Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 02.03.2016, Az.: L 2 R 327/15
Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen; Untertarifliche Bezahlung; Zweifel an der Sozialversicherungspflichtigkeit eines Tatbestandes; Entstehungsprinzip
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 02.03.2016
- Aktenzeichen
- L 2 R 327/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 17321
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2016:0302.L2R327.15.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - AZ: S 64 KR 454/13
Rechtsgrundlage
- § 24 Abs. 2 SGB IV
Redaktioneller Leitsatz
1. Das für die Sozialversicherung zentrale Entstehungsprinzip hat zum Inhalt, dass Versicherungspflicht und Beitragshöhe bei dem Beschäftigten nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten (etwa dem Betroffenen tariflich zustehenden) Arbeitsentgelt zu beurteilen sind - was sich etwa bei untertariflicher Bezahlung auswirkt - und nicht lediglich nach dem einkommensteuerrechtlich entscheidenden, dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossenen Entgelt.
2. Der Zufluss von Arbeitsentgelt ist für das Beitragsrecht der Sozialversicherung demgegenüber nur entscheidend, soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr leistet als ihm unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Regelungen zusteht, d.h. dann, wenn ihm also über das geschuldete Arbeitsentgelt hinaus überobligatorische Zahlungen zugewandt werden.
3. Lassen sich Zweifel an der Sozialversicherungspflichtigkeit eines Tatbestandes dem Grunde oder der Höhe nach nicht mit Hilfe beispielsweise einer sorgfältigen Auswertung entsprechender Richtlinien und der obergerichtlichen Rechtsprechung oder einer entsprechend ausgerichteten fachkundigen Beratung hinreichend verlässlich beheben, dann verlangt die "erforderliche" Sorgfalt regelmäßig schon aufgrund entsprechender Zweifel eine Rückfrage des Arbeitgebers bei der zuständigen Einzugsstelle.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger führt als Elektromeister einen handwerklichen Elektromontagebetrieb mit Sitz im niedersächsischen Landkreis O ... Er wendet sich gegen einen auf der Grundlage einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV erlassenen Beitragsnachforderungsbescheid, mit dem weitere Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5.677,95 EUR (einschließlich 1.335,50 EUR Säumniszuschläge) festgesetzt worden sind. Der Nachberechnung liegt die Auffassung der Beklagten zugrunde, dass der Kläger im Prüfzeitraum Januar 2008 bis Dezember 2011 den seinerzeit in seinem Betrieb tätigen Beigeladenen zu 1., 2., 3., 4. und 14. für ihre Tätigkeit ein zu geringes - die Vorgaben der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für das Elektrohandwerk missachtendes - Entgelt gewährt habe. Eine anteilige Nachforderung in Höhe von 31,97 EUR ist darüber hinaus vor dem Hintergrund festgesetzt worden, dass der Kläger aus der Sicht der Beklagten (vgl. deren Schriftsatz vom 12. Januar 2016) eine dem Beigeladenen zu 13. im September 2008 gewährte Urlaubsabgeltung rechtsirrtümlich als Teil des laufenden Entgelts bei der Lohnabrechnung mit der Folge behandelt hat, dass versehentlich eine geringfügige Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenzen zur Kranken- und Pflegeversicherung angenommen worden ist.
Die Beigeladenen zu 5. bis 12. sind die für die Beigeladenen zu 1. bis 4., 13. und 14. zuständigen Sozialversicherungsträger.
Der Beigeladene zu 4. ist der Sohn des Klägers. Er ist ausgebildeter Elektrotechniker. Ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15. April 2008 hat ihn der Kläger zum 1. Juni 2008 als Elektrotechniker zu einem Monatsbruttolohn von 1.600 EUR beschäftigt (Bl. 106 GA), nachdem er bereits in den vorausgegangenen Monaten jedenfalls von Januar bis Mai 2008 für den Kläger gearbeitet hatte. Ein Folgearbeitsvertrag vom 31. Juli 2009 (Bl. 102 GA) sah einen Bruttostundenlohn von 11 EUR vor.
Die Beigeladenen zu 1., 2., 3., und 14 verfügen über keine Ausbildung zum Elektrotechniker. Sie sind vom Kläger als Hilfskräfte eingesetzt worden, wobei sie jedenfalls überwiegend Stundenlöhne zwischen 6 und 7 EUR erhalten haben. Der Beigeladene zu 2. schloss am 8. April 2009 mit dem Kläger einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach er für diesen ab dem 15. April 2009 als "Helfer" zu einem Bruttostundenlohn von 7 EUR tätig werden sollte (Bl. I 43 VV). Mit den übrigen Beigeladenen hatte der Kläger nur mündliche Arbeitsverträge abgeschlossen.
Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) hatte am 24. Januar 2007 mit der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) einen Tarifvertrag über ein Mindestentgelt in den Elektrohandwerken geschlossen. Nach § 1 des Vertrages galt dieser räumlich im gesamten Bundesgebiet und sachlich für alle Betriebe oder selbständigen Betriebsabteilungen, die mit der handwerksmäßigen Installation von elektro- und informationstechnischen Anlagen und Geräten einschließlich elektrischer Leitungen, Kommunikations- und Datennetze sowie mit dem Fahrleitungs-, Ortsnetz und Kabelbau befasst sind. Persönlich galt der Vertrag für "alle Beschäftigten, soweit sie elektro- und informationstechnische Tätigkeiten außerhalb des Betriebes ausüben. Ausgenommen sind Auszubildende im Sinne des § 1 (2) BBiG."
§ 2 des Tarifvertrages sah ein Mindestentgelt für Arbeitsorte in Niedersachsen und in den weiteren alten Bundesländern in Höhe 9,40 EUR ab Januar 2008, 9,55 EUR ab Januar 2009 und 9,60 EUR ab Januar 2010 vor.
Diesen Tarifvertrag hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss mit Wirkung ab dem 1. September 2007 für die Zeit bis zum 31. Dezember 2010 für allgemeinverbindlich erklärt (Bundesanzeiger Nr. 179 vom 22. September 2007).
Für die Zeit ab 2011 schlossen die genannten Tarifparteien am 4. März 2010 einen Folgetarifvertrag, in dem für Arbeitsorte in Niedersachsen und in den weiteren alten Bundesländern ein Mindeststundenlohn in Höhe von 9,70 EUR ab Januar 2011 und in Höhe von 9,80 EUR ab Januar 2012 vereinbart wurde. Persönlich galt der Tarifvertrag nach Maßgabe des § 1 nunmehr für "alle Beschäftigten, soweit sie elektro- und informationstechnische Tätigkeiten außerhalb des Betriebes ausüben. Ausgenommen sind Auszubildende im Sinne des § 1 (2) BBiG sowie solche Beschäftigte, a) bei denen Berufsfindung bzw. praktische Erfahrungen im Rahmen einer Ausbildung nachweislich im Vordergrund stehen und b) die ohne einschlägige berufsfachliche Kenntnisse und ausgewiesen als Schüler gegen Entgelt Aushilfstätigkeiten übernehmen."
Auch diesen Tarifvertrag hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011 für die Zeit bis zum 31. Dezember 2013 für allgemeinverbindlich erklärt (Bundesanzeiger Nr. 189 vom 14. Dezember 2010).
Nach einer Auswertung der vom Kläger geführten Lohnkonten gelangten die Prüfmitarbeiter der Beklagten zu dem Ergebnis, dass dem Beigeladenen zu 1. im Jahr 2008 an Stelle des tatsächlich erhaltenen Bruttoentgelts von 1.491 EUR nach den o.g. tarifvertraglichen Vorgaben ein Entgelt von 2.298,50 EUR zugestanden hätte.
Entsprechend ergaben sich folgende weitere Differenzen:
Beschäftigter: | Beigeladener zu Entgeltzeitraum | Differenz zwischen dem tatsächliche gezahlten und dem sich nach den o.g. tarifvertraglichen Vorgaben ergebenden Entgelt: |
---|---|---|
1. | 2008 | 807,50 EUR |
2. | 2008 | 921,50 EUR |
3. | 2008 | 532,10 EUR |
4. | 2008 | 349,07 EUR |
1. | 2009 | 1146,68 EUR |
1. | 2010 | 1168,20 EUR |
1. | 2011 | 201,65 EUR |
1. | 2012 | 693,75 EUR |
2. | 2009 | 2652,84 EUR |
4. | 2009 | 388,29 EUR |
14. | 2010 | 974,75 EUR |
Hiervon ausgehend berechnete die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid die vom Kläger im Prüfzeitraum zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge für die in seinem Betrieb beschäftigten Beigeladenen ausgehend von dem nach ihrer Auffassung tarifvertraglich geschuldeten Entgelt und forderte die Differenzen zu den zuvor vom Kläger nach Maßgabe der tatsächlich erbrachten Entgeltzahlungen entrichteten Beiträgen nach.
