Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 26.04.2004, Az.: 2 A 127/02
Aussengebiet; Flächennutzungsplan; Gemeinde; Privilegierung; raumbeanspruchend; raumbedeutsam; raumbeeinflussend; Raumordnungsprogramm; raumwirksam; Verhinderungsplanung; Veränderungssperre; Vorrangflächen; Windenergieanlage
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 26.04.2004
- Aktenzeichen
- 2 A 127/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50599
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 35 Abs 1 Nr 6 BBauG
- § 35 Abs 3 S 3 BBauG
- § 3 Nr 6 ROG
- § 10 Abs 1 S 1 ROG
- § 10 Abs 2 S 2 RaumOG ND
- Art 14 Abs 1 GG
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihr einen Bauvorbescheid zur Errichtung von zwei Windkraftanlagen in E. zu erteilen.
Am 28. März 2000 stellte die Klägerin beim Beklagten eine Bauvoranfrage für die Errichtung von vier Windenergieanlagen auf den Flurstücken F. und G. der Flur H. der Gemarkung I. und führte dazu aus, sie beabsichtige am J. weg den Bau von vier Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von je 2 MW. Bei der Fläche handele es sich gemäß der 9. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Winsen/Luhe um eine mögliche Potentialfläche für Windenergie, die allerdings nicht ausgewiesen worden sei. Es werde beantragt, ausschließlich städtebauliche Aspekte im Verfahren zu prüfen. Die vier Windenergieanlagen würden eine Nabenhöhe von maximal 80 m und einen Rotordurchmesser von maximal 77 m haben, so dass eine Gesamthöhe von 120 m nicht überschritten werde. Die notwendigen und empfohlenen Abstände zur Bebauung würden strikt eingehalten. Eine Belästigung von Schattenwurf sei aufgrund des Standortes weitab der Bebauung nicht zu erwarten. Die gesetzlichen Geräuschwerte (45 dB(A) nachts), die von den Windenergieanlagen ausgehen dürften, würden bei der vorhandenen Bebauung nicht überschritten. Es bestehe eine deutliche Lärm-Vorbelastung durch die Bundesautobahn 250. Die vier Windenergieanlagen sollten in einer Betreibergesellschaft von Bürgern und Landwirten aus Winsen/Luhe und Umgebung betrieben werden.
Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen sah in seiner Fassung der 9. Änderung von 1998 zunächst nur eine Sonderbaufläche für Windkraftanlagen westlich von K. vor.
Am 18. Dezember 2002 hat der Rat der Beigeladenen die 20. Änderung des Flächennutzungsplanes beschlossen, die weitere Sonderbauflächen bei L. und K. ausweist; die Ausweisung der Potentialfläche, in der die Klägerin in Vorhaben plant, ist wegen avifaunistischer Belange abgelehnt worden, nämlich zum einen wegen der ungeklärten Fragen im Hinblick auf ein im M. Forst nistendes Schwarzstorchpaar, zum anderen wegen eines am N. see nistenden Seeadlerpaares.
Am 15. Mai 2003 beantragte die Beigeladenen bei der Bezirksregierung Lüneburg die Herausnahme der Teilfläche 20.3. (bei K.) aus dem Plan. Eine erneute Auslegung erfolgte nicht. Die Änderung ohne Teilfläche 20.3. wurde mit Verfügung der Bezirksregierung Lüneburg vom 15. Mai 2003 genehmigt und am 10. Juli 2003 im Amtsblatt des Beklagten veröffentlicht.
Mit Bescheid vom 5. Juli 2000 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides ab und führte zur Begründung aus, die nach § 35 BauGB erforderlichen Voraussetzungen für das Bauvorhaben im Außenbereich seien nicht gegeben. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB sei ein Bauvorhaben im Außenbereich grundsätzlich zulässig, wenn u.a. öffentliche Belange dem nicht entgegen stünden und es der Nutzung der Windenergie diene. Öffentliche Belange stünden gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB derartig privilegierten Vorhaben in der Regel dann entgegen, wenn hierfür durch Darstellung im Flächennutzungsplan oder Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt sei. Die Beigeladene habe im Bereich K. Vorrangstandorte für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan ausgewiesen. Die Errichtung von Windenergieanlagen an anderen Standorten innerhalb des Stadtgebietes werde damit verhindert. Die Beigeladene habe auf die Ausweisung des von der Klägerin in Aussicht genommenen Gebietes verzichtet, da sich im Laufe des Verfahrens herausgestellt habe, dass das betroffene Gebiet als Nahrungsgebiet für stark gefährdete bzw. gefährdete Vogelarten diene. Schwarzstorch und Rohrweihe brüteten in der Nähe des betroffenen Gebietes und benutzten u.a. den Möhrengraben und die Fischteiche südlich der Bundesstraße 4 zur Nahrungsaufnahme. Sowohl der Möhrengraben als auch die Fischteiche seien als Nahrungsgebiete für Schwarzstörche im Rahmen der Niedersächsischen Schwarzstorchbetreuung registriert. Unverzichtbar für die Schutzbemühungen dieser bedrohten Vogelarten seien weitgehend ungestörte Reviere, zu denen auch die der Nahrungssuche dienenden Flächen zählten. Beide Vogelarten seien in der Europäischen Vogelschutz-Richtlinie im Anhang 1 aufgeführt, so dass gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 dieser Richtlinie die Verpflichtung bestehe, den Lebensraum dieser Vogelarten besonders zu schützen, um das Überleben und die Vermehrung von Schwarzstorch und Rohrweihe sicherzustellen. Eine hohe Empfindlichkeit von Schwarzstorch und Rohrweihe gegenüber Windenergieanlagen könne nach bisherigen Kenntnissen nicht ausgeschlossen werden. Eine Kompensation dieser Beeinträchtigung durch Ausgleichsmaßnahmen scheine nicht möglich. Die Beigeladene habe ihr Einvernehmen für das Bauvorhaben unter Hinweis auf die raumordnerischen Ziele und die als Vorrangstandorte für Windenergieanlagen ausgewiesenen Flächen in K. nicht erteilt.
