Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 20.12.2018, Az.: 6 A 612/15

Aufbau; Bewertungsspielraum; Doppelverwertung; fachspezifische Beurteilung; Flüchtigkeitsfehler; Folgefehler; Gebot der Sachlichkeit und Fairness; Grundsatz der Chancengleichheit; prüfungsspezifische Beurteilung; Randbemerkung; unzulässige Doppelverwertung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
20.12.2018
Aktenzeichen
6 A 612/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74313
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Grundsätzlich stellt die Kritik eines Prüfers an dem in einer Klausur gewählten Aufbau eine prüfungsspezifische Wertung dar. Allerdings ist es möglich, dass dabei prüfungsspezifische Wertungen mit fachwissenschaftlichen Beurteilungen verflochten sind, z.B. wenn das Prozess- oder das materielle Recht Vorgaben für den Aufbau enthalten oder wenn die Prüfer den gewählten Aufbau für methodisch fehlerhaft gehalten haben. Auch wenn die Kritik an dem gewählten Aufbau in diesen Fällen teilweise fachspezifische Beurteilungen betrifft, so kann im Übrigen - soweit keine Fachfrage zugrunde liegt - eine prüfungsspezifische Wertung gegeben sein, z.B. bezüglich der Bewertung der Qualität der Darstellung.

2. Hinsichtlich einer durch die Prüfer geäußerten Kritik an einem in der Klausur gewählten Aufbau liegt immer dann eine ausschließlich prüfungsspezifische Wertung vor, wenn die Aufbaufrage insgesamt keiner fachwissenschaftlichen Diskussion zugänglich ist, weil die Kritik am Aufbau nicht auf rechtlichen Vorgaben beruht, sondern geäußert wurde, weil der Gutachter einen anderen Aufbau beispielsweise als zweckmäßiger, übersichtlicher, geordneter oder klarer ansieht.

3. Eine unzulässige Doppelverwertung liegt immer dann vor, wenn ein sogenannter Folgefehler negativ bewertet wird. Ein Folgefehler ist dann gegeben, wenn unzutreffende oder jedenfalls kritikwürdige Ausführungen des Prüflings allein darauf beruhen, dass er sich bei der Lösung seiner Klausur schon früher für einen bestimmten Lösungsweg entschieden hat und die späteren Ausführungen des Prüflings folgerichtig sind, weil sie eine logische Konsequenz aus dem bereits zuvor gefundenen Lösungsansatz sind (falsche Weichenstellung).

4. Die Rüge, es sei nicht berücksichtigt worden, dass Ausführungen in einer Klausur einen bloßen Flüchtigkeitsfehler darstellen, betrifft eine prüfungsspezifische Beurteilung. Ein Bewertungsfehler ist nur dann anzunehmen, wenn ein offensichtlich leichter Fehler als schwerer Fehler bewertet worden ist. Allerdings liegt nur dann ein Flüchtigkeitsfehler vor, wenn der Kläger offensichtlich einen Fehler begangen hat, der - anhand erkennbarer Anhaltspunkte - aufgrund des Zeitdrucks der Klausur oder aus anderen Gründen versehentlich passiert ist.

5. Randbemerkungen sind in der Regel von untergeordneter Bedeutung, weil sie von den Prüfern bei der ersten Durchsicht der Klausurbearbeitung angebracht werden und nur der Vorbereitung der Gesamtbewertung dienen. Deswegen ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, inwieweit der von dem Prüfer zum Ausdruck gebrachte Gedanke später tatsächlich in die Gesamtbewertung eingeflossen ist; dies setzt in der Regel voraus, dass das schriftliche Votum ausdrücklich oder jedenfalls konkludent auf die Randbemerkung Bezug nimmt oder inhaltlich auf sie eingeht.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen das von dem Beklagten festgestellte Nichtbestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung und begehrt die Neubewertung von allen acht Aufsichtsarbeiten.

Die Aufsichtsarbeiten schrieb der Kläger außerhalb des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses, nachdem er die Staatsprüfung zuvor weder im ersten noch im zweiten Versuch bestanden hatte. Für den zweiten Versuch hatte er bereits ohne Erfolg im Klagewege die Neubewertung von vier Klausuren begehrt (vgl. VG Braunschweig, U. v. 13.12.2012 - 6 A 161/11 -).

Mit Bescheid vom 15. April 2015 teilte der Beklagte dem Kläger das Ergebnis seiner schriftlichen Prüfungsleistungen mit. Danach wurden die Aufsichtsarbeiten wie folgt bewertet:

 ZG-Klausur:

 mangelhaft (3 Punkte)

 ZU-Klausur:

 mangelhaft (2 Punkte)

 A1-Klausur:

 mangelhaft (3 Punkte)

 A2-Klausur:

 mangelhaft (2 Punkte)

 VR-Klausur:

 mangelhaft (3 Punkte)

 WSR-Klausur:

 mangelhaft (3 Punkte)

 SR-Klausur:

 befriedigend (7 Punkte)

 VA-Klausur:

 ausreichend (6 Punkte)

Gesamt:

29 Punkte

Obwohl der Kläger in der Summe der Bewertungen der Aufsichtsarbeiten eine Punktzahl erreichte, welche die zum Bestehen der Prüfung erforderliche Punktzahl von 28 Punkten um einen Punkt übertraf, wurde die zweite juristische Staatsprüfung als „nicht bestanden“ bewertet. Dies folgte daraus, dass entgegen der in § 14 Abs. 2 Nr. 1 NJAG normierten Vorgabe nicht mindestens drei der vom Kläger verfassten Aufsichtsarbeiten mit „ausreichend“ oder besser bewertet worden sind.

Am 21. April 2015 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. April 2015 ein. Sein Prozessbevollmächtigter rügte die Bewertung aller Klausuren. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Einwendungen wird auf die Begründung des Widerspruchs Bezug genommen.

Den nicht bestandenen Klausuren lagen folgende Aufgabenstellungen zu Grunde:

1. In der ZG-Klausur waren die Erfolgsaussichten einer vor dem Landgericht erhobenen Klage und Widerklage nach den Regeln der Relationstechnik zu begutachten. Der Kläger und Widerbeklagte wendete sich gegen angeblich durch den Beklagten und Widerkläger getätigte Äußerungen. Er beantragte, den Beklagten zur Unterlassung von Äußerungen sowie zu deren Widerruf zu verurteilen und darüber hinaus die Zahlung eines Schmerzensgelds, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellte. Der Beklagte und Widerkläger bestritt, die Äußerungen getätigt zu haben, und verlangte im Wege der Widerklage die Zahlung eines Nutzungsausfalls, weil der Kläger und Widerbeklagte seine Kettensäge zuvor ausgeliehen und nicht zurückgegeben hatte.

In der mündlichen Verhandlung erklärten die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Kettensäge für erledigt, nachdem sie sich diesbezüglich geeinigt hatten. In der mündlichen Verhandlung wurden drei Zeugen vernommen. Der Beklagte rügte die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, da er selbst in dem Bezirk eines anderen Landgerichts wohne.

Hinsichtlich der - angeblich - getätigten Äußerung war im Optimalfall zwischen ihren einzelnen Elementen zu unterscheiden und dann zwischen Tatsachenäußerungen und Werturteilen bzw. Meinungsäußerungen zu differenzieren.

Eine Sachverhaltsschilderung, die den Anforderungen des § 313 Abs. 2 ZPO entsprach und der Prozesssituation Rechnung trug, war voranzustellen. Zum Schluss des Gutachtens war ein Tenor zu entwerfen, wobei die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erlassen war.

2. In der ZU-Klausur hatte der Bearbeiter ein Urteil des Landgerichts zu entwerfen. In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit ging es um die Forderung eines Klägers, der von der Beklagten ein Hausgrundstück erworben hatte. Nach notariell beurkundeter Abgabe des Kaufangebotes fielen bei einer Besichtigung des inzwischen geräumten Hauses ein Schwarzschimmelbefall und eine Besiedlung mit Buckelkäfern auf. Der Kläger verlangte von der beklagten Verkäuferin des Grundstückes die Zahlung von 34.208,90 EUR, was den Kosten der Beseitigung des Schimmels und der Bekämpfung der Buckelkäfer entsprach. Die Beklagte berief sich auf den vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss; der Kläger behauptete, die Beklagte habe Kenntnis von den Mängeln gehabt und hafte außerdem gesetzlich aufgrund von § 442 BGB. Prozessual hatten die Bearbeiter die Situation eines Einspruches gegen ein Versäumnisurteil verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu prüfen.

3. Bei der A1-Klausur hatten die Bearbeiter die Rolle des Anwalts einer beklagten Jagdgenossenschaft einzunehmen, die zuvor einem von mehreren Pächtern eines Jagdbezirkes – dem Kläger – fristlos gekündigt hatte. Mit der Klage wehrte sich der Kläger gegen die fristlose Kündigung, die er für unwirksam hielt. Außerdem trug die beklagte Mandantin vor, gegen den Kläger ggf. Ansprüche wegen rückständigen und künftigen Pachtzinses zu haben, die ggf. geltend zu machen waren. Erwartet wurde eine gutachterliche Prüfung.

Dabei war die Rechtmäßigkeit der Kündigung zu prüfen und zwar zum einen die außerordentliche Kündigung nach Vertrag und aus dem Gesetz gem. §§ 581 Abs. 2, 543 Abs. 1, 314 BGB. Im Rahmen der Zweckmäßigkeitserwägungen war auf die Möglichkeit der Klageerwiderung hinzuweisen und die ggf. notwendige Verteidigungsanzeige aufzuzeigen. Darüber hinaus war auf den praktischen Umgang mit Gegenansprüchen der Beklagten einzugehen, derentwegen die Erhebung einer Widerklage in Betracht kam. Dabei war unter anderem auf das aus § 93 ZPO (sofortiges Anerkenntnis) folgende Kostenrisiko hinzuweisen.

Der Sachverhalt war nicht darzustellen; die Bearbeiter hatten ausweislich des Bearbeitervermerks auf alle – auch die nicht angesprochenen – Rechtsfragen einzugehen. Die Beweislage war ggf. zu prognostizieren und Zweckmäßigkeitsüberlegungen waren anzustellen.

4. Die A2-Klausur hatte eine rechtsberatende / rechtsgestaltende Aufgabenstellung aus dem Zivilrecht zum Gegenstand. Die Klausurbearbeiter hatten die Sicht eines Rechtsanwalts einzunehmen. In dessen Kanzlei erschienen die aus vorherigen Beratungen bekannten Mandanten, ein Ehepaar. Das Ehepaar wollte sich zur Ruhe setzen und deswegen ein Grundstück verkaufen. Das Grundstück befand sich im Eigentum der Ehefrau und war mit einer Tankstelle, einer Kfz-Werkstatt und vier Wohnungen bebaut. Der Ehemann betrieb die auf dem Grundstück befindliche Tankstelle. Für den Grundstücksverkauf bestand bereits ein im Aktenstück abgedruckter Kaufvertrag, dessen notarielle Beurkundung noch nicht stattgefunden hatte, aber bereits terminiert war. Die Mandanten begehrten Beratung wegen des Verkaufs sämtlicher auf dem Grundstück befindlichen Gegenstände und des Firmenwerts. Es war ein Gutachten zu erstellen, welches auch Ausführungen zur Taktik/Zweckmäßigkeit zu enthalten hatte. Außerdem waren „etwaig erforderliche Schriftstücke oder Briefe“ zu entwerfen.

Inhaltlich lagen die Probleme unter anderem darin zu erkennen, dass einige der Gegenstände dem Grundstück zuzuordnen waren, weil sie als wesentliche Bestandteile des Grundstückes gelten (§§ 93,94 BGB), während andere als Zubehör anzusehen waren (§ 97 BGB). Für die Gegenstände, die von den Klausurbearbeitern als wesentliche Bestandteile des Grundstückes eingeordnet worden sind, waren die Mandanten dahingehend zu beraten, dass diese Gegenstände noch kaufpreiserhöhend in den notariellen Kaufvertrag aufzunehmen sind, weil sie dann dem Formerfordernis des § 311 Abs. 1 Satz 1 BGB unterfallen. Hinsichtlich der Gegenstände, die als Zubehör eingeordnet worden sind, waren die Mandanten im Hinblick auf die Vermutung des § 311c BGB zu beraten. Problematisch war außerdem die Einordnung des Verkaufes des Firmenwertes. Weiterhin war auf Wunsch der Mandanten zu etwaigem Schadensersatz (Nutzungsausfall). bei Zahlungsverzug Stellung zu nehmen und es sollten Regelungen zur Zahlung und etwaige Gewährleistungsansprüche geprüft werden.

5. In der VR-Klausur hatten die Bearbeiter die Sicht eines Referendars der Industrie- und Handelskammer Lüneburg einzunehmen, der in einem gewerbeaufsichtsrechtlichen Verfahren einen Entscheidungsvorschlag und „eventuell erforderliche Begleitverfügungen“ zu fertigen hatte. Es war zu prüfen, ob der Widerruf der Gewerbeerlaubnis eines Finanzanlagenvermittlers (gem. § 34f GewO) – zügig – möglich ist. Gleichzeitig sollte die Erlaubnisurkunde eingezogen werden, der Eintrag im Vermittlungsregister gelöscht werden, und der Finanzvermittler sollte unter Androhung eines Zwangsgeldes aufgefordert werden, die Tätigkeit als Finanzanlagenvermittler einzustellen und das Büro zu schließen. Dabei war insbesondere die Zuverlässigkeit des Finanzanlagenberaters zu untersuchen, nachdem Verurteilungen wegen Betruges in drei Fällen zur Kenntnis der Industrie- und Handelskammer Lüneburg gelangt waren.

6. In der WSR - Klausur handelte es sich um eine strafrechtliche Klausur aus Sicht der Staatsanwaltschaft. Die Bearbeiter hatten die Strafbarkeit eines Beschuldigten materiell-rechtlich und prozessual zu begutachten, wobei anschließend die Abschlussentscheidung der Staatsanwaltschaft zu entwerfen war. Der Beschuldigte war Vize-Präsident des Motorrad- und Rockerclub „Bones“, der ein anderes Mitglied dieses Clubs bat, einen Finanzierungsleasingvertrag über einen Porsche abzuschließen und ihm das Fahrzeug anschließend zu überlassen. Aus dem Sachverhalt ergaben sich Hinweise darauf, dass er den Porsche anschließend weiterverkaufte, dem anderen Clubmitglied niemals die vereinbarten Raten zahlte und dieses Vorgehen auch von vorneherein plante. Außerdem schnitt der Beschuldigte einem Mann, der aus dem Club „Bones“ ausgeschlossen worden war, mehrere „Bones“-Tattoos mittels einer Akku-Handkreissäge und eines Einhandmessers aus der Haut und fügte ihm ein neues Tatoo zu („OUT“). Angeblich hatte der Geschädigte bei Eintritt in den Club in derartige Behandlungen eingewilligt.

Der Sachverhalt beschäftigte sich materiell-rechtlich einerseits mit dem Delikt des Betrugs, wobei u.a. die Abgrenzung der Anknüpfungspunkte für die Strafbarkeit und das Vorliegen eines Schadens problematisch war. Außerdem hatte der Sachverhalt Körperverletzungsdelikte zum Gegenstand, wobei hier die Frage des Einverständnisses bzw. der Einwilligung in eine Körperverletzung zu problematisieren war. Prozessual hatte der Bearbeiter sich mit Beweisverwertungsverboten zu beschäftigen.

7. Den beiden bestandenen Klausuren lagen folgende Aufgabenstellungen zugrunde: In der SR-Klausur hatte der Bearbeiter den Sachverhalt hinsichtlich eines Beschuldigten aus Sicht der Staatsanwaltschaft strafrechtlich und strafprozessual zu begutachten. Die Anklage war ohne das wesentliche Ergebnis und ohne nähere Angaben zu den Personalien zu entwerfen; andernfalls war eine Einstellungsverfügung zu fertigen. Strafrechtlich standen Körperverletzungs- und Tötungsdelikte im Vordergrund; problematisch waren die Fragen der Gebotenheit der Notwehr (insbesondere in Hinblick auf eine ggf. vorwerfbar verursachte Notwehrlage oder Absichtsprovokation) und der gefahrspezifische Zusammenhang im Rahmen des § 227 StGB. Prozessual war u.a. die Verwertung von Videoaufnahmen einer Bahnhofskamera zu problematisieren. In der VA-Klausur war ein Gutachten aus anwaltlicher Sicht zu erstellen. Der Sachverhalt war nicht darzustellen. Zweckdienliche Schriftsätze und / oder Briefe waren zu verfassen. Materiell-rechtlich betraf die Klausur das Fahrerlaubnisrecht. Dem Mandanten war die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis aufgrund einer unterbliebenen medizinisch-psychologischen Untersuchung verweigert worden. Außerdem war zu prüfen, ob eine in einem anderen Mitgliedstaat der EU erworbene Fahrerlaubnis anerkannt werden könnte. Prozessual musste – dem Mandantenbegehren entsprechend – ein Antrag in einem einstweiligen Rechtschutzverfahren gestellt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Aufgabentexte und wegen der Bewertungen auf die den Klausuren beigefügten Erst- und Zweitbeurteilungen der Prüfer verwiesen.

Im Widerspruchsverfahren holte der Beklagte Stellungnahmen der Prüfer zu den Einwendungen ein. Wegen des Inhalts der Äußerungen wird auf den Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2015 wies der Beklagte den Widerspruch als zulässig, aber unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 30. Oktober 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er zu den einzelnen Klausuren vor:

ZG-Klausur:

1. Die Prüfer hätten positive Ansätze der Bearbeitung nicht gewürdigt. Dies zeige sich an der Formulierung des Zweitgutachters „D.Bearb. deutet zweitweise an, dass er / sie es besser können müsste“. Es sei nicht ersichtlich, ob die Prüfer folgende Aspekte gewürdigt hätten:

1.1. Die weitestgehend gelungene Tenorierung;

1.2. Die vollständige und richtige Bearbeitung der Beklagten- und Beweisstation;

1.3. Die Verständlichkeit des Tatbestandes, die an einer Stelle angeführt werde;

1.4. Es sei neben den mitunter falsch gewählten Zeitformen in der kleinen Prozessgeschichte nicht hervorgehoben worden, dass der Kläger im Übrigen die korrekten Zeitformen verwendet habe;

1.5. Der Erstgutachter habe mit der Kritik einer „zusammenhangslos“ eingefügten Äußerung verkannt, dass der Kläger an dieser Stelle Inhalte aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 07.11. im unstreitigen Sachverhalt wiedergegeben habe, was stimmig sei, weil dieser Teil des Sachverhalts relevant für die spätere Klageerweiterung sei.

1.6. In der Beweisstation sei der fehlende Urteilsstil in der Bearbeitung bemängelt worden; es sei aber zu würdigen, dass die Ausführungen des Klägers inhaltlich zutreffend gewesen seien.

2. Im Erstvotum werde keine Gewichtung der Aufgabenteile zueinander angegeben, was aber wegen Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich sei, damit eine Zuordnung zu dem Punktesystem möglich und überprüfbar sei. Die Prüfer hätten nicht die aus ihrer Sicht „erforderlichen Aspekte“ benannt, sodass deren Erwartung nicht ersichtlich sei. Allein durch eine Aufzählung der zu diskutierenden Punkte könne der Kläger die Auswirkungen negativer Elemente der Bearbeitung auf das Gesamtergebnis nicht nachvollziehen. Auch werde im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht angegeben, inwieweit andere Prüflinge die Abgrenzung zwischen Werturteil und Tatsachenbehauptung diskutiert haben.

3. Durch die Stellungnahme des Erstvotanten vom 17. August 2015 werde der Zweck des Überdenkungsverfahrens nicht gewahrt, weil er lediglich sein Erstvotum in anderen Worten wiedergebe, ohne sich vertieft mit den im Widerspruchsverfahren erhobenen Einwendungen des Klägers auseinanderzusetzen. Darin sei keine Überdenkung zu erkennen. Auch sei die Bewertung des Erstvotanten auf S. 5 der Bearbeitung nicht nachvollziehbar, weil sie fast ausschließlich das wiedergebe, was der Kläger auf S. 8 f. ausgeführt habe.

4. Die Bewertung unterliege in fachlicher Hinsicht einigen Bedenken. Im Einzelnen:

4.1. Einige Passagen der Arbeit seien sprachlich und stilistisch kritisiert worden. Der Erstvotant habe den Einleitungssatz als „sprachlich verbesserungswürdig“ kritisiert. Der Zweitvotant habe eine Formulierung als „ungeschickt“ bezeichnet. Daraus folge, dass die Formulierung irreführend sein müsse. Dies erschließe sich nicht. Die kritisierte Verwendung der Semikolons im streitigen Klägervortrag sei zur Verbindung gleichrangiger Sätze erfolgt; auch hier werde nicht deutlich, was genau kritisiert werde und inwieweit diese Kritik in die Bewertung eingeflossen sei.

4.2. Teilweise hätten die Prüfer zu Unrecht den Aufbau kritisiert. Die Kritik des Erstgutachters an dem gewählten „unüblichen“ zweischichtigen Aufbau sei beurteilungsfehlerhaft; ein zweischichtiger Aufbau habe sich hier angeboten, weil die Beklagte die örtliche Zuständigkeit gerügt hatte. In der gängigen Ausbildungsliteratur werde auf den zweistufigen Aufbau in einem Relationsgutachten hingewiesen. Die Platzierung des Sachberichts sei vertretbar und dürfe deswegen nicht negativ bewertet werden. Die Kritik des Erstgutachters, der Entscheidungskurzvorschlag sei „unglücklich platziert“ treffe nicht zu, weil der Entscheidungsvorschlag an der gewählten Stelle der Einleitung in das Gutachten diene und er klar durch mehrere Zeilen vom Sachbericht getrennt sei.

4.3. Hinsichtlich der Kritik am gewählten Aufbau liege eine unzulässige Doppelverwertung vor.

4.4. Die Kritik des Erstgutachters, dass der Kläger in der antragsbezogenen Prozessgeschichte nicht den Grund für die Erledigung genannt hat, gehe fehl. Mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung bzgl. der Widerklage hätten die Parteien dem Gericht die Disposition über den Streitgegenstand abgegeben, sodass der Grund für die Erledigung für das Gericht irrelevant sei.

4.5. Die Anspruchsgrundlage bezüglich der Unterlassung sei vertretbar zitiert worden, da die weiteren vom Prüfer geforderten Normen nicht zur Anspruchsgrundlage gehörten. Die Erörterung des § 1004 BGB i.V.m. § 823 BGB dürfe nicht gefordert werden, weil § 1004 BGB bezüglich der Unterlassung eine eigene Anspruchsgrundlage darstelle.

4.6. Das Schmerzensgeld sei zwingend haftungsausfüllend zu erörtern gewesen. Die §§ 249 ff. BGB enthielten keine eigenen Anspruchsgrundlagen, sondern ergänzten die Normen, aus denen sich der Schadensersatz ergebe. Deswegen sei u.U. neben dem Ersatz des materiellen Schadens auch noch ein Ersatz des immateriellen Schadens möglich. Der Kläger habe die Höhe des Schmerzensgelds wegen § 287 ZPO offenlassen können; dies sei nicht negativ zu werten. Dass das Urteil dann nicht vollstreckbar ist, sei unschädlich. Gefordert worden sei ein Relationsgutachten.

4.7. Die Formulierung des Zweitgutachters, es sei „eigentlich“ bedauerlich, lasse Zweifel aufkommen, ob er in seiner Beurteilung sachgerecht war. Die Sachlichkeit sei zweifelhaft, weil diese Bemerkung eine Gelassenheit und emotionale Distanz vermissen lasse.

4.8. Der Kläger habe den unstreitigen Teil der Widerklage nicht „denkbar knapp“ dargestellt, sondern inhaltlich zutreffend und in der gebotenen Kürze, so wie es durch § 313 Abs. 2 ZPO und den Bearbeitungsvermerk auf S. 14 der Aufgabenstellung vorgegeben sei.

ZU-Klausur:

1. Das Erstvotum nehme keinerlei Bezug auf positive Ansätze und Passagen der Arbeit; im Einzelnen:

1.1. Dazu gehören das Rubrum und der – mit den gekennzeichneten Ausnahmen – fehlerfreie Tenor, aber auch der Tatbestand, der mit einem prägnanten Einleitungssatz begonnen worden sei, welcher den Sach- und Streitstand für sich genommen gut darstelle.

1.2. Außerdem folge der Aufbau des Tatbestandes insgesamt einer praxisgerechten Darstellung.

1.3. Die Ausführungen zur Zuständigkeit des angerufenen Gerichts seien richtig.

1.4. Der Kläger habe zutreffend erkannt, dass vertragliche und gesetzliche Gewährleistungsausschlüsse zu prüfen waren. Auch wenn er letztlich der Systematik der Gewährleistungsausschlüsse nicht folgt, sei doch jedenfalls der Gedankengang positiv zu würdigen.

1.5. Außerdem habe der Kläger die Einspruchsfrist in § 339 ZPO im Ergebnis zutreffend als Notfrist gewürdigt (vgl. Widerspruchsbegründung, Bl. 50 f. des Verwaltungsvorgangs).

2. Die Begründungen der Gutachter seien unzureichend. Der Erstgutachter habe keine Gewichtung der Aufgabenteile zueinander angegeben (Rubrum, Tenor, Tatbestand, Entscheidungsgründe sowie der materiell-rechtlichen Fragen zueinander). Die Prüfer seien aufgrund von Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet, die Anforderungen zu konkretisieren. Die Prüfer hätten jedoch nicht deutlich gemacht, wie sie unzureichende Ausführungen bei anderen bewertet hätten, sodass der Bewertungsmaßstab unklar bleibe. Aus der Äußerung des Erstgutachters, es fehlten „mehrere Einzelheiten im unstreitigen Teil“ und aus der Kritik, dass die entscheidungserheblichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht geprüft worden seien, folge nicht, wo die Kritik ansetze.

3. Im Überdenkungsverfahren habe der Erstgutachter nicht mitgeteilt, aus welchem Grund er sein Erstgutachten aufrechterhalte. Der Zweitvotant begründe nicht, warum das Erstvotum „wohlwollend“ sei und er sich „wenn auch mit Bedenken“ dem Erstvotanten anschließe.

4. Die Prüfer hätten außerdem nicht verlangen dürfen, dass zum Erreichen der Schwellennote „ausreichend“ bereits alle im Sachverhalt angelegten Probleme erkannt werden. Gemessen daran sei die Arbeit jedenfalls im ausreichenden Bereich zu verorten.

5. Die Bewertung unterliege in fachlicher Hinsicht einigen Bedenken. Im Einzelnen:

5.1 Die Prüfer hätten mehrfach verkannt, dass höchstens Flüchtigkeitsfehler anzunehmen seien. Dies gelte zum einen für die durch den Kläger gefundene Lösung, wonach ein Einspruch gegen ein Versäumnisurteil fristwahrend bei einem unzuständigen Gericht erfolgen könne. Diese Lösung sei auch vertretbar, weil dies auch im Verwaltungsprozess gelte, wo eine Klage rechtzeitig erhoben wurde, wenn der Schriftsatz gerade an das unzuständige Gericht gerichtet war. Außerdem folge dies aus § 17b GVG. Schließlich habe das unzuständige Gericht die Möglichkeit, gem. § 17a Abs. 2 GVG an das zuständige Gericht zu verweisen und hätte dies auch tun müssen. Außerdem handelt es sich um einen reinen Flüchtigkeitsfehler, soweit der Kläger statt des § 444 BGB den § 442 BGB prüfe. Es werde aus dem Kontext heraus deutlich, dass er die Wirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses im Hinblick auf das Verschweigen des Käferbefalles prüfe.

