Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 11.02.2014, Az.: 6 A 50/13

Abiturprüfung; Begründung; Benotung; Bewertungsspielraum; Erwartungshorizont; Klausur; Randbemerkung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
11.02.2014
Aktenzeichen
6 A 50/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42565
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Bei dem ausformulierten Erwartungshorizont für eine Abiturklausur handelt es sich konzeptionell um eine bloße Orientierungshilfe ohne die abschließende Zusammenstellung möglicher Lösungen und Bewertung anderer Lösungswege. Die Prüfer dürfen bei der Bewertung der Klausuren daher grundsätzlich auch auf Aspekte hinweisen, die nicht im Erwartungshorizont dargelegt sind.

2. Randbemerkungen der Prüfer kann regelmäßig nicht entnommen werden, dass sie tragende, für das Bewertungsergebnis erhebliche Gesichtspunkte zum Ausdruck bringen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich aus den abschließenden Stellungnahmen der Prüfer ergibt, dass sie den Anmerkungen bei der Bewertung entscheidende Bedeutung beigemessen haben.

3. Die Bewertung einer Arbeit mit "mangelhaft" erfordert keine erheblich ausführlichere Begründung. Notwendig ist auch insoweit vielmehr eine Begründung, die es dem Prüfling - und dem Verwaltungsgericht - ermöglicht, die grundlegenden Gedankengänge nachzuvollziehen, die den Prüfer zu der Bewertung veranlasst haben.

4. Positive Aspekte einer schriftlichen Leistung stehen der Bewertung mit der Note ungenügend, mangelhaft oder ausreichend nur dann entgegen, wenn sie im Vergleich zu den negativen Aspekten eine nicht nur geringfügige Bedeutung aufweisen und damit gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Prüfungsleistung nicht der Notendefinition entspricht, die der vergebenen Endnote zugrunde liegt.

5. Einzelfall eines keine rechtserheblichen Bewertungsfehler aufzeigenden Gutachtens zur Benotung einer Deutsch Klausur (Gedichtinterpretation).

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen das vom Beklagten festgestellte Nichtbestehen der Abiturprüfung und begehrt die Neubewertung von zwei Klausuren.

Im Frühjahr 2012 legte die im November 1992 geborene Klägerin bei dem Beklagten die Abiturprüfung ab. Unter dem 18. Juni 2012 teilte ihr die Prüfungskommission die folgenden Ergebnisse der schriftlichen Prüfung (in den Prüfungsfächern 1 bis 4) und der mündlichen Prüfung (im Prüfungsfach 5) mit:

1. Prüfungsfach (Geschichte):

5 Punkte

2. Prüfungsfach (Deutsch):

5 Punkte

3. Prüfungsfach (Politik-Wirtschaft):

2 Punkte

4. Prüfungsfach (Biologie):

7 Punkte

5. Prüfungsfach (Englisch) :

5 Punkte

Die Prüfungskommission stellte fest, dass die Klägerin damit im Block II (Ergebnisse der 5 Prüfungsfächer) nur 96 der erforderlichen 100 Punkte erreicht und das Abitur daher noch nicht bestanden habe.

Am 3. Juli 2012 fand eine zusätzliche mündliche Prüfung im Fach Deutsch statt, die mit 6 Punkten bewertet wurde. Die Prüfungskommission stellte daraufhin am selben Tage fest, die im Block II erreichte Punktzahl habe sich damit zwar auf 97 erhöht, da die Mindestpunktzahl nicht erreicht sei, habe die Klägerin das Abitur aber nicht bestanden. Dies teilte die Kommission der Klägerin sowohl schriftlich als auch mündlich mit. Die Klägerin erhielt von dem Beklagten eine vom  6. Juli 2012 datierende Bescheinigung über den schulischen Teil der Fachhochschulreife mit einer Durchschnittsnote von 3,0.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2012 erhob die Klägerin Widerspruch, den sie mit Einwänden gegen die Bewertung ihrer Deutsch-Klausur begründete. Dazu berief sie sich vor allem auf die schriftliche Stellungnahme des Akademischen Direktors Dr.  F., Institut für Germanistik der Technischen Universität G.. In dieser Stellungnahme heißt es unter anderem, in der Bearbeitung der 1. Aufgabe deute die Klägerin das Goethe-Gedicht zwar falsch, wesentliche Beobachtungen seien aber doch richtig; die Bewertung ihrer Ausführungen zu Aufgabe 2 sei „völlig unverständlich“, weil die Ausführungen „entschieden besser“ seien als die zu Aufgabe 1. Wegen der weiteren Ausführungen des Gutachters wird auf die Stellungnahme verwiesen (Bl. 34 f. der Gerichtsakte).

Nachdem die Referentin, Oberstudienrätin H., und der Fachprüfungsausschuss unter Berufung auf den landeseinheitlichen Erwartungshorizont eine Änderung der Bewertung abgelehnt hatten und auch die Prüfungskommission sich dem angeschlossen hatte, holte die Landesschulbehörde eine Stellungnahme von Studiendirektorin Dr.  I., der Fachberaterin für Deutsch bei der Landesschulbehörde, Standort Braunschweig, ein. In der Stellungnahme vom 14. Januar 2013 kommt die Fachberaterin zu dem Ergebnis, die Bewertung der Deutsch-Klausur entspreche den Rechtsvorschriften, beruhe nicht auf falschen Voraussetzungen oder sachfremden Erwägungen und verstoße nicht gegen allgemeine pädagogische Grundsätze oder Bewertungsmaßstäbe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme verwiesen (Bl. 163 ff. Beiakte A). Auf dieser Grundlage wies die Landesschulbehörde den Widerspruch mit Bescheid vom 23. Januar 2013 zurück.

Den Klausuren, deren Bewertung die Klägerin beanstandet, lagen die folgenden Aufgabenstellungen zugrunde:

In der am 21. April 2012 geschriebenen Klausur im Fach Deutsch hatten die Schülerinnen und Schüler in fünfstündiger Bearbeitungszeit das Gedicht „Neue Liebe, Neues Leben“ von Johann Wolfgang Goethe zu interpretieren (Aufgabe 1) und mit dem Gedicht „Begegnung“ von Steffen Jacobs unter formalen, inhaltlichen und sprachlichen Aspekten zu vergleichen (Aufgabe 2). Die Referentin, Oberstudienrätin H., bewertete die Leistung der Klägerin insgesamt mit 5 Punkten. Die Korreferentin, Studienrätin J., erklärte sich mit der Bewertung einverstanden.

Im Fach Politik-Wirtschaft hatten die Schülerinnen und Schüler am 7. Mai 2012 im Rahmen einer fünfstündigen Klausur einen in der Wochenzeitung „Die Zeit“ erschienenen Artikel von Peer Steinbrück mit dem Titel „Mir gab das zu denken. Die Spaltung des Arbeitsmarktes gefährdet die soziale und demokratische Stabilität“ zusammenzufassen (Aufgabe 1) und anhand des Textes herauszuarbeiten, an welchen wirtschaftspolitischen Zielen sowie gesellschaftlichen Werten sich Steinbrück orientiert und welche Forderungen er aufstellt (Aufgabe 2). Außerdem hatten die Bearbeiter ausgehend vom Text ordnungs- und konjunkturpolitische Möglichkeiten des Staates zur Lösung des Beschäftigungsproblems zu erläutern (Aufgabe 3) und zu einigen Thesen Steinbrücks Stellung zu nehmen (Aufgabe 4). Die Leistung der Klägerin bewertete der Referent, Oberstudienrat K., mit 2 Punkten. Der Korreferent, Oberstudienrat L., erklärte sich damit einverstanden.

Wegen der Einzelheiten der Aufgabentexte und der von der Klägerin vorgelegten Lösungen wird auf die dem Verwaltungsvorgang beigefügten Klausuren verwiesen, wegen der Begründung der Klausurnoten durch die Prüfer wird auf ihre Gutachten (Bl. 10 und 74 Beiakte A) Bezug genommen.

