Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 05.02.2003, Az.: 6 A 256/01

Oldtimer; rotes Kennzeichen

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
05.02.2003
Aktenzeichen
6 A 256/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48491
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein rotes Kennzeichen nach der 49. AusnahmeVO zur StVZO darf nur Oldtimer-Fahrzeugen zugeteilt werden. Oldtimer im Sinne dieser Regelungen sind nur Fahrzeuge, die erstmals vor 30 Jahren oder eher für den Straßenverkehr zugelassen wurden.

2. Bei der Ermessensentscheidung über die Zuteilung des roten Kennzeichens hat die Behörde auch zu berücksichtigen, wie viele Fahrzeuge des betreffenden Fahrzeugtyps noch zugelassen sind.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.090,34 Euro (8.000,00 DM) festgesetzt.

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein rotes Kennzeichen nach der 49. Ausnahmeverordnung zur StVZO zuzuteilen ist.

2

Der Kläger ist Halter eines Pkw Typ VW-Golf I, der erstmals am 29. November 1978 zum Straßenverkehr zugelassen wurde.

3

Mit Bescheid vom 28. November 2000 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, ihm für diesen Pkw ein rotes Kennzeichen nach der 49. Ausnahmeverordnung zur StVZO zu erteilen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, unter den Begriff des "Oldtimers" im Sinne der 49. Ausnahmeverordnung fielen in erster Linie Fahrzeuge, die älter als 20 Jahre seien. Das Alter allein reiche aber nicht aus. Vom VW-Golf I sei noch eine solche Vielzahl von Fahrzeugen zugelassen, dass dieser Typ nicht als Oldtimer im Sinne der Vorschriften angesehen werden könne.

4

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 27. Dezember 2000, das am selben Tage bei der Beklagten einging, Widerspruch. Dazu machte er im Wesentlichen geltend, die Zuteilung des roten Kennzeichens sei unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung geboten, weil eine Reihe von Fahrzeugen des Typs VW-Golf I in der Bundesrepublik solche Kennzeichen von den Straßenverkehrsbehörden erhalten habe.

5

Mit Bescheid vom 22. Dezember 2001 wies die Bezirksregierung Braunschweig den Widerspruch zurück und wies zur Begründung im Wesentlichen darauf hin, die Zuteilung roter Kennzeichen für Fahrzeuge des Typs VW-Golf I würde dem Ausnahmecharakter der Vorschriften in der 49. Ausnahmeverordnung zur StVZO widersprechen.

6

Am 5. Dezember 2001 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Für die Anerkennung eines Fahrzeugs als Oldtimer sei von einer Altersgrenze von 24 Jahren auszugehen, die von dem Pkw des Klägers erreicht werde. Gemessen an den Verkaufszahlen des VW-Golf I seien Fahrzeuge dieses Typs nur noch in sehr geringem Umfang zugelassen. Im Übrigen könne es nicht allein auf die Stückzahl der zugelassenen Fahrzeuge ankommen; es sei auch zu berücksichtigen, dass ein Großteil der noch zugelassenen Fahrzeuge dieses Typs unmittelbar vor der Verschrottung stehen dürfte. Für die Frage, ob das Fahrzeug ein Oldtimer sei, sei schließlich auch zu berücksichtigen, dass sich der Pkw des Klägers in einem überdurchschnittlich guten Pflege- und Erhaltungszustand befinde und vom Kläger für spezielle Oldtimerveranstaltungen bereitgehalten werde. Hinzu komme, dass Fahrzeuge dieses Typs auf dem regulären Gebrauchtwagenmarkt praktisch gar nicht mehr verfügbar seien. Das Fahrzeug diene auch der Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes: Es habe nicht nur in entscheidender Weise das Straßenbild in der Bundesrepublik Deutschland in den zurückliegenden Jahren geprägt, sondern zugleich das Lebensgefühl weiter Bevölkerungskreise zum Ausdruck gebracht. Der Oldtimerbegriff des § 23 Abs. 1c StVZO könne hier wegen des unterschiedlichen Regelungsgehalts der Vorschriften nicht zur Anwendung kommen. Durch die Ausgabe eines roten Kennzeichens für zwei weitere Fahrzeuge des Klägers, die noch nicht 30 Jahre alt seien, habe sich die Beklagte selbst gebunden. Im Übrigen gehe die Beklagte in ständiger Praxis davon aus, dass rote Kennzeichen auch für Fahrzeuge ausgegeben werden können, die noch nicht 30 Jahre oder älter seien; dies ergebe sich aus dem von der Beklagten verwendeten Antragsformular und einem Merkblatt der Beklagten.