5.2. Wenn der Kläger ausführt, die Parteien hätten in Kenntnis der Feuchtigkeit und des Schimmelbefalls den Kaufvertrag abgeschlossen, dann meine er damit, dass dieser bei Gefahrübergang vorgelegen habe.

5.3. Der Zweitvotant habe negativ bewertet, dass der Kläger den Inhalt und den Umfang des Gewährleistungsauschlusses nicht näher beschrieben habe. Der Kläger habe aber auf den Aufgabentext verwiesen (Anlage K1), worin eine praxisnahe Bearbeitung zu sehen sei.

5.4. Es wurde durch den Zweitvotanten bemängelt, dass der Kläger den Namen des Gutachters nicht erwähnt habe; andere Gutachten seien aber ausweislich des Aufgabentextes nicht relevant gewesen und der Kläger habe jedenfalls auf den Aufgabentext gem. § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO verwiesen.

5.5. Die bemängelte Ungenauigkeit bei der Entscheidung über den Zinsanspruch sei der Klausursituation geschuldet gewesen; auch sei vertretbar, auf § 286 BGB abzustellen, weil spätestens mit Rechtshängigkeit auch Verzug eingetreten sei, sodass es auf § 291 BGB – wie im Anforderungsprofil angegeben – nicht mehr ankomme.

5.6. Die Randbemerkung auf S. 4 („unleserlich“) indiziere, dass der Erstvotant sich keine ausreichende Mühe gegeben habe, und spreche für eine gewisse Flüchtigkeit des Prüfers. Es werde außerdem nicht deutlich, dass die Prüfer die schlechte Schrift des Klägers lediglich beanstandet haben, sie aber nicht in die Bewertung haben einfließen lassen. Der Erstvotant habe durch seine Ausführungen in der Stellungnahme während des Überdenkungsverfahrens deutlich gemacht, dass seine Randbemerkungen für die Bewertung relevant gewesen seien. Auch der Zweitvotant könne sich nicht darauf berufen, es handele sich bei den Randbemerkungen nicht um seine eigenen, weil er sich das Erstgutachten zu eigen gemacht habe.

5.7. Der Erstgutachter habe durch seine Stellungnahme im Überdenkungsverfahren zu verstehen gegeben, dass er einen vertretbaren Aufbau negativ bewertet habe. Von einem Prüfling könne nicht verlangt werden, seinen Aufbau zu erklären.

5.8. Die Randbemerkung „nicht nachvollziehbar“ sei ihrerseits nicht nachzuvollziehen. Es sei vertretbar, die notarielle Form gem. § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB offenzulassen (S. 9 der Klausurbearbeitung). Das Grundstück sei unstreitig aufgelassen und der Eigentümer sei in das Grundstück eingetragen worden. Der Kläger habe dies zutreffend normativ an § 311 Abs. 1 Satz 2 BGB angeknüpft.

5.9 Die Ausführungen des Erstgutachters in seinem Votum (S. 2, 4. Absatz von unten) enthielten eine unzulässige Zweitverwertung, weil sich das Vertretenmüssen aus der zuvor vom Kläger festgestellten Kenntnis ergebe.

A1-Klausur:

1. Der Erstgutachter nehme keinen Bezug auf positive Ansätze der Bearbeitung, im Einzelnen:

1.1. Das Erkennen der Gefahr eines sofortigen Anerkenntnisses und die daraus resultierende Kostenfolge mit einem entsprechenden Hinweis an den Mandanten. Die Anmerkungen im Text seien ausschließlich negativ („ist das denn so?“; „Soll das eine Prüfung sein?“).

1.2. Auch hinsichtlich der Formulierungen, der praktische Teil enthalte „nicht alle wesentlichen Angaben“ und sei in der Form „kaum brauchbar“ (vgl. Votum des Erstgutachters), sei nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger zusätzlich zu der gutachterlichen Bearbeitung sowohl einen Klageerwiderungsentwurf als auch ein Mandantenschreiben entworfen habe.

1.3. Rein formal sei der Klageerwiderungsentwurf nicht zu beanstanden, was positiv zu würdigen gewesen sei. Das Mandantenschreiben sei in der gebotenen Kürze prägnant verfasst worden und spiegele das gutachterlich erarbeitete Ergebnis wider.

1.4. Außerdem werde nicht deutlich, welche Angaben hier fehlen, sodass dies zu Unbrauchbarkeit führen würde.

2. Die Prüfer hätten im praktischen Teil keinerlei Randbemerkungen hinterlassen. Aus dem Bearbeitervermerk ergebe sich keine Gewichtung zwischen dem praktischen Teil und dem gutachterlichen Teil. In Hinblick auf die Kritik an dem vom Kläger gewählten Aufbau sei die Relation der Bewertung gegenüber anderen Prüflingen nicht erläutert worden. Der Erstgutachter habe in prüfungsrechtlich unzulässiger Weise lediglich Schutzbehauptungen aufgestellt, ohne sich mit der Sache auseinanderzusetzen. Auch der Zweitgutachter habe eine unzulässige Schutzbehauptung aufgestellt, indem er seine Randbemerkungen für weniger gewichtig hält, ohne eine Gewichtung der Randbemerkungen offenzulegen.

3. Die Prüfer dürften außerdem nicht verlangen, dass zum Erreichen der Schwellennote „ausreichend“ bereits alle im Sachverhalt angelegten Probleme erkannt wurden. Gemessen daran sei die Arbeit jedenfalls im ausreichenden Bereich zu verorten.

4. Die Bewertung unterliege in fachlicher Hinsicht einigen Bedenken. Im Einzelnen:

4.1. Der Bearbeitervermerk sei vage gehalten; die Formulierung, die „Angelegenheit“ sei zu bearbeiten, sei zu unbestimmt.

4.2. Die Anmerkung, der Kläger habe die sachliche Zuständigkeit nicht geprüft, gehe fehl. Ausweislich des durch den Erstgutachter formulierten Erwartungshorizontes sei in der Zulässigkeit lediglich die Problematik der Aktivlegitimation zu erwähnen gewesen. Auch sei der Bearbeitervermerk nicht dahingehend zu verstehen gewesen, denn dort seien die sechs Amtsgerichte, die sich im Bezirk des Landgerichts Lüneburg befinden, nicht genannt. Das niedersächsische Justizgesetz habe dem Kläger als Hilfsmittel nicht zur Verfügung gestanden.

4.3. Bei der Angabe „§ 532 BGB“ handele es sich um einen bloßen Schreibfehler, wie sich an der Wiedergabe des Gesetzestextes und der Subsumtion zeige. Die Bezeichnung „Legaldefinition“ sei der Klausursituation geschuldet gewesen, der Aufbau sei – anders als der Erstgutachter meint – nicht zu beanstanden. Es handele sich bei beiden Kritikpunkten um geringfügige Flüchtigkeitsfehler, durch die das Verständnis der Arbeit allenfalls geringfügig beeinträchtigt werde.

4.4. Die Randbemerkung des Erstgutachters „Aufbau misslungen“, die Formulierung in seinem Votum, er halte den Aufbau für „grundlegend fehlerhaft“, sowie die Formulierung in der Stellungnahme im Widerspruchsverfahren, wonach ein „einstufiger Aufbau angezeigt gewesen wäre“, lasse die Deutung zu, dass er einen anderen als den von ihm vorgeschlagenen Aufbau für nicht vertretbar halte und der vom Kläger gewählte Aufbau negativ in die Bewertung eingeflossen sei. Es sei aber genauso vertretbar, erst im Rahmen der Zweckmäßigkeit etwaige Gegenrechte zu prüfen, um auch dort zu prüfen, wie etwaige Gegenrechte am besten in den Prozess eingeführt werden können. Andernfalls gäbe es für die Prüfung etwaiger Gegenansprüche im Rahmen der Klageprüfung keine Anhaltspunkte, sodass die Prüfung im luftleeren Raum erfolgt wäre. Im Überdenkungsverfahren sei die Kritik des grundlegend fehlerhaften Aufbaus relativiert worden, ohne dass die Note deswegen heraufgesetzt worden sei.

4.5. Der Zweitgutachter habe kritisiert, der Kläger habe nicht mit der Prüfung des Vertrages begonnen; der Kläger zeige jedoch gerade durch das direkte Eingehen auf die offensichtlich einschlägigen gesetzlichen Kündigungsgründe Praxisnähe.

4.6 Die Kritik an den Formulierungen des Klägers „dem Mandanten ist zu raten, sich gegen die Klage zu verteidigen“ sowie die Formulierung „die Beklagte wird sich gegen die Klage zur Wehr setzen“, sei angesichts der vielfältigen Formulierungsmöglichkeiten in Schriftsätzen nicht gerechtfertigt. Aus der ersten Formulierung ginge klar hervor, dass sie als Verteidigungsanzeige zu lesen sei.

4.7. Die Kritik, der Kläger habe das Mandantenbegehren nicht herausgearbeitet, gehe fehl. Er habe nur die Widerklage nicht gleich zu Beginn, sondern erst später im Aufbau genannt, was vertretbar sei.

4.8. Die Ausführungen des Klägers zum praktischen Teil, der etwas weniger als 50 % des Erwartungshorizontes ausmache, seien nicht vollständig gewürdigt worden; dies zeige sich an den unterbliebenen Randbemerkungen. Auch in der zusammenfassenden Bewertung am Ende seien keine Anmerkungen zu dem praktischen Teil erfolgt.

4.9. Der Kläger habe ausweislich der Kritik des Erstgutachters „lediglich“ das Kostenrisiko des § 93 ZPO erkannt. In diesem Kritikpunkt liege ein Widerspruch zu dem geäußerten Erwartungshorizont des Erstgutachters, wonach „Stellung zu nehmen ist zu dem derzeit noch bestehenden Kostenrisiko“; dies habe der Kläger im Rahmen der Zweckmäßigkeit geprüft.

4.10. Die vom Erstgutachter gewählten Formulierungen, wie zum Beispiel „Soll das eine Prüfung sein?“, ließen an der gebotenen emotionalen Distanz des Gutachters und an der Einhaltung des Gebotes der Fairness zweifeln. Aus der Randbemerkung folge eine fehlende Gelassenheit hinsichtlich der zu bewertenden Ausführungen.

4.11. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt eine abschließende Regelung behauptet, sodass ihm das vom Zweitvotanten in der Überdenkung auch nicht habe unterstellt werden dürfen.

A2-Klausur:

1. Der Erstgutachter habe ausgeführt, dass die Klausur eine Gefahr des Übersehens von Problemen mit sich bringe und die größte Hürde darin liegen dürfte, zu erkennen, dass die Vorstellung der Mandanten von der sachenrechtlichen Zuordnung der Gegenstände nicht stimmen müsse. Gerade deswegen seien nicht erkannte Probleme nicht derart negativ zu werten. Die erkannten Probleme seien positiv zu würdigen, im Einzelnen:

1.1. Der Zweitgutachter habe lediglich positiv erwähnt, dass der Kläger das Mandantenbegehren zutreffend benannt habe. Der Kläger habe jedoch ein praxisnahes Mandantenschreiben entworfen.

1.2. Der Kläger habe schnell einen Schwerpunkt der Klausur erkannt, nämlich die Formbedürftigkeit von Verträgen gemäß § 311b BGB, was positiv zu würdigen sei.

2. Die Bewertung sei unzureichend begründet worden. Der Erstgutachter sei von dem Fehlen des praktischen Teils ausgegangen; es fehlten ab S. 10 der Bearbeitung jegliche Randbemerkungen. Der Zweitgutachter habe gänzlich auf Randbemerkungen verzichtet. Auch sei die Kritik des Zweitgutachters, die Prüfung des Klägers sei „oberflächlich“ sowie die Kritik, der Umgang mit § 311b BGB sei „nicht gelungen“, unzureichend begründet. Der Erstgutachter gebe fast ausschließlich wieder, was der Kläger geschrieben habe. Soweit die Kritik sich auf eine fehlende Begründung durch den Kläger beziehe, sei es aufgrund des Art. 3 Abs. 1 GG geboten, die Leistung des Klägers in Relation zu der Leistung anderer zu setzen und damit klarzustellen, welche Anforderungen der Prüfer aufstelle.

3. Die Bewertung unterliege in fachlicher Hinsicht einigen Bedenken. Im Einzelnen:

3.1. Der Zweitgutachter geht von einer Klausur von „nur“ mittlerer Schwierigkeit aus und steht mit dieser Einschätzung im Widerspruch zu der Einschätzung des Erstgutachters.

3.2. Sowohl Erst- als auch Zweitgutachter gehen davon aus, dass ein Vertragsentwurf zu fertigen war bzw. sogar zwei Vertragsentwürfe (so der Zweitgutachter). Es sei aber aufgrund des Wortlautes des Bearbeitervermerks unklar, ob überhaupt ein Vertragsentwurf zu fertigen gewesen sei. Der Wortlaut des Bearbeitervermerks, wonach „Schriftstücke“ zu fertigen waren, sei in Hinblick auf den erheblichen Grundrechtseingriff in Art. 12 Abs. 1 GG nicht hinreichend bestimmt (SS, Bl. 116). Deswegen sei es jedenfalls nicht negativ zu werten, wenn ein Vertragsentwurf fehle, zumal er lediglich das Ergebnis des Gutachtens wiedergeben würde. Der Kläger habe stattdessen ein praxisnahes Mandantenschreiben entworfen. Dort fasst er die wesentlichen Punkte zusammen, wobei er auf S. 11 der Bearbeitung andeute, dass er einen Vertragsentwurf erst nach Kenntnisnahme des Gutachtens habe erstellen wollen. Der Entwurf eines Vertrages habe nicht im Interesse des Mandanten gelegen (mV). Es sei aus ökonomischer Sicht in der Praxis nicht sinnvoll, einen Vertragsentwurf zu diesem Zeitpunkt zu erstellen, weil der Mandant sich nach dem Gutachten gegebenenfalls von dem Wunsch eines solchen Entwurfs verabschieden könne. Es verstoße jedenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die Prüflinge lange über die Interpretation der Aufgabenstellung nachdenken müssten, weil dies in anderen Klausuren nicht erforderlich sei (mV).

3.3 Der Erstgutachter hätte den durch den Kläger gewählten Aufbau nicht als „unübersichtlich“ kritisieren dürfen (Erstgutachten, II., erster Absatz), weil der gewählte Aufbau vertretbar sei. Durch die Formulierung des Erstgutachters im darauffolgenden Absatz „es empfiehlt sich, zwischen dem Kaufvertrag, der für Frau Inge Vaso entwickelt werden soll und demjenigen, der Herrn Rainer Vaso betrifft, zu unterscheiden“ ergebe sich eine unzulässige Doppelverwertung. Außerdem agieren die Mandanten als Eheleute, so das eine Trennung der Gegenstände nicht zwingend sei.

3.4. Der Kritik, der Kläger habe nicht erkannt, dass es sich um einen Unternehmenskaufvertrag handele, sei nur bedingt zuzustimmen. Die Position „Firmenwert“ könne auch einen Inventarvertrag meinen. Dies spiegele sich auch durch die Formulierung im Aufgabentext wieder. Dort werde der Begriff „Inventar“ verwendet. Deswegen habe der Kläger davon ausgehen können, dass nur eine gutachterliche Betrachtung des Inventars vorzunehmen war. Falls die Kritik des Prüfers an der vom Kläger gewählten Begründung ansetze und nicht an dem Begriff des Unternehmenskaufvertrages, hätte er dies deutlich machen müssen.

3.5. Der praktische Teil sei nicht in die Bewertung einbezogen worden, da er nicht mit Randbemerkungen versehen worden sei.

VR-Klausur:

1. Der Erstgutachter nehme so gut wie keinen Bezug auf positive Ansätze der Bearbeitung; diese seien im Einzelnen:

1.1. Der Kläger habe erkannt, dass der Widerruf der Gewerbeerlaubnis an den anwaltlichen Vertreter zu richten ist und an diesen eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis erfolgt.

1.2. Der Kläger habe sich bzgl. der Prüfung einer Gefährdung des öffentlichen Interesses in Bezug auf Gewerbetreibende in der Finanzbranche mit den Argumenten der Beteiligten auseinandergesetzt und dabei die Funktion der Registerbehörde und des dort geführten Registers gemäß § 11a Gewerbeordnung erkannt. Der Kläger greife die verbraucher- bzw. anlegerschützende Zielrichtung auf und belege sie mit guten Argumenten.

2. Die Bewertungen seien unzureichend begründet. Der Erstgutachter gehe fehlerhaft davon aus, er habe sechs Seiten Votum geschrieben. Die Formulierung des Erwartungshorizonts sei austauschbar. Auch habe er durch die Haken gerade keine Bewertung abgegeben.

3. Die Bewertung unterliege in fachlicher Hinsicht einigen Bedenken. Im Einzelnen:

3.1. Die Kritik, dass die Sachverhaltsdarstellung von der Verwaltung üblichen Form abweiche und er nach Art eines Tatbestandes im Urteil abgefasst sei, weil der Kläger „einleitend von einem Streit über den Widerruf einer Erlaubnisurkunde“ schreibe, sei unzutreffend. Es sei bereits fraglich, was mit „verwaltungsüblicher Form“ gemeint sei. In § 37 und § 39 VwVfG findet sich keine Regelung, welche die vom Kläger gewählte Sachverhaltsdarstellung verbiete. Die übliche Ausbildungsliteratur rate gerade zu einem derartigen Aufbau. Auch sei die Abweichung von einer chronologischen Darstellung nicht negativ zu werten. Es sei dabei auch zu beachten, dass der Adressat anwaltlich vertreten sei und auch an den Anwalt zugestellt werde.

3.2. Der Kritik, dass der Kläger die dem Strafurteil zu Grunde liegenden Taten als nachträglich eingetretene Tatsachen beurteilt, sei nicht zuzustimmen. Der Kläger beziehe sich nur auf die Verurteilung und erwähne die zu Grunde liegenden Taten aus den Jahren 2011 und 2012.

3.3. Der Kritik, dass der Kläger “den die gesamte Eingriffsverwaltung prägenden Grundsatz verkenne, dass staatliche Eingriffe einer Ermächtigungsgrundlage bedürfen“, sei nicht zuzustimmen. Das Fehlen weiterer Ausführungen zu der Titulierung sei der Klausursituation geschuldet. Daraus ergebe sich nicht, dass der Kläger die geprüfte Ermächtigungsgrundlage für ausreichend gehalten habe.

3.4. Die Kritik, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung die Adresse des Verwaltungsgerichts Lüneburg fehle, könne keinen Mangel darstellen. Gemäß § 37 Abs. 6 Satz 1 VwVfG müsse lediglich die Behörde bzw. das Gericht und der Sitz angegeben werden, nicht die Adresse.

3.5. Es sei unklar, was der Zweitgutachter mit der Formulierung in seinem Votum „Anforderungen an den Sachverhalt“ gemeint habe. Sein Hinweis im Überdenkungsverfahren auf Inhalte einer Arbeitsgemeinschaft seien fehlerhaft, weil damit ein falscher Erwartungshorizont entstehe.

3.6. Dem Zweitgutachter sei nicht darin zuzustimmen, dass der Entwurf für eine „Verwendung in der Praxis komplett überarbeitet“ werden müsse. Damit verkenne der Zweitgutachter die Funktion eines Entwurfs.

3.7. Der Kläger habe eine Zwangsgeldfestsetzung tenoriert, jedoch auf S. 10 und 12 der Bearbeitung erkannt, dass es sich der Sache nach um eine Androhung des Zwangsgeldes handele. Es handele sich um einen bloßen Flüchtigkeitsfehler. Die sprachliche Ungenauigkeit sei der Klausursituation geschuldet und zeige keineswegs, dass der Kläger derart tenorieren wollte.

WSR-Klausur:

1. Der Zweitgutachter nehme keinerlei Bezug auf positive Ansätze und Passagen der Bearbeitung. Positiv zu würdigen seien im Einzelnen:

1.1. Das folgerichtige Ergebnis im praktischen Teil und

1.2. die formell richtige Anklage und der folgerichtige Einstellungsbescheid.

2. Die Bewertungen seien unzureichend begründet. Der Erstgutachter gebe weder den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe noch die Gewichtung der Aufgabenteile zueinander an. Außerdem schließe sich der Erstgutachter – nachdem er die Klausur zunächst mit „ausreichend“ bewertet habe – ohne nähere Begründung der Bewertung des Erstgutachters an, der die Klausur mit nur drei Punkten bewertet hat. Damit verstoße er auch gegen den von ihm selbst gesetzten Gleichheitsgrundsatz. Der praktische Teil des Einstellungsbescheids sei nicht in die Wertung einbezogen worden; jedenfalls seien keine Randbemerkungen vorhanden. Die Ausführungen des Zweitgutachters zu Beginn seines Votums müsse als Formulierung des Erwartungshorizonts verstanden werden, der starr und unvollständig sei.

3. Die Aussage des Erstgutachters, die Klausurbearbeitung lasse ihn etwas ratlos zurück, sei pauschalisierend und wertend und stehe im Widerspruch zu der Aussage, dass der Kläger „wichtige Fragen erkenne und durchaus in der Lage sei im Gutachtenstil zu arbeiten“.

4. Die Negativwertung aufgrund des Schriftbilds des Klägers sei fehlerhaft. Der Prüfer sei verpflichtet, sich schlecht lesbare Ausführungen zu erschließen, erforderlichenfalls auch mit fremder Hilfe. Jedenfalls könne er auf dieser Grundlage keine Vermutungen anstellen, wie er dies in seinem ersten Votum getan habe.

5. Die Bewertung unterliege in fachlicher Hinsicht einigen Bedenken. Im Einzelnen:

1.1. Der gewählte Aufbau des Klägers sei vertretbar, sodass die Kritik der Prüfer, wonach sich der Diebstahl nicht als „Erster“ aufdränge, fehlgehe. Der Aufbau habe nicht negativ gewertet werden dürfen.

1.2. Auf S. 1 des Erstgutachtens werde angemerkt, dass der Kläger die Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB bereits im Rahmen des Grundtatbestandes geprüft habe. Dieser Aufbau sei jedoch vertretbar. Der Kläger prüfe das Tatgeschehen entsprechend des Vermerks für die Bearbeitung auf S. 13 des Aufgabentextes gutachterlich und habe die Qualifikationsmerkmale vorangestellt, um eine Schwerpunktsetzung zu verdeutlichen. Die getrennte Prüfung der beiden Delikte wirke Anfängerhaft; auch der Zweitgutachter prüfe in seinem skizzierten Erwartungshorizont die beiden Delikte zusammen. Die Anforderungen an Prüflinge im zweiten Examen seien nicht der Ausbildungsliteratur des Ersten Staatsexamens, sondern der Rechtsprechung zu entnehmen.

1.3. Der Erstgutachter halte die angenommene Rechtfertigung aufgrund einer Einwilligung in die o.g. Körperverletzungen in Hinblick auf § 228 StGB für „im Ergebnis […] mit der gegebenen Begründung sehr schlecht zu vertreten“, weil sich der Kläger weder bei der Frage der Einwilligung selbst, noch bei der Sittenwidrigkeit mit der Art und Weise der Zufügung der Verletzungen auseinandergesetzt habe. Der Kläger habe allerdings im Rahmen der Einwilligung auf die Art und Weise der Zuführung der Verletzung abgestellt, indem er auf die milieutypische Reaktion und die Kenntnis des Geschädigten abgestellt habe. Auch sei die Ansicht des Klägers in Hinblick auf die Sittenwidrigkeit vertretbar. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Argumentation, dass eine Sittenwidrigkeit sich an der Art und dem Gewicht der Verletzung orientieren solle, nicht vertretbar sei. Nach Ansicht der Literatur dürfe die individuelle Verfügungsfreiheit nur zum Schutze von Drittinteressen beschränkt werden. Dies habe der Kläger entsprechend vertreten. Nach dieser Ansicht komme es für die Sittenwidrigkeit daher auf den Erfolg der Tat und nicht auf die Art und Weise der Tatbegehung als solche an, sodass es stringent sei, wenn sich der Kläger mit der Art und Weise der Tatbegehung nicht auseinandersetze. Die Formulierung ausführlicher Obersätze könne dem Kläger nicht als „kommentarhaft“ zur Last gelegt werden.

1.4. Die durch den Erstgutachter monierte Prüfung einer Bereicherungsabsicht im subjektiven Tatbestand des Diebstahls stelle sich bei genauerer Betrachtung als reiner Flüchtigkeitsfehler dar. Der Kläger benenne im Obersatz, dass sowohl Vorsatz als auch Zueignungsabsicht gegeben sein müssen. Daraus werde deutlich, dass er im Stress der Klausur versehentlich den Begriff der Bereicherungsabsicht verwendet habe. Auch zeige sich dies daran, dass er im anschließenden Satz auch die Rechtswidrigkeit der Zueignung feststelle. Damit werde deutlich, dass der Vorwurf eines fehlenden Systemverständnisses fehlgehe.

1.5. Der Erstgutachter hält den Bruch fremden Gewahrsams durch den Beschuldigten für „kaum vertretbar“. Für den Fall des hier vorliegenden Finanzierungsleasingvertrages sei der Begriff des Gewahrsams seinem Inhalt nach in hohem Maße umstritten. Vor dem Hintergrund der zivilrechtlichen Betrachtung und Risikoverteilung bei einem Finanzierungsleasing, sei im Einzelfall zu entscheiden, wem nach herrschender Anschauung in der Gesellschaft eine Sache so zugeordnet werde, das von einem Gewahrsamsverhältnis gesprochen werden könne. Dies sei grundsätzlich der Fall, wenn der Zugriff auf die Sache von einem Dritten – vorbehaltlich einer besonderen Befugnis – als Tabubruch angesehen würde. Ein solcher Einzelfall sei in der Klausurkonstellation gegeben. Es sei gesellschaftlich anerkannt, dass ein Leasingfahrzeug vorrangig dem Leasinggeber, nachrangig dem Leasingnehmer und erst dann demjenigen zuzuordnen sei, dem das Fahrzeug durch den Leasingnehmer überlassen werde, sofern dies durch den Leasinggeber, der ja weiterhin Eigentümer bliebe, gestattet sei. Die Ansicht des Klägers sei deswegen vertretbar und dies habe bei der Bewertung Berücksichtigung finden müssen.

1.6. Der Zweitgutachter habe die Lösung des Klägers, einen über- und untergeordnetem Gewahrsam anzunehmen, im Ausgangsvotum als „kaum vertretbar“ bezeichnet und damit gezeigt, dass er die Lösung trotz Vertretbarkeit negativ bewertet habe.

1.7. Der Zweitgutachter bemängelt, die gezeigte Leistung im Tatkomplex „Porsche“ ließe daran zweifeln, ob der Kläger die Struktur der Eigentums- und Vermögensdelikte verstanden habe, weil die Prüfung des Tatbestandsmerkmals „fremd“ kaum nachvollziehbar sei. Aus den Ausführungen des Klägers werde dem Zweitgutachter nicht klar, ob der Kläger ein Eigentum des R an dem Fahrzeug annehme. Der Kläger stelle hier lediglich fest, dass das Fahrzeug für den Beschuldigten fremd sei, was im Ergebnis zutreffe. Ansonsten gebe er Angaben aus dem Aufgabentext wieder. Der Kläger stelle in keinem Moment fest, dass er ein Eigentum des R annehme.

