilage 16 zu Heft 45) und vom 24.06.1998 (EFG 1998, 1428; FR 1998, 1041) durch die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts als unzulässig zurückgewiesen worden sind (Beschlüsse vom 05.05.1998 - 1 BvL 23/97, HFR 1998, 680; BB 1998, 1292 und vom 17.11.1998 - 1 BvL 10/98, BStBl II 1999, 509). Der Senat ist gezwungen, diesen Weg erneut zu beschreiten. Er kann den vorliegenden Rechtsstreit ohne weitere Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht auf gesetzmäßige Weise entscheiden.
Weil der Senat nach erneuter Überprüfung weiterhin von der Verfassungswidrigkeit der Gewerbeertragsteuer und der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStGüberzeugt ist, es nach seiner Auffassung für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Gültigkeit dieser Regelungen ankommt und die in den zurückweisenden Beschlüssen der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts benannten Zulässigkeitsmängel nach Auffassung des Senats entweder nicht vorhanden oder behebbar sind, besteht die Entscheidungssperre nach Art. 100 Abs. 1 GG für den Senat fort und er muss - mit einem neuen Versuch, die Zulässigkeitsanforderungen zu erfüllen - erneut die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen (vgl. zur Notwendigkeit wiederholter Vorlagen Ulsamer, in: Maunz/ Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Kommentar zum BVerfGG, Loseblatt, Stand September 2003, § 81, Rdn. 28).
II.
Zur Begründung dieser Vorlage nimmt der Senat zunächst Bezug auf den 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 24.06.1998 (B.). Es folgen ergänzende Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der beiden Vorlagefragen (C.) und zur Zulässigkeit der Vorlage in Bezug auf beide Vorlagefragen (D.).
III.
Der Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17.11.1998 (1 BvL 10/98), mit dem der 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Senats als unzulässig zurückgewiesen wurde, ist nach Auffassung des vorlegenden Gerichts an entscheidender Stelle widersprüchlich, er missachtet die Bindung der Kammer an die Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, er richtet eine aus der Sicht des Senats unzulässige Zulässigkeitshürde für die Vorlage betreffend die Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf und er stellt mit Rücksicht auf das Grundrecht der Kläger auf effektiven Rechtsschutz nach Auffassung des Senats allgemein zu hohe Anforderungen an die Zulässigkeit von Richtervorlagen gemäß Art. 100 Abs. 1 GG.
Weil es für die Beurteilung der Zulässigkeit dieser dritten Vorlage und den Ausgang des gesamten Verfahrens auf diese Punkte entscheidend ankommt, kann es der Senat trotz der gebotenen Rücksichtnahme auf die besondere Stellung des Bundesverfassungsgerichts nicht vermeiden, sich an dieser Stelle mit dem Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17.11.1998 kritisch auseinander zu setzen.
Der Kammerbeschluss vom 17.11.1998 hält die Darlegungen des Senats im 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss zur Verfassungswidrigkeit der Gewerbeertragsteuer im Hinblick auf die seiner Ansicht nach einzuhaltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen für unzulänglich. In Bezug auf die zweite Vorlagefrage, die Vereinbarkeit der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG, bezeichnet er die Frage der Vereinbarkeit der Gewerbeertragsteuer mit Art. 3 Abs. 1 GG als vorgreiflich, eine materiell-rechtlicheÜberprüfung dieser Frage wegen der Unzulässigkeit der diesbezüglichen Vorlage jedoch für unerreichbar und folgert aus der Unzulässigkeit der Vorlage zur Gewerbeertragsteuer die Unzulässigkeit der Vorlage zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Der Kammerbeschluss vom 17.11.1998 legt seiner Beurteilung der Zulässigkeit der Vorlage zu§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG also nicht die Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 25.10.1977 (BVerfGE 46, 224) zu Grunde, nach der die Gewerbesteuer nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, sondern er hält die Verfassungswidrigkeit der Regelungenüber die Gewerbeertragsteuer, so wie sie im vorliegenden Rechtsstreit anzuwenden wären, für möglich und versagt lediglich deshalb eine verfassungsrechtliche Überprüfung, weil deren Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Andernfalls, wenn die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts von der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer im Streitfall ausgegangen wäre, die sie im Beschluss vom 17.11.1998 ausdrücklich als ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezeichnet, hätte sie die Unzulässigkeit der Vorlage zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht mit der Vorgreiflichkeit der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbeertragsteuer und der von ihr angenommenen Unerreichbarkeit einer materiell-rechtlichen Überprüfung dieser Frage begründen können und dürfen.
1.
Da das Bundesverfassungsgericht bisher stets die Gewerbesteuer und die Freistellung der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit für verfassungsmäßig gehalten hat und die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 17.11.1998 nunmehr eine diesbezügliche Vorlage des Senats für unzulässig hält, hätte nach Auffassung des Senats die Kammer für das weitere Verfahren und insbesondere bei der Beurteilung der Zulässigkeit der zweiten Vorlagefrage, der Vereinbarkeit der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG, von der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbeertragsteuer ausgehen müssen. Die Kammer war nach Auffassung des Senats insoweit an die Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer gebunden. Die Kammer hätte für die Beurteilung der Zulässigkeitsfrage von der bisherigen Senatsrechtsprechung ausgehen und die Gewerbesteuer - für die Zwecke der Beurteilung der Zulässigkeit der Vorlage zur Abfärberegelung - als verfassungsmäßig einstufen müssen (zur Bindung der Kammern an die Rechtsprechung der Senate des Bundesverfassungsgerichts vgl. Ulsamer in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, Kommentar zum BVerfGG, Loseblatt, Stand September 2003, § 16 Rn. 8; Schlaich, Das Bundesverfassungsgericht, 4. Aufl. 1997, Rn. 260). Wenn die Kammer der Auffassung zugeneigt haben sollte, die Gewerbesteuer sei verfassungswidrig, durfte sie nach Auffassung des Senats die Vorlage nicht aus diesem Grund als unzulässig beurteilen, sondern hätte dieser vorgreiflichen Frage mangels einer zulässigen Vorlage selbst nachgehen müssen (zur Befugnis des Bundesverfassungsgerichts, Vorlagen in Bezug auf vorgreifliche Fragen zu erweitern vgl. BVerfGE 51, 193, 207; 58, 300, 338).
2.
Mit der Zurückweisung der Vorlage zur Abfärberegelung wegen der möglichen Verfassungswidrigkeit der Gewerbesteuer hat die Kammer nach Auffassung des Senats das Grundrecht der Kläger auf effektiven Rechtsschutz verletzt. Denn eine Vorlage der Abfärberegelung wird nach dem Kammerbeschluss erst zulässig sein können, wenn es zuvor dem erkennenden Senat gelungen sein wird, eine zulässige Vorlage zur Gewerbesteuer zu Stande zu bringen und diese erfolglos bleibt. Wenn dem vorlagewilligen Gericht abverlangt wird, nicht nur eine zulässige Vorlage bezüglich der von ihm für verfassungswidrig gehaltenen Norm zu erarbeiten, sondern wenn es auch noch gezwungen wird, zusätzlich auch eine weitere zulässige Vorlage zu einem Gesetz zu erarbeiten, welches das Bundesverfassungsgericht bisher immer als verfassungsgemäß eingestuft hat, wird die Rechtsschutzgewährung auf rechtsstaatswidrige Weise erschwert und das Grundrecht der Kläger auf effektiven Rechtsschutz verletzt [vgl. dazu im Einzelnen unten D. II. 2. b) bb)].
3.
Art. 100 Abs. 1 GG verpflichtet ein Gericht, das ein Gesetz für verfassungswidrig hält und auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um eine Verletzung des Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Nach § 80 Abs. 2 BVerfGG muss die Begründung des vorlegenden Gerichts angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. Weitere Voraussetzungen enthalten die genannten einschlägigen Regelungen nicht. Über diese gesetzlichen Anforderungen hinaus verlangt das Bundesverfassungsgericht, dass sich das vorlegende Gericht zur Frage der Entscheidungserheblichkeit, insbesondere aber in der Begründung seiner Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes eingehend mit der Rechtslage auseinander zu setzen, die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen sowie die Entstehungsgeschichte der Norm zu berücksichtigen und Möglichkeiten verfassungskonformer Auslegung zu erörtern hat (stv. Sturm, in: Sachs, Kommentar zum GG, 3. Auflage 2002, Art. 100, Rdnr. 14 ff., insbesondere 20, mit Hinweis auf die Judikate des Bundesverfassungsgerichts).
Mit diesen strengen Voraussetzungen hat das Bundesverfassungsgericht faktisch Zulässigkeitshürden errichtet (kritisch Seer, FR 1998, 1022; Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozessrechts, Rn. 796; Tipke, FR 1999, 532; derselbe, Besteuerungsmoral und Steuermoral, in: Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Vorträge G 366, Wiesbaden 2000, S. 71; Drüen, FR 1999, 289 (292); Balke, Stbg 2000, Nr. 2 Editorial; Paus, FR 1999, 534; Habscheidt, Der Anspruch des Bürgers auf Erstattung verfassungswidriger Steuern, 2003, S. 46 ff.), die ihm einen prozessualen Manövrierraum eröffnen, der den Fallzugriff ebenso wie die Fallablehnung eröffnet (Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozessrechts, Heidelberg 1991, Rdnr. 823).
Der von der Verfassung durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierte effektive Rechtsschutz gegen Akte öffentlicher Gewalt, der sich auch auf solche Akteöffentlicher Gewalt erstreckt, die auf verfassungswidrigen Gesetzen beruhen, muss lückenlos sein und die volle Kontrolldichte garantieren (Krüger/Sachs in: Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, 3. Aufl. 2003, Art. 19 Rdnr. 145). Die Verfassungsbeschwerde hat ihre prinzipielle Funktion, individuellen Grundrechtsschutz nicht nur grundsätzlich, sondern im Einzelfall zu gewährleisten, durch die Einführung des Annahmeverfahrens für Verfassungsbeschwerden verloren (§§ 93 a - d BVerfGG, dazu Schmidt-Bleibtreu/Winter in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, Kommentar zum BVerfGG, Loseblatt, Stand September 2003, § 93 a Rn. 25; Habscheidt, Der Anspruch des Bürgers auf Erstattung verfassungswidriger Steuern, 2003, S. 46). Denn das Annahmeverfahren verpflichtet das Bundesverfassungsgericht nur zur Annahme solcher Verfassungsbeschwerden, denen grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt oder wenn dies zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten angezeigt ist. Nach diesen Vorschriften ist nicht jede Grundrechtsverletzung im Rahmen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens rechtsschutzfähig, sondern im Zweifel nur solche, die für den Betroffenen zu besonders schweren Nachteilen führen. Demgegenüber garantiert die Verfassung, wie oben ausgeführt, lückenlosen Rechtsschutz gegen die Verletzung von Grundrechten durch die öffentliche Gewalt. Wegen des Ausfalls der Verfassungsbeschwerde in dieser Funktion kann nur das durch die Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgelöste Normenkontrollverfahren die Lückenlosigkeit des Rechtsschutzes sichern. Damit ist ein Annahmerecht oder ein Ablehnungsrecht des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf Richtervorlagen nicht vereinbar. Das bedeutet nach Ansicht des Senats aber auch, dass das Bundesverfassungsgericht die Anforderungen an die Zulässigkeit von Richtervorlagen nicht so hoch schrauben darf, dass sich faktisch daraus ein Ablehnungsrecht ergibt (vgl. Benda/ Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozessrechts, Heidelberg 1991, Rdnrn. 795 f.).
Die Rechtswirklichkeit sieht heute so aus, dass es gegen rechtswidrige untergesetzliche Akte deröffentlichen Gewalt umfassenden und lückenlosen fachgerichtlichen Rechtsschutz gibt, hingegen - und hier sei der Blick auf das Steuerrecht beschränkt - gegen verfassungswidrige Steuergesetze Rechtsschutz durch das insoweit allein zuständige Bundesverfassungsgericht nur, wenn Annahme- oder Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, die das Bundesverfassungsgericht - wie die Spruchpraxis zeigt - grundsätzlich sehr restriktiv handhabt (kritisch Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozessrechts, Heidelberg 1991, Rdnrn. 794 ff.). Der Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Steuergesetze ist nicht lückenlos, wie es die Verfassung fordert.
Das zeigt beispielhaft der vorliegende Fall zusammen mit einem weiteren Verfahren aus dem Gewerbesteuerrecht. Am Ende des Beschlusses vom 05.05.1998, mit dem die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts den 1. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Senats im vorliegenden Verfahren als unzulässig zurückwies, heißt es (HFR 1998, 680, 682):
"Den Beteiligten des Ausgangsverfahrens werden ihre Rechte dadurch nicht verkürzt. Fasst der Senat keinen Vorlagebeschluss, so ist es ihnen nach Erschöpfung des Rechtsweges unbenommen, Verfassungsbeschwerde zu erheben."
Welche Bedeutung diesem Hinweis im Hinblick auf die Effektivität des Rechtsschutzes zukommt, offenbart sich in einem weiteren Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom gleichen Tag in der Sache 1 BvR 450/98. In diesem Verfassungsbeschwerdeverfahren wehrte sich eine Apothekerin, nach Erschöpfung des Rechtsweges, mit ausführlicher Begründung und unter anderem auch unter Hinweis auf den 1. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Senats gegen ihre Inanspruchnahme zur Gewerbesteuer. Diese Verfassungsbeschwerde hat dieselbe Kammer, die am gleichen Tag im anderen Verfahren den zitierten Hinweis gegeben hat, ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen.
Die aus der fehlenden Lückenlosigkeit des Rechtsschutzes resultierende Privilegierung von grundrechtsverletzenden Gesetzen gegenüber dem rechtsschutzsuchenden Bürger ist nicht zu rechtfertigen, schon gar nicht mit dem Argument, das Bundesverfassungsgericht müsse vor einer sonst drohendenÜberlastung geschützt werden (so aber Vogel, DStJG 12 [1989], S. 123, 133 ff.). Der durch Art. 19 Abs. 4 GG aus Gründen der Gerechtigkeit garantierte Rechtsschutz ist kein Handelsartikel, der durch Nachfrage verknappen darf (so schon Tipke, Steuergerechtigkeit in Theorie und Praxis, 1981, S. 163). Die Gefahr für die Arbeitsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts besteht angesichts der durch Rechtsprechungstätigkeit entstehenden marginalen volkswirtschaftlichen Kosten nicht darin, dass die Bürger massenhaft von ihren Grundrechten Gebrauch machen. Die eigentliche Gefahr resultiert vielmehr daraus, dass der Staat trotz bestehender Notwendigkeit keine ausreichenden Rechtsschutzkapazitäten schafft (dazu Habscheidt, a.a.O., S. 57 f.). Das Gesetz ist Äußerung eines verfassungskonstituierten Staatsorgans und von der Verfassung mit keinem Vorrang im Hinblick auf dieÜbereinstimmung mit der Verfassung ausgestattet. Es ist gleichermaßen der Verfassung unterworfen und an sie gebunden, wie andere Staatsäußerungen (Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 GG). Mit diesen strikten Bindungsnormen ist eine Privilegierung des Gesetzes nicht vereinbar. Auch sein Verbindlichkeitsanspruch steht unter dem Vorbehalt der Widerspruchslosigkeit mit Verfassungsrechtsnormen (so auch Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1 München 1988, S. 1306; Habscheidt, a.a.O., S. 46 ff.).
4.
Nach Auffassung des Senats war der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts nach der Zurückweisung der Vorlage wegen der Gewerbeertragsteuer für die Entscheidung über die Vorlage zur Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht mehr zuständig. Sie hätte an den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts abgegeben werden müssen. Denn bei der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG handelt es sich um eine Norm des Einkommensteuerrechts für die nach A. I. 9. des Beschlusses des Plenums des Bundesverfassungsgerichts vom 15.11.1993 gemäß § 14 Abs. 4 BVerfGG (BGBl I S. 2492) der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts zuständig ist (dazu Tipke FR 1999, 532, 533).
B.
Einbeziehung des Senatsbeschlusses vom 24.06.1998
Der erkennende Senat macht die Gründe der zweiten Vorlage - Senatsbeschluss vom 24.06.1998 - zum Gegenstand dieser Vorlage und gibt sie nachfolgend unverändert wieder:
I.
Gegenstand der Vorlage
1.
Vorlagefragen
Die Vorlage betrifft zwei Fragen: Ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass
Gewerbebetriebe im Gegensatz zu den Betrieben der selbstständig Tätigen im Sinne von § 18 EStG und der Land- und Forstwirte im Sinne von § 13 EStG der Gewerbeertragsteuer unterliegen und
nichtgewerbliche Einkünfte von Gesellschaften bürgerlichen Rechts bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG im Gegensatz zur steuerlichen Behandlung solcher Einkünfte bei Einzelunternehmern als gewerbliche Einkünfte qualifiziert werden und in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterliegen?
2.
Zur Prüfung stehende Rechtsnormen
a)
Vorschriften über den Gewerbeertrag
Die Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes über den Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag lauteten - auszugsweise - in der für das Streitjahr 1988 gültigen Fassung (Bekanntmachung des GewStG 1984 vom 14.05.1984, BGBl. I 1984, 657, geändert durch das Steuerbereinigungsgesetz 1985 vom 14.12.1984, BGBl. I 1984, 1493, das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2436, das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Lastenausgleichsbank vom 20.02.1986, BGBl. I 1986, 297, das Gesetz über das Baugesetzbuch vom 08.12.1986, BGBl. I 1986, 2191 und das Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften vom 17.12.1986, BGBl. I 1986, 2488):
§ 1
Die Gemeinden sind berechtigt, eine Gewerbesteuer als Gemeindesteuer zu erheben.
§ 2
(1)
Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. ...(2)
Als Gewerbebetrieb gilt stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften...(3)
Als Gewerbebetrieb gilt auch die Tätigkeit der sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und der nichtrechtsfähigen Vereine, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (ausgenommen Land- und Forstwirtschaft) unterhalten....
§ 5
(1)
Steuerschuldner ist der Unternehmer. Als Unternehmer gilt der, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird. Ist die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb, so ist Steuerschuldner die Gesellschaft....
§ 6
Besteuerungsgrundlagen für die Gewerbesteuer sind der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital. ...
§ 7
Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 Abs. 2) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.
§ 8
Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt sind:
1.
Die Hälfte der Zinsen für Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebes (Teilbetriebes) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen;...
§ 10
(1)
Maßgebend ist der Gewerbeertrag, der in dem Erhebungszeitraum bezogen worden ist, für den der einheitliche Steuermessbetrag (§ 14) festgesetzt wird....
§ 11
(1)
Bei der Berechnung der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag ist von einem Steuermessbetrag auszugehen. Dieser ist vorbehaltlich des Absatzes 4 durch Anwendung eines Hundertsatzes (Steuermesszahl) auf den Gewerbeertrag zu ermitteln. Der Gewerbeertrag ist auf volle 100 Deutsche Mark nach unten abzurunden und bei natürlichen Personen sowie bei Personengesellschaften um einen Freibetrag in Höhe von 36.000 Deutsche Mark, höchstens jedoch in Höhe des abgerundeten Gewerbeertrags, zu kürzen.(2)
Die Steuermesszahl auf den Gewerbeertrag beträgt 5 vom Hundert....
§ 14
(1)
Durch Zusammenrechnung der Steuermessbeträge, die sich nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital ergeben, wird ein einheitlicher Steuermessbetrag gebildet.(2)
Der einheitliche Steuermessbetrag wird für den Erhebungszeitraum nach dessen Ablauf festgesetzt. Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr. ...§ 16
(1)
Die Steuer wird auf Grund des einheitlichen Steuermessbetrages (§ 14) mit einem Hundertsatz (Hebesatz) festgesetzt und erhoben, der von der hebeberechtigten Gemeinde (§§ 4, 35 a) zu bestimmen ist....
§ 18
Die Gewerbesteuer entsteht, soweit es sich nicht um Vorauszahlungen (§ 21) handelt, mit Ablauf des Erhebungszeitraums, für den die Festsetzung vorgenommen wird.
b)
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, die dort in Bezug genommene Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sowie § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG lauteten in der für das Streitjahr geltenden Fassung (Bekanntmachung des EStG 1987 vom 27.02.1987, BGBl. I 1987, 657, geändert durch das Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988 vom 14.07.1987, BGBl. I 1987, 1629 und das Achte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 14.12.1987, BGBl. I 1987, 2602):
§ 15
(1)
Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen. Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z.B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist, ......
(3)
Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit1. einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 ausübt.
3.
Entstehungsgeschichte der zur Prüfung gestellten Normen
a)
Vorschriften über den Gewerbeertrag
Die Gewerbesteuer als landesweite Kommunalsteuer in der heute bekannten Gestalt (zu den früheren Formen der Gewerbesteuer vgl. etwa Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 5 ff.) geht zurück auf das Reichsgewerbesteuergesetz vom 01.12.1936 (RGBl I, 979). Dieses Gesetz führte zu einem Nebeneinander von Gewerbeertragsteuer, Gewerbekapitalsteuer und Lohnsummensteuer. Die freien Berufe, die bis dahin regelmäßig der Gewerbesteuer unterlagen, wurden durch dieses Gesetz aus der Steuerpflicht herausgenommen. In der amtlichen Gesetzesbegründung der Reichsregierung (RStBl 1937, 693, 694) wurde die Steuerbefreiung mit (nicht näher erläuterten) nationalsozialistischen Grundsätzen gerechtfertigt (zur "Beurteilung von Tatbeständen nach nationalsozialistischer Weltanschauung" vgl. Reinhardt, RStBl 1936, 1041 ff. und § 1 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes vom 16.10.1934, RGBl I, 925: "Die Steuergesetze sind nach nationalsozialistischer Weltanschauung auszulegen."). Im Jahr 1951 nahm der Bund sein konkurrierendes Gesetzgebungsrecht in Anspruch (BGBl I 1951, 996) und machte eine inhaltlich nur unwesentlich geänderte Neufassung des Gewerbesteuergesetzes bekannt (BGBl I 1952, 270). Seither wurde das Gewerbesteuergesetz bis zum Streitjahr 1988 etwa 40-mal geändert (vgl. zu den Einzelheiten Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 48 ff.). Der Freibetrag für das Gewerbekapital wurde in Stufen von 3.000 DM bis auf 120.000 DM und der Freibetrag für den Gewerbeertrag von 3.600 DM bis auf 36.000 DM (BGBl I 1978, 1849 und ab 1993 auf 48.000 DM) erhöht. Ab 01.01.1980 wurde die Lohnsummensteuer abgeschafft. Die Hinzurechnung von Dauerschulden zum Gewerbekapital und von Dauerschuldzinsen zum Gewerbeertrag wurde ab 1984 auf jeweils 50 % begrenzt (BGBl I 1982, 1857). Das Gemeindefinanzreformgesetz vom 08.11.1969 (BGBl I 1969, 1587) führte die Gewerbesteuerumlage zu Gunsten von Bund und Ländern ein. Als Ausgleich hierfür erhalten die Gemeinden seitdem einen Anteil am örtlichen Lohn- und Einkommensteueraufkommen (zur Entwicklung der Gewerbesteuer vgl. auch Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 47 ff.; Lenski/ Steinberg, Kommentar zum GewStG, Loseblatt, Stand Juli 1997, Einleitung Anm. 1 ff.; Blümich/Hofmeister, Kommentar zum EStG, KStG und GewStG, Loseblatt, Stand Februar 1997, § 1 GewStG, Rz. 1; Littmann in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1980, Band II, 607 ff.; Grass in: Handwörterbuch des Steuerrechts, 1972, Stichwort: Gewerbesteuergesetz und Wöhe in Handwörterbuch des Steuerrechts, 1972, Stichwort: Gewerbesteuer, Reform der ...).
Das Gewerbesteueraufkommen betrug im Jahr 1988 bundesweit 34,465 Milliarden DM, die von den Gemeinden getragene Gewerbesteuerumlage 4,983 Milliarden DM und der Gemeindeanteil an der örtlichen Lohn- und Einkommensteuer 30,178 Milliarden DM. (Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 1989, 438). Gewerbebetriebe im Beitrittsgebiet unterliegen nach Maßgabe des § 37 GewStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1991 nicht der Gewerbekapitalsteuer. Die Gewerbekapitalsteuer ist mit Wirkung ab 01.01.1998 abgeschafft worden. Wegen der Zusatzbelastung der Gewerbetreibenden mit Gewerbesteuer, die Freiberufler und Landwirte nicht zu tragen haben (so BT-Drs 12/4487, 25), hat der Gesetzgeber durch das Standortsicherungsgesetz (vom 13.09.1993, BGBl I 1993, 1569) eine Tarifbegrenzung allein für gewerbliche Einkünfte in § 32 c EStG eingeführt, vereinfacht gesagt, eine Reduzierung des Einkommensteuersatzes für gewerbliche Einkünfte über 100.000 DM um 6 %, die nach Berechnungen der Bundesregierung zu jährlichen Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer zwischen 2,4 und 3,4 Milliarden DM führt (BT-Drs 12/4487, 28). Seit Jahrzehnten wird über eine Reform und die teilweise oder vollständige Abschaffung der Gewerbesteuer diskutiert (vgl. dazu die umfassende Darstellung bei Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 292 ff.).
Durch Gesetz vom 20.10.1997 (BGBl. I 1998, 2470) ist in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG ein Halbsatz eingefügt worden. Satz 3 lautet jetzt: Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle. Durch das erwähnte Gesetz vom 20.10.1997 sind u.a. ferner die Sätze 1 und 2 des Art. 106 Abs. 6 GG neu gefasst worden. Sie haben jetzt folgenden Wortlaut: Das Aufkommen der Grundsteuer und der Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen.
b)
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
Schon das Gewerbesteuergesetz 1936 (RStBl 1936, 1149) bestimmte in § 2 Abs. 2 Nr. 1: "Als Gewerbebetrieb gilt stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und anderer Gesellschaften, bei denen der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind". Diese Regelung blieb bis zu ihrer Aufhebung durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19.12.1985 unverändert. Der Reichsfinanzhof [(RFH); vgl. etwa RFH, RStBl 1937, 1129 und 1938, 107] und später auch der Bundesfinanzhof erklärten diese gewerbesteuerliche Regelung in ständiger Rechtsprechung (sog. Abfärbetheorie, vgl. etwa BFH, BStBl III 1964, 530; II 1977, 660; II 1978, 73; II 1979, 574) als auch für die Einkommensteuer verbindlich. Von einer Personengesellschaft ausgeübte verschiedene, ihrer Natur nach teils gewerbliche und teils nicht gewerbliche Tätigkeiten durften danach nicht getrennt beurteilt werden, sondern waren unterschiedslos - auch bei einem nur geringfügigen gewerblichen Anteil - als Bestandteil des Gewerbebetriebs zu behandeln. Der Bundesfinanzhof führte diese Rechtsprechung bis 1984 fort. In der Entscheidung in BStBl II 1984, 152, 153 hieß es noch: "Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass ... auch für den Umfang der von einer Personengesellschaft ausgeübten gewerblichen Tätigkeit § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG maßgebend ist ... Hieran ist festzuhalten." Anlässlich der Aufgabe seiner Gepräge-Rechtsprechung durch Beschluss des Großen Senats vom 24.06.1984 (BStBl II 1984, 751, 763) erkannte der Bundesfinanzhof, dass § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG nur für die Gewerbesteuer gelte. Damit war der Fortbestand der Abfärbe-Rechtsprechung zweifelhaft geworden. Zur Abwendung dieser unerwünschten Folge strich der Gesetzgeber durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19.12.1985 (BGBl I 1985, 2436) die Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG und fügte in das Einkommensteuergesetz eine inhaltsgleiche Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 ein, die bis heute unverändert gilt.
