Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 26.04.2004, Az.: 2 A 205/02
Auflage; Befristung; Nebenbestimmung; Windkraftanlage
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 26.04.2004
- Aktenzeichen
- 2 A 205/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50569
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 75 Abs 1 BauO ND
- § 36 Abs 1 VwVfG
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihr eine Baugenehmigung für zwei Windenergieanlagen ohne die von ihr angegriffenen Nebenbestimmungen zu erteilen.
Am 4. August 2000 beantragte die Klägerin beim Beklagten eine Baugenehmigung für zwei Windenergieanlagen vom Typ Enercon-40, Nabenhöhe 78 m, die in E. in der Gemarkung F. errichtet werden sollen.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2000 erteilte der Beklagte eine Baugenehmigung, die er u.a. mit folgenden Nebenbestimmungen versah:
A0011 - Eine Bauüberwachung der Rotorblätter im Herstellwerk ist durch einen unabhängigen Sachverständigen durchzuführen und durch eine Bescheinigung zu bestätigen. Diese Bescheinigung ist dem Landkreis Uelzen umgehend nach Aufstellung der Anlagen unaufgefordert vorzulegen.
A0018 - Die Entwurfslebensdauer der Windkraftanlagen beträgt 20 Jahre und geht maßgebend in den Nachweis der Betriebsfestigkeit ein. Die Baugenehmigung wird daher auf 20 Jahre, gerechnet ab Inbetriebnahme, befristet.
Am 12. Januar 2001 legte die Klägerin gegen die Baugenehmigung Widerspruch ein.
Mit Änderungsbescheid vom 15. Februar 2001 hob der Beklagte die Nebenbestimmung A0018 auf und ersetzte sie durch die folgende Nebenbestimmung A0033 :
“Der vorgelegte Nachweis der Betriebsfestigkeit der Windkraftanlage berücksichtigt eine Entwurfslebensdauer von 20 Jahren. Sollte beabsichtigt sein, die WKA auch nach Ablauf von 20 Jahren weiter zu betreiben, ist die Betriebsfestigkeit durch einen anerkannten Sachverständigen nachzuweisen. Der Nachweis muss unbedingt vor Ablauf der 20 Jahre, nach Inbetriebnahme, vorgelegt werden. Ansonsten erlischt die Baugenehmigung.“
Mit Schreiben vom 21. März 2001, beim Beklagten eingegangen am 28. März 2001, baten die Bevollmächtigten der Klägerin um einen Hinweis, ob die neue Nebenbestimmung A0033 so zu verstehen sei, dass die Genehmigung in jedem Fall nach 20 Jahren erlösche und bei Vorlage einer entsprechenden Stellungnahme neu erteilt werde. Die Nebenbestimmung A0011 sei aufzuheben, da es sich bei der Firma G. um ein nach DIN 9001 zertifiziertes Unternehmen handele. Im Rahmen der Zertifizierung werde insbesondere der Produktionsbereich durch qualifiziertes Fachpersonal überprüft. Die in der Nebenbestimmung A0011 geforderte zusätzliche Überprüfung würde lediglich eine bloße Formalie darstellen, welche dem Übermaßverbot widerspreche und damit rechtswidrig sei.
Am 11. Juli 2001 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass die erste Anlage am 23. Juli und die zweite Anlage am 26. Juli 2001 aufgestellt werden solle.
Am 3. August 2001 erstellte die Firma H. nach Besichtigung vor Ort einen Kurzbericht zu den Rotorblättern.