1.8. Es treffe nicht zu, dass der Kläger § 224 StPO geprüft habe.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 15. April 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2015 zu verpflichten, die Aufsichtsarbeiten ZU, ZG, A1, A2, VA, VR, SR und WSR unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bewerten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt aus, die Klagebegründung sei insgesamt nicht geeignet, das Klagebegehren zu stützen, denn die Beurteilungen durch die Prüfer seien rechtlich nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der ZG-Klausur gebe der Erstgutachter nicht sein Votum in anderen Worten wieder, sondern seine Stellungnahme orientiere sich strukturell und inhaltlich an der Widerspruchsbegründung. Bei welchen Punkten eine „höhere Bearbeitungstiefe“ als erforderlich angesehen worden ist, sei dem Anforderungsprofil zu entnehmen gewesen. Auch werde, anders als der Kläger meint, nicht die fehlende Verständlichkeit seiner Ausführungen kritisiert, sondern eine Unübersichtlichkeit bemängelt, die aber näher belegt werde. Es bestehe auch kein Widerspruch zwischen einer Knappheit der Darstellung der Widerklage und der Verständlichkeit des Tatbestandes. Der Erstgutachter habe den Einleitungssatz des Tatbestandes auch als „sprachlich verbesserungswürdig“ bezeichnen dürfen, weil im letzten Satzteil ein Artikel fehle. Auch habe er auf die Verwendung zahlreicher Semikolons hinweisen dürfen. Er habe schließlich in seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren ausgeführt, dass sich die sprachlichen Ungenauigkeiten nicht auf die Bewertung ausgewirkt hätten. Der Kläger verkenne auch, dass eine Äußerung des Beklagten auch dann „zusammenhangslos“ eingefügt worden sein könne, wenn sie strukturell richtig verortet worden sei. Darunter leide die Verständlichkeit des Tatbestandes. Genauso leide die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit des Tatbestandes, wenn der Grund der übereinstimmenden Erledigungserklärung nicht genannt werde. Hinsichtlich der Positionierung des Entscheidungsvorschlages sei kein Bewertungsfehler erkennbar, weil der Kläger selbst einen Flüchtigkeitsfehler einräume. Die Formulierung „es sei doch eigentlich bedauerlich“ lasse auf ein Wohlwollen hinsichtlich der Beurteilung schließen. Auch sei als Anspruchsgrundlage für die Unterlassung nicht lediglich § 1004 BGB zu nennen gewesen, sondern auch § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, weil sich nur dann sämtliche zu prüfende Voraussetzungen – wie die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die Rechtswidrigkeit und die Wiederholungsgefahr – ergeben würden.

Hinsichtlich der ZU-Klausur könne der Aspekt, dass eine Gewichtung der einzelnen Aufgabenteile fehle, nicht durchgreifen. Die Angabe des Erstgutachters am Ende seines Votums, dass die Probleme des Falles ganz überwiegend nicht gesehen worden seien, trage die angegriffene Benotung. Auch greife die Begründung nicht durch, die positiven Aspekte seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es liege innerhalb des Beurteilungsspielraumes der Prüfer, den Maßstab festzulegen, dass für eine ausreichende Leistung mehr als die Hälfte der Probleme zu bearbeiten sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Es seien dogmatische Schwächen hinzugetreten. Diese Erwägungen seien geeignet eine Benotung mit zwei Punkten zu tragen. Hinsichtlich der Bemerkung „ZU: So nicht nachvollziehbar“ sei objektiv nicht nachvollziehbar, warum der Kläger die notarielle Form dahingestellt ließ, obwohl sie ausdrücklich gegeben gewesen sei, und sodann die Heilung des etwaigen Fehlers angenommen habe. Dies sei ohne nähere Begründung nicht nachvollziehbar. Soweit der Kläger vortrage, dass die Verwechslung von § 442 und § 444 BGB als Flüchtigkeitsfehler einzustufen sei, könne nicht von einem Beurteilungsfehler ausgegangen werden, insbesondere sei keine Fehlgewichtung ersichtlich. Im Übrigen liege es im Rahmen des Beurteilungsspielraumes, wenn mehr als die Hälfte der Probleme als bearbeitet vorausgesetzt werden, um eine ausreichende Note zu erhalten. Die Randbemerkung des Erstgutachters „Fristwahrung, wenn SS nicht beim zuständigen Gericht eingeht? – überzeugt so nicht“ sei nicht zu beanstanden. Zuständig sei das LG Hildesheim, weil der Einspruch gem. § 340 Abs. 1 ZPO bei dem Prozessgericht eingelegt werde. In der Klausurbearbeitung werde nicht näher ausgeführt, inwiefern die Einreichung des Einspruchs bei dem unzuständigen OLG Celle ausreichen soll. Insbesondere führe der Kläger nichts zu § 17a Abs. 2 GVG aus; außerdem betreffe diese Vorschrift die Beschreitung des unzulässigen Rechtswegs, wegen der grundsätzlich nach Anhörung der Parteien und nach Rechtskraft der Entscheidung verwiesen werde.

Hinsichtlich der A1-Klausur zeige sich das nicht vollständig herausgearbeitete Mandantenbegehren daran, dass beispielsweise die Prüfung der Ansprüche auf rückständigen und künftigen Pachtzins nicht erwähnt worden seien, deren Prüfung der Mandant auf Bl. 1 des Aktenstückes erbeten hatte. Auch nach der im hiesigen Verfahren dargelegten Lösung des Klägers seien diese Ansprüche zunächst in einem außergerichtlichen Schreiben geltend zu machen gewesen; ein solches sei jedoch nicht entworfen worden. In Bezug auf den eingeräumten Flüchtigkeitsfehler zu § 532 BGB liege kein Beurteilungsfehler vor. Hinsichtlich der am Aufbau geäußerten Kritik sei der Erstgutachter bei seiner Kritik geblieben, dass der einstufige Aufbau mangels streitigen Sachverhaltes angezeigt gewesen sei. Der Kläger habe in der Beklagten- und in der Beweisstation nicht herausgearbeitet, welche Tatsachen erheblich bzw. zu beweisen seien. Es sei der Kontext der geäußerten Kritik zu beachten. Die Prüfer würden nicht kritisieren, dass der Kläger dem klassischen Aufbau „Klägerstation – Beklagtenstation – Beweisprognosestation“ gefolgt sei, sondern dass er durch den gewählten Aufbau nicht alles unstreitige Vorbringen bereits in der Klägerstation geprüft habe. Die Kritik am Aufbau betreffe deswegen die Vermischung der rechtlichen Prüfung mit der Prüfung der Tatsachen. Die Kritik sei von den Prüfern im Überdenkungsverfahren auch nicht relativiert, sondern erläutert worden. Die Anmerkung des Erstgutachters „soll das eine Prüfung sein?“ beziehe sich auf einen Verweis, der keine eigenständige Prüfung darstelle. Insofern handele es sich um eine sachliche Kritik. Der Kläger habe – entsprechend den Bemerkungen des Zweitgutachters – keine Prüfung des Kündigungsrechts aus dem Vertrag vorgenommen, sondern sogleich das Vorliegen eines gesetzlichen Kündigungsrechts geprüft. Hinsichtlich der Kritik zum Aufbau der Widerklage verkenne der Kläger, dass eine reine Prüfung der Zweckmäßigkeit dem Prüfumfang an eine Widerklage nicht gerecht werde. Notwendig sei eine materiell- und prozessrechtliche Prüfung, die der Kläger im Rahmen der Zweckmäßigkeit vorgenommen habe. Der Kläger habe materiell- und prozessrechtliche Probleme in einer Zweckmäßigkeitsstation geprüft.

Hinsichtlich der A2-Klausur sei auch der Kläger selbst davon ausgegangen, dass ein Vertragsentwurf zu fertigen sei. Dies entspreche der anwaltlichen Praxis und könne nicht gegenteilig aus der Aufgabenstellung entnommen werden. Dies ergebe sich auch aus dem Merkblatt zu der Aufsichtsarbeit aus dem Zivilrecht mit einer gutachterlich-rechtsgestaltenden Aufgabenstellung, soweit unter „III. Praktischer Teil“ ausgeführt werde, dass der Prüfling selbst erkennen müsse, welche Art von Schriftstück zu fertigen sei. Es handele sich somit um einen Teil der Lösung, der nicht vorgegeben werden müsse. Hinsichtlich des Vortrages zum Inventarvertrag werde vollumfänglich auf die Stellungnahme des Erstgutachters Bezug genommen. Die Kritik am gewählten Aufbau werde im Erstgutachten zu einem späteren Zeitpunkt schlicht wiederholt, nicht jedoch doppelt verwertet.

Hinsichtlich der VR-Klausur sei hinsichtlich der von dem Kläger als Flüchtigkeitsfehler eingestuften Kritik an der Tenorierung eine Fehlgewichtung weder vorgetragen noch ersichtlich. Mit der Bezugnahme auf die in der Arbeitsgemeinschaft vermittelten Inhalte habe der Prüfer nur zum Ausdruck bringen wollen, dass er die Darstellung eines Erwartungshorizontes für entbehrlich halte. Wegen der Adresse des Verwaltungsgerichts werde auf die Stellungnahme des Erstgutachters Bezug genommen.

Das Erstgutachten zur WSR-Klausur beinhalte die Gewichtung der Aufgabenteile, der sich entnehmen lasse, welche Punkte vom Kläger zu bearbeiten gewesen seien. Der Erwartungshorizont ergebe sich aus der Begründung und sei dem Votum nicht zwingend voranzustellen. Hinsichtlich des Aufbaus sei nicht die gemeinsame Prüfung von Grundtatbestand und Qualifikation kritisiert worden, sondern dass der Kläger den Grundtatbestand nicht zu Ende geprüft habe. Eine unselbstständige Qualifikation wie § 224 StGB baue schon dogmatisch auf dem Grunddelikt auf, sodass die Kritik, dass Ausführungen zur Täterschaft des Beschuldigten an den Anfang gehört hätten, nicht zu beanstanden sei. Die durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers zitierten Beschlüsse des BGH verhielten sich nicht zum Aufbau eines Gutachtens, zumal sie im Urteilsstil abgefasst seien und im Rahmen von Revisionen ergangen seien. Die falsche Verwendung des Begriffes „Bereicherungsabsicht“ werde vom Kläger als Flüchtigkeitsfehler eingeordnet; eine Fehlgewichtung sei jedoch nicht ersichtlich, weil die Note im Erstgutachten maßgeblich von anderen Erwägungen getragen werde. Hinsichtlich der Prüfung von § 228 StGB werde auf das Erstvotum und die dazu erstellte Stellungnahme verwiesen, mit der sich die Klagebegründung nicht auseinandersetze.

Hinsichtlich der SR-Klausur könne wegen der Gewichtung erneut auf das Anforderungsprofil verwiesen werden. Die Kritik an der Argumentation des Klägers zur Strafbarkeit nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB als „nicht überzeugend“ sei nachvollziehbar, weil sich das in der Aufgabenstellung vorhandene rechtsmedizinische Gutachten entgegen der Argumentation des Klägers nicht zum Schlag mit der Bierflasche verhalte; es treffe lediglich zur Würgeverletzung qualifizierte Aussagen. Das Gutachten treffe keine Aussagen darüber, ob ein Schlag mit der Flasche auf den Kopf generell als nicht lebensgefährlich einzustufen sei. Hinsichtlich des § 323c StGB sei nicht das gefundene Ergebnis, sondern die Argumentation des Klägers als nicht überzeugend kritisiert worden.

Hinsichtlich der VA-Klausur ergebe sich die Gewichtung der Prüfungsschwerpunkte hinreichend aus dem Anforderungsprofil des Erstgutachters. Der Kläger habe nicht – wie es gefordert war – die statthafte Klageart problematisiert. Daran ändere nichts, dass die Feststellungsklage subsidiär sei. Die zweite Beurteilung sei rechtsfehlerfrei, weil sich ihr zweifelsfrei entnehmen lasse, aufgrund welcher Mängel die Bewertung erfolgt sei. Zudem mache sich der Zweitbeurteiler die Ausführungen der Erstbegutachtung zu eigen, indem er in seiner Stellungnahme ausführe, er habe im Zweitgutachten lediglich aufgezeigt, warum er eine schlechtere Bewertung vorgenommen habe. Hinsichtlich des vorläufigen Rechtsschutzes werde auf die Stellungnahme des Zweitgutachters verwiesen. Der Kläger prüfe erneut rechtliche Fragen innerhalb der Zweckmäßigkeitsstation, ohne dass dafür Gründe ersichtlich seien. Zwar stehe § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO am Rand auf Seite 5 der Bearbeitung, es sei aber weder aus der Randbemerkung noch aus den Gutachten und Stellungnahmen ersichtlich, dass hier ein Fehler angenommen worden sei. Hinsichtlich des eingeräumten Flüchtigkeitsfehlers zu § 28 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung sei auch kein Beurteilungsfehler vorgetragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Neubewertung der streitgegenständlichen Klausuren zu. Die Bewertungen der sechs mit drei Punkten oder schlechter bewerteten Klausuren (ZU, ZG, A1, A2, VR, WSR) sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Aufgrund der Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 NJAG ist die zweite Staatsprüfung bestanden, wenn drei Aufsichtsarbeiten mindestens mit „ausreichend" bewertet worden sind. Da die Bewertung der sechs nicht bestandenen Klausuren keinen rechtlichen Bedenken begegnet, lässt das Gericht offen, ob die Bewertung der beiden bestandenen Klausuren (SR und VA) rechtmäßig gewesen ist.

1. Die Bewertungen der mit drei Punkten oder schlechter bewerteten Aufsichtsarbeiten sind nicht aus formellen Gründen fehlerhaft.

In formeller Hinsicht setzt eine rechtmäßige Bewertung der Aufsichtsarbeiten voraus, dass das vorgesehene Verfahren beachtet worden ist. Zunächst ist die Bewertung der jeweiligen Aufsichtsarbeit in rechtmäßiger Weise zu begründen. Damit im Anschluss an die Prüfung eine wirksame Überprüfung der Bewertung der Prüfungsleistung möglich ist, muss die Begründung die grundlegenden Gedankengänge des Prüfers erkennen lassen, die ihn zu der abschließenden Bewertung veranlasst haben. Demgegenüber ist es nicht erforderlich, dass die Prüfer umfassend eine ausdrückliche Gewichtung und Abwägung sämtlicher positiver und negativer Prüfungsleistungen vornehmen, eine Gesamtabwägung darstellen oder Prüfungsleistungen einzeln zu einer bestimmten Notenstufe zuordnen; ein solcher Rechtssatz besteht – unabhängig von den Umständen des konkreten Einzelfalls – nicht (vgl. Nds. OVG, U. v. 24.05.2011 - 2 LB 158/10 -, juris Rn. 61, bestätigt durch BVerwG, B. v. 08.03.2012 - 6 B 36/11 -, juris Rn. 11 ff. m.w.N.; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl., Rn. 709 m.w.N.). Es ist auch nicht erforderlich, dass der Prüfer offenlegt, wie andere Prüflinge einen bestimmten Teil oder die gesamte Klausur gelöst haben. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass die Prüfer die positiven Ansätze der Bearbeitung ausdrücklich im Einzelnen benennen. Der Zweitgutachter kann sich der Bewertung des Erstgutachters – auch mit der Bemerkung, dass er „einverstanden“ ist – anschließen (vgl. dazu a)).

Außerdem muss das Überdenkungsverfahren in rechtmäßiger Weise abgelaufen sein. Das Überdenkungsverfahren ist ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren, um dem Prüfling die Möglichkeit zu eröffnen, dass sich die Prüfer mit substantiierten Einwendungen zu prüfungsspezifischen Bewertungen auseinandersetzen und ihre Bewertung überdenken. Dadurch wird dem Anspruch des Prüflings auf effektiven Schutz seines Grundrechts auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG durch eine entsprechende Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens Rechnung getragen (siehe im Einzelnen zu den verfassungs- und prüfungsrechtlichen Grundlagen Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 786 ff.). Der Prüfling muss zum Überdenken der Bewertungen wirkungsvolle Hinweise geben, d.h. die Einwände konkret und nachvollziehbar begründen. Er muss konkret darlegen, in welchen Punkten die Einschätzung bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Bewertungsfehler aufweist (Niehues/Fischer/Jeremias, a. a. O., Rn. 789). Die Prüfer müssen sich mit den Einwendungen entsprechend deren Spezifizierungsgrad umfassend auseinandersetzen; je substantiierter die Einwände sind, desto intensiver müssen sie sich mit ihnen befassen. Es ist auch im Überdenkungsverfahren zulässig, dass sich der Zweitprüfer der Stellungnahme des Erstprüfers anschließt, was allerdings voraussetzt, dass er die Einwendungen des Prüflings selbstständig überdacht und dabei seinen Bewertungsspielraum beachtet hat (vgl. BVerwG, B. v. 19.05.2016 - 6 B 1.16 -, juris Rn. 12; Niehues/Fischer/Jeremias, a. a. O., Rn. 791, vgl. dazu b)).

Nach diesen Maßstäben sind die Bewertungen der nicht bestandenen Klausuren in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

a. Die Einwände des Klägers, dass die Bewertung mehrerer Klausuren nur unzureichend begründet worden sei, greifen nach den oben dargestellten Maßstäben nicht durch. Die Bewertungen der nicht bestandenen Klausuren sind geeignet, die grundsätzlichen Gedankengänge der Prüfer, die sie zu der Bewertung veranlasst haben, nachzuvollziehen. Es bedurfte auch im Hinblick auf die durch den Kläger nicht bestandenen Klausuren keiner Darlegung der Leistungen anderer Prüflinge, der Angabe des Schwierigkeitsgrades oder einer Gewichtung der Aufgabenteile oder der einzelnen Randbemerkungen, um dem Begründungserfordernis zu genügen.

Die zu allen Klausuren erhobenen Einwände des Klägers, die Prüfer hätten die positiven Ansätze der Bearbeitungen ausdrücklich benennen müssen, greifen sämtlich nicht durch. Nach den oben dargestellten Maßstäben ist die ausdrückliche Benennung positiver Ansätze nicht erforderlich, um dem Begründungserfordernis zu genügen. Die wesentlichen Gedankengänge der Prüfer sind hier jedenfalls in dem Umfang erkennbar, der es dem Kläger ermöglicht, ein Rechtsschutzverfahren anzustrengen (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 709). Teilweise haben die Prüfer positive Ansätze der Bearbeitungen des Klägers benannt (z. B. der Erstgutachter der VR-Klausur, der auf S. 6 des Votums „verwertbare Ansätze“ benennt).

Hinsichtlich der A1-, A2-, VR und der WSR-Klausur folgt kein Begründungsdefizit daraus, dass die Gutachter in Teilen der Bearbeitungen keine Randbemerkungen hinterlassen haben. Die Prüfer brauchen nicht durchgängig Randbemerkungen vorzunehmen, um den oben dargestellten Begründungserfordernissen zu genügen. Die wesentlichen Gedankengänge, die der Bewertung durch den Erstgutachter zugrunde gelegen haben, sind trotz der fehlenden Randbemerkungen im praktischen Teil nachvollziehbar. Ein umfassendes Offenlegungsgebot existiert nicht. Es liegt im Ermessen der Prüfer, ob sie von der Möglichkeit, die Arbeit mit Randbemerkungen zu versehen, Gebrauch machen und ggf. in welchem Umfang. Aus dem Fehlen von Randbemerkungen lässt sich nicht der Schluss ziehen, der Prüfer habe die Arbeit nicht gelesen oder sich nicht ausreichend mit ihr auseinandergesetzt. Im Falle unterbliebener oder weniger Randbemerkungen gründet sich die Gesamtbeurteilung auf die Voten der Prüfer, welche im vorliegenden Fall eine hinreichende Grundlage für die Notenbildung darstellen (vgl. VG Ansbach, U. v. 29.02.2000 - AN 2 K 98.00813 -, juris Rn. 34). Der Erstgutachter der WSR-Klausur hat im Überdenkungsverfahren ausdrücklich angegeben, den nicht mit Randbemerkung versehenen Teil (die Einstellungsverfügung) bereits bei seiner Beurteilung zur Kenntnis genommen zu haben. Hinsichtlich der VR-Klausur begegnet es vor diesem Hintergrund auch keinen Bedenken, dass der Erstgutachter die Klausurbearbeitung stellenweise lediglich mit Haken versehen hat.

Auch die Begründungen der Bewertungen der ZG-Klausur sind in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die beiden Prüfer haben ausführlich und nachvollziehbar die Punkte dargelegt, auf denen ihre Gesamtbewertung beruht. Der Erstgutachter hat zunächst die Problemschwerpunkte und den allgemeinen Schwierigkeitsgrad der Klausur dargestellt und ist dann auf die in den Stationen der Relationsklausur anzusprechenden Probleme im Einzelnen eingegangen. Unter Ziff. II. seines Votums legt er dar, welche dieser Probleme durch den Kläger gesehen worden sind und an welcher Stelle er Mängel erkannt hat. Unter Ziff. III. seines Votums findet sich eine Zusammenfassung seiner Anmerkungen. Der Zweitgutachter tritt mit seinem Votum der Bewertung des Erstgutachters bei und hebt darüber hinaus noch einige negativ zu bewertende Punkte hervor. Beide Gutachter verweisen ergänzend zu ihren Voten auf ihre handschriftlichen Randbemerkungen. Rechtliche Bedenken folgen auch nicht aus der Randbemerkung des Erstvotanten auf S. 5 der Klausurbearbeitung. Es ist bereits nicht erkennbar, dass die Randbemerkung inhaltlich das wiedergibt, was der Kläger auf S. 8 der Klausur selbst ausgeführt hat. Im Übrigen hat der Kläger selbst vorgetragen, dass die Prüfer die zu diskutierenden Punkte (schlicht) aufgezählt hätten; entgegen der Auffassung des Klägers, die Prüfer hätten die „erforderlichen“ und damit zu diskutierenden Punkte nicht benannt, ergeben sich schon aus der Aufzählung der zu diskutierenden Punkte der Erwartungshorizont der Prüfer und die wesentlichen Aspekte, die zu der Gesamtbewertung geführt haben.

Die Begründung der Bewertung der ZU-Klausur begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Das Erstgutachten folgt im Aufbau der Gliederung der Klausurlösung (Rubrum, Tenor, Tatbestand, Entscheidungsgründe). Der Erstgutachter hat die wesentlichen, aus seiner Sicht kritikwürdigen Punkte benannt. Auf dieser Grundlage ist es dem Kläger ermöglicht worden, die Gesamtbewertung nachzuvollziehen. Die Nachvollziehbarkeit der Bewertung wird durch die im Einzelnen gerügten Formulierungen des Erstgutachters in ihrer Gesamtheit nicht gestört. Deswegen brauchte der Zweitgutachter seine Einordnung der Bewertung als „wohlwollend“ und der Zustimmung zur Benotung des Erstgutachtes „wenn auch mit Bedenken“ nicht näher zu begründen.

Die von dem Kläger bzgl. der A2-Klausur beanstandeten Bewertungen genügen ebenfalls den o.g. Maßstäben, weil sich aus den Voten des Erst- und Zweitgutachters die wesentlichen Punkte, die zu der abschließenden Bewertung geführt haben, entnehmen lassen. Die unterlassenen Randbemerkungen des Erstgutachters im praktischen Teil der Klausurbearbeitung sowie die gänzlich unterbliebenen Randbemerkungen des Zweitgutachters (vgl. Tatbestand, A2-Klausur, Nr. 3.5.) führen auch nicht zu einem Begründungsdefizit (siehe oben und vgl. VG Ansbach, U. v. 29.02.2000, a.a.O.). Auch in diesem Fall bilden die Voten und die Stellungnahmen im Widerspruchsverfahren eine hinreichende Grundlage, um die der Bewertung zugrundeliegenden Gedankengänge der Prüfer nachzuvollziehen.

Auch begegnet die Begründung der Bewertung der WSR-Klausur insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als der Erstgutachter seine zunächst angesetzte Bewertung von vier Punkten später an die Bewertung des Zweitgutachters angeglichen hat und ohne weitere Begründung um einen Punkt herabgesetzt hat. In seinem Votum hat er ausführlich die aus seiner Sicht kritikwürdigen Punkte der Bearbeitung des Klägers dargestellt und ausgeführt, er gebe der Arbeit „unter Zurückstellung von Bedenken noch 4 Punkte“. Trotz der späteren Absenkung des Ergebnisses entspricht die Begründung der Bewertung durch den Erstgutachter noch den formalen Anforderungen, weil sich seine wesentlichen Gedankengänge, die zu dem (abgeänderten) Ergebnis geführt haben, nachvollziehen lassen; im Wesentlichen hat er kritisiert, dass der Kläger oberflächlich gearbeitet hat (besonders in Bezug auf die Prüfung der Einwilligung und Sittenwidrigkeit), die Tatbestandsmerkmale des Betrugs nicht sauber geprüft worden sind, im Tatkomplex „Porsche“ weitere mögliche Tatbestände nicht angeprüft worden sind, im praktischen Teil die Zuständigkeit nicht geprüft worden ist und die Anklageschrift unvollständig und „kaum brauchbar“ ist. Außerdem hat der Erstgutachter ausgeführt: „Ich schließe mich der abweichenden Bewertung meines Kollegen mit 3 Punkten im Ergebnis an.“ Damit hat er deutlich gemacht, dass er sich nicht nur der Note, sondern auch der Bewertung insgesamt angeschlossen hat. Im Überdenkungsverfahren hat er dementsprechend auch ausgeführt, dass ihn die ausführliche Begründung seines Kollegen (dem Zweitgutachter) zum zweiten Tatkomplex überzeugt habe.

Schließlich kann der Prozessbevollmächtigte des Klägers hinsichtlich der VR- und der WSR-Klausur auch nicht mit Erfolg einwenden, die Formulierung des Erwartungshorizonts sei „austauschbar“ (VR-Klausur) bzw. „starr und unvollständig“ (WSR-Klausur). Soweit Prüfer ihre Erwartungen an die Bearbeitung und Lösung einer Klausuraufgabe ausformulieren, ist es diesen Ausführungen immanent, dass sie „starr“ sind, weil diese Anforderungen für alle Prüflinge gleichermaßen gelten. Welche Erwartungen der Prüfer konkret stellt, unterfällt seinem Beurteilungsspielraum. Soweit der Kläger gerügt hat, der Erwartungshorizont sei unvollständig, sind aufgrund dieses nicht weiter substantiierten Einwands keine Bewertungsfehler ersichtlich. Jedenfalls ist der Prüfer nicht verpflichtet, sämtliche Erwartungen, die er an die Lösung der Klausuraufgabe stellt, in einem ausformulierten Erwartungshorizont darzustellen.

b. Rechtliche Bedenken ergeben sich auch nicht aus der Rüge des Klägers, die Gutachter hätten sich dem Zweck des Überdenkungsverfahrens zuwider nicht eingehend mit seinen Einwendungen auseinandergesetzt.

Hinsichtlich der ZG-Klausur hat der Erstgutachter im Überdenkungsverfahren in seiner Stellungnahme vom 17. August 2015 – der Gliederung des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigen des Klägers folgend – zu jedem der aufgeworfenen Punkte Stellung genommen. Auch der Zweitgutachter hat sich mit seiner Stellungnahme mit den Einwendungen auseinandergesetzt und sich im Ergebnis der Stellungnahme des Erstgutachters angeschlossen. Erst- und Zweitgutachter haben durch ihre ausführlichen, darüber hinausgehenden Anmerkungen gezeigt, dass sie die Bewertungen der Prüfungsleistung erneut im Ganzen überdacht haben.