II.
Sachverhalt und rechtliche Beurteilung des Streitfalles bei Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Rechtsnormen
1.
Sachverhalt
Die Klägerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) durch Vertrag der Gesellschafter K. und R. vom 13.03.1985 gegründet worden. Sie betreibt seit Juli 1985 eine Goldschmiede und Schmuckgalerie in...... Dort verkauft sie, wie es der Gesellschaftsvertrag hinsichtlich des Gesellschaftszwecks in § 2 vorsieht, von den Gesellschaftern selbst hergestellten Schmuck sowie industriell gefertigten Schmuck ausgewählter Handelsmarken und Schmuckartikel anderer Künstler. In den Steuererklärungen für die Jahre 1985 bis 1987 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Erstmals für das Streitjahr 1988 machte die Klägerin geltend, dass sie zum Teil Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit aus dem Verkauf selbsthergestellten Schmucks erziele. Sie ermittelte in getrennten Gewinnermittlungen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit im Sinne von § 18 EStG in Höhe von 61.181 DM sowie aus Gewerbebetrieb in Höhe von 45.911 DM und setzte diese Beträge in den Erklärungen über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung und in der Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr an.
Unter Hinweis auf Abschnitt 136 Abs. 8 Satz 9 der Einkommensteuerrichtlinien behandelte der Beklagte sämtliche Einkünfte der Klägerin als solche aus Gewerbebetrieb und setzte im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 13.03.1990 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 107.092 DM und im Bescheid vom 04.04.1990 den Gewerbesteuer-Messbetrag nach dem Gewerbeertrag auf 3.670 DM, den Gewerbesteuer-Messbetrag nach dem Gewerbekapital, weil dieses unter dem Freibetrag von 120.000 DM lag, auf 0 DM und den einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrag mithin auf 3.670 DM fest. (Der Gewerbesteuer-Hebesatz der Stadt ..... betrug im Jahr 1988 425 %; die Gewerbesteuerschuld der Klägerin mithin 15.597 DM). Wegen der einzelnen Besteuerungsgrundlagen wird auf diese beiden Bescheide, die Steuererklärungen und die Gewinnermittlungen Bezug genommen. Das Einspruchsverfahren gegen beide Bescheide blieb erfolglos. Zur Begründung seines Einspruchsbescheids vom 31.05.1991 führte der Beklagte im Wesentlichen aus, nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gelte die mit Einkunftserzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübe. Die gemischte Tätigkeit der Klägerin, der Handel mit dem zugekauften Schmuck als gewerblichem Anteil und die künstlerische Tätigkeit, sei daher insgesamt als Gewerbebetrieb einzuordnen.
Zur Begründung ihrer Klage weist die Klägerin auf die Mitteilung der Oberfinanzdirektion (OFD) ..... vom 13.05.1991 hin, wonach ein Sachverständigenausschuss der OFD Arbeitsproben der Gesellschafter begutachtet habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, ihnen die Künstlereigenschaft im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzuerkennen. Hauptziel der Goldschmiedegalerie sei der Verkauf von selbstgeschaffenem Schmuck. Der Handel mit zugekauftem Schmuck erfolge nur, um dem künstlerischen Tun eine wirtschaftliche Grundlage zu geben und sei entsprechend dieser Zwecksetzung auch rückläufig. Beide Tätigkeiten bedingten einander nicht. Eine Trennung der Erlöse und Kosten erfolge seit jeher im Rahmen der Buchführung. Da bis 1987 Gewerbesteuer nur in geringer Höhe angefallen sei, sei bis zu diesem Zeitpunkt wegen der zusätzlichen Abschlusskosten auf eine Trennung der verschiedenen Einkunftsarten verzichtet worden. Es sei nicht einzusehen, warum bei Einzelunternehmern auch von der Finanzverwaltung eine Trennung von künstlerisch-freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit anerkannt werde, nicht aber bei Personengesellschaften. Außerdem handele es sich hier nicht um eine Personengesellschaft des Handelsrechts, sondern um eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31.05.1991
- 1.
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte vom 13.03.1990 zu ändern und den Gewinn aus Gewerbebetrieb 1988 auf 45.911 DM und die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit auf 61.181 DM festzustellen und
- 2.
den Gewerbesteuer-Messbescheid vom 04.04.1990 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat zur Frage, ob der von den Gesellschaftern der Klägerin selbst hergestellte Schmuck als künstlerisch im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzustufen ist, Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten des Sachverständigen vom 30.06.1997 (Bl. 56 bis 58 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
Nachdem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Berichterstatters an Stelle des Senats (§ 79 a Abs. 3 und 4 FGO) einverstanden erklärt hatten, hat der Berichterstatter mit Beschluss vom 23.07.1997 das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die beiden Vorlagefragen, um die es auch in diesem Beschluss geht, vorgelegt. Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluss vom 05.05.1998 (1 BvL 23/97) diese Vorlage für unzulässig erklärt. Auf Anfrage des Gerichts haben die Beteiligten für das weitere Verfahren auf mündliche Verhandlung verzichtet.
2.
Rechtliche Beurteilung des Streitfalles bei Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Rechtsnormen
a)
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist beteiligtenfähig (§ 57 Nr. 1 FGO), und zwar nicht nur im Hinblick auf den angefochtenen Gewerbesteuer-Messbescheid, weil sie nach § 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG die Gewerbesteuer schuldet, sondern auch hinsichtlich des angefochtenen gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheides, weil die Gesellschaft bei der hier allein streitigen Feststellung der Einkunftsart in ständiger Rechtsprechung als Steuerrechtssubjekt angesehen wird (vgl. dazu BFH, BStBl II 1984, 751 zu C III 3 und BStBl II 1995, 617 zu C IV 2 b aa). Die von der Klägerin geltend gemachte Feststellung einer falschen Einkunftsart ist eine Beschwer im Sinne von § 40 Abs. 2 FGO (vgl. dazu BFH, BStBl II 1985, 676).
b)
Die Klage müsste aber nach den derzeit geltenden einfachgesetzlichen Vorschriften in vollem Umfang als unbegründet abgewiesen werden.
aa)
Die Klage gegen den gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid ist nach einfachrechtlicher Rechtslage unbegründet. Die von der Klägerin im Streitjahr erzielten Einkünfte gelten nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 1 EStG in voller Höhe als gewerblich. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG werden die aus einer mit Gewinnerzielungsabsicht unternommenen Tätigkeit erzielten ursprünglich nichtgewerblichen Einkünfte einer Personengesellschaft in gewerbliche Einkünfte umgewandelt, wenn die Gesellschaft zumindest teilweise gewerblich tätig ist. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs allerdings, dass die verschiedenen Tätigkeiten nicht bereits in verschiedenen Personengesellschaften ausgeübt worden sind (vgl. dazu BFH, BStBl II 1997, 202, 203) und ferner, dass es sich um trennbare Tätigkeiten handelt, die nicht derartig miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen (solche Tätigkeiten sind einheitlich zu beurteilen, vgl. dazu BFH, BStBl II 1997, 567, 568). Diese Voraussetzungen für die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sind im Streitfall erfüllt. Die Klägerin hat zwei verschiedene Tätigkeiten ausgeübt, nämlich den (unstreitig gewerblichen) Handel mit zugekauftem Schmuck und den Verkauf von selbst hergestelltem Schmuck. Das Vorliegen einer zweiten Personengesellschaft hat die Klägerin indessen weder behauptet, noch ergeben sich aus dem vorliegenden Sachverhalt entsprechende Anhaltspunkte. Beide Tätigkeiten waren auch nicht derartig miteinander verflochten, dass sie sich unlösbar gegenseitig bedingten. Vielmehr sind beide Tätigkeiten lediglich nebeneinander ausgeübt worden. Verknüpfendes Element war ihre Eignung, mit ihrer Ausübung Einkünfte zu erzielen und sie in demselben Geschäftslokal ausüben zu können. Die Tätigkeiten selbst bedingten einander nicht. An Stelle des Handels mit Schmuck hätte die Klägerin auch Handel mit jeder anderen geeigneten Ware treiben können. Die Voraussetzungen für die Umwandlung nichtgewerblicher Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG liegen im Streitfall ebenfalls vor. Die Klägerin hat im Streitjahr Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 2 EStG in Höhe von 61.181 DM erzielt. Das Gericht folgt bei der Beurteilung der Frage, ob die Gesellschafter bei der Herstellung selbst entworfener Schmuckgegenstände künstlerisch tätig geworden sind inÜbereinstimmung mit den Beteiligten dem schlüssigen undüberzeugenden Gutachten des Sachverständigen. Da die Gesellschaft aber außerdem aus dem gewerblichen Handel mit zugekauftem Schmuck einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 45.911 DM erzielt hat, sind die unzweifelhaft mit Gewinnerzielungsabsicht erzielten Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in solche aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren.
bb)
Auch soweit sich die Klage gegen den Gewerbesteuer-Messbescheid richtet, kann sie nach einfachrechtlicher Rechtslage keinen Erfolg haben. Nach §§ 2 und 7 GewStG unterliegt ein inländisches gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes mit dem nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu ermittelnden Gewinn aus Gewerbebetrieb und gegebenenfalls auch nach §§ 6 und 12 ff GewStG mit seinem Gewerbekapital der Gewerbesteuer. Wie oben erläutert wurde, hat die Gesellschaft nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 107.092 DM erzielt. Diesen Gewinn hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid berücksichtigt. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gewerbesteuer-Messbescheides im Übrigen ist nicht zweifelhaft.
III.
Verfassungsrechtliche Beurteilung der zur Prüfung gestellten Normen
Die Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes über die Gewerbeertragsteuer (§§ 1, 2, 5 bis 8, 10, 11, 14, 16 und 18 GewStG) und § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in der jeweils für das Streitjahr geltenden Fassung sind nach Auffassung des vorlegenden Gerichts mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und demzufolge verfassungswidrig.
1.
Auslegung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch das Bundesverfassungsgericht
Art. 3 Abs. 1 GG lautet: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Diese Vorschrift ist die nach Art. 1 Abs. 3 GG für alle Staatsorgane unmittelbar verbindliche Fundamentalnorm der vom Staat zu Gewähr leistenden Gerechtigkeit. Da das Grundrecht auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz nur einen abstrakten Gerechtigkeitsmaßstab enthält, müssen die konkreten Gerechtigkeitsmaßstäbe durch Auslegung gewonnen werden. Zwar hat der Gesetzgeber als Schöpfer der am Gleichbehandlungsgebot zu messenden Vorschriften und wegen seiner unmittelbaren demokratischen Legitimation sozusagen ein Erstinterpretationsrecht. Jedoch kommt der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht wegen der Bindungswirkung seiner Entscheidungen für die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie aller Gerichte und Behörden (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) letztlich die allein entscheidende Bedeutung zu.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum allgemeinen Gleichheitssatz hat in den letzten Jahrzehnten eine vielschichtige, aber keineswegs eindeutige Entwicklung genommen. Die Auslegungsgrundsätze sind - jedenfalls in den Formulierungen - deutlich weiterentwickelt worden und eröffnen dem Bundesverfassungsgericht nunmehr erheblich größere Eingriffsmöglichkeiten. Davon hat es aber nur zurückhaltend Gebrauch gemacht, sodass sich aus seiner neueren Rechtsprechung allenfalls eine Tendenz zur Aufwertung und Effektivierung des allgemeinen Gleichheitssatzes ableiten lässt. Trotz durchaus vorhandener Unterschiede in den Formulierungen, auf die später noch hingewiesen wird, muss dabei die Rechtsprechung der beiden Senate des Bundesverfassungsgerichts als Einheit betrachtet werden. Denn keiner der beiden Senate hat bislang nach § 16 BVerfGG in Bezug auf die Auslegung des Art. 3 Abs. 1 GG das Plenum des Bundesverfassungsgerichts angerufen. Hätte es in der Vergangenheit unterschiedliche Auffassungen beider Senate zur Auslegung dieses Grundrechts gegeben, wäre eine solche Vorlage erforderlich gewesen.
Bis 1980 hat das Bundesverfassungsgericht die Voraussetzungen einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG stets mit der Willkürformel umschrieben. Gleichwohl hat es auch schon in seiner früheren Rechtsprechung bei der Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes konkrete Verhältnismäßigkeitsprüfungen durchgeführt, wenn es sie für erforderlich hielt. Der Gleichheitssatz ist nach der Willkürformel - erst - dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfGE 1, 14, 52; 61, 138, 147). Entscheidend ist danach, ob eine gesetzliche Regelung evident unsachlich gleich oder ungleich behandelt (BVerfGE 12, 326, 333; 55, 72, 90) oder als evident ungerecht einzustufen ist, etwa weil die Ungleichbehandlung nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist (BVerfGE 1, 264, 275; 3, 58, 135) oder die fundierten allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen der Gemeinschaft missachtet (BVerfGE 42, 64, 72).
Auch wenn das Bundesverfassungsgericht die Willkürformel in der späteren Rechtsprechung weiter benutzte (vgl. etwa BVerfGE 83, 1, 23; 89, 132, 141), hat der Erste Senat sie seit 1980 durch die so genannte neue Formel ergänzt (BVerfGE 55, 72, 88; danach ständige Rechtsprechung des Ersten Senats, etwa BVerfGE 82, 126, 146; 84, 133, 157; 88, 5, 12). Der allgemeine Gleichheitssatz ist danach vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Im Gegensatz zum Willkürverbot liegt danach ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht erst bei evidenter Sachwidrigkeit oder evidenter Ungerechtigkeit vor, sondern - schon - dann, wenn sich die Gleich- oder Ungleichbehandlung als unverhältnismäßig erweist.
Das Bundesverfassungsgericht hat das Verhältnis von Willkürverbot und neuer Formel bisher nicht geklärt. Neben Ansätzen zu einer tatbestandlichen Trennung des Anwendungsbereichs der beiden Formeln mit Hilfe des Begriffs der Personengruppe (etwa BVerfGE 55, 72, 89; 60, 329, 346; 90, 46, 57) sind in anderen Entscheidungen die Formeln miteinander verbunden worden. Insbesondere der Erste Senat formuliert einleitend etwa (BVerfGE 88, 87, 96; 89, 15, 22; 89, 365, 375): Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergäben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsanforderungen reichten. Die Abstufung der Anforderungen folge aus dem Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG, sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen. Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich seien, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern solle, unterliege der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Das gelte auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirke. Außerdem seien dem Gesetzgeber umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken könne (BVerfGE 91, 346, 363).
Neben der Hervorhebung des besonderen Gewichts einer unmittelbaren oder mittelbaren Ungleichbehandlung von Personengruppen und der Freiheitsgrundrechte für die gleichheitsrechtliche Abwägung werden in der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum allgemeinen Gleichheitssatz auch die Grundsätze der Systemgerechtigkeit, der Folgerichtigkeit und der Sachgerechtigkeit betont. Ein Systemverstoß im Bereich der Gesetzgebung ist indes allenfalls ein Indiz für einen Gleichheitsverstoß. Der Gesetzgeber wird an die eigenen Grundentscheidungen nur in dem Sinne gebunden, dass gegensätzliche Regelungen einer folgerichtigen Begründung bedürfen (vgl. dazu BVerfGE 81, 156, 207; 84, 239, 271 und 85, 238, 247). Im Rahmen der neuen Rechtsprechung zum Schutz des Existenzminimums im Steuer- und Sozialrecht (BVerfGE 82, 60; 82, 198; 87, 1, 36; 87, 153; 89, 346 und 91, 93, 109) ist systemübergreifendes Denken bei der Überprüfung der Wertungsrationalität gesetzlicher Vorschriften innerhalb eines "Normengeflechts" kennzeichnend geworden. Immer wieder betont wird auch der Grundsatz, dass der allgemeine Gleichheitssatz kein justiziables Optimierungsgebot enthalte (BVerfGE 81, 108, 117).
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts vermeidet eine deutliche Trennung zwischen verschiedenen Maßstäben der Gleichheitsprüfung und formuliert seine Obersätze pragmatischer und regelmäßig sachbereichsbezogen: "Der Gleichheitssatz verbietet, wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Ungleiches seiner Eigenart entsprechend ungleich zu behandeln. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen ... Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll ..." (BVerfGE 90, 145, 195; zur Fehlbelegungsabgabe BVerfGE 78, 249, 278; zur Vermögensteuer BVerfGE 93, 121, 134).
Für den Bereich des Steuerrechts hat das Bundesverfassungsgericht im Grundfreibetragsbeschluss darauf hingewiesen, dass die verfassungsrechtlichen Grenzen staatlicher Besteuerungsgewalt noch unbestimmt sind (BVerfGE 87, 153, 169). Steuergesetze sind in ihrer freiheitsbeschränkenden Wirkung jedenfalls an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen (BVerfGE 87, 153, 169).
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz 1eitet es in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz der Steuergerechtigkeit (vgl. etwa BVerfGE 74, 182, 199 mit weiteren Nachweisen) und das Gebot der Ausrichtung der Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (BVerfGE 66, 214, 223; 82, 60, 86) ab. Obwohl auf das gesamte Steuerrecht bezogen, hat das Bundesverfassungsgericht beide Forderungen über das Einkommensteuerrecht hinaus in ihrer generellen Tragweite für andere Steuerarten bisher kaum entfaltet (vgl. dazu Osterloh in: Sachs, Kommentar zum. GG, 1996, Art. 3 Rdnr. 151 ff.) .
In der Entscheidung BVerfGE 74, 182, 199 formuliert das Bundesverfassungsgericht allgemein: "Der Gleichheitssatz hat im Steuerrecht seine besondere Ausprägung in Form des Grundsatzes der Steuergerechtigkeit gefunden, wobei die Besteuerung - insbesondere im Einkommensteuerrecht - grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist. ... Dabei beruht die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG stets auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen, die nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sind. Es ist Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er als maßgebend dafür ansieht, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Voraussetzung für eine Übereinstimmung einer Regelung mit dem Gleichheitssatz ist lediglich, dass die gewählte Differenzierung auf sachgerechten Erwägungen beruht. Im Rahmen seiner weit gehenden Gestaltungsfreiheit im Bereich des Steuerrechts kann sich der Gesetzgeber auch von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen leiten lassen. Seine Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein sachlicher Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit ist vom Bundesverfassungsgericht nachzuprüfen ...". Damit stellt das Bundesverfassungsgericht es dem Gesetzgeber frei, im Bereich des Steuerrechts selbst die Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse auszuwählen, die für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen und selbst steuertechnische Überlegungen sollen solche Differenzierungen rechtfertigen. Dies kann nur so verstanden werden, dass sämtliche Regelungen des Steuerrechts lediglich an dem Maßstab des Willkürverbots zu messen sind. In diesem Sinne äußert sich das Bundesverfassungsgericht auch in der Entscheidung BVerfGE 46, 224, 233. Dort heißt es noch ausdrücklich: "Der Gesetzgeber muss aber seine Auswahl sachgerecht treffen; es kommt darauf an, ob die Unterschiede nach der Natur des in Rede stehenden Sachverhalts für eine am Gerechtigkeitsdenken orientierte Betrachtungsweise so erheblich sind, dass ihre Außerachtlassung als willkürlich bezeichnet werden müsste ..."
Im Hinblick auf die Erschließung von Steuerquellen führt das Bundesverfassungsgericht mit der Entscheidung BVerfGE 81, 108 seine ständige Rechtsprechung fort (S. 117, mit weiteren Nachweisen): "... So hat er (der Gesetzgeber) beispielsweise bei der Erschließung von Steuerquellen weit gehende Gestaltungsfreiheit. Will er eine bestimmte Steuerquelle erschließen, andere hingegen nicht, dann ist der allgemeine Gleichheitssatz grundsätzlich so lange nicht verletzt, als sich die Verschiedenbehandlung mit finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen rechtfertigen lässt. ... Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat ...".
Eine allgemeine verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Steuern "in ihrer üblichen Ausgestaltung" (hier der Gewerbesteuer) hat das Bundesverfassungsgericht daneben aus der Erwähnung dieser Steuer in Artikel 106 GG abgeleitet (BVerfGE 46, 224, 236).
In der Entscheidung BVerfGE 84, 239, 268 und im Wesentlichen gleich lautend in BVerfGE 93, 121, 134 heißt es unter stärkerer Hervorhebung des Grundsatzes der steuerlichen Lastengleichheit indessen: "Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist bereichsspezifisch anzuwenden. ... Für den Sachbereich des Steuerrechts gilt: Weder der Zweck der Besteuerung, den staatlichen Haushalt mit Finanzmitteln auszustatten, noch die Verwendung des Steueraufkommens geben der Steuerbelastung Anknüpfungspunkte oder ziehen ihr Grenzen. Die Besteuerungsgleichheit gewinnt erst aus der Eigenart der Steuer deutliche Konturen: Die Steuer ist eine Gemeinlast, die alle Inländer trifft; sie werden zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen. Der Staat greift dabei - ohne individuelle Gegenleistung - auf das Vermögen des Einzelnen zu, indem er ihm die Pflicht auferlegt, von dem Seinigen etwas abzugeben. Der darin liegende Eingriff in die Vermögens- und Rechtssphäre des Steuerpflichtigen gewinnt seine Rechtfertigung daher auch und gerade aus der Gleichheit der Lastenzuteilung. Dadurch unterscheiden sich Gemeinlasten von anderen staatlichen Eingriffen. Im Steuerrecht müssen von Verfassungs wegen sowohl die steuerbegründenden Vorschriften als auch die Regelungen ihrer Anwendung dem Prinzip einer möglichst gleichmäßigen Belastung der Steuerpflichtigen besonders sorgfältig Rechnung tragen. ...". In beiden Entscheidungen wiederholt das Bundesverfassungsgericht anschließend - allerdings ohne Begründung - sein Postulat, dass der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weit reichenden Entscheidungsspielraum habe. Bei der Ausgestaltung dieses Ausgangstatbestandes habe er die einmal getroffene Belastungsentscheidung dann aber folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen; das heißt, er habe die Gleichheit der normativen Steuerpflicht und die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung sicherzustellen (vgl. BVerfGE 84, 239, 271).
In der Entscheidung BVerfGE 89, 15, 22 betont das Bundesverfassungsgericht auch für das Steuerrecht die abgestufte Dichte verfassungsgerichtlicher Prüfung je nach der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Spielraums. Ebenso wie in seiner neueren Rechtsprechung zu anderen Rechtsgebieten unterwirft das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber auch bei steuerrechtlichen Regelungen, die Personengruppen unterschiedlich behandeln oder die sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, einer strengen Bindung.
In Bezug auf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen im Steuerrecht hat das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung fortgeführt. Für solche Normen gesteht es dem Gesetzgeber für die Ordnung von Massenerscheinungen und deren Abwicklung einen Spielraum zu (BVerfGE 13, 331, 341; 82, 126, 151; 84, 348, 359 und Beschluss vom 10.04.1997 - 2 BvL 77/92 - BStBl II 1997, 518). Insoweit soll der Gesetzgeber offensichtlich keiner strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsanforderungen unterliegen.
Eine an sich gleichheitswidrige steuerliche Verschonung kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dennoch vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber dadurch das wirtschaftliche oder sonstige Verhalten des Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (BVerfGE 93, 121, 147, mit weiteren Nachweisen). Eine solche Intervention, die das Steuerrecht in den Dienst außerfiskalischer Verwaltungsziele stellt, setzt aber eine erkennbare Entscheidung des Gesetzgebers voraus, mit dem Instrument der Steuer auch andere als bloße Ertragswirkungen erzielen zu wollen. Der Lenkungszweck muss mit hinreichender Bestimmtheit tatbestandliche vorgezeichnet und gleichheitsgerecht ausgestaltet sein (BVerfGE 93, 121, 147).
2.
Systematische Einteilung der Auslegungsgrundsätze, Konkurrenzen
Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Bereich des Steuerrechts ist durch drei Entwicklungslinien gekennzeichnet. Seine frühere Rechtsprechung, die als Prüfmaßstab für das gesamte Steuerrecht nur das Willkürverbot vorsah (so z.B. BVerfGE 46, 224, 233) hat es offensichtlich - zumindest teilweise - zu Gunsten differenzierender Maßstäbe aufgegeben (vgl. allgemein zur Entwicklung der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 3 Abs. 1 GG Jarass, NJW 1997, 2545 und zum Steuerverfassungsrecht Kirchhof, StbJb 1994/95, 5 ff.; derselbe, StuW 1996, 3 ff.):
Es verlangt nunmehr jenseits grundlegender steuerlicher Belastungsentscheidungen die folgerichtige Umsetzung des Ausgangstatbestandes in den Bereichen der normativen Steuerpflicht und der Steuererhebung im Sinne der Belastungsgleichheit.
Bei einer unmittelbaren oder mittelbaren Ungleichbehandlung von Personengruppen unterwirft das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber einer strengen Bindung.
Es gesteht dem Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu.
Regeln für die Anwendbarkeit alter und neuer Formeln, sowie für das Rangverhältnis der neueren, sich in ihrem sachlichen Anwendungsbereich überschneidenden Grundsätze im Falle der Konkurrenz, etwa bei einer durch eine generalisierende steuerrechtliche Regelung oder durch die Auswahl einer Steuerquelle hervorgerufenen Ungleichbehandlung von Personengruppen, hat das Bundesverfassungsgericht bisher nicht bestimmt.
Die vom Bundesverfassungsgericht für den Bereich des Steuerrechts aufgestellten Grundsätze zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 GG lassen sich im Hinblick auf die anzuwendenden Prüfungsmaßstäbe in zwei Gruppen einteilen.
Der Gesetzgeber muss - strenge - Verhältnismäßigkeitsanforderungen einhalten bei der Lastenzuteilung im Steuerrecht und bei der Verschiedenbehandlung von Personengruppen, insbesondere bei einem ungünstigen Einfluss auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten.
Einen weit gehenden Gestaltungsspielraum hat er dagegen für den gesamten Bereich des Steuerrechts - soweit die bisher nicht ausdrücklich aufgegebene ältere Rechtsprechung nicht als überholt betrachtet wird (vgl. etwa die Entscheidung der 3. Kammer des Ersten Senats vom 3. Mai 1995 - 1 BvR 1176/88 - BStBl II 1995, 758, 759; dort nahm die Kammer die gleichheitsrechtliche Prüfung der Einführung des Progressionsvorbehalts für Lohnersatzleistungen allein anhand des Willkürverbots vor, obwohl es sich bei der überprüften Norm zwar um eine steuerbegründende Vorschrift, jedoch nicht um die grundlegende Auswahl einer Steuerquelle handelte) - und im Übrigen bei der Auswahl (Erschließung) von Steuerquellen, insbesondere wenn die Steuer in Abschnitt X. des Grundgesetzes erwähnt ist, sowie bei der Schaffung von generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen.
Wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe hält das vorlegende Gericht die sich in ihrem Anwendungsbereich überschneidenden Auslegungsgrundsätze des Bundesverfassungsgerichts in dem Sinne für unvereinbar, dass sie nicht zu einem widerspruchsfreien Auslegungskanon verknüpft werden können. Da ihr sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich nicht eingegrenzt ist, keine Konkurrenzregeln bestehen und § 31 Abs. 1 BVerfGG ihre Verbindlichkeit unterschiedslos anordnet, müssen sie grundsätzlich als gleichwertig nebeneinander anwendbar behandelt werden.