Am 13. Juli 2000 legte die Klägerin Widerspruch ein und führte zur Begründung aus: Die Planung der Beigeladenen sei fehlerhaft. Sie habe zunächst unter Zugrundelegung des O. -Gutachtens im Stadtgebiet von Winsen/Luhe elf Eignungsflächen ermittelt, von denen nach der naturschutzfachlichen Beurteilung und Überprüfung der Flächen noch fünf Gebiete als geeignet eingestuft worden seien. Als Sondergebiete für die Windenergienutzung hätte sodann eine Fläche westlich von K. für ca. zehn Windenergieanlagen und eine Fläche südlich von P. - der geplante Standort der Widerspruchsführerin - für weitere Windenergieanlagen ausgewiesen werden sollen. Tatsächlich sei aber nur ein 11,6 ha großer Teilbereich der westlich von K. gelegenen Fläche für ein bis zwei große Windenergieanlagen ausgewiesen. Dies zeige deutlich den Verhinderungscharakter der Planung. In Anwendung der Ausschluss- und Abwägungskriterien seien der Beigeladenen mehrere Fehler unterlaufen. So seien Flächen mit hoher Erholungseignung generell als Ausschlussflächen gewertet worden, obwohl dies nach dem einschlägigen Erlass des Innenministeriums ohne Einzelfallprüfung nicht hätte erfolgen dürfen. Die Annahme eines planerischen 150-m-Abstandes zu Verkehrswegen und Hochspannungsleitungen sei unzulässig. Der Ausschluss der Fläche P. -Süd wegen avifaunistischer Belange sei ebenfalls unzulässig, denn ein Vorkommen besonders gefährdeter Vogelarten wie Schwarzstorch und Eisvogel habe bei der im Auftrag der Widerspruchführerin durchgeführten avifaunistischen Kartierung von Sommer bis Herbst 2000 nicht festgestellt werden können. Dazu legte die Klägerin ein Gutachten der „Q.“ zur Erfassung und Bewertung des Brut- und Rastvogelbestandes am geplanten Windpark „I.“ vor (Bl. 37 bis 51 der Beiakte B).
Am 23. November 2001 legte die Klägerin dem Beklagten einen Nachtrag der „Q.“ zu ihrem Gutachten von März 2001 vor, in dem es heißt, nach den Erfahrungen im Landkreis Weser/Marsch hätten sich Jagd- und Ansiedlungsverhalten der Rohrweihe durch die Anlage von Windenergieanlagen nicht verändert. Ihre Empfindlichkeit gegenüber Windenergieanlagen werde deshalb als gering eingestuft. Während der Kartierarbeiten seien keinerlei Schwarzstorchbeobachtungen gemacht worden. Wenn es sich bei dem Standort I. um ein bedeutendes Nahrungshabitat des Schwarzstorches handeln würde, so hätte aufgrund der Beobachtungsdichte (insgesamt 21 Begehungen) eine Beobachtung während der Kartierung erfolgen müssen.
Mit Stellungnahme vom 25. März 2002 erklärte das niedersächsische Landesamt für Ökologie, die Grundflächen, auf denen die Windenergieanlagen errichtet werden sollten, gehörten zum Brut- und Nahrungshabitat eines Seeadlerpaares, das seit dem Jahr 2000 zwei Nester gebaut, aber nicht erfolgreich gebrütet habe. Die Entfernung der Anlagenstandorte zu den Neststandorten betrage zwar zwischen 1500 und 2000 m und dazwischen verliefen sowohl die A 250 als auch die ICE-Trasse; trotz dieser Vorbelastungen sei eine massive Störung der Seeadler zu erwarten, so dass eine erfolgreiche Brut unmöglich werde. Die geplanten Anlagen lägen in der direkten Verbindung zwischen den Nestern und den Fischteichen zwischen P. und I.. Daraus ergebe sich eine besondere Gefährdung für die wenig wendigen Seeadler, bei Starkwind oder schlechter Sicht mit den Anlagen zu kollidieren, soweit die Fischteiche dann überhaupt noch als Nahrungshabitat genutzt würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2002 hob die Bezirksregierung Lüneburg die Kostenentscheidung des Bescheides des Beklagten vom 5. Juli 2000 auf und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Beteiligung des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie im Widerspruchsverfahren habe ergeben, dass die für die Errichtung von vier Windenergieanlagen vorgesehenen Flächen sich in einem Raum befänden, der seit dem Jahr 2000 von einem Seeadlerpaar besiedelt sei. Zwar sei es bisher zu keiner Brut gekommen; das Paar habe aber zwei Nester gebaut. Der Raum biete geeignete Brut- und Nahrungshabitate, so dass mit erfolgreichem Brüten gerechnet werden könne. Der Seeadler sei in Niedersachsen vom Aussterben bedroht. Der Brutbestand liege in Niedersachsen bei weniger als zehn Paaren. An der Wiederbesiedlung der in Niedersachsen noch geeigneten Gebiete bestehe daher ein öffentliches Interesse. Eine erfolgreiche Wiederbesiedelung setze allerdings eine relative Ungestörtheit innerhalb des großen Aktionsraumes der Art, zumindest aber der Bruthabitate und ihres unmittelbaren Umlandes voraus. Bau und Betrieb der geplanten Anlagen würden voraussichtlich eine so massive Störung der Seeadler bedeuten, dass eine erfolgreiche Brut und damit eine Wiederbesiedlung des Gebietes dauerhaft unmöglich würde. Die Entfernung der Anlagenstandorte zu den Neststandorten betrage zwar zwischen 1.500 m und 2.0000 m und innerhalb dieses Abstandes verlaufe sowohl die A 250 als auch die ICE-Trasse Hamburg-Hannover. Diese Vorbelastungen schlössen aber eine erhebliche Beeinträchtigung nicht aus. Die Auswirkungen dieser Verkehrswege seien andere als die von Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 118 m.