Am 25. Februar 2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, sowohl die Deutsch- als auch die Politik-Wirtschaft-Klausur hätten besser bewertet werden müssen.

Die Bewertung der Klausur im Fach Deutsch sei fehlerhaft, wie sich aus dem Gutachten Dr. F. s ergebe. Ihre Bearbeitung der 2. Aufgabe hätte mit 8 Punkten bewertet werden müssen, sodass sich für die Arbeit eine Gesamtnote von 7 Punkten ergebe.

Hinsichtlich der Klausur im Fach Politik-Wirtschaft macht sie im Wesentlichen Folgendes geltend:

Die Bewertung einer Arbeit mit „mangelhaft“ erfordere eine erheblich ausführlichere Begründung. Ihre Arbeit erfülle auch die Anforderungen an die Note „ausreichend“, die sich insbesondere aus dem Erwartungshorizont für die Klausur im Zentralabitur 2012 ergäben. Zu Aufgabe 1 habe sie das Thema des Artikels zutreffend benannt; ihre zusammenfassende Wiedergabe des Textes sei durch abstrahierende Überleitungen gegliedert und folge der Chronologie des Artikels. Die Brisanz der in dem Artikel beschriebenen gesellschaftlichen Entwicklung habe sie durchaus erkannt. Die Randbemerkung des Referenten auf Seite 2 der Klausur („so nicht in der Vorlage“) sei unzutreffend. Die Kritik des Referenten, exakte Daten aus der Textvorlage würden selten übernommen, gehe am ausformulierten Erwartungshorizont vorbei, der lediglich zwei exakte Daten verlange. Gedankliche Eigenständigkeit, deren Fehlen der Referent  beanstande, sei nach dem Erwartungshorizont lediglich für die Note „gut“ erforderlich. Unverständlich sei, warum er abstrahierende Bemerkungen oder die Angabe gültiger Tatsachen als falsch bzw. phrasenhaft bewertet habe. Soweit das Gutachten „Stilblüten“ beanstande, fänden sich keine Hinweise in den Randbemerkungen; im Übrigen handele es sich um einen abfälligen Begriff, der in einem Gutachten nichts zu suchen habe. Ihre Leistung hätte daher insgesamt mit 4 bis 6 Punkten bewertet werden müssen.

Was die Aufgabe 2 anbelange, sei der Erwartungshorizont fehlerhaft, soweit er vorgebe, Steinbrück orientiere sich in dem Artikel am Ziel der Vollbeschäftigung. Die zentralen Aspekte der Aufgabenstellung, die der Erwartungshorizont verlange, würden in ihrer Arbeit herausgestellt. Die Rüge des Referenten, die von der Klägerin genannten möglichen staatlichen Maßnahmen verstießen gegen das Grundgesetz und das Stabilitätsgesetz, sei nicht nachvollziehbar. Die Auffassung des Referenten, in der Arbeit würden keine wirtschaftlichen Ziele oder gesellschaftlichen Werte genannt, sei nicht haltbar.

Unhaltbar sei auch die Randbemerkung des Referenten auf Seite 10 ihrer Klausur zu Aufgabe 3. Soweit der Referent dort feststellt, ihre Ausführungen widersprächen dem Prinzip der Globalsteuerung, werde dieser Aspekt weder in der Textvorlage noch im Erwartungshorizont herausgestellt. Unverständlich sei auch die folgende Randbemerkung, die ihre Aussage, durch Subvention steige „die Kaufkraft der Bevölkerung, z.B. Abwrackprämie“, als erläuterungsbedürftig ansehe. Die im Erwartungshorizont als ordnungspolitische Möglichkeit angeführte Lockerung des Kündigungsschutzes widerspreche der Forderung Steinbrücks nach einer Eindämmung der „uferlosen Flexibilisierung des Arbeitsmarktes“. Die Randbemerkungen des Referenten zeigten fast ausschließlich Lücken oder Fehlendes auf und legten die Vermutung nahe, dass er mit seiner Überprüfung lediglich die Erwartung einer Fehlleistung bestätigen wollte. Damit lägen sachfremde Überlegungen und Verstöße gegen allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze vor.

Die Klägerin beantragt,

1. die Entscheidung der Prüfungskommission vom 03.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Landesschulbehörde vom 23.01.2013 aufzuheben,

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klausuren in den Fächern Deutsch und Politik/Wirtschaft unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten und

3. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen.

Der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren eine ergänzende Stellungnahme des Referenten und des Fachprüfungsausschusses zu den gegen die Bewertung der Klausur im Fach Politik-Wirtschaft erhobenen Einwänden, eine Erklärung des Korreferenten zur Klausur im Fach Politik-Wirtschaft sowie eine Stellungnahme des Fachberaters für Geschichte und Politik-Wirtschaft bei der Landesschulbehörde, Regionalabteilung Braunschweig, vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Unterlagen verwiesen (Bl. 40, 41, 42 und 67 der Gerichtsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Landesschulbehörde Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubewertung ihrer Klausuren in den Fächern Deutsch und Politik-Wirtschaft. Die Prüfungskommission hat die Abiturprüfung zu Recht für nicht bestanden erklärt.

Nach der Verordnung über die Abschlüsse in der gymnasialen Oberstufe, im Beruflichen Gymnasium, im Abendgymnasium und im Kolleg (AVO-GOBAK) vom 19. Mai 2005 (Nds. GVBl. S. 169), in der für die Abiturprüfung 2012 grundsätzlich maßgeblichen Fassung zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 504), bestimmt sich die im Abitur erreichte Durchschnittsnote nach der Punktzahl der Gesamtqualifikation (§ 14 Abs. 2 i. V. m. Anlage 2). Die Punktzahl der Gesamtqualifikation ergibt sich aus der Punktsumme bestimmter Schulhalbjahres-ergebnisse (Block I) und der Punktsumme der in den fünf Prüfungsfächern in vierfacher Wertung erzielten Leistungen (Block II; s. § 15 Abs. 1 und Abs. 3 AVO-GOBAK, wobei Abs. 3 gem. Art. 1 Nr. 6 der VO v. 16.12.2011 - Nds. GVBl. S. 504 - hier in der bis zum 31.07.2011 geltenden Fassung weiter anzuwenden war). Nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AVO-GOBAK müssen im Block II mindestens 100 Punkte erreicht werden; außerdem bestimmt die Regelung in der hier maßgeblichen Fassung, dass dabei in drei Prüfungsfächern, darunter im ersten oder zweiten Prüfungsfach, jeweils mindestens 20 Punkte erforderlich sind.

Danach hat die Prüfungskommission die Abiturprüfung der Klägerin zu Recht für nicht bestanden erklärt. Die Klägerin hat im Prüfungsfach Deutsch gemäß § 13 Abs. 1 AVO-GOBAK eine zusätzliche mündliche Prüfung abgelegt, deren Ergebnis bei der Berechnung der in diesem Fach erzielten Punktzahl nach der in Anlage 1 zur AVO-GOBAK geregelten Berechnungsformel und der dort vorgeschriebenen Rundungsregel zu berücksichtigen ist. Danach ergab sich hier für das Fach Deutsch eine in Block II einzubringende Punktzahl von 21 (8 x 5 Punkte schriftlich + (4 x 6 Punkte mündlich), dividiert durch 3 = 21,33, abgerundet 21 Punkte). Mit den Punktzahlen für die anderen Prüfungsfächer hat die Klägerin im Block II lediglich 97 Punkte erreicht und damit die erforderliche Mindestpunktzahl von 100 verfehlt. Die von ihr beanstandeten Bewertungen lassen keine Rechtsmängel erkennen.

I. Die Bewertungen der Klausuren durch die Referentinnen und Referenten sind formell rechtmäßig. Insbesondere genügen die Ausführungen des Referenten K. und des Koreferenten L. zur Bewertung der Klausur im Fach Politik-Wirtschaft den Anforderungen, die an die Begründung der Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen zu stellen sind.