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Der Kläger beantragt,

8

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. November 2000 i.d.G. des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Braunschweig vom 22. November 2001 zu verpflichten, dem Kläger für seinen Pkw VW-Golf I ein rotes Kennzeichen nach der 49. Ausnahmeverordnung zur Straßenverkehrszulassungsordnung zuzuteilen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Sie wiederholt und vertieft die im Verwaltungsverfahren erfolgten Ausführungen. Darüber hinaus hat sie eine Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes vom 21. Februar 2002 vorgelegt, nach der im Januar 2002 noch mehr als 150.000 Fahrzeuge des Typs VW-Golf I für den Verkehr zugelassen waren.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuteilung eines roten Kennzeichens nach der 49. Ausnahmeverordnung zur StVZO für seinen Pkw VW-Golf I. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig.

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Rechtsgrundlage für die Zuteilung des begehrten roten Kennzeichens ist die Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 der 49. Ausnahmeverordnung zur StVZO. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 dieser Verordnung dürfen für Fahrten nach Absatz 1 der Verordnung rote Kennzeichen ausgegeben und verwendet werden; Kennzeichen zur wiederkehrenden Verwendung dürfen auch an die Halter der betreffenden Fahrzeuge ausgegeben werden. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung benötigen Kraftfahrzeuge und Anhänger, die an Veranstaltungen teilnehmen, die der Darstellung von Oldtimer-Fahrzeugen und der Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dienen, hierfür sowie für Anfahrten zu und Abfahrten von solchen Veranstaltungen keine Betriebserlaubnis und kein amtliches Kennzeichen, wenn rote Kennzeichen ausgegeben und verwendet werden. Durch § 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung wird der Anwendungsbereich dieser Regelung auf Fahrten zu bestimmten anderen Zwecken - wie z.B. Probe- und Prüfungsfahrten - erweitert.

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Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass das vom Kläger begehrte rote Kennzeichen nach diesen Regelungen nur für Oldtimer-Fahrzeuge ausgegeben werden darf (so auch Hachemer, VD 1997, 30; anderer Ansicht wohl Jagow, VD 1994, 217, 219). Zwar ist der Wortlaut des § 1 Abs. 1 der 49. Ausnahmeverordnung zur StVZO, der auf die Teilnahme an den dort genannten Veranstaltungen (Satz 1) und den Zweck der Fahrten (Sätze 1 und 2) abstellt, insoweit nicht eindeutig. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften handelt es sich aber nicht etwa um Ausnahmeregelungen für alle grundsätzlich zulassungspflichtigen Kraftfahrzeuge. Aus der Begründung der Verordnung ergibt sich vielmehr, dass es dem Verordnungsgeber um eine Regelung für Oldtimer-Fahrzeuge ging (vgl. VkBl. 1994, 672 f.): Die Verordnung soll es dem Halter und Fahrer solcher Fahrzeuge ermöglichen, mit den Fahrzeugen an den genannten Veranstaltungen teilzunehmen und Fahrten zu den bezeichneten Zwecken durchzuführen, ohne eine Vielzahl von Ausnahmegenehmigungen bei den Straßenverkehrsbehörden einholen zu müssen. Dementsprechend ist in § 1 Abs. 1 der 49. Ausnahmeverordnung ausdrücklich nur von Veranstaltungen die Rede, die der Darstellung von "Oldtimer-Fahrzeugen" dienen.

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Dass das Fahrzeug zum Bestand des fahrzeugtechnischen Kulturgutes gehört, genügt für die Zuteilung eines roten Kennzeichens nach der 49. Ausnahmeverordnung zur StVZO nicht. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 der Verordnung handelt es sich dabei vielmehr um eine zusätzliche Voraussetzung für die in der Verordnung vorgesehenen Ausnahmeregelungen.