Die Beziehung zwischen zwei dieser Auslegungsgrundsätze, nämlich dem Gebot gleicher Lastenzuteilung im Steuerrecht und dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Erschließung von Steuerquellen bedarf im Hinblick auf das Ausgangsverfahren einer genaueren Betrachtung.
Je nachdem, wie die Anwendungsbereiche beider Auslegungsgrundsätze bestimmt werden, überschneiden oder ergänzen sie sich. Die grundlegende Gestaltung des Steuersystems, etwa die Entscheidung darüber, ob der Einzelne in seiner Erwerbsfähigkeit oder in den von ihm erworbenen Wirtschaftsgütern belastet werden soll, obliegt dem Gesetzgeber. Diese Grundentscheidung berührt das Gleichheitsgrundrecht nicht, weil sie alle Bürger gleich behandelt. Hier hat der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum. Das Prinzip der Gleichheit der Lastenzuteilung ist demgegenüber das umfassendere steuerliche Gerechtigkeitsgebot, weil der Bürger, wie es das Bundesverfassungsgericht formuliert hat, den Steuerzugriff in seine Vermögens- und Rechtssphäre nur deshalb hinnehmen muss, weil jeder Mitbürger - gemessen an seiner individuellen Leistungsfähigkeit (zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Ausgangspunkt und Maßstab steuerlicher Lastenzuteilung vgl. auch Kirchhof, in: Handbuch des Staatsrechts Band V, 1992, § 124 Rdnr. 37) - eine gleiche Steuerlast zu tragen hat. Wenn der Steuerzugriff des Staates als Gemeinlast gleichzeitig auch Eingriff in die Vermögens- und Rechtssphäre des Bürgers ist und wenn dieser Eingriff seine Rechtfertigung "auch und gerade" aus der Gleichheit der Lastenzuteilung gewinnt und wenn deshalb auch die steuerbegründenden Vorschriften dem Prinzip einer möglichst gleichmäßigen Belastung aller Steuerpflichtigen besonders sorgfältig Rechnung tragen müssen (so BVerfGE 93, 121, 134), dann müssen auch steuerbegründende Vorschriften im Hinblick auf die Gleichheit der Lastenzuteilung strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen genügen. Das bedeutet, dass für eine ungleiche Zuteilung von Steuerlasten Gründe von solcher Art und von solchem Gewicht vorliegen müssen, dass sie die Differenzierung zu rechtfertigen vermögen.
Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einer möglichst gleichmäßigen Belastung aller Steuerpflichtigen im Steuerrecht nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist unteilbar. Sie kann, wenn sie ihr Ziel nicht prinzipiell verfehlen soll, nicht auf Teilbereiche des Besteuerungsverfahrens beschränkt werden. Eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen kann nicht erreicht werden, wenn dem Gesetzgeber erlaubt ist, die Steuerpflicht an Umstände zu knüpfen, die im Ergebnis zu einer ungleichen Steuerbelastung der Bürger führt, etwa weil sie keinen Bezug zu einer bei den Bürgern vorhandenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit haben (etwa: Rechtfertigung einer ungleichen Steuerbelastung mit finanzpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen), oder weil sie zwar an eine vorhandene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpft, aber nicht alle Bürger besteuert, die diese Leistungsfähigkeit aufweisen (etwa: die Gewerbeertragsteuer, die die Unternehmenserträge nur von Gewerbetreibenden besteuert). Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Gleichheit der Lastenzuteilung ist nur erreichbar, wenn sie auf allen Ebenen der Lastenzuteilung oder -freistellung verwirklicht wird, also nicht nur bei Differenzierungen im Rahmen der Vorschriften über die Steuerbemessungsgrundlage oder bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung (so BVerfGE 84, 239, 271), sondern auch bei der Auswahl bzw. Ausschöpfung der Steuerquelle. Dieses umfassende steuerliche Gerechtigkeitsgebot wird umso gröber und mit umso größerer Breitenwirkung verfehlt, je näher die Ungleichbehandlung dem Bereich der grundlegenden Steuerbelastungsentscheidung zuzuordnen ist. Der vom Bundesverfassungsgericht zum allgemeinen Gleichheitssatz geprägte Auslegungsgrundsatz, dass es dem Gesetzgeber bei sachgerechter Auswahl grundsätzlich freistehe, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er die gleiche Rechtsfolge knüpfe, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen wolle, widerspricht dem Gebot gleicher Lastenzuteilung im Steuerrecht folglich nur dann nicht, wenn gefordert wird, dass alle Elemente der gesetzgeberischen Auswahl dem Gebot der Gleichheit der Lastenzuteilung genügen müssen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach es dem Gesetzgeber grundsätzlich freistehe, einzelne Berufsgruppen steuerlich zu belasten, andere dagegen von der Steuer freizustellen, wenn die gewählte Differenzierung auf Erwägungen beruhe, die nicht als willkürlich erscheinen (vgl. etwa BVerfGE 26, 1, 8) und er bei der Auswahl einer Steuerquelle einen weit gehenden Gestaltungsspielraum habe (vgl. etwa BVerfGE 84, 239 ,271), ist mit dem Gebot gleicher Lastenzuteilung nicht vereinbar (vgl. dazu auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 353 und 355 f.).
Im Sinne der vorstehenden Ausführungen muss das Prinzip der Gleichheit der Lastenzuteilung als das grundlegende und vorrangige - weil unmittelbar grundrechtsschützende - Prinzip verstanden werden, das durch einen weiter gehenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nur ersetzt werden darf, wenn die in Frage stehende Gestaltung des Gesetzgebers gleichheitsrechtlich neutral ist. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist kein Rechtsgut an sich. Er ist lediglich die Umschreibung des Rahmens seines durch die Grundrechte der Bürger und andere verfassungsrechtliche Regeln begrenzten Handlungsspielraums. Der Spielraum des Gesetzgebers muss daher dort enden, wo seine Gestaltung das Prinzip der steuerlichen Lastengleichheit verletzen würde. Räumte man ihm auch jenseits dieser Grenze noch einen Gestaltungsspielraum ein, wäre der sich aus Art. 1 Abs. 3 GG ergebende Vorrang des grundrechtsschützenden Prüfungsmaßstabs verletzt.
Dagegen kann nach Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht eingewandt werden, dass die Gerichte wegen des in Art. 20 Abs. 2 GG verankerten Gewaltenteilungsprinzips nur die Einhaltung der äußersten Grenzen des am Willkürverbot zu messenden gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums überprüfen könnten (so aber BFH, BStBl II 1993, 551, 554), denn das Gewaltenteilungsprinzip dient ausschließlich der Mäßigung der Gesamtstaatsgewalt (vgl. Herzog in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Loseblatt, Stand 1996, Art. 20, Rdnr. 39), es hat keinerlei grundrechtseinschränkende Wirkung. Der Gleichheitssatz wie auch alle übrigen Grundrechte binden alle Staatsgewalten in gleicher Weise, so Art. 1 Abs. 3 GG. Demzufolge benötigt auch der Gesetzgeber ein gleiches Maß von Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung von Bürgern wie die anderen Staatsgewalten (vgl. zum Verstoß gegen das Willkürverbot auch BVerfGE 86, 148, 250 ff.). Daraus folgt für die Prüfung, ob gesetzliche Regelungen Grundrechte der Bürger verletzen, dass aus der Gewaltenteilung und aus dem Verhältnis zweier Staatsgewalten zueinander (hier des Gesetzgebers und der Gerichte) kein (milderer) verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab abgeleitet werden kann.
3.
Anwendung auf die Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes über den Gewerbeertrag
a)
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht hat sich in einer Vielzahl von Entscheidungen mit Einzelvorschriften des Gewerbesteuerrechts (etwa BVerfGE 13, 290 und 318 zur Benachteiligung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen; BVerfGE 13, 331 zur Benachteiligung von personenbezogenen Kapitalgesellschaften; BVerfGE 21, 54 zur Lohnsummensteuer; BVerfGE 24, 112 zur Inanspruchnahme von Kommanditisten für die Gewerbesteuer; BVerfGE 25, 28 zur Betriebsaufspaltung; BVerfGE 40, 109 zur Versagung des Schachtelprivilegs für bestimmte Personengesellschaften; BVerfGE 42, 374 zur Schlechterstellung des Pfandleihergewerbes gegenüber Kreditinstituten; BVerfGE 69, 188 wiederum zur Betriebsaufspaltung), aber auch mit der grundsätzlicheren Frage der Vereinbarkeit der Gewerbesteuer insgesamt mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (BVerfGE, 26,1 und 46, 224 [Handelsvertreter]) befasst. Das Bundesverfassungsgericht hat bisher die Vereinbarkeit der Gewerbesteuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz stets bejaht. Als Prüfungsmaßstab hat es dabei das Willkürverbot zu Grunde gelegt. In mehreren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die Gewerbesteuer als Zusatzertragsteuer charakterisiert (BVerfGE, 13, 331, 348; 21, 54, 71; 40, 109, 117).
In BVerfGE 26, 1 begründete es seine Entscheidung mit folgenden tragenden Erwägungen: Es verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn nur Gewerbetreibende, nicht aber Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und der freien Berufe der Gewerbesteuer unterlägen. Es stehe dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, einzelne Berufsgruppen zu belasten, andere dagegen von der Steuer freizustellen. Voraussetzung für die Übereinstimmung mit dem Gleichheitssatz sei lediglich, dass die gewählte Differenzierung auf sachgerechten Erwägungen beruhe. Die Kombination der Produktionsfaktoren Boden, Kapital und Arbeit sei bei diesen Berufsgruppen so grundlegend verschieden, dass der Gesetzgeber schon deshalb nicht daran gehindert sein könne, eine Betätigung, bei der der Produktionsfaktor Kapital eindeutig im Vordergrund stehe, mit einer besonderen Steuer zu belegen. Außerdem rechtfertige das Äquivalenzprinzip die Gewerbesteuer.
In der Entscheidung BVerfGE 46, 224 relativiert das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung desÄquivalenzprinzips als verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsgrund für die Gewerbesteuer als lediglich pauschale Rechtfertigung der Gewerbesteuer insgesamt. Es stellt ferner fest, dass seit der Beteiligung von Bund und Ländern an der Gewerbesteuer durch die Gewerbesteuerumlage das Äquivalenzprinzip noch weniger zur finanzpolitischen Rechtfertigung der Gewerbesteuer herangezogen werden könne.
Ihre Rechtfertigung erfahre die Gewerbesteuer allerdings aus ihrer Erwähnung in Art. 106 Abs. 6 GG. Das Grundgesetz sehe das Nebeneinander von Einkommen- und Realsteuern ausdrücklich und unabhängig von besonderen finanzpolitischen Rechtfertigungsgründen vor und billige damit die Gewerbesteuer in ihrer üblichen Ausgestaltung. Im Hinblick auf die Verschiedenbehandlung von Gewerbebetrieben und Betrieben anderer Berufsgruppen bezeichnet das Bundesverfassungsgericht die gewerbesteuerpflichtige Berufsausübung als die Regel, die nicht gewerbesteuerpflichtigte Ausübung eines freien Berufs oder der Land- und Forstwirtschaft als die Ausnahme. Die Kombination der Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital sei bei Landwirtschaft, freien Berufen und Gewerbe so grundlegend verschieden, dass es keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstelle, wenn der Gesetzgeber auf dem Gebiet der Realsteuern überhaupt mehrere Gruppen unterschieden und die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und die freien Berufe im Gegensatz zu den Gewerbebetrieben von der Gewerbesteuer freigestellt habe. Im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Handelsvertreter in gewerbesteuerlicher Hinsicht den freien Berufen im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG gleichgestellt werden muss, führt das Bundesverfassungsgericht aus, unter dem Oberbegriff "freiberufliche Tätigkeit" seien durchaus heterogene Berufe versammelt, die sich nicht auf einen einzigen tragenden Gesichtspunkt zurückführen ließen. Es gebe keinen einheitlichen Oberbegriff der freien Berufe. Die Merkmale geistige Leistung, Kapitalausstattung oder Beschäftigung von Arbeitnehmern seien für eine Begriffsbildung ungeeignet, weil sie in unterschiedlicher Intensität bei freien Berufen und anderen Berufen vorliegen oder auch fehlen könnten. Weil es keinen Oberbegriff der freien Berufe gebe, komme es darauf an, ob eine bestimmte Tätigkeit ausgeübt werde, die der Gesetzgeber aus sachlichen Gründen als freiberuflich habe anerkennen können. Solche Gesichtspunkte sieht das Bundesverfassungsgericht in dem persönlichen Einsatz bei der Berufsausübung, dem Charakter des jeweiligen Berufs, der Stellung und Bedeutung des Berufs im Sozialgefüge und der Qualität und Länge der erforderlichen Berufsausbildung.
b)
Auffassung des vorlegenden Gerichts
Die nur Gewerbebetriebe treffende Gewerbeertragsteuer bewirkt eine ungleiche Besteuerung von Unternehmenserträgen, denn Gewerbeerträge vermitteln keine andere und insbesondere keine größere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als Erträge aus Betrieben von selbstständig Tätigen und von Land- und Forstwirten. Weil das Ausgangsverfahren darüber keine Entscheidung erfordert, kann hier dahinstehen, ob Unternehmenserträge im Vergleich zu anderen Einkommen eine höhere, die Belastung mit einer Zusatzertragsteuer rechtfertigende, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vermitteln. Die beschriebene ungleiche steuerliche Lastenzuteilung bewirkt mittelbar eine ungleiche Behandlung von Personengruppen, indem nur die Gewerbetreibenden als Steuerschuldner (§ 5 GewStG) mit der Gewerbeertragsteuer belastet, alle übrigen zu dieser Obergruppe gehörenden Personen, die selbstständig Tätigen im Sinne des § 18 EStG und die Land- und Forstwirte dagegen von dieser Steuer freistellt werden und der Gesetzgeber auch keine vergleichbare anderweitige Steuerbelastung für die letztgenannten Gruppen vorgesehen hat (insoweit unzutreffend die Auffassung von Vogel, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 87 Rdnr. 92 und Fußnote 376, wonach in Art. 106 GG keine Steuer genannt sei, die von anderen als Leistungsfähigkeitsgesichtspunkten ausgehe. Vielmehr ist die Besteuerung der Gewerbetreibenden nach deutschem Gewerbesteuerrecht ein geradezu typisches Beispiel für eine berufsspezifische Besteuerung; ein Unterschied zu der von Vogel als Gegenbeispiel hervorgehobenen verschärften Besteuerung von Gewerbetreibenden nach sowjetischem Steuerrecht ist nicht ersichtlich). Es handelt sich deshalb auch nicht um eine gleichheitsrechtlich neutrale Entscheidung über die Auswahl einer Steuerquelle. Nach den oben (III. 1. und 2.) dargestellten Grundsätzen ist diese Verschiedenbehandlung und ungleiche steuerliche Belastung bei grundsätzlich gleicher Leistungsfähigkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nur vereinbar, wenn sie durch Gründe gerechtfertigt ist, die strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen genügen. Nicht ausreichend ist, dass die zur Prüfung stehenden Normen nicht gegen das Willkürverbot verstoßen, also keine evident ungerechte Regelung vorliegt; für die Differenzierung müssen vielmehr Gründe von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen zu rechtfertigen vermögen. Solche rechtfertigenden Gründe liegen nach Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht vor (gleicher Ansicht Wendt, BB 1987, 1257, 1259 ff; Schwendy, INF 1998, 33; Gosch, DStZ 1998, 327).
aa)
Die "Herausnahme" der freien Berufe aus der Gewerbesteuer geht zurück auf das Reichsgewerbesteuergesetz vom 01.12.1936. Das Gewerbesteuerrecht ist insoweit bis heute inhaltlich unverändert geblieben. Die amtliche Gesetzesbegründung der damaligen Reichsregierung (RStBl 1937, 693, 694), wonach die Grundsätze des Nationalsozialismus die Herausnahme der freien Berufe aus der Gewerbesteuer erfordern, bietet keine Anhaltspunkte für eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung der Gewerbetreibenden gegenüber den selbstständig Tätigen nach geltendem Verfassungsrecht. Die Bezugnahme auf nationalsozialistische Grundsätze rechtfertigt allenfalls die Schlussfolgerung auf gesetzgeberische Willkür.
bb)
(1)
Das Äquivalenzprinzip, dessen Bedeutung für die Rechtfertigung der Gewerbesteuer nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 46, 224, 236 f. nach Einführung der Gewerbesteuerumlage geringer geworden, aber offensichtlich nicht ganz entfallen ist, ist nach Auffassung des vorlegenden Gerichts und wohl auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ungeeignet, die Gewerbeertragsteuer zu rechtfertigen. Weder der Zweck der Besteuerung, den staatlichen Haushalt mit Finanzmitteln auszustatten, noch die Verwendung des Steueraufkommens geben der Steuerbelastung Anknüpfungspunkte oder ziehen ihr Grenzen (so BVerfGE 84, 239, 268 f.).
Soweit von einer sehr viel weiteren Fassung dieser Theorie ausgegangen wird, wonach das Interesse des Besteuerten an staatlichen Leistungen die Steuer rechtfertige (so Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 146 ff.), ist sie zur Rechtfertigung der Gewerbesteuer in der vorliegenden Ausgestaltung mit der ausschließlichen Belastung der Gewerbetreibenden ebenfalls ungeeignet. Denn ein Interesse an der gemeindlichen Infrastruktur haben neben den Gewerbetreibenden auch die selbstständig Tätigen, die Land- und Forstwirte und nicht zuletzt die Gemeindeeinwohner. Die Interessetheorie liefert auch keine Gesichtspunkte, die das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einzuhaltende Gebot gleicher Lastenzuteilung im Steuerrecht konkretisieren könnte. Staatliche Leistungen mögen gerechtfertigt sein, wenn Bürger oder Gruppen daran ein entsprechendes Interesse haben. Das Vorhandensein eines solchen Interesses sagt aber nichts darüber aus, wie die staatlichen Leistungen, die dieses Interesse befriedigen sollen, zu finanzieren sind, und es rechtfertigt schon gar nicht die Finanzierung durch eine Steuer. Es mag auch sein, dass das Interesseprinzip Steuern - die aus dieser Sicht so zahlreich werden könnten, wie es verschiedene Interessen gibt - volkswirtschaftlich oder finanzwissenschaftlich zu rechtfertigen vermag. Eine Steuer bedarf aber in erster Linie und unabdingbar der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Denn der Staat hat nach Verfassungsrecht bei der Besteuerung bestimmte Unter- und Obergrenzen einzuhalten; darüber hinaus darf die Besteuerung die Grundrechte der Bürger nicht unzulässig einschränken. Insbesondere bedarf jede Abgabe der Rechtfertigung gegenüber dem Gleichheitssatz und dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot (vgl. dazu Vogel, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, 1990, § 87 Rdnr. 87). Die Interessetheorie ist zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung einer Steuer, insbesondere zur Beantwortung der Frage, ob eine Steuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, ungeeignet, weil sie keinen verfassungsrechtlichen Bezugspunkt hat.
(2)
Darüber hinaus stellt es einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Systembruch dar, wenn bei der Gewerbesteuer der Kreis der steuerpflichtigen Personen nur teilweise nach Äquivalenz- bzw. Interessegesichtspunkten bestimmt wird (Äquivalenz- und Interessetheorie fordern grundsätzlich die Besteuerung aller Verursacher gemeindlicher Lasten, vgl. dazu schon Tipke, Steuergerechtigkeit in Theorie und Praxis, 1981, S. 111; ders., Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, S. 833), die Steuerbelastung bei der Gewerbeertragsteuer aber von der Höhe des objektivierten Ertrags und bei der im Rahmen dieses Vorlagebeschlusses unbeachtlichen Gewerbekapitalsteuer von der Höhe des objektivierten Gewerbekapitals abhängt. Die Vermengung beider Maßstäbe bei der Gewerbesteuer führt zu willkürlichen Ergebnissen (vgl. zur Verletzung des Willkürverbots durch Missachtung selbstgesetzter Maßstäbe durch den Gesetzgeber BVerfGE 86, 148, 251 f.). Der Verursacher großer gemeindlicher Lasten zahlt keine Gewerbeertragsteuer, wenn kein Ertrag erzielt wird, obwohl Äquivalenzgesichtspunkte und das objektive Interesse des Verursachers in diesem Fall eine (hohe) Steuerbelastung fordern. Gleiches gilt, wenn der Verursacher selbstständig tätig ist oder Land- und Forstwirtschaft betreibt. Wer demgegenüber hohe Unternehmenserträge erzielt, aber keine oder nur geringe gemeindliche Lasten verursacht, muss, unter der Voraussetzung, dass er Gewerbetreibender ist, eine hohe Gewerbeertragsteuer zahlen (bei einem durchschnittlichen Hebesatz von 400 % beträgt die Gewerbeertragsteuer linear 20 % des den Freibetrag von DM 36.000,-- übersteigenden Gewerbeertrags), obwohl das Äquivalenz- und auch das Interesseprinzip hier eine geringe Steuer oder gar eine Freistellung von der Steuer fordern.
(3)
Die Äquivalenztheorie rechtfertigt auch nicht die Belastung der Gewerbetreibenden mit der Gewerbeertragsteuer und die Freistellung der übrigen Bezieher von Unternehmenserträgen von dieser (oder einer entsprechenden anderen) Steuer. Die Äquivalenztheorie nimmt zum Bezugspunkt die gemeindlichen Lasten. Diese entstehen aber nicht nur durch die ansässigen Gewerbebetriebe, sondern auch durch die Betriebe der selbstständig Tätigen und der Land- und Forstwirte und daneben zu einem sicherlich ganz erheblichen Anteil durch die Gemeindeeinwohner. Abgesehen von der grundsätzlich fehlenden Eignung der Äquivalenztheorie zur Rechtfertigung einer Steuer, könnte sie die Sonderbelastung der Gewerbetreibenden mit der Gewerbesteuer allenfalls dann rechtfertigen, wenn die von den übrigen Teilgruppen (selbstständig Tätige, Land- und Forstwirte und Gemeindeeinwohner) verursachten gemeindlichen Lasten im Rahmen einer im Steuerrecht zulässigen Typisierung oder Generalisierung vernachlässigt werden könnten. Das ist aber ersichtlich nicht der Fall. In der Entscheidung BVerfGE 46, 224, 240 ff. führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass es keinen einheitlichen Oberbegriff der freien Berufe gebe und typbildende Unterschiede zwischen den Berufsgruppen freie Berufe und Gewerbetreibende aus den Merkmalen geistige Leistung, Kapitaleinsatz und Beschäftigung von Arbeitnehmern nicht abgeleitet werden könnten. Diese Ausführungen lassen nicht darauf schließen, dass das Bundesverfassungsgericht davon ausgegangen sein könnte, die Teilgruppe der freien Berufe (daneben sind ja auch die übrigen selbstständig Tätigen im Sinne des § 18 EStG von der Gewerbesteuer freigestellt) verursache keine oder nur geringe gemeindliche Lasten. Zu der Frage, in welchem Maße die verschiedenen Berufsgruppen gemeindliche Lasten verursachen, gibt es bislang, soweit ersichtlich, überhaupt keine konkreten Erkenntnisse oder Feststellungen. Unbestreitbar dürfte allerdings sein, dass jedenfalls die von den Gemeindeeinwohnern (mit-)verursachten gemeindlichen Lasten (Straßen, Kanalisation, Versorgungsleitungen, gemeindliche soziale und kulturelle Infrastruktur) einen bedeutenden Anteil an den gesamten gemeindlichen Lasten ausmachen. Weil jedenfalls schon die Gemeindeeinwohner als nicht zu vernachlässigende Mitverursacher gemeindlicher Lasten und darüber hinaus auch die selbstständig Tätigen und die Land- und Forstwirte als Mitverursacher gemeindlicher Lasten jedenfalls so lange nicht außer Betracht bleiben dürfen, bis Erkenntnisse vorliegen, die es erlauben, sie unberücksichtigt zu lassen, ist dieÄquivalenztheorie ungeeignet, die Belastung der Gewerbetreibenden mit Gewerbesteuer im Gegensatz zu den anderen Berufsgruppen zu rechtfertigen.
cc)
Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Gewerbesteuer kann aus der Nennung der Realsteuern in Abschnitt X des Grundgesetzes (in den bis zum Streitjahr geltenden Fassungen) nicht abgeleitet werden. Der Wegfall der ebenfalls in Abschnitt X des Grundgesetzes genannten Vermögensteuer, der Lohnsummensteuer und die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zeigt unabhängig von dogmatischen Überlegungen, dass die Nennung einer Steuer oder Steuerart in Abschnitt X des Grundgesetzes ihr weder einen Bestandsschutz vermittelt, noch sie in irgendeiner Weise davor schützt, wegen Verstoßes gegen Grundrechte als verfassungswidrig behandelt zu werden (vgl. dazu auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 528 ff.; derselbe, BB 1994, 437).
Das Gerechtigkeitsgebot als Ausprägung der Menschenwürde unterliegt nicht dem Zugriff und derÄnderungsbefugnis des Gesetzgebers, Art. 79 Abs. 3 GG. Es ist für gesetzgeberische Gestaltungen nicht zugänglich. Demzufolge kann ein Steuergesetz nicht - auch nicht durch Nennung in Art. 106 GG - einer diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Überprüfung entzogen werden. Die Nennung einer Steuer in Art. 106 GG vermittelt im vorliegenden Zusammenhang lediglich die Erkenntnis, dass der Gesetzgeber eine tatsächlich erhobene Steuer in die Verteilung des Steueraufkommens auf die verschiedenen Gebietskörperschaften einbezogen, und allenfalls die weitere Erkenntnis, dass er diese Steuer für verfassungsrechtlich zulässig gehalten hat. Das Ergebnis einer verfassungsrechtlichen Überprüfung ist damit weder vorweggenommen noch in irgendeiner Weise vorherbestimmt (vgl. dazu auch Wendt, BB 1987, 1677 ff.)