Die Bewertung einer schriftlichen Prüfungsleistung ist schriftlich unter Darlegung der tragenden Erwägungen zu begründen. Der Prüfling kann Einwände gegen die Bewertung nur dann wirksam vorbringen und damit seine Rechte sachgemäß verfolgen, wenn er über die für die Bewertung maßgeblichen Gründe informiert wird. Diese Begründungspflicht ergibt sich nicht aus § 39 VwVfG, der für Prüfungen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 Nds. VwVfG nicht anwendbar ist, sondern aus den Grundrechten auf freie Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG). Auf dieser Grundlage muss die Begründung ihrem Inhalt nach so beschaffen sein, dass die Gründe, die den Prüfer zu der Bewertung veranlasst haben, zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch in den für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkten erkennbar sind (vgl. BVerwG, B. v. 07.09.1995 - 6 B 45/95 -, juris Rn. 3 = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 358). Die Ausführungen der Prüfer müssen es dem Prüfling und dem Gericht ermöglichen, die die Bewertung tragenden Gründe in den Grundzügen nachzuvollziehen; dazu muss erkennbar sein, welche Kriterien für die Benotung maßgeblich waren und wie die Anwendung dieser Kriterien in den wesentlichen Punkten zu dem Bewertungsergebnis geführt hat (vgl. BVerwG, B. v. 08.03.2012 - 6 B 36/11 -, NJW 2012, 2054, 2055; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl., Rn. 706, 709). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Die Referenten haben im Gutachten und in den Randbemerkungen die ihre Benotung tragenden Kriterien nachvollziehbar angegeben. Die Klägerin ist hierdurch in die Lage versetzt worden, ihre Rechte sachgemäß zu verfolgen. Dies zeigt sich auch daran, dass sie unter Bezugnahme auf die Begründung eine Reihe von Einwänden gegen die Bewertung vorgebracht hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordert die Bewertung einer Arbeit mit „mangelhaft“ keine erheblich ausführlichere Begründung. Dies ergibt sich schon aus dem Grundsatz, dass für eine den rechtlichen Anforderungen genügende Begründung nicht der Umfang maßgeblich ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob es dem Prüfling – und dem Gericht – möglich ist, die grundlegenden Gedankengänge nachzuvollziehen, die die Prüfer zu der abschließenden Bewertung veranlasst haben. Dazu kann eine kurze, auf die wesentlichen Punkte konzentrierte und verständliche Begründung besser geeignet sein als ausufernde Darlegungen (im Ergebnis ebenso Niehues/Fischer, a. a. O., Rn. 410). Eine gesteigerte Begründungspflicht besteht auch nicht für die Bewertung einer schriftlichen Leistung mit „mangelhaft“, die über das Bestehen der gesamten Abiturprüfung entscheidet. Dem steht schon entgegen, dass die Prüfer bei der Bewertung nicht absehen können, welche Auswirkungen ihr Bewertungsergebnis auf die gesamte Prüfung hat (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 14.03.2007 - 14 A 2447/06 -, juris Rn. 4 - für die entsprechende Rechtslage bei Klausurbewertungen im juristischen Staatsexamen -).

Das auch hinsichtlich der Bewertung der Politik-Wirtschaft-Klausur erforderliche Überdenkungsverfahren hat nunmehr während des gerichtlichen Verfahrens stattgefunden, nachdem die Klägerin insoweit erstmals vor Gericht Einwände erhoben hatte.

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubewertung ihrer Klausuren in den Fächern Deutsch und Politik-Wirtschaft. Die Referentinnen und Referenten haben die Klausuren auch materiell rechtsfehlerfrei bewertet.

Hinsichtlich der gerichtlichen Kontrolldichte in prüfungsrechtlichen Streitverfahren ist zu unterscheiden zwischen Fachfragen und prüfungsspezifischen Wertungen. Bei Fachfragen hat das Gericht darüber zu befinden, ob die von dem Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegenteil richtig oder jedenfalls vertretbar ist. Unter Fachfragen sind alle Fragen zu verstehen, die fachwissenschaftlicher Erörterung zugänglich sind. Dagegen steht den Prüfern ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Bewertungsspielraum zu, soweit sie prüfungsspezifische Wertungen treffen müssen. Dem liegt das Gebot der vergleichenden Beurteilung von Prüfungsleistungen zugrunde, das letztlich aus dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit herzuleiten ist. Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Prüfungspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben. Prüfungsnoten dürfen daher nicht isoliert gesehen werden. Ihre Festsetzung erfolgt in einem Bezugssystem, das von den persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, lassen sich nicht regelhaft erfassen. Eine gerichtliche Kontrolle würde insoweit die Maßstäbe verzerren. Denn in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren eines einzelnen Kandidaten könnte das Gericht die Bewertungskriterien, die für die Gesamtheit vergleichbarer Prüfungskandidaten maßgebend waren, nicht aufdecken, um sie auf eine nur in Umrissen rekonstruierbare Prüfungssituation anzuwenden. Es müsste eigene Bewertungskriterien entwickeln und an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen. Dies wäre mit dem Grundsatz der Chancengleichheit unvereinbar, weil einzelne Kandidaten so die Möglichkeit einer vom Vergleichsrahmen der Prüfer unabhängigen Bewertung erhielten.

Soweit den Prüfern danach ein Bewertungsspielraum verbleibt, hat das Gericht lediglich zu überprüfen, ob die Grenzen dieses Spielraums überschritten worden sind, weil die Prüfer etwa von falschen Tatsachen ausgegangen sind, allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt haben (BVerwG, U. v. 21.10.1993 - 6 C 12/92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 320, S. 308). Zu diesen prüfungsspezifischen Fragen, die der Letztentscheidungs-kompetenz der Prüfer überlassen bleiben, gehören insbesondere die Benotung, die Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander und der Schwere einzelner Fehler, die Überzeugungskraft der Argumente, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung und die Würdigung der Qualität der Darstellung sowie der Geordnetheit der Darlegungen (vgl. BVerwG, B. v. 17.12.1997 - 6 B 55/97 -, NVwZ 1998, 738 ff.; Nds. OVG, U. v. 24.05.2011 - 2 LB 158/10 -, juris Rn. 46; Niehues/Fischer, a. a. O., Rn. 635).

Auch danach festgestellte inhaltliche Bewertungsfehler begründen jedoch keinen Anspruch auf Neubewertung, wenn sie keinen Einfluss auf das Ergebnis gehabt haben (vgl. Niehues/Fischer, a. a, O., Rn. 679 ff.).

Die Untersuchungsmaxime verpflichtet das Verwaltungsgericht nicht, das Prüfungsgeschehen von sich aus auf Fehler zu überprüfen. Vielmehr obliegt es dem Prüfling, konkrete und substanziierte Einwendungen gegen bestimmte Bewertungen der Prüfer vorzubringen. Im Hinblick auf eine als falsch bewertete Antwort auf eine Fachfrage muss der Prüfling die fachwissenschaftliche Richtigkeit bzw. Vertretbarkeit seiner Lösung mithilfe objektiver Kriterien, z. B. unter Bezugnahme auf qualifizierte Äußerungen in der Fachliteratur deutlich machen (vgl. Niehues/Fischer, a. a. O., Rn. 855 f.). Rügt er die prüfungsspezifischen Bewertungen der Prüfer, so genügt er seiner Darlegungslast, wenn er konkrete Fakten und Umstände darlegt, nach denen die Wertungen trotz des den Prüfern verbleibenden Bewertungsspielraums als rechtsfehlerhaft zu qualifizieren sind (vgl. Niehues/Fischer, a. a. O., Rn. 857).

Nach diesen Grundsätzen ist nicht ersichtlich, dass die Referentinnen und Referenten die Klausuren rechtsfehlerhaft bewertet haben.

