Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 14.01.2004, Az.: 7 A 3252/02
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 14.01.2004
- Aktenzeichen
- 7 A 3252/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 43466
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2004:0114.7A3252.02.0A
Amtlicher Leitsatz
Eine Rattenbekämpfungspflicht der Gemeinde nach § 4 RattenbekVO besteht nur dann, wenn eine deratig große Fläche und Zahl an Grundstücken betroffen ist, dass ein isoliertes Tätigwerden der Grundstücksbesitzer nicht erfolgversprechend und deshalb ein koordiniertes Vorgehen der Gemeinde sinnvoll ist.
Die Rattenbekämpfungspflicht der Gemeinde ist in der Regel gegenüber der Pflicht des Inhabers der tatächlichen Gewalt bzw. Eigentümers eines Grundstücks nachrangig.
Tenor:
...
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks ...weg .. in ..., einer Mitgliedsgemeinde der Beklagten. Die Klägerin ist dort mit einer Nebenwohnung gemeldet.
Am 2. April 2002 erhielt die Beklagte über den Landkreis ... Hinweise auf einen Rattenbefall des o.g. Grundstücks. Noch am selben Tage übermittelte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein Schreiben, in dem die Klägerin gebeten wurde, unverzüglich Bekämpfungsmaßnahmen einzuleiten.
Am 3. April 2002 haben Mitarbeiter der Beklagten und des Gesundheitsamtes des Landkreises ... das Grundstück besichtigt.
Mit Bescheid vom 4. April 2002, welcher den Bevollmächtigten der Klägerin am selben Tage durch Telefax übermittelt wurde und für die Klägerin am 5. April 2002 bei der Post in Bielefeld niedergelegt wurde, forderte die Beklagte die Klägerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, sofort eine sachgerechte Bekämpfung der Ratten vorzunehmen. Nach Beendigung der Bekämpfungsmaßnahmen sollten alle in den Scheunen, Ställen und Hofplätzen und sonstigen für Ratten leicht zugänglichen Orten umherliegende Sachen entfernt und ordnungsgemäß nach den Vorschriften des Abfallrechts entsorgt werden. Wenn mit den Maßnahmen nicht bis zum 12. April 2002 begonnen werde, würden diese im Auftrage der Beklagten durch ein Fachunternehmen durchgeführt. Schließlich sind für den Bescheid Verwaltungsgebühren in Höhe von 150,-- Euro erhoben worden. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden: Bei der Ortsbesichtigung unter Beteiligung des Gesundheitsamtes des Landkreises ... sei am Vortage festgestellt worden, dass das Grundstück in außergewöhnlich hohem Maße mit Ratten befallen sei. Gemäß §§ 2, 3 RattenbekVO sei die Klägerin als Grundstücksbesitzerin bzw. -eigentümerin zur Bekämpfung verpflichtet.
Am 15. April 2002 hat ein Gespräch zwischen der Klägerin und Mitarbeitern der Beklagten sowie des Gesundheitsamtes des Landkreises ... stattgefunden. Am 17. April 2002 hat ein Mitarbeiter der Firma ..., Schädlingsbekämpfung und Desinfektion, Westoverledingen, das Grundstück der Klägerin auf ihre Bitte besichtigt. Die Klägerin hat eine Bekämpfung der Ratten jedoch nicht in Auftrag gegeben.
Am 19. April 2002 hat die Beklagte der Firma Nordmann den Auftrag erteilt, die Rattenbekämpfung durchzuführen. Am 23. April 2002 sind insgesamt 40 Köderboxen mit 20 Kilogramm Festköder auf dem Grundstück verteilt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2002 hat der Landkreis ... den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 4. April 2002 zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 10. Juli 2002 hat die Beklagte die Kosten für die Ersatzvornahme auf 1. 740,-- Euro festgesetzt.
