Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 21.02.2014, Az.: 7 B 26/14

Zulässigkeit eines Asylantrags bei vorheriger Stellung eines Asylantrags in Schweden

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
21.02.2014
Aktenzeichen
7 B 26/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 11831
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2014:0221.7B26.14.0A

Fundstelle

  • AUAS 2014, 94-95

In der Verwaltungsrechtssache
des,Staatsangehörigkeit: somalisch,
Antragstellers,
Proz.-Bev.:Rechtsanwalt Anding, Ruhfäutchenplatz 3, 38100 Braunschweig, - 19/14A11 -
gegen
die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Klostermark 70-80, 26135 Oldenburg, - 5694978-273 -
Antragsgegnerin,
Streitgegenstand: Asylrecht - Eilverfahren- hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO -(Abschiebungsanordnung Schweden)
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 7. Kammer - am 21. Februar 2014 durch den Einzelrichter
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

Der gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG nach § 80 Abs. 5 VwGO zur beurteilende Antrag ist zulässig aber nicht begründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage anordnen. Hierfür ist entscheidend, ob im Einzelfall dem Interesse des Antragstellers am Schutz vor Schaffung ihn belastender vollendeter Tatsachen aufgrund eines möglicherweise rechtswidrigen Verwaltungsaktes oder dem Interesse Dritter oder der Behörde an einer Durchführung der mit dem Verwaltungsakt angeordneten Maßnahme auch vor einer abschließenden gerichtlichen Prüfung seiner Rechtmäßigkeit das größere Gewicht beizumessen ist. Im Rahmen der Interessenabwägung sind mit der im vorläufigen Verfahren gebotenen Zurückhaltung auch die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Ist dessen Ausgang offen, reduziert sich die Prüfung auf die Interessenabwägung.

Nach diesem Maßstab ist die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers nicht anzuordnen, denn nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Bescheid vom 17.01.2014 voraussichtlich rechtmäßig.

Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig folgt aus § 27 a AsylVfG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Damit verweist die Vorschrift auf die vorliegend noch anzuwendende Dublin-II-VO.

Der Antragsteller hat im Rahmen seiner Befragung durch das Bundesamt eingeräumt, bereits vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Schweden einen Asylantrag gestellt zu haben. Hiermit korrespondiert die Erklärung der schwedischen Behörden gegenüber dem Bundesamt, den Antragsteller wiederaufzunehmen. Die Zuständigkeit Schwedens für den Antragsteller nach Maßgabe der Dublin-II-VO kann somit nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden und wird vom Antragsteller auch nicht bestritten.

Das Selbsteintrittsrecht der Antragsgegnerin hat sich auch nicht zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet, denn dem Gericht sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass in Schweden systemische Mängel des Asylverfahrens bestehen (vgl. dazu auch VG Göttingen, Beschluss vom 17.10.2013 - 2 B 844/13 -, [...]).

Bei der schwedischen Abschiebepraxis hinsichtlich somalischer Staatsangehöriger handelt es sich bereits nicht um die Durchführung des Asylverfahrens selbst, sondern um den Vollzug der in diesem Verfahren getroffenen behördlichen Entscheidungen. Die in Deutschland geltende bzw. früher geltende günstigere Entscheidungs- und Abschiebungspraxis ist kein für die Bestimmung der Zuständigkeit des Mitgliedstaats im Wege des Selbsteintrittsrechts und unter Ermessensgesichtspunkten nach der Dublin II-VO bindend zu berücksichtigendes Kriterium. Dies ergibt sich auch aus sachlichen Gründen, denn sonst bestünde für Asylbewerber die Möglichkeit, das Land mit der günstigsten Entscheidungspraxis für die Durchführung ihres Asylverfahrens auszuwählen. Damit würden die Intention und die Bestimmungen der Dublin-II-VO leerlaufen. Würde man eine aus der Dublin-II-VO folgende Verpflichtung zum Selbsteintrittsrecht fordern, würde dies bedeuten, dass die Antragsgegnerin gehalten wäre, die Asyl- und Abschiebepraxis anderer Mitgliedstaaten nachzuvollziehen und ggf. bei für den betreffenden Asylbewerber ungünstiger Entscheidungs- bzw. Vollzugspraxis zu korrigieren, indem sie das Asylverfahren an sich zieht. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass die Antragsgegnerin in Dublin-II-Fällen verpflichtet wäre, den asylbegründenden Vortrag des Asylbewerbers unter asylrechtlichen Maßstäben und damit beispielsweise auch unter Glaubhaftigkeitsgesichtspunkten vorab zu würdigen und zu prüfen, was im Ergebnis bereits der Durchführung eines Asylverfahrens gleich käme. Dies würde aber offensichtlich im Widerspruch zum Zweck der Dublin-II-VO und der europäischen Lastenverteilung stehen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 13.04.2011 - A 3 K 2110/10 -, [...]; VG des Saarlandes, Urteil vom 20.05.2010 - 2 K 1896 -, [...]; VG München, Urteil vom 12.02.2010 - M 16 K 09.50318 -, [...]).

In der schwedischen Abschiebepraxis liegt auch kein Verstoß gegen das Non-Refoulement-Prinzip des Art. 33 GFK. Ein derartiger Verstoß scheidet schon deshalb aus, weil in Schweden ein rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechendes Asylverfahren durchgeführt und damit eine Einzelfallprüfung vorgenommen wurde (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 13.04.2011 - A 3 K 2110/10 -, [...]).

Der Antragsteller ist letztendlich darauf zu verweisen, im Zuge seiner Überstellung an die schwedischen Behörden gegenüber denselben ggf. einen Asylfolgeantrag mit dem Ziel der Zuerkennung subsidiären Schutzes zu stellen bzw. die nach dem schwedischen Rechtssystem vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen (vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 17.10.2013 - 2 B 844/13 -, [...]).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83b AsylVfG.

Röllig