1. Die Bewertung der Klausur im Prüfungsfach Deutsch lässt keine Rechtsfehler erkennen. Fehler dieser Art hat die Klägerin insbesondere nicht mit dem von ihr vorgelegten, von Dr. F. erstellten Gutachten aufgezeigt.

a) Hinsichtlich der Bewertung der 1. Aufgabe kommt auch der Gutachter trotz der von ihm vorgetragenen Kritikpunkte zu dem Ergebnis, die Bewertung mit 6 Punkten sei angemessen, „auch wenn man einen Punkt mehr vertreten könnte“. Auch die von ihm beanstandeten Aspekte der Bewertung haben danach keinen maßgeblichen Einfluss auf das Bewertungsergebnis gehabt.  Soweit der Gutachter die Auffassung vertritt, eine um einen Punkt höhere Note wäre „vertretbar“, betrifft dies den gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Bewertungsspielraum der Prüferinnen. Der Gutachter hat jedenfalls keine konkreten Gesichtspunkte darlegt, nach denen die von den Referentinnen vorgenommene Benotung mit 6 Punkten als rechtsfehlerhaft zu qualifizieren ist. Unabhängig davon weisen auch die einzelnen Kritikpunkte des Gutachters zur Bewertung dieses Teils der Klausur nicht auf Rechtsfehler hin.

Der Gutachter verweist auf die Einleitung der Klägerin zur Bearbeitung der 1. Aufgabe, in der sie zwei Interpretationsalternativen darstellt, und schließt daraus, die Arbeit der Klägerin enthalte einen korrekten Interpretationsansatz (S. 1 des Gutachtens). Damit liegt aber kein Widerspruch zur Bewertung der Referentin vor. Diese hat die von der Klägerin angeführte 2. Alternative, dass das lyrische Ich in dem Gedicht „die Veränderung seiner selbst durch die Liebe beschreibt“, im Gutachten vom 21. Mai 2012 ausdrücklich als korrekten Interpretationsansatz bezeichnet. Negativ bewertet die Referentin vielmehr, dass die Klägerin diesen Ansatz ohne weitere Begründung fallen lässt und stattdessen im weiteren Verlauf der Ausführungen dem falschen Deutungsansatz folgt, das Gedicht wende sich in der 1. Strophe an die Geliebte. Diese Kritik und die von den Prüferinnen vorgenommene Gewichtung als schwerwiegender Fehler ist mit Blick auf den vor der Prüfung festgelegten Erwartungshorizont (Bl. 112 f. Beiakte A) und die Ausführungen der Fachberaterin nachvollziehbar; Rechtsfehler sind nicht ersichtlich. Im Übrigen räumt auch der Gutachter die „falsche Deutung des Goethe-Gedichts“ durch die Klägerin ein (S. 2 des Gutachtens).

Rechtsfehler zeigt der Gutachter auch nicht auf, indem er darauf hinweist, die Bearbeitung der Klägerin weise einige positive Aspekte auf wie die korrekte Benennung des Reimschemas und der Epoche sowie zutreffende Beobachtungen wie die „Zerrissenheit des lyrischen Ichs“ (S. 1 und 2 des Gutachtens). Positive Aspekte einer Arbeit stehen ihrer Bewertung als ungenügend, mangelhaft oder – wie hier – ausreichend nicht schlechthin entgegen. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn sie im Vergleich zu den negativen Aspekten eine nicht nur geringfügige Bedeutung aufweisen und hierdurch insgesamt gegen die Annahme sprechen, die Prüfungsleistung entspreche dem Gesamteindruck nach der Notendefinition, die der vergebenen Endnote zugrunde liegt (vgl. BVerwG, B. v. 08.03.2012 - 6 B 36/11 -, juris Rn. 5 f. - zur Note ungenügend -; Niehues/Fischer, a. a. O., Rn. 663). Da es dabei um die Gewichtung von Teilleistungen geht, ist insoweit der gerichtlich nur begrenzt überprüfbare Bewertungsspielraum eröffnet. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob den für sich genommen positiven Ansätzen im Gesamtrahmen der Arbeit ein derart erhebliches Gewicht zukommt, dass sie der vergebenen Gesamtnote entgegenstehen (vgl. BVerwG, B. v. 08.03.2012, a. a. O, Rn. 6). Zeigt der Prüfling positive Aspekte seiner Leistung auf, die seiner Auffassung nach von den Prüfern nicht ausreichend berücksichtigt worden sind, liegt ein Rechtsfehler daher nicht vor, wenn die Prüfer diese positiven Aspekte im Verhältnis zu den Mängeln der Bearbeitung und unter Berücksichtigung der Schwerpunkte der Aufgabenstellung nicht in einer ihren Bewertungsspielraum überschreitenden Weise gewichtet haben. Nach diesen Maßstäben ist hier nicht ersichtlich, dass den Referentinnen bei der Gewichtung der positiven und negativen Teilleistungen rechtlich relevante Fehler unterlaufen sind.

Die Referentinnen haben in ihren Stellungnahmen eine Reihe gravierender Mängel in der Arbeit der Klägerin festgestellt. Dazu zählt insbesondere der gravierende Interpretationsfehler, der bei sauberer Textanalyse vermeidbar gewesen wäre. Nach dem Erwartungshorizont verlangte die Bewertung mit ausreichend eine „insgesamt plausible Interpretation“. Gemessen daran ist die Gewichtung, die die Referentinnen vorgenommen haben und die zur Benotung dieses Klausurteils mit 6 Punkten geführt hat, eher als großzügig anzusehen. In dem auch von dem Gutachter beanstandeten „sprachlichen und inhaltlichen Durcheinander“ hat die Referentin immer wieder positive Aspekte in den Randbemerkungen hervorgehoben und im Gutachten sogar festgehalten, dass insgesamt doch ein „klarer Aufbau der eigenen Darlegung“ erkennbar sei. Die rechtlichen Grenzen des ihnen insoweit zustehenden Bewertungsspielraums haben die Referentinnen bei ihrer Gewichtung damit jedenfalls nicht überschritten.

Soweit der Gutachter sich gegen eine Randbemerkung der Referentin wendet (S. 1 des Gutachtens), nach der die Verbindung von Form und Inhalt fehlt (S. 2 der Klausur), ist ein Rechtsfehler nicht dargetan. Die Randbemerkung lautet ungekürzt: „Gedanke nicht vollständig / Verbindung von Form und Inhalt fehlt“. In ihrer Stellungnahme vom 8. November 2013 haben die Referentinnen klargestellt, dass die Bemerkung an die unverständliche Formulierung der Klägerin anknüpft, mit der eine sinnvolle Verknüpfung von Inhalt und Form nicht gelinge. Dies ist unter Berücksichtigung der unvollständigen Formulierung der Klägerin, auf die sich die Randbemerkung bezieht,  nachvollziehbar und damit rechtlich nicht zu beanstanden. Die in Bezug genommene Formulierung in der Klausur der Klägerin lautet wörtlich: „Indem der Autor für die äußere Form drei Strophen wählt, die sowohl inhaltlich als auch formal durch die abwechselnden Reimschemata des Kreuz- und Paarreims, wird die innere Zerrissenheit des lyrischen ichs akzentuiert.“  Unabhängig davon ist dieser Randbemerkung zur Überzeugung der Kammer aber auch keine erhebliche Bedeutung bei der Bewertung der Klausur zugekommen. Randbemerkungen und sonstige Anmerkungen der Prüfer in einer schriftlichen Arbeit geben grundsätzlich nur einzelne Gedanken und damit Momentaufnahmen aus dem Entscheidungsprozess wieder. Ihnen kann daher regelmäßig nicht entnommen werden, dass sie tragende, für das Bewertungsergebnis erhebliche Gesichtspunkte zum Ausdruck bringen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich aus den abschließenden Stellungnahmen der Prüfer ergibt, dass den Anmerkungen bei der Bewertung entscheidende Bedeutung zugemessen wurde (VG Braunschweig, U. v. 13.11.2012 - 6 A 161/11 -, m. w. N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Referentin hat in ihrem Gutachten vom 21. Mai 2012 ausdrücklich festgehalten, dass es der Klägerin ansatzweise gelungen sei, Inhaltliches mit den dem Gedicht zugrundeliegenden sprachlichen Gestaltungsmitteln zu verknüpfen. Dass die Referentin insoweit nicht mehr als einen Ansatz erkennt, ist im Hinblick auf die vereinzelt gebliebenen Anmerkungen der Klägerin zu diesem Interpretationskriterium und angesichts der Vielzahl der sich dazu aus dem Gedicht ergebenden Gesichtspunkte nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden.

