Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 16.07.2010, Az.: 2 O 1807/09
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 16.07.2010
- Aktenzeichen
- 2 O 1807/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 47931
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 266 Abs 1 Nr 3 FamFG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Anwendbarkeit von § 266 Abs. 1 Nr 3 FamFG setzt keinen zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe voraus. Der Begriff des "Zusammenhangs" im Sinne von § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ist allein im inhaltlichen Sinn zu verstehen.
Tenor:
1. Die Widerklage wird gem. § 145 ZPO zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt.
2. Das Landgericht Osnabrück erklärt sich hinsichtlich der Widerklage für sachlich und örtlich unzuständig. Der Rechtsstreit wird - soweit er die Widerklage betrifft - auf Antrag der Beklagten und Widerklägerin an das örtlich und sachlich zuständige Amtsgericht - Familiengericht - Nordhorn verwiesen.
Gründe
Das Landgericht Osnabrück ist für die Entscheidung über die Widerklage sachlich und örtlich nicht zuständig. Ausschließlich zuständig ist gem. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG das Amtsgericht - Familiengericht - Nordhorn.
Die Widerklage ist nach dem 01.09.2009 rechtshängig geworden und verhält sich über einen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch zwischen ehemals miteinander verheirateten Personen.
Soweit der Beklagte und Widerkläger die Auffassung vertritt, dass deswegen keine Familiensache im Sinne von § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG vorliege, weil der geltend gemachte Anspruch nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung oder Scheidung stehe, vermag dies nicht zu überzeugen. Der (späte) Zeitpunkt der Geltendmachung eines Anspruchs mag unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten von Bedeutung (Bsp.: Verjährung) sein. An ihn die sachliche Zuständigkeit zu knüpfen ist jedoch verfehlt. Andernfalls müsste im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung zunächst umfassend die Frage geklärt werden, ob der Anspruch noch im zeitlichen Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe steht. Es müssten konkrete Kriterien aufgestellt werden, aus denen sich unzweideutig ergibt, ab wann ein zeitlicher Zusammenhang nicht mehr gegeben ist. Ohne konkrete Vorgaben - wie bei Verjährungsfristen - läuft man Gefahr, dass permanente Unsicherheit bzgl. der Frage besteht, ob ein Anspruch noch in die Zuständigkeit des Familiengerichts fällt, oder nicht. Es würde ggf. von Gericht zu Gericht unterschiedlich bewertet werden, ab wann noch ein zeitlicher Zusammenhang gesehen wird und ab wann nicht. Eine solche Unsicherheit hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit zu produzieren, entspricht nicht Sinn und Zweck der Einführung einer umfassenden Zuständigkeit für alle Streitigkeiten innerhalb einer Familie bei den Familiengerichten. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich eine zeitliche Trennung gewollt, hätte er - wie bei den Verjährungsfristen - entsprechende klare Zeitvorgaben machen müssen, ab denen eine Zuständigkeit der Familiengerichte nicht mehr gegeben wäre.
Zudem hätten es die Parteien in der Hand, durch schlichtes Abwarten bspw. zu vermeiden, dass der Anspruch vor dem Familiengericht verhandelt wird. Es läge damit in der Hand der Parteien, eine vom Gesetzgeber vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit zu umgehen. Dies kann vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sein. Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb im Zusammenhang mit der Ehe entstandene Ansprüche, die aus welchen Gründen auch immer mit einer zeitlichen Verzögerung zur Trennung geltend gemacht werden, ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr dem Familiengericht zugeordnet sein sollten. Entscheidend ist daher auf den inhaltlichen Zusammenhang abzustellen und nicht auf den zeitlichen. Das muss insbesondere dann gelten, wenn - wie vorliegend - der streitgegenständliche Anspruch zum Zeitpunkt der Trennung bereits hätte geltend gemacht werden können. Die verzögerte Geltendmachung eines Anspruchs kann nicht zu einer geänderten Zuständigkeit führen.
Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Nordhorn als Familiengericht folgt aus § 267 Abs. 2 FamFG, §§ 12, 13 ZPO. Der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin und Widerbeklagten ist Nordhorn.