Dass die Gewerbesteuer in ihrer heutigen Ausgestaltung durch die Nennung der Realsteuern in Art. 106 Abs. 6 GG keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung erfahren hat, mag daran deutlich werden, dass der Gesetzgeber ohne Änderung des Grundgesetzes an Stelle der heutigen Gewerbesteuer eine allgemeine Unternehmensteuer einführen könnte, wenn er § 3 Abs. 2 AO entsprechend änderte und dort die Unternehmensteuer an Stelle der Gewerbesteuer als Realsteuer definierte und sie durch ein Unternehmensteuergesetz auch so ausgestaltete (im Ergebnis gleicher Ansicht, Kirchhof, StuW 1996, 3, 7).
dd)
Eine unterschiedliche Kombination der Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital rechtfertigt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts die Erhebung einer Ertragsteuer nur von Gewerbetreibenden nicht. Die entgegenstehende Aussage des Bundesverfassungsgerichts ist erstmals in der Entscheidung BVerfGE 26, 1, 8 f. zu finden. Dort heißt es sinngemäß, bei der gewerblichen Betätigung stehe im Gegensatz zu den freien Berufen und der Landwirtschaft der Produktionsfaktor Kapital eindeutig im Vordergrund. In der Entscheidung BVerfGE 46, 224, 241 heißt es in diesem Zusammenhang demgegenüber wörtlich: "Für die freien Berufe ist es auch nicht durchweg typisch, dass sie ohne Kapitaleinsatz ihre berufliche Tätigkeit ausüben. In diesem Zusammenhang ist z.B. insbesondere auf die häufig mit hoher Kapitalausstattung betriebenen Facharzt- und Zahnarztpraxiseinrichtungen und freiberuflich betriebenen Laboratorien hinzuweisen. Umgekehrt gehört auch der Einsatz von Kapital nicht zu den Wesensmerkmalen der gewerblichen Tätigkeit, wenn auch insgesamt gesehen in der gewerblichen Wirtschaft der Kapitaleinsatz dominiert. Die Kapitalintensität ist von Wirtschaftszweig zu Wirtschaftszweig verschieden". Schon die Ausführungen in der letztgenannten Entscheidung stehen in Widerspruch zum Postulat der grundlegenden Verschiedenheit der Kombination von Produktionsfaktoren bei freien Berufen und dem Gewerbe. Das Bundesverfassungsgericht selbst hat darauf hingewiesen, dass es im Bereich der freien Berufe Wirtschaftszweige gibt, die in Ansehung der Produktionsfaktoren einem "typischen" Gewerbebetrieb sehr viel näher stehen, als eine Vielzahlüblicherweise dem Gewerbe zugerechneten Betriebe. Unbestreitbar dürfte auch sein, dass insbesondere die große Zahl kleinerer Dienstleistungsbetriebe in der Struktur ihrer Produktionsfaktoren von den "typischen" freien Berufen nicht zu unterscheiden ist. Die vorstehenden Ausführungen gelten für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sinngemäß. Der Kritik von Glanegger/Güroff (Kommentar zum GewStG, 3. Aufl. 1994, § 1 Anm. 18), die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Typisierung sei sachfremd, weil sie nicht auf dem Boden von Rechtstatsachen stehe, ist daher zuzustimmen. Die fehlende Unterscheidbarkeit der verschiedenen Berufsgruppen anhand der Kombination ihrer Produktionsfaktoren mag auch der Grund dafür gewesen sein, dass das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung BVerfGE 46, 224, 241 f. letztlich für die Unterscheidung der Berufsgruppen nur auf die Merkmale des persönlichen Einsatzes bei der Berufsausübung, den Charakter des jeweiligen Berufs, die Stellung und Bedeutung des Berufs im Sozialgefüge und auf die Qualität und die Länge der erforderlichen Ausbildung abgestellt hat.
Gleichgültig, ob nun die Auswahl des Kreises der Steuerpflichtigen der Gewerbeertragsteuer mit der besonderen Kombination der von ihnen eingesetzten Produktionsfaktoren oder mit den Besonderheiten ihres Berufes und ihrer Berufsausübung begründet wird, ist festzustellen, dass im Hinblick auf die Gleichheit der steuerlichen Lastenzuteilung beide Auswahlgesichtspunkte weder die Beschränkung einer Unternehmensertragsteuer auf eine Gewerbeertragsteuer oder eine Freistellung der selbstständig Tätigen und der Land- und Forstwirte von der Gewerbeertragsteuer fordern, noch auch nur nahe legen. Darüber hinaus erscheint die Anknüpfung der Steuerpflicht an diese Auswahlgesichtspunkte als willkürlich. Das oben unter bb) (2) Gesagte gilt hier sinngemäß.
Wenn, wie bei der Gewerbeertragsteuer, der Ertrag die Steuerbemessungsgrundlage darstellt, darf das Steuergesetz die Steuerpflicht nicht - auch nicht indirekt durch entsprechende Begrenzung des Kreises der Steuerpflichtigen - daran knüpfen, ob der Ertrag denn nun unter größerem Einsatz eigener Arbeit oder Kapital, oder der Ertrag in Ausübung eines bestimmten Berufes erzielt wurde, oder die Berufsausübung mit einer besonderen sozialen Stellung verbunden oder die Berufsausbildung besonders gut oder/und lang gewesen ist. Für die Gewerbesteuer als Zusatzertragsteuer (so BVerfGE 13, 331, 348; 21, 54, 71; 40, 109, 117) kann insoweit nichts anderes als bei der Einkommensteuer gelten. Auch dort zählt nur, wie viel Einkommen erzielt wurde, ungeachtet der individuellen Anstrengung für den Erwerb und ungeachtet der Einkunftsquelle. Für die Besteuerung ist unerheblich, ob jemand sein Einkommen unter äußerstem Einsatz von Freizeit und Gesundheit erzielt oder mit leichter Hand als zufälligen Mitnahmegewinn erworben hat (vgl. auch Kirchhof, Stbg 1997, 193, 195).
ee)
Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich, dass das vorlegende Gericht auch dann zu dem Ergebnis kommt, dass die Gewerbeertragsteuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren ist, wenn es, wie das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung, lediglich prüft, ob die betreffenden Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes gegen das Willkürverbot verstoßen.
ff)
Außerfiskalische Lenkungszwecke, die unter Umständen die Verschonung der selbstständig Tätigen und der Land- und Forstwirte von der Gewerbesteuer vor dem Gleichheitssatz rechtfertigen könnten, sind weder aus dem Gewerbesteuergesetz noch aus seiner Entstehungsgeschichte erkennbar, noch vom Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung zur Gewerbesteuer erkannt worden.
gg)
Die festgestellte Ungleichbehandlung könnte auch nicht etwa für eine Übergangszeit bis zum In-Kraft-Treten der durch das Standortsicherungsgesetz eingeführten Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte nach § 32 c EStG hingenommen werden. Denn abgesehen von den Bedenken gegen die zeitweilige Duldung eines verfassungswidrigen Rechtszustandes (vgl. dazu unten IV 1 c) beseitigt diese Regelung jedenfalls die festgestellte Ungleichbehandlung nicht. Dabei kann auch dahinstehen, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, die Steuerbelastung durch die Gewerbesteuer durch eine Entlastung bei der Einkommensteuer zu kompensieren (ablehnend Gosch, DStZ 1998, 327, 329 f.). Denn die Gesamtentlastung bei der Einkommensteuer von jährlich lediglich rund 3 Milliarden DM angesichts eines Gewerbesteueraufkommens von rund 40 Milliarden DM ist nur unzureichend und außerdem kommen von vornherein nur diejenigen Gewerbesteuerpflichtigen in den Genuss der Entlastung, deren Anteil der gewerblichen Einkünfte am zu versteuernden Einkommen den Betrag von 100.224 DMübersteigt (vgl. dazu Gorski, DStZ 1993, 613; Lang, StbJb 1993/94, 9, 17 ff.; Schmidt/Glanegger, Kommentar zum EStG, 17. Aufl. 1998, § 32 c Rz 2 mit weiteren Nachweisen; Gosch, DStZ 1998, 327, 329 f.).
Schließlich hat auch die im Jahre 1997 erfolgte Ergänzung des Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG, wonach nunmehr zu den garantierten Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung der Gemeinden ausdrücklich auch eine eigene wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle gehört und die Neufassung des Art. 106 Abs. 6 Sätze 1 und 2 GG im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer nicht zu einer Änderung der Rechtslage geführt. Auch eine den Gemeinden garantierte Steuerquelle (die ja auch eine Unternehmensteuer oder Einwohnereinkommensteuer sein könnte) muss verfassungsgemäß ausgestaltet sein und darf Grundrechte der Bürger nicht verletzen. Eine verfassungsrechtliche Absicherung oder gar eine Garantie der Gewerbesteuer hat die Verfassungsänderung folglich nicht bewirkt (gleicher Ansicht mit überzeugender Begründung Gosch, DStZ 1998, 327, 329; a.A. für Erhebungszeiträume ab 1998 Blümich/Hofmeister, Kommentar zum EStG, KStG und GewSt, Loseblatt, Stand Januar 1998, § 1 GewStG Rz 10 ff.).
c)
Verfassungskonforme Auslegung
Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften über die Gewerbeertragsteuer mit dem Ziel der Beseitigung der festgestellten Ungleichbehandlung ist nicht möglich. Die verfassungskonforme Auslegung von Rechtsnormen ist nur zulässig, wenn eine Auslegung möglich ist, die im Einklang mit dem Grundgesetz steht und das Gesetz bei dieser Auslegung sinnvoll bleibt (BVerfGE 2, 266, 282). Sie ist unzulässig, wenn sie zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch tritt (BVerfGE 18, 97, 111) oder an die Stelle der Gesetzesvorschrift inhaltlich eine andere gesetzt wird oder wenn der normative Regelungsgehalt erst geschaffen wird (BVerfGE 34, 165, 200). Die festgestellte Ungleichbehandlung kann nur durch Abschaffung der Gewerbeertragsteuer oder durch Belastung der selbstständig Tätigen und der Land- und Forstwirte mit einer der Gewerbeertragsteuer entsprechenden Steuer beseitigt werden. Beide Lösungsmöglichkeiten würden die Grenzen einer noch zulässigen verfassungskonformen Auslegung weit überschreiten. Die Abschaffung der Gewerbeertragsteuer oder die Schaffung einer die selbstständig Tätigen und die Land- und Forstwirte belastenden Unternehmensertragsteuer würde dem im Gewerbesteuergesetz erklärten Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Eine "Auslegung", die auch die selbstständig Tätigen und die Land- und Forstwirte in die bestehende Gewerbeertragsteuer einbezöge, schüfe für diesen Personenkreis bisher nicht vorhandene Rechtsnormen, eine neue Steuer.
4.
Anwendung auf § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
a)
Rechtsprechung
Das Bundesverfassungsgericht hatte bislang noch keine Gelegenheit, zur Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG Stellung zu nehmen.
Das Einkommensteuergesetz eröffnet dem Einzelunternehmer nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bei sog. gemischter Tätigkeit die Möglichkeit einer gesonderten Beurteilung trennbarer Einkunftsarten (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, BStBl II 1984, 129; 1992, 413). Das bedeutet, dass ein Einzelunternehmer nebeneinander Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbstständiger Arbeit erzielen kann. Auch wenn zwischen den Betätigungen gewisse sachliche und wirtschaftliche Berührungspunkte bestehen - also eine gemischte Tätigkeit vorliegt - sind die Betätigungen regelmäßig steuerlich getrennt zu erfassen (vgl. BFH, BStBl II 1992, 413, 415 mit weiteren Nachweisen).
Übt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine andere Personengesellschaft eine gemischte Tätigkeit mit einem gewerblichen Anteil aus, so bewirkt § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die Umqualifizierung sämtlicher Einkünfte der Gesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs selbst dann, wenn der gewerbliche Anteil nur gering ist (vgl. BFH, BStBl II 1995, 171, 172).
Anknüpfend an Entscheidungen des Reichsfinanzhofs zu den Vorgängervorschriften (vgl. RFH, RStBl 1937, 1129 und 1938, 107), vertritt der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass zwar durch§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG der - vom Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 26, 327 konkret bestätigte - Grundsatz, dass Einzelunternehmer und Mitunternehmer einkommensteuerlich soweit wie möglich gleich zu behandeln seien (vgl. zu diesem Grundsatz BFH, BStBl II 1971, 177, 178 und 1995, 171, 172) und damit letztlich der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Grundsatz der Steuergerechtigkeit berührt sei. Verfassungswidrig sei die Gesetzeslage gleichwohl nicht, weil die Steuerpflichtigen die Möglichkeit hätten, für trennbare Unternehmenstätigkeiten jeweils gesonderte, auch personengleiche Personengesellschaften zu errichten (vgl. BFH, BStBl II 1978, 73, 74; 1984, 152, 154; 1995, 171, 172 f.; 1996, 264, 266). In älteren Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof (BStBl II 1978, 73; 1984, 152 und BFH/NV 1986, 79) die Abfärberegelung außerdem damit gerechtfertigt, dass der auf Erwerb gerichtete gemeinsame Betätigungswille der Gesellschafter sich zwangsläufig auf alle Tätigkeitsbereiche der Gesellschaft erstrecke und dieser Wille nur einheitlich beurteilt werden könne, die Ermittlung von Einkünften aus verschiedenen Einkunftsarten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sei und im Falle einer Personenhandelsgesellschaft entgegen § 5 Abs. 1 EStG nicht mehr an die nach Handelsrecht vorgeschriebene Gewinnermittlung angeknüpft werden könne. In seiner neuesten Entscheidung zur Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hat der Bundesfinanzhof (Urteil vom 13.11.1997, BStBl II 1998, 254) die unterschiedliche Behandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften außerdem für sachlich gerechtfertigt gehalten. Das Steuerrecht folge nämlich den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben, die auf der Vorstellung beruhten, dass Personengesellschaften nur eine einheitliche Tätigkeit ausüben könnten und dass diese insgesamt als kaufmännisch anzusehen sei, wenn diese Voraussetzungen auch nur partiell erfüllt seien.
b)
Meinungsstand in der Literatur
Die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG wird in der Literatur größtenteils für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten (vgl. etwa Schmidt, Kommentar zum EStG, 16. Aufl. 1997, § 15 Rz 185 ff.[anders noch in der 3. Aufl.]; Blümich/Hutter, Kommentar zum EStG, KStG und GewStG, Loseblatt, Stand Februar 1997, § 18 EStG Rz. 84; Söffing, FR 1994, 805 ff. und FR 1995, 381, Gosch, StBp 1995, 165; Hiller INF 1995, 388).
Die zum Teil umfassende ältere Kritik an der Ungleichbehandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften durch die Abfärbe-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. etwa Weber-Grellet, DStZ 1982, 228 und Schmidt, Kommentar zum EStG, 3. Aufl. 1984, § 15 Anm. 43) und die im Vorfeld der Verabschiedung des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 wiederholte Kritik (vgl. etwa Knobbe-Keuk, BB 1985, 820 und 941, sowie Flume, DB 1985, 1152) ist angesichts der vom Bundesfinanzhof stetig fortgeführten Rechtsprechung im Wesentlichen verstummt. Der vom Bundesfinanzhof angebotene Ausweg zur Vermeidung steuerlicher Nachteile durch Gründung mehrerer personengleicher Gesellschaften wird größtenteils akzeptiert (vgl. aus neuerer Zeit Fitsch, in: Lademann/Söffing/ Brockhoff, Kommentar zum EStG, Loseblatt, Stand Januar 1996, § 18 Anm. 60; Neu, DStR 1995, 1893, fordert außerdem die Einführung einer Bagatellgrenze).
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hervorgerufene Ungleichbehandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz machen Stadie (FR 1989, 93), Korn (DStR 1995, 1249), Schwendy (INF 1995, 75, INF 1998, 33), Schulze-Osterloh (Verfassungswidrigkeit der Kodifikation der Abfärbetheorie [§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG] in Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, S. 531), Gosch (StBP 1998, 81) und Habscheidt (BB 1998, 1184) geltend. Während Schwendy, Korn und Schulze-Osterloh eine umfassende Gleichbehandlung beider Gruppen einfordern, meint Stadie, nur die Ungleichbehandlung von Einzelunternehmern und Gesellschaften bürgerlichen Rechts verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die ungleiche Behandlung der Personengesellschaften, die zur Führung von Büchern verpflichtet sind, sei verfassungsgemäß. Er hält eine entsprechende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch verfassungskonforme Auslegung für möglich und ausreichend.
c)
Auffassung des vorlegenden Gerichts
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bewirkt eine mittelbare Ungleichbehandlung der Einzelunternehmer im Vergleich zu den Personengesellschaften, indem diese Vorschrift nur bei einer der beiden Gruppen eine Umqualifizierung von Einkünften anordnet. Diese Regelung, die bei trennbaren gemischten Tätigkeiten von Personengesellschaften anwendbar ist, bewirkt die Umqualifizierung sämtlicher Einkünfte der Gesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb, wenn ein - auch nur geringfügiger - Teil der Tätigkeiten der Gesellschaft gewerblich ist. Bei Einzelunternehmern gilt in diesem Fall das Trennungsprinzip. Die verschiedenen Tätigkeiten des Unternehmers sind den jeweiligen Einkunftsarten zuzuordnen, deren Voraussetzungen erfüllt sind. Daraus resultieren sowohl für die Einkommensteuer, als auch insbesondere für die Gewerbesteuer unterschiedliche Rechtsfolgen und auch unterschiedliche Steuerbelastungen.
aa)
Die unterschiedlichen Auswirkungen bei der Einkommensteuer, die sich aus dieser Umqualifizierung von Einkunftsarten ergeben können, sollen hier nur allgemein dargestellt werden, weil im Vorlagefall insoweit die Klägerin beschwerende ungleiche Besteuerungsfolgen nicht festgestellt werden konnten. Deshalb kann hier auch dahinstehen, ob solche möglichen Ungleichbehandlungen den allgemeinen Gleichheitssatz verletzen: Je nach Einkunftsart gelten unterschiedliche Vorschriften über die Gewinnermittlung, was sowohl zu abweichenden Periodengewinnen als auch zu abweichenden Totalgewinnen führen kann. Insbesondere die Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 1 und § 5 EStG für Gewerbetreibende und andere Buchführungspflichtige können im Vergleich zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für nicht Buchführungspflichtige und der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bei Land- und Forstwirten nach § 13 a EStG zu unterschiedlich hohen Periodengewinnen führen (vgl. dazu Schmidt/Heinicke, Kommentar zum EStG, 17. Aufl. 1998, § 4 Rz 10). Jedenfalls die Gewinnermittlung nach § 13 a EStG führt regelmäßig zu geringeren Totalgewinnen, als die anderen Gewinnermittlungsmethoden (vgl. dazu schon BFH, BStBl II 1984, 198, 199 und Schmidt/Seeger, Kommentar zum EStG, 17. Aufl. 1998, § 13 a Rz 1 unter Hinweis auf entsprechende Feststellungen des Bundesrechnungshofs). Außerdem sind die Buchführungspflichten (auch) einkunftsartenabhängig und verursachen, ebenso wie die verschiedenen Gewinnermittlungsarten, verschieden hohe Sach- und Personalkosten.
bb)
Eine weitere Ungleichbehandlung beider Gruppen im Bereich des Einkommensteuerrechts, auf die hier nur hingewiesen werden soll, weil sie für das Streitjahr noch nicht relevant war, ergibt sich durch die Tarifbegrenzung allein für gewerbliche Einkünfte gemäß § 32 c EStG, die durch das Standortsicherungsgesetz (vom 13.09.1993, BGBl I 1993, 1569) eingeführt wurde. Zwar wird diese Regelung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG weithin für verfassungswidrig gehalten (vgl. dazu Schmidt/Glanegger, Kommentar zum EStG, 17. Aufl. 1998, § 32 c Rz. 2 und Lang, StbJb 1993/94, 9, 17 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen). Solange sie aber wirksam bleibt und die rechtliche Grundlage für geringere Einkommensteuersätze auf gewerbliche Einkünfte darstellt, bewirkt die Umqualifizierung von Einkünften in solche aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG eine geringere Einkommensteuerbelastung der von dieser Regelung betroffenen Gesellschafter von Personengesellschaften im Vergleich zu den Einzelunternehmern, auf die diese Vorschrift - wie bereits dargestellt - keine Anwendung findet (insoweit unzutreffend Schmidt/Seeger, Kommentar zum EStG, 17. Aufl. 1998, § 18 Rz 50).
cc)
Im Bereich der Gewerbesteuer gilt § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG über § 7 GewStG unmittelbar. Bei gemischten Tätigkeiten bewirkt diese Vorschrift eine höhere Gewerbesteuerbelastung der Personengesellschaften, weil sie, anders als bei Einzelunternehmern, auch den nichtgewerblichen Teil der Einkünfte der Gewerbeertragsteuer unterwirft. Im Streitfall beträgt die durch die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hervorgerufene Gewerbesteuermehrbelastung der Klägerin im Streitjahr 1988 13.005 DM. Diese unterschiedliche steuerliche Lastenzuteilung verstößt nach den oben (III. 1. und 2.) dargestellten Grundsätzen nur dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn Gründe von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, die die ungleiche steuerliche Belastung rechtfertigen können. Solche rechtfertigenden Gründe liegen nach Auffassung des vorlegenden Gerichts jedoch nicht vor.
(1)
Soweit insbesondere vom Bundesfinanzhof geltend gemacht wird, die aufgezeigte Ungleichbehandlung könne durch eine steuerorientierte zivilrechtliche Gestaltung in der Weise vermieden werden, dass die gewerblichen Tätigkeiten in eine - personengleiche - andere, ggf. neu zu gründende Personengesellschaft ausgegliedert werden, mag das zutreffen. Allerdings sollte bei dieser "höchstrichterlichen Steuerberatung" (kritisch hierzu und zum Verstoß dieses Gestaltungsmodells gegen § 42 AO, Habscheidt, BB 1998, 1184) nicht übersehen werden, dass diejenigen, die diesem Rat folgen, bei der dann oft notwendig werdenden Überlassung von Räumen und Einrichtungen durch die alte Gesellschaft an die neu gegründete Gesellschaft nur allzu leicht die Voraussetzungen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung erfüllen. Die Folge wäre dann ein Ergebnis, das gerade vermieden werden sollte und für das der Ratgeber nicht haftbar gemacht werden kann: Beide Gesellschaften erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb! (so für den Fall der Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen durch eine Ärzte-GbR an eine Labor GmbH ausdrücklich BFH, Urteil vom 13.11.1997, BStBl II 1998, 254; vgl. zur Betriebsaufspaltung BFH, BStBl II 1991, 405; 92, 246 und Schmidt, Kommentar zum EStG, 17. Aufl. 1998, § 15, Rz 800 ff.; diese Rechtsfolge kann auch nicht durch eine Verwaltungsanweisung vermieden werden - a.A. offenbar BdF, koordinierter Ländererlass vom 14. Mai 1997, BStBl I 1997, 566 -, solange Gesetzgebung und Rechtsprechung die Betriebsaufspaltung als Rechtsinstitut behandeln, vgl. dazu Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, 864 mit umfangreichen Nachweisen).
(2)
Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs beseitigt indessen die für den Grundrechtsträger bestehende Möglichkeit, die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes vermeiden zu können, die Verfassungswidrigkeit der Norm selbst nicht. Träfe die Auffassung des Bundesfinanzhofs zu, wären die Grundrechte weithin bedeutungslos. Ein Beispiel, in dem das Argumentationsschema des Bundesfinanzhofs verwendet wird, soll dies verdeutlichen:
Unterstellt sei dabei, dass eine neue gesetzliche Regelung den Polizeibehörden erlaubt, Wohnungen ohne Anlass und ohne gerichtliche Erlaubnis zu durchsuchen. Einem Bürger, der sich gegen eine bei ihm stattfindende Durchsuchung unter Berufung auf das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung wendet, könnte dann entgegengehalten werden, dass zwar durch diese gesetzliche Regelung sein Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG berührt sei; verfassungswidrig sei die Regelung gleichwohl nicht, da er ja die Möglichkeit habe, auf das Wohnen in einer Wohnung zu verzichten, oder im Ausland, wo deutsche Polizeibehörden nicht tätig werden dürften, seinen Wohnsitz zu nehmen.
Es ist evident, dass eine solche Rechtfertigung unzulässig wäre. Vielmehr haben allein die Staatsgewalten eine verfassungsmäßige Rechtsordnung herzustellen und zu gewährleisten. Das Urteil über die Verfassungsmäßigkeit einer Norm kann nicht davon abhängen, ob der Bürger der verfassungswidrigen Norm in irgendeiner Weise ausweichen könnte.
(3)
Die Auffassung des Bundesfinanzhofs führt außerdem zu der Folge, dass der Bürger, der die Gestaltungsmöglichkeit nicht erkannt und genutzt hat, dadurch "bestraft" wird, dass die verfassungswidrige Norm auf ihn angewandt wird. Beispiele hierfür sind die vom Bundesfinanzhof entschiedenen Rechtsstreitigkeiten, in denen er auf diese Gestaltungsmöglichkeit hingewiesen hat (vgl. etwa BFH, BStBl III 1964, 530; II 1977, 660; 1978, 73; 1979, 574; 1984, 152; 1995, 171; 1996, 264). In all diesen Fällen haben die betroffenen Bürger die aus der Ungleichbehandlung resultierende gewerbesteuerliche Mehrbelastung tragen müssen. Ihnen wurde lediglich die Möglichkeit aufgezeigt, ihre steuerlichen Verhältnisse für die Zukunft günstiger zu gestalten. Der den Betroffenen durch Art. 19 Abs. 4 GG Gewähr leistete effektive Rechtsschutz, nämlich ihr Recht, die aktuelle Verletzung ihrer subjektiven Rechte auch tatsächlich verhindern zu können (vgl. dazu BVerfGE 39, 276, 294; 37, 132, 148; 35, 263, 274), wurde auf diese Weise vereitelt. Wem die Gestaltungsmöglichkeit verborgen bleibt, weil er nicht von vornherein genügend differenzierte Steuerrechtskenntnisse besitzt (auf die mögliche Komplikation durch Begründung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung bei dem vom Bundesfinanzhof empfohlenen Ausgliederungsmodell wurde bereits oben hingewiesen) oder sich keinen entsprechend qualifizierten steuerlichen Berater leisten kann, zahlt Lehrgeld in Form einer höheren Steuerbelastung; er zahlt eine "Dummensteuer" (der Begriff wurde, soweit ersichtlich, erstmals von Rose, StbJb 1975/76, 41, 47, verwendet; zu ihren vielfältigen Erscheinungsformen im deutschen Steuerrecht: Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 181, 357, 649 f., 758 und 873; zur Notwendigkeit einer Besteuerung, die nicht nach Rechtskenntnis und Geschick in der Steuervermeidung bemisst: Kirchhof, Stbg 1997, 193, 194). Auch unter rechtsstaatlichem Blickwinkel ist dies ein nicht hinnehmbarer Zustand.
(4)
Alle weiteren, in der älteren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BStBl II 1978, 73; 1984, 152 und BFH/NV 1986, 79) aufgeführten Argumente zur Rechtfertigung für die durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hervorgerufene Ungleichbehandlung überzeugen nicht (vgl. bereits Stadie, FR 1989, 93, 94):
Aus dem gemeinsamen Betätigungswillen der Gesellschafter folgt nicht, dass die Ergebnisse verschiedener Tätigkeiten, steuerrechtlich einheitlich zu qualifizieren sind und schon gar nicht, dass sie einheitlich als gewerblich einzustufen sind. Träfe die Auffassung des Bundesfinanzhofs zu, müsste entsprechendes auch für Personengesellschaften gelten, die zum Teil land- und forstwirtschaftlich oder freiberuflich und zum Teil vermögensverwaltend tätig sind. Für diese sieht das Gesetz die Einheitsbetrachtung jedoch nicht vor. Auch etwaige besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung von Einkünften unterschiedlicher Einkunftsarten rechtfertigen die Ungleichbehandlung nicht, da § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ausdrücklich diejenigen Tätigkeiten ausscheidet, die nicht mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen werden, sodass auch in diesem Fall unterschiedliche Vermögensmassen gebildet und unterschiedliche Einkünfteermittlungen vorgenommen werden müssen. Der Hinweis auf die Anknüpfung des § 5 Abs. 1 EStG an die handelsrechtliche Gewinnermittlung, vermag schließlich die Einbeziehung der Gesellschaften bürgerlichen Rechts nicht zu erklären.
Weil keines dieser Argumente die von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bewirkte Ungleichbehandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften stützt oder auch nur erklärbar macht, ihnen also bereits die Eignung fehlt, die festgestellte Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, stellt sich die Frage nicht, ob sie genügend Gewicht hätten, die Ungleichbehandlung vor dem allgemeinen Gleichheitssatz zu rechtfertigen.
