Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 19.04.2004, Az.: 1 A 320/02

Abschiebung; Abschiebungsschutz; Abschiebungsverbot; Asyl; Asylbewerber; Ausländer; Drittstaat; Einreise; Flughafen; Flüchtling; Glaubwürdigkeit; Moslem-Liga; objektiver Nachfluchtgrund; Pakistan; PML; subjektiver Nachfluchtgrund; Zufluchtgewährung; Zwischenstopp

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
19.04.2004
Aktenzeichen
1 A 320/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50935
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Drittstaatenregelung des Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylVfG ist auch bei einem Zwischenstopp auf dem Flughafen eines Nachbarstaates (Frankreich) anwendbar.
2. Der Gedanke der Zufluchtgewährung setzt für das Abschiebungsverbot des § 51 Abs. 1 AuslG einen Kausalzusammenhang zwischen einer drohenden Verfolgung im Heimatland und der Flucht bzw. dem Aufenthalt in Deutschland voraus. Ist eine Verfolgung im Falle der Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, so ist Zuflucht zu gewähren.
3. Nachfluchtgründe, die auf Vorgänge oder Ereignisse im Heimatland des Schutzsuchenden ohne dessen Zutun zurückgehen, sind berücksichtigungsfähig und schutzrelevant.
4. Einzelfall der Gewährung von Abschiebungsschutz gem. § 51 Abs. 1 AuslG.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt seine Anerkennung als Asylberechtigter und Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG und § 53 AuslG.

2

Der am 6. Februar 1960 in A. geborene Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger punjabischer Volkszugehörigkeit und moslemischen Glaubens. Nach seinen Angaben reiste er am 30. Juni 2002 mit Hilfe eines Schleppers und mit Hilfe eines gefälschten Reisepasses mit einem Zwischenstopp in Frankreich auf dem Luftweg ein und stellte am 3. Juli 2002 einen Asylantrag, den er bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 10. Juli 2000 im Wesentlichen wie folgt begründete: Er habe vier Jahre lang die Schule besucht und mit seiner Mutter und seinen zwei Schwestern in seinem Heimatdorf A. gelebt. Er sei zu Hause in der Landwirtschaft tätig gewesen und habe einige Leute gehabt, die für ihn gearbeitet hätten. Sein Vater sei vor ca. zwölf Jahren verstorben. Er habe sein Heimatdorf Ende Juni 2002 verlassen und sei nach Karachi gegangen. Von dort sei er mit dem Flugzeug nach Deutschland geflogen. Sein Bruder lebe hier in Deutschland, sei mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und habe ein Kind. Er gehöre seit sechs Jahren zur Moslem-Liga und sei Vorsitzender des Gemeinderates sowie Präsident des Wohlfahrtsausschusses gewesen. In der Zeit von Sharif sei er drei Mal gewählt worden. Er habe Probleme mit einem Mann namens B. von der PPP gehabt. Er sei gegen diesen Mann eingestellt gewesen und habe öffentlich gegen ihn gesprochen sowie auch Kundgebungen gegen ihn organisieren lassen. Dieser B. habe ihn töten lassen wollen und deshalb Mitte letzten Jahres ein paar Leute zu ihm nach Hause geschickt. Versehentlich hätten diese Leute aber seine Mutter erwischt und schwer verletzt. Sie habe im Militärkrankenhaus behandelt werden müssen und sei jetzt schwerbehindert. Er selbst sei seit 1 1/2 Jahren auf der Flucht und habe sich mal hier und mal dort versteckt. Nachdem Musharaf an die Macht gekommen sei, sei er einen Monat später für flüchtig erklärt worden. Hierüber habe er auch Unterlagen zu Hause. Er sei in Pakistan im vergangenen Jahr sieben Mal verhaftet und in verschiedene Verfahren verwickelt worden, und zwar immer auf Veranlassung des B. Ihm sei Korruption vorgeworfen und gegen ihn seien verschiedene andere Anschuldigungen erhoben worden. Diese Anschuldigungen seien aber alle unberechtigt gewesen, er sei nur an einer einzigen Schlägerei beteiligt gewesen, die im letzten Jahr stattgefunden habe. Durch Freunde und Beziehungen habe er versucht, die Sache aus der Welt zu schaffen. Aber der B. habe mehr Einfluss gehabt und er, der Kläger, habe nichts gegen ihn unternehmen können.