Der Beigeladene zu 13. hatte im Monat September 2008 und damit im letzten Monat seiner zum 12. September 2008 beendeten Beschäftigung beim Kläger 80 Stunden zu jeweils 12 EUR, entsprechend 960 EUR vergütet bekommen; ferner waren Urlaubsstunden ebenfalls zu jeweils 12 EUR, entsprechend 672 EUR, abgegolten worden, so dass ihm der Kläger in diesem Monat insgesamt ein Entgelt in Höhe von 1.632 EUR gezahlt hat. In Höhe dieses Entgelts entrichtete der Kläger für den Beigeladenen zu 13. Beiträge zur Renten- und zur Arbeitslosenversicherung, wohingegen er zur Kranken- und Pflegeversicherung nur Beiträge nach einem Einkommen von 1.440 EUR abgeführt hatte (vgl. Gehaltsabrechnung, Bl. I 73 VV). Bezüglich der Differenz zwischen diesen beiden Beträgen erfolgte mit dem angefochtenen Bescheid eine Nachveranlagung zur Kranken- und Pflegeversicherung, entsprechend einer Nachforderung von 31,97 EUR.
Zur Begründung des am 14. Januar 2013 eingelegten Widerspruchs hat der Kläger insbesondere geltend gemacht, dass die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 14. nur zu Hilfsarbeiten eingesetzt worden seien. Sie hätten Betrieb und Baustellen gereinigt sowie Material und auszuliefernde Geräte transportiert und solche Geräte entsorgt. "Eventuell" hätten sie auch einmal bei einer Elektroinstallation einen Schlitz in die Wand gestemmt oder einen solchen wieder verfüllt. Nicht fachlich qualifiziertes Personal habe er gar nicht "an den Strom gelassen".
Die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 14 hätten insbesondere keine Kabel verlegt, keine Kabel angeklemmt, keine elektrischen Leitungen hergestellt und solche auch nicht überprüft oder durchgemessen.
Nach Einholung einer Auskunft der IG Metall vom 22. Mai 2013 und Beiziehung eines Merkblatts des HVEH zu Mindestentgelten im Elektrohandwerk vom 1. Januar 2011 hat die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 27. August 2013 zurückgewiesen. Auch Hilfs- und Vorbereitungstätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Erbringung elektro- und informationstechnischer Dienstleistungen anfallen, seien grundsätzlich mit dem Mindestlohn nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen zu vergüten.
Mit der am 20. September 2013 erhobenen Klage hat der Kläger hervorgehoben, dass Tarifverträge wie Gesetze auszulegen seien. Eine sachgerechte Interpretation ergebe, dass der vorgesehene Mindestlohn nur für solche Arbeitnehmer gelten solle, die "wirklich das Elektrohandwerk ausüben".
Mit Urteil vom 5. Mai 2015, dem Kläger zugestellt am 18. Juni 2015, hat das Sozialgericht Braunschweig die Klage abgewiesen. Die von der Beklagten herangezogenen Tarifverträge erfassten auch Helfer- und Hilfsarbeitertätigkeiten.
Mit der am 15. Juli 2015 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, dass die von der Beklagten herangezogenen tarifvertraglichen Regelungen zwar für das von ihm betriebene Elektrohandwerk räumlich und fachlich einschlägig seien, dass jedoch die Beigeladenen zu 1., 2., 3. und 14 nicht vom persönlichen Anwendungsbereich der Regelungen erfasst würden. Die herangezogenen Tarifverträge wollten lediglich verhindern, dass "Elektriker" zu geringeren als den dort vereinbarten Mindestlöhnen beschäftigt würden. Keiner dieser Beigeladenen habe jemals Arbeiten "im Sinne der Tarifnorm" ausgeführt.
Mit Aufklärungsverfügung vom 28. September 2015 hat der Senat dem Kläger insbesondere aufgegeben, für jeden der von dem angefochtenen Bescheid betroffenen Beschäftigungsmonate im Einzelnen darzulegen, auf welchen Baustellen bzw. an welchen anderen Einsatzorten der betroffene Mitarbeiter mit jeweils welcher Stundenzahl mit welchen konkreten Tätigkeiten befasst war und in Zusammenarbeit mit welchen weiteren Mitarbeitern (mit vollständiger/n Anschrift/en) dieser dabei jeweils vor Ort tätig war. Von einer konkreten inhaltlichen Beantwortung hat der Kläger abgesehen und darauf hingewiesen, dass er keine Aufzeichnungen habe, auf welchen Baustellen und an welchen Einsatzorten die Mitarbeiter jeweils eingesetzt worden seien. Dies sei "von Tag zu Tag" mündlich angeordnet worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 5. Mai 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senates lässt der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2013, auf dessen zutreffende Begründung im Übrigen Bezug genommen wird, keine Fehler zu Lasten des Klägers erkennen.