Der neuerdings vom Bundesfinanzhof vertretenen Auffassung, dass die durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bewirkte Ungleichbehandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften im Hinblick auf gesellschaftsrechtliche Vorgaben sachlich gerechtfertigt sei, kann das vorlegende Gericht - jedenfalls im Hinblick auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts und um eine solche handelt es sich im Streitfall - nicht folgen. Gesellschaftsrechtliche Vorgaben, wonach Personengesellschaften im Gegensatz zu Einzelunternehmern nur eine einheitliche Tätigkeit ausüben können, mag es für Personenhandelsgesellschaften geben. Es gibt jedenfalls keine gesellschaftsrechtlichen Vorgaben, wonach Gesellschaften bürgerlichen Rechts nur eine einheitliche Tätigkeit ausüben können. Dies wäre mit dem Wesen der Gesellschaften bürgerlichen Rechts auch nicht vereinbar. Für sie ist charakteristisch, dass sie zu jedem (gemeinsamen) Zweck (§ 705 BGB) und damit auch zur Ausübung beliebiger Tätigkeiten gegründet und betrieben werden können. Völlig anders und nicht vergleichbar ist die Lage bei den Personenhandelsgesellschaften. Wesensbestimmend ist für sie der Betrieb eines Handelsgewerbes oder die Beteiligung an einem solchen (§§ 105 Abs. 1, 161 Abs. 1, 230 Abs. 1 HGB). Die auf der Grundlage der Auffassung des Bundesfinanzhofs entscheidungserhebliche - von ihm in der erwähnten Entscheidung vom 13.11.1997 gleichwohl nicht geprüfte - Frage, ob es im Hinblick auf den Grundsatz der Steuergerechtigkeit und das Gebot gleicher Lastenzuteilung im Steuerrecht sachliche Gründe dafür gibt, dass das Steuerrecht bei der Auslegung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dem Gesellschaftsrecht zu folgen habe, kann hier offen bleiben, weil es schon die vom Bundesfinanzhof postulierten gesellschaftsrechtlichen Vorgaben für Gesellschaften bürgerlichen Rechts nicht gibt. Es fehlt damit auch insoweit an rechtfertigenden Gründen für die festgestellte Ungleichbehandlung (dazu Habscheidt, BB 1998, 1184, 1185).
(5)
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bewirkt zugleich einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften, der nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG abgeleitet wird (BStBl II 1971, 177; 1995, 171; BVerfGE 26, 327). Der Gesetzgeber hat mit der zur verfassungsrechtlichen Prüfung stehenden Norm ohne rechtfertigende und folgerichtige Begründung die von ihm selbst statuierte Systematik verletzt. Nach der oben (unter III. 1.) wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts führt der - einen Grundrechtsträger beschwerende - ungerechtfertigte Verstoß des Gesetzgebers gegen eine von ihm geschaffene Systematik zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
d)
Verfassungskonforme Auslegung
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in dem Sinne, dass Gesellschaften bürgerlichen Rechts aus seinem Anwendungsbereich ausgeklammert werden, ist nach den oben dargestellten Grundsätzen [III. 3. c)] nicht möglich. Zwar ließe sich auf diese Weise eine Gleichbehandlung mit Einzelunternehmern herstellen. Eine solche Auslegung bewirkte jedoch gleichzeitig eine Verletzung der in § 15 Abs. 2 Nr. 1 EStG eindeutig zum Ausdruck gekommenen und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Absicht des Gesetzgebers, Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Personenhandelsgesellschaften im Hinblick auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb gleich zu behandeln (vgl. dazu BFH, BStBl II 1989, 797, 799 f.).
IV.
Zulässigkeit der Vorlage
Die Vorlage ist zulässig. Bei den zur verfassungsrechtlichen Überprüfung gestellten Rechtsnormen handelt es sich um nachkonstitutionelle Gesetze, auf deren Gültigkeit es für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt. Auch die Voraussetzungen für eine erneute Überprüfung der Regelungen über die Gewerbeertragsteuer durch das Bundesverfassungsgericht im Wege der konkreten Normenkontrolle sind erfüllt.
1.
Entscheidungserheblichkeit
Eine Richtervorlage ist nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG zulässig, wenn es für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der für verfassungswidrig erachteten Norm ankommt. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Norm ist für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidungserheblich, wenn das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der beanstandeten Regelung zu einer anderen Entscheidung käme als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 77, 259, 261; 79, 245, 249; 84, 233). Dies gilt auch dann, wenn der Gesetzgeber einen Gleichheitsverstoß im Rahmen seines Gestaltungsspielraums auf verschiedene Weise heilen kann. Wenn als eine der möglichen Entscheidungsalternativen eine Regelung in Betracht kommt, die den für das Ausgangsverfahren einschlägigen Maßstab gegenüber der vorgelegten Norm verändert, so hat das Gericht das Verfahren auszusetzen, bis der Gesetzgeber gesprochen hat (vgl. BVerfGE 64, 158, 168; ständige Rechtsprechung). Für die Entscheidungserheblichkeit einer Richtervorlage spielt es keine Rolle, dass im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung das Bundesverfassungsgericht gemäß § 35 BVerfGG die weitere Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann (BVerfGE 93, 121, 131).
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt in Bezug auf den angefochtenen Gewerbesteuer-Messbescheid von der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes über die Gewerbeertragsteuer und hinsichtlich des Anteils ursprünglich nichtgewerblicher Einkünfte in beiden angefochtenen Bescheiden von der Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ab.
a)
Wären die Vorschriften über die Besteuerung des Gewerbeertrags für den Veranlagungszeitraum 1988 verfassungswidrig, müsste die Klage gegen den Gewerbesteuer-Messbescheid in vollem Umfang Erfolg haben, weil das Fehlen dieser Regelungen die Festsetzung eines Gewerbesteuer-Messbetrages nach dem Gewerbeertrag nicht zulässt. Zwar kommt eine verfassungsgemäße gesetzliche Neuregelung in Betracht, etwa die Einführung einer die Klägerin in gleicher Weise belastenden Unternehmensertragsteuer. Diese neue Steuer könnte aber keinen Einfluss auf die Entscheidung des Ausgangsverfahrens haben; denn die Anordnung der rückwirkenden Geltung einer solchen Neuregelung für das Streitjahr erscheint wegen des damit verbundenen Verstoßes gegen das Verbot der so genannten echten Rückwirkung von Gesetzen (vgl. dazu BVerfGE 94, 241, 258; Sachs, Kommentar zum GG, 1996, Art. 20 Rdnr. 85 ff.), jedenfalls im Hinblick auf die selbstständig Tätigen und die Land- und Forstwirte, die von dieser neuen Steuer erstmals betroffen wären, als verfassungsrechtlich unzulässig.
b)
Wäre die Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG verfassungswidrig, fehlte im Einkommensteuergesetz jegliche Norm, die eine Umqualifizierung nichtgewerblicher Einkünfte von Gesellschaften bürgerlichen Rechts in gewerbliche Einkünfte erlaubt. Damit wäre auch der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der Boden entzogen, die durch Auslegung einfach-rechtlicher Normen zu der gleichen Rechtsfolge gelangte. Dies hätte zur Folge, dass in den angefochtenen Bescheiden die Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden dürften. Die Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid wäre dann in vollem Umfang erfolgreich. Die Klage gegen den Gewerbesteuer-Messbescheid wäre unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt teilweise begründet, und zwar soweit der festgesetzte Messbetrag nach dem Gewerbeertrag 610 DMübersteigt (Einkünfte aus Gewerbebetrieb 45.911 DM zuzüglich 50 % der Zinsen für Dauerschulden wie bisher 2.308 DM abzüglich Freibetrag 36.000 DM ergibt 12.219 DM. Der Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag beträgt 5 % hiervon, das sind 610 DM).
Die Entscheidungserheblichkeit der zweiten Vorlagefrage ist nach Auffassung des vorlegenden Gerichts auch dann gegeben, wenn das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften über die Gewerbeertragsteuer für nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar erklärt. Zwar entfiele damit grundsätzlich (bei Anordnung der Nichtigkeit dieser Vorschriften nach § 78 Satz 1 BVerfGG) die durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bewirkte Gewerbesteuermehrbelastung der Klägerin. Die zweite Vorlagefrage wäre damit eigentlich nicht mehr entscheidungserheblich. In Bezug auf die Vorschriften über die Gewerbeertragsteuer ist jedoch nicht mit einer Kassation oder einer Unvereinbarkeitserklärung mit rückwirkender Änderungsverpflichtung zu rechnen. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung spricht das Bundesverfassungsgericht bei Verstößen gegen den Gleichheitssatz 1ediglich eine Unvereinbarkeitserklärung aus (und unterlässt die nach § 78 Satz 1 BVerfGG vorgesehene Nichtigerklärung der verfassungswidrigen Normen, vgl. dazu BVerfGE 94, 241, 265), wenn die Gleichheitswidrigkeit nicht zu bestimmten Folgerungen zwingt und der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten hat, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 87, 153, 177 ff.; 93, 121, 148). Im Bereich des Steuerrechts ordnet das Bundesverfassungsgericht darüber hinaus neuerdings die Fortgeltung der verfassungswidrigen Normen für eine gewisse, in die Zukunft reichende Zeitspanne an (Unvereinbarkeitserklärung mit ex-nunc-Wirkung), wenn es zu der Auffassung gelangt, dass die Erfordernisse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung dies rechtfertigen (so BVerfGE 93, 121, 148). Wenn das Bundesverfassungsgericht den hier vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbeertragsteuer folgt, ist wegen der Haushaltswirksamkeit einer solchen Entscheidung (es entfielen zunächst jährliche Haushaltseinnahmen von rund 40 Milliarden DM) und wegen der bereits weitgehend abgeschlossenen Veranlagung der Gewerbesteuer für das Jahr 1988 auch hier nur mit einer Unvereinbarkeitserklärung, verbunden mit einerÄnderungsverpflichtung für die Zukunft zu rechnen. Demgegenüber erscheint es wahrscheinlicher (vgl. zur Minderung der Rechtssicherheit wegen fehlender Vorhersehbarkeit verfassungsgerichtlicher Rechtsfolgenaussprüche Seer, NJW 1996, 285, 291), dass das Bundesverfassungsgericht § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG für nichtig erklärt, weil wegen des aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG abgeleiteten Prinzips der Gleichbehandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften und des in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatzes der möglichst weit gehenden Trennung verschiedener Einkunftsarten bei Einzelunternehmern die Beseitigung der Gleichheitswidrigkeit auf anderem Wege nicht möglich ist. Selbst wenn sich das Bundesverfassungsgericht mit einer bloßen Unvereinbarkeitserklärung begnügen würde, wäre wegen der durch diese Entscheidung bewirkten nur verhältnismäßig geringen Belastung der öffentlichen Haushalte eher nicht damit zu rechnen, dass das Bundesverfassungsgericht lediglich eine pro-futuro-Änderungsverpflichtung ausspricht. Wahrscheinlicher wäre, dass der Gesetzgeber verpflichtet wird, für alle noch nicht unanfechtbaren Fälle eine verfassungsgemäße Regelung zu schaffen (zu einer vergleichbaren Fallgestaltung vgl. etwa BVerfGE 93, 386, 402 f.).
Würde das Bundesverfassungsgericht über beide Vorlagefragen so wie vermutet entscheiden, d.h. bezüglich der Gewerbeertragsteuer lediglich eine pro-futuro-Änderungsverpflichtung aussprechen und die Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kassieren, fiele die Entscheidung des Ausgangsverfahrens anders aus (Teilstattgabe oder Aussetzung des Verfahrens), als wenn nur die Vorschriften über die Gewerbeertragsteuer zurÜberprüfung stünden (Klageabweisung). Diese für die Klägerin möglicherweise eintretenden günstigen Auswirkungen auf die Entscheidung des Ausgangsverfahrens bei Einbeziehung der zweiten Vorlagefrage müssen ausreichen, um die Zulässigkeit der Vorlage auch insoweit zu bejahen.
c)
Das Bundesverfassungsgericht hat in jüngerer Zeit als Entscheidungsform eine Unvereinbarkeitserklärung mit ex-nunc-Wirkung bei haushaltswirksamen Entscheidungen insbesondere im Bereich des Steuerrechts herausgebildet (vgl. BVerfGE 87, 153, 177 ff.; 93, 121, 148; 93, 165, 178 f.; zum Kohlepfennig: BVerfGE 91, 186, 207). Weil im vorliegenden Normenkontrollverfahren in Bezug auf die Gewerbeertragsteuer mit einer Unvereinbarkeitserklärung mit Ex-nunc-Wirkung zu rechnen ist, wenn das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über die Gewerbeertragsteuer feststellt, hält es das vorlegende Gericht wegen seiner Mitverantwortung für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens für seine Pflicht, auf seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Entscheidungsform hinzuweisen:
Das konkrete Normenkontrollverfahren dient der verfassungsgemäßen Entscheidung in einem bestimmten Gerichtsverfahren und bildet mit diesem einen einheitlichen Prozess (so BVerfGE 42, 42, 49). Es dient - insoweit gleichermaßen wie die Verfassungsbeschwerde (vgl. dazu BVerfGE 33, 247, 258 f.) - dem individuellen Grundrechtsschutz des Bürgers. Darüber hinaus hat es auch die Funktion, das objektive Verfassungsrecht zu wahren und seiner Auslegung und Fortbildung zu dienen (BVerfGE 33, 247, 259). Der Schutz individueller Grundrechte gegen verfassungswidrige Rechtsnormen liegt nach Art. 100 Abs. 1 GG in der ausschließlichen Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines verfassungsmäßigen Rechts gehört seine Durchsetzbarkeit (BVerfGE 39, 276, 294; 37, 132, 148; 35, 263, 274; Papier in: Handbuch des Staatsrechts, Band VI, 1989, § 154 Rdnr. 75). Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts in diesem Zusammenhang ist es mithin, die Effektivität des Rechtsschutzes (abgeleitet aus der Rechtswegegewährleistung des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG; BVerfGE 35, 263, 274; 35, 382, 401; 40, 272, 275; 46, 166, 178 f.) auch in der Ausprägung der Durchsetzbarkeit des verfassungsgemäßen Rechts sicherzustellen. Das Gewicht dieser verfassungsrechtlichen Aufgabe, zu deren Wahrnehmung es beim Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Gesetze allein berufen ist, sollte das Bundesverfassungsgericht nach Auffassung des vorlegenden Gerichts neu bewerten. Wenn Grundrechte nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur Geltung beanspruchen können, wenn ihre Durchsetzung weder die staatliche Finanz- und Haushaltsplanung noch den Verwaltungsvollzug des (verfassungswidrigen) Gesetzes stört, dann verlieren die Grundrechte ihren Charakter als jederzeit wirksame Abwehrrechte gegen den Staat und das Recht des Bürgers auf effektiven Rechtsschutz wird verletzt (ebenso Seer, NJW 1996, 285, 290; Kanzler, StuW 1996, 215, 226: "Der Rechtsschutz der Bürger ist dadurch ausgehöhlt ..."). Das Recht aller Menschen auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz ist kein Grundrecht minderen Ranges, in welches unter leichteren Voraussetzungen eingegriffen werden könnte. Weder das Grundgesetz noch das Bundesverfassungsgerichtsgesetz enthalten Vorschriften, die eine (zeitweilige) Duldung verfassungswidriger Zustände rechtfertigen. Vielmehr gilt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts auch für den Bereich des Steuerrechts der aus der Verfassung abgeleitete, in den §§ 78 und 79 BVerfGG gesetzlich normierte und vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung bestätigte Grundsatz, dass sich die Pflicht des Gesetzgebers zur Herstellung eines verfassungsgemäßen Rechtszustandes ex tunc auf den gesamten von der Unvereinbarkeitserklärung erfassten Zeitraum zu erstrecken hat (vgl. BVerfGE 87, 153, 178; 73, 40, 101; 61, 319, 356; so auch Seer, NJW 1996, 285, 289). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bedarf einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Haushaltsinteressen und ein gleichmäßiger Verwaltungsvollzug - öffentliche, aber nicht unter besonderem verfassungsrechtlichem Schutz stehende Belange, denen im Regelfall auch durch andere Maßnahmen Rechnung getragen werden kann (vgl. dazu etwa Seer, NJW 1996, 285, 289 f.; Kanzler, StuW 1996, 215, 226) - sind demzufolge nicht geeignet, die Verhinderung der Durchsetzung des verfassungsgemäßen Rechts zu rechtfertigen. Es ist auch nicht verständlich, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 87, 153, 172) der Finanzbedarf des Staates nicht geeignet ist, eine verfassungswidrige Besteuerung zu legitimieren, er aber die Durchsetzung des verfassungsgemäßen Zustands zeitweise zu blockieren vermag (BVerfGE 87, 153, 178 f., vgl. dazu auch Seer, NJW 1996, 285, 288 f.). Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist es dem Verfassungsgericht verwehrt, die von Verfassungs wegen gegebene und aufrechterhaltene Gewähr effektiven Rechtsschutzes durch seine Rechtsfolgenaussprüche zu überspielen und damit die betroffenen Grundrechtsträger schutzlos zu stellen (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das abweichende Votum der Richter Limbach und Böckenförde zu dem Urteil des Zweiten Senats des BVerfG vom 14.05.1996, BVerfGE 94, 166, 234: "Es ist dem Bundesverfassungsgericht verwehrt, die von Verfassungs wegen gegebene und aufrechterhaltene Gewähr effektiven Rechtsschutzes bei der auf Art. 16 a Abs. 1 GG gestützten Verfassungsbeschwerde durch seine Auslegung zu überspielen und damit die Beschwerdeführer und Antragsteller schutzlos zu stellen").
Die Ankoppelung der Rechtsfolgen eines Grundrechtsverstoßes an die finanziellen (haushaltsmäßigen) Auswirkungen seiner Beseitigung führtüberdies zu einer rechtsstaatlich inakzeptablen Konsequenz: Je größer das gesetzgeberische Unrecht in seinen finanziellen Auswirkungen ist und je mehr Bürger davon betroffen sind, umso gewisser muss der betroffene Bürger davon ausgehen, dass das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber nicht verpflichten wird, das von ihm geschaffene Unrecht rückwirkend zu beseitigen. Wenn die Staatsgewalten in dieser Weise mit dem Recht verfahren, muss dies fatale Folgen für das Rechtsbewusstsein der Bürger haben (kritisch schon Balke, BB 1995, 762 und Seer, NJW 1996, 285, 289).
Die vom Bundesverfassungsgericht geschaffenen Entscheidungsaussprüche (Appellentscheidung, vgl. dazu Seer, NJW 1996, 285, 288; Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozessrechts, 1991, Rdnrn. 1195 f. und die Unvereinbarkeitserklärung mit Änderungsverpflichtung nur für die Zukunft) haben im Vergleich zu der grundsätzlich geltenden Anwendungssperre für verfassungswidrige Normen politische Wirkungen, die nicht unterschätzt werden dürfen: Der - wie die anderen Staatsgewalten - an die Verfassung gebundene Gesetzgeber hat, wenn er im Bereich des Steuerrechts grundsätzlich nur mit einer Verpflichtung zur künftigen Beseitigung einer verfassungswidrigen Gesetzeslage rechnen muss, keinen Anreiz mehr, verfassungswidrige Zustände zu beseitigen oder von vornherein zu vermeiden (vgl. hierzu auch Bilsdorfer, INF 1993, 10 und Kirchhof, Handelsblatt 19./20.06.1998, Seite 5: "Der Gesetzgeber wäre gut beraten, wenn er bei seinen politischen Entscheidungen einen 'verfassungsrechtlichen Sicherheitsabstand' einhalten würde"). Das Bundesverfassungsgericht verabschiedet auf diese Weise den Gesetzgeber aus seiner Primärverantwortung für das Recht (vgl. dazu auch Seer, NJW 1996, 285, 289 f.). Besonders in den Fällen, in denen der Gesetzgeber bewusst die Verfassungswidrigkeit seiner Regelung in Kauf nimmt (Beispiel: die neu eingeführte Tarifbegrenzung allein für gewerbliche Einkünfte nach § 32 c EStG, vgl. dazu BT-Drs 12/5016, 78) oder er trotz gewachsener Erkenntnis, dass eine bestimmte Rechtslage verfassungswidrig (geworden) ist (Beispiele: Kinder- und Grundfreibeträge im Einkommensteuerrecht, einheitswertabhängige Besteuerung) untätig bleibt, schützt das Bundesverfassungsgericht mit seiner neuen Entscheidungsform den Gesetzgeber bzw. die betreffende Parlamentsmehrheit vor den in §§ 78, 79 BVerfGG bestimmten Folgen deren verfassungswidrigen Tuns oder Unterlassens.
2.
Zulässigkeit der erneuten Vorlage in Bezug auf die Vorschriften über die Gewerbeertragsteuer
Die in § 31 Abs. 1 BVerfGG normierte Bindungswirkung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hindert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine erneute Vorlage nicht, wenn besondere Voraussetzungen erfüllt sind. Erforderlich ist, dass tatsächliche oder rechtliche Veränderungen eingetreten sind, die die Grundlage der früheren Entscheidung berühren und deren Überprüfung nahe legen (BVerfGE 94, 315, 322 f.; 87, 341, 346; 78, 38, 48; 65, 179, 181; 39, 169, 181; 33, 199, 203 f.). Die neue Vorlage muss von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgehen und darlegen, inwiefern sich die für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Lage verändert haben soll (BVerfGE 87, 341, 346). Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des vorlegenden Gerichts erfüllt:
Seit der letzten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer insgesamt (BVerfGE 46, 224) sind zwanzig Jahre verstrichen. Seitdem haben sich sowohl die für die Gewerbesteuer bedeutsamen Berufsbilder, das Gewerbesteuergesetz im Allgemeinen, die Vorschriftenüber die Gewerbeertragsteuer im Besonderen, als auch die Maßstäbe verfassungsrechtlicher Prüfung bei Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes verändert. Diese Veränderungen und die trotz der früheren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts immer lauter werdenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer rechtfertigen und erfordern nach Auffassung des vorlegenden Gerichts eine erneute Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht.
a)
Insbesondere die Berufsbilder der freien Berufe, der übrigen selbstständig Tätigen, aber auch der Land- und Forstwirte haben sich in jüngerer Zeit dem Berufsbild der Gewerbetreibenden immer mehr angeglichen. Jedenfalls beim Vergleich des kleineren und mittleren Dienstleistungsgewerbes mit den selbstständig Tätigen sind Unterschiede im Hinblick auf Art und Intensität des Einsatzes der verschiedenen Produktionsfaktoren nicht mehr feststellbar. Die Entscheidung BVerfGE 46, 224, 240 geht demgegenüber von einer grundlegenden Verschiedenheit der Kombination der Produktionsfaktoren bei den verschiedenen Berufsgruppen aus.
b)
Von 1977 bis zum Streitjahr 1988 hat sich der Charakter der Gewerbeertragsteuer aber auch der Gewerbesteuer ganz allgemein deutlich verändert. In diesem Zeitraum wurde die Lohnsummensteuer abgeschafft. Die Freibeträge für das Gewerbekapital (als Bemessungsgrundlage der inzwischen abgeschafften Gewerbekapitalsteuer) wurden von 6.000 DM auf 120.000 DM und für den Gewerbeertrag von 15.000 auf 36.000 DM erhöht. Durch die Heraufsetzung der Freibeträge ist die Zahl der gewerbesteuerpflichtigen Betriebe deutlich zurückgegangen (nach Schätzungen sollen nur noch etwa 16% aller Betriebe von der Gewerbekapitalsteuer und zwischen 30 % und 42 % aller Betriebe von der Gewerbeertragsteuer betroffen sein; vgl. dazu Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 70 und Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 833). Schließlich wurde die Hinzurechnung von Dauerschulden zum Gewerbekapital und der Dauerschuldzinsen zum Gewerbeertrag auf jeweils 50 % begrenzt.
c)
Weil die Gewerbeertragsteuer zu einer mittelbaren Verschiedenbehandlung von Personengruppen führt, unterliegt sie nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen. Zu dem gleichen Prüfungsmaßstab führt die konsequente Umsetzung des vom Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung betonten Gebots gleicher Lastenzuteilung im Steuerrecht. Die Entscheidung BVerfGE 46, 224, 233 hat die Gewerbesteuer demgegenüber allein am Willkürverbot gemessen. Im Übrigen vermag nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Äquivalenzprinzip eine Steuer nicht (auch nicht pauschal) zu rechtfertigen (anders noch BVerfGE 46, 224, 236).
C.
Ergänzende Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der beiden Vorlagefragen
I.
Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Gewerbeertragsteuer
Ergänzend zu den Darlegungen unter B. beurteilt der vorlegende Senat die Vereinbarkeit der Gewerbeertragsteuer mit Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Freistellung der selbstständig Tätigen im Sinne von§ 18 EStG zunächst auf der Grundlage des von der Kammerentscheidung vom 17.11.1998 insoweit als maßgeblich bezeichneten Willkürverbots als verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab. Danach folgen Ausführungen zu dem vom Senat für notwendig gehaltenen strengeren verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab.
1.
Prüfungsmaßstab: Willkürverbot
In der Kammerentscheidung vom 17.11.1998 wird betont, dass das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer bejaht habe und es in diesen Entscheidungen stets davon ausgegangen sei, dass der Gesetzgeber bei der Auswahl der Steuerquelle (so auf S. 7 des Umdrucks) bzw. des Steuergegenstandes (so auf S. 8 des Umdrucks; zur problematischen Gleichsetzung beider Begriffe, Tipke, FR 1999, 532) einen weit gehenden Gestaltungsspielraum habe. Wie weitgehend dieser Gestaltungsspielraum ist, hat das Bundesverfassungsgericht bisher nicht definiert. Da der Gesetzgeber nach Art. 1 Abs. 3 GG auch im Bereich des Steuerrechts an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden ist, ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers jedenfalls - und nach Auffassung des Kammerbeschlusses vom 17.11.1998 nur - dann überschritten, wenn er mit seiner Gestaltung das Willkürverbot verletzt hat. Art. 3 Abs. 1 GG ist danach erst dann verletzt, wenn sich ein einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung nicht mehr finden lässt. Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab, dessen Anwendung die Kammerentscheidung vom 17.11.1998 vom vorlegenden Senat fordert, ist die Gewerbeertragsteuer ohne verfassungsrechtliche Rechtfertigung, wenn die vom Bundesverfassungsgericht in den bisherigen Entscheidungen zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Gewerbesteuer und der ungleichen Behandlung der freien Berufe angeführten Gründe die ihnen beigemessene Bedeutung entweder von vornherein nicht hatten oder bis zum Streitjahr 1988 verloren haben. Das ist nach Auffassung des Senats der Fall und bereits im 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss [oben B. III. 3. b)] ausgeführt worden. Diese Beurteilung soll nachfolgend noch eingehender begründet werden.
a)
Zur Rechtfertigung der Regelung, dass Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, der freien Berufe und derübrigen selbstständig Tätigen im Gegensatz zu Gewerbebetrieben nicht der Gewerbesteuer unterliegen, hatte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 13.05.1969 (BVerfGE 26, 1, 8) ausgeführt, die Kombination der Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital sei bei diesen drei Gruppen so grundlegend verschieden, dass der Gesetzgeber schon deshalb nicht gehindert sein könne, eine wirtschaftliche Betätigung, bei der der Produktionsfaktor Kapital eindeutig im Vordergrund stehe, mit einer besonderen Steuer zu belegen. In seiner Entscheidung BVerfGE 46, 224, 240 nahm das Bundesverfassungsgericht auf die soeben zitierte Entscheidung Bezug und rechtfertigte mit der Verschiedenheit des Einsatzes der Produktionsfaktoren ausdrücklich die Befreiung der freien Berufe von der Gewerbesteuer. Da das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 46, 224, 240 als tatsächlichen Ausgangspunkt für seine Beurteilung den in BVerfGE 26, 1 entschiedenen Fall genommen und ersichtlich keine neuen Feststellungen zu dieser Frage getroffen hat ("... zur Rechtfertigung der Regelung, dass ... die freien Berufe nicht der Gewerbesteuer unterliegen, hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, die Kombination der Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital sei bei Landwirtschaft, freien Berufen und Gewerbe grundlegend verschieden", so BVerfGE 46, 224 240) und dieser Fall das Streitjahr 1958 betraf, kommt es für die Beurteilung des vorliegenden Falles folglich darauf an, ob sich die für diese Beurteilung maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse seitdem, also nach 1958 bis zum Streitjahr des vorliegenden Falles, das ist das Jahr 1988, d.h. in dem Zeitraum von 30 Jahren seit 1958 so geändert haben, dass von einer grundlegenden Verschiedenheit der Kombination der Produktionsfaktoren jedenfalls im Vergleich zwischen Gewerbebetrieben und freien Berufen nicht mehr ausgegangen werden kann.