3

Mit Bescheid vom 6. Dezember 2002 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag des Klägers ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zugleich forderte es ihn zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung nach Pakistan an. Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen an, der Kläger könne sich aufgrund seiner Einreise aus Frankreich nicht auf das Grundrecht nach Art. 16 a Abs. 1 GG berufen. Ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG bestehe nicht, da das Vorbringen des Klägers unglaubhaft sei. Seine Ausführungen seien vage und es mangele an Details. Hinsichtlich des B. mache der Kläger eine Drittverfolgung durch Privatleute geltend. Diesen Maßnahmen könne er dadurch begegnen, dass er staatliche Hilfe in Anspruch nehme. Zudem sei es ihm zuzumuten, seinen Wohnsitz innerhalb Pakistans zu verlegen und so den Nachstellungen des B. zu entgehen. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG seien nicht gegeben.

4

Daraufhin hat der Kläger am 11. Dezember 2002 Klage erhoben, zu deren Begründung er seinen bisherigen Vortrag vertieft. Der Mann namens B., der ihn verfolge, sei für die PPP u. a. Abgeordneter auf nationaler Ebene in der Nationalversammlung, sein Onkel sei Abgeordneter auf der Ebene des Punjab. Dieser Nadeem habe auch direkten Kontakt und Einfluss auf die örtliche Polizei. Grund für die Verfolgung sei auch, dass er, der Kläger, früher gute Kontakte zu dem ehemaligen Premierminister Sharif gehabt habe. Es sei zu zahlreichen unberechtigten Strafanzeigen und Strafanklagen gegen ihn gekommen, weshalb er auch des Öfteren inhaftiert worden sei. Der B. gehöre zur PPP, während er, der Kläger, zur Moslem-Liga gehöre. In diesem Zusammenhang überreichte der Kläger Ablichtungen diverser Schriftstücke aus Pakistan, die er von seiner Mutter bekommen habe. Bei diesen Schriftstücken handele es sich u. a. um mehrere FIR, eine Anklageschrift vom 9. April 1998 und Haftbefehle vom 31. Oktober 2001 und 3. April 2002. Sein Anwalt heiße C. Die diesen Dokumenten zugrunde liegenden Vorwürfe hätten zwar vordergründig „unpolitische“ Delikte zum Gegenstand. Er habe diese Probleme aber ausschließlich wegen dieses B. und zwar ausschließlich aus politischen Gründen. Dieser trachte ihm nach dem Leben und habe in der Vergangenheit bereits mehrere, vom Kläger namentlich benannte, Personen töten lassen. Er, der Kläger, habe mit den Getöteten früher politisch zusammengearbeitet. Eine inländische Fluchtalternative innerhalb Pakistans habe er nicht.

5

Der Kläger beantragt,

6

den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 6. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und dass Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen.

7

Die Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen,

9

und verweist zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.

10

Der Einzelrichter hat zu den Fragen der Echtheit der vom Kläger vorgelegten Dokumente, der Mitgliedschaft des Klägers im Gemeinderat und seiner Funktion im Wohlfahrtsausschusses seines Heimatdorfes, der Funktion und Mitgliedschaft des Herrn B., der Schwerbehinderteneigenschaft der Mutter des Klägers sowie seiner inländischen Fluchtalternative Beweis erhoben durch Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2004 verwiesen.

11

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Klage hat aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

13

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 6. Dezember 2002 ist hinsichtlich der Regelungen zu Ziffer 2., 3. und 4. (zu letzterer Ziffer allerdings nur zum Teil) rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten. Im Übrigen ist der Bescheid aber rechtmäßig. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (dazu 1.), er hat hingegen einen Anspruch auf Feststellung, dass in seiner Person hinsichtlich Pakistan die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (dazu 2.).

14

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG.

15

Der Kläger ist zwar auf dem Luftweg, aber nach seinen eigenen Angaben mit einem Zwischenstopp in Frankreich nach Deutschland eingereist, so dass er - worauf schon das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in seinem Bescheid vom 6. Dezember 2002 zu Recht hingewiesen hat - bereits schon deshalb gemäß Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26 a Abs. 2 AsylVfG nicht als Asylberechtigter anerkannt werden kann. Diese sog. Drittstaatenregelung ist auch auf den - hier gegebenen - Fall anwendbar, in dem der Asylbewerber das Flugzeug während eines Zwischenstopps auf dem Flughafen eines Nachbarstaates der Bundesrepublik Deutschland (hier: Frankreich) nicht verlassen hat (HESS. VGH, Beschl. v. 6.11.2000 - 10 ZU 4042/98.A -).