1. Die Nacherhebung von Beiträgen aufgrund der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1., 2., 3., 4., 13. und 14. begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Diese waren in den von dem angefochtenen Prüfbescheid jeweils erfassten Zeiträumen abhängig Beschäftigte des Klägers. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Seine Beitragspflicht als Arbeitgeber wird zu Recht dem Grunde nach auch von Seiten des Klägers nicht in Zweifel gezogen; er hat für die genannten Beigeladenen auch bereits vor der Betriebsprüfung Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung entrichtet. Die Beklagte hat jedoch in dem angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt, dass der Kläger über die bereits zuvor abgeführten Beiträge hinaus von Rechts wegen weitere Beitragsleistungen zu entrichten hatte, wie sie in diesem Bescheid sachlich und rechnerisch richtig festgesetzt worden sind.
Das für die Sozialversicherung zentrale Entstehungsprinzip hat zum Inhalt, dass Versicherungspflicht und Beitragshöhe bei dem Beschäftigten nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten (etwa dem Betroffenen tariflich zustehenden) Arbeitsentgelt zu beurteilen sind - was sich etwa bei untertariflicher Bezahlung auswirkt - und nicht lediglich nach dem einkommensteuerrechtlich entscheidenden, dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossenen Entgelt (grundlegend BSGE 54, 136 [BSG 26.10.1982 - 12 RK 8/81] = SozR 2200 § 393 Nr 9; BSGE 75, 61 [BSG 30.08.1994 - 12 RK 59/92] = SozR 3-2200 § 385 Nr 5; zur Verfassungskonformität des Prinzips: BVerfG Beschluss vom 11.9.2008 - 1 BvR 2007/05 - SozR 4-2400 § 22 Nr 3). Der Zufluss von Arbeitsentgelt ist für das Beitragsrecht der Sozialversicherung demgegenüber nur entscheidend, soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr leistet als ihm unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Regelungen zusteht, d.h. dann, wenn ihm also über das geschuldete Arbeitsentgelt hinaus überobligatorische Zahlungen zugewandt werden (vgl zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 07. Mai 2014 - B 12 R 18/11 R - BSGE 115, 295 mwN).
Im vorliegenden Fall lag das tatsächlich vom Kläger für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1., 2., 3., 4. und 14. in den streitbetroffenen Zeiträumen gezahlte Entgelt unter den Vorgaben der im Tatbestand bereits erläuterten - rechtsverbindlich gemäß § 5 Tarifvertragsgesetz (TVG) vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärten - Tarifverträgen über ein Mindestentgelt in den Elektrohandwerken. Dies hat nach der erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Folge, dass der Kläger als Arbeitgeber der vorstehend genannten Beigeladenen Sozialversicherungsbeiträge nicht nur nach Maßgabe der tatsächlich erbrachten Lohnzahlungen, sondern darüber hinaus auch bezüglich derjenigen Beträge zu entrichten hatte, die er bei pflichtgetreuer Anwendung der rechtsverbindlichen Vorgaben der genannten Tarifverträge über die tatsächlich ausgezahlten Beträge hinaus an die betroffenen beigeladenen Arbeitnehmer hätte entrichten müssen.
Vergeblich versucht der Kläger Zweifel an der Anwendbarkeit der erläuterten für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Mindestlohnvorgabe zu wecken.
Dabei räumt allerdings auch der Kläger sachlich zutreffend ein, dass er als Inhaber eines handwerksmäßigen Elektromontagebetriebes elektrotechnische Arbeiten für seine Kunden an wechselnden Baustellen in den alten Bundesländern außerhalb seines Betriebsgeländes in den streitbetroffenen Zeiträumen verrichtet hat, so dass die räumliche und fachliche Anwendbarkeit der tarifvertraglichen Vorgaben zu bejahen ist.
