Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 27.09.2019, Az.: L 7 SO 4/19 B
Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren; Vergütungsfestsetzungsverfahren und Kostenfestsetzungsverfahren; Vollständig getrennte Festsetzungsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 27.09.2019
- Aktenzeichen
- L 7 SO 4/19 B
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 44538
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 27.12.2018 - AZ: S 12 SF 24/18 E
Rechtsgrundlagen
- RVG-VV Nr. 3102
- RVG-VV Nr. 1006
- §§ 45 ff. RVG
Redaktioneller Leitsatz
1. Das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG einerseits und das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG andererseits sind zwei voneinander vollständig getrennte Festsetzungsverfahren; sie richten sich nach jeweils eigenen Regelungen, was sichtbaren Ausdruck in zahlreichen Sonderregelungen zur Festsetzung der PKH-Vergütung in den §§ 45 ff. RVG gefunden hat.
2. Das Vergütungsfestsetzungsverfahren und das Kostenfestsetzungsverfahren dürfen nicht miteinander vermengt werden.
Tenor:
Die Beschwerde gegen den die Erinnerung zurückweisenden Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 27. Dezember 2018 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren.
Der Beschwerdeführer hatte am 23. Dezember 2014 beim Sozialgericht (SG) Hildesheim für den dortigen Kläger Klage erhoben, die auf die Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gerichtet war. In der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2017 stellte der Beschwerdeführer für den Kläger erstmals den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH). Mit Beschluss des SG vom 1. Dezember 2017 wurde der Beschwerdeführer dem Kläger als Prozessbevollmächtigter für das Klageverfahren ab dem 1. Dezember 2017 beigeordnet. Das Verfahren endete in der öffentlichen Sitzung des SG durch gerichtlichen Vergleich. Darin wurden die Kosten gegeneinander aufgehoben.
Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2018 beantragte der Beschwerdeführer beim SG die Festsetzung seiner Vergütung für seine Tätigkeit als beigeordneter Rechtsanwalt im Klageverfahren gegenüber der Staatskasse. Abgerechnet wurden dabei von ihm eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 300 Euro, auf die er einen Betrag von 42,50 Euro wegen einer erhaltenen Beratungshilfegebühr nach § 58 RVG anrechnete, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 200 Euro, eine Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 300 Euro zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20 Euro und Umsatzsteuer in Höhe von 147,73 Euro, insgesamt also 925,23 Euro.
Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 5. Februar 2018 setzte der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim SG die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 330,23 Euro fest. Er setzte dabei die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG lediglich in Höhe von 50 Euro an, auf die die er einen Betrag von 42,50 Euro wegen einer erhaltenen Beratungshilfegebühr nach § 58 RVG anrechnete. Außerdem setzte er die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 200 Euro und die Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 50 Euro an. Zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20 Euro und Umsatzsteuer in Höhe von 52,73 Euro errechnete er einen Betrag in Höhe von 330,23 Euro. Aufgrund der Beiordnung des Beschwerdeführers erst ab dem 1. Dezember 2017 habe dieser im Rahmen der PKH neben der Terminsteilnahme keine weiteren Tätigkeiten in der Sache entfaltet, so dass die Verfahrensgebühr nur in Höhe der Mindestgebühr anzusetzen sei. Die Einigungsgebühr entstehe in Höhe der Verfahrensgebühr.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 13. Februar 2018 beim SG Erinnerung eingelegt und beantragt, den Beschluss insoweit aufzuheben, als die zu erstattende Einigungsgebühr auf 50 Euro festgesetzt worden sei. Die Einigungsgebühr sei in der beantragten Höhe festzusetzen. Bei der Bemessung der Einigungsgebühr sei auf die tatsächlich entstandene Verfahrensgebühr und nicht auf die im Wege der PKH erstattungsfähige Verfahrensgebühr abzustellen.