Der Erstgutachter der ZU-Klausur hat den Grund, aus dem er seine Bewertung aufrechterhalten hat, mitgeteilt, indem er über knapp zwei Seiten zu den Einwendungen des Klägers im Widerspruchsverfahren Stellung genommen und abschließend festgestellt hat: „Insgesamt bieten die Einwendungen daher keine Veranlassung, von der Beurteilung abzuweichen.“ Sowohl der Erstgutachter als auch der Zweitgutachter haben sich im Verwaltungsverfahren umfassend mit den Einwendungen des Klägers auseinandergesetzt und zu diesen nacheinander Stellung genommen.

Hinsichtlich der A1-Klausur haben beide Prüfer eine Stellungnahme abgegeben, aus der deutlich hervorgeht, dass sie sich mit den Einwänden des Klägers befasst haben. Insoweit ist nicht erkennbar, dass sie „Schutzbehauptungen“ aufgestellt haben.

2. Die Bewertungen der nicht bestandenen Aufsichtsarbeiten des Klägers sind auch nicht aus materiellen Gründen rechtswidrig.

Insofern ist von folgenden Maßstäben auszugehen, die das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 6. Januar 2014 zusammengefasst hat (2 LA 255/13, vorangehend VG Braunschweig, U. v. 18.06.2013 - 6 A 15/12 -):

„Bei der Überprüfung von Beurteilungen ist zwischen fach- und prüfungsspezifischen Beurteilungen zu unterscheiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der prüfungsrechtliche Bewertungsspielraum auf prüfungsspezifische Wertungen beschränkt, erstreckt sich also grundsätzlich nicht auf fachliche Fragen, die den Gegenstand der Prüfung bilden (BVerfG, Beschlüsse v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/91 u. 213/83 -, BVerfGE 84, 34 = NJW 1991, 2005 [BVerfG 17.04.1991 - 1 BvR 419/81] sowie - 1 BvR 1529/84 u. 138/87 -, BVerfGE 84, 59 = NJW 1991, 2008 [BVerfG 17.04.1991 - 1 BvR 1529/84]). Die fachspezifische Wertung durch die Prüfer unterliegt vielmehr in der Regel einer vollen gerichtlichen Überprüfung. Dies betrifft vor allem die Frage, ob die Prüfungsaufgabe durch den Prüfer zutreffend als fachlich falsch, richtig oder als zumindest vertretbar beantwortet bewertet worden ist. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, muss dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden (vgl. BVerwG, B. v. 13.5.2004 - 6 B 25.04 -, NVwZ, 2004, 1375, Urt. v. 17.12.1997 - 6 B 55.97 -, NVwZ 1998, 738, v. 21.10.1993 - 6 C 12.92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 320 S. 307; Senatsbeschl. v. 5.11.2012 - 2 LA 177/12 -; Senatsurt. v. 24.5.2011 - 2 LB 158/10 -; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl., S. 224 Rdnr. 633; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl., S. 421 Rdnr. 838 ff.; vgl. auch Barton, Verfahrens- und Bewertungsfehler im ersten juristischen Staatsexamen, NVwZ 2013, 555).

Die im Anschluss an diese fachspezifische Wertung folgende prüfungsspezifische Wertung, also die Zuordnung der festgestellten Leistungen zu einem standardisierten Leistungsbild im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens, eröffnet dem Prüfer dagegen (nach wie vor) einen Bewertungsspielraum. Diese prüfungsspezifische Wertung erstreckt sich unter anderem auf den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe, die Erfassung des Problems, die Geordnetheit der Darlegungen, die Qualität der Darstellung, die Überzeugungskraft der Argumente, die Gewichtung der Schwere einzelner Fehler, den Gesamteindruck der Leistung und schließlich auch auf die durchschnittlichen Anforderungen als Maßstab für die Differenzierungen bei der Notenvergabe (BVerwG, B. v. 13.5.2004 - 6 B 25.04 -, NVwZ 2004, 1375; v. 17.12.1997 - 6 B 55.97 -, NVwZ 1998, 738; Senatsbeschl. v. 5.11.2012 - 2 LA 177/12 -; Senatsurt. v. 24.5.2011 - 2 LB 158/10 -; Niehues/Fischer aaO., S. 224 Rdnr. 635). Der Beurteilungsspielraum der Prüfer im Rahmen dieser prüfungsspezifischen Wertung beruht darauf, dass Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem Bezugssystem zu finden sind, das durch persönliche Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von den Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben. Diese durch die Prüfer gesammelten Erfahrungen können im gerichtlichen Verfahren nicht völlig aufgeklärt und gleichsam übernommen werden. Würden im gerichtlichen Verfahren dagegen eigene Bewertungskriterien für die prüfungsspezifische Wertung entwickelt, würden wiederum die Maßstäbe verzerrt und die Chancengleichheit gegenüber allen Prüflingen infrage gestellt. Da dem Prüfer bei prüfungsspezifischen Wertungen (nach wie vor) ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist, kann im Rahmen der gerichtlich insoweit nur eingeschränkten Prüfung grundsätzlich nur ermittelt werden, ob der Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen ist, sachfremde Erwägungen angestellt hat, allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder willkürlich gehandelt hat (vgl. BVerwG, B. v. 13.05.2004 - 6 B 25.04 -, NVwZ 2004, 1375; v. 11.08.1998 - 6 B 49.98 -, DVBl. 1998, 1351; U. v. 21.10.1993 - 6 C 12.92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 320; Senatsbeschl. v. 05.11.2012 - 2 LA 177/12 -, Senatsurt. v. 24.05.2011, a.a.O.; Niehues/Fischer, aaO., S. 330 Rn. 882; vgl. auch Barton, Verfahrens- und Bewertungsfehler im ersten juristischen Staatsexamen, NVwZ 2013, 555).

Soweit fachspezifische Wertungen des Prüfers in der Regel der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegen, ist zur Vermeidung von Missverständnissen allerdings darauf hinzuweisen, dass eine nur eingeschränkt gerichtlicher Prüfung zugängliche prüfungsspezifische Wertung vorliegt, wenn der Prüfer die Vertretbarkeit der vom Prüfling gefundenen Lösung zwar nicht ausschließt, jedoch die Art der Darlegung der Argumente der Minder- oder Außenseitermeinung für wenig überzeugend hält und deswegen die Qualität der Darstellung bemängelt (Senatsurt. v. 24.5.2011 - 2 LB 158/10 -; B. v. 7.5.2007 - 2 LA 410/05 -, juris; Niehues/Fischer, aaO., S. 328 Rdnr. 880, allg. zum Prüfungsrecht: Zimmerling, Kritisches zum Prüfungsrecht, DVBl. 2012, 265; Ost, Die Bewertung von Prüfungsleistungen und die Gleichheit, NWVBl. 2013, 209; Knecht, Aktuelle Rechtsprechung zum Prüfungsrecht, BayVBl. 2013, 359).“

Wenn das Gericht nach diesen Maßstäben einen Bewertungsfehler feststellt, prüft es anschließend, ob Auswirkungen dieses Bewertungsfehlers auf das Ergebnis der Prüfungsentscheidung – ausnahmsweise – ausgeschlossen werden können. Wenn dies mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden kann, folgt aus dem Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG)., dass kein Anspruch auf Neubewertung besteht (vgl. BVerwG, U. v. 04.05.1999 - 6 C 13/98 -, juris Rn. 48; U. v. 12.11.1997 - 6 C 11.96 -, juris Rn. 22 = BVerwGE 105, 328). Dabei bestehen auch bei der Prüfung der Erheblichkeit von Korrektur- und Bewertungsfehlern für das Gericht diejenigen Grenzen, die ihm bei der Kontrolle von Prüfungsentscheidungen gesetzt sind. Insbesondere kann das Gericht nicht selbst eine wertende Einschätzung oder eine eigenständige Gewichtung positiver oder negativer Leistungsaspekte vornehmen (vgl. BVerwG, U. v. 04.05.1999, a.a.O. m.w.N.). Die Gewissheit über die Unerheblichkeit eines Bewertungsfehlers darf sich das Gericht deswegen nur anhand objektiver Kriterien und im Wertungsbereich allenfalls noch in Evidenzfällen verschaffen (vgl. BVerwG, U. v. 04.05.1999, a.a.O. m.w.N., Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 887).

Nach diesen Maßstäben ist die Bewertung der nicht bestandenen Klausuren (ZG, ZU, A1, A2, VA und WSR) auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.

a .Die Bewertung der ZG-Klausur ist nicht fehlerhaft. Die geltend gemachten Rügen greifen nach den oben genannten Maßstäben nicht durch.

aa. Mit den Rügen gegen den als „sprachlich verbesserungswürdig“ bzw. als „ungeschickt“ kritisierten Einleitungssatz des Klägers und gegen die Kritik der Prüfer an der Verwendung vieler Semikolons wendet sich der Kläger gegen Bewertungen, die seinen gewählten Ausdruck und den Stil betreffen (s.o. Tatbestand, ZG-Klausur, Nr. 4.1.). Dabei handelt es sich um Beurteilungen, welche die Qualität der Darstellung betreffen und damit prüfungsspezifisch sind. Soweit es um die Verwendung der Semikolons und die Wortwahl geht, sind bewertungsrelevante Beurteilungsfehler nicht erkennbar. Der Erstgutachter hat im Überdenkungsverfahren in seiner Stellungnahme vom 17. August 2015 nachvollziehbar erläutert, welche Teile er für sprachlich misslungen gehalten hat und dass sich die Einwände gegen die Verwendung der Semikolons nicht auf die Bewertung ausgewirkt haben.

bb. Die Rügen gegen die Kritik des Erstgutachters an dem gewählten Aufbau des Klägers greifen nicht durch (s.o. Tatbestand, ZG-Klausur, Nr. 4.2.).

Grundsätzlich stellt die Kritik eines Prüfers an dem in einer Klausur gewählten Aufbau eine prüfungsspezifische Wertung dar, weil ein schlüssiger und folgerichtiger Aufbau einer Klausurlösung einen Teil der Qualität und der Geordnetheit der Darstellungen ausmacht (vgl. BVerwG, B. v. 05.03.2018 - 6 B 71/17, 6 PKH 6/17 -, juris Rn. 10). Allerdings ist es möglich, dass prüfungsspezifische Wertungen mit fachwissenschaftlichen Beurteilungen verflochten sind (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 637). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Prozess- oder das materielle Recht Vorgaben für den Aufbau enthalten (vgl. Nds. OVG, B. v. 06.01.2014 - 2 LA 255/13 -, n.v.) oder wenn die Prüfer den gewählten Aufbau für methodisch fehlerhaft gehalten haben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 18.12.2017 - OVG 6 B 15.16 -, juris Rn. 30; U. v. 13.12.2012 - OVG 10 B 5.11 -, juris Rn. 20 m.w.N.; VG Braunschweig, U. v. 03.05.2017 - 6 A 247/16 -, n.v.). Auch wenn die Kritik an dem gewählten Aufbau in diesen Fällen teilweise fachspezifische Beurteilungen betrifft, so kann im Übrigen – soweit keine Fachfrage zugrunde liegt – eine prüfungsspezifische Wertung gegeben sein, z.B. bezüglich der Bewertung der Qualität der Darstellung (vgl. VG Braunschweig, U. v. 13.11.2012 - 6 A 161/11 -, S. 10 a.E., n.v.). Eine ausschließlich prüfungsspezifische Wertung liegt immer dann vor, wenn die Aufbaufrage insgesamt keiner fachwissenschaftlichen Diskussion zugänglich ist, weil die Kritik am Aufbau nicht auf rechtlichen Vorgaben beruht, sondern geäußert wurde, weil der Gutachter einen anderen Aufbau – beispielsweise – als zweckmäßiger, übersichtlicher, geordneter oder klarer ansieht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 18.12.2017, a.a.O.; U. v. 13.12.2012, a.a.O.).

Nach diesem Maßstab sind keine Rechtsfehler zu erkennen, soweit sich die Kritik der Prüfer auf den durch den Kläger gewählten zweischichtigen (getrennten) Aufbau bezieht. Die Rüge des Klägers betrifft teilweise eine prüfungsspezifische Beurteilung, und zwar soweit der Erstgutachter einen unüblichen Aufbau moniert, weil er insoweit die Qualität der Darstellung anspricht. Mit dieser Aussage hat der Prüfer deutlich gemacht, dass er einen zweischichtigen Aufbau gerade nicht für unvertretbar hält. In der Ausbildungsliteratur wird ein getrennter (d.h. zweischichtiger Aufbau) in bestimmten Konstellationen angeraten, nämlich z.B. dann, wenn umfangreiche Ausführungen in der Zulässigkeit erforderlich sind (vgl. Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 13. Aufl., Kap. A, Rn. 85). Daraus folgt, dass ein getrennter Aufbau auch im Falle notwendiger ausführlicher Darstellungen in der Zulässigkeit nicht zwingend ist. In der o.g. Kritik des Prüfers liegt kein Verstoß gegen anerkannte Bewertungsmaßstäbe, wenn er den Aufbau im vorliegenden Fall, in dem keine umfassenden Ausführungen in der Zulässigkeit erforderlich gewesen sind, als „unüblich“ einordnet.

Soweit der Erstgutachter festgestellt hat, dass „in der Zulässigkeit keine Trennung in der Station stattzufinden hat“, ist diese Bewertung als fachspezifisch zu qualifizieren. Das Gericht versteht diese Kritik des Erstgutachters so, dass sie sich darauf bezieht, dass der Kläger einen zweischichtigen Aufbau gewählt hat, obwohl (für die Zulässigkeit) keine Tatsachen, sondern nur Rechtsansichten streitig gewesen sind und er damit vor allem moniert hat, dass der Kläger den „relationstechnische[n] Aufbau nicht beherrscht“ (siehe seine zusammenfassende Bewertung unter Ziff. III seines Votums). Die Frage, ob der von dem Kläger gewählte Aufbau im vorliegenden Fall der Relationstechnik zuwiderläuft, ist einer fachlichen Überprüfung zugänglich. Auch dann ist die Bewertung des Prüfers nicht zu beanstanden. Die gesamte Relationsmethode beruht auf dem Grundprinzip, dass zwei verschiedene Sachverhalte grundsätzlich getrennt voneinander begutachtet werden sollen (Anders/Gehle, a.a.O., Rn. 4). Die Unterteilung der Zulässigkeitsprüfung ist deswegen nur soweit vorzunehmen, wie der die Zulässigkeit betreffende Sachverhalt streitig ist (vgl. Anders/Gehle, a.a.O., Rn. 6). Liegen demnach – wie hier – keine zwei unterschiedlichen Sachverhalte vor, sondern nur unterschiedliche Rechtsauffassungen, bedarf es keiner Trennung. Vorliegend war die Frage der örtlichen Zuständigkeit im Tatsächlichen nicht streitig, sondern lediglich die Frage, nach welcher Vorschrift sich die örtliche Zuständigkeit richtet.

Die Rüge des Klägers, dass der Prüfer moniert hat, dass der Entscheidungsvorschlag im Sachbericht stehe, richtet sich gegen eine prüfungsspezifische Wertung. Nach der einschlägigen Ausbildungsliteratur wird aus Gründen des besseren Verständnisses vorgeschlagen, zu Beginn des Gutachtens einen Entscheidungsvorschlag zu platzieren, wobei ein solcher Vorschlag nicht zwingend sei. Dem dort vorgeschlagenen Aufbau eines Relationsgutachtens lässt sich entnehmen, dass der Entscheidungsvorschlag aber jedenfalls am Ende der Bearbeitung erfolgen soll. Nicht vorgeschlagen wird, den Entscheidungsvorschlag am Ende des Sachberichts zu platzieren (vgl. Anders/Gehle, a.a.O., Rn. 6). Vor diesem Hintergrund bestehen gegen die Bewertung des Erstgutachters, der Entscheidungsvorschlag sei „unglücklich platziert“, keine Bedenken, weil er damit jedenfalls nicht gegen anerkannte Bewertungsmaßstäbe verstoßen hat.

cc. Soweit der Kläger meint, bezüglich der oben dargestellten Kritik (s.o., Nr. 2. a. bb.) liege eine „unzulässige Doppelverwertung“ vor, kann dem nicht gefolgt werden. Eine solche unzulässige Doppelverwertung liegt immer dann vor, wenn ein sogenannter Folgefehler negativ bewertet wird. Ein Folgefehler ist dann gegeben, wenn unzutreffende oder jedenfalls kritikwürdige Ausführungen des Prüflings allein darauf beruhen, dass er sich bei der Lösung seiner Klausur schon früher für einen bestimmten Lösungsweg entschieden hat und die späteren Ausführungen des Prüflings folgerichtig sind, weil sie eine logische Konsequenz aus dem bereits zuvor gefundenen Lösungsansatz sind („falsche Weichenstellung“, vgl. BVerwG, B. v. 08.08.1994 - 6 B 87/93 -, juris Rn. 9; OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 13.09.2012 - OVG 10 B 5.11 -, juris Rn. 50; BayVGH, B. v. 01.06.2010 - 7 ZB 09.3014 -, juris Rn. 10; vgl. VG Ansbach, U. v. 12.11.2014 - AN 2 K 13.01047 -, juris Rn. 47). Wenn der Prüfer einen zuvor gefundenen Lösungsweg bereits kritisiert hat, und dann einen aus diesem bereits kritisierten Lösungsansatz logisch folgende Ausführungen des Prüflings erneut negativ wertet, liegt eine unzulässige Doppelverwertung vor (vgl. VG Augsburg, U. v. 15.01.2010 - Au 3 K 09.89 -, juris Rn. 48; VG Ansbach, U. v. 12.11.2014, a.a.O.; U. v. 29.02.2000 - AN 2 K 98.00813 -, juris Rn. 28). Kein Folgefehler liegt vor, wenn Ausführungen an den verschiedenen Stellen der Klausurlösung jeweils eine eigenständige Bedeutung zukommt (vgl. VG München, U. v. 02.09.1997 - M 5 K 95.3520 -, juris Rn. 99). Die Frage, wie sich ein Folgefehler auf die übrige Bearbeitung ausgewirkt hat und wie er gewichtet wird, unterfällt dem Beurteilungsspielraum der Prüfer (vgl. BayVGH, U. v. 29.12.1992 - 3 B 92.399 -, juris Rn. 46; VG Ansbach, U. v. 29.02.2000, a.a.O.; VG München, U. v. 22.06.1998 - M 27 K 97.5500 -, juris Rn. 41; Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 531 m.w.N.).

Hinsichtlich der vorliegenden Bewertungen bzgl. des Aufbaus (s.o. Nr. 2. a. bb.), ist schon kein Folgefehler zu erkennen. Die Kritik der Prüfer bezieht sich auf den hier gewählten Aufbau insgesamt, der aus ihrer Sicht kritikwürdig ist. Als Beispiele für den aus ihrer Sicht kritikwürdigen Aufbau stellen sie auf die Entscheidung des Klägers ab, das Gutachten zweischichtig aufzubauen sowie den Entscheidungsvorschlag nicht entweder an den Anfang oder das Ende seiner Bearbeitung zu stellen.

dd. Die Prüfer durften auch kritisieren, dass der Kläger nicht den Grund der Erledigung in der Prozessgeschichte genannt hat (s.o. Tatbestand, ZG-Klausur, Nr. 4.4.). Bei dieser Kritik handelt es sich um eine fachlich überprüfbare Bewertung. Das erledigende Ereignis ist deswegen zu benennen, weil andernfalls die Verständlichkeit des Tatbestandes leidet. Außerdem ist der Erledigungsgrund ggf. auch für die Entscheidung über die Kosten relevant, denn bei übereinstimmender Teilerledigung des Rechtsstreits ist die Kostenentscheidung gem. § 99 Abs. 2 ZPO auch gesondert anfechtbar (vgl. auch An-ders/Gehle, a.a.O., Kap. P, Rn. 32, der die Benennung des erledigenden Ereignisses für „wichtig“ hält; vgl. auch Kaiser/Kaiser/Kaiser, Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen, Band I, 5. Aufl., Rn. 72 und 211). Selbst wenn man einen Bewertungsfehler darin erkennt, dass der Erstprüfer die Nennung des erledigenden Ereignisses für zwingend gehalten hat, hat sich dieser Fehler nicht erheblich auf das Ergebnis ausgewirkt. Dies kann das Gericht vorliegend ohne eigene Wertung und Gewichtung des Fehlers anhand objektiver Anhaltspunkte feststellen. Der Prüfer hat die Kritik lediglich in Form einer Randbemerkung geäußert („warum?“). Bereits in seinem abschließenden Votum hat er sie nicht wiederholt und die Bearbeitung aus anderen Gründen kritisiert; aus dem Votum geht hervor, dass die abschließende Bewertung von anderen Gründen getragen wird (u.a. von der Unübersichtlichkeit der Klägerstation, der unterbliebenen Trennung der Tatsachenbehauptungen, der unterbliebenen Trennung der Ansprüche auf Widerruf und Unterlassung, dem Nichterkennen eines Großteils der rechtlichen Problematik, insbesondere der Abgrenzung zwischen Werturteil und Tatsache sowie dem nicht vollstreckungsfähigen Tenor zu Ziff. 3).

ee. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet die Kritik der Prüfer, die Anspruchskette bei der Prüfung des Unterlassungsanspruchs sei „unvollständig“ (s.o., Tatbestand, ZG-Klausur, Nr. 4.5.). Die Kritik des Erstgutachters ist dahingehend zu verstehen, dass sie sich nicht allein gegen eine unvollständig zitierte Anspruchsgrundlage richtet, sondern sich darauf bezieht, dass die hier zu prüfenden Voraussetzungen des Unterlassungsanspruches durch den Kläger nicht vollständig geprüft worden sind. Das folgt daraus, dass der Prüfer in seinem Erstvotum ausgeführt hat: „Geprüft wird sodann ein Anspruch auf Unterlassung gem. § 1004 Abs. 1 BGB, wobei die Anspruchskette unvollständig ist. Weiterhin ist auch nicht zu erkennen, um welche Tatsache es sich handelt. Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird kurz dargestellt. Auf die Abgrenzung unwahre Tatsachenbehauptung oder Werturteil wird nicht eingegangen.“ Bei der Frage, ob die Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG im Rahmen des hier zu prüfenden Unterlassungsanspruchs hätten dargestellt und geprüft werden müssen, handelt es sich um eine der fachlichen Überprüfung zugängliche Frage. Danach ist die durch den Prüfer geäußerte Kritik nicht zu beanstanden, denn der Kläger hat nicht alle Voraussetzungen des Unterlassungsanspruches geprüft und nicht die entsprechenden Normen, aus denen sich diese Voraussetzungen ergeben, benannt. In dem hier zugrundeliegenden Klausurfall hatte der Kläger die Unterlassung von Äußerungen beantragt. Schon aus dem Wortlaut des § 1004 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB wird deutlich, dass der dort vorgesehene Anspruch allein die Unterlassung von Beeinträchtigungen des Eigentums betrifft. In dem vorliegenden Klausurfall steht aber nicht die Beeinträchtigung von Eigentum in Rede, sodass sich die Voraussetzungen des hier zu prüfenden Unterlassungsanspruches nicht allein aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB ergeben können. Es ist seit langem anerkannt, dass auch Beeinträchtigungen der von § 823 Abs. 1 BGB erfassten „sonstigen Rechte“ – wie des Allgemeine Persönlichkeitsrechts – durch § 1004 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB abgewehrt werden können; in dem Fall handelt es sich um einen sogenannten quasinegatorischen Unterlassungsanspruch (vgl. Baldus in: MüKo, BGB, 7. Aufl., § 1004 Rn. 32; Teichmann in: Jauernig, BGB, 17. Aufl. § 823, Rn. 6 m.w.N.; Schultheiß, JuS 2015, 719, 721). Wenn ein solcher quasinegatorischer Unterlassungsanspruch geprüft wird, ist in der Prüfung deutlich zu machen, dass hier gerade nicht eine Beeinträchtigung des Eigentums unterlassen werden soll, sondern eines anderen Rechtsgutes, weswegen die Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zwingend zu prüfen sind. Auch in der Rechtsprechung wird im Rahmen von quasinegatorischen Unterlassungsansprüchen geprüft, ob ein Eingriff in ein durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut zu erkennen ist. In jüngeren Entscheidungen wird nicht allein § 1004 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage genannt (zur Angabe von § 823 Abs. 1, § 1004 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG als Anspruchsgrundlage, vgl. BGH, U. v. 24.07.2018 - VI ZR 330/17 -, juris Rn. 30; BGH, U. v. 14.05.2013 - VI ZR 269/12 -, juris Rn. 11 = BGHZ 197, 213-224; zur Angabe von §§ 1004, 823 BGB als Anspruchsgrundlage, vgl. BGH, U. v. 10.07.2018 - VI ZR 225/17 -, juris Rn. 13). Auch ältere Entscheidungen, in denen ausdrücklich lediglich § 1004 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage genannt wird, prüfen im Folgenden, ob ein objektiv rechtswidriger Eingriff in ein geschütztes Rechtsgut zu erkennen ist; das „geschützte Rechtsgut“ ist als Voraussetzung dem Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB zu entnehmen (vgl. BGH, U. v. 25.04.1958 - I ZR 97/57 -, GRUR 1958, 448, 449).

ff. Nicht zu beanstanden ist die Kritik der Prüfer, dass der Kläger keine Höhe des Schmerzensgeldes angegeben hat (s.o., Tatbestand, ZG-Klausur, Nr. 4.6.). Diese Einwendungen richten sich gegen die von den Prüfern beanstandete Qualität der Darstellung. Die Kritik der Prüfer ist dahingehend zu verstehen, dass sie die unterbliebene Angabe der Höhe des Schmerzensgeldes insbesondere deswegen kritisiert haben, weil der Tenor dadurch nicht vollstreckbar ist. Mit dieser Bewertung haben sie nicht gegen anerkannte Bewertungsmaßstäbe verstoßen. Ausweislich des Merkblattes „Die Aufsichtsarbeit aus dem Zivilrecht mit einer gutachterlichen Aufgabenstellung“ des Nds. Justizministeriums (Landesjustizprüfungsamt, LJPA) ist auch im Relationsgutachten die Abfassung eines vollstreckungsfähigen Tenors gefordert. Danach hat der Entscheidungsvorschlag „die konkrete - auch die Nebenentscheidungen umfassende - Entscheidungsformel (vgl. § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO)“ zu enthalten, zu der der Prüfling aufgrund des Gutachtens gelangt ist, die „so abgefasst werden [muss], dass der Umfang der Rechtskraft erkennbar ist und eine etwaige Zwangsvollstreckung möglich wird (§ 313 Abs. 1 Nr. 5 ZPO)“. Vor diesem Hintergrund überschreitet der Prüfer nicht den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum, wenn er einen vollstreckungsfähigen Tenor verlangt.

gg. Der Zweitgutachter hat mit seiner Bemerkung „eigentlich ist es bedauerlich: D. Bearb. deutet zeitweise an, dass er / sie es besser können müsste“ nicht gegen das Gebot der Sachlichkeit verstoßen (s.o., Tatbestand, ZG-Klausur, Nr. 4.7.).