b) Auch die Bewertung der Ausführungen zur 2. Aufgabe der Deutsch-Klausur ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Soweit der Gutachter die Auffassung vertritt, die in einer Randbemerkung auf Seite 10 der Klausur geäußerte Kritik an einer „angeblich ungeschickten Formulierung“ sei „anfechtbar“, hat er einen Rechtsfehler nicht aufgezeigt. Die Kritik betrifft die Formulierung der Klägerin, in der 1. Strophe des Gedichts von Steffen Jacobs berichte „das lyrische ich über die Begegnung mit einer anderen Person“. Der Gutachter wertet dies dahin, dass die Klägerin „unterkühlt“ schreibe wie der Autor.  Die Referentin hat zur Aussage der Klägerin in der Klausur angemerkt, diese sei „ungeschickt formuliert“. In der Stellungnahme vom 8. November 2013 haben die Referentinnen ergänzend ausgeführt, der Ausdruck „Begegnung“ treffe die im Gedicht dargestellte Situation nicht präzis genug; sprachlich begebe sich die Klägerin auf die Ebene des Gedichts, anstatt sich für die Textanalyse in ihrer Wortwahl zu distanzieren. Soweit die Referentin danach mit der Randbemerkung gerügt hat, dass der Inhalt der Strophe nicht hinreichend genau wiedergegeben wurde, liegt darin eine prüfungsspezifische Wertung, die keine Bewertungsfehler erkennen lässt. Auch die sprachliche Kritik der Referentin geht in diese Richtung, weil die Klägerin für ihre Inhaltsskizze lediglich den Titel des Gedichts aufnimmt. Mit dem Hinweis auf die „unterkühlte“ Sprechweise des Autors hat der Gutachter daher nur eine andere Wertung abgegeben. Hinweise auf Rechtsfehler ergeben sich daraus jedoch nicht.

Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Gutachter auf richtige Beobachtungen in ihrer Arbeit hinweist, z. B. auf ihre Feststellung eines „anaphorischen Aufbaus“ des Jacobs-Gedichts (S. 10 der Klausur). Was die Formulierung anbelangt, es liege ein „anaphorischer Aufbau“ vor, hat die Referentin nicht diese Beobachtung kritisiert, sondern nur den verwendeten falschen Begriff  („FB falsch / A“ auf S. 11 der Klausur). Im Übrigen bezeichnet auch der Gutachter den von der Klägerin verwendeten Begriff als „befremdliche Formulierung“. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, dass die Referentinnen die auch in der Bearbeitung der 2. Aufgabe erkennbaren positiven Aspekte im Verhältnis zu den Mängeln der Bearbeitung und unter Berücksichtigung der Schwerpunkte der Aufgabenstellung in einer ihren Bewertungsspielraum überschreitenden Weise gewichtet haben. Wie die Referentinnen nachvollziehbar festgestellt haben, leidet die Bearbeitung unter gravierenden Mängeln. Nach dem ausformulierten Erwartungshorizont verlangte die Bewertung mit der Note ausreichend einen insgesamt stimmigen aspektorientierten Vergleich der beiden Gedichte. Die Klägerin hat jedoch – wie auch die Fachberaterin bestätigt hat – in ihrem Vergleich die wesentlichen Unterschiede nicht erfasst (s. dazu S. 4 der Stellungnahme der Fachberaterin, Bl. 166 Beiakte A).

Soweit der Gutachter die Kritik der Referentin in einer Randbemerkung an dem von der Klägerin verwendeten Begriff „Zeitsprung“ (S. 12 der Klausur) als unverständlich bezeichnet, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass dieser Gesichtspunkt erheblichen Einfluss auf die Notenvergabe gehabt hat. Die Referentinnen haben in ihrer Stellungnahme vom 8. November 2013 ausdrücklich erklärt, selbst wenn man ihre Kritik in diesem Punkt nicht aufrechterhalten würde, würde dies nicht zu einer höheren Bewertung der Arbeit führen. Dies ist im Hinblick auf die Vielzahl gravierender Mängel, die die Klausur aufweist, auch für die Kammer nachvollziehbar. Unabhängig davon lässt die Kritik der Referentinnen, der Begriff des „Zeitsprungs“ setze eine längerfristige Beziehung voraus, die in der im Gedicht abgehandelten Beziehung nicht gegeben sei, auch keine Rechtsfehler erkennen.

Auf Rechtsfehler der Referentinnen deutet auch die Kritik des Gutachters zu einer Randbemerkung auf Seite 12 der Klausur hin. Die Klägerin hat dort wörtlich zum Jacobs-Gedicht ausgeführt: „In der dritten Strophe zeige die deutliche Abwendung des lyrischen ichs von vorangegangenen Gefühlen.“ Die Referentin hat in den Randbemerkungen dazu auf die fehlerhafte sprachliche Gestaltung hingewiesen und außerdem angemerkt: „Auswertung: ,Gefühle´ gibt es in dieser Beziehung nicht“. Der Gutachter führt demgegenüber aus, der Erwartungshorizont spreche von verdrängten Gefühlen, sie seien also durchaus vorhanden. Die Referentinnen haben sich zu diesem Kritikpunkt konkret nicht geäußert. Bei der Frage, inwieweit sich das Gedicht dahin interpretieren lässt, dass in der dargestellten Beziehung Gefühle vorhanden waren, dürfte es sich um eine Fachfrage handeln. Die Referentin hat in der angesprochenen Randbemerkung die Aussage der Klägerin aber nicht als falsch bewertet. Die Bemerkung ist nach ihrem Wortlaut und den sonstigen Ausführungen der Referentin zur Überzeugung der Kammer dahin zu verstehen, dass die unzureichende Auswertung des Textes beanstandet werden soll, in dem es eine Reihe von Hinweisen darauf gibt, dass es in der behandelten Beziehung „echte Gefühle“, also eine Beziehung längerfristig tragende Emotionen, nicht gegeben hat. Dafür spricht zum einen das Gutachten vom 21. Mai 2012, in dem die Referentin die „kaum vorhandene Textanalyse“ beanstandet. Zum anderen hat die Referentin den Begriff Gefühle in der Randbemerkung in Anführungszeichen gesetzt und damit zum Ausdruck gebracht, dass ein dahin gehendes Textverständnis jedenfalls der Erläuterung bedarf. Dies ist nach dem Inhalt des Gedichts auch nachvollziehbar. Im Hinblick auf die in dem Gedicht dargestellte flüchtige und unverbindliche Paarbeziehung – so auch der ausformulierte Erwartungshorizont zur Klausurbewertung – wird man davon sprechen können, dass es in der behandelten Beziehung tiefere, eine Liebesbeziehung tragende Gefühle nicht gegeben hat.