Am 22. Mai 2002 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, aus dem Gutachten der Q. ergebe sich, dass im Begehungszeitraum weder Schwarzstorchbeobachtungen hätten gemacht werden können noch sein ein Habitat der Rohrweihe vorgefunden worden. Belastbares Datenmaterial, das diese Annahme stützen könne, liege nicht vor. Bei den Zählungen der Q. im Jahr 2000, die an zwölf Tagen stattgefunden habe, sei auch ein Seeadlervorkommen an diesem Ort nicht festgestellt worden. Ein solches Vorkommen sei bislang nirgends öffentlich bestätigt worden. Insbesondere sei ihr - der Klägerin - bislang nicht mitgeteilt worden, wo sich genau der Standort des Seeadlerpaares in den letzten Jahren befunden habe und wo das Paar sich zur Zeit befinde, falls es überhaupt noch in der Region sei. Bei einem Abstand von 2 km zu den ursprünglich geplanten vier Windenergieanlagen, von denen bereits zwei nicht weiterverfolgt würden, sei es ohnehin unwahrscheinlich, dass sich ein Seeadlerpaar von Windenergieanlagen vertreiben lassen würde. Dass die Seeadler nicht so empfindlich seien, wie dies durch das NLÖ vorgetragen werde, ergebe sich bereits daraus, dass die A 250 und auch die ICE-Trasse die Seeadler scheinbar nicht stören würden. Vielmehr habe sich im Windpark R. sogar ein Seeadlerpaar angesiedelt, das durch die Anlagen offensichtlich nicht gestört werde.
Die Rechtsprechung der Kammer im Hinblick auf die Annahme der Wirksamkeit des Regionalen Raumordnungsprogramms 2000 des Beklagten werde nicht für zutreffend gehalten. Windenergieanlagen seien nicht in der Regel bereits bei einer Höhe von 100 m im Flachland raumbedeutsam. Zudem sei das Regionale Raumordnungsprogramm 2000 zumindest nicht abschließend im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn nicht sogar erheblich abwägungsfehlerhaft und damit unwirksam. Das Raumordnungsprogramm liste in der Tabelle auf Seite 169 im Rahmen der Erläuterungen nahezu ausschließlich die in den Gemeinden aufgrund gemeindlicher Planung bereits errichteten oder konkret geplanten Windenergieanlagen nach Anlagenzahlen und Leistungen auf, dies allerdings noch nicht einmal vollständig. Der Beklagte habe damit alle zutreffenden Planungsmaßstäbe über Bord geworfen und habe nur die bereits ge- und beplanten und zum Teil bereits genehmigten, überwiegend sehr kleinen Vorhabenstandorte als Vorrangstandorte ausgewiesen, sei aber offenbar selbst davon ausgegangen, dass dies keine abschließende Planung darstellen könnte, und aus den weiteren Flächen, die für die Ausweisung als Vorrangstandorte für Windenergienutzung geeignet erschienen, in einem späteren Planverfahren weitere auszuwählen sein würden. Eine solche Vorgehensweise stelle aber keine wirksame und abschließende Konzentrationsplanung dar. Die vom Beklagten angenommene Mindestgröße für Windparks von 10 ha sei überholt und stamme aus der Pionierzeit der Windenergienutzung in Deutschland; derzeit sei von Flächengrößen von mindestens 20 ha auszugehen. So habe der Beklagte auf den Gebieten der Samtgemeinde S., der Samtgemeinde T. und der Gemeinde U. überhaupt keine Ausweisung eines Vorrangstandortes vorgenommen. Für die große Samtgemeinde V. sei durch die bloße Übernahme ihrer Planung lediglich eine extrem kleine Fläche vorgesehen, auf der lediglich zwei Windenergieanlagen errichtet worden seien. Es sei bundesweit einmalig, dass in Regionalplänen so kleine „Vorrangstandorte“ ausgewiesen würden, wie dies im Raumordnungsprogramm des Beklagten in sechs von zehn Fällen mit Flächengrößen zwischen 7,6 ha und 11,6 ha geschehen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 5. Juli 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 22. April 2002 zu verpflichten, ihr einen Bauvorbescheid zur Errichtung von zwei Windkraftanlagen für die beiden Standorte WEA 2 und WEA 4 zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, der Raum zwischen I. und P. sei ein bedeutender Standort für den Seeadler geworden. Das seit einigen Jahren beobachtete Seeadlerpaar habe seinen Horst in der Nähe des N. sees, der in den 80er Jahren im Zuge des Autobahnbaus entstanden sei. Die Seeadler seien regelmäßig seit 2000 in der Nähe des Sees beobachtet worden von Herrn W., Angestellter in der Abteilung Natur- und Landschaftspflege des Beklagten. Dies ergebe sich aus dessen Beobachtungsdatei vom 6. April 2004. Mit großer Sicherheit dasselbe Seeadlerpaar werde regelmäßig im Raum X. an der Elbe beobachtet und komme meist von Süden angeflogen und fliege dorthin. Auch wenn die Seeadler vorübergehend nicht beobachtet werden sollten, so sei jedenfalls der Raum um den N. see ein offenkundig geeignetes Bruthabitat; die Wege zu den Futterplätzen führten u.a. über den Raum zwischen P. und I..
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie trägt vor, mit der 20. Änderung ihres Flächennutzungsplanes vom 30. Juni 2003 habe sie neben der bereits bebauten Vorrangfläche in K. eine weitere Fläche zur Nutzung der Windenergie zwischen den Ortsteilen Y. und L. dargestellt. Der von der Klägerin ins Auge gefasste Standort für zwei Windkraftanlagen sei auch bei dieser Planung unberücksichtigt geblieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Beigeladenen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheides für die von ihr geplanten zwei Windenergieanlagen.
