Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 09.03.2016, Az.: L 8 SO 52/14

Kostenerstattung für die Inanspruchnahme eines Integrationshelfers für den Konfirmandenunterricht; Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung; Außerschulische Bildungsmöglichkeiten; Tatsächlicher Schulbesuch

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
09.03.2016
Aktenzeichen
L 8 SO 52/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 18459
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2016:0309.L8SO52.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 05.02.2014 - AZ: S 22 SO 28/13

Redaktioneller Leitsatz

1. Die Hilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind stets bezogen auf den tatsächlichen Schulbesuch, die Wahrnehmung von außerschulischen Freizeitangeboten ist von der Vorschrift nicht umfasst.

2. Dies ergibt sich bereits aus der in § 54 SGB XII erfolgten Unterscheidung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII und den anderen ausdrücklich genannten Leistungen, beispielsweise den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 SGB IX.

3. Vor allem beruht die Privilegierung in § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII erkennbar auf der herausragenden Bedeutung des Schulbesuchs für die Entwicklung junger Menschen und kann daher nicht auf außerschulische Bildungsmöglichkeiten ausgedehnt werden.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 5. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten hat, die durch die Inanspruchnahme eines Integrationshelfers für den Konfirmandenunterricht entstanden sind.

Die am 7. Mai 2000 geborene Klägerin, die körperlich wesentlich behindert ist und bei der die Pflegestufe III anerkannt ist, besucht eine Regelschule und erhält vom Beklagten Eingliederungshilfe nach dem SGB XII in Form der Kostenübernahme für eine Schulbegleitung. Im Juni 2012 beantragte die Mutter der Klägerin für diese beim Beklagten eine Assistenz für den im September 2012 beginnenden Konfirmandenunterricht. Der Beklagte wies die Eltern der Klägerin mit Schreiben vom 26. Juni 2012 darauf hin, dass die beantragte Leistung nur gewährt werden könne, wenn dem Leistungsberechtigten und seinen Eltern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten sei, und forderte sie auf, entsprechende Angaben zu machen und Belege vorzulegen. Nachdem die Eltern der Klägerin Auskünfte zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen abgelehnt hatten, setzte der Beklagte mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 unter Hinweis auf die §§ 60, 66 SGB I erfolglos eine Frist für die Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse bis zum 15. November 2012. Mit Bescheid vom 22. November 2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab und stützte diese Entscheidung auf § 66 SGB I. Die Kosten für die beantragte Leistung, die eine Hilfe zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben nach § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX darstelle, könnten nur übernommen werden, wenn es der Leistungsberechtigten und ihren Eltern nicht zuzumuten sei, die Kosten selbst aufzubringen. Da trotz mehrfacher Aufforderung die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht dargelegt worden seien, liege eine Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I vor. Die beantragte Hilfe müsse daher abgelehnt werden.

Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machten die Klägerin und ihre Eltern geltend, dass es sich bei der begehrten Leistung um eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII handele, die nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen gewährt werde. Die Heranziehung der Eltern sei ohnehin unzumutbar und mit dem Benachteiligungsverbot gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG sowie den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) unvereinbar. Ergänzend wiesen sie darauf hin, dass die von ihrem ebenfalls behinderten Zwillingsbruder besuchte Förderschule den Konfirmandenunterricht im Rahmen des regulären Unterrichts anbiete. Der Beklagte wies den Widerspruch nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter (§ 116 Abs. 2 SGB XII) mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2013 zurück.

Am 28. Februar 2013 erhoben die Klägerin und ihre Eltern beim Sozialgericht (SG) Lüneburg Klage, die auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 22. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 sowie auf Kostenübernahme für einen Integrationshelfer für den Konfirmandenunterricht gerichtet war. Sie teilten mit, dass der Unterricht seit September 2012 einmal monatlich stattfinde und die Konfirmation für den 27. April 2014 geplant sei.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 5. Februar 2014 abgewiesen. Die Klage der Eltern sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig, die Klage der Klägerin unbegründet. Der Konfirmandenunterricht sei kein Teil der Schulausbildung und gehöre daher nicht zu den Hilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII. Es komme zwar grundsätzlich eine Leistung nach § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX in Betracht, insoweit wäre aber nach § 19 Abs. 3 SGB XII eine Offenlegung der Einkommensverhältnissen der Eltern der Klägerin erforderlich gewesen.