In persönlicher Hinsicht erfassen die tarifvertraglichen Vorgaben alle Beschäftigten, soweit sie elektro- und informationstechnische Tätigkeiten außerhalb des Betriebes ausüben. Diese Vorgaben sind dahingehend zu interpretieren, dass mit ihnen nicht nur ausgebildete Fachkräfte, sondern auch Hilfskräfte erfasst werden, soweit diese bei elektro- und informationstechnischen Tätigkeiten mitwirken. Es genügt, dass entsprechende Hilfskräfte im Rahmen eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens in die Erbringung elektrotechnischer Leistungen eingebunden sind, indem sie beispielsweise als Handlanger oder bei vor- oder nachbereitenden Tätigkeiten eingesetzt werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAG 22. Januar 2014 - 7 AZR 243/12 -; 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 -, BAGE 124, 110) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - BAGE 145, 142; BAG, Urteil vom 07. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 -, ).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die erläuterten tarifvertraglichen Vorgaben in dem Sinne zu verstehen, dass schon eine Mitwirkung von Beschäftigten an elektro- und informationstechnischen Tätigkeiten die Zugehörigkeit zum persönlichen Geltungsbereich begründet, und zwar unabhängig davon, ob der mitwirkende Beschäftige als Hilfskraft oder als ausgebildete Fachkraft mitarbeitet. Den Tarifvertragsparteien war selbstverständlich bekannt, dass im Arbeitsalltag entsprechende Tätigkeiten häufig in einem arbeitsteiligen Zusammenwirken zwischen Fachkräften und Hilfskräften verrichtet werden. Wenn sie gleichwohl von einer ausdrücklich Beschränkung auf Fachkräfte abgesehen und mit dem Begriff der "elektro- und informationstechnischen Tätigkeiten" lediglich auf die Zielrichtung der Arbeit abgestellt haben, dann haben sie damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch mitwirkende Hilfskräfte von den Mindestlohnvorgaben erfasst werden sollen.
Dieses Verständnis haben die Tarifparteien im Folgevertrag vom 4. März 2010 auch noch einmal dadurch verdeutlicht, dass ausweislich der Bestimmung in § 1 Satz 2 des Vertrages von der Anwendbarkeit der Mindestlohnvorgaben (neben Auszubildenden und Praktikanten) ausgenommen bleiben sollen solche Beschäftigte, "die ohne einschlägige berufsfachliche Kenntnisse und ausgewiesen als Schüler gegen Entgelt Aushilfstätigkeiten übernehmen". Damit haben die Tarifparteien klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch Beschäftigte "ohne einschlägige berufsfachliche Kenntnisse" Anspruch auf den vereinbarten Mindestlohn haben, solange sie - wie die Beigeladenen zu 1. -4. und 14. - nicht als Schüler ausgewiesen sind.
Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch, dass die dem Tarifvertrag vom 24. Januar 2007 beigefügte Protokollnotiz ausdrücklich auf das Ziel einer Sicherung des Erhalts der elektrohandwerklichen Betriebe in Deutschland "mit ihren derzeit rund 320.000 Beschäftigten" abstellt. Indem die Tarifvertragsparteien auf die Gesamtheit aller (gelernten und ungelernten) Beschäftigten abgestellt haben, haben sie zugleich zum Ausdruck gebracht, dass die vereinbarten Vorgaben auch die Beschäftigten ohne besondere fachliche Qualifikation erfassen sollten.
Bezeichnenderweise haben auch die von der Beklagten im Widerspruchsverfahren eingeholte Stellungnahme der IG Metall und das beigezogene Merkblatt des ZVEG verdeutlicht, dass beide Tarifparteien eine Auslegung im vorstehend erläuterten Sinne für selbstverständlich und sachgerecht erachten.
Nur eine solche Auslegung ermöglicht eine effektive und unkomplizierte Umsetzung der erläuterten tarifvertraglichen Vorgaben im betrieblichen Alltag. Eine Beschränkung der persönlichen Anwendbarkeit dieser Vorgaben etwa in dem vom Kläger befürworteten Sinne auf Arbeitnehmer, die "wirklich das Elektrohandwerk ausüben", würde den Zielvorgaben der Tarifparteien nicht entsprechen und überdies zu durchgreifenden Abgrenzungsproblemen führen. Eine Beschränkung der tarifvertraglichen Mindestlohnvorgaben auf ausgebildete Handwerker haben die Tarifparteien gerade nicht gewollt. Auch bei ausgebildeten Elektrikern gäbe es überdies keine greifbaren Abgrenzungskriterien um eine "wirkliche" Ausübung des Elektrohandwerks von anderen beruflichen Ausprägungen unterscheiden zu können.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist auch davon auszugehen, dass die Beigeladenen zu 1., 2., 3., 4. und 14. in den streitbetroffenen Zeiträumen tatsächlich jeweils außerhalb des Betriebes des Klägers an elektro- und informationstechnischen Tätigkeiten mitgewirkt haben. Der elektrotechnische handwerksmäßige Betrieb des Klägers ist schwerpunktmäßig auf die Verrichtung entsprechender Arbeiten ausgerichtet. Mangels eines substantiierten Vortrages des Klägers zu den tatsächlich von den genannten Beigeladenen in den streitbetroffenen Zeiträumen wahrgenommenen betrieblichen Tätigkeiten ist entsprechend der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass sie zu allen im Betrieb anfallenden Tätigkeiten und damit namentlich auch zur Unterstützung bei den - den betrieblichen Arbeitsschwerpunkt bildenden - elektro- und informationstechnischen Tätigkeiten herangezogen worden sind.