Unter dem 3. Dezember 2001 teilte der Beklagte der Klägerin mit, nach Rücksprache mit dem Mitarbeiter des I. könne die am 30. Juli 2001 durchgeführte gutachterliche Untersuchung durch die Firma H. die erforderliche Bauüberwachung eines unabhängigen Sachverständigen im Herstellerwerk nicht ersetzen. Herstellungsbedingte Kriterien wie z.B. Mischungsverhältnisse der verwendeten Kunstharze, Einhaltung von Maßtoleranzen usw. würden von der vorgenannten Prüfung nicht erfasst. Im Nachhinein könne die Nebenbestimmung A0011 bei den bereits eingebauten Rotorblättern nicht eingehalten werden. Es werde gebeten, bis spätestens 21. Januar 2002 die Betriebsfestigkeit der Rotorblätter bei den Windenergieanlagen durch entsprechende ergänzende gutachterliche Stellungnahmen des I. nachzuweisen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2002 wies die Bezirksregierung Lüneburg den Widerspruch der Klägerin gegen die Baugenehmigung des Beklagten vom 14. Dezember 2000 in der Fassung vom 15. Februar 2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Auflage A0011 sei nicht zu beanstanden. Sie sei in dem der Baugenehmigung als Bestandteil beigefügten Gutachten des I. als Zertifizierungsstelle für Windenergieanlagen gefordert worden, um einen sicheren Betrieb der Anlage zu gewährleisten. Dazu sei erforderlich, dass die Überwachung von einem unabhängigen Sachverständigen durchgeführt werde. Ein Sachverständiger der eigenen Firma könne in der Regel nicht unabhängig sein, auch wenn er einem Fachbereich zugeordnet sei. Nach telefonischer Rücksprache mit dem J. werde es von dort für ausreichend angesehen, wenn bei der widersprechenden Firma halbjährlich ein unabhängiger Sachverständiger die Fertigung der Rotorblätter überwache und die entsprechende Bescheinigung erstelle. Auch die Auflage A0033 sei nicht zu beanstanden. Der bei der Bauantragstellung vorgelegte Nachweis der Betriebsfestigkeit der Windenergieanlagen E-60/6.44/E2 berücksichtige lediglich eine Betriebslebensdauer von 20 Jahren. Dabei sei davon auszugehen, dass der Betriebsfestigkeitsnachweis nur für eine Lebensdauer von 20 Jahren durchgeführt worden sei. Auch in der Statik sei eine Lebensdauer von lediglich 20 Jahren zugrundegelegt worden. Diese befristete Lebensdauer sei durch die extreme Beanspruchung des Gesamtmaterials durch die unterschiedliche Witterung im Sommer und Winter, durch extreme Windverhältnisse und dergleichen vorgegeben. Eine längere Lebensdauer könne daher nur durch den entsprechend geforderten Nachweis der Betriebsfestigkeit belegt werden. Könne dieser Nachweis durch unabhängige Sachverständige nicht erbracht werden - und davon sei nach jetzigem Wissensstand auszugehen -, seien damit die grundsätzlichen Anforderungen an bauliche Anlagen gemäß § 1 Abs. 1 NBauO nicht mehr gewährleistet. Die Baugenehmigung habe daher nur befristet erteilt werden können.
Am 23. September 2001 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie trägt vor, die Auflage A0011 sei bereits zu unbestimmt, weil nicht klar sei, was unter einer Bauüberwachung der Rotorblätter durch einen unabhängigen Sachverständigen zu verstehen sei. Der Hersteller, die Firma G. GmbH, werde durch produktionsunabhängige Sachverständige der Abteilung Qualitätssicherung überwacht. Sie sei ein nach DIN ISO 9001 zertifizierter Betrieb und habe die Effizienz ihrer Qualitätssicherungssysteme und ihres Qualitätsmanagements nachgewiesen. Ihr sei durch das Deutsche Institut für Normung e.V. im Januar 2002 bestätigt worden, dass die Mitarbeiter der Abteilung Qualitätswesen von der Fertigungsabteilung unabhängige Sachverständige gemäß DIN EN 10204 seien, die die vom Beklagten geforderten Abnahmeprüfzeugnisse 3.1.B ausstellen dürften. Der Umstand, dass der Beklagte erst beim J. habe nachfragen müssen, um festzustellen, ob damit die Nebenbestimmung erfüllt sei, weise darauf hin, dass der Regelungsgehalt der Auflage zu unbestimmt und die Auflage mehrdeutig sei. Es sei entgegen der Auffassung des I. auch gar nicht möglich, die Herstellung sämtlicher Rotorblätter in Deutschland durch unabhängige Sachverständige überwachen zu lassen, da es derartige Sachverständige gar nicht in ausreichender Zahl in Deutschland gebe. Nach den Ausführungen der Bezirksregierung Lüneburg sei eine halbjährliche Bauüberwachung ausreichend, die jedoch keinen konkreten Bezug mehr zu der einzelnen Anlage habe und deshalb nicht Gegenstand der Baugenehmigung sein dürfte. Die Auflage habe sich durch Zeitablauf erledigt, da die Windenergieanlagen schon seit Juli 2001 in Betrieb seien. Es bestehe ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 VwGO, da der Beklagte die Auflage auch bei künftigen Vorhaben verwenden wolle. Die Nebenbestimmung A0033 sei rechtswidrig, da die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Nebenbestimmung nach § 75 Abs. 2 NBauO nicht gegeben seien. Windenergieanlagen sollten nicht lediglich auf beschränkte Zeit errichtet werden. Zum heutigen Zeitpunkt erfüllten die Anlagen die Genehmigungsvoraussetzungen. Der Anlagenhersteller garantiere gegenüber den Käufern der Windenergieanlagen eine Lebensdauer von mindestens 20 Jahren. Dies beruhe auf einer Prognose für einen Starkwindstandort. Die tatsächliche Lebensdauer der Windenergieanlagen des Herstellers G. werde in Fachkreisen mit 30, 35 oder mehr Jahren veranschlagt. Durch einen Austausch von Bauteilen könne im Übrigen die Zeit der Nutzbarkeit als Energiegewinnungsanlage erheblich verlängert werden.