1. Das Vorhaben der Klägerin steht mit § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht in Einklang, der raumbedeutsame Windenergieanlagen außerhalb von festgesetzten Konzentrationsflächen in der Regel ausschließt, soweit hierfür als Ziel der Raumordnung an anderer Stelle eine Ausweisung erfolgt ist.
Zur Raumbedeutsamkeit von Windenergieanlagen hat die Kammer in ihrem Urteil vom 8. Juli 2003 (2 A 62/02) ausgeführt:
„a. Wann Windenergieanlagen die Schwelle zur Raumbedeutsamkeit überschreiten, ist bisher nicht abschließend geklärt. Eine gesetzgeberische Regelung fehlt. Das Niedersächsische Innenministerium hat in seinem Erlassentwurf vom Juli 1997 an die Träger der Regionalplanung die Auffassung vertreten, im Interesse einer einheitlichen Anwendung des Raumordnungsrechts sei in der Regel von einer Raumbedeutsamkeit von Einzelanlagen auszugehen, wenn diese eine Nabenhöhe von mehr als 50 m erreichten. Die Fachabteilungen des Beklagten sind im Baugenehmigungsverfahren davon ausgegangen, dass Raumbedeutsamkeit ab einer Gesamthöhe der Anlage von 100 m zu bejahen sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 2. August 2002 (Az. 4 B 36/02; juris) die Auffassung vertreten, die Frage, bei welcher Größenordnung die Raumbedeutsamkeit einer Windenergieanlage beginne, lasse sich nicht mit einer bestimmten Meterangabe beantworten. Als „raumbedeutsam“ qualifiziere der Gesetzgeber nicht bloß Planungen und Maßnahmen, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen werde, sondern - wie § 3 Nr. 6 ROG zeige - auch solche, durch die die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflusst werde. Wann das Merkmal der Raumbeeinflussung erfüllt sei, sei eine Frage der Würdigung des Einzelfalls (BVerwG, aaO). Es billigte die Auffassung der Vorinstanz (VGH München, Urt. v. 22.5.2002 - 26 B 01.2234 -, DÖV 2002, 744 [VGH Bayern 22.05.2002 - 26 B 01.2234]), die eine Windenergieanlage wegen ihrer Gesamthöhe von knapp 100 m, ihrer vertikalen Ausdehnung und ihren Wirkungen auf die weitere Umgebung als raumbedeutsam eingestuft hatte. In seiner Entscheidung vom 13. März 2003 (Urt. v. 13.3.2003 - 4 C 4/02 -, NVwZ 2003, 738) hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz in dessen Urteil vom 28. Februar 2002 (Az. 1 A 11625/01, BauR 2002, 1053) bestätigt, das eine Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 70,5 m und einem Rotordurchmesser von 54 m (was eine Gesamthöhe von knapp unter 100 m ergeben dürfte) aufgrund ihrer Sichtbarkeit als raumbedeutsam bewertet hatte, da sie erheblich auf den Raum und seine Landschaft einwirke. Das Verwaltungsgericht Gera hat mit seinen Urteilen vom 4. August 2002 (Az. 4 K 1744/00 GE u. 4 K 808/01 GE, Vnb) einzelne Windkraftanlagen bei einer Höhe von 85 m und einem Standort auf einer Hochfläche sowie mit einer Gesamthöhe von 131 m (98 m Nabenhöhe + 33 m Rotorradius) als raumbedeutsam bewertet. In seiner Entscheidung vom 9. November 2000 hat das Verwaltungsgericht Weimar eine einzelne Windkraftanlage als in der Regel raumbedeutsam eingestuft, wenn sie höher als 100 m sei und im Flachland oder im übrigen auf einem ansteigenden Hang oder auf einer Bergkuppe errichtet werden solle (VG Weimar, Urt. v. 9.11.2000 - 1 K 654/00 -, NuR 2001, 536). Nach Angaben des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen hat das Oberverwaltungsgericht Magdeburg in seinem Urteil vom 12. Dezember 2002 (Az. 2 L 456/00) - unter Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (Beschl. v. 29.8.2001 - 2 M 130/01 -) zwei 100 m hohe Windenergieanlagen für raumbedeutsam gehalten, wohingegen das VG Magdeburg dies in seinem Urteil vom 16. Januar 2002 (Az. 4 A 320/00 MD) für zwei 133 m hohe Anlagen verneint habe. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 2. April 2003 (Az. 7 B 235/03, BauR 2003, S. 1019) die Zielsetzung einer Gemeinde, Windenergieanlagen mit einer Höhe von mehr als 100 m in einer flächennutzungsplanmäßig ausgewiesenen Konzentrationszone auszuschließen, als legitime planerische Zielsetzung bezeichnet.
b. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Schwelle der Raumbedeutsamkeit für einzelne Windenergieanlagen im Flachland in der Regel bei einer Gesamthöhe von 100 m erreicht wird und Anlagen mit einer derartigen Höhe daher grundsätzlich nur in raumplanungsrechtlich ausgewiesenen Vorranggebieten errichtet werden können. Windenergieanlagen sind aufgrund ihrer geringen Grundfläche zwar nicht als „raumbeanspruchend“ einzustufen, sie sind aufgrund der von ihnen ausgehenden optischen Wirkungen ab dieser Höhe jedoch als raumbeeinflussend und wegen der um ihre Standorte herum einzuhaltenden Abstände auch als raumwirksam anzusehen (ebenso: VGH München, aaO). Bei einer Höhe von 100 m liegt der Schwellenwert für die luftfahrtrechtliche Relevanz, aus Gründen der Flugsicherung ist ab dieser Höhe eine Tageskennung der Rotorspitzen in Leuchtfarben und eine Nachtkennung durch Blinkfeuer erforderlich (vgl. OVG Münster, aaO), was die optische „Präsenz“ der Anlagen in der Landschaft (nochmals) - regelmäßig bis hin zur Dominanz - steigert. Im Hinblick darauf, dass die Genehmigung von Windenergieanlagen für die Bauaufsichtsbehörden derzeit ein „Massenphänomen“ ist und sich die örtlichen Verhältnisse im norddeutschen Flachland in der Regel nicht derartig stark voneinander unterscheiden, dass eine nach Standorten differenzierte Betrachtung zwingend geboten ist, hält die Kammer eine klare Grenzziehung für die Frage der Raumbedeutsamkeit von Einzelanlagen aufgrund ihrer Gesamthöhe für den „Regelstandort“ für geboten und auch für möglich, was eine abweichende Beurteilung im Einzelfall aufgrund atypischer Besonderheiten nicht ausschließt.“
An diesem Maßstab hält die Kammer auch nach erneuter Überprüfung und vor dem Hintergrund, dass über die Berufung gegen das Urteil vom 8. Juli 2003 noch nicht entschieden worden ist, fest. Auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in seinem Urteil vom 20. Februar 2003 (- 1 A 11406/01 - NVwZ-RR 2003, 619) keinen Zweifel daran gehegt, dass eine Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 70 m und einem Rotorradius von 29 m ein raumbedeutsames Vorhaben sei. Zur Begründung hat es sich dabei ausschließlich auf den bereits oben zitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2002 (- 4 B 36/02 - , inzwischen veröffentlicht in BauR 2003, 837) bezogen. Demgegenüber sind der Kammer Entscheidungen von Oberverwaltungsgerichten seit dem 8. Juli 2003, die sich an deutlich anderen Kriterien orientieren, nicht bekannt; insbesondere hat sich bislang das niedersächsische Oberverwaltungsgericht zu dieser Frage nicht grundlegend geäußert.
2. Dem demnach als raumbedeutsam einzustufenden Vorhaben der Klägerin - 2 Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils 120 m - steht die Ausweisung von Vorrangflächen für die Windenergienutzung im Regionalen Raumordnungsprogramm 2000 des Beklagten, das vom Kreistag am 8. Juli 1999 durch Satzung beschlossen worden ist, entgegen.
Die Kammer hält die Ausweisungen dieses Regionalen Raumordnungsprogramms für wirksam. Sie hat dazu in ihrem Urteil vom 8. Juli 2003 (2 A 62/02) ausgeführt:
“Allerdings hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem im Eilverfahren ergangenen Beschluss vom 20. Dezember 2001 (Az. 1 MA 3579/01) erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der Aussagen des Regionalen Raumordnungsprogramms zur Windenergienutzung geäußert.
a. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte seine Bedenken u.a. darauf gegründet, dass der Beklagte im Eilverfahren die Auswahl von 10 Standorten aus ca. 50 für Windenergieanlagen geeigneten Standorten damit begründet hatte, dass diese „... vor allem deswegen übernommen (worden seien), weil auf diesen Standorten zunächst der bekannte Bedarf gedeckt werden konnte und sich für diese Standorte das Einvernehmen der beteiligten Gemeinden erzielen ließ“. Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat hierin keine sachgerechte regionalplanerische Abwägung gesehen, weil damit die gebotene übergeordnete regionalplanerische Sicht durch die Partikularinteressen der Gemeinden ersetzt werde. Die daraus resultierenden Zweifel sind vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren aber ausgeräumt worden.
Der Beklagte hat sich mit der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts in seinem Schriftsatz vom 12. März 2002 im Verfahren 2 B 19/02 auseinandergesetzt und ausgeführt, dass sich aus den Verfahrensakten über die Aufstellung des Regionalen Raumplanungsverfahrens 2000 nachweisen lasse, dass im Aufstellungsverfahren keineswegs einseitig und in allen Fällen den Wünschen und Interessen der beteiligten Gemeinden gefolgt worden sei. Im ersten Entwurf des Raumordnungsprogramms aus dem Jahr 1997 seien bei der kreisweiten Suche nach geeigneten Vorrangstandorten für Windenergienutzung insgesamt 45 Flächen, die im Umkreis von bis zu 3 km Entfernung zu vorhandenen Umspannwerken Windgeschwindigkeiten zwischen 5 und 5,5 m pro Sekunde erwarten ließen, dargestellt gewesen. Den daraufhin abgegebenen Stellungnahmen der Gemeinden habe die dann beschlossene Fassung des Raumordnungsprogramms keineswegs in allen Fällen Rechnung getragen. So habe die Samtgemeinde L. in ihrem Schreiben vom 26. Februar 1998 einen Vorrangstandort bei M. vorgeschlagen, der nicht ausgewiesen worden sei. Ferner habe die Stadt N. im Schreiben vom 16. Februar 1998 drei Flächen für Vorrangstandorte vorgeschlagen, die nicht in Betracht gekommen seien. Schließlich habe auch die Samtgemeinde O. sich nicht mit ihrer Vorstellung durchsetzen können, Vorrangstandorte für Windkraftanlagen erst nach einem Änderungsverfahren für den Flächennutzungsplan und der dafür erforderlichen Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange durchzuführen. Daraus ergebe sich, dass keineswegs in allen Fällen den Vorstellungen der Gemeinden gefolgt worden sei, wenn schließlich zehn Vorrangstandorte in das Regionale Raumordnungsprogramm 2000 übernommen worden seien. Die Ausweisung beruhe vielmehr auf sorgfältiger und ordnungsgemäßer Planung und Abwägung.
b. Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht seine Zweifel an der Verbindlichkeit „... der Ziele der Raumordnung auch im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Außenbereichsvorhabens“ darauf gestützt hat, dass diesen wohl kein strikter und unabdingbarer Geltungsanspruch beigemessen werden könne, weil das Regionale Raumordnungsprogramm ohne Beteiligung Privater aufgestellt und damit die Berücksichtigung der Belange der privaten Eigentümer in der Abwägung zu kurz gekommen sei, vermag die Kammer sich dem nicht anzuschließen.
