Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.09.2001, Az.: 8 MA 2900/01
Biotop; Flurstück; Fläche; Grenzverlauf; hinreichende Bestimmtheit; Liegenschaftskarte; Messtoleranz; Naturschutz; naturschutzrechtliche Anordnung; Toleranz; Verwaltungsakt; Wiederherstellung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 20.09.2001
- Aktenzeichen
- 8 MA 2900/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 40270
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 01.08.2001 - AZ: 2 B 18/01
Rechtsgrundlagen
- § 37 Abs 1 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ordnet die Naturschutzbehörde die Wiederherstellung eines Biotops an, das nur einen Teil eines Flurstücks eingenommen hat, muss sie den von der Anordnung betroffenen Bereich des Flurstücks nicht so genau bestimmen, dass er vor Ort zentimetergenau von der Restfläche des Furstücks abgegrenzt werden kann.
2. Da sich die Ausdehnung eines zerstörten Biotops regelmäßig nicht zentimetergenau bestimmen lässt, können Toleranzen von 50 cm akzeptabel sein.
Gründe
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil der vom Antragsteller geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses (§ 146 Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt.
Der Einwand des Antragstellers, der angefochtene Bescheid, durch den ihm unter Anordnung der sofortigen Vollziehung Maßnahmen zur Wiederherstellung eines Biotops auferlegt worden sind, sei nicht hinreichend bestimmt, weil er nicht erkennen könne, auf welcher Teilfläche seines Grundstücks er der Anordnung nachkommen müsse, ist unbegründet. Nach § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i. V. m. § 37 Abs. 1 VwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Erforderlich ist daher, dass er seinen Adressaten in die Lage versetzt, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Wenn der Verwaltungsakt - wie im vorliegenden Fall - einen vollstreckbaren Inhalt hat, muss er außerdem so konkret sein, dass er eine geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.2.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 (338); Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 7. Aufl., § 37 Rn. 12, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid, weil er den Bereich des Grundstücks, auf den er sich erstreckt, hinreichend genau bezeichnet.
Der Antragsgegner hat dem Bescheid einen Auszug aus der Liegenschaftskarte im Maßstab 1 : 1000 beigefügt, auf dem er den betreffenden Bereich markiert hat. Dieser Kartenauszug enthält neben dem Hinweis auf den Maßstab Angaben zur Entfernung von acht am Rand dieses Bereichs liegenden Punkten von den Grenzen des Flurstücks. Diese Angaben ermöglichen es dem Antragsteller, die genaue Lage der Fläche, auf die sich die angefochtene Verfügung erstreckt, zu erkennen. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar dargelegt, dass es weder der Inanspruchnahme eines Landvermessers noch des Rückgriffs auf andere, dem Antragsteller nicht zur Verfügung stehende Hilfsmittel bedarf, um die in dem Auszug aus der Liegenschaftskarte enthaltenen Entfernungsangaben in die Örtlichkeit zu übertragen. Der Antragsteller kann auch die Verbindungslinien zwischen den o. g. Punkten vor Ort herstellen. Diese verlaufen zwar nicht gradlinig. Die Angabe des Maßstabs auf dem Auszug aus der Liegenschaftskarte versetzt den Antragsteller aber in die Lage, auch diese Linien in die Örtlichkeit zu übertragen. Dass es dabei nicht möglich ist, den von der Verfügung betroffenen Bereich von dem Rest des Flurstücks zentimetergenau abzugrenzen, ist unschädlich. Die Anforderungen, die im Einzelfall an die inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsakts zu stellen sind, hängen vom jeweiligen Regelungsgehalt und dem Zweck des Verwaltungsakts ab (BVerwG, Beschl. v. 14.3.1990 - 4 B 45.90 -). Der mit der angefochtenen Verfügung verfolgte Zweck, ein zerstörtes Biotop wiederherzustellen, und die Maßnahmen, die dem Antragsteller dazu auferlegt worden sind, gebieten es nicht, den von der Anordnung betroffenen Bereich so genau zu bestimmen, dass er vor Ort zentimetergenau von der Restfläche des Flurstücks abgegrenzt werden kann. Das Verwaltungsgericht hat daher zutreffend darauf hingewiesen, dass Toleranzen von 50 cm akzeptabel sind, zumal sich die Ausdehnung des zerstörten Biotops ohnehin nicht zentimetergenau bestimmen lässt. Abgesehen davon wäre eine wesentlich genauere Abgrenzung des betroffenen Bereichs auch dann nicht möglich, wenn der Antragsgegner - wie vom Antragsteller verlangt - den Auszug aus der Liegenschaftskarte mit zusätzlichen Entfernungsangaben versehen hätte.
Ein Verstoß gegen das Gebot hinreichender Bestimmtheit lässt sich auch nicht mit der Behauptung des Antragstellers begründen, dass er die exakte Lage der ersten Bezugspunkte nicht bestimmen könne, weil die Grenze des Flurstücks zwischen den westlichen Grenzsteinen und den in östlicher Richtung nächstgelegenen Bezugspunkten einen Knick aufweise. Dem Antragsteller ist es trotz des leicht abgeknickten Grenzverlaufs ohne weiteres möglich, anhand des dem angefochtenen Bescheid beigefügten Kartenauszugs die Bezugspunkte in der Örtlichkeit zu ermitteln. Dass dies nicht zentimetergenau erfolgen kann, ändert - wie bereits dargelegt - nichts daran, dass die angefochtene Verfügung ausreichend bestimmt ist.
Die Richtigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses ist schließlich auch nicht deshalb ernstlich zu bezweifeln, weil das Verwaltungsgericht nicht darauf eingegangen ist, ob die Fläche, die der Antragsgegner in dem der angefochtenen Verfügung beigefügten Auszug aus der Liegenschaftskarte gekennzeichnet hat, mit dem zerstörten Biotop räumlich übereinstimmt. Zu dem Geländebogen zur Erfassung der besonders geschützten Biotope im Landkreis O., den Mitarbeiter des Antragsgegners aufgrund der Kartierung des Flurstücks des Antragstellers erstellt haben, gehört ein Auszug aus der Liegenschaftskarte im Maßstab 1 : 1000, auf dem das Biotop markiert ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner das Biotop dort unrichtig kartographisch erfasst hat, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Die markierte Fläche ist zudem mit der Fläche, die der Antragsgegner auf dem dem angefochtenen Bescheid beigefügten Kartenauszug gekennzeichnet hat, deckungsgleich. Somit besteht kein Grund für die Annahme, dass sich die dem Antragsteller auferlegten Maßnahmen auf Flächen außerhalb des zerstörten Biotops erstrecken. Daher ist der Einwand der Antragstellers, dass die angefochtene Verfügung in § 63 NNatSchG keine Rechtsgrundlage finde, nicht begründet.