Am 31. Juli 2002 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat sich zunächst nur gegen den Bescheid der Beklagten vom 4. April 2002 gewandt. Am 13. Dezember 2002 hat sie die Klage auf den Kostenbescheid vom 10. Juli 2002 erweitert. Insoweit hat die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor: Sie sei vor Erlass des Bescheides vom 4. April 2002 nicht ausreichend angehört worden. Der Bescheid sei ihr auch nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Sie sei nicht die richtige Adressatin für die Ordnungsverfügung. Ihre Verpflichtung als Eigentümerin sei hier hinter der Rattenbekämpfungspflicht der Gemeinde nach § 4 RattenbekVO zurückgetreten. Der Rattenbefall sei derartig großflächig und intensiv gewesen, dass die Gefahren nicht durch dessen Bekämpfung auf einem Grundstück hätten beseitigt werden können. Das Rattenproblem habe bereits bestanden, als sie, die Klägerin, das Grundstück im Jahre 2000 bezogen habe. Sie habe diese schon damals bekämpfen müssen. Im November 2001 sei sie aufgrund eines ärztlichen Gutachtens des Amtsarztes des Landkreises ... zu Unrecht in die psychiatrische Abteilung des Kreiskrankenhauses Norden eingewiesen worden. Die Diagnose des Amtsarztes habe sich dort aber als unzutreffend herausgestellt. Die Tiere seien noch am Tage der Einweisung von ihrem Hof entfernt und auf verschiedene Tierheime verteilt worden. Ratten seien zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden gewesen. Man habe jedoch zwei Hunde vergessen, die nach einigen Tagen verhungert seien. Deren Kadaver hätten dann die Ratten angezogen. Zu dieser Zeit seien auf den benachbarten Grundstücken bereits Ratten gewesen. Auf diesen würden Schafe, Geflügel, Katzen, Hunde, Pferde und Schweine gehalten. Die Ratten hätten sich ungestört auf ihrem Grundstück bewegen können, weil sie, die Klägerin, unrechtmäßig eingewiesen worden sei. Es handele sich mithin um Umstände, die dem Verantwortungsbereich der Behörden zuzurechnen seien. Auch die Eigentümer der benachbarten Grundstücke hätten die Firma ... beauftragt, Rattenbekämpfungsmaßnahmen durchzuführen. Die Mitarbeiter der Firma Nordmann hätten auch erklärt, dass eine Rattenbekämpfung nur Sinn mache, wenn die Nachbarn mitziehen. Gegen eine Verantwortlichkeit der Gemeinde spreche auch nicht, dass die Köderboxen auf den benachbarten Grundstücken nur zum Teil aufgenommen worden seien. Auf den gesamten Nachbargrundstücken mit einer Größe von etwa 30 000 qm seien lediglich sechs Köderboxen aufgestellt worden. Sie seien von den Nachbarn auch unsachgemäß aufgestellt bzw. funktionsuntüchtig gemacht worden, weil sie Gefahren für ihre Tiere befürchtet hätten. Die umliegenden Tierzuchten seien für die Rattenplage ursächlich. Mithin sei das Ermessen bei der Störerauswahl zu Lasten der Gemeinde auf Null reduziert gewesen. Im Übrigen sei die Reihenfolge der angeordneten Maßnahmen zu beanstanden. Man hätte zunächst die verstorbenen Hunde beseitigen müssen. Damit hätte dem Rattenbefall wirksam begegnet werden können. Schließlich sei die Auswahl der Firma Nordmann rechtswidrig. Deren Kosten seien überhöht.
