Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 11.09.2019, Az.: L 2 R 307/19 B ER

Beschwerde gegen ablehnende Entscheidung über einen Gutachtensantrag in einem Beweissicherungsverfahren; Grundsatz der Rechtsmittelklarheit; Enge Auslegung von Ausnahmevorschriften

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
11.09.2019
Aktenzeichen
L 2 R 307/19 B ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 43234
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 13.08.2019 - AZ: S 1 R 250/19 ER

Fundstelle

  • NZS 2020, 240

Redaktioneller Leitsatz

1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung einer Beweiserhebung im Beweissicherungsverfahren ist nach Auffassung des Senats zulässig.

2. Der Gesetzgeber muss für die Rechtsmittel die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit in einer dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit entsprechenden Weise festlegen.

3. § 172 Abs. 2 SGG ist eine Ausnahmevorschrift und deshalb nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen eng auszulegen.

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die vom Sozialgericht mit dem angefochtenen Beschluss ausgesprochene Ablehnung seines Antrages, ein psychiatrisches Gutachten zur Frage seiner Erwerbsfähigkeit im Beweissicherungsverfahren nach § 76 SGG einzuholen.

Im Hauptsacheverfahren begehrt der 1972 geborene Kläger mit der am 12. März 2019 erhobenen Klage S 1 R 70/19 die Weitergewährung einer (ihm zunächst bis Februar 2018 befristet zuerkannten) Erwerbsminderungsrente, nachdem die Beklagte den entsprechenden Weitergewährungsantrag des Klägers nach Einholung insbesondere eines ein vollschichtiges Leistungsvermögen bejahenden nervenärztlichen Gutachtens des Facharztes Dr. G. vom 16. Juli 2018 (Bl. 64 ff. med. VV) mit Bescheid vom 12. Januar 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2019 abgelehnt hat. Ein Antrag des Klägers, die Beklagte vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung einer Erwerbsminderungsrente zu verpflichten, hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg (vgl. Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. April 2019 - S 1 R 119/19 ER und Beschluss des 1. Senats des Landessozialgerichts vom 28. Juni 2019 - L 1 R 161/19 B ER ).

Parallel zu dem Hauptsache- und zum Eilverfahren hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. April 2019 ein Beweissicherungsverfahren nach § 76 Abs. 1 SGG eingeleitet, in dem er die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Feststellung seines gegenwärtigen Gesundheitszustandes beantragt.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 13. August 2019 hat das Sozialgericht diesen Antrag abgelehnt. Eine Gefährdung einer späteren Beweisaufnahme, wie sie der Tatbestand des § 76 Abs. 1 SGG verlange, bestehe nicht. Es sei nicht erkennbar, weshalb der Gesundheitszustand des Klägers einer Abklärung im Rahmen der üblichen sozialgerichtlichen Ermittlungen, welche auch die Durchführung einer psychiatrischen Begutachtung einschließen könnten, nicht sachgerecht beurteilt werden könne.

Mit der am 20. August 2019 eingelegten Beschwerde begehrt der Kläger weiterhin die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens im Beweissicherungsverfahren nach § 76 SGG zur Abklärung der Beweisfrage, ob er noch mindestens drei (hilfsweise sechs) Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte sowie der Gerichtsakte S 1 R 70/19 und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte (mit Ausnahme der Urteile) findet nach § 172 SGG die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht im Gesetz anderes bestimmt ist. Nicht mit der Beschwerde angefochten werden können allerdings nach § 172 Abs. 2 - im Interesse der Prozessbeschleunigung (Lüdtke/Berchtold, Sozialgerichtsgesetz, 5. Aufl., § 172 Rn. 10) - sozialgerichtliche Beschlüsse "über Ablehnung von Beweisanträgen". Die Ablehnung einer Beweiserhebung im Beweissicherungsverfahren nach § 76 SGG beinhaltet in der Sache ebenfalls die Ablehnung eines Beweisantrages (in Form des Beweissicherungsantrages).

Sofern wie im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt neben dem Beweissicherungsverfahren bereits ein Hauptsacheverfahren mit gleicher Zielrichtung anhängig ist, würde ein Ausschluss der Beschwerde gegen die Ablehnung einer Beweiserhebung in diesem Beweissicherungsverfahren letztlich in vergleichbarer Weise wie der Ausschluss der Beschwerde gegen eine Ablehnung von Beweisanträgen im Hauptsacheverfahren zur Verfahrensbeschleunigung beitragen. Ohnehin können selbstständige neben einem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren betriebene Beweissicherungsverfahren die vom Gesetzgeber angestrebte Verfahrensbeschleunigung beeinträchtigen. Schon der Umstand, dass mehrere Verfahren nebeneinander zur Erreichung letztlich desselben Ziels geführt werden, bindet Rechtsprechungsressourcen und kann damit zu einer Mehrbelastung der Justiz mit den daraus resultierenden Gefahren im Sinne einer Verzögerung anderer anhängiger Verfahren führen (vgl. OLG München, B.v. 29. Juli 2011 - 10 W 1226/11 - juris mwN). Überdies ist mit der Führung mehrerer parallel betriebener im Ergebnis auf dasselbe Rechtsschutzziel ausgerichteter Verfahren in Form des Hauptsacheverfahrens und des Beweissicherungsverfahrens die Gefahr verbunden, dass den Beteiligten und etwa hinzugezogenen Sachverständigen der erforderliche Gesamtüberblick fehlt. Im rechtlichen Ausgangspunkt kämen prinzipiell sogar mehrere neben einem Hauptsacheverfahren betriebene Beweissicherungsverfahren in Betracht.

Gleichwohl wird die Beschwerde gegen die Ablehnung einer Beweiserhebung im Beweissicherungsverfahren für zulässig erachtet (vgl. Leitherer in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl., § 76, Rn. 4a; Lüdtke/Berchtold, Sozialgerichtsgesetz, 5. Auflage 2017, § 172 Rn. 9; Mink in Beck‘scher Online-Kommentar Sozialrecht, 53. Edition, Stand: 01.06.2019, § 76 Rn. 8).

Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Der Gesetzgeber muss für die Rechtsmittel, die er bereitstellt, die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit in einer dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit entsprechenden Weise bestimmen (BVerfG, B.v. vom 27. Oktober 2015 - 2 BvR 3071/14 -, StV 2017, 729 mwN).

Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben ist auch bei der Interpretation der gesetzlichen Regelungen über die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln Rechnung zu tragen. § 172 Abs. 2 SGG stellt eine Ausnahmevorschrift dar, solche sind nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen eng auszulegen (BSG, Urteil vom 01. Juni 2017 - B 5 R 2/16 R -, BSGE 123, 205). Die Regelung bringt nicht klar zum Ausdruck, dass der dort normierte Ausschluss von Beschwerden gegen Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen sich auch auf ablehnende Entscheidungen in selbständigen Beweissicherungsverfahren nach § 76 SGG erstrecken soll. Für solche Entscheidungen verbleibt es demnach bei der im Grundsatz vom Gesetzgeber in § 172 Abs. 1 SGG normierten Beschwerdefähigkeit.

2. Beweissicherung im Sinne des § 76 SGG ist die vorsorgliche Feststellung von Tatsachen vermittels der in dieser Vorschrift aufgeführten Beweismittel (Groß in Lüdtke/Berchtold, Sozialgerichtsgesetz, SGG, 5. Aufl., § 76 Rn. 5). § 76 SGG ist an die zivilprozessualen Vorschriften über das Beweissicherungsverfahren in §§ 485 ff. ZPO angelehnt; § 76 Abs. 3 SGG erklärt ausdrücklich die Regelungen in §§ 487, 490 bis 494 ZPO für anwendbar.

In § 485 Abs. 1 ZPO hat der Gesetzgeber eine Beweissicherung ausdrücklich nicht nur außerhalb, sondern auch während eines anhängigen Rechtsstreits für zulässig erklärt. Hieran anknüpfend kommt - jedenfalls sofern im Hauptsacheverfahren eine Beweisaufnahme noch nicht angeordnet wurde oder noch nicht durchgeführt werden konnte - auch im Rahmen von § 76 SGG die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens im Ausgangspunkt auch dann in Betracht, wenn bereits ein Hauptsacheverfahren zur Durchsetzung desjenigen Anspruchs anhängig ist, zur Klärung dessen tatsächlicher Grundlagen das Beweissicherungsverfahren durchgeführt werden soll (vgl. B. Schmidt in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl., SGG § 76 Rn. 1; Groß, aaO; Gutzeit in Roos/Wahrendorf, SGG § 76 Rn. 4).

Allerdings wird im Hinblick auf die Beweisaufnahmemöglichkeiten im Hauptsacheverfahren und den das Verfahren beherrschenden Amtsermittlungsgrundsatz auch die Auffassung vertreten, dass für die Anwendung von § 76 SGG während eines anhängigen sozialgerichtlichen Prozesses "kein Bedürfnis" bestehe (Mink in Beck‘scher Online-Kommentar Sozialrecht, 53. Ed. 1.6.2019, SGG § 76 Rn. 2), zumal dem Beweissicherungsverfahren im sozialgerichtlichen Verfahren ohnehin nur eine "marginale" Bedeutung beigemessen wird (Groß, aaO). Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber - auch in Kenntnis der erläuterten Regelung des § 485 Abs. 1 ZPO - mit § 76 SGG umfassend die Möglichkeit der Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens eröffnet hat, lässt sich im Ergebnis aber kein allgemeiner Ausschluss der Zulässigkeit der Beantragung einer Beweissicherung nach § 76 SGG während eines bereits anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens feststellen.

3. In Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in denen parallel zu dem bereits in erster Instanz anhängig gemachten Hauptsacheverfahren ein Beweissicherungsverfahren zur Abklärung der tatbestandlichen Voraussetzungen des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs beantragt wird, ist das Gesuch nach § 76 Abs. 2 Satz 1 SGG bei dem für die Hauptsache zuständigen Sozialgericht anzubringen (vgl. zur Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache Groß, aaO, Rn. 9, und Gutzeit, aaO, Rn. 17), also bei dem Gericht, welches im Hauptsacheverfahren ohnehin bereits mit dem Rechtsstreit befasst ist.

Dieses Gericht hat schon im Rahmen der Führung des vom Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG geprägten Hauptsacheverfahrens dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Der verfassungsrechtlich garantierte Rechtsschutz ist nur dann im Sinne der verfassungsrechtlichen Gewährleistung in Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG wirksam, wenn er innerhalb angemessener Zeit gewährt wird (BVerfG, B.v. 22. März 2018 - 2 BvR 289/10 - Vz 10/16 -, juris). Im Rahmen der insoweit erforderlichen Abwägungen müssen insbesondere auch die Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer für die Beteiligten berücksichtigt werden (BVerfG, aaO). Zu diesen Auswirkungen gehört namentlich ein im Einzelfall ggfs. drohender Beweismittelverlust. Mithin ist einer entsprechenden konkreten Gefahr, wenn sie sich im Einzelfall zu verwirklichen droht, im Ausgangspunkt durch eine Beschleunigung der zur Abwendung benötigten Beweiserhebung in dem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren zu begegnen.

4. Dementsprechend hat bei bereits erfolgter Anhängigkeit eines Hauptsacheverfahrens auch der in der Sache eine Beweissicherung anstrebende Beteiligte zunächst in dem bereits eingeleiteten Hauptsacheverfahren substantiiert und detailliert die Notwendigkeit der beantragten Beweiserhebung darzulegen und die Gründe für einen aus seiner Sicht zu besorgenden Beweismittelverlust einleuchtend zu erläutern.

Nur wenn ein solches Ersuchen an das Gericht im anhängigen Hauptsacheverfahren ohne Erfolg verbleibt, kommt ein Rechtsschutzbedürfnis als Ausprägung des von § 76 SGG geforderten berechtigten Interesses für die Einleitung eines gesonderten Beweissicherungsverfahrens neben dem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren in Betracht. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist nur gegeben, wenn das berechtigte Interesse nicht auf einfachere und schnellere Art und Weise erreicht werden kann (BSG, U.v. 24. Februar 2011 - B 14 AS 75/10 R -, SozR 4-4200 § 23 Nr 11); eine zusätzliche Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe ist dabei, soweit möglich, zu vermeiden (BGH, Urteil vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 251/69 -, BGHZ 55, 201).

5. Die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens neben einem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren gefährdet gerade auch im Hinblick auf die mit der Führung eines solchen weiteren gerichtlichen Verfahrens verbundene zusätzliche Inanspruchnahme der begrenzten Rechtsprechungsressourcen die vom Gesetzgeber (in Bezug auf alle anhängigen Gerichtsverfahren) angestrebte Verfahrensbeschleunigung. Solange dies nicht durch Sachgründe gefordert wird, ist eine "Sonderbehandlung" von Verfahren, die von Beweissicherungsanträgen begleitet werden, zulasten anderer Verfahren und der berechtigten Interessen der dort Beteiligten an einer zeitnahen gerichtlichen Entscheidung zu vermeiden (OLG München, aaO mwN).

Dementsprechend sind die in § 76 SGG normierten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens besonders sorgfältig zu prüfen, wenn ein solches parallel zu einem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren geführt werden soll. Insbesondere obliegt es dem Antragsteller, die in § 76 SGG normierte tatbestandliche Voraussetzung eines (ernsthaft) drohenden Verlustes eines Beweismittels oder jedenfalls einer drohenden Erschwerung seiner Benutzung konkret, einleuchtend und gut nachvollziehbar aufzuzeigen und glaubhaft zu machen. Allgemeine Erwägungen, die für eine Vielzahl von Verfahren Relevanz erlangen können, wie etwa ein Verblassen der Zeugenerinnerung durch Zeitablauf, reichen in diesem Zusammenhang nicht aus (OLG München, aaO mwN).

6. Im vorliegenden Fall genügt das Vorbringen des Klägers nicht ansatzweise den erläuterten Anforderungen; ohnehin erfüllt der Antrag des anwaltlich vertretenen Klägers nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 76 Abs. 3 SGG i.V.m. § 487 ZPO.

Der Kläger hat schon nicht im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO die "Tatsachen" konkret bezeichnet, über die Beweis erhoben werden soll.

Selbst in Fallgestaltungen eines selbständigen - also noch vor Einleitung des Hauptsacheverfahrens beantragten - Beweissicherungsverfahrens, in denen angesichts des dann verfolgten Zwecks, einen Rechtsstreit zu vermeiden, möglicherweise niedrigere Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen sein mögen, ist jedenfalls ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern. Daher sind die Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen (BGH, Beschluss vom 10. November 2015 - VI ZB 11/15 - NJW-RR 2016, 63).

Dies gilt erst recht, wenn - wie im vorliegenden Zusammenhang - ein Beweissicherungsantrag parallel zu einer bereits in der Hauptsache erhobenen Klage eingeleitet wird, so dass mithin schon im gedanklichen Ausgangspunkt gar nicht mehr das Ziel der Vermeidung eines solchen Rechtsstreits verfolgt werden kann.

Die erforderliche substantiierte Darlegung der mit der beantragten Beweiserhebung festzustellenden Tatsachen schafft überdies erst die erforderliche Grundlage, anhand derer die weiteren Voraussetzungen insbesondere im Hinblick auf einen drohenden Verlust eines Beweismittels verständig und nachvollziehbar inhaltlich geprüft werden können.

Im vorliegenden Fall lässt der Kläger letztlich offen, zur Feststellung welcher konkreten Tatsachen das begehrte im Verfahren nach § 76 SGG einzuholende psychiatrische Gutachten führen soll. Soweit der Kläger die wesentlichen tatbestandlichen Voraussetzungen der in Betracht kommenden materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage des § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI unter Beweis stellen will, legt er im Ergebnis lediglich seine bereits mit der Klageerhebung zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung eines fortbestehenden Anspruchs auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente dar. Konkrete und substantiierte Tatsachenbehauptungen werden damit nicht verbunden.

7. Ebenso wenig legt der Kläger nachvollziehbar Tatsachen dar, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweissicherungsverfahrens begründen sollen; noch weniger erfolgt diesbezüglich die nach § 76 Abs. 3 SGG i.V.m. § 487 Nr. 4 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung.

Es erschließt sich schon im Ausgangspunkt nicht nachvollziehbar, bezüglich welcher konkreten Tatsachen ein Verlust eines Beweismittels bzw. eine Erschwerung seiner Benutzung im Sinne von § 76 Abs. 1 SGG zu besorgen sein soll. Dementsprechend erschließt es sich auch nicht, inwieweit bezüglich ihrer eine Feststellung mit der - bei entsprechendem Aufklärungsbedarf - im Hauptsacheverfahren vorzunehmenden Beweisaufnahme, welche namentlich auch die Einholung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens umfassen kann, nicht mehr möglich (oder jedenfalls nachvollziehbar erheblich erschwert) sein soll. Überdies bleibt offen, welche tatsächlichen Umstände dies im Einzelnen belegen sollen.

Zudem wird von Seiten des Klägers nicht nachvollziehbar dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die ggfs. einer Feststellung bedürfenden Tatsachen nicht bereits durch das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten (vgl. auch zur Zulässigkeit der Verwertung von Verwaltungsgutachten im nachfolgenden Gerichtsverfahren BSG Beschl. v. 26.5.2000 - B 2 U 90/00 B - und Beschl. v. 26.5.2000 - B 2 U 90/00 B - beide: Juris und Beck-Online) und/oder durch die Behandlungsunterlagen der kurativ tätigen Ärzte insbesondere zu den von ihnen erhobenen Befunden (mit deren Inhalt sich das Vorbringen des Klägers im Beweissicherungsverfahren gar nicht näher auseinandersetzt) nachgewiesen (und durch diese auch nicht ausgeschlossen) werden können.

Pauschale Hinweise, dass eine Beweiserhebung im Hauptsacheverfahren voraussichtlich etwas später als eine solche im Verfahren nach § 76 SGG zu erwarten sein könnte, vermögen den von Gesetzes wegen gebotenen substantiierten und glaubhaft zu machenden Vortrag zu den konkreten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 76 SGG nicht zu ersetzen.

Eine gesonderte Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (vgl. Leitherer, aaO, § 76, Rn. 5).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).