Unabhängig davon hat die Randbemerkung aber auch keinen maßgeblichen Einfluss auf die Bewertung gehabt. Dazu müsste sich aus der abschließenden Stellungnahme der Prüferin ergeben, dass sie der Bemerkung im Rahmen ihrer Klausurbewertung entscheidende Bedeutung beigemessen hat (s. oben). Hinreichende Anhaltspunkte dafür gibt es jedoch nicht. In ihr Gutachten hat die Referentin die Randbemerkung nicht ausdrücklich aufgenommen; dort ist lediglich allgemein die Rede davon, die „getroffenen Feststellungen“ seien „nicht überzeugend“. Dafür, dass der mit der Bemerkung beanstandete Aspekt nicht erheblich gewesen ist, spricht jedenfalls auch die Vielzahl der gravierenden Mängel, die die Referentinnen in der Arbeit der Klägerin ohne Rechtsfehler festgestellt haben. Dies wird durch den Erwartungshorizont gestützt. Dieser verlangt für eine ausreichende Leistung bezogen auf die 2. Aufgabe einen insgesamt stimmigen aspektorientierten Vergleich der beiden Gedichte und eine in Aufbau und Stil verständliche, insgesamt standardsprachlichen Normen entsprechende Darstellung. Die Referentinnen haben diese Voraussetzungen ausweislich des Gutachtens und der übrigen Randbemerkungen nicht als erfüllt angesehen und diesen Teil der Klausur folglich mit 3 Punkten („mangelhaft“) bewertet. Im Gutachten heißt es ausdrücklich, der Klägerin gelinge nur „ansatzweise ein aspektorientierter Vergleich“; ein großes Problem der Bearbeitung liege in dem „oftmals sehr ungenauen Ausdrucksvermögen“, indirekte Rede werde unangemessen gebraucht. Dem entspricht auch die Einschätzung der Fachberaterin, die zu dem Ergebnis kommt, die Bewertung der Referentinnen sei aus fachlicher Sicht wegen der gravierenden Defizite der Arbeit nicht zu beanstanden; die fragliche Randbemerkung spielt in dieser fachlichen Stellungnahme ebenfalls keine Rolle. Die Kammer kann daher offenlassen, ob die Formulierung im Erwartungshorizont, auf die sich der Gutachter bezieht (Bl. 113 Beiakte A), eindeutig ist.

Die Randbemerkung der Referentin, „Ansatz der Deutung nicht haltbar“ (S. 14 der Klausur), die der Gutachter als ihm nicht verständlich bezeichnet hat, haben die Referentinnen in ihrer Stellungnahme vom 8. November 2013 klargestellt. Danach bezieht sich die Bemerkung auf die folgende Aussage der Klägerin zum Jacobs-Gedicht: „Doch dann haben sie sich kennengelernt und gemerkt, dass sie nicht so gut zusammenpassen wie anfangs gehofft“ (S. 13 f. der Klausur). Nach Einlassung der Referentinnen wird dies in der Randbemerkung kritisiert, weil in dem Gedicht eine flüchtige Beziehung dargestellt werde. Diese Kritik ist auch nach dem vorliegenden schriftlichen Erwartungshorizont, nach dem es in dem Gedicht um eine kurzfristige sexuelle Beziehung geht, nachvollziehbar. Rechtliche Fehler hat der Gutachter mit seinem Einwand nicht aufgezeigt.

Dies gilt auch für die Kritik des Gutachters, es ergebe sich „eine völlig schiefe Beurteilung der Klausur, wenn Sprachfehler immer erwähnt werden, die Analyse jedoch nicht bewertet oder kommentiert wird“, obwohl der Klägerin viele gute Beobachtungen gelängen. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass sprachliche Fehler gerade in einer Deutsch-Klausur vermerkt und negativ berücksichtigt werden. Dem entspricht die Vorgabe des schriftlichen Erwartungshorizonts, dass die Note ausreichend eine verständliche, insgesamt standardsprachlichen Normen entsprechende Darstellung verlange. Unzutreffend ist es, dass die Referentinnen die Analyse-Leistung der Klägerin nicht bewertet oder kommentiert hätten. Gerade die Textanalysen der Klägerin zu Aufgabe 2 weisen nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Referentin gravierende Mängel auf, die nicht nur allgemein im Gutachten, sondern detailliert auch in den Randbemerkungen gekennzeichnet worden sind. Dabei heben die Randbemerkungen an einigen Stellen auch die positiven Aspekte hervor (z. B. S. 16 und S. 12: „richtig“). Die Gewichtung der Fehler fällt in den Bewertungsspielraum der Prüferinnen. Insoweit sind angesichts der nachvollziehbar aufgezeigten gravierenden Mängel der Arbeit sachfremde Erwägungen oder andere rechtserhebliche Fehler nicht zu erkennen.

Auch die Kritik des Gutachters, die Bewertung der Leistungen zu Aufgabe 2 sei ihm „völlig unverständlich“, da die Ausführungen der Klägerin insofern entschieden besser als die zu Aufgabe 1 und daher mit befriedigend zu bewerten seien, weist nicht auf Rechtsfehler der Prüferinnen hin.  Die Kritik betrifft die Benotung der Arbeit, die zu den prüfungsspezifischen Wertungen gehört. Die bloße abweichende Bewertung der Leistung durch den Gutachter genügt nicht für die Annahme eines zur Neubewertung verpflichtenden Rechtsfehlers. Solche Rechtsfehler hat der Gutachter aber weder durch die konkrete Äußerung noch durch die sonstigen Kritikpunkte (s. oben) aufgezeigt.

Die Aussage des Gutachters, „man“ habe von der ersten kritischen Bemerkung der Referentin an den Eindruck, dass der Unmut über die Leistung der Klägerin anhalte, obwohl „schon der erste Satz zu Aufgabe 2 sachlich und sprachlich akzeptabel“ sei, gibt keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Die Randbemerkungen der Referentin zum Einleitungssatz stehen nicht im Widerspruch zur inhaltlichen und sprachlichen Bewertung dieses Textteils durch den Gutachter. Sie hat zutreffend festgestellt, dass der Titel ungenau zitiert werde („Begegnungen“ statt „Begegnung“); außerdem hat sie die Aussage der Klägerin, das Gedicht von Steffen Jacobs beschäftige sich „mit dem Verlauf einer misslungenen Beziehung“, als zu oberflächlich bezeichnet. Die Bemerkung über den Gehalt der inhaltlichen Kurzzusammenfassung des Gedichts fällt in den Bewertungsspielraum der Prüferin. Ihre Wertung ist anhand des vorliegenden Gedichttextes, des ausformulierten Erwartungshorizonts und der Stellungnahme der Fachberaterin nachvollziehbar. Sachfremde Erwägungen oder andere Rechtsfehler sind nicht ersichtlich. Soweit der Gutachter behauptet, in den Bemerkungen der Referentin sei deren Unmut über die Leistung der Klägerin zu erkennen, wird schon nicht hinreichend deutlich, inwieweit er daraus Bewertungsfehler ableitet. Sofern damit gemeint sein sollte, die Referentin habe sich bei ihrer Bewertung von sachfremden Erwägungen leiten lassen, gibt es dafür nach den vorliegenden Ausführungen der Prüferin keinerlei Anhaltspunkte. Die Arbeit ist unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Kammer aus schul- und prüfungsrechtlichen Verfahren und im Übrigen auch nach der Stellungnahme der Fachberaterin sorgfältig korrigiert. Die Kritikpunkte sind auch anhand der Gedichttexte und des ausformulierten Erwartungshorizonts nachvollziehbar und wohlbegründet.

2. Die Bewertung der Klausur im Fach Politik-Wirtschaft lässt ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen.

a) Soweit die Klägerin sich gegen die Bewertung ihrer Ausführungen zu Aufgabe 1 wendet, kommt sie letztendlich zu dem Ergebnis, die Leistung hätte mit 4 bis 6 Punkten bewertet werden müssen. Damit hat sie nicht dargelegt, dass die von ihr angeführten Kritikpunkte maßgeblichen Einfluss auf das Bewertungsergebnis gehabt haben. Die Referenten haben ihre Leistung insoweit mit 4 Punkten bewertet und bewegen sich damit in dem von der Klägerin für beanstandungsfrei gehaltenen Notenspielraum.