Wird in schriftlicher Form – als Randbemerkung oder im Votum – Kritik geäußert, dann ist ein Verstoß gegen die Sachlichkeit oder Fairness dann anzunehmen, wenn allein die Art der Bemerkungen darauf hindeutet, dass der Korrektor die für eine sachgerechte Beurteilung erforderliche Gelassenheit und emotionale Distanz verloren hat. In dem Fall kommt es nicht mehr darauf an, was der Prüfer inhaltlich gemeint hat oder ob er nur starke Worte gewählt hat, letztlich aber keine sachfremden Erwägungen angestellt hat (vgl. Nds. OVG, U. v. 09.09.2015 - 2 LB 169/14 -, juris Rn. 51; U. v. 24.05.2011 - 2 LB 158/10 -, juris Rn. 66). Allerdings begründet pointierte und deutliche Kritik an der Prüfungsleistung noch keinen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot (vgl. VGH Baden-Württemberg., U. v. 10.11.2010 - 9 S 624/10 -, juris Rn. 77). Es ist vielmehr zulässig, eine nach dem Urteil des Prüfers unzureichende Leistung auch als solche deutlich zu kennzeichnen. Da ein Prüfling durch schriftliche (Rand-) Bemerkungen, die er anders als bei einer mündlichen Prüfungssituation erst nach der Prüfung zur Kenntnis erhält, nicht in leistungsverfälschender Weise psychisch belastet werden kann, sind auch härtere Ausdrücke selbst dann nicht verboten, wenn sie ansonsten den Prüfling verunsichern würden (vgl. BVerwG, U. v. 24.02.1993 - 6 C 35/92 -, juris Rn. 19 = BVerwGE 92, 132; U. v. 20.09.1984 - 7 C 57/83 -, juris Rn. 36 = BVerwGE 70, 143; Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 332). Bei schriftlich geäußerter Prüferkritik folgt selbst bei nur gelegentlich vorgekommenen Entgleisungen nicht zwingend eine Verletzung des Gebots der Sachlichkeit (vgl. BVerwG, B. v. 08.03.2012, a.a.O.; U. v. 20.09.1984, a.a.O. – jeweils m.w.N.). Allerdings können „Grobheiten" Indikator mangelnder Sachlichkeit des Prüfers sein, z.B. wenn der Prüfer erkennbar seinem Ärger freien Lauf lässt, wenn er offensichtlich spöttische, höhnische, sarkastische, aggressive oder aus anderen Gründen herabsetzende Formulierungen verwendet oder wenn sich emotionale Anmerkungen häufen (vgl. BVerwG, B. v. 08.03.2012, a.a.O., Rn. 16; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 18.11.2013 - 14 B 1262/13 -, juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, U. v. 10.11.2010 - 9 S 591/10 -, juris Rn. 49 ff.; Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 332).

Nach diesem Maßstab ist vorliegend kein Verstoß gegen das Gebot der Sachlichkeit erkennbar. Bei der angegriffenen Formulierung des Zweitprüfers handelt es sich schon nicht um eine konkrete Kritik an den Ausführungen des Klägers, sondern um den Ausdruck eines Bedauerns, der sich auf die – nach Ansicht des Prüfers – positiven Ansätzen in der Arbeit des Klägers stützt. Durch diese einzelne, eine Emotion ausdrückende Bemerkung ist nicht zu erkennen, dass es dem Prüfer bei der Bewertung der Leistung des Klägers an der nötigen Distanz gefehlt hat. Die Äußerung dürfte vielmehr den Rückschluss erlauben, dass der Prüfer gewillt war, die positiven Aspekte der Bearbeitung auch entsprechend zu würdigen und dem Kläger gerne zu einer besseren Note verholfen hätte.

hh. Ein Bewertungsfehler ist nicht ersichtlich, soweit der Kläger gerügt hat, der Erstgutachter habe die Darstellung des unstreitigen Teils der Widerklage als „denkbar knapp“ kritisiert (s.o., Tatbestand, ZG-Klausur, Nr. 4.8.). Darin liegt eine die Qualität der Darstellung betreffende prüfungsspezifische Wertung. Der Prüfer hat auch nicht gegen allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe verstoßen, weil er durch seine Kritik nicht die Vorgaben des § 313 Abs. 2 ZPO und den Bearbeitervermerk missachtet hat. Trotz dieser Vorgaben liegt es innerhalb des ihm zustehenden Spielraums zu beurteilen, wie umfangreich die Darstellung des Tatbestandes in dem konkret zu bearbeitenden Klausurfall ausfallen soll. Schließlich hat der Erstgutachter den vom Kläger in der Klausur verfassten Tatbestand als „noch der beste Teil der Klausur“ positiv gewürdigt.

b. Die Bewertung der ZU-Klausur ist nicht fehlerhaft. Die geltend gemachten Rügen greifen nach den oben genannten Maßstäben nicht durch. Im Einzelnen:

aa. Der Kläger kann nicht mit Erfolg gegen die Bewertung der ZU-Klausur einwenden, dass die Prüfer die Anforderungen an die Klausurbearbeitung überspannt hätten, weil sie – wie er meint – verlangt haben, dass zum Erreichen der Schwellennote „ausreichend“ alle im Sachverhalt angelegten Probleme hätten erkannt werden müssen (s.o. Tatbestand, ZU-Klausur, Nr. 4.) Es ist nicht ersichtlich, dass die Prüfer diese Anforderungen gestellt haben. Eine an erheblichen Mängeln leidende, im Ganzen nicht mehr brauchbare Leistung ist mangelhaft und mit 1 bis 3 Punkten zu bewerten (vgl. § 1 Verordnung über eine Noten- und Punkteskala für die erste und zweite juristische Prüfung, JurPrNotSkV i.V.m. §§ 12 Abs. 1, 4a Abs. 2 Satz 4 NJAG). Im Bereich der Note „ausreichend“ (zwischen 4 und 6 Punkten) liegt eine Leistung, „die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht“ (vgl. § 1 JurPrNotSkV). Die Voten enthalten die Notenbeschreibung entsprechend einer mangelhaften Leistung (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, U. v. 10.11.2010 - 9 S 624/10 -, juris Rn. 83). Der Erstgutachter hat deutlich die Mängel in der Klausurbearbeitung aufgezeigt, benannt und am Ende seines Votums ausgeführt: „Die Probleme des Falles werden ganz überwiegend nicht gesehen. Dazu kommen die systematischen und dogmatischen Schwächen.“ Aus dieser Formulierung geht hervor, dass der Erstgutachter die Leistung aufgrund gravierender Mängel als „mangelhaft“ bewertet hat. Es ist nicht erkennbar, dass er zum Erreichen der Note „ausreichend“ erwartet hat, dass alle vorhandenen Probleme angesprochen werden.

bb. Die Rüge des Klägers, dass die Prüfer einige seiner Ausführungen nicht als bloße Flüchtigkeitsfehler gewertet hätten, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, ZU-Klausur, Nr. 5.1.). Mit dieser Rüge wendet sich der Kläger gegen eine prüfungsspezifische Beurteilung, denn mit der Einordnung eines (insoweit eingeräumten) Fehlers als „Flüchtigkeitsfehler“ wird dieser als wenig gravierend einsortiert und damit eine Zuordnung der Leistung des Klägers zu einem Leistungsbild vorgenommen (Hess. VGH, U. v. 19.12.1997 - 8 UE 1088/96 -, juris Rn. 118). Eine von anerkannten Bewertungsmaßstäben abweichende Bewertung und damit ein Bewertungsfehler könnte hinsichtlich der Einordnung eines Fehlers als „Flüchtigkeitsfehler“ dann angenommen werden, wenn ein offensichtlich leichter Fehler als schwerer Fehler bewertet worden ist (vgl. Hess. VGH, a.a.O.). Außerdem liegt nur dann ein Flüchtigkeitsfehler vor, wenn der Kläger offensichtlich einen Fehler begangen hat, der – anhand erkennbarer Anhaltspunkte – aufgrund des Zeitdrucks der Klausur oder aus anderen Gründen versehentlich passiert ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 27.03.2009 - 10 A 11116/08 -, juris Rn. 26, Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 656). Wurde ein juristischer Fachbegriff erkennbar versehentlich verwendet, ist es den Prüfern jedoch nicht grundsätzlich verwehrt, die Verwendung des Begriffs negativ zu werten (vgl. BayVGH, B. v.05.08.2002 - 7 ZB 02.507 -, juris Rn. 10). Wenn es sich bei einem Fehler um ein offensichtliches Schreibversehen handelt und sich mit hinreichender Gewissheit feststellen lässt, was der Prüfling wirklich hat äußern wollen, darf auf ein solches Versehen nicht abgestellt werden, wenn dieses keinen Rückschluss auf die zu prüfenden Fähigkeiten gestattet (vgl. BVerwG, U. v. 28.11.1980 - 7 C 54/78 -, juris Rn. 71 = BVerwGE 61, 211; Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O.). Deswegen kann ein Fehler eher nicht als offensichtlich leichter (Flüchtigkeits- oder Schreib-) Fehler eingeordnet werden, wenn Ausführungen lückenhaft sind, z. B. weil die durch den Prüfling gefundene Lösung nur unzureichend oder gar nicht begründet worden ist, weil sich in dem Fall mangels nach außen erkennbarer Anhaltspunkte in der Regel nicht mit Gewissheit sagen lässt, ob die Ausführungen nur versehentlich unterblieben sind.

Nach diesem Maßstab ist nicht ersichtlich, dass die Prüfer den ihnen insoweit zustehenden Beurteilungsspielraum in rechtswidriger Weise ausgenutzt haben. Hinsichtlich der Lösung des Klägers, wonach ein Einspruch gegen ein Versäumnisurteil fristwahrend bei einem unzuständigen Gericht erhoben werden kann, ist kein Bewertungsfehler zu erkennen. Dabei kann offenbleiben, ob die durch den Kläger gefundene Lösung, wie sein Prozessbevollmächtigter vorgetragen hat, fachlich richtig ist, weil im Verwaltungsprozess eine „parallele Rechtslage“ herrsche, indem Klagen, die an unzuständige Gerichte gerichtet werden, als fristgemäß erhoben gelten und weil dies aus der Regelung in § 17b GVG folge. Die Prüfer haben die Lösung des Klägers nämlich nicht für unvertretbar oder falsch gehalten, sondern lediglich festgestellt, dass der Kläger seine Auffassung nicht „nachvollziehbar mit Argumenten“ belegt habe. Die Kritik der Prüfer hat sich demzufolge gegen die unzureichende Begründung der vertretenen Auffassung und damit gegen die Qualität der Darstellung gerichtet. Diese Kritik ist ebenso wenig zu beanstanden wie die unterbliebene Einordnung der unzureichenden Begründung der durch den Kläger vertretenen Auffassung als Flüchtigkeitsfehler, weil nicht erkennbar ist, dass der Kläger die durch seinen Prozessbevollmächtigen vorgeschlagene Begründung seiner Auffassung nur versehentlich nicht in der Klausur dargestellt hat.

Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass die Prüfer kritisiert haben, dass der Kläger statt des § 444 BGB den § 442 BGB geprüft hat, und sie diesen Fehler nicht als bloßen Flüchtigkeitsfehler gewertet haben. Die Beanstandungen des Erstgutachters beziehen sich auf die Qualität der Darstellung sowie die Erfassung des Problems durch den Kläger und eröffnen insoweit Beurteilungsspielraum, der nicht überschritten worden ist. Aus den Ausführungen des Klägers in der Klausur ist nicht erkennbar, dass er nur die falsche Norm genannt hat, tatsächlich aber die richtige Norm hat prüfen wollen oder geprüft hat, sodass keine Anhaltspunkte für die Einordnung dieser Ausführungen als „Flüchtigkeitsfehler“ ersichtlich sind (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 27.03.2009, a.a.O., Rn. 26). Das bestätigen auch die nachvollziehbaren Ausführungen des Erstgutachters in seinem Votum, wonach der Kläger jeweils in Bezug auf den Sachmangel „Schimmel“ und den Sachmangel „Ungeziefer“ einen Gewährleistungsausschluss gem. § 442 BGB geprüft habe, er aber hinsichtlich des Ungeziefers geprüft habe, ob die Beklagte (als Verkäuferin des Hauses) Kenntnis von dem Mangel gehabt habe, worauf es aber im Rahmen des § 444 BGB nicht ankomme (vgl. S. 2 des Votums des Erstgutachters und S. 11-13 der Klausurbearbeitung). Auf den vertraglichen Gewährleistungsausschluss geht der Kläger nur kurz auf S. 14 der Klausurbearbeitung ein. Er hat keine Ausführungen dazu gemacht, ob dieser vertragliche Gewährleistungsausschluss evtl. gem. § 444 BGB nicht greifen könnte, weil die Beklagte von dem Mangel gewusst haben könnte.

cc. Kein Bewertungsfehler folgt aus der Kritik, dass der Kläger habe prüfen müssen, ob ein Mangel bei Gefahrübergang vorgelegen hat (s.o. Tatbestand, ZU-Klausur, Nr. 5.2.). Mit seinem Vortrag versucht der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Ausführungen des Klägers in der Klausur nachträglich zu erläutern. Damit lässt sich jedoch nicht heilen, dass der Kläger den Punkt „Mangel bei Gefahrübergang“ in der Klausur nicht geprüft hat. Es ist auch nicht erkennbar, dass er dies mit seinen Ausführungen, die sich mit dem Zeitpunkt der Kenntnis der Verkäuferin des Grundstückes von dem Mangel auseinandersetzen, gemeint hat. Selbst wenn dies aber der Fall sein sollte, kann die Kritik des Prüfers dahingehend verstanden werden, dass sie sich jedenfalls gegen die Qualität der Darstellung richtet. Insoweit sind Bewertungsfehler nicht erkennbar.

dd. Die Rüge des Klägers gegen die Kritik, dass er Inhalt und Umfang des Gewährleistungsanspruches im Tatbestand nicht näher beschrieben habe, greift nicht durch (s.o. oben Tatbestand, Nr. 5.3.). Diese Kritik hat ausweislich der Stellungnahme des Zweitgutachters nicht er, sondern der Erstgutachter durch eine Randbemerkung geäußert („Inhalt/Umfang?“).

Randbemerkungen sind in der Regel von untergeordneter Bedeutung, weil sie von den Prüfern bei der ersten Durchsicht der Klausurbearbeitung angebracht werden und nur der Vorbereitung der Gesamtbewertung dienen (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 708). Deswegen ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, inwieweit der von dem Prüfer zum Ausdruck gebrachte Gedanke später tatsächlich in die Gesamtbewertung eingeflossen ist; dies setzt in der Regel voraus, dass das schriftliche Votum ausdrücklich oder jedenfalls konkludent auf die Randbemerkung Bezug nimmt oder inhaltlich auf sie eingeht (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 708; OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 13.09.2012 - 10 B 5.11 -, juris Rn. 78 m. w. N.; VG Braunschweig, U. v. 11.02.2014 - 6 A 50/13 -, juris Rn. 45).

Bei der hier in Rede stehenden Randbemerkung handelt es sich um eine prüfungsspezifische Beurteilung, weil die Bewertung der von dem Kläger gewählten Art zur Beschreibung des Inhaltes und Umfangs des Gewährleistungsausschlusses durch einen Verweis auf den Aufgabentext eine Frage der Qualität der Darstellung ist. Es unterfällt dem Beurteilungsspielraum der Prüfer, ob der Verweis auf den Aufgabentext – so wie der Prozessbevollmächtige des Klägers meint – als eine „praxisnahe Bearbeitung“ zu werten ist. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass der Prüfer eine eigene Umschreibung des Inhalts und Umfangs des – für die Klausur maßgeblichen – Gewährleistungsausschlusses durch den Prüfling erwartet hat und den Verweis auf „Bl. 5 d. A.“ für kritikwürdig hält. Der Zweitgutachter nimmt zu diesem Punkt Stellung, obwohl er nicht Autor der Randbemerkung gewesen ist; danach ist der Inhalt des Gewährleistungsausschlusses eine der „Hauptfragen“ gewesen, sodass er kurz hätte angerissen werden können. Diese Kritik ist nachvollziehbar. Darüber hinaus hat sich der von dem Kläger gewählte Verweis auf den Aufgabentext zur Beschreibung des Inhalts des Gewährleistungsausschlusses für sich genommen nicht auf das Ergebnis ausgewirkt. Der Erstgutachter hat auf diese Randbemerkung weder in seinem Votum ausdrücklich Bezug genommen noch in seiner späteren Stellungnahme im Rahmen des Überdenkungsverfahrens. Stattdessen hat er in seinem Votum festgestellt, dass „mehrere Einzelheiten im unstreitigen Teil“ gefehlt haben. Aus dieser Formulierung geht hervor, dass die Konkretisierung des Gewährleistungsausschlusses nur einer von mehreren Punkten ist, den der Erstgutachter in der Darstellung des Tatbestandes des Klägers vermisst hat und er – isoliert betrachtet – nicht erheblich in der Gesamtbewertung ins Gewicht gefallen sein dürfte. Vielmehr wird deutlich, dass die Gesamtbewertung von anderen Gesichtspunkten getragen wird: Der Erstgutachter hat in seinem Gutachten ausgeführt, der Tatbestand sei „nicht mängelfrei“, weil „mehrere Einzelheiten im unstreitigen Teil“ gefehlt hätten, die Prozessgeschichte zum Einspruch bzw. Wiedereinsetzungsantrag nicht dargestellt worden sei und die gestellten Anträge nicht mitgeteilt worden seien. Der Zweitgutachter hat sich dem Erstgutachten im Ergebnis angeschlossen.

ee. Aus der Randbemerkung „Prof Dr. F.“ folgt ebenfalls kein Bewertungsfehler (s.o. Tatbestand, ZU-Klausur, Nr. 5.4.). Mit dieser Kritik hat der Zweitgutachter zu verstehen gegeben, dass er die Erwähnung des Namens des Sachverständigen im Tatbestand für angezeigt gehalten hat. Dem oben dargestellten Prüfungsmaßstab zu Randbemerkungen folgend (s.o. Nr. 2. b. dd.), ist vorliegend schon nicht erkennbar, dass die Bemerkung „Prof Dr. F.“ in die Gesamtbewertung eingeflossen ist, weil weder der Erst- noch der Zweitgutachter ausdrücklich oder konkludent Bezug auf sie genommen hat. Im Übrigen handelt es sich bei dieser Randbemerkung um eine die Qualität der Darstellung betreffende prüfungsspezifische Wertung; Bewertungsfehler sind nicht zu erkennen. Auch wenn der vom Kläger gewählte Verweis auf die Akte „(Bl. 11 d. A.)“ auch den Namen des Sachverständigen umfasst, steht es dem Prüfer grundsätzlich frei, die unterbliebene Nennung des Sachverständigen für kritikwürdig zu halten.

ff. Die in einer Randbemerkung bemängelte Ungenauigkeit begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken (s.o. Tatbestand, ZU-Klausur, Nr. 5.5.). Der Erstgutachter hat auf diese Kritik in seinem Votum Bezug genommen und ausgeführt, dass die Ausführungen zu den Zinsen zu ungenau geblieben seien, weil die Anspruchsgrundlage nicht hinreichend konkret bezeichnet worden sei. Der Kläger hat in der Klausur „§§ 286, 288 BGB“ als Anspruchsgrundlage bezeichnet. Die Bewertung, wie genau eine Anspruchsgrundlage zu zitieren ist, unterfällt dem den Prüfern zustehenden Beurteilungsspielraum, weil die Genauigkeit der Zitierweise die Qualität der Darstellung betrifft. Hier ist nicht erkennbar, dass die Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen sind; der Kläger hat nicht den entsprechenden Absatz und Satz des § 286 BGB zitiert oder das den Verzug auslösende Ereignis genannt. Den Randbemerkungen, Voten oder Stellungnahmen der Prüfer kann schließlich auch nicht entnommen werde, dass sie die Prüfung des § 286 BGB anstatt des § 291 BGB für unvertretbar gehalten haben. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen hat, die Ungenauigkeit des Klägers sei der Klausursituation geschuldet, wendet er sich gegen die Gewichtung der Ungenauigkeit als Fehler. Insoweit steht den Prüfern ebenfalls ein Beurteilungsspielraum zu, den sie hier nicht überschritten haben. Das Leistungsvermögen der Prüflinge in der (stressigen) Situation der Klausur soll gerade Gegenstand der Prüfung sein.

gg. Auch folgt aus der Randbemerkung „unleserlich“ kein Bewertungsfehler (s.o. Tatbestand, ZU-Klausur, Nr. 5.6.). Dem oben dargestellten Prüfungsmaßstab zu Randbemerkungen folgend (s.o. Nr. 2. b. dd.), ist vorliegend schon nicht erkennbar, dass diese Bemerkung in die Gesamtbewertung eingeflossen ist, weil weder der Erst- noch der Zweitgutachter ausdrücklich oder konkludent Bezug auf sie genommen hat. Die Randbemerkung bezieht sich auf ein einzelnes, durch einen Prüfer unterstrichenes Wort, welches – nur aus dem Zusammenhang erkennbar – wohl „Abschluss“ heißen soll. Unabhängig davon begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn Prüfer die äußere Form der Klausurbearbeitung – und damit auch eine schwere Lesbarkeit der Ausführungen – negativ bewerten. Es gehört zu den Mitwirkungspflichten eines Prüflings, eine schriftliche Prüfungsleistung in leserlicher Form zu erbringen (vgl. BVerwG, B. v. 06.03.1995 - 6 B 3/95 -, juris Rn. 9; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 10.10.2008 - 14 A 1904/07 -, juris Rn. 37). Wenn ein Teil der Klausurbearbeitung nicht lesbar ist, kann dieser Teil als nicht erbracht gelten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 10.10.2008, a.a.O.). Die äußere Form darf nur nicht überbewertet werden (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 644). Dafür gibt es in Bezug auf die vorliegende Randbemerkung keine Anhaltspunkte. Auch sind keine anderen Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich, die in Zusammenschau mit diesem einzelnen für „unleserlich“ befundenen Wort für eine Flüchtigkeit der Prüfer sprechen (vgl. VG Lüneburg, Gerichtsbescheid v. 30.10.1996 - 1 A 16/94 -, Rn. 39).

hh. Die Rüge des Klägers, der Erstgutachter habe im Überdenkungsverfahren deutlich gemacht, dass er einen vertretbaren Aufbau negativ bewertet habe, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, ZU-Klausur, Nr. 5.7.). Der Erstgutachter hat im Überdenkungsverfahren ausgeführt, dass Urteilsgründe „auf unterschiedlichste Art und Weise verfasst werden können“, aber Aufbau, Darstellung und Stil in die Beurteilung einfließen. Den oben dargestellten Maßstäben hinsichtlich der Einordnung von Kritik am Aufbau einer Klausur durch den Prüfer als prüfungs- oder fachspezifisch folgend (s.o. 2. a. bb.), hat der Erstgutachter vorliegend deutlich gemacht, dass er den gewählten Aufbau gerade nicht für fachlich unvertretbar hält, sondern dass der Aufbau (mit anderen Faktoren) die Qualität der Darstellung ausmacht. Es ist nicht ersichtlich, dass der Prüfer den ihm insoweit zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten hat.

ii. Schließlich folgt aus der Randbemerkung „ZK: so nicht nachvollziehbar“ kein Bewertungsfehler (s.o. Tatbestand, ZU-Klausur, Nr. 5.8.). Die Randbemerkung stammt – wie an dem Zusatz „ZK“ kenntlich gemacht worden ist – vom Zweitgutachter. Dem o.g. Prüfungsmaßstab bei Prüferkritik, die in Form einer Randbemerkung geäußert worden ist (s.o. Nr. 2 b. dd.), kommt der vorliegenden Randbemerkung für die Gesamtbewertung keine Bedeutung zu. Der Zweitgutachter hat auf die Begründung des Erstgutachters Bezug genommen sowie auf seine Randbemerkungen. Im Erstgutachten finden sich allerdings keinerlei Ausführungen zu der Frage der Form des Grundstückskaufvertrages. Auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat er zu dieser Rüge nicht explizit Stellung genommen. Damit ist der Inhalt der geäußerten Kritik einzig der Randbemerkung selbst in Zusammenschau mit der Kritik des Erstgutachters zu entnehmen. Auch der Zweitgutachter hat es für nicht nachvollziehbar gehalten, dass der Kläger die Heilungsvorschrift in § 311 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Anwendung gebracht hat, obwohl die Aufgabenstellung die notarielle Form ausdrücklich vorgegeben hat (S. 2 der Klausuraufgabe). Jedenfalls liegt darin kein Bewertungsfehler. Entgegen den Ausführungen des Klägers kritisiert der Zweitgutachter nämlich nicht grundsätzlich die Anwendung der Heilungsvorschrift oder das Offenlassen der notariellen Form, sondern er hält die Anwendung der Vorschrift aufgrund der Darstellungen des Klägers für nicht nachvollziehbar.

jj. Kein Bewertungsfehler folgt schließlich aus den Ausführungen des Erstgutachters in seinem Votum, dass die Ausführungen des Klägers in Bezug auf den Schimmel nicht nachvollziehbar seien (s.o. Tatbestand, ZU-Klausur, Nr. 5.9.). Aus dieser Kritik folgt nach den o.g. Maßstäben (s.o. 2. b. dd.) keine unzulässige Doppelverwertung. Der Prüfer hat seine Kritik nicht gegen die Feststellung gerichtet, dass die Beklagte die Pflichtverletzung zu vertreten habe, sondern er hat kritisiert, dass diese Feststellung nicht nachvollziehbar sei. Das ergibt sich daraus, dass er in demselben Absatz auch kritisiert hat, dass der Kläger ausgeführt hat, „dies“ gelte nicht in Bezug auf den Schimmel, ohne dass eine Bezugnahme erfolgt ist. Vor diesem Hintergrund liegt eine Kritik an der Qualität der Darstellung und damit eine prüfungsspezifische Bewertung vor; der Prüfer hat den ihm insoweit zustehenden Bewertungsspielraum nicht überschritten.

kk. Die Rüge des Klägers, dass die Ausführungen des Erstgutachters bezüglich des von dem Kläger festgestellten Vertretenmüssens eine unzulässige Zweitverwertung enthielten, greift nicht durch. Nach dem oben dargestellten Maßstab, wann eine „unzulässige Doppelverwertung“ vorliegt (s.o. 2. a. cc.), ist vorliegend nicht erkennbar, dass der Prüfer Ausführungen des Klägers negativ gewertet hat, die eine logische Folge des durch den Kläger zuvor gewählten Lösungswegs sind. Der Prüfer hat mit der hier gerügten Bemerkung ausgeführt: „Nicht nachvollziehbar meint d. Verf, dass bezüglich des Schimmels „dies“ (Bezug ist unklar) nicht gelte, da d. Bekl. die Pflichtverletzung zu vertreten habe und deswegen der Haftungsausschluss ausgeschlossen sei.“ Die Kritik des Erstgutachters setzt von vorneherein nicht an dem gewählten Lösungsweg an, sondern an der fehlenden Nachvollziehbarkeit der gefundenen Lösung.

c. Die Bewertung der A1-Klausur ist nicht fehlerhaft. Die geltend gemachten Rügen greifen nach den oben genannten Maßstäben nicht durch.

