Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 18.02.2003, Az.: 3 B 337/02
Ersatzbeschaffung; Funktionsfehler; Heizungskosten; Hilfe zum Lebensunterhalt; Reparaturkosten; Sozialhilfe; Stromkosten; Waschmaschine
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 18.02.2003
- Aktenzeichen
- 3 B 337/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48557
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs 1 S 2 BSHG
- § 21 Abs 1a S 6 BSHG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Eine Waschmaschine, die während des Waschvorgangs mehrmals neu eingestellt werden muss, weist einen so wesentlichen Fehler auf, dass ein Anspruch auf ihren Ersatz besteht, falls die Reparaturkosten die Kosten der Ersatzbeschaffung übersteigen.
2. Zur Höhe von Heizungs- und Stromkosten
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern eine einmalige Beihilfe für eine Waschmaschine zu gewähren und laufende Hilfe zum Lebensunterhalt unter Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkosten in Höhe von zur Zeit 52,00 EUR monatlich zu gewähren.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.
Die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag, mit dem die Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehren, ihnen eine einmalige Beihilfe für die Reparatur bzw. den Erwerb einer Waschmaschine sowie erhöhte Energiekosten zu gewähren, hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Da nach Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die vorläufige Regelung grundsätzlich die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Zahlung und Übernahme von Geldleistungen, wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird, im einstweiligen Anordnungsverfahren in der Regel nur ausgesprochen werden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für einen entsprechenden Anspruch (Anordnungsanspruch) glaubhaft gemacht sind und weiterhin glaubhaft gemacht wird, dass die begehrte Hilfe aus existenzsichernden Gründen so dringend notwendig ist, dass der Anspruch mit gerichtlicher Hilfe sofort befriedigt werden muss und es deshalb nicht zumutbar ist, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund).
Diese Voraussetzungen sind hier in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gegeben.
Die Antragsteller haben einen Anspruch auf eine einmalige Sozialhilfeleistung für die Beschaffung einer Waschmaschine. Zwischen den Parteien ist nicht umstritten, dass für den 2-Personenhaushalt der Antragsteller der Gebrauch einer Waschmaschine als notwendige hauswirtschaftliche Hilfe zum notwendigen Lebensunterhalt gehört. Hierfür gewährt der Sozialhilfeträger gemäß § 21 Abs. 1a Nr. 6 BSHG einmalige Beihilfen, da es sich um ein Gebrauchsgut von längerer Gebrauchsdauer und höherem Anschaffungswert handelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.10.1998 - 5 C 19.97 -, wonach der Gebrauch einer Waschmaschine heute auch in einem 1-Personenhaushalt zum notwendigen Lebensunterhalt gehört). Die Antragsteller haben den sozialhilferechtlichen Bedarf zur Beschaffung einer neuen bzw. gebrauchten Waschmaschine glaubhaft gemacht, da die bisher von ihnen benutzte Waschmaschine nicht lediglich mit geringen, die Gebrauchsfunktion nicht beeinträchtigenden Fehlern behaftet ist. Die vorhandene Waschmaschine weist nach den glaubhaften Angaben der Antragsteller einen ihre Gebrauchsfunktion wesentlich beeinträchtigenden Fehler auf. Danach muss sie wegen eines Fehlers im Steuerungsmechanismus während eines Waschvorganges häufiger per Hand neu eingestellt werden, und zwar in der Form, dass das Wasser wieder abgepumpt und der Waschvorgang von neuem eingestellt werden muss. Auch wenn bei dem einmaligen Testlauf der Waschmaschine bei einem Hausbesuch durch einen Bediensteten der Antragsgegnerin lediglich ein einmaliges Nachjustieren der Maschine erforderlich war, so ist doch im summarischen Verfahren glaubhaft, dass teilweise mehrfache Neueinstellungen erforderlich sind. Hierbei handelt es sich auch nicht um bloße Unbequemlichkeiten, da die geschilderten Fehlsteuerungen auch zu erhöhten Kosten für die Antragsteller führen, nämlich Kosten für Wasser und Strom, wenn der Waschvorgang beendet, Wasser abgepumpt und der Waschvorgang von neuem eingestellt werden muss. Da die Reparaturkosten für die Waschmaschine höher liegen als die Kosten für eine andere Waschmaschine, sei es eine neue oder auch eine gebrauchte Waschmaschine, welche keine ihre Gebrauchsfunktion beeinträchtigende Fehler aufweist (vgl. zur Zumutbarkeit einer gebrauchten Waschmaschine ebenfalls BVerwG, Urt. v. 01.10.1998 - 5 C 19.97 -), war die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern eine einmalige Beihilfe zum Neuerwerb einer Waschmaschine zu gewähren.