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Die Zuteilung eines roten Kennzeichens für den Pkw VW-Golf I des Klägers kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil dieses Fahrzeug wegen seines Alters nicht als "Oldtimer" im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 der 49. Ausnahmeverordnung angesehen werden kann.

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"Oldtimer" im Sinne dieser Vorschriften sind nur solche Fahrzeuge, die erstmals vor 30 Jahren oder eher in den Verkehr gekommen sind. Dies ist in der 49. Ausnahmeverordnung zwar nicht ausdrücklich geregelt. Um eine einheitliche Handhabung im Zulassungsrecht zu gewährleisten, ist die Begriffsbestimmung in § 23 Abs. 1c StVZO, nach der Oldtimer-Fahrzeuge ein solches Mindestalter aufweisen müssen, insoweit aber auf die Vorschriften der 49. Ausnahmeverordnung zu übertragen (ebenso Hentschel, NJW 1997, 2934; derselbe, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., StVZO, § 18 Rn 15). Es ist nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber im Zulassungsrecht von unterschiedlichen Alterskriterien für Oldtimer-Fahrzeuge ausgehen wollte.

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Der Kläger weist zwar zu Recht darauf hin, dass es sich bei dem in § 23 Abs. 1c StVZO geregelten "Oldtimerkennzeichen" um ein amtliches, auf die dauerhafte Verwendung angelegtes Kennzeichen handelt, während die roten Kennzeichen nach der 49. Ausnahmeverordnung lediglich für eine gelegentliche und auf bestimmte Zwecke beschränkte Verwendung des Fahrzeugs im allgemeinen Straßenverkehr ausgegeben werden sollen. Daraus lässt sich jedoch nicht hinreichend sicher schließen, dass der Verordnungsgeber auch unterschiedliche Anforderungen an das Alter der Fahrzeuge stellen wollte. Den Unterschieden in den Regelungsbereichen ist schon dadurch Rechnung getragen worden, dass für die Erteilung eines Oldtimerkennzeichens gemäß § 23 Abs. 1c StVZO eine Betriebserlaubnis erforderlich ist. Darauf verzichtet die 49. Ausnahmeverordnung im Interesse einer Verfahrensvereinfachung für solche Fahrzeuge, die im Allgemeinen nur noch auf den genannten Veranstaltungen vorgeführt oder zu den in der Ausnahmeverordnung bezeichneten Zwecken auf öffentlichen Straßen bewegt werden und bei denen von der Erfüllung der wichtigsten heutigen Standards der Verkehrssicherheit ausgegangen werden kann (vgl. die Begründung in VKBl. 1994, 672, 673 und Hachemer, aaO., S. 36).

20

Diese Auslegung wird bestätigt durch die Ausführungen des Verordnungsgebers in der Begründung der 25. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, durch die die Regelungen über das Oldtimerkennzeichen in die StVZO eingefügt worden sind. Danach dient das Alterskriterium in § 23 Abs. 1c StVZO der Abgrenzung von Oldtimer-Fahrzeugen zu "nur alten" Kraftfahrzeugen (vgl. die Begründung zur Änderungsverordnung vom 22.07.1997 - BGBl I S. 1889 -, in VKBl. 1997, 536, 537). Die Ausführungen lassen nicht erkennen, dass die für die 49. Ausnahmeverordnung gleichermaßen notwendige Abgrenzung nach anderen Maßstäben erfolgen soll. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Begründung zu dem durch dieselbe Änderungsverordnung eingefügten § 21c Abs. 2 StVZO, der die Zuteilung eines roten Kennzeichens nach der 49. Ausnahmeverordnung und eines Oldtimerkennzeichens gemäß § 23 Abs. 1c StVZO für dasselbe Fahrzeug ausschließt. Dazu hat der Verordnungsgeber nicht etwa auf unterschiedliche Anforderungen an das Alter der Fahrzeuge abgestellt, sondern allein auf das der StVZO insgesamt zu Grunde liegende Prinzip hingewiesen, dass jedem zugelassenen Fahrzeug nur ein einziges amtliches Kennzeichen zuzuteilen ist (sieh VKBl 1997, 536, 537).