Die Klägerin beantragt,
1. die Nebenbestimmung 0018 in der Baugenehmigung des Beklagten vom 14. Dezember 2000 in der Fassung des Änderungsbescheides des Beklagten vom 15. Februar 2001 (Nebenbestimmung 0033) und den diese Nebenbestimmung bestätigenden Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 19. August 2002 insoweit aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Baugenehmigung ohne die angegriffene Nebenbestimmung zu erteilen,
2. festzustellen, dass die Nebenbestimmung 0011 in der Baugenehmigung des Beklagten vom 14. Dezember 2000 und der dieses Nebenbestimmung bestätigende Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 19. August 2002 insoweit rechtswidrig gewesen sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die von den Bauherren vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des I. vom 22. November 1999 sei Bauvorlage im Sinne von § 6 der Verordnung über Bauantrag und Bauvorlagen im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren und damit Antragsgegenstand. Diesen von ihr selbst ins Verfahren eingeführten Nachweis der Betriebssicherheit stelle die Klägerin nunmehr in Frage. Ein sicherer Anlagenbetrieb sei nach der eindeutigen Aussage des I. aber nur gewährleistet, wenn die beklagte Auflage wirksam werde. Die Betreiber von Windenergieanlagen anderer Hersteller hätten keine Verständnisprobleme mit der Auflage aus der gutachterlichen Stellungnahme und ließen die Herstellung der Rotorblätter überwachen.
Auch wenn hier die Erfüllung der Nebenbestimmung 0011 wegen der Montage der Rotorblätter nicht mehr möglich sei, halte er grundsätzlich aber an seiner Nebenbestimmung fest, die er auch bei zukünftigen Vorhaben verwenden wolle.
Die Nebenbestimmung A0033 sei rechtmäßig. Bei den sonst üblichen Bauvorhaben genüge zum Nachweis der Standsicherheit eine statische Berechnung. Die normative Berücksichtigung der Einwirkungen wie z.B. Wind-, Schnee-, Eigen- und Verkehrslasten führe zu entsprechenden Dimensionierungen von Bauteilen und deren Anschlussverbindung. Bei richtiger Rechnung und ggf. bauaufsichtlicher Prüfung werde dann die Standsicherheit der baulichen Anlage als dauerhaft nachgewiesen. Dabei gebe es keine zeitlichen Parameter, die sich auf die Bemessung von Bauteilen oder deren Verbindung auswirkten. Da sich bei ordnungsgemäßer Instandhaltung die Materialeigenschaften nicht änderten und die Lasteinwirkungen die angenommenen Sicherheitsbereiche nicht verließen und daher als konstant zu betrachten seien, bedürfe es auch keiner zeitlichen Begrenzung. Windkraftanlagen unterschieden sich in diesem Punkt von den sonstigen baulichen Anlagen dahingehend, dass sie dynamischen Beanspruchungen unterlägen, die zu Materialermüdung führten. Dabei werde der Ermüdungsgrad durch die Anzahl der dynamischen Beanspruchung und damit auch durch die Einwirkungszeit bestimmt. Sei eine theoretisch ermittelte Anzahl von sog. Lastspielen erreicht, sei die bauliche Anlage ermüdet und nicht mehr betriebsfest und stelle damit auch im abgeschalteten Zustand eine Gefahr dar, weil die Anlage auch dann weiterhin dynamisch belastet werde (z.B. Windböen). Nach der gutachterlichen Stellungnahme zu den Lastannahmen betrage die Auslegungslebensdauer dieser Anlage 20 Jahre. Bei den Lastannahmen seien für den Nachweis der Betriebsfestigkeit die in Tabelle 2 des Gutachtens angegebenen Windgeschwindigkeiten