16

Zudem hat der Kläger für seine Behauptung, auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist zu sein, keinerlei Belege vorgelegt. Wenn - wie hier - der Einreiseweg letztlich unaufklärbar bleibt, trägt der Asylbewerber die materielle Beweislast für die Einreise unter Meidung eines sicheren Drittstaates i. S. d. Art. 16 a Abs. 2 GG, § 26 a AsylVfG (BVerwG, Urt. v. 29.6.1999 - 9 C 36.98 -, NVwZ 2000, 81). Bei behaupteter Einreise auf dem Luftweg müssen grundsätzlich der Flugschein und etwaige sonstige Flugunterlagen vorgelegt werden. Mangels solcher Dokumente hat der Asylbewerber grundsätzlich bei der Grenzbehörde auf dem Flughafen unmittelbar und unverzüglich nach seiner Einreise seinen Asylantrag zu stellen (VGH München, Beschl. v. 23.7.2002 - 6 ZB 02.30983 -). Diesen Mitwirkungspflichten ist der Kläger nicht nachgekommen.

17

2. Der Kläger hat indes einen Anspruch auf die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.

18

Das Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift deckt sich in seinen Voraussetzungen im Prinzip mit denen der politischen Verfolgung i. S. d. Art. 16 a Abs. 1 GG; die Vorschrift hat ihre besondere Bedeutung in den Fällen, in denen ein politisch verfolgter Asylsuchender z. B. - wie hier - wegen seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat nicht als Asylberechtigter anerkannt werden kann oder wenn subjektive Nachfluchtgründe vorliegen, die im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG unbeachtlich sind.

19

Ein Anspruch auf Gewährung von Asyl nach Art. 16 a Abs. 1 GG und auf Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG besteht, wenn der betroffene Ausländer selbst in eigener Person politische Verfolgung erlitten hat, weil ihm in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale in seinem Heimatstaat gezielt intensive und ihn aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzende Rechtsverletzungen zugefügt worden sind, oder ihm solche Rechtsverletzungen unmittelbar gedroht haben. Die Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie an die politische Überzeugung, die religiöse Grundentscheidung, die Volkszugehörigkeit oder andere unverfügbare Merkmale des Verfolgten, die sein Anderssein prägen, anknüpft.

20

Der Anspruch besteht nur dann, wenn das Asylrecht und der Abschiebungsschutz dazu dienen, dem Verfolgten Zuflucht vor politischer Verfolgung zu gewähren. Dieser Gedanke der Zufluchtgewährung vor politischer Verfolgung setzt einen Kausalzusammenhang zwischen einer bereits erlittenen oder jedenfalls einer drohenden Verfolgung im Heimatland und der Flucht in die Bundesrepublik Deutschland voraus. Fehlt ein solcher Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht, können Umstände, die an sich objektiv geeignet sind, politische Verfolgung auszulösen (sog. Nachfluchttatbestände), nur dann einen Asylanspruch begründen, wenn dies ausnahmsweise durch den Sinn und Zweck der Asylrechtsgewährung gefordert ist. Ein solcher Fall kann dann vorliegen, wenn die Nachfluchtgründe durch Vorgänge oder Ereignisse im Heimatland des Asylsuchenden ohne dessen Zutun hervorgerufen wurden (sog. objektive Nachfluchtgründe). Dagegen sind selbst geschaffene Nachfluchttatbestände, die der Asylbewerber nach Verlassen seines Heimatlandes aus eigenem Entschluss herbeigeführt hat (sog. subjektive Nachfluchtgründe) nur dann asylrelevant, wenn sie sich als Ausdruck und Fortführung einer schon im Heimatland vorhandenen und erkennbar betätigten Überzeugung darstellen und damit als notwendige Konsequenz einer dauernden, die eigene Identität prägenden und nach außen kundgegebenen Lebenshaltung erscheinen (vgl. § 28 AsylVfG) oder der Ausländer sich bei Verlassen des Heimatlandes in einer zumindest latenten Gefährdungslage befunden hat.

21

Anspruch auf Gewährung politischen Asyls und auf Abschiebungsschutz besteht ferner nur dann, wenn der Asylsuchende zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bei einer Rückkehr in sein Heimatland politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (sog. gegenwärtige Verfolgungsbetroffenheit). Dies ist dann der Fall, wenn dem Asylsuchenden aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen eine Rückkehr in sein Heimatland nach Abwägung aller bekannten Umstände nicht zuzumuten ist. Hierfür hat das Gericht eine Prognose über einen in die Zukunft gerichteten absehbaren Zeitraum anzustellen. Einem Asylbewerber, der bereits in seinem Heimatland verfolgt wurde (sog. Vorverfolgung), kann dagegen die Rückkehr in seine Heimat nur dann zugemutet werden, wenn die Gefahr, erneut mit Verfolgungsmaßnahmen überzogen zu werden, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist. Ihm ist bereits dann politisches Asyl zu gewähren, wenn an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei Rückkehr in den Heimatstaat ernsthafte Zweifel bestehen. Bei der Prognose über eine drohende Verfolgung im Fall der Rückkehr bereits vorverfolgt ausgereister Asylbewerber ist daher ein herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzuwenden.