aa. Der Kläger kann nicht mit Erfolg gegen die Bewertung der A1-Klausur einwenden, die Prüfer hätten die Anforderungen an die Klausurbearbeitung überspannt, weil sie – wie er meint – verlangt haben, dass zum Erreichen der Schwellennote „ausreichend“ alle im Sachverhalt angelegten Probleme hätten erkannt werden müssen (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 3. und Nr. 2 b. aa.). Der Erstgutachter der A1-Klausur hat in seinem Votum eine abschließende Gesamtbewertung abgegeben, aus der sich ergibt, dass er die Anforderungen zum Erreichen eines „ausreichend“ nicht überspannt hat. Er hat aufgezeigt, aus welchen Unzulänglichkeiten der Klausur er im Wesentlichen die gewählte Note („mangelhaft“) ableitet. Der Zweitgutachter der A1-Klausur hat ausdrücklich angegeben, die Klausur entspreche „nicht mehr durchschnittlichen Anforderungen“. Auch aus den Stellungnahmen der Prüfer im Widerspruchsverfahren geht nicht hervor, dass sie die Anforderungen an das Erreichen der Note „ausreichend“ überspannt hätten.

bb. Die Rüge, der Bearbeitervermerk sei zu vage und zu unbestimmt, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.1.). Die Prüflinge haben der Aufgabenstellung, wonach die „Angelegenheit“ zu bearbeiten gewesen ist, entnehmen können, was von ihnen erwartet worden ist, nämlich ein umfassendes Gutachten. In dem vom Landesjustizprüfungsamt herausgegebenen Merkblatt „Die Aufsichtsarbeit aus dem Zivilrecht mit einer gutachterlich-rechtsberatenden oder einer gutachterlich-rechtsgestaltenden Aufgabenstellung“ (Stand: 2010, zu finden unter: http://www.justizportal.niedersachsen.de/startseite/p_karriere/landesjustizpruefungsamt/zweite_juristische_staatspruefung/die-schriftliche-pruefung-158532.html - zuletzt aufgerufen am 11.02.2019) heißt es, dass Prüflinge in diesen Klausuren die Sach- und Rechtslage „umfassend“ zu begutachten haben, um „aufzuzeigen, dass alle Aspekte der Fragestellung erkannt wurden“. Weiter heißt es, das Gutachten müsse auf alle naheliegenden rechtlichen Aspekte nach der Zielsetzung des Mandanten eingehen. Es stellt gerade die Herausforderung für die Prüflinge dar, herauszuarbeiten, welche konkreten rechtlichen Probleme anzusprechen sind.

cc. Ein Bewertungsfehler ergibt sich nicht aus der Kritik des Erstgutachters, der Kläger habe keine sachliche Zuständigkeit geprüft (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.2.). Die Frage, ob die sachliche Zuständigkeit zu prüfen gewesen ist, stellt eine der vollen Überprüfung zugängliche Fachfrage dar. Der Erstgutachter hat in dem in seinem Votum formulierten Erwartungshorizont zwar nicht ausdrücklich erwähnt, dass die Prüfung der sachlichen Zuständigkeit erforderlich gewesen ist; danach „sollte die im Sachverhalt angesprochene Problematik der Aktivlegitimation – nur – des Klägers erörtert werden“. Diese Formulierung konnte jedoch nicht so verstanden werden, dass andere Fragen der Zulässigkeit nicht anzusprechen gewesen sind, weil die Prüflinge ausweislich des Bearbeitervermerks „die Angelegenheit“ aus anwaltlicher Sicht zu begutachten hatten. Aus dieser Formulierung des Bearbeitervermerks lässt sich keine Beschränkung des Prüfungsumfanges hinsichtlich der Prüfung der Zulässigkeit entnehmen. Ebenso wenig lässt sich eine Beschränkung der gutachterlichen Prüfung aus der Tatsache folgern, dass im Bearbeitervermerk nicht die im Bezirk des LG Lüneburg befindlichen Amtsgerichte genannt worden sind. In Zusammenschau mit der Randbemerkung des Erstgutachters auf S. 1 der Klausurbearbeitung „Streitwert?“ wird deutlich, dass der Prüfer keine genaue Bezeichnung des örtlich zuständigen Gerichts erwartet hat, sondern eine Auseinandersetzung mit dem Streitwert und dem danach sachlich zuständigen Amts- bzw. Landgericht. Dies hat der Erstgutachter in seiner Stellungnahme im Rahmen des Überdenkungsverfahrens auch entsprechend klagestellt.

dd. Auch ist kein Bewertungsfehler darin zu erkennen, dass der Erstgutachter in seinem Votum festgestellt hat, § 532 BGB enthalte – anders als es der Kläger in seiner Klausur geschrieben habe – keine Legaldefinition und sei für den Fall überhaupt nicht anwendbar (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.3.). Auch in seiner Stellungnahme ist er bei dieser Bewertung geblieben und hat hinzugefügt, dass auch „§ 543 Abs. 2 Satz 1 BGB“ (gemeint wohl: § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB) keine Legaldefinition enthalte und dieser Begriff einem Prüfling im 2. Staatsexamen hinreichend geläufig sein müsse. Mit dieser Bewertung ordnet der Prüfer die Leistung des Klägers einem Leistungsbild zu, sodass eine prüfungsspezifische Wertung in Rede steht. Den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum hat der Prüfer nicht überschritten. Insbesondere hat er – den oben dargestellten Maßstäben zu Flüchtigkeitsfehlern (s.o. Nr. 2 b. bb.) folgend – keinen leichten Fehler als besonders schwerwiegenden Fehler gewertet oder einen offensichtlichen Schreibfehler negativ bewertet. Die Prüfer haben nicht verkannt, dass der Kläger Teile des Gesetzestexts des § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB wiedergegeben hat, obwohl er „532 BGB“ zitiert hat. Dies ergibt sich aus der Randbemerkung des Zweitgutachters „ist 543 I2 BGB gemeint?“. Hinsichtlich der Wahl des Wortes „Legaldefinition“ ist jedoch nicht erkennbar, ob der Kläger dieses Wort versehentlich zu Papier gebracht hat oder ob er tatsächlich der Auffassung gewesen ist, das Gesetz enthalte an dieser Stelle eine Legaldefinition. Die Prüfer durften vor diesem Hintergrund die Qualität der Darstellung, nämlich die Ausdrucksweise des Klägers, der einen juristischen Fachbegriff fehlgebraucht hat, kritisieren (s.o. Nr. 2 b. bb., vgl. BayVGH, B. v. 05.08.2002, a.a.O., Rn. 10). Die ungenaue Verwendung der juristischen Terminologie lässt Rückschlüsse auf die in einer juristischen Staatsprüfung zu überprüfenden Fähigkeiten des Prüflings zu (vgl. Hess. VGH, a.a.O., Rn. 118).

Es ist auch nicht erkennbar, dass die durch den Kläger verwendete Formulierung im Verhältnis zu den inhaltlichen Ausführungen übergewichtet worden ist. Auch dann, wenn man die Angabe eines falschen Paragrafen des BGB und die Verwendung des Begriffes „Legaldefinition“ als bloße Schreib- und Flüchtigkeitsfehler einordnen möchte und der Auffassung ist, diese seien hier übergewichtet worden, haben sich diese letztlich nicht auf das Gesamtergebnis ausgewirkt. Aus dem Votum des Erstgutachter geht hervor, dass die Gesamtbewertung der Arbeit von einer Vielzahl weiterer, darüber hinaus gehender Aspekte getragen wird. Der Erstgutachter hat in seinem Votum unter anderem kritisiert, dass das Mandantenbegehren nicht vollständig herausgearbeitet worden ist, der Kläger das Legitimationsproblem wegen § 714 BGB nicht gesehen habe, er sich nicht mit unstreitigen Angaben aus dem Sachverhalt auseinandergesetzt habe, die Leistung im Aufbau grundlegend fehlerhaft sei, nachvollziehbare Obersätze fehlten, die Prüfung der Gegenansprüche lückenhaft sei und der praktische Teil kaum brauchbar sei. Auch der Zweitgutachter hat sich im Wesentlichen der Erstbeurteilung angeschlossen und ebenfalls kritisiert, dass die Einzelheiten des Sachverhalts nicht richtig erfasst worden seien.

ee. Kein Bewertungsfehler liegt in der Kritik des Erstgutachters, wonach der vom Kläger gewählte Aufbau „grundlegend fehlerhaft“ (Votum) bzw. „misslungen“ (Randbemerkung) sei (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.4.). Den oben dargestellten Maßstäben zu Bewertungen, die sich auf den gewählten Aufbau beziehen, folgend (s.o. Nr. 2. a. bb.), liegt hier eine prüfungsspezifische Bewertung vor. Die Kritik der Prüfer ist dahingehend zu verstehen, dass sie sich gegen die aus dem gewählten Aufbau resultierende unzureichende Aufarbeitung der Angaben aus dem Sachverhalt gerichtet hat. Der Erstgutachter hat kritisiert, dass sich der Kläger durch ein künstliches Aufspalten des Vorbringens nicht zutreffend mit den unstreitigen Angaben aus dem Sachverhalt auseinandersetze und in der Klägerstation unzutreffende Schlüsse ziehe; die Leistung sei „hier“ im Aufbau grundlegend fehlerhaft. Im Überdenkungsverfahren hat der Erstgutachter seine Auffassung, dass ein einstufiger Aufbau angezeigt gewesen wäre, bestärkt. Der Zweitgutachter hat in seinem Votum ausgeführt, dass auch dann, wenn man den gewählten Aufbau für vertretbar ansieht, die Einzelheiten des Sachverhaltes nicht richtig erfasst worden sind, weil dem Kläger dann aufgefallen wäre, dass die Aufteilung in streitig und unstreitig bzw. in der Beweisstation „beweisbar“ und „nicht zu beweisen“ genauer für einzelne Tatsachen zu differenzieren ist. Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass die Prüfer nicht den vorliegend gewählten zweischichtigen Aufbau für kritikwürdig halten, sondern dass sie die Defizite bei der Auswertung der Tatsachen gesehen haben, die aus ihrer Sicht durch den zweischichtigen Aufbau entstanden sind. Diese Kritik richtet sich gegen die Qualität der Darstellung, weil sie die Vollständigkeit und die Geordnetheit der Sachverhaltsschilderung betrifft.

ff. Aus der Randbemerkung des Zweitgutachters „Warum nicht mit Vertrag beginnen?“ folgt kein Bewertungsfehler (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.5.). Diese am Aufbau der Arbeit geäußerte Kritik betrifft nach den o. g. Maßstäben (s.o. Nr. 2. a. bb.) eine prüfungsspezifische Wertung, weil sie sich auf die Geordnetheit der Darstellung bezieht. Dabei sind Bewertungsfehler nicht erkennbar. Insbesondere ist der Prüfer nicht von allgemein anerkannten Bewertungsmaßstäben abgewichen. Nach dem Anspruchsaufbau im Zivilrecht ist es häufig vorzugswürdig, mit der Prüfung vertraglicher Ansprüche zu beginnen und erst dann auf etwaige gesetzliche Ansprüche einzugehen, weil das, was die Parteien miteinander vereinbart haben, spezieller ist und deswegen Vorrang genießt („Vertrag, Vertrauen, Gesetz“, vgl. Lenz/Ott, JuS 2017, 653, 654; Stein, JuS 2014, 607, 609). Der Zweitgutachter hat den vom Kläger gewählten Aufbau nicht als falsch bezeichnet, sondern durch die als Frage formulierte Randbemerkung lediglich hinterfragt. Deswegen ist seine Kritik dahingehend zu verstehen, dass er die Einleitung der Prüfung mit vertraglichen Ansprüchen für vorzugswürdig gehalten hat. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat er klargestellt, dass es nahegelegen habe, mit der Prüfung der speziellen – der vertraglichen – Regelung zu beginnen; jedenfalls sei an irgendeiner Stelle des Gutachtens auf das Verhältnis zwischen vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen einzugehen gewesen. Damit hat er deutlich gemacht, dass er es nicht für falsch hält, die Prüfung mit gesetzlichen Ansprüchen zu beginnen, er jedoch eine Begründung für diesen Aufbau vermisst hat. Indem der Prozessbevollmächtige des Klägers nunmehr ausgeführt hat, es sei offensichtlich, dass die vertragliche Regelung in § 14 des Pachtvertrages die Situation nicht abschließend regele, sodass die Ausführungen des Klägers praxisnah seien, ist darin eine nachträgliche Erläuterung der Ausführungen des Klägers zu sehen, die bei der rechtlichen Überprüfung der Prüferbewertungen außer Acht bleiben muss.

gg. Keinen rechtlichen Bedenken begegnen die Randbemerkungen des Zweitgutachters, die sich auf die Formulierungen des Klägers „Der Mandantin ist zu raten, sich gegen die Klage zu verteidigen“ sowie „Die Beklagte wird sich gegen die Klage zur Wehr setzen“ gerichtet haben (vgl. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.6.). Der Zweitgutachter verweist in seinem Votum ausdrücklich auf seine Randbemerkungen, sodass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass sich diese Randbemerkung auf die Gesamtbewertung ausgewirkt hat (zum Prüfungsmaßstab bei in Randbemerkungen geäußerter Prüferkritik s.o. Nr. 2. b. cc.). Mit der ersten Randbemerkung auf S. 9 der Klausur („warum nicht zuerst Verteidigungsanzeige? prozessuale Lage ist unklar!“) hat der Zweitgutachter in erster Linie kritisiert, dass der Kläger nicht ausdrücklich feststellt, dass die Beklagte eine Verteidigungsanzeige abgeben wird. Hinsichtlich der zweiten Randbemerkung hat sich die Kritik gegen den Ausdruck des Klägers gewendet, weil er nicht den Wortlaut des Gesetzes gewählt hat (§ 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Vorliegend hat der Prüfer eine prüfungsspezifische Bewertung vorgenommen, weil er vor allem die Ausdrucksweise des Klägers einem Leistungsbild zugeordnet hat. Bewertungsfehler sind insoweit nicht zu erkennen. Insbesondere hat der Zweitgutachter keine falschen Tatsachen zugrunde gelegt, denn der Kläger hat in der Klausur auch nicht an anderer Stelle ausgeführt, dass dem Gericht innerhalb der in § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehenen Notfrist eine Verteidigungsanzeige vorzulegen ist. Die Gewichtung der insoweit unpräzisen und unvollständigen Formulierungen oblag den Prüfern; Fehler sind auch insoweit nicht ersichtlich. Unabhängig davon hat sich dieser Fehler – für sich genommen – ersichtlich nicht auf das Gesamtergebnis ausgewirkt (s.o. Nr. 2. c. dd. a.E.).

hh. Die Prüfer haben bewertungsfehlerfrei Anmerkungen zu dem in der Klausurbearbeitung von dem Kläger formulierten Mandantenbegehren vorgenommen (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.7.). Der Erstgutachter hat dazu in seinem Votum ausgeführt, das Mandantenbegehren sei „nicht vollständig“ herausgearbeitet worden; der Zweitgutachter hat bei der Darstellung des Mandantenbegehrens die Randbemerkung „ist das alles?“ hinterlassen. Bei der Frage, wie umfänglich das Mandantenbegehren in einer Klausur darzustellen ist, handelt es sich um eine prüfungsspezifische Frage. Soweit die Kritik sich auf die Vollständigkeit der Darstellung bezieht, ist dieser Aspekt einer fachlichen Überprüfung zugänglich. Danach ist die Kritik der Prüfer nicht zu beanstanden. Ausweislich des Aktenstückes hat der Mandant ausdrücklich den Wunsch geäußert, wegen der noch nicht beglichenen Pachtzahlung eigene Rechte gegen den Kläger prüfen zu lassen und diese ggf. geltend zu machen (vgl. Bl. 1 des Aktenstückes). Damit war es für eine vollständige Darstellung des Mandantenbegehrens erforderlich, auch den Wunsch der Geltendmachung des Pachtzinses darzustellen. Der Kläger hat sich vorliegend darauf beschränkt darzustellen, dass der Mandant verklagt worden ist. Ob es auch vertretbar ist, den Anspruch auf noch ausstehenden Pachtzins erst später im Rahmen der Widerklage zu prüfen, kann danach offenbleiben. Denn die hier in Rede stehende Kritik der Prüfer richtet sich allein gegen die Darstellung des Mandantenbegehrens, die auch dann unvollständig gewesen wäre, wenn die Ansprüche auf ausstehenden Pachtzins in einer späteren Widerklage noch geprüft worden wären.

ii. Die Rüge des Klägers, die Prüfer hätten den von ihm entworfenen praktischen Teil nicht vollständig gewürdigt, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.8.). Der Erstgutachter hat den praktischen Teil gewürdigt, ihn jedoch als „kaum brauchbar“ bewertet. Der Zweitgutachter hat auch in dem praktischen Teil der Klausurbearbeitung Randbemerkungen hinterlassen und im Überdenkungsverfahren auf den praktischen Teil der Klausurbearbeitung Bezug genommen. Die Bewertung seiner Leistung im praktischen Teil hat der Kläger nicht angegriffen.

jj. Der Erstgutachter durfte auch bewertungsfehlerfrei in sein Votum aufnehmen, dass der Kläger „lediglich“ das Kostenrisiko des § 93 ZPO erkannt habe (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.9.). In dieser die Qualität der Darstellung betreffenden Bewertung, die dem Prüfer einen Beurteilungsspielraum eröffnet, sind keine Bewertungsfehler erkennbar. Insbesondere ist keine willkürliche Bewertung zu erkennen, weil kein Widerspruch zu dem durch ihn formulierten Erwartungshorizont vorliegt. Dort heißt es nämlich, dass im Zweckmäßigkeitsteil „neben der naheliegenden Klageerwiderung auch zum Umgang mit Gegenansprüchen Stellung zu nehmen“ ist und „insbesondere“ zu einer möglichen Widerklage und dem „derzeit noch bestehenden Kostenrisiko (§ 93 ZPO)“. Die hier gerügte Passage des Votums ist vor diesem Hintergrund und im Zusammenhang zu lesen. Der Erstgutachter hat ausgeführt, die Prüfung der Gegenansprüche habe „in keiner Weise“ überzeugt, sei „lückenhaft“ und gehe „am Sachverhalt vorbei“. Vor diesem Hintergrund ist die gerügte Formulierung nicht widersprüchlich, weil der Erstgutachter mit der Formulierung „lediglich“ nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass der Kläger nichts anderes als die Frage des Kostenrisikos erkannt habe, sondern positiv hervorgehoben hat, dass er diese Frage geprüft hat, während die Behandlung der anderen Fragen kritikwürdig sei.

kk. Die Rüge, wonach dem Erstgutachter durch Formulierungen wie „soll das eine Prüfung sein?“ die gebotene emotionale Distanz fehle und er das Gebot der Fairness nicht eingehalten habe, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.10.). Nach dem o.g. Maßstab in Hinblick auf die Verletzung des Gebots der Sachlichkeit (ZG-Klausur, Nr. 2. a. gg.) ist hinsichtlich der von dem Kläger monierten Bemerkung „soll das eine Prüfung sein?“ kein Bewertungsfehler zu erkennen. Dies folgt bereits daraus, dass sich im Übrigen außer dieser Randbemerkung keine weitere – im Votum oder als Randbemerkung – geäußerte Bemerkung findet, die Ausdruck von fehlender Distanz bei der Bewertung der Klausur sein könnte. Darüber hinaus erreicht die in der o.g. Randbemerkung verwendete Formulierung für sich nicht das erforderliche Maß, um einen Verstoß gegen das Gebot der Sachlichkeit zu begründen.

ll. Die Rüge, dass der Zweitgutachter dem Kläger im Überdenkungsverfahren die Behauptung einer abschließenden Regelung unterstellt habe, greift ebenfalls nicht durch (s.o. Tatbestand, A1-Klausur, Nr. 4.11.). Der Stellungnahme des Zweitgutachters im Überdenkungsverfahren kann eine solche Unterstellung bereits nicht entnommen werden. Der Zweitgutachter hat ausgeführt: „Wäre also das geschrieben worden, was im Widerspruch steht (keine abschließende Regelung, nur beispielhaft) wäre an dieser Stelle auch klar gewesen, weshalb die gesetzliche Norm sofort geprüft wird.“ Mit diesem Satz hat der Zweitgutachter zum Ausdruck gebracht, welche Ausführungen aus seiner Sicht erforderlich gewesen wären, um die Prüfungsreihenfolge des Klägers nachvollziehen zu können.

d. Auch die Bewertung der A2-Klausur ist nicht zu beanstanden. Die geltend gemachten Rügen greifen nach den oben genannten Maßstäben nicht durch.

aa. Ein Bewertungsfehler folgt nicht daraus, dass der Erstgutachter den Schwierigkeitsgrad der Klausur anders eingeschätzt hat als der Zweitgutachter (s.o. Tatbestand, A2-Klausur, Nr. 3.1.). Der Erstgutachter geht davon aus, dass die Klausur „bereits von überdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad“ ist, während der Zweitgutachter die Klausur als „nur von mittlerer Schwierigkeit“ eingeschätzt hat. Die Beurteilung des Schwierigkeitsgrades einer Klausuraufgabe stellt eine prüfungsspezifische Beurteilung dar. Durch das Zwei-Prüfer-Prinzip soll gerade erreicht werden, dass auch Unzulänglichkeiten menschlichen Handelns und damit typische Defizite an Prüfungsgerechtigkeit ggf. ausgeglichen werden, um die Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG). zu realisieren (vgl. Niehues, a.a.O., Rn. 547 m.w.N.). Dieser Zweck wird gerade dann erreicht, wenn – wie hier – der Zweitprüfer im Hinblick auf den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe zu einer anderen Wertung kommt als der Erstgutachter, weil daraus folgt, dass er eine eigene, von dem Erstgutachten losgelöste Bewertung vorgenommen hat. Es ist deswegen dem Zwei-Prüfer-System immanent, dass die Prüfer bei der ihnen zustehenden Beurteilung des Schwierigkeitsgrads der Aufgabe ggf. zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, und damit auch hinzunehmen, dass der Zweitprüfer die Aufgabe als weniger schwer einordnet als der Erstgutachter. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass die Einordnung der unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade willkürlich erfolgt ist. Beide Prüfer haben ihre jeweilige Bewertung des Schwierigkeitsgrades begründet und jeweils sachliche Gründe aufgeführt, die zu ihrer Einschätzung geführt haben.

bb. Die Rüge des Klägers, dass die Formulierung des Bearbeitervermerks zu unbestimmt gewesen sei, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, A2-Klausur, Nr. 3.2.) Eine Prüfungsaufgabe muss grundsätzlich verständlich, widerspruchsfrei und eindeutig sein (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 396 m.w.N.). Eine Frage ist aber auch dann eindeutig gestellt, wenn sie dem Prüfling abverlangt, die am ehesten zutreffende Antwort oder optimale Lösung zu finden (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 399 m.w.N.). Nach diesem Maßstab ist die Fragestellung hinreichend bestimmt. Ausweislich des Bearbeitervermerks hatten die Klausurbearbeiter ein Gutachten zu erstellen sowie „etwaig erforderliche Schriftstücke und/oder Brief(e)“ zu verfassen. Dem Bearbeitervermerk ist eindeutig zu entnehmen, dass zunächst ein Gutachten anzufertigen gewesen ist. Hinsichtlich des praktischen Teils der Klausuraufgabe gibt der Bearbeitervermerk nicht klar vor, welche Art von „Schriftstück“ zu fertigen ist. Dem Wortlaut des Bearbeitervermerks ist jedenfalls zu entnehmen, dass „Schriftstücke“ alle Arten von Entwürfen sein können, die keine Briefe darstellen, da letztere explizit gesondert erwähnt worden sind. In den rechtsberatenden und -gestaltenden Klausuren soll gerade geprüft werden, ob die Prüflinge in der Lage sind zu erkennen, welche Art von Schriftstück im Einzelfall anzufertigen ist. Dies ergibt sich aus dem Begehren des Mandanten in der Klausuraufgabe sowie aus dem Ergebnis des Gutachtens, welches der Prüfling zuvor angefertigt hat (vgl. das Merkblatt „Die Aufsichtsarbeit aus dem Zivilrecht mit einer gutachterlich-rechtsberatenden oder gutachterlich-rechtsgestaltenden Aufgabenstellung“ des Nds. LPA, Stand Januar 2010, S. 1). Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, dass die Aufgabenstellung das / die anzufertigende(n) Schriftstück(e) nicht näher eingegrenzt hat, weil in dem Fall Teile der Lösung vorweggenommen worden wären.

Darüber hinaus ist kein Bewertungsfehler darin zu sehen, dass Erst- und Zweitgutachter die Anfertigung mindestens eines Vertragsentwurfes als „Schriftstück“ erwartet haben. Ein Bewertungsfehler kommt in Betracht, wenn Prüfer von einer falschen Bewertungsgrundlage ausgegangen sind, weil sie ihrer Bewertung falsche tatsächliche Umstände zugrunde gelegt haben, z.B. indem sie die Prüfungsaufgabe verkannt haben („Sachverhaltsirrtum“, vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 620). Von einem zutreffenden Sachverhalt gehen die Prüfer aus, wenn sie die Prüfungsaufgabe und die darauf bezogene Prüfungsleistung vollständig und richtig zur Kenntnis genommen und in ihre Erwägungen einbezogen haben. Diese Erfassung des Sachverhalts ist der eigentlichen Bewertung der Prüfungsleistung vorgelagert. Wird von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen, so zieht dies zwangsläufig die Rechtswidrigkeit der Prüfungsentscheidung nach sich, da die Bewertung dann auf einer unzulänglichen tatsächlichen Grundlage getroffen wird (BVerwG, U. v. 21.10.1993 - 6 C 12/92 -, juris Rn. 23). Die Beurteilungsfreiheit rechtfertigt es nicht, von dem Prüfling Leistungen zu verlangen, die nach Aufgabenstellung nicht erbracht werden müssen (vgl. BVerwG, U. v. 09.12.1983 - 7 C 99/82 -, juris Rn. 18; VG Hannover, U. v. 25.09.2013 - 6 A 4950/12 -, juris Rn. 33). Allerdings stellen Erwägungen des Prüfers darüber, ob der Prüfling die Aufgabe, die von ihr aufgeworfenen Probleme sowie die Möglichkeiten einer Lösung richtig verstanden hat, bereits einen Teil der eigentlichen Bewertung dar und sind nicht mehr der Erfassung des Sachverhalts zuzurechnen. Derartige Erwägungen betreffen daher bereits den ersten Teil der Lösung der gestellten Aufgabe. Sie werden vom Prüfer angestellt, um auf dieser Grundlage die Prüfungsleistung bewertend nachvollziehen zu können (BVerwG, U. v. 21.10.1993, a.a.O.). Die Prüfer können im Rahmen des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraumes bestimmen, nach welcher Antwort sie fragen (vgl. BVerwG, U. v. 09.12.1983, a.a.O.; Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 641).