Insoweit gelten im sozialgerichtlichen Verfahren dieselben Grundsätze wie im arbeitsgerichtlichen Verfahren: Die für die Betriebsprüfung zuständigen Rentenversicherungsträger haben regelmäßig - und so auch im vorliegenden Fall - keine näheren Einblicke in die Arbeitsabläufe des zu prüfen Betriebes, diese sind hingegen natürlich dem Betriebsinhaber, im vorliegenden Fall also dem Kläger, bestens bekannt. Die Prüfstellen genügen daher ihrer Ermittlungs- und Mitwirkungspflicht, wenn sie zunächst die - im vorliegenden Fall auch von Seiten des Klägers nicht in Zweifel gezogene - elektrotechnische Auslegung des handwerklich ausgerichteten Betriebes belegen.
Bei einer solchen Ausgangslage, obliegt es hingegen dem jeweiligen Arbeitgeber, die sich aus dem äußeren Ablauf ergebende tatsächliche Vermutung für eine Beteiligung der eingesetzten "Helfer" an den auswärtigen elektro- bzw. informationstechnischen Arbeiten substantiiert zu bestreiten und eingehend den tatsächlichen Einsatz der betroffenen Arbeitnehmer außerhalb einer Mitwirkung an solchen elektro- bzw. informationstechnischen Tätigkeiten nach Art und Ort der Mitwirkung substantiiert zu erläutern, wenn und soweit er deren Zugehörigkeit zum persönlichen Anwendungsbereich der tarifvertraglichen Mindestlohnvorgaben in Abrede stellen will.
Ein in diesem Sinne substantiierter Vortrag würde natürlich auch nachvollziehbare Darlegungen in der Hinsicht beinhalten müssen, dass die Stärke des arbeitsteilig im Zusammenhang mit elektro- bzw. informationstechnischen Arbeiten eingesetzten und daher den tarifvertraglichen Mindestlohnvorgaben unterfallenden Personals zur Abdeckung des damit verbundenen Arbeitsbedarfs ausreichte. Nur bei einer solchen Ausgangslage kann ein Vortrag als plausibel zu werten sein, wonach weitere Hilfskräfte außerhalb dieses Bereiches bei anderen - konkret aufzuzeigenden - Tätigkeiten eingesetzt worden sein soll.
Regelmäßig obliegt dem Arbeitgeber in diesem Sinne die Last des substantiierten Bestreitens, weil der prüfende Rentenversicherungsträger außerhalb des Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen hat, während der Arbeitgeber diese kennt und ihm die entsprechenden Angaben zuzumuten sind. Das substantiierte Bestreiten hat insbesondere sich auf die Art und/oder den Umfang der tatsächlich verrichteten Arbeiten beziehen (vgl. etwa BAG, U. v. 10. September 2014 - 10 AZR 959/13 -, BAGE 149, 84).
Zu einem entsprechend substantiierten Vortrag sieht sich der Kläger selbst nicht in der Lage. Er hat sich vielmehr darauf zurückgezogen, dass er keine Aufzeichnungen habe, auf welchen Baustellen und an welchen Einsatzorten die Mitarbeiter jeweils eingesetzt worden seien. Dies sei "von Tag zu Tag" mündlich angeordnet worden. Ein derart unbestimmter Vortrag ist gerade nicht geeignet, dem Senat die Überzeugung zu vermitteln, dass betroffenen Beigeladenen vom Kläger nicht im Rahmen der arbeitsteiligen Erbringung elektrotechnischer Montagetätigkeiten eingesetzt worden sind, zumal jedenfalls ein Einsatz auf Baustellen zugestanden wird.
Das Fehlen substantiierter Angaben zu den tatsächlich von den betroffenen Mitarbeitern verrichteten betrieblichen Tätigkeiten geht im Ergebnis bei der erläuterten Ausgangslage zu Lasten des Klägers, zumal diese Daten auch die "Zusammensetzung" des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung im Sinne § 8 Abs. 1 Nr. 11 Beitragsverfahrensverordnung (BVV) bestimmen und daher nach dieser Vorschrift verlässlich zu erheben und zu den Entgeltunterlagen zu nehmen sind.