Der vorlegende Senat hatte im 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss unter Berufung auf allgemein bekannte Entwicklungen in der Gesellschaft geltend gemacht, dass sich die Berufsbilder der freien Berufe, der übrigen selbstständig Tätigen, der Land- und Forstwirte und der Gewerbetreibenden bei vergleichbarer Betriebsgröße in einer Weise angeglichen hätten, dass sie anhand der jeweilig typischen Kombination ihrer Produktionsfaktoren nicht mehr unterscheidbar seien und dies mit Beispielen belegt. Diese Auffassung hat in der Literatur breite Zustimmung erfahren (Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl. 2003, S. 1150 ff.; ders., FR 1999, 532, 533 f.; Glanegger/Güroff, Kommentar zum GewStG, 5. Aufl. 2002, § 1 Tz. 18; Gosch, DStZ 1998, 327, 330 ff.; Grabowski in Festschrift 50 Jahre Arbeitsgemeinschaft der Fachanwälte für Steuerrecht, 1999, 349, 359; Hey, FR 2001, 870, 878; dies., StuW 2002, 314, 316; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 111 ff.; dies., BB 2000, 1432, 1433 ff.; dies., DStJG 23 (2000), 9, 42 ff.; dies., DStJG 25 (2002), 195, 203 ff.; dies., Gewerbesteuerreform, 2003, S. 21 ff.; Keß FR 2000, 695, 699; ders., FR 2004, 86 f; Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 12 Rn. 1 f.; Paus, FR 1999, 534 f.; ders., NWB Fach 5, S. 1467, 1470, Stand 2001; Schwendy, INF 1998, 33; Seer FR 1998, 1022, 1023) und wird auch von der Bundesregierung geteilt (vgl. BT-Drs. 15/1517, 11).
Die Kammerentscheidung vom 17.11.1998 hielt diese Darlegungen jedoch für unzureichend und forderte ergänzende Ausführungen dazu, auf welche Weise der vorlegende Senat die diesbezüglichen Feststellungen getroffen habe. Das vorlegende Gericht ist außer Stande, diese Forderung zu erfüllen. Für die konkrete Feststellung der Veränderung von komplexen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist nämlich die genaue Kenntnis und Dokumentation der Ausgangssituation erforderlich. Daran mangelt es im vorliegenden Fall. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung BVerfGE 26, 1 nicht - und auch nicht in BVerfGE 46, 224 - mitgeteilt, in welcher Weise und mit welcher Gewichtung die einzelnen Produktionsfaktoren nach seiner Beurteilung bei den verschiedenen Berufsgruppen im Jahr 1958 kombiniert waren und wie es seine Feststellungen getroffen hat (dazu Tipke, FR 1999, 532, 533). Überdies ist zweifelhaft, ob das Bundesverfassungsgericht diesbezüglich überhaupt rechtstatsächliche Feststellungen getroffen hat (Glanegger/Güroff, Kommentar zum GewSt, 5. Aufl. 2002, § 1 Anm. 18; Gosch, DStZ 1998, 327; Jachmann, BB 2000, 1432, 1434). Die Kenntnis der konkreten Feststellungen über die Ausgangssituation und der für die Datenerhebung angewandten Methoden sind aber unverzichtbare Voraussetzung für die dem Senat abverlangten Feststellungen. Die vom vorlegenden Gericht festgestellten - offenbar auch allgemein wahrgenommenen - Veränderungen der Bedingungen unternehmerischen Handelns in Betrieben in den letzten Jahrzehnten können in dieser Situation nur deskriptiv und notwendig verallgemeinernd unter Hinweis auf allgemein bekannte Umstände und Beispiele dargestellt werden.
Der Senat hält die von ihm für seine Beurteilung zu Grunde gelegten Tatsachen auch deshalb für offenkundig und allgemein bekannt, weil die Bundesregierung in der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Reform der Gewerbesteuer vom 08.09.2003 (BT-Drs. 15/1517, 11), der mittlerweile im Bundesrat gescheiterten Gemeindewirtschaftsteuer, die Einbeziehung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in die Gewerbesteuerpflicht mit folgenden Worten rechtfertigte:
"Im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung während der letzten Jahrzehnte haben sich die Berufsbilder der Gewerbetreibenden und der übrigen selbstständig Tätigen gegeneinander so verschoben, dass sie sich überschneiden und die Abgrenzung voneinander immer schwieriger und streitanfällig geworden ist. Angehörige der freien Berufe üben ihre Erwerbstätigkeit in immer größerem Umfang in Formen aus, wie sie früher nur bei Gewerbebetrieben üblich waren. Große Arzt- und Rechtsanwaltspraxen beispielsweise beschäftigen eine Vielzahl von - auch akademisch vorgebildeten - Angestellten, kleine Handwerks- und kaufmännische Betriebe werden dagegen häufig vom Betriebsinhaber allein und ohne Personal betrieben. Die Besteuerungsgerechtigkeit und der Grundsatz eines möglichst einfachen Steuerrechts ohne unnötige Abgrenzungsschwierigkeiten gebieten eine steuerliche Gleichbehandlung beider Gruppen von Erwerbstätigen. Aus diesem Grund wird die Unterscheidung der beiden Gruppen für die Zwecke der Erhebung der Gemeindewirtschaftssteuer aufgegeben. Die Gemeindewirtschaftssteuer bezieht künftig die Einkünfte beider Berufsgruppen in ihre Besteuerungsgrundlage ein und behandelt sie gleich."
Auch die Bundesregierung stellt eine weit gehende Angleichung der Berufsbilder von Gewerbetreibenden und den übrigen selbstständig Tätigen in den letzten Jahrzehnten fest und begnügt sich als Beleg für diese - von ihr offensichtlich ebenfalls als allgemein bekannt und offenkundig beurteilten - Veränderungen mit der Darstellung einiger Beispiele.
Diese Angleichung der Berufsbilder und die damit verbundene Synchronisierung der für die wirtschaftliche Betätigung eingesetzten Produktionsfaktoren in allen betroffenen Berufsgruppen hat schon der Reichsfinanzhof in seiner das Streitjahr 1922 betreffenden Entscheidung vom 14.05.1924 (VI v A 5/24, RFHE 14, 19) beschrieben. Sie war nach Kenntnis des Senats um das Jahr 1980 herum schon voll ausgebildet.
Aus den dargestellten Gründen hält der Senat seine Feststellung bezüglich der weit gehenden Angleichung der Berufsbilder von Gewerbetreibenden und den übrigen selbstständig Tätigen für tragfähig und hinreichend belegt. Er bleibt deshalb bei seiner Beurteilung, dass die entgegenstehende frühere Feststellung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 26, 1, 8 f., unabhängig davon, ob sie im Jahr 1958 (Streitjahr der Entscheidung BVerfGE 26, 1) oder im Jahr 1966 (Streitjahr der Entscheidung BVerfGE 46, 224) gerechtfertigt war, jedenfalls im Streitjahr 1988 nicht mehr zutraf und sie deswegen die Freistellung der freien Berufe von der Gewerbesteuer im Jahr 1988 nicht mehr rechtfertigt.
b)
Das Bundesverfassungsgericht hat die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Gewerbesteuer außerdem aus ihrer Erwähnung in Art. 106 Abs. 6 GG (in der Fassung des Finanzreformgesetzes vom 12.05.1969; Art. 105 Abs. 2 GG a.F.) abgeleitet (BVerfGE 46, 224, 236; 26, 1, 8; 13, 331, 348). Neben der schon in den früheren Entscheidungen wiedergegebenen Erwägung, dass das Grundgesetz das Nebeneinander von Einkommen- und Realsteuern ausdrücklich und unabhängig von besonderen finanzpolitischen Rechtfertigungsgründen vorsehe, konkretisierte und erweiterte das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 46, 224, 236 die Reichweite der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Gewerbesteuer, indem es feststellte, dass "damit die Gewerbesteuer in ihrer üblichen Ausgestaltung" verfassungsrechtlich gebilligt sei. Dass das Bundesverfassungsgericht mit dieser Formulierung nicht nur die allgemeine verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Gewerbesteuer als Steuertyp, sondern darüber hinaus auch die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Befreiung der freien Berufe von der Gewerbesteuer meinte, erschließt sich aus einer späteren Bemerkung des Bundesverfassungsgerichts in der zitierten Entscheidung. Dort (BVerfGE 46, 224, 240) heißt es nämlich nach Abhandlung der Rechtfertigungsgründe für die Gewerbesteuer (Verschiedenheit der Kombination der eingesetzten Produktionsfaktoren und Nennung der Gewerbesteuer in Art. 106 Abs. 6 GG) zusammenfassend: "Ist somit die Befreiung der freien Berufe von der Gewerbesteuer mit der Verfassung vereinbar, ..." Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts vertrat in BVerfGE 93, 121, 136 die Auffassung, dass die von Art. 105, 106 GG erfassten Steuern vom Grundgesetz "in ihrer historisch gewachsenen Bedeutung" aufgenommen und als zulässige Form des Steuerzugriffs anerkannt worden seien. Der Bundesfinanzhof geht noch deutlicher in diese Richtung. In seiner Entscheidung vom 18.09.2003 - X R 2/00 - BStBl. II 2004, 17 führt er zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Gewerbesteuer Folgendes aus:
"Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die Beschränkung der Erhebung der Gewerbesteuer auf Gewerbebetriebe (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG) aus verfassungsrechtlicher Sicht schon deshalb hinzunehmen, weil die Gewerbesteuer im GG ausdrücklich erwähnt wird ..., aus der ausdrücklichen Erwähnung von bestimmten Steuerarten im GG zu schließen ist, dass der Verfassungsgeber diese als in ihrer Grundstruktur zulässige Form des Steuerzugriffs anerkennt ... und zu den vom Verfassungsgeber vorgefundenen und gebilligten Grundstrukturen der Gewerbesteuer auch die Beschränkung auf Gewerbebetriebe gehört ..."
Auffallend an der dargestellten Entwicklung der Rechtsprechung ist, dass das Bundesverfassungsgericht in dem Maße, in dem es anderen Rechtfertigungsgründen für die Freistellung der freien Berufe von der Gewerbesteuer geringeres Gewicht beimaß (Äquivalenzprinzip, Verschiedenheit des Einsatzes der Produktionsfaktoren), es die verfassungsrechtliche Legitimationswirkung der Erwähnung der Gewerbesteuer in den finanzverfassungsrechtlichen Kompetenznormen des Grundgesetzes erweiterte und sie nicht mehr nur auf den Steuertyp beschränkte (so noch BVerfGE 13, 331, 348 und ausdrücklich in BVerfGE 21, 13, 25 f. zur Umsatzsteuer), sondern später auch auf die Befreiung der freien Berufe und der übrigen selbstständig Tätigen von der Gewerbesteuer erstreckte. Hier hat also in der Rechtsprechung ein Austausch der Gründe für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Freistellung der freien Berufe und der übrigen selbstständig Tätigen von der Gewerbesteuer stattgefunden. Auffallend ist auch, dass die verschiedenen Rechtfertigungen, die das Bundesverfassungsgericht für die Freistellung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit gefunden hat, auf ganz unterschiedlichen Ebenen liegen und das Bundesverfassungsgericht weder ihren Standort im dogmatischen Kontext noch das Maß ihrer legitimierenden Wirkung benannt hat. Gemeinsam ist diesen Begründungen nur, dass sie je für sich oder auch gemeinsam - mit unterschiedlicher, aber nicht genau bestimmter Legitimationswirkung - die Freistellung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit von der Gewerbesteuer rechtfertigen sollen. Eine solch defensive Argumentation entzieht sich dogmatisch und systematisch gebundener Prüfung und Abwägung und erweckt den Eindruck, ergebnisorientiert zu sein (dazu Glanegger/Güroff, Kommentar zum GewStG, 5. Aufl. 2002, § 1 Rz. 19: "Man sollte mE anerkennen, dass es in Wahrheit um die Schonung von freien Berufen und Landwirten geht").
In seiner Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hatte der Senat bereits in dem 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss darauf hingewiesen, dass die Annahme einer weit gehenden verfassungsrechtlichen Legitimationswirkung, die auch die Freistellung der freien Berufe und der übrigen selbstständig Tätigen von der Gewerbesteuer umfassen soll, allein wegen der Erwähnung der Gewerbesteuer in den Kompetenznormen der Finanzverfassung des Grundgesetzes fragwürdig und nicht überzeugend ist [vgl. oben bei B. III. 3. b) dd) und ff); dazu umfassend Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band I, 2. Aufl. 2000, S. 298 ff.; Band II, 2. Aufl. 2003, S. 1134 ff., 1150 ff.; Band III, 1993, S. 1094; ders., FR 1999, 532, 533 f.; ebenso Gosch, DStZ 1998, 327, 329, 332; Grabowski in: Festschrift 50 Jahre Arbeitsgemeinschaft der Fachanwälte für Steuerrecht, 1999, 349, 358; Hey StuW 2002, 314, 316; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 116 f.; dies., BB 2000, 1432, 1434; dies., DStJG 23 (2000), 9, 46; dies., DStJG 25 (2002), 195, 212; Keß FR 2000, 695, 699; ders., FR 2004, 86 f; Mahrenholz und Böckenförde, BVerfGE 69, 1, 57 ff. (zur unzulässigen Herleitung von Grundrechtsbegrenzungen und -schranken aus wehrverfassungsrechtlichen Kompetenz-, Ermächtigungs- und Organisationsnormen); Montag in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 12 Rz. 2; Paus, NWB Fach 5, S. 1467, 1470, Stand 2001; Seer FR 1998, 1022, 1023; R. Wendt, BB 1987, 1677, 1678; Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, S. 172 ff.; a.A. Vogel in: Lang (Hrsg.), Die Steuerrechtsordnung in der Diskussion, Festschrift für Klaus Tipke, 1995, S. 93, 98, 102; Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, S. 219, allerdings an anderer Stelle bei der Ermittlung der Legitimationswirkung von Kompetenznormen Zurückhaltung einfordernd, a.a.O., S. 186 f.]. Der Senat bleibt auch nach erneuter Überprüfung bei dieser Auffassung. Eine weitere Erörterung dieser Frage soll mit Rücksicht auf den vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Prüfungsmaßstab an dieser Stelle unterbleiben.
Ausgehend von der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Gewerbesteuer in ihrer üblichen Ausgestaltung von der Verfassung gebilligt werde, bedarf folgende Frage der Klärung. Zählt die Befreiung der freien Berufe von der Gewerbesteuer tatsächlich zu den vom Verfassungsgeber vorgefundenen und gebilligten Grundstrukturen? Diese Frage muss verneint werden.
Bei der Beschreibung des Zustands der Gewerbesteuer, wie sie der Verfassungsgesetzgeber vorfand, wird regelmäßig beim Reichsgewerbesteuergesetz vom 01.12.1936 (RGBl I 1936, 979) angesetzt, das die freien Berufe und die übrigen selbstständig Tätigen wieder von der Gewerbesteuerpflicht befreite und das nach Verkündung des Grundgesetzes zunächst unverändert weiter galt. Dabei wird oft vernachlässigt oder marginalisiert, dass sich in der Zeit zwischen 1924 und 1935 in den Ländern und im Reich die Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuerpflicht fast vollständig durchgesetzt hatte. Angestoßen wurde diese Entwicklung im Wesentlichen vom Reichsfinanzhof durch sein - bereits erwähntes - Urteil vom 14.05.1924 - VI v A 5/24 - RFHE 14, 19. In dieser Entscheidung wies der Reichsfinanzhof darauf hin, dass die freien Berufe in der Gewerbesteuergesetzgebung der einzelnen Länder verschieden behandelt, sie in den Ländern Preußen, Bayern und Württemberg von der Gewerbesteuer befreit, in den Ländern Sachsen, Baden und Braunschweig jedoch dieser Steuer unterworfen seien (a.a.O., S. 20). Dann führte er weiter aus (a.a.O., S 21):
"Es mag zugegeben werden, dass die freien Berufe, wennschon sie eine vorwiegend in den Geistesdisziplinen der Wissenschaft, Religion und Kunst wurzelnde Tätigkeit entfalten, doch regelmäßig auch zur Befriedigung der Bedürfnisse des Lebens, also um des E r w e r b e s (Hervorhebung auch im Original) willen ausgeübt werden. Auch haben sich die freien Berufe infolge der Entwicklung der Verhältnisse zweifellos den Gewerbebetrieben genähert. Wie die Ausübung eines Gewerbebetriebs in weit höherem Maße als früher meist auch eine Vorbildung auf den Gebieten der Wissenschaft und Kunst voraussetzt, so benutzen die freien Berufe in immer weiterem Umfang wertvolle technische Hilfsmittel und passen sich in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit (Buchführung u. dgl.) mehr und mehr den Gepflogenheiten der Gewerbebetriebe an ... Die Abgrenzung der freien Berufe von den Gewerbebetrieben wird so immer schwieriger. Das sind gewichtige Gründe, die zumal bei dem erhöhten Steuerbedarfe des Reichs es nahe legen, im Wege der Gesetzesänderung die freien Berufe den Gewerbetreibenden in der Steuerpflicht gleichzustellen ..."
In der Folgezeit wurde im Jahr 1927 ein Steuervereinheitlichungsgesetz mit einem Gewerbesteuerrahmengesetz eingebracht. Weil das Gesetzgebungsverfahren nicht abgeschlossen werden konnte, wurde das Gesetz am 01.12.1930 über eine Notverordnung des Reichspräsidenten in Kraft gesetzt (RGBl I 1930, 517). Der Gewerbesteuer unterlagen neben dem stehenden Gewerbe nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes auch die freie und ähnliche selbstständige Berufstätigkeit einschließlich der Tätigkeit der Notare, sofern sie nicht als Beamte besoldet wurden. Nicht als Gewerbe galt nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Gewerbesteuerrahmengesetzes die Ausübung eines der reinen Kunst oder reinen Wissenschaft gewidmeten freien Berufs oder Nebenberufs. Als der reinen Kunst oder der reinen Wissenschaft gewidmet war ein künstlerischer oder wissenschaftlicher Beruf anzusehen, wenn er sich auf schöpferische oder forschende Tätigkeit, Lehr-, Vortrags und Prüfungstätigkeit sowie auf schriftstellerische Tätigkeit beschränkte.
Am 30.06.1935 wurde das Gewerbesteuerrahmengesetz vom 01.12.1930 neu bekannt gegeben (RGBl I 1935, 830), auf seine allgemeine Einführung in den Ländern wurde aber verzichtet. In § 3 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes erfolgte die Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuerpflicht nunmehr durch eine Verweisung auf § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1934. Der Kreis der Gewerbesteuerpflichtigen und der Umfang ihrer Steuerpflicht wurde durch dieses Gesetz nicht verändert.
Ende 1936 unterlagen die freien Berufe (mit Ausnahme der der reinen Kunst oder der reinen Wissenschaft gewidmeten Berufe) in den folgenden Ländern der Gewerbesteuer: Preußen (RStBl 1937, 699), Sachsen (RStBl 1937, 702), Baden (RStBl 1937, 704 f.), Thüringen (RStBl 1937, 706), Hessen (RStBl 1937, 707), Hamburg (RStBl 1937, 709), Oldenburg (RStBl 1937, 710), Braunschweig (RStBl 1937, 710), Anhalt (RStBl 1937, 711), Bremen (RStBl 1937, 713), Lippe (RStBl 1937, 713), Lübeck (RStBl 1937, 714) und Schaumburg-Lippe (RStBl 1937, 715). Lediglich in den Ländern Bayern und Württemberg waren die freien Berufe vollständig von der Gewerbesteuer befreit (RStBl 1937, 701 und 703). Das Land Mecklenburg hatte auf die Erhebung einer Gewerbesteuer insgesamt verzichtet (RStBl 1937, 709).
Erst das am 01.04.1937 in Kraft getretene Gewerbesteuergesetz vom 01.12.1936 (RGBl I 1936, 979; RStBl 1937, 1149) entließ die freien Berufe und dieübrigen selbstständig Tätigen wieder vollständig aus der Gewerbesteuerpflicht. In der Begründung der Reichsregierung zu diesem Gesetz heißt es bezüglich des Steuergegenstands (RStBl 1937, 693, 694):
"Das Gesetz hat ausschließlich die Besteuerung des stehenden Gewerbes zum Gegenstand. Damit ist bereits zum Ausdruck gebracht, dass der Betrieb der Landwirtschaft, die Ausübung eines freien Berufs und die Ausübung einer unselbstständigen Tätigkeit der Gewerbesteuer nicht unterliegt. Hinsichtlich der Landwirtschaft und unselbstständigen Tätigkeit entspricht diese Regelung dem geltenden Recht; neu ist aber die Herausnahme der freien Berufe aus der Gewerbesteuer. Die freien Berufe sind während der Krise in den Jahren 1930 und 1931 in fast allen Deutschen Ländern in die Gewerbesteuer einbezogen worden. Diese Unterstellung der freien Berufe unter die Gewerbesteuer ist eine der anfechtbarsten finanzpolitischen Entscheidungen der Systemzeit gewesen. Die Grundsätze des Nationalsozialismus erfordern eine Herausnahme der freien Berufe aus der Gewerbesteuer" (Hervorhebung durch den Senat).
In der Weimarer Republik hatte also eine rational begründete Entwicklung hin zur Einbeziehung der meisten (und dem Gewerbe ähnlichsten) freien Berufe in den Kreis der Gewerbesteuerpflichtigen begonnen. Diese Entwicklung war zum Ende der Weimarer Republik schon fast vollendet. Abgebrochen und in ihr Gegenteil verkehrt wurde diese Entwicklung durch die nationalsozialistische Regierung unter Berufung auf die Grundsätze des Nationalsozialismus. Wegen des Fehlens einer sachlichen Begründung für die Herausnahme der freien Berufe aus der Gewerbesteuer durch das Naziregime und der statt dessen hierfür gegebenen ideologischen (nationalsozialistischen) Rechtfertigung, muss diese Regelung nach heutigem Verständnis wegen des Fehlens sachlicher Rechtfertigungsgründe als objektiv willkürlich bezeichnet werden.
Der Senat hatte schon im 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss betont zurückhaltend darauf hingewiesen, dass die Grundsätze des Nationalsozialismus keine sachliche Rechtfertigung dafür böten, die Gewerbetreibenden gegenüber den übrigen selbstständig Tätigen ungleich zu behandeln. Die Bedeutung dieses Hinweises ist offensichtlich nicht erkannt worden. Deshalb will sich der Senat nunmehr unmissverständlich und klar äußern: Es ist nach Auffassung des Senats nicht zulässig und zudem abwegig, die verfassungsrechtliche (!) Rechtfertigung einer steuerlichen Differenzierung ("in ihrer üblichen Ausgestaltung") in dem auf Menschenrechte, auf Grundrechte und auf Demokratie verpflichteten verfassungsgebundenen Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland allein darauf zu gründen, dass sie von dem totalitären nationalsozialistischen Staat des Dritten Reichs mit einer gleichgeschalteten Gesellschaft und einer Menschenrechte verachtenden und in der Person des Führers Adolf Hitler vereinigten Staatsgewalt unter Berufung auf nationalsozialistische Grundsätze erschaffen und so vom Verfassungsgeber vorgefunden wurde (zur staatsrechtlichen Qualifizierung des nationalsozialistischen Regimes Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, 4 Aufl. 2001, S. 343 ff.; Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 2. Aufl. 1999, S. 300 ff.). Es ist nicht die Absicht des Senats, mit diesen Formulierungen zu provozieren, sondern er will damit deutlich machen, was sich an Tatsachen hinter der immer wieder verwendeten verharmlosenden Floskel von den "vom Verfassungsgeber vorgefundenen und gebilligten Grundstrukturen der Gewerbesteuer" verbirgt.
Die Freistellung der freien Berufe war ein Bruch mit der bereits vorhandenen gegenläufigen Struktur der Gewerbesteuer und zudem willkürlich. Die mit den Grundsätzen des Nationalsozialismus begründete Herausnahme der freien Berufe aus der Gewerbesteuerpflicht kann von ihrer historischen ideologischen Motivation nicht getrennt oder abstrahiert werden und kann deshalb unter der Geltung des Grundgesetzes deren Freistellung nicht rechtfertigen. Es gibt keinen Beleg dafür, dass der Verfassungsgeber die in vordemokratischer Zeit mit den Grundsätzen des Nationalsozialismus gerechtfertigte Herausnahme der freien Berufe aus der Gewerbesteuer ausdrücklich zur Kenntnis genommen und gebilligt habe. Es gibt auch keinen Beleg dafür, dass die Verfassungsväter darüber nachgedacht hätten, ob die von ihnen im Jahr 1949 vorgefundenen Steuern wirklich dem Gleichheitssatz entsprächen (vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl. 2000, S. 301 f.; Hans-Peter Schneider, Der Wille des Verfassungsgebers. Zur Bedeutung genetischer und historischer Argumente für die Verfassungsinterpretation, in: Festschrift für Klaus Stern zum 65. Geburtstag, hrsg. von Joachim Burmeister, München 1997, S. 903 ff.). Bei zutreffender Würdigung der historischen Entwicklung der Gewerbesteuer und der sich aus den dargelegten Gründen ergebenden zwingenden Nichtbeachtung der Sonderentwicklung während des nationalsozialistischen Regimes zeigt sich, dass die Befreiung der freien Berufe und der übrigen selbstständig Tätigen von der Gewerbesteuer nicht zu den vom Verfassungsgeber vorgefundenen und gebilligten Grundstrukturen zählt.
Dass die Beschränkung der Gewerbesteuer auf die Gewerbebetriebe auch sonst nicht zu den Grundstrukturen der Gewerbesteuer gezählt wird, zeigt ein Blick auf die Gesetzesbegründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Gewerbesteuer vom 08.09.2003 (BT-Drs. 15/1517, S. 11). Dort heißt es lapidar:
"Insbesondere im Hinblick auf die personelle Erweiterung der Bemessungsgrundlage (durch Einbeziehung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit; Ergänzung durch den Senat) wird die bisherige Gewerbesteuer in Gemeindewirtschaftssteuer umbenannt, ohne jedoch den Charakter als eine Gewerbesteuer zu verlieren" (Hervorhebung durch den Senat).