Nach diesem Maßstab ist die vorliegende Einschätzung der Prüfer, dass der Kläger einen Vertragsentwurf anzufertigen hatte, nicht mehr der Erfassung der Aufgabenstellung, sondern bereits der Bewertung der Prüfungsleistung zuzurechnen. Die Prüfer haben erkannt, dass die Formulierung im Bearbeitervermerk („Schriftstücke“) theoretisch die Möglichkeit eröffnet, verschiedene Entwürfe als Lösung vorzuschlagen. Mit ihrer Einschätzung, dass ein Vertragsentwurf zu fertigen gewesen ist, bewerten sie die Frage, wie die Klausuraufgabe – aus ihrer Sicht – im Optimalfall zu lösen ist, sodass ihnen insoweit ein Beurteilungsspielraum zusteht. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie willkürlich die Anfertigung eines Vertragsentwurfes erwartet haben; vielmehr hat sich diese Lösung bei Durchsicht des Aktenstückes aufgedrängt. Die Frage, welche Art von Schriftstück zu entwerfen ist, hat sich nach der Interessenlage der Mandanten zu richten (vgl. auch das Merkblatt „Die Aufsichtsarbeit aus dem Zivilrecht mit einer gutachterlich-rechtsberatenden oder gutachterlich-rechtsgestaltenden Aufgabenstellung“ des Nds. LJPA, Stand Januar 2010, S. 1). Dem vorliegenden Aktenstück lässt sich entnehmen, dass die Mandanten wegen der Übertragung von Inventar „zusätzlichen Rechtsrat und ggf. anwaltliche Vertretung“ benötigen (vgl. Bl. 1 der Klausuraufgabe). Außerdem hat der Mandant gefragt: „Wie ist es, wenn der Käufer den Kaufpreis für die Tankstellen-Ausstattung nicht fristgerecht zahlt? Steht mir dann ein Ausgleich zu? Ich könnte die Tankstelle schließlich auch für 1.500 € pro Monat verpachten.“ Darüber hinaus haben die Mandanten dem beratenden Anwalt, dessen Sicht die Klausurbearbeiter einzunehmen hatten, eine Aufstellung der Verkaufsgegenstände vorgelegt, aus der sich die Verkaufspreise der jeweiligen Gegenstände im Einzelnen haben entnehmen lassen, sowie den Kaufvertrag über das Grundstück, ein Schreiben an den Kaufinteressenten mit näheren Informationen zu einzelnen, in der Liste der Verkaufsgegenstände aufgeführten Gegenständen und des Firmenwertes und schließlich ein Schreiben, in dem sich der Kaufinteressent mit den aufgerufenen Preisen einverstanden erklärt hat. Nicht ausdrücklich geäußert haben die Mandanten den Wunsch, den Entwurf eines Vertrages zum Verkauf der aufgelisteten Gegenstände vorgelegt zu bekommen. Trotzdem ist die Einschätzung der Prüfer, dass ein Vertragsentwurf anzufertigen war, nicht willkürlich. Dies ergibt sich daraus, dass sich in dem Aktenstück bereits sämtliche Dokumente und Informationen befinden, die zur Anfertigung eines Vertrages gebraucht würden. Denn durch die genaue Bezeichnung der Verkäufer- und Käuferpartei, der Bezeichnung sämtlicher Verkaufsgegenstände in der Auflistung und die Angabe der einzelnen Preise für diese Gegenstände sind die essentalia negotii bekannt, sodass alles dafürspricht, den Verkauf durch einen Vertragsentwurf in die Wege zu leiten. Auch ist aus den durch die Mandanten vorgelegten Unterlagen deutlich geworden, dass die Schwierigkeit des vorliegenden Falles gerade darin gelegen hat, die vorgelegten Unterlagen zu sortieren und zu entscheiden, welcher Art von Vertrag sie zuzuordnen sind: Einem Grundstückskaufvertrag oder dem hier ggf. zu entwerfenden Vertrag. Darüber hinaus haben die Mandanten deutlich gemacht, dass sie eine Regelung bezüglich etwaiger Schadensersatzansprüche wegen eines denkbaren Nutzungsausfalles benötigen. Auch dies hat dafürgesprochen, über die (beweglichen) Verkaufsgegenstände einen Vertrag anzufertigen, der auch eine Regelung dieser Frage enthält. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger nicht davon ausgehen können, dass sich eine vollständige Bearbeitung der Klausuraufgabe darin erschöpft, das Ergebnis des rechtlichen Gutachtens – abstrakt – in einem Mandantenschreiben wiederzugeben. Dies ergibt sich unabhängig von den Hinweisen aus dem Aktenstück auch daraus, dass die Anfertigung eines solchen Schreibens an die Mandanten keine (weitere) eigene Leistung mehr darstellt, sondern nur eine Zusammenfassung der gutachterlichen Prüfung. Demgegenüber kann bei dem Entwurf eines Vertrages zum Verkauf der aufgelisteten Gegenstände und des Firmenwertes die Fähigkeit des Prüflings geprüft werden, ob er mit dem Aufbau eines solchen Vertrages vertraut ist, er einen alle Risiken abdeckenden, rechtssicheren Vertrag entwerfen kann und ihm die Formulierung der entsprechenden Klauseln gelingt. Auch der Einwand des Klägers, es sei in der Praxis aus arbeitsökonomischen Gründen nicht sinnvoll, direkt einen Vertragsentwurf zu fertigen, kann zu keiner anderen Einschätzung führen. Ein Mandantenschreiben, wie es der Kläger verfasst hat, würde dem Mandanten ebenfalls keinen Mehrwert bringen. Höchstens für den Fall einer ersten Beratung wäre es naheliegend, vor Anfertigung eines Vertragsentwurfes zunächst das weitere Vorgehen mit den Mandanten zu besprechen. Ausweislich des Aktenstückes sind die Mandanten dem Anwalt aber aus vorherigen Beratungen bekannt, sodass bereits eine Mandantenbeziehung besteht.

cc. Aus der Formulierung des Erstgutachters, dass „es sich empfiehlt“, im Aufbau zwischen dem Kaufvertrag der Mandantin und dem ihres Ehemannes zu unterscheiden, folgt kein Bewertungsfehler (s.o. Tatbestand, A2-Klausur, Nr. 3.3.). Dem o.g. Maßstab für die Überprüfung von Bewertungen, die sich auf den gewählten Aufbau beziehen. folgend (s.o. Nr. 2. a. bb.), ist diese Bemerkung des Erstgutachters als prüfungsspezifisch zu qualifizieren. Der dem Prüfer insoweit zustehende Beurteilungsspielraum ist nicht überschritten worden. Die hier gerügte Formulierung taucht in dem Votum des Erstgutachters und dort in dem unter I. dargestellten Erwartungshorizont auf. Die Wertung, einen zwischen den Eheleuten getrennten Aufbau für vorzugswürdig zu erachten, liegt innerhalb des dem Prüfer zustehenden Beurteilungsspielraumes und begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist die als Empfehlung formulierte Bemerkung des Prüfers deswegen nachvollziehbar, weil nur die Mandantin auch ein Grundstück verkauft, der Mandant hingegen nicht. Die Kritik des Erstgutachters, die sich auf die Ausführungen des Klägers bezieht, kritisiert die Unübersichtlichkeit, die aus der unterbliebenen Trennung der Prüfung folgt. Auch insoweit ist die Bewertung nachvollziehbar.

dd. Keine rechtlichen Bedenken ergeben sich gegen die Feststellung des Erstgutachters in seinem Votum, der Kläger habe die Problematik, dass der von dem Mandanten „beabsichtigte Verkauf ein sogenannter Unternehmenskaufvertrag sein wird, für den einige Besonderheiten gelten“, nicht gesehen (s.o. Tatbestand, A2-Klausur, Nr. 3.4.). Auch der Zweitgutachter formuliert in seinen im Votum enthaltenen Lösungsvorschlägen, „es dürfte sich um einen Unternehmenskaufvertrag – und nicht um einen Inventarvertrag – handeln“. Bei der Einordnung des Vertrages handelt es sich um eine fachliche Frage, die voll gerichtlich überprüfbar ist. Danach ist vorliegend nur der Entwurf eines sogenannten Unternehmenskaufvertrags in Betracht gekommen. Die Frage, welcher Vertrag zu entwerfen ist, richtet sich nach dem im vorliegenden Aktenstück durch die Mandanten geäußerten Parteiwillen, der – nötigenfalls – durch Auslegung zu ermitteln ist. Danach und unter Einbeziehung der Interessenlage der Mandanten kam vorliegend nur ein Unternehmenskaufvertrag in Betracht. Ausweislich des Aktenstückes wollten die Mandanten neben verschiedenen Verkaufsgegenständen und der Tankstellenausstattung außerdem den „Firmenwert (u.a. Bekanntheitsgrad, Image, Kundenstamm)“ für 60.000,00 Euro verkaufen. Aus den Umständen, dass der „Firmenwert“ in der Auflistung der zu veräußernden Gegenstände preislich die höchste Position in dieser Auflistung ausgemacht hat und die Mandanten auch das Grundstück verkaufen sowie den gesamten Betrieb aufgeben wollten, folgt, dass es gerade nicht dem Interesse der Mandanten entsprochen hat, die genau bezeichneten Gegenstände einzeln zu veräußern. Sie haben vielmehr zum Ausdruck gebracht, die Gesamtheit aus allen mit der Tankstelle zusammenhängenden Gegenständen und Rechten in einem verkaufen zu wollen, um sich dann zur Ruhe zu setzen. Der Entwurf eines Inventarvertrages zum Verkauf der Gegenstände im Einzelnen wäre außerdem allein nicht ausreichend gewesen. Denn hinsichtlich der Veräußerung des Firmenwertes wäre es auch dann erforderlich gewesen zu erkennen, dass auf den Verkauf des Firmenwertes über § 453 Abs. 1 Alt. 2 BGB („sonstige Gegenstände“) die Vorschriften über den Kauf von Sachen nur „entsprechend“ anwendbar gewesen wären. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der durch den Prozessbevollmächtigen des Klägers zitierten Literatur (Rupietta, Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung unwirksamer Unternehmenskaufverträge). Der Autor führt dort aus, dass es sich immer dann um einen Inventarvertrag anstatt um einen Unternehmenskaufvertrag handelt, wenn der Käufer beabsichtigt, lediglich einzelne bewegliche und unbewegliche Sachen oder nur einzelne Rechte oder sonstige Vermögenswerte zu verkaufen (vgl. Rupietta, a.a.O., S. 22). Dies entspricht aber – wie eben dargestellt – gerade nicht dem Willen der Mandanten in dem zu bearbeitenden Aktenstück. Im Übrigen befasst sich die von dem Prozessbevollmächtigen des Klägers zitierte Literatur in dem relevanten Textabschnitt mit der Abgrenzung zwischen Inventarverträgen und Unternehmenskaufverträgen, weil nur bei Vorliegen eines Inventarvertrags das (inzwischen außer Kraft getretene) Abzahlungsgesetz anwendbar ist (vgl. Rupietta, a.a.O., S. 23, Fn. 88: BGH, U. v. 26.10.1984 - V ZR 140/83 -, juris Rn. 19; BGH, U. v. 02.03.1988 - VIII ZR 63/87 -, juris Rn. 16 mit Beispielen). Vor diesem Hintergrund ist schon das Parteiinteresse in den Fällen, die der von dem Autor zitierten Rechtsprechung zugrunde lagen, nicht notwendigerweise mit der Interessenlage der Mandanten in dem vorliegenden Aktenstück vergleichbar.

Auch dann, wenn man davon ausgeht, dass vorliegend nicht nur ein Unternehmenskaufvertrag dem Parteiwillen entsprochen hat, sondern auch ein Inventarvertrag im Interesse der Mandanten gelegen haben könnte, hätte sich ein dann anzunehmender Bewertungsfehler nicht auf das Gesamtergebnis ausgewirkt hat. Dies folgt daraus, dass der Kläger einen wesentlichen Teil der Klausur nicht bearbeitet hat, indem er nicht – wie es erforderlich gewesen wäre – einen Vertragsentwurf angefertigt hat (s.o. Nr. 2 d. bb.). Dies haben auch beide Prüfer in ihren Voten hervorgehoben. Außerdem sind die darüber hinausgehenden, in dem Erst- und Zweitgutachten genannten Kritikpunkte von grundsätzlicher Natur. Der Erstgutachter hat unter anderem kritisiert, dass der Aufbau unübersichtlich ist, die sachenrechtliche Einordnung der zu veräußernden Gegenstände zum großen Teil falsch ist, die inhaltliche Ausgestaltung eines Kaufvertrags nicht gelingt, der Umfang der Formbedürftigkeit des § 311b BGB verkannt worden ist und dementsprechend auch der pauschale Hinweis an die Mandanten, sie bräuchten keinen notariellen Kaufvertrag zu schließen, falsch ist. Der Zweitgutachter hat darüber hinaus unter anderem noch kritisiert, dass der Wunsch der Mandanten nach einer Regelung über Schadensersatz zu oberflächlich geprüft worden sei, nicht hinreichend zwischen der Eigentümerstellung an den verschiedenen Kaufgegenständen differenziert worden sei und wesentliche Probleme nicht gesehen worden seien.

ee. Die Rüge des Klägers, dass die Prüfer den von ihm angefertigten praktischen Teil nicht in die Bewertung einbezogen hätten und deswegen ggf. von falschen Tatsachen bei der Bewertung der Leistung des Klägers ausgegangen seien, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, A2-Klausur, Nr. 3.5.). Die Prüfer haben den praktischen Teil der Klausurbearbeitung ersichtlich in ihre Bewertung einbezogen. Der Erstgutachter hat in seinem Votum zwar bzgl. des praktischen Teils nur festgestellt, dass der Entwurf eines Kaufvertrages fehlt; er hat aber in seiner Stellungnahme ausgeführt, das vom Kläger verfasste Mandantenschreiben sei in die Beurteilung eingeflossen, es habe nur keine Punkte enthalten, welche die Beurteilung wesentlich hätten beeinflussen können. Der Zweitgutachter hat sich bereits in seinem Votum zu dem Mandantenschreiben geäußert. Auch die fehlenden Randbemerkungen lassen nicht darauf schließen, dass der Prüfer diesen Teil der Bearbeitung nicht bewertet hat (s.o. Nr. 1. a.).

e. Auch die Bewertung der VR-Klausur ist nicht zu beanstanden. Die geltend gemachten Rügen greifen nach den oben genannten Maßstäben nicht durch.

aa. Hinsichtlich der Kritik, dass der Kläger den Sachverhalt nicht in der verwaltungsüblichen Form abgefasst habe, ist kein Bewertungsfehler zu erkennen (s.o. Tatbestand, VR-Klausur, Nr. 3.1.). Das Abfassen der Entscheidung in der „verwaltungsüblichen“ Form ist laut Nr. 2 des Bearbeitungsvermerks Gegenstand der Prüfung gewesen; die Darstellung des Sachverhalts ist Teil der Entscheidung. Den oben dargestellten Maßstäben bezüglich Bewertungen, die sich auf den gewählten Aufbau beziehen (s.o. 2. a. bb.) folgend, handelt es sich bei dieser Prüferkritik vorwiegend um eine prüfungsspezifische Bewertung, weil er mit dem Hinweis zum Ausdruck gebracht hat, dass er die vom Kläger gewählte Darstellung des Sachverhalts gerade nicht für falsch hält, sondern nur für weniger gebräuchlich. Es unterfällt dem ihm zustehenden Beurteilungsspielraum einen weniger gebräuchlichen Aufbau negativ zu bewerten. Insoweit sind Beurteilungsfehler nicht erkennbar. Soweit fachlich überprüfbar ist, ob der von dem Kläger gewählte Aufbau der in der Verwaltung üblichen Form entsprochen hat, sind ebenfalls keine Bewertungsfehler ersichtlich. Die Sachverhaltsdarstellung soll sich ausweislich einschlägiger Ausbildungsliteratur an dem Aufbau des verwaltungsgerichtlichen Tatbestandes orientieren und das Geschehen chronologisch darstellen (vgl. Kaiser/Köster/Seegmüller, Die öffentlich-rechtliche Klausur im Assessorexamen, 3. Aufl., Rn. 415 m.w.N.). In einem verwaltungsgerichtlichen Urteil soll die Verfahrensgeschichte chronologisch im Imperfekt dargestellt werden (vgl. Kaiser/Köster/Seegmüller, a.a.O., Rn. 72). Wie der Erstgutachter zutreffend festgestellt hat, hat der Kläger den Sachverhalt gerade nicht chronologisch dargestellt, weil er z. B. nicht die erfolgte Anhörung und die daraufhin vorgetragenen Ansichten und Tatsachen des Adressaten des zu entwerfenden Bescheides wiedergegeben hat. Auch entspricht der Einleitungssatz, in dem von einem „Streit“ die Rede ist, nicht der üblichen Form eines Erstbescheides.

bb. Ebenso wenig liegt ein Bewertungsfehler vor, soweit der Erstgutachter bemängelt hat, dass der Kläger das Tatbestandsmerkmal „nachträglich eingetretene Tatsachen“ des § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG zunächst „vom Ansatz her“ zutreffend geprüft habe, danach aber aus dem Blick verliere, dass die maßgebliche Tatsache das Strafurteil aus dem Jahr 2013 sei und nicht die Straftaten an sich, die zeitlich viel früher begangen worden sind (s.o. Tatbestand, VR-Klausur, Nr. 3.2.). Der Prüfer hat den ihm insoweit zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, weil er nicht von falschen Tatsachen ausgegangen ist. Aufgrund der Ausführungen des Klägers in der Klausurbearbeitung ist – der Kritik des Erstgutachters folgend – nicht erkennbar, dass der Kläger sich an dieser Stelle auf die Verurteilung aus dem Jahr 2013 bezieht.

cc. Auch folgt kein Bewertungsfehler aus der Kritik der Prüfer, der Kläger habe zu einigen Teilen des von ihm entworfenen Tenors keine Ermächtigungsgrundlagen genannt (s.o. Tatbestand, VR-Klausur, Nr. 3.3.). Die Nennung einer Ermächtigungsgrundlage für belastende Verwaltungsmaßnahmen ist fachlich überprüfbar und allgemein anerkannt. Der Kläger hat keine Ermächtigungsgrundlagen für die von ihm in seinem Entwurf eines Bescheides vorgeschlagenen Verfügungen genannt, nämlich nicht für die Einziehung der Erlaubnisurkunde, die Aufforderung an den Adressaten, seine Tätigkeit bis zum 20. Januar 2015 einzustellen, die Schließung des Büros und die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500 € „für jede Zuwiderhandlung“ (vgl. Klausurbearbeitung S. 1 und S.10). Er hat nur die Zuständigkeitsregelung in § 64 Abs. 3 SOG zitiert. Hinsichtlich der Gewichtung der unterbliebenen Nennung der Ermächtigungsgrundlagen verbleibt den Prüfern ein Beurteilungsspielraum, den sie nicht ersichtlich überschritten haben. Insbesondere ist nach den oben dargestellten Maßstäben zu „Flüchtigkeitsfehlern“ (s.o. Nr. 2 b. bb.) nicht erkennbar, dass der Kläger die Ermächtigungsgrundlage nur aufgrund eines Versehens nicht genannt hat. Dahingehende Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger auch nach der Abfassung dieses Teils der Klausur noch drei weitere Seiten – den Vermerk und die Abschlussverfügung – verfasst, sodass die Nennung der Ermächtigungsgrundlagen offensichtlich nicht aus Zeitgründen unterblieben ist. Unabhängig davon kann die unterbliebene Nennung einer Ermächtigungsgrundlage von vornherein nicht als offensichtlich leichter Fehler eingeordnet werden.

dd. Die Rüge gegen die Randbemerkung des Erstgutachters „Adresse“ neben der von dem Kläger verfassten Rechtsbehelfsbelehrung greift nicht durch (s.o. Tatbestand, VR-Klausur, Nr. 3.4.). Nach dem oben dargestellten Maßstab hinsichtlich in Randbemerkungen geäußerter Prüferkritik (s.o. Nr. 2 b. dd.) ist nicht ersichtlich, dass sich diese Randbemerkung auf die Gesamtbewertung ausgewirkt hat. Der Erstgutachter hat in seinem Votum weder ausdrücklich noch konkludent auf diese Randbemerkung Bezug genommen oder ist inhaltlich auf sie eingegangen (vgl. Niehues, a.a.O., Rn. 708; OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 13.09.2012, a.a.O., Rn. 78 m. w. N.). Es ist erkennbar auch nicht beabsichtigt gewesen, auf die unterbliebene Nennung der Adresse des Verwaltungsgerichts Lüneburgs im Votum noch einmal einzugehen, denn der Erstgutachter hat einen anderen Punkt an der vom Kläger verfassten Rechtsbehelfsbelehrung kritisiert, nämlich, dass der Kläger den Beginn des Laufes der Klagefrist nicht erwähnt hat. Auch diese Kritik hatte er – genau wie die hier gerügte Randbemerkung „Adresse“ – bereits als Randbemerkung auf S. 10 der Klausurbearbeitung hinterlassen. Dies wird auch durch die Stellungnahme des Erstgutachters im Überdenkungsverfahren gestützt. Dort hat er zu dieser Rüge ausgeführt, die Angabe der Adresse sei „verwaltungsüblich“, als rechtsfehlerhaft habe er jedoch nur die fehlende Angabe zu dem Beginn der Klagefrist angesehen.

Auch dann, wenn man annimmt, dieser Randbemerkung komme eine eigenständige Bedeutung zu, hat sie sich jedenfalls nicht entscheidend auf das Gesamtergebnis ausgewirkt. Ob die Adresse des Gerichts in der Rechtsbehelfsbelehrung angegeben werden muss, ist fachlich überprüfbar. Im vorliegenden Fall war dies nicht der Fall, denn die Adresse ist nur dann zu nennen, wenn dies zur Identifizierung des zuständigen Gerichts notwendig ist; ansonsten reicht die Angabe des Sitzes (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl., § 37 Rn. 48). Den Sitz hat der Kläger angegeben, indem er „Verwaltungsgericht Lüneburg“ geschrieben hat. Allerdings haben die Prüfer im Übrigen grundlegende Kritik geäußert: Der Erstgutachter hat unter anderem kritisiert, dass der Kläger „das Kernproblem des Widerrufs der Gewerbeerlaubnis nicht in den Griff“ bekomme und er für Eingriffsverwaltungsakte keine Rechtsgrundlage benenne. Der Zweitgutachter hat noch hinzugefügt, dass der Sachverhalt nicht den Anforderungen entsprochen habe, zentrale Probleme fehlerhaft behandelt worden seien und der Entwurf für die Praxis komplett überarbeitet werden müsste. Vor dem Hintergrund dieser Kritik der Prüfer hat sich die Kritik an der unterbliebenen Nennung der Adresse des Gerichts in der Rechtsbehelfsbelehrung für sich genommen nicht auf das Ergebnis ausgewirkt.

ee. Kein Bewertungsfehler folgt aus der Formulierung des Zweitgutachters in seinem Votum „der Sachverhalt entspricht nicht den Anforderungen“ (s.o. Tatbestand, VR-Klausur, Nr. 3.5.). Mit seinem Votum hat sich der Zweitgutachter der Bewertung des Erstgutachters angeschlossen, sodass die hier gerügte Formulierung jedenfalls in Zusammenschau mit dem Votum des Erstgutachters verständlich und nachvollziehbar ist. Darüber hinaus hat der Zweitgutachter dazu im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ergänzend Stellung genommen und darauf verwiesen, dass die Anforderungen an Sachverhalte hinreichend bekannt sein sollten, weil diese in der Arbeitsgemeinschaft vermittelt worden seien, sodass er es für entbehrlich gehalten habe, die Anforderungen darzustellen. Damit hat er verdeutlicht, dass er die allgemeinen Anforderungen angesprochen hat, die bei der Anfertigung von Sachverhalten in öffentlich-rechtlichen Klausuren gelten. Insoweit ist nicht erkennbar, dass mit dem Hinweis auf Inhalte der Arbeitsgemeinschaft ein „falscher Erwartungshorizont“ entsteht.

ff. Ein Bewertungsfehler folgt auch nicht daraus, dass der Zweitgutachter in seinem Votum formuliert hat, „der vorgelegte Entwurf müsste für eine Verwendung in der Praxis vollständig überarbeitet werden“ (s.o. Tatbestand, VR-Klausur, Nr. 3.6.). Mit dieser Formulierung ordnet der Prüfer die Leistung des Klägers einem Leistungsbild zu, sodass ihm ein Beurteilungsspielraum zusteht. Er geht dabei auch nicht von falschen Tatsachen aus oder verstößt gegen allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe, weil er die Funktion eines Entwurfes verkenne, denn die Äußerung ist dahingehend zu verstehen, dass er auf eine Vielzahl von Schwächen in der Klausurbearbeitung hat hinweisen wollen.

gg. Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die vom Kläger tenorierte Zwangsgeldfestsetzung – anstatt der Androhung eines Zwangsgeldes – negativ in die Bewertung eingeflossen ist, indem der Erstgutachter sie als „verfehlt“ bezeichnet hat (s.o. Tatbestand, VR-Klausur, Nr. 3.7.). Mit dieser Bewertung hat der Prüfer die Leistung des Klägers einem Leistungsbild zugeordnet; sie richtet sich gegen die Qualität der Darstellung und eröffnet insoweit einen Beurteilungsspielraum für den Prüfer, den er nicht überschritten hat. Insbesondere ist nach den oben dargestellten Maßstäben zu „Flüchtigkeitsfehlern“ (s.o. Nr. 2 b. bb.) nicht ersichtlich, dass der Kläger im Tenor nur versehentlich ein Zwangsgeld festgesetzt hat. Der Kläger hat in der Klausurbearbeitung mit nur einem Satz Stellung zu der Zuständigkeit bei einer Zwangsgeldandrohung genommen. Mangels Nennung einer Rechtsgrundlage für die Androhung eines Zwangsgeldes und weiterer Ausführungen zu diesem Punkt folgt aus diesem Satz alleine nicht, dass die tenorierte Zwangsgeldfestsetzung auf einem bloßen Versehen beruht. Auch andere, dahingehende Anhaltspunkte sind nicht erkennbar. Selbst wenn der Kläger in seiner Klausurbearbeitung noch deutlicher gezeigt hätte, dass er die Androhung eines Zwangsgeldes (und nicht dessen Festsetzung) hat prüfen wollen, spricht nichts gegen die vorliegend erfolgte negative Gewichtung der falschen Tenorierung. Der Tenor des Bescheides ist von besonderer Wichtigkeit, sodass Fehler bei der Tenorierung auch dann bewertungsfehlerfrei negativ bewertet werden können, wenn sie auf einer Nachlässigkeit beruhen.

f. Auch die Bewertung der WSR-Klausur begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die geltend gemachten Rügen greifen nach den oben genannten Maßstäben nicht durch. Im Einzelnen:

aa. Ein Bewertungsfehler folgt nicht aus der Formulierung des Erstgutachters, die Klausurbearbeitung lasse ihn „etwas ratlos zurück“. Die Rüge des Klägers, dass diese Bemerkung pauschalisierend und wertend sei und im Widerspruch zu der Aussage stehe, dass der Kläger wichtige Fragen erkenne und durchaus in der Lage sei, im Gutachtenstil zu arbeiten, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 3). Nach den oben dargestellten Maßstäben, wann Randbemerkungen oder Formulierungen im Votum gegen das Gebot der Sachlichkeit verstoßen (s.o. Nr. 2 a. gg.), ist hier kein solcher Verstoß ersichtlich. In der hier gerügten Formulierung steckt bereits keine Kritik, die unsachlich sein könnte. Auch hat der Prüfer damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass ihm insgesamt die emotionale Distanz zur Bewertung der Klausur verloren gegangen ist. Der Prüfer leitet mit dieser Formulierung einen Absatz seines Votums ein, in dem er im Wesentlichen zum Ausdruck gebracht hat, dass die Klausurbearbeitung des Klägers positive Aspekte beinhaltet, weil der Verfasser durchaus in der Lage „scheint“, im Gutachtenstil zu arbeiten, und wichtige Fragen wie die der Sittenwidrigkeit und die Verwertbarkeit „durchaus“ erkannt worden seien. Allein aus der Aufzählung positiver Ansätze der Bearbeitung und der anschließenden Darstellung der aus Sicht des Prüfers negativen Aspekte der Bearbeitung folgt noch keine Widersprüchlichkeit der Bewertung. Die Abwägung der positiven und negativen Ansätze einer Klausurbearbeitung sind unabhängig davon Bestandteil jedes Bewertungsvorganges, ob der Prüfer sie ausdrücklich benannt hat.