berücksichtigt worden, die die Anforderungen der Windzone III abdeckten. Aufgrund dieser Annahmen seien die daraus resultierenden statischen und dynamischen Kräfte ermittelt und die Betriebssicherheit der Windkraftanlagen für den Zeitraum von 20 Jahren nachgewiesen worden. Für einen darüber hinausgehenden Zeitraum fehle dieser Nachweis. Abweichend von den sonst bekannten baulichen Anlagen hätten die Windkraftanlagen im Geltungsbereich der Richtlinie für Windkraftanlagen eine begrenzte Lebensdauer, die von der entsprechenden Auslegung und den tatsächlichen Einwirkungen am Einwirkungsort abhängig seien. Für eine dauerhafte und diesbezügliche uneingeschränkte Genehmigung fehle es hier an dem erforderlichen Nachweis, der naturgemäß auch nicht erbracht werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Sie ist hinsichtlich des Antrages zu 1. zulässig als Verpflichtungsklage, gerichtet auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung ohne die angefochtenen Nebenbestimmungen.
Eine auflösende Bedingung, wie sie in der Nebenbestimmung A 0033 vorgesehen ist („... Der Nachweis muss unbedingt vor Ablauf der 20 Jahre, nach Inbetriebnahme, vorgelegt werden. Ansonsten erlischt die Baugenehmigung.“), ist grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar, weil sie untrennbarer Bestandteil der Baugenehmigung ist (vgl. Schmaltz in Große-Suchsdorf u.a., Kommentar zur NBauO, 7. Aufl. 2002, § 75 Rn. 67).
Hinsichtlich des Antrages zu 2. ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der in § 113 Abs. 1 Satz 4 normierten Fortsetzungsfeststellungsklage, die auch dann statthaft ist, wenn die Erledigung vor Klagerhebung eingetreten ist (vgl. dazu Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 Rn. 99 m.w.N.), liegen vor, da Erledigung eingetreten ist - eine Bauüberwachung der Rotorblätter im Werk ist nicht mehr möglich, da diese das Werk verlassen haben und schon im Juli 2001 montiert wurden - und ein besonderes Feststellungsinteresse in Form der Wiederholungsgefahr gegeben ist. Bei der Wiederholungsgefahr ist wesentliches Kriterium, ob die angestrebte Klärung als Richtschnur für künftiges Verhalten von Bedeutung ist (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O, § 113 Rn. 141; OVG Lüneburg, Urteil vom 16.12.1992 - 7 L 3734/91 - NVwZ-RR 1993, 405 [LG Bad Kreuznach 22.06.1992 - 7 Js 8677/87 Kls]). Davon ist hier auszugehen, da der Beklagte nach den Erklärungen seiner Vertreter in der mündlichen Verhandlung grundsätzlich an seiner Nebenbestimmung festhält und sie auch künftig bei der Genehmigung von Windkraftanlagen verwenden will.
Die Nebenbestimmung A 0011 („Eine Bauüberwachung der Rotorblätter im Herstellwerk ist durch einen unabhängigen Sachverständigen durchzuführen und durch eine Bescheinigung zu bestätigen. Diese Bescheinigung ist dem Landkreis Uelzen umgehend nach Aufstellung der Anlagen unaufgefordert vorzulegen.“) , mit der dem Bauherrn für den Fall, dass er von der Baugenehmigung Gebrauch macht, ein Tun vorgeschrieben wird (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG), stellt eine Auflage dar, die nicht integrierender Bestandteil der Baugenehmigung ist. Die Baugenehmigung wird daher unabhängig von der Erfüllung der Auflage wirksam. Die Auflage kann daher grundsätzlich als trennbarer Bestandteil der Baugenehmigung selbstständig angefochten werden (vgl. Schmaltz, a.a.O., § 75 Rn. 61).