Gegen den am 6. Februar 2014 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Klägerin und ihre Eltern am 18. Februar 2014 Berufung eingelegt. Die Eltern haben die von ihnen erhobene Klage am 17. Februar 2016 zurückgenommen.

Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass die Kosten für den Integrationshelfer zu erstatten sind, und verweist insbesondere auf Art. 24 UN-BRK. Nach der gebotenen weiten Auslegung der § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII, § 12 Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehöre die beantragte Leistung zu den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung. Ergänzend weist sie darauf hin, dass sie zwar Leistungen der Pflegekasse nach § 45b SGB XI in Höhe von 100,00 EUR monatlich erhalten habe, hiermit seien aber nicht die vorliegend streitigen Kosten beglichen, sondern angemessene Freizeitaktivitäten finanziert worden. Sie hat Rechnungen vorgelegt, wonach sich die Kosten für den Integrationshelfer auf etwa 40,00 EUR monatlich beliefen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 5. Februar 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 22. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 aufzuheben,

2. den Beklagten zu verpflichten, die angefallenen Kosten für den Integrationshelfer für den Konfirmandenunterricht zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 8. und 17. Februar 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese Akten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG), ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143 i.V.m. § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie bedarf nicht der Zulassung, da sie wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Wiederkehrende Leistungen fließen aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis und kehren in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen wieder (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 144 Rn. 22). Der Konfirmandenunterricht begann im September 2012 und war nach dem Vorbringen der Klägerin im Zeitpunkt der Berufungseinlegung noch nicht beendet. Da die streitigen Leistungen aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis hergeleitet werden, ist es unerheblich, dass der Konfirmandenunterricht nicht in jedem Monat stattgefunden hat.

Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Soweit auch die Eltern der Klägerin Klage erhoben haben, ist der Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt (§ 102 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Klage ist als isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) gegen den Bescheid des Beklagten vom 22. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 statthaft und insgesamt zulässig. Die daneben erhobene Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG), die auf Erstattung der Kosten für den Integrationshelfer gerichtet ist, ist unzulässig. Bei dem Bescheid vom 22. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 handelt es sich um eine Versagungsentscheidung nach § 66 Abs. 1 SGB I, wie sich mit hinreichender Deutlichkeit aus der Begründung der Entscheidung ergibt. Gegen Entscheidungen nach § 66 SGB I ist grundsätzlich nur die isolierte Anfechtungsklage gegeben, weil es an einer behördlichen Sachentscheidung noch fehlt (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - juris Rn. 12). Eine Ausnahme hiervon kann zwar gerechtfertigt sein, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Eine solche Konstellation liegt aber nicht vor, wenn - wie vorliegend die Klägerin - bereits die Entscheidungserheblichkeit der vom Beklagten geforderten Informationen bestreitet (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - juris Rn. 14). Falls der Versagungsbescheid rechtskräftig aufgehoben wird, ist der Betroffene durch die Rechtskraft davor geschützt, dass ohne Änderung der Sach- und Rechtslage ein inhaltsgleicher Bescheid ergeht (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 141 Rn. 10, 10a).

Der Leistungserbringer ist nicht nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig beizuladen, wobei offen bleiben kann, ob sich dies bereits aus der Unzulässigkeit der Leistungsklage ergibt. Denn aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich, dass ihre Eltern die Kosten für den Integrationshelfer (vorläufig) beglichen haben und sie daher Kostenerstattung begehrt (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 30/10 R - juris Rn. 16).

Der Bescheid vom 22. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.

