Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 24.02.2003, Az.: 6 B 808/02

Cannabis; Dauerkonsument; Drogenscreening; Eignung; Fahreignung; Sofortvollzug; Verhältnismäßigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
24.02.2003
Aktenzeichen
6 B 808/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 47997
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Straßenverkehrsbehörde darf bei hinreichenden Anhaltspunkten für einen regelmäßigen Cannabiskonsum Untersuchungen zur Überprüfung der Fahreignung anordnen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht dem nicht entgegen.

Gründe

1

I. Der am 28. September 1981 geborene Antragsteller, der im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse B war, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Verfügung der Antragsgegnerin, mit der ihm diese Fahrerlaubnis entzogen wurde.

2

Am 11. Februar 2001 wurde der Antragsteller von Beamten des Bundesgrenzschutzes nach der Einreise aus den Niederlanden auf der Autobahn mit seinem Pkw angehalten und überprüft. Die Beamten fanden dabei im Hosenbund des Antragstellers einen Plastikbeutel mit ca. 14 Gramm Marihuana. Am 2. Mai 2001 wurde der Antragsteller am Grenzübergang Bad Bentheim erneut bei der Einreise aus den Niederlanden überprüft. Beamte des Hauptzollamtes Osnabrück stellten dabei rund 17 Gramm Haschisch sicher, das der Antragsteller in zwei Plastikpäckchen in der Mundöffnung versteckt hatte.

3

Mit Urteil vom 23. Oktober 2001 verwarnte das Amtsgericht – Jugendgericht – Braunschweig den Antragsteller auf Grund dieser Vorfälle wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in zwei Fällen und verurteilte ihn zur Leistung gemeinnütziger Arbeit sowie zur Vorlage von Drogenscreenings für die Dauer von drei Monaten (Az. 54 Ds 801 Js 19503/01). In der mündlichen Verhandlung vor dem Jugendgericht hatte der Antragsteller unter anderem erklärt, er schränke den Haschischkonsum derzeit ein; seit drei Jahren konsumiere er Haschisch abends vor dem Schlafengehen.

4

Nach Mitteilung der Facharztpraxis P. John vom 3. Dezember 2001 wurden bei einem mit positivem Befund abgeschlossenen Drogenscreening im Urin des Antragstellers Cannabis-Metaboliten festgestellt. Zwei weitere Drogenscreenings anhand von Urinproben des Antragstellers führten nach Mitteilungen der Praxis vom 10. und vom 30. Januar 2002 zu negativen Ergebnissen.

5

Mit Schreiben vom 12. März 2002 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, wegen des regelmäßigen Haschischkonsums bestünden Bedenken gegen seine Eignung als Kraftfahrzeugführer. Er müsse daher innerhalb von zwölf Monaten zwei Drogenscreenings beim Verkehrsmedizinischen Dienst der Medizinisch-Psychologischen Untersuchungsstelle des TÜV Nord in Braunschweig durchführen lassen. Dazu müsse der Antragsteller zunächst die anliegende Erklärung über sein Einverständnis mit dem Drogenscreening unterschreiben und diese an die Antragsgegnerin zurücksenden. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Schreiben verwiesen (Blatt 27 des Verwaltungsvorgangs).

6

Am 5. April 2002 ging die vom Antragsteller unterzeichnete Einverständniserklärung bei der Antragsgegnerin ein.

7

Mit Schreiben vom selben Tage bat die Antragsgegnerin das Medizinisch-Psychologische Institut des TÜV Nord in Braunschweig, im Rahmen eines Drogenscreenings Urinproben des Antragstellers untersuchen zu lassen.

8

Unter dem 28. Oktober 2002 teilte das Institut der Antragsgegnerin mit, man habe dort die für den 25. Oktober 2002 vorgesehene Urinkontrolle nicht durchführen können, weil sich der Antragsteller auf das Bundesverfassungsgericht berufen habe. Daher beende das Institut das Vertragsverhältnis mit dem Antragsteller; man sei aber bereit, ggf. einen neuen Vertrag mit ihm abzuschließen.

9

Mit Bescheid vom 28. November 2002 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fahrerlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, sie sei wegen der aus den Angaben des Antragstellers im Strafverfahren resultierenden Bedenken berechtigt gewesen, die Durchführung von Drogenscreenings anzuordnen.