bb. Soweit der Kläger moniert hat, dass der Erstgutachter das Schriftbild des Klägers nicht negativ in die Bewertung habe einbeziehen dürfen, ist kein Bewertungsfehler zu erkennen (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 4). Der Erstgutachter hat in seinem Votum ausgeführt, dass die Schrift schlecht zu lesen sei, der Verfasser aber „offenbar“ davon ausgehe, dass „zusätzlich (?) eine Bereicherungsabsicht erforderlich sei“. Mit dieser Formulierung hat er deutlich gemacht, dass er nicht die aus seiner Sicht schlecht zu lesende Schrift negativ in die Bewertung einbezogen hat, sondern wie er die Ausführungen des Klägers inhaltlich verstanden hat. Auch aus den übrigen Ausführungen in seinem Votum ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass er das Schriftbild des Klägers negativ in die Bewertung einbezogen hat.

cc. Auch die Rüge gegen die Formulierung des Erstgutachters in seinem Votum, dass sich die Prüfung des Diebstahls „nicht wirklich als Erster“ aufgedrängt habe, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 5.1.). Nach dem oben dargestellten Maßstab zu Bewertungen, die sich auf den gewählten Aufbau des Prüflings beziehen (s.o. Nr. 2 a. bb.), ist hier kein Bewertungsfehler zu erkennen. Der Erstgutachter hat eine prüfungsspezifische Bewertung abgegeben. Er hat durch seine Formulierung deutlich gemacht, dass er den Beginn der Prüfung mit dem Delikt des Diebstahls nicht für unvertretbar, sondern nur für nicht naheliegend gehalten hat. Die Kritik richtet sich daher gegen die Qualität der Darstellung, weil der Erstgutachter eine andere Prüfungsreihenfolge für vorzugswürdig gehalten hat. Es ist nicht ersichtlich, dass der Prüfer seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat.

dd. Ein Bewertungsfehler folgt auch nicht aus der Bewertung des Erstgutachters in seinem Votum, dass der Kläger „allerdings bereits im Grundtatbestand die Qualifikation“ geprüft habe (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 5.2.). Der Erstgutachter hat in den beiden folgenden Sätzen ausgeführt, dass sich der Kläger hier auch mit der Frage der Täterschaft des Beschuldigten auseinandergesetzt habe, was strukturell an den Anfang gehört habe. Die Bewertung des Prüfers bezieht sich auf die gewählte Prüfungsreihenfolge und damit auf den Aufbau (s.o. Nr. 2. a. bb. zum Prüfungsmaßstab). Er hat im Überdenkungsverfahren zu diesem Punkt ausgeführt, dass dem „Grundschema zunächst einmal grundsätzlich“ zu folgen und „ein Grundtatbestand vor dem Einstieg in etwaige Qualifikationen zu prüfen“ sei. „Ein Abweichen dürfte gerade in einer Klausur nur in Ausnahmefällen zu rechtfertigen sein“. Aus diesen Formulierungen folgt, dass der Erstgutachter es gerade nicht für generell unvertretbar gehalten hat, den Grundtatbestand innerhalb des Qualifikationstatbestandes zu prüfen. Die Kritik des Prüfers ist vielmehr darauf gerichtet gewesen, dass der Kläger diesen Aufbau in dem hier konkret zu lösenden Fall gewählt hat. Die Kritik hat sich also nicht auf die fachliche Richtigkeit des Aufbaus, sondern dessen Zweckmäßigkeit gerichtet. Insoweit handelt es sich um eine prüfungsspezifische Bewertung. Es unterfällt dem Beurteilungsspielraum des Prüfers, den Aufbau „Grundtatbestand – Qualifikation“ für vorzugswürdig zu erachten und die Qualität des Aufbaus des Klägers insoweit zu bemängeln. Den ihm insoweit zustehenden Beurteilungsspielraum hat der Prüfer nicht überschritten. Insbesondere hat er nicht gegen anerkannte Bewertungsgrundsätze verstoßen. Ausweislich einschlägiger Ausbildungsliteratur gehen die Vorschläge hinsichtlich des Aufbaus bei Grundtatbestand und Qualifikation zwar stark auseinander; allerdings wird für den Fall, dass Rechtfertigungsgründe eingreifen, empfohlen, den Grundtatbestand zunächst voll durchzuprüfen (vgl. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil – Die Straftat und ihr Aufbau, 48. Aufl., Rn. 1379). So lag der vorliegende Fall. In seiner Klausurbearbeitung hat der Kläger zuerst den objektiven Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB geprüft und ist dann auf die Voraussetzungen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 sowie des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB eingegangen. Erst dann prüft er den subjektiven Tatbestand und kommt schließlich – in der Rechtswidrigkeit – zu dem Ergebnis, dass die Tat wegen einer Einwilligung gemäß § 228 StGB gerechtfertigt ist. Schon bei Zugrundelegung der vom Kläger vertretenen Lösung kann der von ihm gewählte Prüfungsaufbau also bewertungsfehlerfrei beanstandet werden, weil die Ausführungen zu den Qualifikationstatbeständen jedenfalls überflüssig gewesen sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Prozessbevollmächtigen des Klägers zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, welches zu der Frage der Prüfungsreihenfolge bei Grundtatbestand und Qualifikation keine Aussage trifft (U. v. 29.04.2010 - B 9 VG 1/09 R -, juris); ebenso wenig geht das durch das Bundessozialgericht in dieser Entscheidung zitierte Urteil des LG Aachen (U. v. 17.07.2002 - 61 KLS/42 Js 1109/2000 -, n. v.) oder der BGH in seiner Revisionsentscheidung (B. v. 17.04.2012 - 2 StR 60/12 -, juris) auf diese Frage ein.

Auch dann, wenn man unterstellt, der Erstgutachter habe bewertungsfehlerhaft angenommen, dass Grundtatbestand und Qualifikation nicht gemeinsam geprüft werden können, hat sich dieser Bewertungsfehler nicht erheblich auf das Ergebnis der Arbeit ausgewirkt. Aus seinem Votum ist erkennbar, dass er die abschließende Bewertung auf mehrere andere Punkte gestützt hat: Unter anderem habe der Kläger oberflächlich gearbeitet, die Tatbestandsmerkmale des Betrugs seien nicht sauber geprüft worden, im Komplex „Porsche Cayenne“ seien weitere mögliche Tatbestände nicht einmal angeprüft worden, die Anklageschrift sei unvollständig und insbesondere im konkreten Teil praktisch kaum brauchbar. Weiterhin hat er hinsichtlich des Aufbaus moniert, dass sich der Kläger erst nach der Prüfung des objektiven Tatbestands mit der Frage der Täterschaft des Beschuldigten auseinandergesetzt habe. Vor diesem Hintergrund hat sich der unterstellte Bewertungsfehler bzgl. der Prüfungsreihenfolge von Grundtatbestand und Qualifikation nicht entscheidend auf das Ergebnis ausgewirkt.

ee. Kein Bewertungsfehler folgt aus der Formulierung des Erstgutachters, der die angenommene Einwilligung „im Ergebnis […] mit der gegebenen Begründung für sehr schlecht zu vertreten“ gehalten hat (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 5.3.). Er hält die Begründung des Ergebnisses deswegen für unzureichend, weil sich der Kläger nur oberflächlich mit dem komplexen Problem der Sittenwidrigkeit befasst, er sehr oberflächlich an der Schwere der Verletzung gearbeitet und sich nicht mit der Art und Weise der Zufügung der Verletzungen auseinandergesetzt habe. Im Wesentlichen ist seine Kritik dahingehend zu verstehen, dass der Erstgutachter bei diesem rechtlichen Problem eine sorgfältigere und tiefer gehende Prüfung erwartet hat. Soweit der Erstgutachter die Oberflächlichkeit der Darstellungen kritisiert hat, handelt es sich um eine prüfungsspezifische Bewertung. Den ihm insoweit zustehenden Beurteilungsspielraum hat er nicht überschritten. Dabei begegnet es auch keinen Bedenken, wenn er die Prüfung – unter anderem – deswegen für zu oberflächlich hält, weil sich der Kläger nicht mit Art und Weise der Tatbegehung auseinandergesetzt hat. Aus fachlicher Sicht konnte der Erstgutachter rechtsfehlerfrei monieren, dass der Kläger sich nicht mit diesem Aspekt auseinandergesetzt hat. Der BGH stellt hinsichtlich der Frage der Sittenwidrigkeit der Tat trotz einer Einwilligung auf die Gefahr einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit ab; danach sei zu betrachten, ob die Körperverletzung wegen des besonderen Gewichts des jeweiligen tatbestandlichen Rechtsgutsangriffs, nämlich des Umfangs der vom Opfer hingenommenen körperlichen Misshandlung oder Gesundheitsschädigung und des Grades der damit verbundenen weiteren Leibes- oder Lebensgefahr, als unvereinbar mit den guten Sitten erscheint (vgl. BGH, U. v. 11.12.2003 - 3 StR 120/03 -, juris Rn. 18 = BGHSt 49, 34; Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, 30. Aufl., StGB, § 228 Rn. 17 m.w.N.; Hardtung in: MüKo, StGB, § 228 Rn. 36). Dem folgend ist es jedenfalls fachlich vertretbar (und ggf. sogar angezeigt) zu erwarten, dass sich Prüflinge entweder im Rahmen der Einwilligungserklärung oder bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit auch mit der Art und Weise der Körperverletzungshandlung auseinandersetzen sowie mit dem Umfang der zugefügten Verletzungen. Dies hat der Kläger auch selbst in seinem Obersatz auf S. 4 der Klausurbearbeitung angedeutet, indem er ausgeführt hat, die Einwilligung beziehe sich „nicht allein auf den Erfolg, sondern auf die zum Erfolg führende Handlung“. Er hat sich nach diesem Obersatz jedoch nicht mit den Handlungen, die zur Körperverletzung geführt haben, auseinandergesetzt. Anders als der Prozessbevollmächtigte des Klägers meint, ist eine solche Auseinandersetzung mit der Art und Weise der Verletzungshandlung auch nicht darin zu sehen, dass sich der Kläger kurz mit der Aussage der Zeugin G. auseinandergesetzt hat und in dem Zusammenhang auf die milieutypische Reaktion und die Kenntnis des Geschädigten eingegangen ist. Beide Aspekte haben nicht unmittelbar etwas mit Art und Weise der Verletzungshandlung und dem Umfang der dem Opfer zugefügten Verletzungen zu tun. In die Richtung geht der Erstgutachter auch in seiner Stellungnahme, in der er feststellt, der Kläger habe weder bei der Frage der Einwilligung noch bei der Frage der Sittenwidrigkeit inhaltlich diskutiert, sondern nur schlicht festgestellt, der Zeuge habe „keine gravierenden Verletzungen“ erlitten.

Der Erstgutachter hat in seinem Votum – entgegen der Rüge des Klägers – nicht ausgeführt, dass er die Annahme der Sittenwidrigkeit aufgrund der Art und des Gewichts der Verletzung für unvertretbar halte. Insofern mag es, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen hat, zutreffen, dass es nach der Auffassung einiger wegen der individuellen Verfügungsfreiheit des Einzelnen für die Annahme der Sittenwidrigkeit nur auf den Erfolg der Verletzungshandlung ankommt (vgl. Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 228 Rn. 3 m.w.N.). Dies ändert aber nichts daran, dass der Erstgutachter rechtsfehlerfrei kritisieren durfte, dass die Ausführungen oberflächlich gewesen sind, weil es an einer Auseinandersetzung mit der Art und Weise der Tatbegehung gefehlt hat und diese Auffassung – wie eben gezeigt – ebenfalls fachlich vertretbar ist.

ff. Ein Bewertungsfehler ist auch nicht erkennbar, soweit der Erstgutachter die Prüfung einer „Bereicherungsabsicht“ im subjektiven Tatbestand des Diebstahls kritisiert hat (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 5.4.). Den oben dargestellten Maßstäben, wann ein „Flüchtigkeitsfehler“ anzunehmen ist, folgend, ist hier kein Bewertungsfehler zu erkennen (s.o. Nr. 2 b. bb.). Den Ausführungen des Klägers kann nicht entnommen werden, dass er den Begriff „Bereicherungsabsicht“ nur versehentlich und aufgrund der Klausursituation verwendet hat. Anders, als der Prozessbevollmächtigte vorträgt, folgt das jedenfalls weder aus dem von dem Kläger gebildeten Obersatz, der den Begriff „Zueignungsabsicht“ nennt, noch aus dem Satz, dass die „Zueignung“ auch rechtswidrig gewesen sei. Der Kläger hat den Begriff „Bereicherungsabsicht“ in einem neuen, zusätzlichen Absatz erwähnt und festgestellt: „Die erforderl. Bereicherungsabsicht wies B ebenfalls auf.“ Damit spricht die äußerliche Form seiner Ausführungen dafür, dass der Kläger tatsächlich davon ausgegangen ist, dass eine Bereicherungsabsicht zu prüfen gewesen ist. Hinzu kommt, dass die Einordnung einer Wortwahl als „Flüchtigkeitsfehler“ an einer Stelle, die von großer Bedeutung für die Klausurlösung ist, ferner liegt, als an einer weniger wichtigen Stelle des Gutachtens. Aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen dem subjektiven Tatbestand des Betrugs und dem des Diebstahls handelt es sich bei dieser Stelle des Gutachtens um eine solche Stelle mit großer Bedeutung.

gg. Der Erstgutachter konnte auch die Annahme eines Bruchs fremden Gewahrsams durch den Beschuldigten als „kaum vertretbar“ einstufen (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 5.5.). Der Erstgutachter hat in seinem Votum nicht die Unvertretbarkeit der Prüfung eines Diebstahls festgestellt, sondern ausgeführt, dass sich der Tatbestand des Diebstahls „nicht wirklich als Erster“ aufdränge. Hinsichtlich des Bruchs fremden Gewahrsams begründet er seine Bewertung als „kaum mehr vertretbar“ damit, dass der Beschuldigte allein Gewahrsam an dem PKW gehabt habe. In seiner Stellungnahme hat der Erstgutachter seine Kritik konkretisiert und festgestellt, dass der Kläger „ohne ausreichende Begründung eher abwegige Positionen“ vertrete und ihm dies „nicht vertretbar“ erscheine. Damit hat der Erstgutachter verdeutlicht, dass er es nicht generell für unvertretbar hält, an dieser Stelle einen Diebstahl (und damit auch den Bruch fremden Gewahrsams) zu prüfen, er aber die Begründung des Klägers für unzureichend erachtet. Insoweit steht es ihm im Rahmen des Beurteilungsspielraumes frei, die Qualität der Darstellung wegen einer unzureichenden Begründung zu kritisieren. Es ist nicht ersichtlich, dass er dabei von falschen Tatsachen ausgegangen ist und in einer für die Bewertung erheblichen Weise eine vertretbare Auffassung als unvertretbar angesehen hat. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zitierte Fundstelle enthält keine Darstellung des Streitstandes hinsichtlich der Frage des Gewahrsams bei Finanzierungsleasingverträgen (vgl. Schmitz in: MüKo, StGB, 3. Aufl., § 242 Rn. 55 und Rn. 67). Die weiteren Ausführungen des Prozessbevollmächtigen des Klägers beziehen sich auf eine Ansicht in der Literatur, wonach der Gewahrsamsbegriff danach zu beurteilen ist, wem eine Sache nach herrschender Auffassung in der Gesellschaft zugeordnet werden könne (sog. „normativ-soziale Zuordnung einer Sache zu einer Person“, vgl. Schmitz in: MüKo, StGB, 3. Aufl. 2017, § 242 Rn. 55). Letztlich führt diese Auffassung in der Literatur aber nicht dazu, dass die Kritik des Erstgutachters an der unzureichenden Begründung der vom Kläger vertretenen Auffassung bewertungsfehlerhaft ist, weil der Kläger das, was sein Prozessbevollmächtigter im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, gerade nicht in seiner Klausur dargestellt hat.

hh. Die Rüge des Klägers, der Zweitgutachter habe bewertungsfehlerhaft die Annahme eines über- und untergeordneten Gewahrsams als „kaum vertretbar“ bezeichnet, greift nicht durch (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 5.6.). Der Zweitgutachter hat nämlich zu diesem Punkt weiter ausgeführt, es hätte hier „zumindest einer ausführlichen Begründung bedurft.“ Er hat damit deutlich gemacht, dass er die Konstruktion eines über- und untergeordneten Gewahrsams im vorliegenden Fall nicht für unvertretbar gehalten hat, sondern für besonders begründungsbedürftig. Es liegt somit eine prüfungsspezifische Bewertung vor. Insoweit steht es dem Zweitgutachter im Rahmen des Beurteilungsspielraumes frei, die Qualität der Darstellung wegen einer unzureichenden Begründung zu kritisieren. Es ist nicht ersichtlich, dass er dabei von falschen Tatsachen ausgegangen ist oder andere Bewertungsfehler begangen hat.

ii. Der Kläger kann mit seiner Rüge gegen die Ausführungen des Zweitgutachters, dass aufgrund seiner Ausführungen im Tatkomplex „Porsche“ Zweifel daran aufkommen würden, ob er die Struktur der Eigentums- und Vermögensdelikte verstanden habe, nicht durchdringen (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 5.7.). Der Zweitgutachter hat diese Zweifel in seinem Votum damit begründet, dass die Prüfung des Tatbestandmerkmals „fremd“ kaum nachvollziehbar sei, weil das Fahrzeug weiterhin im Eigentum der Porsche AG gestanden habe, damit, dass es bei der Prüfung eines über- und untergeordneten Gewahrsams jedenfalls einer ausführlichen Begründung bedurft hätte (s.o.), und schließlich damit, dass der Kläger im Rahmen der Prüfung des Diebstahls eine „Bereicherungsabsicht“ angesprochen hat (s.o. Nr. 2. f. ff.). Er hat damit die Leistung des Klägers einem Gesamtbild zugeordnet, sodass eine prüfungsspezifische Bewertung vorliegt. Den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum hat er nicht überschritten. Er hat nachvollziehbar begründet, worauf sich seine Zweifel an dem Verständnis des Klägers hinsichtlich der Systematik der Eigentums- und Vermögensdelikte gründet. Daran ändert es nichts, dass der Kläger nicht (ausdrücklich) geschrieben hat, er gehe davon aus, der R sei Eigentümer des Porsche. Die Kritik des Prüfers bezieht sich bezüglich des Tatbestandmerkmals „fremd“ und der Annahme eines über- und untergeordneten Gewahrsams darauf, dass die Ausführungen des Klägers unzureichend begründet und nicht nachvollziehbar sind.

jj. Soweit der Kläger gegen die Bewertung der Klausur vorträgt, dass er nicht – wie der Erstgutachter in seinem Votum geschrieben hat – § 224 StPO geprüft habe, folgt daraus kein Bewertungsfehler (s.o. Tatbestand, WSR-Klausur, Nr. 5.8.). Der Prüfer hat sich offensichtlich verschrieben und mit dem Satz „Bevor er zur Prüfung weiterer Beweismittel kommt, schiebt er Überlegungen zur Qualifikation hinsichtlich § 224 Abs. 1 Nummer 4 StPO ein.“ eigentlich § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ansprechen wollen, den der Kläger an der entsprechenden Stelle seines Gutachtens auch geprüft hat.

g. Auch die weiteren, in Bezug auf alle Klausuren vorgetragenen Punkte, dass die Prüfer die vorhandenen positiven Ansätze und Passagen nicht hinreichend in die Bewertung einbezogen hätten, führen nicht zu der Annahme von Bewertungsfehlern (s.o. Tatbestand, jew. Nr. 1 der Klausuren).

Positive Aspekte einer Arbeit stehen der Bewertung einer Klausur als insgesamt mangelhaft nicht schlechthin entgegen (vgl. Nds. OVG, B. v. 13.06.2013 - 2 LA 342/12 -, n.v. mit Verweis auf Nds. OVG, U. v. 24.05.2011, a.a.O., Rn. 60). Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn sie im Vergleich zu den negativen Aspekten eine nicht nur geringfügige Bedeutung aufweisen und hierdurch insgesamt gegen die Annahme sprechen, die Prüfungsleistung entspreche dem Gesamteindruck nach der Notendefinition, die der vergebenen Endnote zugrunde liegt (vgl. BVerwG, B. v. 08.03.2012, a.a.O., Rn. 5 f. - zur Note ungenügend -; Niehues/Fischer, a. a. O., Rn. 641). Die Frage, mit welchem Gewicht positive Aspekte in der endgültigen Bewertung der Leistung des Klägers ihren Niederschlag finden, stellt eine prüfungsspezifische Bewertung dar und ist insoweit gerichtlich nur begrenzt überprüfbar (vgl. Nds. OVG, U. v. 24.05.2011, a.a.O.; VG Braunschweig, U. v. 13.12.2012 - 6 A 161/11 -, n.v.). Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob den für sich genommen positiven Ansätzen im Gesamtrahmen der Arbeit ein derart erhebliches Gewicht zukommt, dass sie der vergebenen Gesamtnote entgegenstehen (vgl. BVerwG, B. v. 08.03.2012, a.a.O., Rn. 6). Zeigt der Prüfling positive Aspekte seiner Leistung auf, die seiner Auffassung nach von den Prüfern nicht ausreichend berücksichtigt worden sind, liegt ein Rechtsfehler daher nicht vor, wenn die Prüfer diese positiven Aspekte im Verhältnis zu den Mängeln der Bearbeitung und unter Berücksichtigung der Schwerpunkte der Aufgabenstellung nicht in einer ihren Bewertungsspielraum überschreitenden Weise gewichtet haben.

Nach diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, dass die Prüfer positive Ansätze und Passagen der Klausuren in einer ihren Bewertungsspielraum überschreitenden Weise nicht gewürdigt oder unzureichend gewichtet haben.

In der ZG-Klausur ist nicht ersichtlich, dass die Prüfer die vom Kläger genannten positiven Aspekte der Bearbeitung nicht gewürdigt hätten (vgl. Tatbestsand, ZG-Klausur, Nr. 1.). Der Erstgutachter hat in seiner Stellungnahme zu sämtlichen Punkten des Widerspruchs Stellung genommen und damit auch zu den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgetragenen positiven Ansätzen. Spätestens im Widerspruchsverfahren hat er sich also (ggf. nochmals) mit den positiven Aspekten befasst und ist dennoch nicht zu einer besseren Bewertung gelangt. Dabei sind keine Bewertungsfehler ersichtlich, insbesondere, da er nachvollziehbar deutlich gemacht hat, dass die negativen Aspekte der Bearbeitung überwiegen. Gleiches gilt für den Zweitgutachter, der in seiner Stellungnahme ausgeführt hat, es treffe nicht zu, dass er lobenswerte Passagen nicht gewürdigt habe, allerdings hätten die festgestellten Mängel ein solches Gewicht, dass die Arbeit nach wie vor nicht durchschnittlichen Anforderungen genüge.

Auch hinsichtlich der Bewertung der ZU-Klausur ist nicht erkennbar, dass die Prüfer die vorgetragenen positiven Aspekte der Bearbeitung nicht hinreichend in die Bewertung einbezogen hätten. Der Erstgutachter hat sich mit allen vom Kläger für positiv befundenen Aspekten der Bearbeitung im Widerspruchsverfahren auseinandergesetzt und dazu Stellung genommen. Er hat ausgeführt, dass aus der Kritik an bestimmten Abschnitten der Bearbeitung im Umkehrschluss hervorgehe, dass die übrigen Abschnitte nicht zu beanstanden seien und dies keiner ausdrücklichen Erwähnung bedürfe, weil daraus klar hervorgehe, welche maßgeblichen Gründe zu der abschließenden Bewertung geführt hätten. Darüber hinaus trägt die vom Erstgutachter geäußerte Kritik, wonach die Probleme des Falles „ganz überwiegend“ nicht gesehen werden und der Verweis auf hinzukommende systematische und dogmatische Schwächen zusammen mit den übrigen, im Votum benannten negativen Aspekten die Gesamtbewertung auch unter Berücksichtigung der vom Kläger benannten positiven Aspekte der Bearbeitung.

Hinsichtlich der Berücksichtigung der vom Kläger vorgetragenen – aus seiner Sicht – positiven Ansätze und Passagen der A1-Klausur ist nicht erkennbar, dass Gewichtung und Wertung dieser Teile bewertungsfehlerhaft gewesen sind. Der Erstgutachter hat seine negative Bewertung in seiner Stellungnahme konkretisiert und ausgeführt, der Entwurf der Klageerwiderung und Widerklage sei lückenhaft und im Übrigen im Zusammenhang mit dem mangelhaften Gutachten zu sehen. Auch durch die gewichtigen negativen Aspekte des Votums, wonach der Sachverhalt nicht zutreffend erfasst worden sei, gehäufte rechtliche und methodische Mängel vorlägen und gewichtige Lücken in der Ausführung, ist nicht erkennbar, dass die vom Kläger genannten positiven Aspekte der Bearbeitung ein solches Gewicht annehmen, dass eine andere Gesamtbewertung angezeigt gewesen wäre. Bewertungsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.

Auch hinsichtlich der A2-Klausur ergeben sich in diesem Zusammenhang keine Bewertungsfehler. In Hinblick auf die Gewichtung des angefertigten Mandantenschreibens und das Erkennen der Formbedürftigkeit der Verträge sind Bewertungsfehler nicht erkennbar. Aus dem Votum des Erstgutachters geht hervor, dass er positive Aspekte erkannt und benannt hat, die dort genannten negativen Aspekte jedoch deutlich überwiegen. Auch wegen der vom Zweitgutachter genannten negativen Aspekte ist keine Fehlgewichtung erkennbar.

Auch hinsichtlich der vom Kläger vorgetragenen positiven Aspekte der VR-Klausur ist nicht erkennbar, dass die Prüfer die dort genannten Punkte nicht oder nicht ausreichend in ihre Bewertung einbezogen hätten. Beide Prüfer haben in ihren Voten mehrere negative Aspekte benannt, die sie nachvollziehbar als „gravierende Mängel“ bzw. „gravierende Schwächen“ eingeordnet haben. Der Erstgutachter kommt zu seiner Bewertung „unter Berücksichtigung der verwertbaren Ansätze“. Eine Fehlgewichtung ist nicht ersichtlich.

Auch hinsichtlich der zur WSR-Klausur vorgetragenen Aspekte ist nicht erkennbar, dass die Prüfer die dort genannten positiven Aspekte rechtsfehlerhaft nicht oder unzureichend in die Bewertung einbezogen haben, weil sie nachvollziehbar die überwiegend negativen Aspekte der Bearbeitung herausgestellt haben. Der Erstgutachter nimmt in seinem Votum hinsichtlich der Gesamtbewertung auch zu positiven Aspekten Stellung, die er den negativen Aspekten gegenüberstellt. Der Zweitgutachter führt in seinem Votum aus, aus welchem Grund er den negativen Aspekten mehr Gewicht beimisst als der Erstgutachter und welche Aspekte er darüber hinaus negativ wertet. Dabei haben sich die Prüfer bei der Gewichtung dieser Aspekte ohne erkennbare Fehler im Rahmen ihres ihnen zustehenden Beurteilungsspielraumes bewegt.