Der Beklagte ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nds. AG SGB XII) für die Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII zuständig. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 97 Abs. 1, 2 SGB XII i.V.m. § 6 Abs. 1 Nds. AG SGB XII, da es sich bei der beantragten Leistung nicht um eine teilstationäre oder stationäre Leistung handelt (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 a) Nds. AG SGB XII). Die örtliche Zuständigkeit beruht auf § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII.

Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I - die Vorschrift ist nach § 37 Satz 1 SGB I auch im Sozialhilferecht anwendbar - kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Zu den Mitwirkungspflichten gehört die Pflicht des Antragstellers und Beziehers von Sozialleistungen, die Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), sowie Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I).

Vorliegend hat die Klägerin, vertreten durch ihre Eltern als gesetzliche Vertreter, ihre Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3 SGB I verletzt, indem sie keine Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihrer Eltern gemacht und keine entsprechenden Belege vorgelegt hat. Bei den hier beantragten und grundsätzlich als Leistung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII in Betracht kommenden Anspruch (hierzu später) gehören die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern zu den für diese Leistung erheblichen Tatsachen gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I.

Eingliederungshilfe nach dem SGB XII wird geleistet, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie - wie die Klägerin - minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3 SGB XII). Die grundsätzliche Abhängigkeit des Eingliederungshilfeanspruchs von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist verfassungsrechtlich zulässig und insbesondere mit dem Benachteiligungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vereinbar. Eine Benachteiligung in diesem Sinne kann zwar bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird. (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 1 BvR 9/97 -). Der Gesetzgeber hat allerdings bei der Umsetzung des sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ergebenden Förderauftrages einen erheblichen Spielraum und kann die Förderung unter Berücksichtigung organisatorischer, personeller und finanzieller Gesichtspunkte begrenzen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 5. April 2006 - 9 C 1/05 - juris Rn. 43). Auch das BSG geht - ebenso wie das BVerwG zum BSHG (Urteil vom 26. Januar 1966 - V C 88/64) - davon aus, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten ist, Leistungen der Eingliederungshilfe unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu gewähren (BSG, Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 24/11 R - juris Rn. 20). Bei minderjährigen behinderten Menschen ist es im Hinblick auf die grundsätzliche Unterhaltspflicht der Eltern zulässig, auch auf deren wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen (BSG, Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 15/11 R - juris Rn. 22, 23). Die UN-BRK steht der grundsätzlichen Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen ebenfalls nicht entgegen. Denn unabhängig davon, dass konkrete Leistungsansprüche aus der UN-BRK allenfalls in eingeschränktem Umfang abgeleitet werden können (siehe unten), stehen die sich aus der UN-BRK ergebenden Verpflichtungen der Vertragsstaaten grundsätzlich unter dem Vorbehalt der verfügbaren Mittel (Art. 4 Abs. 2 UN-BRK), so dass Leistungseinschränkungen nicht von vornherein unzulässig sind.

Abweichend vom Grundsatz der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung ist bei den in § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII aufgeführten Leistungen eine Einkommensberücksichtigung nur hinsichtlich der Kosten des Lebensunterhalts zulässig (Satz 1) und eine Vermögensberücksichtigung insgesamt ausgeschlossen (Satz 2). Diese Privilegierung beruht auf dem erhöhten gesellschaftlichen Allgemeininteresse und damit der Annahme einer Gesamtverantwortung der Gesellschaft, die die finanzielle Entlastung der Familie rechtfertigt (BSG, 20. September 2012 - B 8 SO 15/11 R - juris Rn. 22). Es handelt sich um einen abschließenden Katalog (Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 92 Rn. 2). § 92 Abs. 2 SGB XII setzt nicht voraus, dass zugleich die in § 92 Abs. 1 SGB XII beschriebenen Leistungsvoraussetzungen für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen erfüllt sind (BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 30/10 R - juris Rn. 28).