10

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2002, das am 9. Dezember 2002 bei der Antragsgegnerin einging, erhob der Antragsteller gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis Widerspruch.

11

Außerdem hat er bei Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Dazu macht er im Wesentlichen geltend, die Fahrerlaubnis habe ihm die Antragsgegnerin nicht allein wegen seiner Äußerungen im Strafverfahren entziehen dürfen. Er sei nicht drogenabhängig. Außerdem ergebe sich aus den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni und 8. Juli 2002, dass die Fahrerlaubnis bei Cannabiskonsum nur entzogen werden dürfe, wenn ein konkreter tatsächlicher Verdacht bestehe, dass der Betroffene den Drogenkonsum und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig trennen könne oder zu dieser Trennung nicht bereit sei. An dahin gehenden Verdachtsmomenten fehle es hier.

12

Der Antragsteller beantragt,

13

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Fahrerlaubnisentziehungsverfügung der Antragsgegnerin vom 28. November 2002 wiederherzustellen.

14

Den darüber hinaus zunächst gestellten Antrag, die Hinzuziehung seiner Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, hat der Antragsteller zurückgenommen.

15

Die Antragsgegnerin beantragt,

16

den Antrag abzulehnen.

17

Sie macht geltend, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe ihrem Bescheid nicht entgegen. Da ein regelmäßiger Drogenkonsum über mehrere Jahre vorgelegen habe und Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln verübt worden seien, bestünden hinreichend konkrete Verdachtsmomente für einen Eignungsmangel.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.

19

II. Der nach § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung des mit Bescheid vom 28. November 2002 verfügten Fahrerlaubnisentzuges rechtmäßig angeordnet.

20

Die Anordnung sofortiger Vollziehung ist formell ordnungsgemäß erfolgt. Die Antragsgegnerin hat insbesondere in ausreichender Weise schriftlich begründet, warum das besondere Interesse an dem Sofortvollzug als gegeben erachtet wird (vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

21

Auch aus materiell-rechtlichen Gründen besteht keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung des gegen den Bescheid erhobenen Widerspruchs wiederherzustellen.

22

Die Anordnung sofortiger Vollziehung ist inhaltlich rechtmäßig, wenn das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Maßnahme die privaten Interessen des von der Vollziehungsanordnung Betroffenen überwiegt. Das ist der Fall, wenn schon bei der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung eindeutig zu erkennen ist, dass ein Verfahren in der Hauptsache aussichtslos sein wird, oder wenn sich die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen so weit verdichtet haben, dass die dringende Besorgnis besteht, er werde andere Verkehrsteilnehmer bei einer weiteren Teilnahme am Straßenverkehr ernsthaft gefährden (vgl. Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rn 1273 f. m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

23

Nach gegenwärtigem Sachstand hat die Antragsgegnerin die Fahrerlaubnis des Antragstellers zu Recht entzogen.

24

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Von einer fehlenden Fahreignung ist insbesondere dann auszugehen, wenn ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnisverordnung vorliegt, durch den die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 FeV). Zu einem solchen Mangel kann die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes führen (vgl. Nr. 9.2 der Anlage 4 zu den §§ 11 f. FeV), ohne dass bereits eine Abhängigkeit von diesen Stoffen bestehen muss. Bei Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen darf die Fahrerlaubnisbehörde auch die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen (§ 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV). Ist die Anordnung rechtmäßig und weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf die Behörde auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Rechtmäßig ist die Anordnung der Untersuchung nur dann, wenn konkrete Tatsachen bekannt werden, die geeignet sind, Bedenken gegen die Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers zu begründen (§ 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV) und wenn die Untersuchung nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

25

Die Antragsgegnerin war berechtigt, vom Antragsteller die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zu verlangen. Konkrete und verwertbare, d.h. auf überprüfbare Tatsachen gestützte Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller Betäubungsmittel eingenommen hat, diese Betäubungsmittel über einen längeren Zeitraum konsumiert worden sind und ein Einfluss auf das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr nicht ausgeschlossen werden kann, liegen hier vor.