Die Klage ist auch begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung ohne die Nebenbestimmung 0033 (1). Auch die erledigte Nebenbestimmung 0011 war rechtswidrig und hat die Klägerin in ihren Rechten verletzt (2).
1. Die mit dem Antrag zu 1. erhobene Verpflichtungsklage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für die beiden von ihr inzwischen bereits errichteten Windkraftanlagen ohne die angefochtene Nebenbestimmung 0033.
Nach § 75 Abs. 1 NBauO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn die Baumaßnahme, soweit sie genehmigungsbedürftig ist und soweit die Prüfung nicht entfällt (§ 81 Abs. 1 Nr. 1), dem öffentlichen Baurecht entspricht. Für Nebenbestimmungen regelt § 75 Abs. 2 Satz 1 NBauO, dass bauliche Anlagen, die nur auf beschränkte Zeit errichtet werden dürfen oder sollen, Werbeanlagen und Warenautomaten widerruflich oder befristet genehmigt werden können.
Bei der Nebenbestimmung 0033 handelt es sich, wie schon oben ausgeführt, um eine auflösende Bedingung; in der ursprünglichen Fassung 0018 im Bescheid vom 14. Dezember 2000 hatte sie ausdrücklich die Form einer Befristung. Das Gericht hält daher auch für die aktuell gewählte Fassung der Nebenbestimmung, die im Ergebnis einer Befristung gleichkommt, § 75 Abs. 2 Satz 1 NBauO für maßgeblich.
Die von der Klägerin errichteten Windkraftanlagen zählen weder zu den in § 75 Abs. 2 besonders genannten Anlagen noch handelt es sich bei ihnen um bauliche Anlagen, die nur auf beschränkte Zeit errichtet werden dürfen. Bei baulichen Anlagen, die nur auf beschränkte Zeit errichtet werden dürfen, handelt es sich einerseits um Vorhaben, die nach dem Willen des Bauherrn nicht auf unbeschränkte Zeit errichtet werden sollen, andererseits um Vorhaben, deren unbeschränkter Genehmigung rechtliche Hindernisse entgegenstehen, wie etwa bei zeitlich begrenzten Baulasten oder entgegenstehenden zukünftigen Bebauungsplänen (vgl. Schmaltz, a.a.O., § 75 Rn. 69). Hier ergibt sich für die unbeschränkte Genehmigung kein rechtliches Hindernis aus dem Umstand, dass der Standsicherheitsnachweis von einer Betriebsdauer von 20 Jahren ausgeht. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 NBauO muss jede bauliche Anlage im Ganzen, in ihren einzelnen Teilen und für sich allein standsicher und ihrem Zweck entsprechend dauerhaft sein. Nach den in Deutschland herrschenden Vorstellungen muss die technische Lebenserwartung eines Wohnhauses 50 bis 100 Jahre betragen; bei gewerblich genutzten Gebäuden könnte sie geringer sein, zumal ihre wirtschaftliche Lebenserwartung oftmals sehr viel kürzer ist. Trotzdem kann das Anforderungsniveau bezüglich Dauerhaftigkeit nicht gesenkt werden, weil die Bauaufsichtsbehörden nicht sicherstellen können, dass Gebäude geringerer Lebensdauer rechtzeitig vor dem Versagen einzelner Bauteile auch tatsächlich aus der Nutzung genommen und abgebrochen werden (vgl. Lindorf in Große-Suchsdorf u.a., a.a.O., § 18 Rn. 27). Auch für die von der Klägerin errichteten Windkraftanlagen sind die Anforderungen an den Standsicherheitsnachweis dauerhaft erfüllt, ohne dass etwa die Anforderungen wegen der eingeschränkten Betriebsdauer abgesenkt wären. Es handelt sich dabei nicht um Behelfsbauten o.ä., sondern um dauerhafte bauliche Anlagen.
Ist aber - wie hier - der Standsicherheitsnachweis auf Dauer erbracht worden, ist sowohl eine Befristung der Baugenehmigung wie auch eine auflösende Bedingung mit einer zeitlichen Komponente rechtswidrig. Die Frage, ob die Standsicherheit nach Ablauf der prognostizierten Betriebsdauer der Anlage noch gegeben ist, ist vielmehr erst bei Ablauf des kalkulierten Betriebszeitraumes von der Bauaufsichtsbehörde zu prüfen.