Das SG hat mit Beschluss vom 27. Dezember 2018 die Erinnerung zurückgewiesen. Die Einigungsgebühr sei zutreffend von dem Urkundsbeamten lediglich in Höhe von 50 Euro angesetzt worden. Die Einigungsgebühr folge der Verfahrensgebühr, die hier ebenfalls zutreffend mit 50 Euro angesetzt worden sei. Die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung widerspreche dagegen der Vorschrift des § 48 Abs. 1 RVG, wonach für den Umfang des Vergütungsanspruchs der Inhalt des PKH-Beschlusses maßgeblich sei. Die Vorschrift des § 48 Abs. 1 RVG kenne nicht die vom Beschwerdeführer vorgenommene Unterscheidung zwischen einer fiktiv, vor dem Bewilligungszeitpunkt (im PKH-Beschluss) entstandenen Gebühr und einer durch den PKH-Beschluss später "begrenzten" Gebühr. Wortlaut und Kommentierung zur Einigungsgebühr ließen ebenfalls nicht erkennen, dass für den Fall, dass PKH erst für einen späteren Zeitpunkt bewilligt werde, eine besondere Höhe der Einigungsgebühr festzusetzen wäre und insbesondere eine Abweichung von dem Grundsatz stattfinden müsse, dass die Einigungsgebühr jeweils in Höhe der Verfahrensgebühr entstehe. Im Gegenteil führe die betragsmäßige Anknüpfung der Einigungsgebühr an die Verfahrensgebühr nach Auffassung des Gesetzgebers zu einer sachgerechten Gewichtung. Sei eine Angelegenheit besonders umfangreich und schwierig und falle deshalb eine hohe Verfahrensgebühr an, sei der Entlastungseffekt einer Einigung oder Erledigung und die Verantwortung des Anwalts entsprechend hoch. Gleiches müsse dann auch umgekehrt gelten, wenn die Angelegenheit aufgrund eines späten PKH-Bewilligungszeitpunkts wenig umfangreich und wenig schwierig sei und deshalb der Entlastungseffekt geringer ausfalle. Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Bewertung der Kriterien des § 14 RVG auf die Verfahrensgebühr "vorverlagert" und die Höhe der Einigungsgebühr dann an der Höhe der Verfahrensgebühr ausgerichtet. Dieser gesetzgeberischen Vorgehensweise widerspreche die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers ebenfalls. Die Entscheidung sei endgültig.
Gegen den am 10. Januar 2019 zugestellten Beschluss richtet sich die am 28. Januar 2019 eingelegte Beschwerde des Beschwerdeführers. Nach seiner Meinung sei im vorliegenden Fall das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Er begehre weiterhin allein die höhere Festsetzung der Einigungsgebühr. Gemäß § 48 Abs. 1 RVG beschränke sich die Abrechnung der Verfahrensgebühr im Rahmen der PKH auf den Zeitraum ab der Bewilligung. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die Verfahrensgebühr als solche in höherem Umfang angefallen sei. Auch die Ausführungen des SG zum Entlastungseffekt seine unzutreffend. Der Entlastungseffekt einer Einigung oder Erledigung und die spätere Verantwortung des Anwalts reduziere sich gerade nicht durch die späte Bewilligung von PKH, sondern sei gleichbleibend hoch.
Der Beschwerdegegner hält die Beschwerde für zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung des SG sei zutreffend. Die Einigungsgebühr sei in Höhe der Verfahrensgebühr anzusetzen.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakte Bezug genommen.
II.
1.
Die aufgrund eines Beschwerdewerts von mehr als 200,00 EUR nach § 1 Abs. 3 iVm § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 3 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) statthafte Beschwerde ist im Ergebnis auch fristgerecht eingelegt worden. Zwar ist die Beschwerde gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird. Die Beschwerde wurde von dem Beschwerdeführer erst am 28. Januar 2019 beim SG eingelegt, obwohl der Beschluss ihm bereits am 10. Januar 2019 zugestellt worden ist. Das SG ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass seine Entscheidung endgültig sei und hat im Zuge dessen seinem Beschluss eine inhaltlich unzutreffende Rechtsmittelbelehrung beigefügt, so dass gem. § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Jahresfrist gilt.
2.
Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Zusammensetzung der drei Berufsrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG, nachdem der Berichterstatter das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat. Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).
3.
Der Rechtsstreit richtet sich nach der seit dem 1. August 2013 geltenden Rechtslage, weil der Auftrag zur Klageerhebung an den Beschwerdeführer nach dem 1. August 2013 erteilt worden ist (§ 60 RVG i.V.m. Art. 50 des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2.KostRMoG, BGBl. I 2586)).
4.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die PKH-Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten und der die Erinnerung zurückweisende Beschluss des SG sind nicht zu beanstanden.
Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt Rahmengebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers sowie ggf. eines besonderen Haftungsrisikos nach billigem Ermessen, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals das überwiegende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann. Ausgangspunkt bei der Bemessung einer Rahmengebühr ist grundsätzlich die so genannte Mittelgebühr, d.h. die Hälfte von Höchst- zzgl. Mindestgebühr als Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens (vgl. Bundesozialgericht (BSG), Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R - SozR 4-1935 § 14 Nr. 2; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. April 2006 - L 4 B 4/05 KR SF -; Mayer in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 22. Aufl. 2015, § 14 Rn 18 ff.). Bei von einem Dritten zu ersetzenden Gebühren ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich und entsprechend zu korrigieren, wenn sie unbillig ist. Dies ist der Fall, wenn die geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von circa 20% zur tatsächlich objektiv angemessenen Gebührenhöhe überschreiten (vgl. BSG, aaO.).
Unter Berücksichtigung der ausgeführten Kriterien ist die vom Beschwerdeführer erfolgte Gebührenansetzung für die Tätigkeit im Klageverfahren unbillig und zutreffend von dem Urkundsbeamten korrigiert worden. Die maßgeblichen Gebührenbemessungskriterien rechtfertigen keine höhere Vergütungsfestsetzung.
Im Streit steht allein die Festsetzung der Höhe der Einigungsgebühr nach der Nr. 1006 VV RVG. Nach dieser Vorschrift ist für die Höhe der Einigungsgebühr die im Einzelfall bestimmte Verfahrensgebühr in der Angelegenheit maßgebend, in der die Einigung erfolgt.
Der Urkundsbeamte hat die Verfahrensgebühr zutreffend nach der Nr. 3102 VV RVG bestimmt, wonach in erstinstanzlichen Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG entstehen, die Verfahrensgebühr innerhalb eines Rahmen von 50 bis 550 Euro anzusetzen ist. Aufgrund der Beantragung und Bewilligung der PKH am Tag der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2017, in dem das Verfahren durch den gerichtlichen Vergleich auch endete, hat er im vorliegenden Fall die Verfahrensgebühr lediglich in Höhe der Mindestgebühr angesetzt. Dies ist vor dem Hintergrund der Regelung des § 48 RVG zutreffend.
Gemäß § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Umfang des PKH-Vergütungsanspruchs nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. In Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 RVG Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich die Beiordnung gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner gemäß § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.
Diesen Normen lässt sich entnehmen, dass Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Höhe der einzelnen Gebühren im PKH-Vergütungsfestsetzungsverfahren grundsätzlich allein die Tätigkeiten sind, die ab Beantragung von PKH von dem Anwalt entfaltet wurden. Als Ausnahme von diesem Grundsatz erstreckt § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG den Prüfungsmaßstab auch auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit. Damit wollte der Gesetzgeber für sozialrechtliche Klageverfahren sicherstellen, dass auch Tätigkeiten im PKH-Bewilligungsverfahren - wie z.B. die Fertigung der Klageschrift - bei der Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Rahmengebühren berücksichtigt werden können, wenn der Antrag auf Bewilligung von PKH gleichzeitig mit der Einreichung der Klage gestellt wird, weil in einem solchen Fall die Fertigung der Klageschrift auch der Begründung des PKH-Antrags diene (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 270). Aus der ausdrücklichen gesetzlichen Normierung des Ausnahmefalles in § 48 Abs. 4 RVG folgt jedoch zugleich, dass in allen anderen Fällen ein Rückgriff auf Tätigkeiten des Rechtsanwalts außerhalb des Zeitraums ab der Beantragung der PKH bei der Bestimmung der Höhe der einzelnen PKH-Gebühren unbeachtlich ist. Die Gegenansicht des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 22. Januar 2018 - L 20 AL 224/17 B - juris), wonach bei der Bemessung der PKH-Gebühren auch auf Tätigkeiten des beigeordneten Rechtsanwalts abzustellen sei, die dieser vor dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens seiner Beiordnung erbracht habe, überzeugt nicht. Es fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der gesetzlichen Regelung des § 48 RVG, die der Argumentation des LSG Nordrhein-Westfalen die Grundlage entzieht.