Ausgehend von der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts, dass eine Steuer nach heutigem Recht mit ihrer vorkonstitutionellen Existenz und ihrer Erwähnung in den Vorschriften der Finanzverfassung des Grundgesetzes grundsätzlich und in ihren vorgefundenen Grundstrukturen gerechtfertigt werden kann, könnte angesichts der dargestellten Entwicklung mit sehr viel größerer Rechtfertigung davon ausgegangen werden, dass zum Kreis der Gewerbesteuerpflichtigen auch die übrigen Selbstständigen mit Ausnahme derjenigen Berufe gehören, die sich der reinen Kunst oder der reinen Wissenschaft widmen.
Dass der Verfassungsgeber auch seither bei keiner der in Frage kommenden Grundgesetzänderungen die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer allgemein oder ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz in Bezug auf die Ungleichbehandlung von Gewerbetreibenden und freien Berufen hat bestätigen wollen, hat Keß (FR 2004, 86, 87; gegen BFH, BStBl II 2004, 17) zutreffend beschrieben. Weil diese Grundgesetzänderungen erst nach dem Streitjahr des vorliegenden Falles erfolgten und zudem ein zwischenzeitlich erheblich geändertes Gewerbesteuerrecht betrafen, soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden.
Reduziert man die verfassungsrechtliche Legitimationswirkung der Nennung einer Steuer in Art. 105 f. GG mit dem führenden Vertreter dieser Auffassung allerdings darauf, dass die Erhebung der in Art. 106 GG genannten Steuern jedenfalls nicht unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung verfassungsrechtlich unzulässig sein kann (so Vogel in: Festschrift für Tipke, 1995, 93, 102), dann kann allein die Nennung der Gewerbesteuer in Art. 106 GG die Freistellung der freien Berufe und derübrigen selbstständig Tätigen von der Gewerbesteuer nicht rechtfertigen. Nur auf der Grundlage einer solchen einschränkenden Auffassung, die die verfassungsrechtliche Rechtfertigung einer historischen, in der Finanzverfassung des Grundgesetzes genannten Steuer auf den Steuertyp beschränkt und nicht etwa auf vorgefundene Differenzierungen erstreckt, konnte das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 1957 die Familien-Zusammenveranlagung bei der Einkommensteuer für verfassungswidrig erklären (BVerfGE 6, 55) und im Jahr 1966 die verfassungsrechtlich relevante Wettbewerbsbeschränkung der Allphasen-Brutto-Umsatzsteuer feststellen und anordnen, dass diese nur bis zu der vom Gesetzgeber damals bereits eingeleiteten Umsatzsteuerreform hinzunehmen sei (BVerfGE 21, 13). Dazu führt das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 21, 13, 25 f. aus:
"Das Grundgesetz hat die gegenwärtige Ausgestaltung der Umsatzsteuer nicht schon als materiell verfassungsmäßig anerkannt. Die Art. 106 Abs. 1 und 108 Abs. 1, in denen die Umsatzsteuer namentlich aufgeführt ist, enthalten außer der ausdrücklichen Regelung der Verwaltung und der Verteilung des Steueraufkommens allenfalls eine Billigung ihrer Struktur im Großen; sie stellen klar, dass die Erhebung einer Steuer, die ihrem Wesen nach Umsatzsteuer ist, also hauptsächlich die von Unternehmen getätigten Umsätze trifft, nicht verfassungswidrig ist. Die Ausprägung dieser Steuer im Einzelnen, insbesondere die hier von den Beschwerdeführerinnen beanstandete Ungleichheit, ist damit noch nicht der verfassungsrechtlichen Nachprüfung entzogen".
Auch die vom X. Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 18.09.2003 (X R 2/00 - BStBl. II 2004, 17) vertretene Auffassung steht im Widerspruch zu diesen Grundsätzen.
Insgesamt fehlen also rechtfertigende Gründe für die Ungleichbehandlung von Gewerbetreibenden und den übrigen selbstständig Tätigen durch die Gewerbesteuer. Diese Ungleichbehandlung verstößt deshalb nach Auffassung des Senats gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
2.
Prüfungsmaßstab: Neue Formel
Für die Entscheidung, ob die Gewerbesteuer mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, hält der Senat, wie schon im 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss, auch nach erneuter Prüfung die vom Bundesverfassungsgericht geprägte Neue Formel für den richtigen Prüfungsmaßstab (vgl. oben B. III. 2.;ebenso Tipke, FR 1999, 532; ders., BB 1994, 439; Seer, FR 1998, 1022; Paus, FR 1999, 534 f.; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 111 ff.; ausführlich zum 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Senats Tipke, Die Steuerrechtsordnung Bd. II, 2. Aufl. 2003, S. 1150 ff.). Der Neuen Formel liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Gründe für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung umso schwer wiegender sein müssen, je gravierender der Grad der Gleich- bzw. Ungleichbehandlung ist. Dieser Grundgedanke ist, wie Herzog formuliert hat, "aus sich heraus überzeugend" und es muss, "wenn man die Dinge unvoreingenommen durchdenkt, ... bei der Anwendung der Neuen Formel im ganzen Geltungsbereich des Art. 3 Abs. 1 GG bleiben" (Herzog in: Maunz/Dürig (Hrsg.], Kommentar zum Grundgesetz, Loseblatt, Stand: Februar 2003, Art. 3 Anhang, Rdnr. 10; ähnlich Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 24: Der Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei auch schon bei der Bestimmung von Gegenstand und Grundtatbestand einer Steuer zu beachten). Die Willkürformel wird durch die Neue Formel verdrängt. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht selbst diese Schlussfolgerung aus seiner eigenen Judikatur noch nicht gezogen (so auch Herzog, a.a.O.).
a)
Für die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Differenzierung der Prüfungsmaßstäbe nach dem Gegenstand der geregelten Materie enthält Art. 3 Abs. 1 GG keinerlei Anhaltspunkte (vgl. Herzog, a.a.O.). Gleiches gilt auch für das zur Rechtfertigung einer zurückhaltenden Anwendung des Gleichheitssatzes in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts immer wiederholte Postulat vom weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Auswahl von Steuerquellen (F. Kirchhof, StuW 2002, 185, 189 spricht denn auch davon, dass die zurückhaltende Anwendung des Gleichheitssatzes zur Wahrung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht ohne dogmatische Delikatesse sei; zu den Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts bei der Kontrolle der Gesetzgebung vgl. Alexy, Theorie der Grundrechte, 3. Aufl. 1996, S. 496:
"Wenn die Verfassung dem einzelnen Rechte gegen den Gesetzgeber gewährt und ein Verfassungsgericht [auch] zur Wahrung dieser Rechte vorsieht, dann ist das zur Wahrung dieser Rechte notwendige Tätigwerden des Verfassungsgerichts im Bereich der Gesetzgebung keine verfassungswidrige Anmaßung von gesetzgeberischen Kompetenzen, sondern etwas von der Verfassung nicht nur Erlaubtes, sondern auch Gebotenes";
dazu auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung Bd. I, 2. Aufl. 2000, S. 312 ff., 332 ff.).
b)
Der Senat folgt nicht der Auffassung von Vogel (in: Festschrift für Tipke, 1995, 93, 102), dass sich aus Art. 106 GG Ausnahmen oder sogar Tabuzonen gegenüber dem Gleichheitssatz ergeben können. Tipke hat treffend darauf hingewiesen, dass das Steuerinventar der Art. 105 f. GG nicht auf Gleichheitssatzratio, sondern auf traditio beruhe (Tipke, Die Steuerrechtsordnung Bd. I, 2. Aufl. 2000, S. 302). Die Verfassungsväter hätten nicht darüber nachgedacht, ob die von ihnen im Jahr 1949 vorgefundenen real existierenden, das Einkommen verschieden belastenden Steuern wirklich dem Gleichheitssatz entsprächen. Sie hätten nur die Kompetenzen über die seinerzeit real existierenden Steuern, insbesondere die Steuererträge aus diesen Steuern auf Bund, Länder und Gemeinden verteilen, nicht aber über die grundrechtliche Zulässigkeit des Steuerzugriffs durch die einzelnen Steuern und Steuerarten entscheiden wollen (Tipke, a.a.O., S. 301).
Zur herkömmlichen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des in Art. 105 f. GG vorgefundenen Steuerkonglomerats führt Trzaskalik zutreffend aus (Gutachten E für den 63. Deutschen Juristentag, 2000, S. 45, 57):
"In Art. 106 GG werden die herkömmlich bekannten Steuern auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt. Traditionelle Steuern sind nicht unbedingt gerechte Steuern. Es gibt Steuern, deren einzige verfassungsrechtliche Legitimation darin besteht, dass sie traditionell erhoben werden. Man sollte die unvernünftigerweise verfassungsrechtlich rezipierten Steuern nicht als Anlass nehmen, die Unvernunft zum Verfassungsprinzip zu erklären ... Die Rechtsprechung des BVerfG zur Rechtfertigung einzelner Steuern belegt kaum den Befund, der Gleichheitssatz sei die Magna Charta des Steuerrechts. Das liegt daran, dass nur die einzelne Steuer und nicht das Gesamtsteuersystem in Blick genommen wird. Gerade das aber wäre erforderlich, berücksichtigte man die Einsicht, dass alle Steuern aus Einkommen oder Vermögen bezahlt werden müssen ... dass die derzeitige Praxis anders aussieht, ist wiederum einfach zu erklären. In Art. 106 GG werden bekannte 'herkömmliche' Steuern aufgezählt. Ein systematisches Konzept - etwa ausgerichtet am Gedanken gleichmäßiger Lastentragung - liegt der Vorschrift nicht zu Grunde. Ist ein Gesamtsteuersystem i. S. einer prinzipienorientierten Ordnung nicht ansatzweise aus Art. 106 GG abzulesen, ist die Verwerfung einzelner unter Art. 106 GG subsumierbarer Steuern im Wege der Verfassungsauslegung schwer möglich. Was das BVerfG die weit reichende Gestaltungsfreiheit bei der Erschließung von Steuerquellen nennt, ist nichts anderes als die Kapitulation vor diesem Befund..." (so auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I., 2. Aufl. 2000, S. 302 f.)
c)
An der Gewerbesteuer zeigt sich exemplarisch die grundlegende Problematik unseres heutigen Steuerrechts: Das Bundesverfassungsgericht verweigert sich der ihm von der Verfassung zugewiesenen Aufgabe, die gleichheitsrechtlichen Begrenzungen des staatlichen Steuereingriffs festzulegen. Es verharrt stattdessen in der Feststellung, dass die Grenzen des staatlichen Steuerzugriffs noch unbestimmt seien (BVerfGE 87, 153, 169). Mit der fast vollständigen Delegation der Definitionsmacht an den Gesetzgeber mit dem immer wiederholten Postulat seiner erst an der Willkürgrenze endenden Gestaltungsmacht hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber dazu verführt, dieses Vakuum mit einer unüberschaubaren Vielfalt von struktur- und systemlosen Be- und Entlastungsregeln mit den unterschiedlichsten Regelungszielen zu füllen (vgl. dazu die sehr anschauliche Darstellung von Vogel, Der Verlust des Rechtsgedankens im Steuerrecht als Herausforderung für das Verfassungsrecht, DStJG 12 [1989], 123 ff.;). Bei der Nutzung dieses weiten Gestaltungsspielraums behält der Gesetzgeber die Verfassungskonformität und insbesondere die Grundrechtsgebundenheit seines Handelns (Art. 1 Abs. 3 GG) oft nicht hinreichend im Blick. Durch die Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts, die dem Gesetzgeber auch gegenüber verfassungswidrigen Steuergesetzen mittlerweile regelmäßig einen budgetären Dispositionsschutz verschafft, indem haushaltswirksame verfassungswidrige Regelungen oft noch für eine gewisse Zeit für weiter anwendbar erklärt werden (sog. Weitergeltungsanordnungen mit pro-futuro-Änderungsverpflichtung; kritisch dazu Habscheidt, Der Anspruch des Bürgers auf Erstattung verfassungswidriger Steuern, Köln 2003, S. 29 ff., 101 ff.) und damit eine Rückgängigmachung des verfassungswidrigen Steuereingriffs verhindert, wird der Gesetzgeber zu dieser verfassungsrechtlich problematischen Haltung auch noch ermutigt. Das Ergebnis dieser in aller Kürze beschriebenen Verhältnisse ist in aller Munde, das Steuerchaos. Alle beklagen es (vgl. beispielhaft Papier, Stbg 1999, 49; ders., KritV 1987, 154: "Hier ist vor allem die Rechtsprechung, vornehmlich die des Bundesverfassungsgerichts, gefordert. Seine schon frühzeitig formulierte Reduktion des Gleichheitssatzes auf ein Verbot willkürlicher Ungleichheit durch den Gesetzgeber greift beim Steuereingriff eindeutig zu kurz."), aber niemand beseitigt es.
d)
Unabhängig davon, dass nach Auffassung des Senats das Gebot gleicher Lastenzuteilung im Steuerrecht jenseits grundlegender Entscheidungen über die Gestaltung des Steuersystems auch schon bei der Auswahl einer Steuerquelle und des Steuergegenstands zu beachten ist, gibt es drei weitere Gesichtspunkte, die auch schon auf der Grundlage der herkömmlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Anlass bieten, die Freistellung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit von der Gewerbesteuer am Maßstab der Neuen Formel zu prüfen.
aa)
Die Gewerbesteuer, so wie sie die Kläger des vorliegenden Verfahrens trifft, ist eine reine Ertragsteuer (Jachmann, BB 2000, 1432, 1433 ff.; dies., Gewerbesteuerreform, 2003, S. 21 ff.; Gosch, DStZ 1998, 327, 328). Sie schöpft nach ihrer Belastungswirkung dasselbe Ertragspotenzial ab, wie die anderen Ertragsteuern (Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 111; dies., Gewerbesteuerreform, 2003, S. 21 ff.). Das hat der Gesetzgeber mit der Einführung der Gewerbesteueranrechnung auf die Einkommensteuer in § 35 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2001 konkludent anerkannt. Die kumulative Ertragsbesteuerung bedarf zu ihrer Rechtfertigung gewichtiger Gründe.
bb)
Darüber hinaus handelt es sich bei der Gewerbesteuer um eine Sonderbelastung für bestimmte Berufstätigkeiten. Sie hat erheblichen Einfluss auf die Berufsausübung all jener, deren Tätigkeit sich im Grenzbereich zwischen gewerblicher Tätigkeit einerseits und selbstständiger Arbeit im Sinne von § 18 EStG oder land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit andererseits befinden. Jeder, der sich in diesem Grenzbereich befindet, bemüht sich, der Sondersteuer auszuweichen, indem er versucht, seine Berufsausübung entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien einzurichten. Die gerichtsbekannt seit Jahrzehnten hohe Zahl von Rechtsstreitigkeiten und die Vielzahl von Entscheidungen zur Abgrenzung gewerblicher von freiberuflicher Tätigkeit belegt diesen Befund (vgl. dazu beispielhaft Schmidt/Weber-Grellet, Kommentar zum EStG, 22. Aufl. 2003, ABC der gewerblichen Unternehmen,§ 15 Rz. 150; Schmidt/Wacker, a.a.O., ABC der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, § 18 Rz. 60). Dieser Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist an der Schranken-Schranke des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu messen (so auch Seer, FR 1998, 1022 f.; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 111; dies., Gewerbesteuerreform, 2003, S. 26 ff.; Alexy, Theorie der Grundrechte, 3. Aufl. 1996, S. 100 ff., 267 ff.).
cc)
Gegenstand der Gewerbesteuer ist der stehende Gewerbebetrieb. Jeder Betrieb eines Land- und Forstwirts, eines Freiberuflers oder eines sonstigen selbstständig Tätigen erfüllt auch alle Merkmale eines Gewerbebetriebes. Gesetzes-technisch hat der Gesetzgeber die Freistellung denn auch durch eine Negativabgrenzung vorgenommen, indem er in § 15 Abs. 2 EStG formulierte: Eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Tätigkeit anzusehen ist. Bei unbefangener Betrachtung erweist sich als Steuergegenstand jede Betätigung im Sinne der oben wiedergegebenen Definition. Die Herausnahme der Land- und Forstwirte und der Bezieher von Einkünften aus selbstständiger Arbeit im Sinne von § 18 EStG, die ja auch alle Merkmale des Gewerbebetriebs erfüllen, ist keine aus einem sachgerechten Prinzip folgende Begrenzung des Steuergegenstandes, die - zur vollständigen Beschreibung des Steuergegenstandes - dort geregelt werden muss, sondern sie ist ihrem Charakter nach eine Steuerbefreiung (vgl. Lang in: Tipke/Lang Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 7 Rz. 22), eine Steuerverschonung, die aus systematischen Gründen ihren Platz eigentlich in § 3 GewStG bei den anderen Steuerbefreiungsvorschriften haben müsste. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts macht es nun einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei der geregelten Materie um den Steuergegenstand handelt, oder um eine Steuerverschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht. Im erstgenannten Fall hat der Gesetzgeber einen weit reichenden Gestaltungsspielraum; im anderen Fall muss er zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dartun, dass er das wirtschaftliche oder sonstige Verhalten der Bürger aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (so etwa BVerfGE 93, 121, 147; 99, 280, 295 f.; 105, 73, 112). Der Prüfungsmaßstab hängt also davon ab - das zeigt die Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts zur Gewerbesteuer beispielhaft -, ob der Gesetzgeber das zu prüfende Gesetz systematisch fehlerfrei oder abweichend konstruiert hat. Das kann nach Auffassung des Senats nicht zutreffend sein. Die Freistellung der freien Berufe und der übrigen selbstständig Tätigen von der Gewerbesteuer ist ihrem materiellen Gehalt nach Steuerbefreiung, nicht - auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr - eine aus einem sachgerechten Prinzip folgende Negativabgrenzung des Steuergegenstandes. Oder, um es mit den Worten von Lang auszudrücken: Es handelt sich hier um eine Prinzipiendurchbrechung, die sich nicht durch ein gegenläufiges Prinzip rechtfertigen lässt (Lang, StuW 1985, 10, 15). Wenn schon unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe angewandt werden, darf für die Auswahl des Prüfungsmaßstabs nicht die vom Gesetzgeber gewählte Regelungstechnik ausschlaggebend sein. Denn dann könnte der Gesetzgeber aktiv, was sich bei der Gewerbesteuer durch die historische Entwicklung ergeben hat, durch dieäußere Gestaltung eines Gesetzes den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab vorgeben und etwa durch die Aufnahme von Steuerbefreiungsvorschriften in den Steuergegenstand eine Tabuzone gegen den allgemeinen Gleichheitssatz errichten. Maßgebend für die Auswahl des Prüfungsmaßstabs muss vielmehr der materielle Gehalt, die Funktion der zu prüfenden Norm sein.
II.
Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
Im Folgenden ergänzt der Senat seine Darlegungen im 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss unter Berücksichtigung neuer Gesichtspunkte und seither gewonnener Erkenntnisse in Rechtsprechung und Literatur.
Die Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG verstößt nach Ansicht des Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (gleicher Ansicht neben den bereits bei B. III. 4. b) Genannten, Seer/Drüen, BB 2000, 2176, 2183; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 133 ff.; dies., Gewerbesteuerreform, 2003, S. 21 ff.; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 9 Rz. 516).
Die Abfärberegelung bewirkt eine Ausdehnung der Gewerbesteuerpflicht auf nichtgewerbliche Einkünfte von Personengesellschaften, soweit diese daneben auch gewerbliche Einkünfte erzielen. Diese Regelung führt zu einer systemwidrigen gewerbesteuerlichen Gleichbehandlung von nichtgewerblichen und gewerblichen Gewinnen bei Personengesellschaften, für die hinreichende Rechtfertigungsgründe fehlen, und zudem zu einer ungerechtfertigten ungleichen Behandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften, indem nur die nichtgewerblichen Einkünfte von Gesellschaften, nicht aber von Einzelunternehmern umqualifiziert und mit Gewerbesteuer belastet werden.
1.
Der Gesetzgeber unterscheidet bei der Einkommensteuer zwischen den verschiedenen Einkunftsarten. Er knüpft daran nicht nur einkommensteuerlich, sondern insbesondere auch bei der Gewerbesteuer unterschiedliche Steuerfolgen. Nach der - vom Senat für verfassungswidrig gehaltenen [vgl. oben B. III. 3. b) und C. I.] - grundlegenden Belastungsentscheidung des Gesetzgebers unterliegen nur diejenigen Unternehmen der Gewerbesteuer, die Gewerbebetrieb im Sinne des Einkommensteuergesetzes sind. Betriebe der sonstigen selbstständig Tätigen (insbesondere freie Berufe und Land- und Forstwirte) unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Diese Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen (BVerfGE 93, 121, 136; 99, 88, 95; 101, 132, 138). Ausgehend von dieser Belastungsentscheidung des Gesetzgebers - deren Vereinbarkeit mit der Verfassung unterstellt - durfte der Gesetzgeber von diesem Belastungsprinzip nur abweichen und nichtgewerbliche Einkünfte (wieder) der Gewerbesteuer unterwerfen, wenn die Abweichung von diesem Prinzip und auch die insoweit ungleiche Behandlung von Einzelunternehmern und Personengesellschaften durch besondere sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Daran mangelt es, wie im 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss bereits ausgeführt wurde [oben B. III. 4. c)].
2.
An diesem Ergebnis ändert sich für den Streitfall auch nichts dadurch, dass der Bundesfinanzhof neuerdings die Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bei besonders geringfügiger gewerblicher Betätigung mit einem Gesamtanteil von nur wenigen Prozent nicht mehr anwendet (Urteil vom 11.08.1999 - XI R 12/98 - BStBl II 2000, 229). Denn der Anteil der gewerblichen Umsätze der Kläger lag im Streitjahr bei rund 40 %.
3.
Wenn nun aber die abfärbende Wirkung jenseits einer Untergrenze gewerblicher Betätigung nicht eintreten soll und auf der Grundlage ständig wiederholter Gestaltungsempfehlungen des Bundesfinanzhofs (dazu Habscheidt, BB 1998, 1184) durch Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit in eine personenidentische zweite Gesellschaft ganz vermieden werden kann, stellt sich die Frage umso deutlicher, ob es überhaupt Gründe gibt, welche die Abfärberegelung rechtfertigen können. Der Bundesfinanzhof beruft sich ungeachtet aller Widerlegungen auf gesellschaftsrechtliche Vorgaben:
"Das Steuerrecht folgt nämlich den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben, die auf der Vorstellung beruhen, dass Personengesellschaften nur eine einheitliche Tätigkeit ausüben können und dass diese insgesamt kaufmännisch anzusehen ist, wenn diese Voraussetzungen nur partiell erfüllt sind" (so zuletzt BFH, Urteil vom 29.11.2001, IV R 91/99 - BStBl II 2002, 221, 224).
Die Kritik, die mit überzeugenden Gründen bestreitet, dass es solche gesellschaftsrechtlichen Vorgaben für die Personengesellschaften des Handelsrechts gebe [Drüen, FR 2000, 177, 183 ff. und schon Weber-Grellet, DStZ 1982, 228; vgl. auch schon oben B. III. 4. c)], die ferner geltend macht, dass solche Vorgaben die auch von der Abfärberegelung betroffenen Gesellschaften bürgerlichen Rechts keinesfalls treffen könnten, weil sie nicht zu den Personengesellschaften des Handelsrechts gehören (Habscheidt, BB 1998, 1184, 1185) und die schließlich darauf aufmerksam macht, dass überhaupt nicht dargetan sei, warum in diesem Fall das Steuerrecht (behaupteten) gesellschaftsrechtlichen Vorgaben folgen solle (dazu wiederum Drüen, FR 2000, 177, 184 f.), lässt der Bundesfinanzhof unbeachtet. Er setzt sich mit ihr nicht auseinander.
4.
Seer/Drüen (BB 2000, 2176) haben den Versuch unternommen, die Abfärberegelung im Wege der geltungserhaltenden Reduktion verfassungskonform einzuschränken und dem Ausgliederungsmodell [d.h. Ausgliederung des gewerblichen Teils der Erwerbstätigkeit der Personengesellschaft in eine andere, i.d.R. personenidentische zweite Gesellschaft; dazu oben B. III. 4. a) und c) (1) und (2)] den Makel des Gestaltungsmissbrauchs (so Habscheidt, BB 1998, 1184, 1186) zu nehmen. Sie verstehen die Ausgliederung als Akt präventiver Vermeidung der verfassungswidrigen Abfärberegelung. Sie können aber nicht erklären, wie durch zivilrechtliche Gestaltungen die Verfassungswidrigkeit einer steuerlichen Eingriffsnorm beseitigt werden kann. Wird ausgegliedert, findet die Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG keine Anwendung. Ihre Verfassungswidrigkeit ist ohne Belang, weil sie niemanden beschwert. Ist nicht ausgegliedert worden oder ist die Ausgliederung fehlgeschlagen, hilft die Möglichkeit einer Ausgliederung nicht, weil sie nicht mit Rückwirkung, sozusagen zur rückwirkenden Beseitigung der Abfärbewirkung, vorgenommen werden kann (vgl. § 38 AO; zur Unzulässigkeit rückwirkender steuerlicher Gestaltungen vgl. beispielhaft BFH/NV 2002, 1157). Es geht Seer/Drüen also nicht um eine geltungserhaltende Reduktion der Abfärberegelung, sondern um die vollständige Vermeidung ihrer Anwendung mittels einer zivilrechtlichen Ausweichgestaltung, die ihrerseits, wenn sie nicht zur Vermeidung der verfassungswidrigen Abfärberegelung notwendig wäre, selbst als missbräuchliche Gestaltung zur Umgehung eines Steuergesetzes, nämlich der Abfärberegelung, als steuerlich unbeachtlich behandelt werden müsste (§ 42 AO; dazu Habscheidt, BB 1998, 1184, 1186). Weil durch den von Seer/Drüen vorgeschlagenen Weg keine verfassungsgemäße Rechtslage hergestellt wird, sondern nur eine - durch Umgehungsgestaltung bewirkte - verfassungsgemäße steuerliche Belastungswirkung, die verfassungsgemäße Rechtslage aber durch Verwerfung der verfassungswidrigen Norm hergestellt werden kann, ist die von Seer/Drüen vorgeschlagene Lösung auch nicht unter dem Präventivgesichtspunkt zu rechtfertigen.