21

Auch der Ausnahmecharakter der Regelungen in der 49. Ausnahmeverordnung zur StVZO und die mit diesen Vorschriften verbundenen Missbrauchsgefahren sprechen für eine einschränkende Auslegung des Oldtimer-Begriffes und für die Anwendung des in § 23 Abs. 1c StVZO geregelten strengen Alterskriteriums. Der Besitz des roten Kennzeichens nach der 49. Ausnahmeverordnung ermöglicht es, das Fahrzeug ohne eine Betriebserlaubnis und die einer solchen Erlaubnis vorangehende strenge Sicherheitsüberprüfung im Straßenverkehr zu führen (siehe auch VG Minden, Urt. vom 14.08.2002, 3 K 2213/01). Diese Erleichterungen und die finanziellen Vorteile des roten Kennzeichens haben zu einem verstärkten Missbrauch dieses Kennzeichens geführt (vgl. die Mitteilung des Deutschen Motorveteranen-Clubs, Info Nr. 201-5-2002, vom Mai 2002). Die Überprüfung, ob das Fahrzeug tatsächlich nur zu den in der 49. Ausnahmeverordnung bezeichneten Zwecken im Straßenverkehr geführt wird, ist nur eingeschränkt möglich. Durch zu geringe Anforderungen an das Alterskriterium würde es daher erleichtert, Fahrzeuge, die noch regelmäßig im öffentlichen Straßenverkehr geführt werden und die aktuellen Sicherheitsstandards nicht mehr erfüllen, unter Umgehung der allgemeinen Zulassungsbedingungen im Straßenverkehr zu bewegen. Der Ausnahmecharakter der Verordnung würde darüber hinaus auch deswegen in Frage gestellt, weil Fahrzeuge durch die Fortentwicklung der Fahrzeugtechnik immer älter werden können und daher vermehrt Fahrzeuge im Straßenverkehr zum Einsatz kommen, die erstmals vor 20 Jahren oder früher zugelassen worden sind (vgl. Hachemer, aaO., S. 37 m.w.N.). Das Alterskriterium des § 23 Abs. 1c StVZO enthält einen objektiven Maßstab, der geeignet ist, die Ausgabe roter Kennzeichen klar und eindeutig sowie in einem dem Zweck der 49. Ausnahmeverordnung entsprechenden Umfang zu begrenzen.

22

Die Begründung zur 49. Ausnahmeverordnung steht dem nicht entgegen. Zwar ist dort von "Oldtimer- und Veteranenfahrzeugen" die Rede, die "in der Regel mindestens 20 Jahre alt" seien. Diese Formulierungen finden sich aber im Text der Verordnung, in der ausdrücklich nur auf "Oldtimer-Fahrzeuge" abgestellt wird, nicht wieder. Sie deuten daher lediglich darauf hin, dass der Verordnungsgeber seinerzeit die Kriterien für Oldtimer-Fahrzeuge, denen rote Kennzeichen zugeteilt werden können, nicht selbst verbindlich festlegen wollte, sondern die Klärung des Begriffs wegen der fortschreitenden Entwicklungen im Fahrzeugbau und der Uneinheitlichkeit der damals vorliegenden Begriffsbestimmungen der Verwaltungspraxis und den Gerichten übertragen wollte. Inzwischen hat sich der Verordnungsgeber in § 23 Abs. 1c StVZO aber auf ein Alterskriterium festgelegt. Diese neuere Festlegung ist auch für die Auslegung der 49. Ausnahmeverordnung maßgeblich.

23

Dementsprechend lässt sich auch aus dem in der Begründung zur 49. Ausnahmeverordnung verwendeten Begriff der "Oldtimer- und Veteranenfahrzeuge" nichts Entscheidendes herleiten. Mangels ausdrücklicher Erwähnung im Text der Verordnung und wegen der nunmehr vorliegenden Begriffsbestimmung in der StVZO kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber mit dem Begriff der "Veteranenfahrzeuge" zum Ausdruck bringen wollte, ein rotes Kennzeichen könne grundsätzlich auch Fahrzeugen zugeteilt werden, die erstmals vor weniger als 30 Jahren zugelassen worden sind. Hinzu kommt, dass der Begriff der "Veteranenfahrzeuge" nicht einheitlich verwendet wird (vgl. dazu nur Diehl, ZFS 1993, 305; Classic Data, Marktspiegel I/02, S. 5).