22

Kein Anspruch auf Gewährung politischen Asyls besteht des Weiteren dann, wenn die Verfolgung eines Asylbewerbers in seinem Heimatland nur regional begrenzt stattfindet und es ihm zuzumuten ist, in anderen Teilen Zuflucht zu suchen (sog. inländische Fluchtalternative). Das Vorliegen einer solchen Fluchtalternative kann jedoch nur dann bejaht werden, wenn der Asylsuchende in den in Betracht kommenden Gebieten seines Heimatlandes vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm auch keine anderen Nachteile oder Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen.

23

Auch Verfolgungsmaßnahmen, die nicht unmittelbar vom Staat selbst ausgehen (unmittelbare Gruppenverfolgung), können als politische Verfolgung angesehen werden, wenn sie dem Staat zuzurechnen sind (mittelbare Gruppenverfolgung). Verfolgungshandlungen Dritter sind dem Heimatstaat des Asylsuchenden dann als mittelbare Verfolgung zuzurechnen, wenn er Einzelne oder Gruppen zu Verfolgungsmaßnahmen anregt oder derartige Handlungen unterstützt oder tatenlos hinnimmt und damit den Betroffenen den erforderlichen Schutz versagt.

24

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger einen Anspruch auf die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG.

25

Der Einzelrichter hält das Vorbringen des Klägers nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Eindruck, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, im Wesentlichen insgesamt für glaubhaft. Soweit das Bundesamt in seinem Bescheid vom 6. Dezember 2002 Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers aufgezeigt hat, hat der Kläger diese zum einen in der mündlichen Verhandlung glaubhaft widerlegt. Zum anderen hat die Beweisaufnahme ergeben, dass das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Teilen zutrifft. Das Auswärtige Amt hat in seiner Auskunft vom 23. Februar 2004 die Echtheit der vom Kläger vorgelegten Dokumente bestätigt. Nach den Ermittlungen des Auswärtigen Amtes war der Kläger auch in politische Aktivitäten und Rivalitäten verstrickt. Er war hiernach Mitglied der Moslem-Liga und Präsident des Wohlfahrtausschusses in seinem Heimatort. Das Auswärtige Amt hat weiter bestätigt, dass Herr B. Mitglied der PPP ist, jüngst zum Bürgermeister gewählt worden ist und zumindest auf Bezirksebene über sehr viel Einfluss verfügt. Auf der Grundlage dieser Auskunft und dem Gesamteindruck, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, unterlag und unterliegt der Kläger in Pakistan einer abschiebungsschutzrelevanten Gefährdungslage. Zwar unterliegen Mitglieder der Pakistan Muslim League (PML) ohne hervorgehobene Parteifunktion in Pakistan nach der Machtergreifung durch die Militärjunta keiner generellen Rückkehrgefährdung (OVG Saarlouis, Beschl. v. 31.7.2001 9 Q 51/01 -; Beschl. v. 27.3.2002 - 9 Q 96/01 -). Für seinen Einzelfall hat der Kläger aber eine abschiebungsschutzrelevante Gefährdungslage erfolgreich dargelegt. Gegen die Verfolgung durch seinen Widersacher kann der Kläger angesichts der Stellung und des Einflusses seines Widersachers realistischerweise auch keinen Schutz durch die pakistanische Polizei oder sonstige staatliche Stellen in Anspruch nehmen.

26

Der Kläger war vor seiner Ausreise in Pakistan mithin einer politischen Verfolgung ausgesetzt, deren Wiederholung bei einer Rückkehr in sein Heimatland nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Da davon auszugehen ist, dass der Kläger von der Polizei mit Stechbrief und Haftbefehl gesucht wird, hat er entgegen der Ansicht des Bundesamtes und der des Auswärtigen Amtes auch keine inländische Fluchtalternative in anderen Landesteilen Pakistans. Es kann jedenfalls nicht mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Pakistan auch außerhalb seiner Heimatregion aufgrund der gegen ihn bestehenden Haftbefehle von der Polizei aufgegriffen und verhaftet wird. Bestätigt wird diese Annahme durch die glaubhafte Einlassung des Klägers dahingehend, dass er aufgrund des gegen ihn abgefassten Steckbriefes auch in Karachi verhaftet worden war.

27

Da die Beklagte verpflichtet ist, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, bedarf es gemäß § 31 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG keiner Entscheidung zu § 53 AuslG. Die Abschiebungsandrohung erweist sich gemäß § 50 Abs. 3 AuslG nur insoweit als rechtswidrig, als dem Kläger die Abschiebung nach Pakistan angedroht worden ist.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 83 b Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.