Im Übrigen hat der von Seer/Drüen ermittelte Zweck der Abfärberegelung als kombinierte Vereinfachungs- und Missbrauchsvermeidungsvorschrift zum Schutze des Gewerbesteueraufkommens (BB 2000, 2176, 2179) auch kein hinreichendes Gewicht, die systemwidrige Ausweitung der Gewerbesteuerpflicht bei Personengesellschaften zu rechtfertigen. Denn die von Seer/Drüen beschriebenen Zielsetzungen des Gesetzgebers, Streit über die Gewerblichkeit von nicht eindeutig trennbaren Tätigkeiten auszuräumen und ihre willkürliche Verlagerung in den außergewerblichen Bereich zum Schutz des Gewerbesteueraufkommens zu verhindern, gelten mit gleich großer oder gleich geringer Rechtfertigung natürlich auch beim Einzelunternehmer. Es lässt sich jedenfalls feststellen, dass diese Gründe den Gesetzgeber nicht bewogen haben, alle Gewerbetreibenden mit zusätzlichen anderen Einkünften der Abfärberegelung zu unterwerfen. Für die Einzelunternehmer gilt unverändert das Prinzip einer möglichst weit gehenden Trennung der verschiedenen Einkunftsarten, soweit dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 24.04.1997 - IV R 60/95 - BStBl II 1997, 567, 568). Weil aber nicht ersichtlich ist und bisher auch noch nie geltend gemacht worden ist, dass die beschriebenen Probleme bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften in unterschiedlichem Ausmaß auftreten, lassen die soeben getroffenen Feststellungen nur den Schluss zu, dass der von Seer/Drüen ermittelte Zweck der Abfärberegelung, wenn er schon bei den Einzelunternehmern kein hinreichendes Gewicht hat, um die systemwidrige Ausdehnung der Gewerbesteuerpflicht zu rechtfertigen, er diese beschwerende Rechtsfolge auch bei den Personengesellschaften nicht rechtfertigen kann.
Außerdem steht der von Seer/Drüen ermittelte Zweck der Vorschrift, Streit über die Gewerblichkeit von nicht eindeutig trennbaren Tätigkeiten auszuräumen und ihre willkürliche Verlagerung in den außergewerblichen Bereich zu verhindern, in einem Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Denn der große Anteil von nicht eindeutig trennbaren Tätigkeiten gehört zu jenen gemischten Tätigkeiten, die untrennbar verflochten sind und sich gegenseitig bedingen. Diese Tätigkeiten werden jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs einheitlich als gewerblich, freiberuflich oder land- und forstwirtschaftlich behandelt (BFH, Urteile vom 24.04.1997 - IV R 60/95 - BStBl II 1997, 567 und vom 20.12.2000 - XI R 8/00 - BStBl II 2002, 478). Anwendungsvoraussetzung für die Abfärberegelung ist die Trennbarkeit der gemischten Tätigkeiten. Diese Auslegung der Anwendungsvoraussetzungen der Abfärberegelung durch den Bundesfinanzhof beseitigt aber schon von vornherein den größten Teil des möglichen Streit- und Verlagerungspotenzials, dessen Vermeidung der wesentliche Zweck der Abfärberegelung sein soll.
5.
Schließlich ist noch einmal daran zu erinnern, dass die Abfärberegelung nur auf Personengesellschaften anwendbar ist und diese damit im Vergleich zum Einzelunternehmer ungleich behandelt. Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung ist das vom Bundesfinanzhof propagierte Ausgliederungsmodell aus den gleichen Gründen, wie vorhin bereits dargestellt (vgl. auch oben B. III. 4.), ungeeignet.
6.
Die vom Bundesverfassungsgericht in jüngerer Zeit entfaltete gleichheitsrechtliche Forderung, steuerrechtliche Regelungen müssten rechtsformneutral sein, lässt die Abfärberegelung auch unter diesem Gesichtspunkt als verfassungsrechtlich bedenklich erscheinen (so auch Seer/Drüen, BB 2000, 2176). In seiner zum Umsatzsteuerrecht ergangenen Entscheidung vom 10.11.1999 (BVerfGE 101, 151) stellte das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz auf, dass die Rechtsform eines wirtschaftlichen Unternehmens allein steuerliche Belastungsunterschiede nicht rechtfertigen könne (BVerfGE 101, 151, 161 f.). Auch wenn, wie erwähnt, die Entscheidung zum Umsatzsteuerrecht ergangen ist, enthält sie doch den verallgemeinerungsfähigen Kernsatz, dass die Rechts- oder Organisationsform als Anknüpfungspunkt für steuerliche Belastungsunterschiede für sich allein keine ausreichende Grundlage bietet und durch besondere sachliche Gründe gerechtfertigt werden muss (BVerfGE 101, 151, 156; vgl. auch BVerfGE 101, 132, 139; P. Kirchhof, StJb 2002/2003, S. 7, 15 ff.; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, Rz.82, Rz. 88; Hey, DStJG 24 [2001], 155; Jachmann, DStJG 23 [2000], 9). P. Kirchhof bezeichnet den Grundsatz der Rechtsformneutralität als Verfassungsgebot (P. Kirchhof, StJb 2002/2003, S. 7, 16). Dieser aus dem Gleichheitssatz entwickelte Gedanke wird durch die Garantie der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) verschärft und verdeutlicht (so P. Kirchhof, StJb 2002/2003, S. 7, 17). Die Vereinigungsfreiheit garantiert dem Bürger das Recht, für seine Erwerbstätigkeit die Organisations- und Rechtsform zu wählen, die ihm als richtig und angemessen erscheint. Sie sichert ihm auch das Recht, sich nicht mit anderen zu verbinden oder zu vereinigen und etwa als Einzelunternehmer tätig zu sein. Die die Gewerbesteuerpflicht ausdehnende Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG knüpft an die Organisationsform an, in der die wirtschaftliche Betätigung ausgeübt wird. Sie lässt die abfärbende Wirkung nur bei Personengesellschaften, nicht aber bei Einzelunternehmern eintreten. Die Abfärberegelung nimmt negativen Einfluss auf das Grundrecht der Betroffenen auf Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG, indem sie im Anwendungsbereich der Abfärberegelung die Personengesellschaften mit einer höheren Gewerbesteuer belastet, als Einzelunternehmer. Sachliche Gründe von ausreichendem Gewicht für diesen Verstoß gegen das Gebot der Rechtsformneutralität sind nicht gegeben, wie bereits oben ausgeführt wurde.
7.
Das vom Bundesfinanzhof empfohlene Ausgliederungsmodell ist aus diesem Blickwinkel ebenfalls verfassungsrechtlich bedenklich. Zur Vermeidung steuerlicher Nachteile zwingt es die betroffenen Gesellschafter zur Gründung und zum Betrieb einer neuen Gesellschaft mit all dem damit verbundenen organisatorischen Aufwand und den hierfür entstehenden Kosten. Als Rechtfertigung hierfür kann nicht herhalten, dass die Ausgliederung notwendig sei, um die Wirkungen der verfassungswidrigen Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu beseitigen. Verfassungswidrige Regelungen hat der Staat selbst zu beseitigen. Zur Vermeidung oder Beseitigung ihrer nachteiligen Wirkungen kann und darf der Staat den Bürger nicht in Anspruch nehmen.
D.
Ergänzende Ausführungen zur Zulässigkeit der Vorlage
I.
Zur Zulässigkeit der erneuten Vorlage wegen der Gewerbeertragsteuer
In BVerfGE 33, 199 formulierte das Bundesverfassungsgericht folgende Grundsätze für die Zulässigkeit einer erneuten Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG: Die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung beziehe sich stets auf den Zeitpunkt, in dem die Entscheidung ergangen sei. Sie erfasse also nicht solche Veränderungen, die erst später einträten. Deshalb hindere die Rechtskraft auch nicht die Berufung auf neue Tatsachen, die erst nach der früheren Entscheidung entstanden seien. Zwar fehle im Bundesverfassungsgerichtsgesetz eine Vorschrift über die Zulässigkeit einer erneuten Vorlage. Gleichwohl sei auch für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anzuerkennen, dass eine Berufung auf eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht durch die Rechtskraft gehindert werde. Das müsse auch für eine erneute Vorlage gelten, die auf tatsächliche Veränderungen, einschließlich der Tatsache von Gesetzesänderungen, gestützt werde. Unentschieden könne bleiben, ob außer neuen Tatsachen auch ein Wandel der allgemeinen Rechtsauffassung die erneute Prüfung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Vorlagefrage ermögliche (ebenso BVerfGE 70, 242, 249).
1.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hält der Senat die erneute Vorlage bezüglich der Gewerbesteuer bereits deshalb für zulässig, weil seit der letzten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gewerbesteuer vom 25.10.1977 (BVerfGE 46, 224), die das Streitjahr 1966 betraf, bis zum Streitjahr des vorliegenden Falles, 1988, zahlreiche Änderungen des Gewerbesteuergesetzes vorgenommen wurden, die zu erheblichen Eingriffen in die Struktur des Gewerbesteuergesetzes führten und ihren Charakter weg von einer Objektsteuer hin zu einer Ertragsteuer veränderten (vgl. Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, S. 48 ff.; Gosch, DStZ 1998, 327, 329; Jachmann, DStJG 25 [2002], 195, 205 ff.; dies. Gewerbesteuerreform, 2003, S. 21 ff.) und die es insgesamt als nicht mehr vertretbar erscheinen lassen, die Rechtskraft der Entscheidung, die die im Jahr 1966 geltende Gewerbesteuer betraf, auf das Gewerbesteuergesetz in der für den Veranlagungszeitraum 1988 geltenden Fassung zu erstrecken. Ab 1974 wurde der Freibetrag bei der Gewerbeertragsteuer von DM 7.200 auf DM 15.000 angehoben (BGBl I 1974, 949). Ab 1978 wurde der Freibetrag bei der Gewerbeertragsteuer auf DM 24.000 erhöht und bei der Gewerbekapitalsteuer die bisherige Freigrenze von DM 6.000 durch einen Freibetrag von DM 60.000 ersetzt (BGBl I 1977, 1586). Ab 1980 wurde die Lohnsummensteuer abgeschafft, die Freibeträge bei der Gewerbeertragsteuer auf DM 36.000 und bei der Gewerbekapitalsteuer auf DM 120.000 erhöht und erstmals ein Freibetrag von DM 50.000 bei den Hinzurechnungsvorschriften für die Gewerbekapitalsteuer eingeführt (BGBl I 1978, 1849). Schließlich wurde die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen zum Gewerbeertrag ab 1983 auf 60 % und ab 1984 auf 50 % begrenzt; parallel dazu wurde die Hinzurechnung von Dauerschulden zum Gewerbekapital ab 1983 auf 60 % und ab 1984 auf 50 % gekürzt (BGBl I 1982, 1857).
2.
Neue Tatsache im Sinne der zitierten Entscheidung BVerfGE 33, 199 ist auch die vom Senat oben bei B. III. 3. b) dd) und C. I. 1. a) festgestellte weit gehende Angleichung der Berufsbilder der Gewerbetreibenden und der übrigen selbstständig Tätigen in Bezug auf den Einsatz der verschiedenen Produktionsfaktoren. Mit deren Unterschiedlichkeit hatte das Bundesverfassungsgericht in den Entscheidungen BVerfGE 26, 1 und 46, 224 noch die Belastung der Gewerbetreibenden mit Gewerbesteuer und die Befreiung der freien Berufe und der übrigen selbstständig Tätigen von der Gewerbesteuer gerechtfertigt. Der Senat ist der Ansicht, dass seine Tatsachenfeststellungen bezüglich der Synchronisierung des Einsatzes der verschiedenen Produktionsfaktoren bei den verschiedenen Berufsgruppen allgemein bekannt und offenkundig sind und in dieser konkreten Prozesssituation eine weitere Präzisierung wegen der fehlenden Kenntnis der vom Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen BVerfGE 26, 1 und 46, 224 zu Grunde gelegten Tatsachen ohne vorherige Hilfestellung des Bundesverfassungsgerichts nicht möglich ist. Auf die Ausführungen oben unter C. I. 1. a) wird an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal Bezug genommen.
Sollte das Bundesverfassungsgericht die Tatsachenfeststellungen des Senats gleichwohl für nicht ausreichend tragfähig halten, ersucht der Senat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich um einen Hinweis und um Mitteilung, in welcher Weise und mit welcher Gewichtung die einzelnen Produktionsfaktoren nach seiner Sichtweise in den Streitjahren der Entscheidungen BVerfGE 26, 1 und 46, 224 kombiniert waren und wie es seine Feststellungen getroffen hat. Der Senat würde dann - nach konkreter Kenntnis der Ausgangssituation - ergänzende und detailliertere Tatsachenfeststellungen treffen zu der fraglichen Entwicklung bei den verschiedenen Berufsgruppen im Wege der Amtshilfe durch Einschaltung des zuständigen Bundesministeriums oder durch Beauftragung von Sachverständigen und die Vorlage entsprechend ergänzen.
3.
Das Bundesverfassungsgericht selbst unterliegt nicht der Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG. Es kann seine in einer früheren Entscheidung vertretene Rechtsauffassung aufgeben, auch wenn sie für eine frühere Entscheidung tragend war (BVerfGE 4, 31 38; 20, 56, 87). Wenn das Bundesverfassungsgericht sich der Ansicht anschließt, dass die Freistellung der freien Berufe und der übrigen selbstständig Tätigen von der Gewerbesteuer nicht zu den vom Verfassungsgeber vorgefundenen und gebilligten Grundstrukturen der Gewerbesteuer gehört [oben C. I. 1. b)], kann es die Vorlage auch unter diesem Gesichtspunkt als zulässig behandeln.
Gleiches würde gelten, wenn das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsauffassung aufgeben würde, die Auswahl des Steuergegenstandes durch den Gesetzgeber sei nur am Maßstab des Willkürverbots zu messen (oben C. I. 2.).
Schließlich könnte das Bundesverfassungsgericht die oben bei C. I. 2. d) aa) bis cc) genannten rechtlichen Gesichtspunkte, die bisher in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht erörtert wurden, zum Anlass nehmen, die Gewerbeertragsteuer am Maßstab der Neuen Formel zu messen und die Vorlage aus diesem Grund als zulässig behandeln.
II.
Zur Zulässigkeit der Vorlage wegen der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
1.
Entscheidungserheblichkeit
a)
Die einkommensteuerliche Einkünftezurechnung, d.h. auch die Bestimmung der Einkunftsart, findet bei den Personengesellschaften im Gewinnfeststellungsverfahren statt (BFH, Urteile vom 24.01.1985 - IV R 249/82 - BStBl II 1985, 676 und vom 24.04.1991 - X R 84/88 - BStBl II 1991, 713), und zwar gemäß § 7 GewStG auch mit Wirkung für die Gewerbesteuer. Deshalb ist die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Abfärberegelung nicht nur für die Entscheidung erheblich, wie hoch der Gewerbeertrag als Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist, sondern unabhängig hiervon auch dafür, ob den Klägern der Freibetrag für freie Berufe gemäß § 18 Abs. 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zu gewähren ist. Ein solcher Freibetrag - der erst mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1990 aufgehoben wurde - kommt hier in Betracht, weil die Einkünfte aus der von den Klägern betriebenen Goldschmiede und Schmuckgalerie im Streitjahr - ohne die Anwendung der Abfärberegelung - mit DM 61.181 überwiegend zu jenen aus freier Berufstätigkeit gehören würden und nur DM 45.911 zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Diesen Gesichtspunkt hatte der Senat in den vorangegangenen Vorlagebeschlüssen übersehen.
b)
Im Übrigen handelt es sich, soweit es um die Gewerbesteuerbelastung geht, bei der Vorlage bezüglich der Abfärberegelung prozessual um einen Hilfsantrag. Ein solcher Hilfsantrag, der auch als Eventualantrag bezeichnet wird, liegt vor, wenn mehrere Antragsbegehren in demselben Verfahren mit denselben Beteiligten in der Weise durch eine innerprozessuale Bedingung miteinander verbunden sind, dass neben dem Hauptantrag für den Fall, dass dieser unzulässig oder unbegründet ist, ein Eventualantrag gestellt wird. Dessen Rechtshängigkeit entfällt mit Zuerkennung des Hauptantrags rückwirkend (vgl. Münchener Rechts-Lexikon, Bd. 1, 1987, Stichwort: Eventualantrag, S. 1222; zum Eventualantrag im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, Kopp/ Schenke, Kommentar zur VwGO, 13. Aufl. 2003, § 44 Rz 1, zum Eventualantrag im finanzgerichtlichen Verfahren, Gräber/von Groll, Kommentar zur FGO, 5. Aufl. 2002, § 40 Rz. 4; BVerfGE 40, 272, 275). Hilfsanträge sind im verfassungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren zulässig (BVerfGE 1, 299, 310; 27, 240, 243). Ihre Entscheidungserheblichkeit steht unter der innerprozessualen Bedingung der Unzulässigkeit oder der Unbegründetheit des Hauptantrages, allerdings mit der verfassungsprozessualen Besonderheit, dass die Entscheidungserheblichkeit des Hilfsantrages auch dann zu bejahen ist, wenn zwar der Hauptantrag begründet ist, dem betroffenen Bürger der Erfolg aber deshalb versagt bleibt, weil das Bundesverfassungsgericht eine Unvereinbarerklärung mit pro-futuro-Änderungsverpflichtung ausgesprochen hat. Im vorliegenden Fall wäre die Entscheidungserheblichkeit des Hilfsantrags zu bejahen, wenn das Bundesverfassungsgericht - ebenso wie im Kammerbeschluss vom 17.11.1998 - die Zulässigkeit des Hauptantrages verneinen würde.
2.
Zu den übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen
a)
Nach Auffassung des Senats sollten die Anforderungen an Vorlagen gemäß Art. 100 Abs. 1 GG allgemein erheblich abgesenkt werden. Auf seine Ausführungen oben unter A. III. 3. nimmt der Senat Bezug. Dies gilt nicht zuletzt auch im Hinblick darauf, dass bei der Anrufung Europäischer Gerichtshöfe wegen der Verletzung von Gemeinschaftsrecht entsprechende Zulässigkeitsanforderungen für Richtervorlagen (mit Ausnahme der schlüssigen Darlegung des Rechtsverstoßes und der Entscheidungserheblichkeit) gänzlich fehlen (dazu Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, 1994, Rdnr. 393, m.w.N.).
b)
Im Kammerbeschluss vom 17.11.1998 heißt es zur Zulässigkeit des Hilfsantrages:
"Zulässigerweise vorgelegt werden kann eine Norm zur Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit mithin nicht schon dann, wenn sie nach Einschätzung des Fachgerichts einmal für die Entscheidung im Ausgangsverfahren erheblich werden könnte, sondern erst dann, wenn im Zeitpunkt der Vorlage feststeht, dass sie für die Entscheidung im Ausgangsverfahren unerlässlich ist (vgl. BVerfGE 47, 146 <154 f.>; 63, 1 <27>; 79, 256 <265>). Diese Feststellung lässt sich hier nicht treffen. Die Frage der Vereinbarkeit der Gewerbeertragsteuer mit Art. 3 Abs. 1 GG ist in dem der Vorlage zu Grunde liegenden Verfahren vorgreiflich (Hervorhebung auch im Original) ... Jedenfalls aber dann, wenn eine solche materiell-rechtliche Prüfung und Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wegen der Unzulässigkeit der Vorlage nicht zu erlangen ist, ist im Ausgangsverfahren nach wie vor - ungewiss, ob § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG überhaupt zur Anwendung kommt. Demgemäß folgt aus der Unzulässigkeit der Vorlage zur Gewerbeertragsteuer die Unzulässigkeit der Vorlage zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG" (S. 10 f. des Umdrucks).
Der Hilfsantrag kann nach Ansicht des Senats entgegen der Auffassung des Kammerbeschlusses vom 17.11.1998 indessen nicht unter Hinweis auf den unzulässigen Hauptantrag wegen Unerreichbarkeit einer Sachentscheidung zum Hauptantrag und deshalb verfrühter Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Hilfsantrags als unzulässig behandelt werden.
aa)
Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung darf das Bundesverfassungsgericht nach Ansicht des Senats nicht von einer Unerreichbarkeit einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer ausgehen. Wenn es den Hauptantrag als unzulässig ansieht, besteht für das Bundesverfassungsgericht kein Anlass, im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung des Hilfsantrags von einer möglichen Begründetheit des Hauptantrags auszugehen. Dies steht im Widerspruch zur bisherigen ständigen Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die die Gewerbesteuer für verfassungsgemäß hält. Die Kammern der Senate des Bundesverfassungsgerichts sind bei der Beurteilung von verfassungsrechtlichen Fragen an die Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebunden, wenn sie über die Zulässigkeit von verfahrenseinleitenden Anträgen entscheiden (vgl. Ulsamer in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, Kommentar zum BVerfGG, Loseblatt, Stand September 2003,§ 16 Rn. 8; Schlaich, Das Bundesverfassungsgericht, 4. Aufl. 1997, Rn. 260), zu denen auch Richtervorlagen gehören.
bb)
Folgte man dem Kammerbeschluss vom 17.11.1998, ließe sich die Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der Vereinbarkeit der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nur rechtfertigen, wenn zuvor eine neue, die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer bejahende Entscheidung ergangen wäre. Nur dann wäre sie nach Auffassung der 3. Kammer des Ersten Senats für die Entscheidung des anhängigen gerichtlichen Verfahrens unerlässlich. Um diese Forderung zu erfüllen, müsste der Senat zunächst nur die Gewerbesteuer dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Beurteilung vorlegen. Erst wenn das Bundesverfassungsgericht entschieden haben würde, dass die Gewerbesteuer mit dem Grundgesetz vereinbar ist, könnte der Senat dem Bundesverfassungsgericht die entscheidungserheblich gewordene Frage der Vereinbarkeit der Abfärberegelung mit Art. 3 Abs. 1 GG vorlegen. Der Senat müsste also sehenden Auges eine inhaltlich beschränkte Vorlage erstellen, um bei deren Misserfolg - dazu gehörte auch eine nach der Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts im Fall der Verwerfung äußerst wahrscheinliche Unvereinbarerklärung mit pro-futuro-Änderungsverpflichtung - dann erst die zweite entscheidungserhebliche Rechtsfrage vorlegen zu können. Wäre die neue Vorlage zur Gewerbesteuer wiederum unzulässig, könnte der Senat nach Maßgabe des Kammerbeschlusses vom 17.11.1998 die Abfärberegelung wiederum nicht zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorlegen, sondern er müsste erneut versuchen, eine zulässige Vorlage zur Gewerbesteuer zu erstellen. Möglich und nach der Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts sogar wahrscheinlich wäre es auch, dass es dem Senat endgültig nicht gelingen könnte, jemals eine zulässige Vorlage zur Verfassungswidrigkeit der Gewerbeertragsteuer zu Stande zu bringen. Dann wäre nach den Vorgaben des Kammerbeschlusses vom 17.11.1998 eine Vorlage der Abfärberegelung endgültig ausgeschlossen. Wenn der Senat weiterhin von der Verfassungswidrigkeit der Abfärberegelung überzeugt wäre, bestünde die Entscheidungssperre für das Finanzgericht aus Art. 100 Abs. 1 GG fort und das anhängige Verfahren könnte weder entschieden noch in anderer Weise zum Abschluss gebracht werden.
Die im Kammerbeschluss vom 17.11.1998 zur Begründung der Unzulässigkeit der Vorlage zur Abfärberegelung vertretene Auffassung verstößt nach Auffassung des Senats gegen das Grundrecht der Kläger auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.
Das Bundesverfassungsgericht ist über eine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG verfahrensrechtlich in jeden Prozess eingebunden, in dem es für die Entscheidung auf die Verfassungsmäßigkeit einer Norm ankommt (BVerfGE 58, 300, 338). In seiner besonderen Funktion, als einzige staatliche Instanz die Verfassungswidrigkeit von Normen feststellen zu können, ist seine Mitwirkung im Rahmen der Rechtsschutzgewährung unverzichtbar und deren notwendiger Bestandteil. Das Bundesverfassungsgericht kann deshalb seine Inanspruchnahme bei Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage [siehe oben D. I. 1. b)] auch nicht zurückweisen. Unter Beachtung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG darf der Rechtsschutz auch nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Das gilt nicht nur für den ersten Zugang zum Gericht, es gilt auch für die Wahrnehmung aller Instanzen, die eine Prozessordnung jeweils vorsieht (so BVerfGE 40, 472, 274 f.). Dies gilt, so fügt der Senat hinzu, wegen der Einbindung des Normenkontrollverfahrens in den vorliegenden Finanzgerichtsprozess eben auch für das verfassungsgerichtliche Normenkontrollverfahren. Unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes ist es dem Bundesverfassungsgericht deshalb nach Ansicht des Senats verwehrt, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Richtervorlagen so zu gestalten, dass die Zulässigkeit eines Hilfsantrages von einer Sachentscheidung über den Hauptantrag abhängig gemacht wird. Die im Kammerbeschluss vom 17.11.1998 vertretene Auffassung führt, wie die dargestellte mögliche Fortentwicklung des Verfahrens zeigt, mindestens zu einer für die Beteiligten unzumutbaren Verzögerung des Verfahrens und im schlimmsten Fall sogar zu einer endgültigen Versagung des verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutzes.
Die in der Kammerentscheidung vom 17.11.1998 in diesem Zusammenhang nachgewiesenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 47, 146; 63, 1 und 79, 256) betrafen keine Eventualanträge, wie vorliegend, sondern Fallgestaltungen, in denen, anders als im vorliegenden Fall, eine für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der möglicherweise verfassungswidrigen Norm erforderliche Beweisaufnahme unterlassen worden war.
Wenn, wie der Kammerbeschluss zutreffend ausführt, die Frage der Vereinbarkeit der Gewerbesteuer mit Art. 3 Abs. 1 GG für die Frage der Vereinbarkeit der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vorgreiflich ist, ist das Bundesverfassungsgericht nicht gehindert, der vorgreiflichen Rechtsfrage selbst nachzugehen, um eine Entscheidung herbeizuführen (BVerfGE 51, 193, 207; 58, 300, 338).
Der vorliegende Rechtsstreit ist bereits seit rund 13 Jahren beim Niedersächsischen Finanzgericht anhängig. Angesichts permanenter Überbelastung des Senats - wie auch aller anderen Senate des Niedersächsischen Finanzgerichts - mit einer großen Zahl von Verfahren (dazu Jahresbericht des Niedersächsischen Finanzgerichts 2002, unveröffentlicht; Vultejus, NJW-aktuell, Heft 36/2003, S. XII), können Vorlagen an das Bundesverfassungsgericht wegen der besonderen Begründungserfordernisse und des damit verbundenen ernormen Zeitaufwands (zu den steuernden Wirkungen dieser hohen Anforderungen auf das Verhalten vorlagewilliger Gerichte vgl. Habscheidt, Der Anspruch des Bürgers auf Erstattung verfassungswidriger Steuern, 2003, S. 46 ff.) nur dann vorbereitet werden, wenn die Erledigung zahlreicher anderer Verfahren zurückgestellt wird. Angesichts der unter "normalen" Umständen schon kaum noch vertretbaren durchschnittlichen Verfahrensdauer hat es der Senat für erforderlich gehalten, vor Erstellung dieses 3. Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses die wegen der zwei vorangegangenen Vorlagebeschlüsse zurückgestellten Verfahren zunächst zu erledigen. So ist es zu erklären, dass seit dem letzten Vorlagebeschluss knapp sechs Jahre verstrichen sind. Die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens haben diese überaus lange Verfahrensdauer bisher mit bemerkenswerter Geduld hingenommen. Der Senat sieht aber die Gefahr einer Verletzung des Grundrechts der Kläger auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, wenn sich das Verfahren auch jetzt noch über Jahre erstrecken sollte (dazu BVerfGE 93, 1 13; Krüger/Sachs, in: Sachs, Kommentar zum GG, 3. Aufl. 2003, Art. 19 Rdnr. 144, m. w. Hinw. auf die Rechtsprechung des BVerfG). Aus diesem Grunde bittet der Senat das Bundesverfassungsgericht für den Fall, dass es zu dem Ergebnis kommen sollte, dass auch diese Vorlage noch unter Mängeln leidet und unzulässig ist, um einen Hinweis und um die Einräumung der Möglichkeit, die Mängel zu beseitigen.