Bezüglich der Höhe der aufgrund der Nichtgewährung des Mindestlohnes nachträglich zu entrichtenden weiteren Sozialversicherungsbeiträge werden auch von Seiten des Klägers, der sich im Übrigen insoweit nicht einmal zur Vorlage der vom Senat angeforderten Gehaltsabrechnungen in der Lage gesehen hat, nicht aufgezeigt. Er hat vielmehr selbst zum Ausdruck gebracht, dass er diesbezüglich von einer zutreffenden Auswertung der Lohnkontenunterlagen durch die Prüfmitarbeiter der Beklagten ausgeht.
2. Zu Recht hat die Beklagte den Kläger auch zur Nachentrichtung von Beiträgen in Höhe von insgesamt 31,97 EUR zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Beigeladenen zu 13. aufgrund des ihm im September 2008 gewährten Arbeitsentgelts herangezogen. Der Kläger ist rechtsirrtümlich davon ausgegangen, dass von dem tatsächlich für den letzten Beschäftigungszeitraum vom 1. bis 12. September 2012 gewährten Entgelt in Höhe von 1.632 EUR lediglich 1.440 EUR der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterlegen hätten. Tatsächlich war auch bezüglich dieser Versicherungen der volle Entgeltbetrag zu verbeitragen. Insbesondere ist keine Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenzen nach §§ 223 Abs. 3 SGB V, 55 Abs. 2 SGB XI festzustellen, da die in dem Entgelt enthaltenen 672 EUR zur Urlaubsabgeltung als einmaliges Entgelt entsprechend den Vorgaben des § 23a Abs. 3 SGB IV nicht allein dem Auszahlungsmonat September 2008, sondern anteilig demjenigen Zeitraum zuzuordnen waren, der der Dauer aller Beschäftigungsverhältnisse bei demselben Arbeitgeber im jeweiligen laufenden Kalenderjahr bis zum Ablauf des Entgeltabrechnungszeitraumes entspricht, auszunehmen sind insoweit lediglich Zeiten, die nicht mit Beiträgen aus laufendem (nicht einmalig gezahltem) Arbeitsentgelt belegt sind. Mithin waren die 672 EUR für die Prüfung der Beitragsbemessungsgrenze angesichts der fortdauernden Beschäftigung des Beigeladenen zu 13. im Zeitraum Januar 2008 bis zum 12. September 2008 anteilig auf die ersten neun Monate des Jahres 2008 zu verteilen.
3. Die vorstehend erläuterte Beitragsentrichtungspflicht begründet nach den Vorgaben des § 24 Abs. 2 SGB IV grundsätzlich auch die Pflicht, für nachträglich aufzubringende Beiträge Säumniszuschläge zu entrichten. Solche sind nach diesen gesetzlichen Vorgaben nur dann ausnahmsweise nicht zu erheben, wenn und soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.
Für die Beurteilung eines Verschuldens sind auch im Sozialrecht die Vorgaben des § 276 BGB zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 R -, SozR 4-4300 § 140 Nr 1, BSGE 95, 8-16, SozR 4-4300 § 37b Nr 3; BSG, Urteil vom 26. August 1983 - 10 RAr 1/82 -, SozR 4100 § 141e Nr 5 = BSGE 55, 284 [BSG 26.08.1983 - 10 RAr 1/82]). Fahrlässig und damit schuldhaft handelt dementsprechend insbesondere derjenige, der die im Verkehr "erforderliche" Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. § 276 Abs. 2 BGB).
"Erforderlich" in diesem Sinne ist eine Sorgfalt, die darauf ausgerichtet ist, Beitragsausfälle auf Seiten der berechtigten Sozialleistungsträger möglichst zu vermeiden. Die freiheitlich-marktwirtschaftliche Struktur des bundesdeutschen Wirtschaftslebens hat zur Folge, dass den Sozialleistungsträgern von Amts wegen die Aufnahme einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung zunächst regelmäßig gar nicht bekannt wird. Zum Ausgleich hat der Gesetzgeber die Arbeitgeber verpflichtet, eigenständig alle beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse der jeweils zuständigen Einzugsstelle nach § 28a SGB IV zu melden und wiederum eigenständig für die - vollständige - Abführung der geschuldeten Beiträge nach Maßgabe der §§ 28d ff. SGB IV Sorge zu tragen. Insoweit werden die Arbeitgeber mit diesen gesetzlichen Vorgaben fremdnützig sowohl im Interesse der Beschäftigten als auch insbesondere im Interesse der Sozialleistungsträger und der von dieser repräsentierten Versichertengemeinschaft in Anspruch genommen.