24

Der Pkw VW-Golf I des Klägers ist nicht bereits vor 30 Jahren oder eher erstmals in den Verkehr gekommen. Maßgeblich dafür ist, wann das konkrete Fahrzeug erstmals zugelassen war. Auf die Erstzulassung eines Fahrzeugs des betreffenden Fahrzeugtyps kann es nicht ankommen, weil damit die erforderliche individuelle Klassifizierung der Fahrzeuge nicht zuverlässig und einheitlich gewährleistet wäre. Da der Pkw des Klägers erstmals im Jahre 1978 zugelassen war, ist er gegenwärtig schon wegen seines Alters nicht als Oldtimer im Sinne der 49. Ausnahmeverordnung anzusehen.

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Unabhängig davon hat die Beklagte aber auch zu Recht auf die Anzahl der noch zugelassenen Fahrzeuge des betreffenden Fahrzeugtyps abgestellt und auf dieser Grundlage die Zuteilung eines roten Kennzeichens zutreffend abgelehnt. Es gibt zwar keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber Fahrzeuge nur dann als "Oldtimer" ansehen wollte, wenn Fahrzeuge des betreffenden Typs nicht mehr in erheblicher Zahl zugelassen sind. Der Wortlaut der 49. Ausnahmeverordnung zur StVZO und des § 23 Abs. 1c StVZO sowie die Begründungen des Verordnungsgebers deuten vielmehr darauf hin, dass es für die Qualifizierung als "Oldtimer" allein auf das Alter, den Zustand und den Verwendungszweck des konkreten Fahrzeugs ankommt. Die Zulassungszahlen können allenfalls ein Indiz für den tatsächlichen Verwendungszweck des Fahrzeugs liefern. Die Zuteilung eines roten Kennzeichens steht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der 49. Ausnahmeverordnung aber im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde (ebenso VG Minden, Urt. vom 14.08.2002, 3 K 2213/01). Jedenfalls in diesem Zusammenhang hat die Behörde nach dem Sinn und Zweck der Regelungen auch zu berücksichtigen, ob wegen der erheblichen Anzahl der aktuell zugelassenen Fahrzeuge des betreffenden Fahrzeugtyps im Falle der Zuteilung eines roten Kennzeichens der Ausnahmecharakter der Vorschriften in Frage gestellt würde (vgl. § 40 VwVfG). Dass die Beklagte auf Grund der vom Kraftfahrtbundesamt ermittelten Zahl von mehr als 150.000 noch zugelassenen Fahrzeugen vom Typ VW-Golf I die Zuteilung des begehrten roten Kennzeichens abgelehnt hat, ist danach auch unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände des konkreten Falles rechtlich nicht zu beanstanden.

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Auch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) kann der Kläger einen Anspruch auf Zuteilung des roten Kennzeichens nicht herleiten. Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in der Vergangenheit rote Kennzeichen erteilt hat, obwohl die betreffenden Fahrzeuge noch nicht 30 Jahre alt waren und Fahrzeuge dieses Typs nicht mehr in dem für den VW-Golf I festgestellten Umfang zugelassen waren. Selbst wenn es solche Fälle gäbe, könnte der Kläger daraus im vorliegenden Fall keinen Anspruch herleiten. Wird ein rotes Kennzeichen zugeteilt, ohne dass das Alterskriterium des § 23 Abs. 1c StVZO erfüllt ist, so ist dies rechtswidrig: Aus einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis kann der Bürger wegen der von Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht keinen Anspruch auf Fortführung dieser Praxis herleiten; einen Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" gibt es nicht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 11.06.1986, NVWZ 1986, 758). Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, ob andere Straßenverkehrsbehörden rote Kennzeichen für Fahrzeuge des Typs VW-Golf I vergeben haben; im Übrigen ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG keine Bindung der Beklagten an die Praxis anderer Hoheitsträger.

27

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ergibt sich aus der Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Die Streitwertfestsetzung erfolgt in Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Bei der Festsetzung war gemäß § 15 GKG von dem DM-Betrag auszugehen, weil die Klage bereits vor dem 1. Januar 2002 erhoben war.