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthält eine klare gesetzgeberische Aussage, die auch im Lichte verfassungsrechtlicher Erwägungen nicht relativiert werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2003, aaO). § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB schließt die Zulassung bestimmter Vorhaben „in der Regel“ aus, wenn für sie in Regionalen Raumordnungsprogrammen Vorrangflächen ausgewiesen sind. Die Rechtswirksamkeit derartiger Regionaler Raumordnungsprogramme richtet sich nach dem Raumordnungsrecht des Bundes und des Landes Niedersachsen. Dabei ist zu beachten, dass § 10 ROG Planerhaltungsvorschriften enthält, die § 10 NROG übernimmt. So ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ROG und - gleichlautend - nach § 10 Abs. 1 Satz 1 NROG eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften - wie sie nach Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (aaO) auch in der Nichtbeteiligung privater Eigentümer von Potentialflächen wohl zu sehen wäre - bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen unbeachtlich, wenn diese nicht innerhalb eines Jahres geltend gemacht wird. Dass entsprechende Einwendungen fristgerecht geltend gemacht worden sind, ist vorliegend aber weder vorgetragen, noch ersichtlich.
Hinzu kommt, dass nach § 10 Abs. 2, 2. Fall NROG Abwägungsmängel, die weder offensichtlich noch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind, unbeachtlich sind und die Rechtswirksamkeit des Regionalen Raumordnungsprogramms daher nicht beeinflussen. Bei der Festlegung von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung für die Windenergienutzung gehören zum Abwägungsmaterial auch die privaten Belange der Eigentümer der zur Windenergienutzung geeigneten Flächen. Die Aufgabe der Raumordnung als einer zusammenfassenden, übergeordneten Planung, ihre weiträumige Sichtweise und ihr Rahmencharakter berechtigten die Planungsträger nach der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 13.3.2003, aaO) allerdings dazu, das Privatinteresse an der Nutzung der Windenergie auf geeigneten Flächen zu unterstellen und als typisierende Größe in die Abwägung einzustellen. Dabei darf der Träger der Regionalplanung auch berücksichtigen, dass die Privatnützigkeit der Flächen, die von der Ausschlusswirkung der Konzentrationsentscheidung erfasst werden, zwar eingeschränkt, aber nicht beseitigt wird. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Grundstücke verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Grundstücks (BVerwG, Urt. v. 13.3.2003, aa0, m.w.N.).
Hiervon ausgehend ist für die Kammer nicht erkennbar, dass der Aufstellung und Verabschiedung des Regionalen Raumordnungsprogramms 2000 des Beklagten beachtliche Abwägungsfehler bei der Berücksichtigung der Interessen der privaten Grundeigentümer zu Grunde lägen, wie es das Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2001 gemutmaßt hat.“
An dieser Einschätzung hält die Kammer auch angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Verhinderungsplanung fest.
Zur Regionalplanung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. März 2003 (BVerwG 4 C 4.02 , NVwZ 2003, 738) ausgeführt:
“§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt die Errichtung von Windenergieanlagen (sowie anderer Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB) im gemeindlichen Außenbereich unter einen Planungsvorbehalt, der sich an die Gemeinden als Träger der Flächennutzungsplanung und an die Träger der Raumordnungsplanung, insbesondere der Regionalplanung, richtet. Der Planungsvorbehalt setzt gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Windenergieanlagen an bestimmten Standorten voraus, durch die zugleich ein Ausschluss der Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben wird. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verleiht derartigen Festlegungen rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bauantragsteller mit der Folge, dass Vorhaben außerhalb der Konzentrationszonen in der Regel unzulässig sind.
Die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen bedingen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen habe, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) "Verhinderungsplanung" ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum schaffen. Eine "Verhinderungsplanung" liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt.
Wo die Grenze zur unzulässigen "Negativplanung" verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum entschieden werden. Entgegen der Revision ist allein der Umstand, dass der Träger der Regionalplanung den gesamten Außenbereich einzelner Gemeinden zur Ausschlussfläche erklärt hat, noch kein Indiz für eine "Verhinderungsplanung". Die Sperrung eines oder mehrerer Außenbereiche für die Windenergienutzung kann aus Sicht der Regionalplanung, die großräumigen und übergreifenden Leitvorstellungen der Raumentwicklung verpflichtet ist und wirtschaftliche Ansprüche mit den sozialen und ökologischen Erfordernissen der Siedlungs- und Freiraumstruktur in Einklang zu bringen hat (vgl. §§ 1 und 2 ROG), gerechtfertigt sein, um die Errichtung von Windkraftanlagen im Planungsraum so zu steuern, dass das übergemeindliche Konzept zum Tragen kommt.“
Zum Begriff der Verhinderungsplanung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (4 C 15/01) für einen gemeindlichen Flächennutzungsplan ausgeführt:
“Der Gemeinde ist es daher verwehrt, den Flächennutzungsplan als Mittel zu benutzen, das ihr dazu dient, unter dem Deckmantel der Steuerung Windkraftanlagen in Wahrheit zu verhindern. Mit einer bloßen "Feigenblatt"-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, darf sie es nicht bewenden lassen. Vielmehr muss sie der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die Windenergienutzung in substantieller Weise Raum schaffen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bietet keine Handhabe dafür, die Zulassung von Windkraftanlagen in der Weise restriktiv zu steuern, dass die Gemeinde sich einseitig von dem Ziel leiten lässt, die Entfaltungsmöglichkeiten dieser Nutzungsart auf das rechtlich unabdingbare Minimum zu beschränken. Der Gesetzgeber gestattet es, das durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB rechtlich geschützte Nutzungsinteresse in der Konkurrenz mit anderen Abwägungsbelangen ggf. zurückzustellen. Ein solches "Wegwägen" ist indes rechtfertigungsbedürftig. Ist die Planung nicht durch Abwägungsoffenheit gekennzeichnet, sondern in einer bestimmten Richtung vorgeprägt, so sind Abwägungsdefizite vorprogrammiert. Wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Beschränkt sich die Gemeinde darauf, eine einzige Konzentrationszone auszuweisen, so ist dies, für sich genommen, noch kein Indiz für einen fehlerhaften Gebrauch der Planungsermächtigung. Auch Größenangaben sind, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet. Die ausgewiesene Fläche ist nicht nur in Relation zu setzen zur Gemeindegröße, sondern auch zur Größe der Gemeindegebietsteile, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen. Dazu gehören nicht zuletzt die besiedelten Bereiche, zusammenhängende Waldflächen sowie Flächen, die aufgrund der topographischen Verhältnisse im Windschatten liegen. Eignet sich nur ein geringer Teil des Gemeindegebiets für eine Windenergienutzung, so lässt sich eine im Vergleich zur Gesamtgröße kleine Konzentrationszone schon aus diesem Grunde nicht als Indikator für eine missbilligenswerte Verhinderungstendenz werten.“
Nach der Entscheidung des OVG Lüneburg vom 28. Januar 2004 (- 9 LB 10/02 - , NST-N 2004, 90) sind daraus folgende Grundsätze abzuleiten:
Der Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ermöglicht es der Gemeinde , Windkraftanlagen durch Darstellung im Flächennutzungsplan auf bestimmte Standorte zu konzentrieren. Er erlaubt ihr aber nicht, das gesamte Gemeindegebiet für die Vorhaben zu sperren. Der Gemeinde ist es andererseits verwehrt, durch die Darstellung von Flächen, die für die vorgesehene Nutzung objektiv ungeeignet sind oder sich in einer Alibifunktion erschöpfen, Windkraftanlagen unter dem Deckmantel der Steuerung in Wahrheit zu verhindern. Die Gemeinde muss dagegen nicht sämtliche Flächen, die sich für Windkraftanlagen eignen, gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in ihrem Flächennutzungsplan auch darstellen. Bei der Gebietsauswahl und dem Gebietszuschnitt braucht sie die durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB gestützten Interessen in der Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen nicht vorrangig zu fördern (keine spezielle Förderungspflicht).
An diesem Maßstab stellt sich das Regionale Raumordnungsprogramm 2000 des Beklagten nicht als unzulässige Verhinderungsplanung dar. Eine missbilligenswerte Verhinderungstendenz vermag die Kammer dem vorgelegten „Regionalen Raumordnungsprogramm 2000“ nicht zu entnehmen.
Der Beklagte ist bei seiner Planung wie folgt vorgegangen:
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In einem ersten Schritt hat er aufgrund eines Ausschluss- und Abwägungskataloges Flächen bestimmt, die für eine Windkraftnutzung ungeeignet sind, und, darauf aufbauend, anhand eines weiteren Kriterienkataloges Flächen, die empfehlenswert sind.
Für die Negativplanung hat er folgende Ausschlusskriterien gewählt (vgl. S. 20 des Erläuterungsberichts zum RROP):
- Naturschutzgebiete (§ 24 NNatG)
- Naturdenkmale (§ 27 NNatG),
- besonders geschützte Biotope (§ 28 a und b NNatG)
- Wallhecken (§ 33 NNatG)
- Vorranggebiete für Natur und Landschaft (RROP)
- Vorranggebiete für die Rohstoffgewinnung
- Überschwemmungsgebiete
- Wald
- Siedlungsbereiche
- Flächen mit hoher Erholungseignung
- bestehende und geplante Freizeitanlagen, soweit Nutzungskonflikte bestehen
- Verkehrs- und Wasserflächen.
Als Abwägungskriterien hat er Landschaftsschutzgebiete (§ 26 NNatG), geschützte Landschaftsbestandteile (§ 28 NNatG) und avifaunistisch wertvolle Gebiete von lokaler und höherer Bedeutung angenommen und die Mindestabstände zu anderen Nutzungen bzw. der Vorrangstandorte zueinander entsprechend den Empfehlungen des Nds. Innenministeriums von 1996 festgelegt.
Diese Vorgehensweise entspricht exakt den im Erlass des Nds. Innenministeriums vom 11. Juli 1996 genannten Restriktionen und Empfehlungen und ist nicht zu beanstanden, auch wenn der Erlass nach einer Neufassung vom 26. Januar 2004 nicht mehr anzuwenden ist und das Nds. Innenministerium nunmehr einen Mindestabstand von 1000 m zur Wohnbebauung (bisher: 750 m) für erforderlich hält (vgl. zum Vorgehen bei der Negativplanung OVG Lüneburg, Urteil v. 28.1.2004 , a.a.O.).
Auch die anschließend erfolgte Positivplanung anhand der Kriterien Energiepotential (Windgeschwindigkeit von min. 5 m/s in 40 m Höhe) und Infrastruktur sowie die dann aufgrund einer Einzelfallprüfung gewonnenen Vorrangstandorte für Windenergiegewinnung sind planungsrechtlich nicht zu beanstanden
Nachvollziehbar ist auch die vom Beklagten vorgenommene Positivplanung, nach der als Standorte vorrangig Gebiete in Frage kommen, bei denen der Eingriff in das Landschaftsbild als geringfügig(-er) angesehen werden kann, wie in ausgeräumten Agrarlandschaften und durch moderne Siedlungstätigkeit, größere Verkehrsflächen u.ä. geprägte Räume. Die nach Auswertung der Präferenz-, Abwägungs- und Taburäume vorgenommene Konzentration auf drei raumordnerisch geeignete Landschaftskorridore, nämlich westlich der Bundesstraße 3 (Z. /AA.), ferner nördlich der B75 im Bereich AB. und AC. sowie im Nahbereich der A7 in einem nahezu linearen Bereich östlich und westlich der Abfahrt AD. ist nach Einschätzung der Kammer auf sachgerechte Kriterien gestützt und hat keine erkennbare Verhinderungstendenz. Bei der Bewertung ist nämlich auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - zu berücksichtigen, dass der Beklagte auch nach der o.g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durchaus nicht in jeder größeren Gemeinde Vorrangflächen für Windenergieanlagen ausweisen muss, sondern die Vorrangstandorte entsprechend seinen raumplanerischen Vorstellungen auf bestimmte Teilbereiche konzentrieren darf; dass seine Planung letztlich zu einer Kontingentierung der Windkraftanlagen führt, ist dabei nicht nur Ergebnis seiner Planung, sondern im wesentlich auf die derzeit bestehende starke Nachfrage nach Standorten zurückzuführen.