2. Auch der Feststellungsantrag der Klägerin ist begründet, denn die Nebenbestimmung 0011 war rechtswidrig.
Für die Nebenbestimmung A 0011, bei der es sich um eine Auflage handelt, kommt mangels einer Regelung in § 75 NBauO als Rechtsgrundlage nur § 36 VwVfG in Betracht. Nach § 36 Abs. 1 VwVfG darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
Bei der Auswahl und Formulierung der Nebenbestimmung hat die Bauaufsichtsbehörde auf Bestimmtheit, Tauglichkeit und Zweckmäßigkeit für den verfolgten Zweck besonders zu achten (vgl. Schmaltz, a.a.O., § 75 Rn. 59).
Bei der vom Beklagten gewählten Fassung der Nebenbestimmung („Eine Bauüberwachung der Rotorblätter im Herstellwerk ist durch einen unabhängigen Sachverständigen durchzuführen und durch eine Bescheinigung zu bestätigen. Diese Bescheinigung ist dem Landkreis Uelzen umgehend nach Aufstellung der Anlagen unaufgefordert vorzulegen.“) bestehen bereits Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der Regelung, denn es ist unklar und lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung ermitteln, wie die Bauüberwachung im Werk aussehen soll, ob also der unabhängige Sachverständige den Prozess der Produktion des einzelnen Rotorblattes von der Konstruktionszeichnung über die Anmischung der Kunstharze bis hin zur Endlackierung im Werk begleiten muss oder ob - wie es die Bezirksregierung Lüneburg in ihrem Widerspruchsbescheid andeutet - etwa eine nur halbjährliche Überwachung durch Stichproben ausreicht.
Mit dieser Regelung verlagert der Beklagte die Entscheidung darüber, in welcher konkreten Form und Häufigkeit die Überwachung erfolgen soll, im Ergebnis auf den Sachverständigen, der dem Beklagten bescheinigen soll, der Herstellungsprozess sei von ihm - auf welche Weise auch immer - überwacht worden. Eine solche Verlagerung der Entscheidung ist rechtlich nicht statthaft, denn es ist gesetzliche Aufgabe des Beklagten, den Inhalt der Baugenehmigung zu regeln.
Die Regelung ist auch kein taugliches Mittel, um die Betriebssicherheit der Windkraftanlage zu gewährleisten, denn der Klägerin als Betreiberin der Windkraftanlagen ist es selbst gar nicht möglich gewesen, den Herstellungsprozess der von ihr einzusetzenden Rotorblätter im Werk selbst oder durch einen zu beauftragenden Sachverständigen zu verfolgen und zu überwachen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die für die Klägerin bestimmten Rotorblätter in der Produktion von Anfang an erkennbar waren, fehlte der Klägerin die Möglichkeit, jederzeit im Herstellerwerk Zutritt zu haben und Einblick in mögliche Betriebsgeheimnisse des Herstellers wie Mischungsverhältnisse etc. zu nehmen.
Der Hersteller der Windkraftanlagen, an den sich die Nebenbestimmung eigentlich richtet, ist hingegen nicht am Verfahren beteiligt.
Schließlich ist die Nebenbestimmung auch nicht erforderlich, da der Herstellungsprozess der Rotorblätter im Werk tatsächlich sowohl durch die unabhängige und nach ISO 9001 zertifizierte Abteilung des Herstellers für Qualitätssicherung als auch - wie sich auch der in der mündlichen Verhandlung überreichten Richtlinie des I. für die Zertifizierung von Windenergieanlagen, Ausgabe 2003 ergibt - durch unangekündigte Stichproben des I. überwacht wird. Dieses Verfahren gewährleistet eine ausreichende Sicherheit und dürfte im Ergebnis auch das Maximum dessen sein, was rein tatsächlich durch einen unabhängigen Sachverständigen im Hinblick auf die hohe Anzahl der in Deutschland produzierten Rotorblätter geleistet werden kann. Auch nach der von der Bezirksregierung Lüneburg im Widerspruchsbescheid geäußerten Ansicht ist eine halbjährliche Überwachung des Herstellers ausreichend.
Darüber hinaus ist hier sogar noch von der Klägerin eine Überprüfung der montierten Rotorblätter durch die Firma K. erfolgt, die ebenfalls durch einen Ingenieur durchgeführt wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO).