Abschnitt 35 VV-BauGB - 35. Anzeige von Bebauungsplänen (§ 11 Abs. 1 und 3)
Bibliographie
- Titel
- Verwaltungsvorschriften zum Baugesetzbuch (VV-BauGB)
- Amtliche Abkürzung
- VV-BauGB
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 21074000000002
35.1
Anzeigevorbehalt
Bebauungspläne, die keiner Genehmigung bedürfen, sind gemäß § 11 Abs. 1 der Aufsichtsbehörde (Nr. 34.2) anzuzeigen. Der Anzeigevorbehalt gilt auch für die vereinfachte Änderung oder Ergänzung solcher Bebauungspläne, wenn ein fristgerechter Widerspruch eines Beteiligten vorliegt (§ 13 Abs. 1 Satz 3).
Die Bebauungspläne unterliegen insoweit einer planungsrechtlichen Sonderaufsicht.
35.2
Aufsichtsbehörde
35.2.1
Landkreis
Die Landkreise sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 DVBauGB zuständig für die Entgegennahme der Anzeige und Prüfung von Bebauungsplänen kreisangehöriger Gemeinden, die nicht die Rechtsstellung einer großen selbständigen Stadt besitzen. Diese Zuständigkeitsregelung gilt auch im Falle der Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen der genannten Gemeinden (§ 1 Abs. 5 DVBauGB).
Von der Zuständigkeit der Landkreise sind nach § 1 Abs. 1 Satz 2 DVBauGB ausgenommen:
- a)
Bebauungspläne, deren Geltungsbereich ganz oder teilweise in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder Ersatz- und Ergänzungsgebiet nach § 142 liegt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVBauGB).
Der Ausschluß der Zuständigkeit des Landkreises wird wirksam, sobald die Sanierungssatzung nach § 143 Abs. 2 rechtsverbindlich geworden ist. Der Ausschluß endet mit der Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162.
Wird während des Anzeigeverfahrens eine Sanierungssatzung erlassen oder aufgehoben, ändert sich die Zuständigkeit für die Entgegennahme der Anzeige und Prüfung des Bebauungsplans. In einem solchen Falle gibt die Behörde, bei der die Anzeige eingereicht worden ist, diese unverzüglich an die zuständige Aufsichtsbehörde weiter. Die Vorschriften über die Dauer des Anzeigeverfahrens (Nr. 35.5) bleiben unberührt;
- b)
Bebauungspläne, die vom Landkreis ausgearbeitet worden sind (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 DVBauGB).
Bei der Prüfung der Zuständigkeit ist die Angabe des Planverfassers in den Verfahrensvermerken beim Bebauungsplan gemäß Anlage 16 zugrunde zu legen.
Ob die Zuständigkeit des Landkreises hiernach ausgeschlossen ist, ist im Verfahren für die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung des Bebauungsplans jeweils gesondert zu prüfen. War z.B. die Zuständigkeit des Landkreises im Aufstellungsverfahren ausgeschlossen, so ist dieses bei einer nachfolgenden Änderung, Ergänzung oder Aufhebung wiederum gegeben, wenn diese nicht vom Landkreis, sondern von der Gemeinde oder einem Dritten ausgearbeitet worden ist.
35.2.2
Bezirksregierung
Die BezReg. sind zuständig für die Entgegennahme der Anzeige und Prüfung von
- a)Bebauungsplänen der kreisfreien Städte, der großen selbständigen Städte und der Stadt Göttingen,
- b)Bebauungsplänen kreisangehöriger Gemeinden, die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 DVBauGB von der Zuständigkeit des Landkreises ausgenommen sind.
35.2.3
Fachaufsicht
Die den Landkreisen als Aufsichtsbehörden (Nr. 35.2.1) übertragenen Aufgaben gehören zum übertragenen Wirkungskreis (§ 1 Abs. 6 DVBauGB). Die Landkreise unterstehen insoweit der Fachaufsicht der BezReg. (Art. II § 4 des Achten Gesetzes zur Verwaltungs- und Gebietsreform).
Die BezReg. unterstehen der Fachaufsicht des MS.
35.3
Anzeigeverfahren
Die Gemeinde hat die Anzeige des Bebauungsplans mit den erforderlichen Unterlagen (Nr. 35.4.2) der Aufsichtsbehörde (Nr. 35.2) vorzulegen.
Eine kreisangehörige Gemeinde, die nicht die Rechtsstellung einer großen selbständigen Stadt oder einen Sonderstatus (Stadt Göttingen) besitzt, legt die Anzeige eines Bebauungsplans, der von der Zuständigkeit des Landkreises ausgenommen ist, mit den erforderlichen Unterlagen über den Landkreis vor. Der Landkreis leitet den Antrag unverzüglich an die BezReg. weiter.
35.4
Anzeige, Unterlagen
35.4.1
Anzeige
Die Anzeige eines Bebauungsplans soll nach dem als Anlage 19 beigefügten Muster in einfacher Ausfertigung erfolgen.
35.4.2
Unterlagen
Der Anzeige sind in einfacher Ausfertigung die in Nr. 34.4.2 genannten Unterlagen beizufügen.
35.4.3
Wirksamkeit der Anzeige
Die Anzeige ist mit Eingang bei der nach Nr. 35.2 zuständigen Aufsichtsbehörde wirksam. Die Aufsichtsbehörde bestätigt gegenüber der Gemeinde den Tag des Eingangs.
Im übrigen gilt Nr. 34.4.3 entsprechend.
35.5
Dauer der Prüfung
35.5.1
Prüfungsfrist
Nach § 11 Abs. 3 kann die Verletzung von Rechtsvorschriften nur innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden.
35.5.2
Beginn der Frist
Die Frist beginnt mit Eingang der Anzeige und der erforderlichen Unterlagen bei der zuständigen Aufsichtsbehörde. Für ihre Berechnung gelten gemäß § 31 VwVfG die §§ 187 bis 193 BGB entsprechend.
Die Frist beginnt auch zu laufen, wenn die Angaben in der Anzeige oder die beigefügten Unterlagen unvollständig sind. Ist eine fristgerechte Prüfung wegen unvollständiger Angaben oder Unterlagen nicht möglich, muß die mangelnde Prüfbarkeit als Rechtsverletzung geltend gemacht werden.
Eine Verlängerung der Prüfungsfrist ist nicht möglich.
35.6
Rücknahme der Anzeige
Die Gemeinde kann die Anzeige bis zum Ablauf der Prüfungsfrist zurücknehmen. Die Rücknahme soll schriftlich erfolgen. Eine mündliche Rücknahme soll schriftlich bestätigt werden.
35.7
Art und Gegenstand der Prüfung
Die Nrn. 34.8.2 bis 34.8.5 gelten entsprechend.
Soll die Verletzung von Rechtsvorschriften durch den Landkreis als Aufsichtsbehörde geltend gemacht werden, so ist § 57 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 NLO weder unmittelbar noch mittelbar anzuwenden. Diese Vorschrift betrifft nur kommunalaufsichtliche Genehmigungen; sie gilt nicht für Maßnahmen im Rahmen der Sonderaufsicht nach § 11 (vgl. Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Gemeindeordnung und der Niedersächsischen Landkreisordnung, Begründung zu Art. II Nr. 14, LT-Drs. 9/1961).
Ist der Landkreis für die Prüfung eines Bebauungsplans zuständig, der nach § 8 Abs. 3 im Parallelverfahren aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben wird, so hat sich der Landkreis im Hinblick auf § 8 Abs. 3 mit der BezReg. rechtzeitig abzustimmen.
35.8
Entscheidung der Aufsichtsbehörde
35.8.1
Fehlerfreie Bebauungspläne
Entspricht der Bebauungsplan den Anforderungen des formellen und materiellen Rechts, ist von der Aufsichtsbehörde in der Regel nichts zu veranlassen. Die Aufsichtsbehörde kann gegenüber der Gemeinde aber auch ausdrücklich erklären, daß Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Gemeinde wird hierdurch in die Lage versetzt, den Bebauungsplan bereits vor Ablauf der Frist von drei Monaten in Kraft zu setzen (§ 11 Abs. 3 Satz 2). Die Erklärung ist ein Verwaltungsakt.
35.8.2
Geltendmachung von Rechtsverletzungen bei fehlerhaften Bebauungsplänen
Widerspricht der Bebauungsplan den Vorschriften des formellen oder des materiellen Rechts oder ist seine Durchführbarkeit von vornherein offensichtlich aussichtslos, so hat die Aufsichtsbehörde die betreffende Rechtsverletzung geltend zu machen und dies mit dem Hinweis zu verbinden, daß die Bekanntmachung nach § 12 nicht erfolgen darf.
Hat die Aufsichtsbehörde bestimmte Rechtsverletzungen geltend gemacht, so ist das Geltendmachen weiterer Rechtsverletzungen innerhalb der Prüfungsfrist (Nr. 35.5.1) nicht ausgeschlossen.
Bei der Entscheidung, ob festgestellte Rechtsverletzungen geltend zu machen sind, steht der Aufsichtsbehörde kein Ermessen zu. Die Entscheidung unterliegt nicht dem Opportunitätsprinzip.
Nr. 34.10.3 gilt entsprechend.
Behebt die Gemeinde den geltend gemachten Fehler, so ist der Bebauungsplan erneut anzuzeigen.
35.8.3
Geltendmachung von Rechtsverletzungen mit Maßgaben
Die Verfügung der Aufsichtsbehörde gemäß Nr. 35.8.2 kann auch mit Maßgaben verbunden werden. In diesem Falle werden gegen den Bebauungsplan in der vorgelegten Form Rechtsverletzungen geltend gemacht, doch wird dies mit der Erklärung verbunden, daß bei einer die Maßgabe berücksichtigenden Änderung des Bebauungsplans im voraus auf das Geltendmachen von Rechtsverletzungen verzichtet wird. Im übrigen gilt Nr. 34.9.4 entsprechend.
Erforderlich ist ein erneuter Satzungsbeschluß, der die Maßgabe berücksichtigt (Beitrittsbeschluß).
Ist der Beitrittsbeschluß gefaßt, ist ein erneutes Anzeigeverfahren entbehrlich.
35.8.4
Geltendmachung der Verletzung von Formvorschriften
Weist der Bebauungsplan redaktionelle Mängel auf oder sind Formvorschriften verletzt, die sich nicht auf den Inhalt des Bebauungsplans auswirken (z.B. Verletzung von § 9 Abs. 5 oder 6), so sind diese Fehler ebenfalls geltend zu machen. Die Geltendmachung kann mit der Erklärung verbunden werden, daß bei einer Behebung des Fehlers im voraus auf das Geltendmachen von Rechtsverletzungen verzichtet wird. Ein Geltendmachen von Rechtsverletzungen mit "Auflagen" ist nicht zulässig.
Ein erneuter Satzungsbeschluß (Beitrittsbeschluß) ist nicht erforderlich.
35.8.5
Geltendmachung von Rechtsverletzungen für Teile des Bebauungsplans
Bei einem Bebauungsplan können Rechtsverletzungen auch im Hinblick auf räumliche oder sachliche Teile geltend gemacht werden. Nr. 34.9.6 gilt entsprechend.
35.8.6
Form der Geltendmachung von Rechtsverletzungen
Rechtsverletzungen werden gegenüber der Gemeinde durch belastenden Verwaltungsakt geltend gemacht. Ist die Geltendmachung nicht in schriftlicher Form ergangen, ist sie unverzüglich zu bestätigen (§ 37 Abs. 2 VwVfG).
Durch formlose Rückgabe des Bebauungsplans werden Rechtsverletzungen nicht wirksam geltend gemacht.
Der Verwaltungsakt ist zu begründen. Dabei sind die Rechtsverletzungen im einzelnen zu bezeichnen (§ 39 VwVfG).
Der Verwaltungsakt ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (§ 211). Als Rechtsbehelf kommt der Widerspruch nach § 68 VwGO in Betracht. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, ist die Anfechtungsklage nach § 42 VwGO statthaft.
35.8.7
Rückgabe der Planunterlage
Nach Abschluß des Prüfungsverfahrens übersendet die Aufsichtsbehörde der Gemeinde die mit einem Verfahrensvermerk versehene Urschrift des Bebauungsplans sowie die Urschrift der Begründung.
35.9
Anzeige von Bebauungsplänen bei gleichzeitiger Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplans
Ein im Parallelverfahren gemäß § 8 Abs. 3 aufgestellter Bebauungsplan kann bereits vor Genehmigung des Flächennutzungsplans bekanntgemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten am Flächennutzungsplan anzunehmen ist, daß er aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird.
Maßgebend dafür, ob bei einem im Parallelverfahren aufgestellten Bebauungsplan das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 beachtet worden ist, ist nach § 8 Abs. 3 Satz 2 die "Planreife des Flächennutzungsplans". Die Beurteilung dieser Voraussetzungen obliegt der für die Genehmigung des Flächennutzungsplans zuständigen Aufsichtsbehörde. Ist für die Entgegennahme und Prüfung der Anzeige eines Bebauungsplans der Landkreis zuständig, so hat er im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 die Entscheidung der BezReg. einzuholen.
35.10
Verletzung von Vorschriften über die Anzeige
Ist ein Bebauungsplan bekanntgemacht worden, obwohl
- das Anzeigeverfahren nicht durchgeführt worden ist oder
- die Aufsichtsbehörde Rechtsverletzungen fristgerecht geltend gemacht hat,
so liegt ein Verfahrensfehler vor, der nach § 214 Abs. 1 Nr. 3 in jedem Falle beachtlich ist.
35.11
Von Nr. 35.5.1 abweichende Regelung nach dem BauGB-MaßnahmenG
§ 2 Abs. 6 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG sieht unter den dort genannten Voraussetzungen eine Verkürzung der 3-Monats-Frist des Anzeigeverfahrens auf einen Monat vor.
Aus wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BauGB) kann die Monatsfrist um höchstens zwei Monate verlängert werden.