Auch die zuletzt vom OVG Lüneburg dargestellten Grundsätze (s.o.) sind nicht verletzt.
Der Beklagte hat weder das gesamte Kreisgebiet gesperrt noch objektiv ungeeignete Flächen („Alibiplanung“) ausgewiesen. Eine Verhinderungsplanung wäre dann allenfalls noch anzunehmen, wenn man die vom Beklagten ausgewiesenen Vorrangflächen von der Zahl und Größe her als völlig unzureichend ansehen müsste. Das ist aber nach Einschätzung der Kammer nicht der Fall.
Bei der Planung des Beklagten ist besonders zu bewerten, dass das Kreisgebiet wesentliche Naherholungsfunktion für die Stadt AE. hat und von der Gesamtfläche des Landkreises Harburg von 1.244,33 km² Ende 1993 ca. 38.000 ha , also etwa 30 %, als Natur- und Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen waren. Angesichts dieser Besonderheit des einerseits durch die Großstadtnähe, andererseits durch die Heidelandschaft geprägten Kreisgebietes, das durch seine Lage fernab der Küste auch nicht in besonderer Weise für die Energiegewinnung durch Windkraftanlagen geeignet ist, hält die Kammer die tatsächlich ausgewiesenen zehn Vorrangstandorten, die nach den Planungen des Beklagten auf einer Fläche von 203,7 ha Platz für 35 bis 38 Windkraftanlagen mit 44,55 bis 45,6 MW bieten sollen (vgl. Tabelle S. 169 Beiakte E), für ausreichend.
Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass sich die Regionalplanung des Beklagten, worauf schon der Erlass des Nds. Innenministeriums vom 11. Juli 1996 hinweist, grundsätzlich auf raumbedeutsame Windenergieparks oder raumbedeutsame einzelne Windenergieanlagen an besonders herausgehobenen Standorten beschränken muss; die Frage der Planung einzelner Gemeinden für nicht raumbedeutsame Anlagen bleibt davon unberührt.
Nicht zu beanstanden ist die Planung des Beklagten schließlich wegen der (geringen) Größe der ausgewiesenen Flächen; wenn der Beklagte aus S. 169 seines Raumordnungsprogrammes ausführt, es werde, um der begrenzten Fläche, die in einem verdichteten Ordnungsraum für den weiteren Ausbau der Windenergie zur Verfügung stehe, Rechnung zu tragen, in Zukunft für die Planungsträger darauf ankommen, einer größtmöglichen Leistung der Einzelanlagen den Vorzug vor einer größeren Zahl kleinerer Anlagen zu geben, stellt dies eine tragfähige Erwägung dar; der Beklagte ist nicht verpflichtet, großräumige Windparks zu planen.
3. Die Kammer sieht auch keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Vorhabens auf der Grundlage der Annahme des in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthaltenen „Ausnahmevorbehalts“ für atypische Einzelfälle (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2003, aaO). Die Verwendung des Begriffs „in der Regel“ in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zeigt zwar, dass im Rahmen einer nachvollziehenden, die allgemeine gesetzliche Wertung für den Einzelfall konkretisierenden Abwägung das Interesse der Klägerin an der Verwirklichung des privilegierten Vorhabens und die jeweils berührten öffentlichen Belange zu gewichten sind (NdsOVG, Urt. v. 21.7.1999 - 1 L 5203/96 -, NVwZ 1999, 1358). Der „Ausnahmevorbehalt“ stellt ein Korrektiv dar, das unverhältnismäßigen (unzumutbaren) Beschränkungen des Grundeigentümers in Sonderfällen vorbeugt, ohne dass damit die Grundzüge der Planung in Frage gestellt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2003, aaO). Die damit vorzunehmende Gewichtung fällt nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts regelmäßig zu Ungunsten des privilegierten Vorhabens aus, wenn sich der zuständige Planungsträger - wie hier - mit der Frage der Zulässigkeit von Windenergieanlagen außerhalb der von ihm besonders dargestellten Eignungsflächen auseinandergesetzt hat (Nds. OVG, Urt. v. 21.7.1999, aaO). Irgendwelche Gesichtspunkte, die vorliegend eine Ausnahme zu Gunsten des gewählten Standortes außerhalb der Konzentrationsflächen begründen könnten, sind von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden.
4. Ob dem Vorhaben der Klägerin zudem Belange des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen stehen, wie im Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg ausführlich dargelegt, kann hier offen bleiben, zumal weder das tatsächliche Vorkommen und der genaue Horststandort der Seeadler geklärt sind noch es gesicherte Erkenntnisse über die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Seeadler gibt (vgl. einerseits die von der Klägerin vorgelegten Berichte über eine Seeadler-Ansiedlung im Windpark R., andererseits die Berichte über Kollisionen von Seeadlern mit Windkraftanlagen in den Lübecker Nachrichten vom 14.4. 2004 sowie im Jahresbericht 2003 der Projektgruppe Seeadlerschutz Schleswig-Holstein e.v.). Die durch den Hilfsbeweisantrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen erweisen sich daher nicht als entscheidungserheblich, so dass die Kammer nicht gehalten war, diesen Fragen nachzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung ist durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, da die Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung haben, nach welchen Kriterien sich die Raumbedeutsamkeit von Windkraftanlagen bestimmt und wann bei einem Raumordnungsprogramm eine Verhinderungsplanung im Sinne der o.g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzunehmen ist, insbesondere, in welchem Verhältnis die ausgewiesenen Flächen zu den ermittelten Potentialflächen stehen müssen (§ 124a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).