Die oben genannten Grundsätze sind gedanklich auch bei der Festsetzung der Höhe der Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass die Verfahrensgebühr, deren Höhe zugleich der Höhe der Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG zugrunde zu legen ist, notwendig die im PKH-Vergütungsfestsetzungsverfahren angesetzte Verfahrensgebühr sein muss und nicht die, die in einem Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG anzusetzen wäre, wenn den dortigen Beklagten eine wenigstens teilweise Kostentragungspflicht träfe. Dies folgt insbesondere aus dem Wortlaut der Nr. 1006 VV RVG, aber auch aus dem Wortlaut des § 48 RVG, der auf die ab der Beantragung der PKH erbrachten anwaltlichen Tätigkeiten abstellt. Der Sinn und Zweck der Regelung der Nr. 1006 VV RVG gebietet keine Abweichung hiervon. Der Gesetzgeber hat die Höhe der Einigungsgebühr ausweislich der Begründung des Entwurfs des 2.KostRMoG mit der Höhe der konkret angefallenen Verfahrensgebühr verknüpft, weil sich bei der Einigungsgebühr der Beitrag des Anwalts an der Herbeiführung der Einigung nur schwer nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG bewerten lasse (vgl. hierzu BT-Drs. 17/11471, S. 272). Durch die Anknüpfung an die Verfahrensgebühr erfahre die Einigungsgebühr eine sachgerechte Gewichtung, weil in den Fällen, in denen eine Angelegenheit besonders umfangreich und schwierig sei, der Entlastungseffekt einer Einigung und die Verantwortung des Anwalts entsprechend hoch seien. Diese Gesetzesbegründung stellt ersichtlich lediglich auf den "Normalfall" ab, in dem der Rechtsanwalt den PKH-Antrag bereits mit der Klageerhebung stellt. Zu dem "Ausnahmefall", in dem PKH erst wesentlich später nach der Klageerhebung beantragt wird, verhält sich die Gesetzesbegründung nicht, so dass daraus sich auch kein Argument herleiten lässt, vom Wortlaut der Nr. 1006 VV RVG und des § 48 RVG abzuweichen.
Gegen eine Heranziehung der Verfahrensgebühr, die im Verhältnis Rechtsanwalt - Mandant entsteht und im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens nach § 197 SGG zugrunde zu legen wäre, bei der Festsetzung der Einigungsgebühr im PKH-Vergütungsfestsetzungsverfahren sprechen zudem systematische Argumente. Bei dem Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG einerseits und bei dem Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG andererseits handelt es sich um zwei voneinander vollständig getrennte Festsetzungsverfahren, die sich nach jeweils eigenen Regelungen richten, was ihren sichtbaren Ausdruck in den zahlreichen Sonderregelungen zur Festsetzung der PKH-Vergütung in den §§ 45 ff. RVG gefunden hat. Diese beiden Festsetzungsverfahren dürfen nicht miteinander vermischt werden (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2018 - B 7 As 4/17 B - juris).
Es besteht entgegen der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 22. Januar 2018 - L 20 AL 224/17 B - juris RdNr. 33) auch keine Notwendigkeit für eine Heranziehung der im Verhältnis Rechtsanwalt-Mandant entstandenen Verfahrensgebühr bei der Festsetzung der Einigungsgebühr im PKH-Vergütungsfestsetzungsverfahren mit Blick auf § 122 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO). Ob § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, der über § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt, Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts auf Vergütung gegen die Partei sperrt, kann hier offenbleiben. Ein im Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts oder seines Mandanten liegender etwaiger Fehler im Zusammenhang mit der verspäteten PKH-Beantragung kann nicht dazu führen, dass die PKH-Vergütung entgegen dem gesetzlichen Regelungskonstrukt zu erhöhen ist, um eine Gebührenreduzierung zu Lasten des Rechtsanwalts zu vermeiden, obwohl die zur Gebührenreduzierung führende Ursache der Risikosphäre des Rechtsanwalts und nicht der der Staatskasse entstammt. Erst recht gilt das für den Fall, dass ein PKH-Gesuch davor nicht gestellt wurde, weil bis dahin die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen nach § 115 ZPO nicht erfüllt waren mit der Folge, dass die Beteiligten selbst für ihre außergerichtlichen Aufwendungen aufkommen müssen.
Eine höhere Gebühr ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der so genannten Toleranzgrenze, weil die vom Beschwerdeführer bestimmte Gebühr die angemessene Gebührenhöhe um weit mehr als 20% übersteigt.
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.
6. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).