26

Dafür genügt zwar nicht, dass der Antragsteller nach den strafrichterlichen Feststellungen in zwei Fällen Cannabis in seinem Kraftfahrzeug mitgeführt hat. Nach den vorliegenden Unterlagen, insbesondere unter Berücksichtigung der in beiden Fällen kurze Zeit vor der behördlichen Feststellung des Betäubungsmittelbesitzes erfolgten Einreise aus den Niederlanden, ist nämlich nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass der Antragsteller die bei ihm gefundenen Betäubungsmittel seinerzeit lediglich in seinem Fahrzeug transportiert hat. Der Antragsteller hat aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht - Jugendgericht – Braunschweig vom 23. Oktober 2001 erklärt, seit drei Jahren konsumiere er Haschisch abends vor dem Schlafengehen. Damit bestanden hinreichende Anhaltspunkte für einen regelmäßigen Cannabiskonsum, der grundsätzlich die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt (Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV sowie die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Heft 115, Februar 2000, S. 43). Hinzu kommt, dass nach dem Bericht der Facharztpraxis P. John vom 3. Dezember 2001 noch in einer nach dem Urteil des Jugendgerichts erfolgten Untersuchung einer Ende November 2001 eingegangenen Urinprobe des Antragstellers Cannabis-Metaboliten festgestellt worden sind. Dies kann nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Nachweisdauer von Cannabis im Urin darauf hindeuten, dass der Antragsteller tatsächlich Dauerkonsument gewesen ist oder aber nach der Verhandlung vor dem Jugendgericht und der Verurteilung in diesem Verfahren weiter Cannabis konsumiert hat (vgl. Hartmann/Löhr-Schwab/Bedacht/Eisenmenger in: Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, S. 116). Dass einer der nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen seltenen Ausnahmefälle gegeben ist, in denen trotz regelmäßigen Cannabiskonsums keine Leistungsmängel vorlagen und eine hohe Wahrscheinlichkeit bestand, dass Konsum und Fahren getrennt werden konnten, ist nach den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich (vgl. dazu die Begutachtungsleitlinien, aaO.).

27

Eine Untersuchungsanordnung in den Fällen regelmäßigen Cannabiskonsums führt auch nicht zu einem unverhältnismäßigen und damit verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht des Fahrerlaubnisinhabers auf allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG.  Entgegen der Auffassung des Antragstellers stehen dem die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni und 8. Juli 2002 (NZV 2002, 422; 425 [BVerfG 08.07.2002 - 1 BvR 2428/95]), in denen das Gericht sich zur Bedeutung des Cannabiskonsums für die Fahreignungsbeurteilung geäußert hat, nicht entgegen.

28

Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich entschieden, dass sich aus einem einmaligen oder gelegentlichen Cannabiskonsum ohne Bezug zum Straßenverkehr noch nicht die – auch verfassungsrechtlich für eine Fahrerlaubnisentziehung erforderlichen – hinreichend konkreten Verdachtsmomente ergeben, die einen Eignungsmangel als nahe liegend erscheinen lassen müssen. Vorliegen müssten vielmehr zusätzliche konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Fahrerlaubnisinhaber zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist (BVerfG, Beschl. vom 20.06.2002, aaO., S. 425). Solche zusätzlichen Anhaltspunkte sind bei der regelmäßigen Einnahme von Cannabis nach den der Kammer zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen jedoch gegeben.

29

Ein lang andauernder erheblicher Cannabiskonsum kann eine dauerhafte fahreignungsrelevante Absenkung der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit nach sich ziehen (vgl. BVerfG, Beschl. vom 20.06.2002, aaO., S. 424; Bay. VGH, Urt. vom 29.061999, NJW 2000, 304 = DAR 2000, 228; OVG Saarland, Beschl. vom 30.09.2002, ZfSch2003, 44 <auch juris> und Hartmann/Löhr-Schwab/Bedacht/Eisenmenger in: Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, S. 111, jeweils m.w.N.). Darüber hinaus kann ein regelmäßiger oder gewohnheitsmäßiger Cannabiskonsum das Vermögen des Kraftfahrers beeinträchtigen, den Drogenkonsum und das Führen von Kraftfahrzeugen zuverlässig zu trennen (Bay. VGH, aaO. m.w.N.). Einzelne kritische Stimmen aus der fachwissenschaftlichen Literatur zu dieser Frage führen jedenfalls nicht dazu, dass schon Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde zur weiteren Aufklärung der aus dem Cannabiskonsum resultierenden Eignungszweifel als verfassungswidrig angesehen werden müssen (a. A. Bode, DAR 2003, 15, 17).