Dementsprechend haben die Arbeitgeber bei dieser Melde- und Beitragsabführungspflichten sich an einer verständigen Wahrnehmung der ihnen insoweit anvertrauten Interessen der Versicherten und der Sozialleistungsträger auszurichten und diejenige Sorgfalt zu beachten, die für die vom Gesetzgeber vorgesehene umfassende Erbringung aller objektiv geschuldeten Beiträge erforderlich ist. Soweit der betroffene Arbeitgeber nicht seinerseits über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt, wird er regelmäßig fachkundiges Personal bzw. Berater heranziehen müssen, indem - beispielsweise - die Lohnbuchhaltung einem fachkundigen Steuerberatungsunternehmen übertragen wird.
Unter Berücksichtigung der gesetzlich übertragenen Pflicht zur fremdnützigen Durchsetzung insbesondere der Beitragsinteressen der Sozialleistungsträger darf sich ein Arbeitgeber in Zweifelsfällen regelmäßig nicht mit eigenen subjektiven Einschätzungen der Rechtslage begnügen. Grundsätzlich fordert bereits der Geltungsanspruch des Rechts, dass der Verpflichtete das Risiko seines Irrtums über die Rechtslage selbst trägt (BGH, Urteil vom 01. Dezember 1981 - VI ZR 200/80 -, NJW 1982, 635). Von einem unverschuldeten Rechtsirrtum kann nur bei Anlegung strenger Maßstäbe Raum bleiben. Bei Zweifeln über die Rechtslage sind Erkundigungen einzuziehen. Höchstrichterliche Entscheidungen sind zu beachten (BGH, Urteil vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93 -, NJW 1994, 2754).
Lassen sich Zweifel an der Sozialversicherungspflichtigkeit eines Tatbestandes dem Grunde oder der Höhe nach nicht mit Hilfe beispielsweise einer sorgfältigen Auswertung entsprechender Richtlinien und der obergerichtlichen Rechtsprechung oder einer entsprechend ausgerichteten fachkundigen Beratung hinreichend verlässlich beheben, dann verlangt die "erforderliche" Sorgfalt regelmäßig schon aufgrund entsprechender Zweifel eine Rückfrage des Arbeitgebers bei der zuständigen Einzugsstelle.
Ein solches Vorgehen ist dem Arbeitgeber schon angesichts des regelmäßig nur relativ geringen damit verbundenen Aufwandes insbesondere dann zuzumuten, wenn - wie auch im vorliegend zu beurteilenden Zusammenhang - größere Beitragszahlungen aufgrund des zu beurteilenden Sachverhalts in Betracht kommen und damit die vom Arbeitgeber zu wahrenden Beitragsinteressen der Sozialleistungsträger ein besonderes Gewicht aufweisen. Für einen verständigen Arbeitgeber ist auch unschwer zu erkennen, dass erst auf diesem Wege in Zweifelsfällen das spezifische Fachwissen der zuständigen Fachbehörde nutzbar gemacht und damit die erforderliche Klarheit herbeigeführt werden kann.
Da die angesprochenen Verpflichtungen dem Arbeitgeber fremdnützig und damit letztlich treuhänderisch vom Gesetzgeber auferlegt worden sind, hängt das Ausmaß der von ihm zu erwartenden Sorgfalt nicht davon ab, dass er durchaus auch eigene wirtschaftliche Interessen mit der Beurteilung der Frage einer Sozialversicherungspflicht verbinden mag. Selbstverständlich kann ein Arbeitgeber in der Sache und ggfs. im Rechtsweg gegenüber einem Sozialleistungsträger seine Rechtsauffassung des Fehlens einer Beitragspflicht durchaus nachdrücklich verfolgen, gleichwohl verlangt die "erforderliche" Sorgfalt bei der Wahrnehmung der dargelegten ihm fremdnützig auferlegten Pflichten von ihm, die zuständige Einzugsstelle (bzw. in Verfahren nach § 7a SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund) über den Zweifelsfall zunächst einmal in Kenntnis zu setzen.
Da der Gesetzgeber, wie dargelegt, in § 24 Abs. 2 SGB IV eine Glaubhaftmachung des Beitragsschuldners verlangt, wonach dieser unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte, obliegt es zunächst diesem, substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen, dass und aus welchen Gründen er von dem Fehlen eines versicherungspflichtigen Tatbestandes ausging und nicht einmal Zweifel zu erkennen vermochte, aufgrund derer die erforderliche Sorgfalt eine Nachfrage bei dem zuständigen Sozialleistungsträgers geboten hätte. Diesbezüglich lässt der unsubstantiierte Vortrag des Klägers letztlich keine verwertbaren konkreten Darlegungen erkennen. Dies geht zu seinen Lasten.
Der Höhe nach lässt die Festsetzung der Säumniszuschläge ebenfalls keinen Fehler erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.