Die Antragsteller haben auch einen Anspruch dahingehend, dass ihnen die laufenden Leistungen für die Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt werden. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Erhöhung der Kosten für Haushaltsenergie, die vom Regelsatz regelmäßig umfasst wird, haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 BSHG umfasst der notwendige Lebensunterhalt u.a. auch die Aufwendungen für die Heizung. Nach § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO sind laufende Leistungen für die Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren. Nicht zu den Heizkosten zählen allerdings die Kosten für die Kochfeuerung und die Warmwasserzubereitung sowie weitere Stromkosten; diese Kosten werden durch die Regelsätze und die darin enthaltenen laufenden Leistungen für Haushaltsenergie umfasst. Die Antragsgegnerin berücksichtigt nach ihrem Bescheid vom 01.11.2002 derzeit monatliche Heizkosten in Höhe von 40,00 EUR. Nach Auskunft der Stadtwerke müssen die Antragsteller aber einen monatlichen Abschlag in Höhe von 52,00 EUR für die Heizung leisten. Dieser tatsächlich zu zahlende Abschlagsbetrag liegt bei der 58 m² großen Wohnung mit ca. 90 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche nicht so außerhalb des durchschnittlichen Heizaufwandes, der regelmäßig als angemessen zugrunde gelegt wird (vgl. B. d. OVG Lüneburg v. 22.01.2002 - 4 PA 2747/01 -), dass ohne weiteres auf ein unwirtschaftliches Verhalten der Antragsteller hinsichtlich der Heizgewohnheiten geschlossen werden könnte. Zudem sind die Antragsteller, seit sie ab Mitte 2002 wieder ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten, von der Antragsgegnerin nicht unter Fristsetzung zur Senkung ihrer Heizkosten aufgefordert worden, so dass auch von daher derzeit ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Heizkosten glaubhaft gemacht ist. Die Antragsteller haben insoweit auch die Eilbedürftigkeit der begehrten Entscheidung glaubhaft gemacht, damit die angemessene Beheizung der Unterkunft vorläufig sichergestellt werden kann und die Antragsteller in die Lage versetzt werden, die von den Stadtwerken geforderten Abschlagsbeträge zu zahlen.
Der Antrag der Antragsteller hat aber keinen Erfolg, soweit sie darüber hinausgehend beantragen, dass bei der Bewilligung ihrer Sozialhilfeleistungen die gesamten geforderten Abschlagsbeträge der Stadtwerke, d.h. monatlich 153,00 EUR für Heizung und Strom übernommen werden. Die Aufwendungen für Haushaltsenergie, wie Warmwasserbereitung, Kochfeuerung, allgemeine Stromkosten usw., sind in den monatlichen Regelsätzen enthalten. Nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg beträgt der Anteil für Haushaltsenergie im Regelsatz eines Haushaltsvorstandes 11,64 v.H. (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 14.03.2002 - 4 ME 67/02 -). Auch in den Regelsätzen der Haushaltsangehörigen sind anteilig Kosten für die Warmwasserbereitung, die Kochfeuerung usw. enthalten. Auch wenn der Anteil für Haushaltsenergie im Regelsatz des Antragstellers zu 1) danach nur 34,10 EUR beträgt (293,00 EUR x 11,64 v.H.), und damit, auch wenn man den entsprechenden Anteil aus dem Regelsatz der Ehefrau hinzurechnet, die geforderten Beträge, die monatlich zu entrichten sind, von insgesamt über 70,00 EUR an Stromkosten nicht erreicht werden, so haben die Antragsteller keinen Anspruch auf Erhöhung des Regelsatzes oder Übernahme weiterer Energiekosten glaubhaft gemacht. Nach den vorgelegten Unterlagen besteht ein solcher Anspruch nicht allein wegen der in der Vergangenheit erhöhten Stromverbrauchskosten. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass diese aufgrund von defekten Elektrogeräten entstanden sind, die nunmehr ausgetauscht sind bzw. ausgetauscht werden, so ergibt sich kein im Wege der einstweiligen Anordnung für die Zukunft noch bestehender höherer Bedarf an Haushaltsenergie. Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, dass sie derzeit die höheren Abschläge noch bezahlen müssen, so haben sie nicht glaubhaft gemacht, dass es ihnen nicht möglich ist, den Energieverbrauch nunmehr spürbar zu verringern und entsprechend geringere Abschlagszahlungen mit den Stadtwerken zu vereinbaren. Die Frage, ob für die Vergangenheit ein höherer Energiebedarf geltend gemacht werden kann, ist deswegen dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten.
Die Antragsteller haben auch einen Anspruch auf Übernahme von Energiekostenrückständen bei den Stadtwerken nicht glaubhaft gemacht. Nach ihrem eigenen Vorbringen konnten sie eine angedrohte Stromsperre durch die Stadtwerke durch Zahlungen verhindern. Damit haben sie die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) ebenso wenig glaubhaft gemacht wie einen Anordnungsanspruch, d.h. einen Anspruch auf Übernahme rückständiger Energiekosten, der sich unter bestimmten Voraussetzungen aus § 15a BSHG ergeben kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 i.V.m. § 188 Satz 2 VwGO.