30

So wird teilweise zwar die Auffassung vertreten, ab dem regelmäßigen bis hin zum stark gewohnheitsmäßigen Cannabiskonsum müsse die Entscheidung über die Fahreignung individuell getroffen werden (Berghaus, Blutalkohol 2002, 321 ff., zit. nach Bode, aaO.). Das von der Antragsgegnerin angeordnete Drogenscreening sollte aber gerade die Grundlage für eine solche individuelle Eignungsbeurteilung liefern.  Dies hat der Antragsteller durch die Verweigerung der angeordneten Untersuchung verhindert. Die Auffassung, unter Berücksichtigung einer auch bei regelmäßigem Cannabiskonsum anzunehmenden Toleranzentwicklung könne nicht festgestellt werden, ob ein solcher Konsum tatsächlich zu höheren Leistungseinbußen führe als die gelegentliche Einnahme, ist – soweit ersichtlich – im fachwissenschaftlichen Schrifttum vereinzelt geblieben (vgl. zu dieser Auffassung Krüger, Blutalkohol 2002, 336 ff., bei Bode, aaO.; zur Gegenansicht s. die oben angeführten Nachweise). Diese Auffassung vermag angesichts der zur Verfügung stehenden umfangreichen wissenschaftlichen Stellungnahmen zu den fahreignungserheblichen Leistungsminderungen bei regel- oder gewohnheitsmäßigem Cannabiskonsum, die insbesondere auf einer umfassenden Würdigung der vorliegenden Erkenntnisse über die psychischen Auswirkungen dieses Konsums und der übertragbaren Erfahrungen mit Alkoholkonsumenten beruhen, nicht zu überzeugen. Im Übrigen ist jedenfalls im Rahmen der für die Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlichen Abwägung der widerstreitenden Interessen zu berücksichtigen, dass im Falle eines tatsächlich bestehenden Eignungsmangels erhebliche Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer entstehen. Diese besondere Gefahrenlage und die sich daraus ergebende Dringlichkeit behördlicher Aufklärungsmaßnahmen rechtfertigen es, Maßnahmen zur Überprüfung der Fahreignung bereits dann einzuleiten, wenn nach der überwiegenden Auffassung im fachwissenschaftlichen Schrifttum auf Grund eines eingeräumten erheblichen Betäubungsmittelkonsums die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entfallen sein kann.

31

Unerheblich ist, dass inzwischen die Ergebnisse von Drogenscreenings vorliegen, die im Urin des Antragstellers keine Drogensubstanzen nachweisen konnten. Daraus kann nicht zuverlässig geschlossen werden, dass der Antragsteller Cannabis jetzt nicht mehr regelmäßig einnimmt oder jedenfalls wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Zum einen ist der Nachweis der Einnahme von Cannabis durch Urinuntersuchungen nur in einem begrenzten Zeitraum nach dem Konsum möglich, sodass sich die Ergebnisse solcher Untersuchungen schon durch vorübergehende Verhaltensänderungen beeinflussen lassen (vgl. Hartmann/Löhr-Schwab/Bedacht/Eisenmenger, aaO., S. 116). Im Übrigen kann ein lang anhaltender Cannabiskonsum zu fahreignungsrelevanten Beeinträchtigungen vor allem im Bereich der Konzentrations- und der Gedächtnisleistungen führen, die auch nach Beendigung des chronischen Konsums fortbestehen können (vgl. Hartmann/Löhr-Schwab/Bedacht/Eisenmenger, aaO., S. 111 m.w.N.). Ob auch die insofern bestehenden Eignungszweifel inzwischen ausgeräumt sind, wird sich nur durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten klären lassen (im Ergebnis ebenso BayVGH, aaO.). Unabhängig davon datieren die vorliegenden negativen Befunde aus dem Monat Januar 2002; derartige nicht hinreichend aktuelle Untersuchungsergebnisse erlauben keine zuverlässige Aussage über das gegenwärtige Konsumverhalten des Antragstellers und zu der Frage, ob dieser den früheren erheblichen Konsum nachhaltig aufgegeben oder zumindest in einem fahreignungsrelevanten Umfang eingeschränkt hat.

32

Der Antrag ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG und beläuft sich auf die Hälfte des Wertes, der in einem Verfahren zur Hauptsache festzusetzen wäre, wenn eine Fahrerlaubnis der Klasse B im Streit ist.