Unabhängig davon hat die Klägerin mit ihren Kritikpunkten aber auch keine Umstände aufgezeigt, die auf Fehler bei der Bewertung der 1. Aufgabe hindeuten.

So ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Referent in seinem Gutachten von „Stilblüten“ der Klägerin spricht. Eine drastische Ausdrucksweise allein deutet noch nicht auf  sachfremde Erwägungen hin (vgl. Niehues/Fischer, a. a. O., Rn. 642, 644). Erhebliche sprachliche Mängel sind in der Arbeit der Klägerin durchaus vorhanden (s. z. B. S. 3 der Klausur).

Die Randbemerkung auf Seite 2 der Klausur („so nicht in der Vorlage“) ist zutreffend. Dass die Senkung der Inlandsnachfrage der Wirtschaft schade, wie die Klägerin in der fraglichen Textpassage ausführt, schreibt Steinbrück in dem zu untersuchenden Artikel nicht (insbes. nicht in Zeile 20 bis 24). Die Aufgabenstellung verlangte eine unkommentierte Wiedergabe des Steinbrück-Textes.

Die Klägerin dringt jedenfalls auch nicht mit dem Einwand durch, die Kritik des Referenten an der (seltenen) Wiedergabe der Daten sei nicht mit dem Erwartungshorizont vereinbar, in dem nur zwei konkrete Daten genannt seien. Der Erwartungshorizont ist bloße Orientierungshilfe bei der Bewertung der Klausuren und enthält damit auch keine exakte Vorformulierung. Im Übrigen gibt die Klägerin auch die im Erwartungshorizont genannten Daten (Zeilen 7 ff. des Artikels) nicht an.

Auch die Formulierung im Gutachten, die Klägerin habe die Brisanz der von Steinbrück beschriebenen Tendenzen der gesellschaftlichen Entwicklung nicht erkannt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin schreibt (S. 3 der Klausur), das Problem liege „vor allem in der Spaltung des Arbeitsmarktes und die Anhäufung von prekarisierten Bürgern“, und weiter (wörtlich): „Dadurch entstünde sozialer Sprengstoff. Es entstünden Misstrauen gegenüber der Politik und staatlichen Einrichtungen durch Resignation. Wenn diese Meinung auf fruchtbaren Boden treffe, so sei ein Wandel durchaus denkbar (vgl. Z. 40-47).“ Steinbrück dagegen spricht in dem Absatz, auf den sich die Klägerin bezieht, vom „Zustand unseres Landes“, der sich durchaus verändern könne, wenn die durch individuelle Hoffnungslosigkeit und Ausgrenzung entstehende Resignation und Verachtung der Politik und staatlicher Institutionen „einen politischen Resonanzboden und organisierte Ausdrucksformen finden“. Das Ausmaß der drohenden Konsequenzen wird von Steinbrück im Ergebnis deutlich drastischer dargestellt; der von der Klägerin verwendete Begriff des „Wandels“ ist wenig aussagekräftig. Damit ist die Wertung der Referenten nachvollziehbar und rechtsfehlerfrei.

b) Hinsichtlich der 2. Aufgabe rügt die Klägerin, der Erwartungshorizont sei fehlerhaft, soweit vorgegeben werde, Steinbrück orientiere sich in dem zu untersuchenden Zeitungsartikel am Ziel der Vollbeschäftigung. Damit hat sie rechtliche Fehler in der konkreten Bewertung ihrer Leistungen jedoch nicht aufgezeigt. Die gerügte Vorgabe im Erwartungshorizont hat ausweislich des Referenten-Gutachtens und der Randbemerkungen zur Klausur der Klägerin für die Leistungsbewertung jedenfalls keine maßgebliche Rolle gespielt. Der Hauptkritikpunkt der Referenten besteht darin, dass die Klägerin „direkt keine der wirtschaftlichen Ziele oder gesellschaftlichen Werte“ nennt, an denen sich Steinbrück in dem Artikel orientiert, sondern sich vom ersten Satz an auf dessen Forderungen konzentriert (Gutachten v. 03.05.2012). Die Referenten beanstanden damit vor allem, dass die Klägerin die Aufgabenstellung verfehlt, nach der eben nicht nur herauszuarbeiten war, welche Forderungen Steinbrück aufstellt, sondern auch, an welchen wirtschaftspolitischen und gesellschaftlichen Werten er sich orientiert (so auch der Fachberater in seiner Stellungnahme v. 09.08.2013). Die Kammer kann daher offenlassen, ob die kritisierte Vorgabe des Erwartungshorizonts fachlich haltbar ist, weil sie sich dem Zeitungsartikel durch Interpretation entnehmen lässt, und inwieweit die Vorgaben die Prüfer binden.

Die Klägerin kann nicht erfolgreich geltend machen, in ihrer Arbeit würden „zentrale Aspekte“ der wirtschaftspolitischen Ziele und Werte, an denen sich Steinbrück in dem Zeitungsartikel orientiere, herausgestellt. Die Kritik der Referenten zielt auf die von der Klägerin verfehlte Aufgabenstellung, nach der auch die konkreten, Steinbrück als Orientierung dienenden Ziele und Werte „herauszuarbeiten“ waren, während die Klägerin sich von Beginn an auf dessen Forderungen konzentriere (s. oben). Beanstandet werden damit die Qualität der Darstellung und die Geordnetheit der Darlegungen in der Klausur der Klägerin, also Gesichtspunkte, die in den Bewertungsspielraum der Prüfer fallen. Mit ihrem Hinweis, sie habe insoweit zentrale Aspekte genannt, trifft die Klägerin nicht den Ansatz der anhand ihrer Ausführungen in der Arbeit und anhand der Aufgabenstellung nachvollziehbaren Prüferkritik; Rechtsfehler hat sie damit nicht aufgezeigt. Auch wenn die Rüge der Klägerin dahin zu verstehen sein sollte, dass sie auf positive Aspekte ihrer Arbeit hinweisen soll, ergibt sich keine andere rechtliche Bewertung. Die Gewichtung der positiven und negativen Aspekte einer Leistung ist ebenfalls vom Bewertungsspielraum der Prüfer umfasst. Dass die Referenten positive Aspekte im Verhältnis zu den dargestellten Mängeln der Bearbeitung und unter Berücksichtigung der Schwerpunkte der Aufgabenstellung in einer ihren Bewertungsspielraum überschreitenden Weise gewichtet haben, ist nicht ersichtlich. Die Referenten haben die festgestellten Defizite der Bearbeitung in schon unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung nachvollziehbarer Weise als besonders gravierend qualifiziert. Hinzu kommt, dass die Klägerin die wirtschaftspolitischen Ziele und gesellschaftlichen Werte, an denen sich der Autor des Artikels orientiert, jedenfalls weitestgehend nicht auf den Begriff bringt, wenn ihre Ausführungen zu den im Artikel aufgestellten Forderungen die Frage nach den zugrunde liegenden Zielen und Werten berühren. Auch dies durften die Referenten im Rahmen ihrer prüfungsspezifischen Wertungen ohne Rechtsfehler als erhebliches Leistungsdefizit ansehen.

Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, die Begründung im Referenten-Gutachten, in ihrer Arbeit nenne sie keine wirtschaftlichen Ziele und gesellschaftlichen Werte, sei nicht haltbar. Dem kann die Kammer nicht folgen. Das Gutachten stellt nicht darauf ab, dass die Klägerin keine Ziele und Werte in diesem Sinne anführt, sondern dass diese – entgegen der Aufgabenstellung – nicht konkret herausgearbeitet werden und sich die Klägerin stattdessen von Beginn an auf die in dem Artikel erhobenen Forderungen konzentriert (s. oben).

c) Die Klägerin kann im Hinblick auf die 3. Aufgabe nicht erfolgreich einwenden, dass die Randbemerkung, „Dies widerspricht dem Prinzip der Globalsteuerung!“ (S. 10 der Klausur), einen weder in der Textvorlage noch im Erwartungshorizont herausgestellten Aspekt betrifft. Bei dem ausformulierten Erwartungshorizont für eine Abiturklausur handelt es sich konzeptionell um eine bloße Orientierungshilfe ohne die abschließende Zusammenstellung möglicher Lösungen und Bewertung anderer Lösungswege. Schon aus diesem Grund dürfen Prüfer grundsätzlich auf Aspekte hinweisen, die nicht im Erwartungshorizont dargelegt sind. Darüber hinaus müssen Prüfer auf Aussagen in schriftlichen Arbeiten individuell reagieren können, auch wenn der – konzeptionell nicht erschöpfende – Erwartungshorizont Vorgaben dazu nicht enthält. Prüfer dürfen bei der Bewertung von Prüfungsarbeiten mit textbezogenen Aufgaben grundsätzlich auch Hinweise geben, die in der Textvorlage nicht angesprochen werden. Maßgeblich sind insoweit die jeweilige Aufgabenstellung und die Ausführungen der Prüflinge. Hier war es so, dass die Klägerin in ihrer Arbeit einen Aspekt angesprochen hat (die gezielte Subventionierung einzelner Unternehmen), der so nicht ausdrücklich in der Textvorlage herausgestellt wird; außerdem hat auch die Aufgabenstellung, nach der ordnungs- und konjunkturpolitische Möglichkeiten des Staates zur Lösung des Beschäftigungs-problems ausgehend vom Text zu erläutern waren, keinen strengen Textbezug verlangt. Bei dieser Sachlage ist die Randbemerkung, die der Referent in seiner ergänzenden Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren unter Hinweis auf den terminus technicus der Globalsteuerung sowie das Stabilitätsgesetz erläutert hat und daher auch inhaltlich nachvollziehbar ist, rechtlich nicht zu beanstanden.

Auch die Randbemerkung auf Seite 10 der Klausur, nach der die Ausführungen der Klägerin zur Steigerung der Kaufkraft durch Subventionen, „z. B Abwrackprämie“, „erläuterungsbedürftig“ sind, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Randbemerkung zielt ersichtlich auf einen Mangel an Darstellungsqualität und betrifft daher den Bewertungsspielraum der Referenten. Nach der Aufgabenstellung waren ordnungs- und konjunkturpolitische Maßnahmen als Beitrag zur Lösung der Beschäftigungsproblematik zu „erläutern“. Die Klägerin hat keine Ausführungen zu den besonderen beschäftigungspolitischen Wirkungen der von ihr erwähnten Maßnahme gemacht und sie nicht ausdrücklich in die schon in der Aufgabenstellung angelegte Systematik – als ordnungs- oder konjunkturpolitische Maßnahme – eingeordnet. Ausführungen zu den Wirkungen der Verschrottungsprämie (auch Abwrackprämie) lagen schon deswegen nahe, weil mit dem Instrument Vorzieh- und Mitnahmeeffekte verbunden sind sowie ein Absatzrückgang nach dem Ende der Prämie zu erwarten ist. Damit ist die Randbemerkung rechtlich nicht zu beanstanden.

Der Bewertung kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass der Erwartungshorizont die „Lockerung des Kündigungsschutzes“ als eine der ordnungspolitischen Möglichkeiten des Staates nennt, obwohl die Maßnahme der Forderung Steinbrücks nach der Eindämmung einer „uferlosen Flexibilisierung des Arbeitsmarktes“ widerspreche. Die gerügte Formulierung im Erwartungshorizont, der die Maßnahme gemäß seiner Zielsetzung als Orientierungshilfe nur als Beispiel anführt, hat ausweislich des Referenten-Gutachtens und der Randbemerkungen zur Klausur der Klägerin für die Leistungsbewertung jedenfalls keine maßgebliche Rolle gespielt. Unabhängig davon ist der Erwartungshorizont insofern aber auch mit der Aufgaben-stellung vereinbar. Die Prüflinge hatten „ausgehend vom Text“ ordnungs- und konjunkturpolitische Möglichkeiten des Staates zur Lösung des Beschäftigungs-problems zu erläutern. Von der Aufgabenstellung gedeckt war danach auch die Diskussion denkbarer staatlicher Maßnahmen, die den Ziel- und Wertvorstellungen des Autors entgegenstehen.

Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, der im Gutachten und einer Randbemerkung erhobene Vorwurf, von ihr vorgeschlagene Maßnahmen verstießen gegen das Grundgesetz, sei nicht nachvollziehbar. Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Referenten einen solchen Vorwurf erheben. Zwar heißt es im Gutachten vom 3. Mai 2012, die in der Arbeit der Klägerin vorgeschlagenen Maßnahmen seien „allesamt erläuterungsbedürftig und z. T. von fragwürdiger Qualität, weil geeignet, gegen Grundgesetz oder Gesetzeslage (Stabilitätsgesetz) zu verstoßen“. Unter Berücksichtigung der weiteren Referenten-Äußerungen wird damit jedoch nicht ein definitiver Grundgesetzverstoß behauptet, sondern nur auf die verfassungsrechtliche Fragwürdigkeit einiger Vorschläge und – als Hauptkritikpunkt – auf die fehlende Erläuterung der Ausführungen hingewiesen. Soweit das Grundgesetz angesprochen wird, bezieht sich die Formulierung im Gutachten ersichtlich auf die mit einer Randbemerkung versehene Passage in der Arbeit der Klägerin, in der sie ausführt, der Staat könne „die Unternehmen durch ein neues Gesetz zur Einstellung von Personal oder zur Lohnerhöhung bewegen“ (S. 9 der Klausur). Die Randbemerkung dazu hat folgenden Wortlaut: „Welcher Art? Sehr erläuterungsbedürftig! Eingriff in die Tarifvertragsfreiheit und die Unternehmensfreiheit?“  Die Bemerkung wirft die Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen der von der Klägerin nur angerissenen gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten auf. Eine abschließende verfassungsrechtliche Bewertung ist schon deswegen nicht möglich, weil unklar bleibt, welchen Inhalt derartige  gesetzliche Regelungen im Einzelnen haben sollen und wie damit auf die Einstellungs- und Lohnpolitik von Unternehmen Einfluss genommen werden soll. Dass Gesetzen, die in die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen bzw. Tarifvertragsparteien eingreifen, verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind, unterliegt keinen Zweifeln (vgl. nur Art. 9 Abs. 3 und Art. 2 Abs. 1 GG sowie Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 2 Rn. 4a, 26 und Art. 9 Rn. 52 m. w. N.).

Soweit die Klägerin geltend macht, die Korrektur der Referenten beziehe sich nur auf Lücken in ihren Ausführungen, trifft dies ersichtlich nicht zu. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die Referenten deutlich gemacht haben, inwieweit die Ausführungen der Klägerin erläuterungsbedürftig sind und nicht den Anforderungen der Aufgabenstellungen entsprechen. Dabei haben die Prüfer durchaus auch positive Aspekte der Leistung zur Kenntnis genommen, wie insbesondere die Randbemerkungen zeigen (z. B. „in Ordnung“ - S. 1 - und „richtig“ - S. 2 -). Jedenfalls gibt es für die von der Klägerin geäußerte Vermutung, die Lücken- und Fehlerfeststellung deute darauf hin, dass mit der Korrektur nur die Erwartung einer Fehlleistung bestätigt werden sollte, keine Grundlage. Die Referenten haben nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden eine Vielzahl gravierender Defizite in der Arbeit der Klägerin festgestellt (s. oben). Die Tatsache, dass Prüfer weit überwiegend Defizite festgestellt haben, lässt noch nicht den Schluss auf erhebliche Rechtsfehler ihrer Bewertung zu. Es müssen weitere Tatsachen auf sachfremde Erwägungen hinweisen. Solche Anhaltspunkte gibt es hier nicht.