Zu den privilegierten Maßnahmen gehören nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu, bei denen es sich gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Eingliederungshilfe-Verordnung um Leistungen der Eingliederungshilfe handelt. Der Zweck des § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII besteht darin, die Eltern behinderter mit denen nichtbehinderter Kinder hinsichtlich der aus einer angemessenen Schulbildung ihrer Kinder folgenden Lasten wirtschaftlich gleichzustellen (BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 30/10 R - juris Rn. 27). Die Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII umfassen alle Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern, soweit es sich nicht um Maßnahmen handelt, die den Kernbereich der pädagogischen Arbeit betreffen (BSG, Urteil vom 23. August 2012 B 8 SO 24/11 R - juris Rn. 18). Daher kommt auch die Förderung der Teilnahme an einem schulischen Nachmittagsangebot in Betracht, das nicht der Schulpflicht unterfällt (Senatsbeschluss vom 10. April 2014 - L 8 SO 506/13 B ER - juris Rn. 25; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 54 Rn. 57.3).

Die von der Klägerin beantragte Leistung stellt keine nach § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII privilegierte Leistung dar, insbesondere keine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII. Der Konfirmandenunterricht wurde nicht in einem schulischen Rahmen durchgeführt und war nicht Bestandteil der Schulbildung. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit der Konfirmandenunterricht seinem Inhalt und seinen Rahmenbedingungen nach dem Schulunterricht angenähert war. Ebenso wenig kommt es auf die Vereinbarkeit des Konfirmandenunterrichts mit dem - weit gefassten - Bildungsauftrag der Schule (§ 2 Nds. Schulgesetz) an. Die Hilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind stets bezogen auf den tatsächlichen Schulbesuch, die Wahrnehmung von außerschulischen Freizeitangeboten ist von der Vorschrift nicht umfasst. Dies ergibt sich bereits aus der in § 54 SGB XII erfolgten Unterscheidung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII und den anderen ausdrücklich genannten Leistungen, beispielsweise den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 SGB IX. Vor allem beruht die Privilegierung in § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII erkennbar auf der herausragenden Bedeutung des Schulbesuchs für die Entwicklung junger Menschen und kann daher nicht auf außerschulische Bildungsmöglichkeiten ausgedehnt werden. Dass die Teilnahme am Konfirmandenunterricht den Besuch der Regelschule für die Klägerin ermöglicht oder erleichtert hat, ist weder ersichtlich noch von ihr vorgetragen.

Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus Art. 24 UN-BRK, der die Bildung von Menschen mit Behinderungen betrifft. Die Vorschrift ist nicht unmittelbar anwendbar und begründet daher keinen Leistungsanspruch. Eine unmittelbare Anwendbarkeit setzt voraus, dass die Bestimmung alle Eigenschaften besitzt, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muss, um Einzelne berechtigen oder verpflichten zu können. Dafür muss ihre Auslegung ergeben, dass sie geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, ohne dass es einer weiteren normativen Ausfüllung bedarf (zu Art. 25 UN-BRK: BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 24). Art. 24 Abs. 1 und 2 UN-BRK enthalten Zielvorgaben hinsichtlich der Integration behinderter Menschen in das staatliche Schulsystem, sind aber mangels hinreichender Bestimmtheit nicht unmittelbar anwendbar (BVerwG, Urteil vom 29. Juli 2014 - 6 C 35/14 - juris Rn. 39; Kreutz in Kreutz/Lachwitz/Trenk-Hinterberger, Die UN-Behindertenrechtskonvention in der Praxis, 2013, Art. 24 Rn. 13). Die fehlende unmittelbare Anwendbarkeit steht einer Heranziehung des Art. 24 UN-BRK als Auslegungshilfe zwar nicht grundsätzlich entgegen (BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 2/14 R - juris Rn. 23). Vorliegend kann Art. 24 UN-BRK aber keine andere Auslegung rechtfertigen. Bildung i.S. des Art. 24 Abs. 1 UN-BRK ist in einem umfassenden Sinne zu verstehen und schließt daher alle öffentlichen und privaten Einrichtungen ein, die einen Bildungsauftrag haben (Kreutz, a.a.O., Rn. 3). Allerdings wird auch in Art. 24 UN-BRK der Schulbesuch aus der Vielzahl der grundsätzlich erfassten Bildungsmöglichkeiten hervorgehoben, indem auf das allgemeine Bildungssystem sowie den Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen abgestellt wird (Art. 24 Abs. 2 a) und b) UN-BRK). Die Unterscheidung von schulischen und anderen Bildungsmöglichkeiten ist also auch in Art. 24 UN-BRK angelegt und entspricht der Privilegierung der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII.

Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass auf Grund der besonderen Umstände die Anrechnung von Einkommen und Vermögen unverhältnismäßig sei, kann dem nicht gefolgt werden. Besondere Härten können im Rahmen der Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen (§ 82 Abs. 3 Satz 3, § 87 Abs. 1 SGB XII) und Vermögen (§ 90 Abs. 3 SGB XII) berücksichtigt werden. In die Beurteilung, ob die Anrechnung im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Belastung führt, hat aber einzufließen, welches Einkommen und Vermögen überhaupt vorhanden ist. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin sich für die Teilnahme am Konfirmandenunterricht auf ihre nach Art. 4 Abs. 1, 2 GG geschützte Glaubensfreiheit stützen kann. Denn hieraus ergibt sich kein Anspruch auf Gewährung finanzieller Mittel zur Ausübung der Glaubensfreiheit (BSG, Urteil vom 10. Oktober 2000 - B 3 P 15/99 R - juris Rn. 20; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage 2014, Art. 4 Rn. 41). Das Urteil des BVerwG vom 18. Februar 1993 (- 5 C 22/91 -), auf das die Klägerin verweist, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Danach konnte die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG eine einmalige Leistung für eine private Tauffeier in schlichter Form und in kleinem Kreis umfassen, allerdings setzte auch die Leistung für eine Tauffeier - wie die Hilfe zum Lebensunterhalt insgesamt - Hilfebedürftigkeit voraus.

Die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Versagung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I sind ebenfalls erfüllt. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Eingliederungshilfe sind wegen der Verletzung der Mitwirkungsplicht nicht nachgewiesen. Außerdem hat der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 auf die Folge einer fehlenden Mitwirkung hingewiesen und für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht eine angemessene Frist gesetzt (§ 66 Abs. 3 SGB I).

Der Beklagte hat ohne Ermessensfehler über die Leistungsversagung entschieden. Der Leistungsträger hat bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 SGB I im Regelfall im Ermessenswege zu entscheiden, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt ("kann"). Im Einzelfall kann aber eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten sein. Insbesondere wenn der Leistungsträger ausschließlich über eine Versagung von Leistungen zu entscheiden hat, kann sich eine solche Ermessensreduzierung daraus ergeben, dass ihm anderweitige Ermittlungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 1703/06 - juris Rn. 25; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2014 - L 2 AS 267/13 - juris Rn. 33). Wenn der Leistungsträger (auch) darüber zu entscheiden hat, ob und inwieweit bereits bewilligte Leistungen entzogen werden, sind regelmäßig weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Vorliegend war das Ermessen des Beklagten auf Null reduziert, da eine für die Klägerin günstigere Entscheidung ausgeschlossen war. Der Beklagte hat eine Versagungs-, keine Entziehungsentscheidung getroffen. Die Bewilligung von Eingliederungshilfe kam nicht in Betracht, da der Nachweis, dass die Klägerin einen Leistungsanspruch hat, nicht erbracht war. Auch eine Leistungsgewährung im Wege der unechten Sozialhilfe gegen Aufwendungsersatz (§ 19 Abs. 5 SGB XII) war nicht gerechtfertigt, denn sie setzt eine Notlage voraus (Coseriu in: jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 19 Rn. 38; vgl. BSG, Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 20/11 R - juris Rn. 16), die vorliegend nicht erkennbar ist. Anderweitige Möglichkeiten, den Sachverhalt - ohne Mitwirkung der Klägerin und ihrer Eltern - aufzuklären, bestanden für den Beklagten nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) ist nicht ersichtlich.