Der Kostenbescheid der Beklagten vom 10. Juli 2002 sei zwar bestandskräftig. Es bestehe trotzdem ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 4. April 2002. Mit einem Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2002 hätte lediglich die Höhe der Kosten beanstandet werden können. Nach Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 4. April 2002 habe sie einen Anspruch auf Erstattung bzw. Freistellung des im Bescheid vom 10. Juli 2002 festgesetzten Betrages.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 4. April 2002 und der Widerspruchsbescheid des Landkreises ... vom 2. Juli 2002 rechtswidrig waren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert im Wesentlichen: Die Bevollmächtigten der Klägerin seien sowohl telefonisch als auch schriftlich angehört worden. Hinsichtlich der Androhung der Ersatzvornahme sei eine Anhörung gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG entbehrlich gewesen. Im Übrigen wäre ein etwaiger diesbezüglicher Fehler durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt. Der Bescheid vom 4. April 2002 sei der Klägerin durch Niederlegung zugestellt worden. Ihr Bevollmächtigter habe den Bescheid vorab mittels Telefax erhalten. Ein eventueller Mangel sei daher gemäß § 9 VwZG geheilt. Ob die Voraussetzungen des § 4 der RattenbekVO vorgelegen hätten, hätte sie, die Beklagte, zu bewerten. Ihr stünde insoweit eine Einschätzungsprärogative zu. Die durchgeführten Maßnahmen seien auch angemessen und ausreichend sowie sehr erfolgreich gewesen. Vom Gesundheitsamt des Landkreises ... sei zweifelsfrei festgestellt worden, dass nur das Grundstück der Klägerin mit Ratten befallen gewesen sei. Lediglich ein weiteres Grundstück in der unmittelbaren Nachbarschaft sei in geringem Umfang betroffen gewesen. Der Eigentümer habe Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt. Die Reihenfolge der zu ergreifenden Maßnahmen ergebe sich aus § 3 Abs. 3 RattenbekVO. Die zu erwartende Verbreitung des Rattenbestandes auf anderen Grundstücken habe ein schnelles und entschlossenes Handeln erfordert. Dies hätte von der Klägerin nicht mehr erwartet werden können.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Das Verfahren war gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat.
I.
Das Begehren der Klägerin ist im Übrigen in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
Das erforderliche Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 4. April 2002 ergibt sich daraus, dass der Kostenbescheid der Beklagten vom 10. Juli 2002 im Falle eines Erfolgs der Klage auf ihren Antrag wieder aufgehoben werden müsste. Denn nach §§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG, 1 Abs. 1 NdsVwVfG, 580 Nr. 6 ZPO besteht bei der Aufhebung präjudizieller Verwaltungsakte ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1994 - 2 C 12.92 - BVerwGE 97, 8691; Beschluss vom 9. Februar 1993 - 11 B 81.92 - Buchholz 310, § 94 VwGO Nr. 7, S. 1113).
Die Erhebung der Kosten einer Ersatzvornahme (§ 66 Abs. 1 Satz 1 NGefAG) setzt voraus, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Diese entfallen bei Aufhebung des zu vollstreckenden Grundverwaltungsaktes (§ 64 Abs. 1 NGefAG) durch das Verwaltungsgericht. Wegen der Funktionsgleichheit des Rechtsschutzes nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO mit der Anfechtungsklage dürfen auch bei der gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes von diesem keine Wirkungen mehr ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - 2 C 7.01 - BVerwGE 116, 1 ff.).
II.
Die Klage ist in dem Umfang, in dem sie aufrecht erhalten worden ist, unbegründet.
1.
Rechtsgrundlage für die Anordnungen im Bescheid der Beklagten vom 4. April 2002 sind § 17 Abs. 2 Satz 1 IfSG iVm §§ 2, 3 über die Rattenbekämpfung im Lande Niedersachsen vom 29. Juli 1977 (NdsGVBl. S. 301) - RattenbekVO.
2.
Der Bescheid ist wirksam zugestellt worden. Nach §§ 8 Abs. 1 VwZG, 1 f. NdsVwZG konnte der Verwaltungsakt bis zur Vorlage einer schriftlichen Vollmacht sowohl der Klägerin persönlich als auch ihren Bevollmächtigten übermittelt werden. Der Klägerin ist der Bescheid mittels Postzustellungsurkunde durch Niederlegung (§§ 3 Abs. 3 VwZG a.F., 1 f. Nds. VwZG, 181 ZPO a.F) zugestellt worden. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben den Bescheid zwar nicht auf Grund einer förmlichen Zustellung erhalten. Gemäß §§ 9 Abs. 1 VwZG a.F., 1 f. Nds. VwZG ist der Fehler jedoch dadurch geheilt worden, dass der Bescheid ihnen nachweislich mittels Telefax zugegangen ist (vgl. Bl. 3 f. der Gerichtsakte).
3.
Es kann offen bleiben, ob der Klägerin vor Erlass der Verfügung vom 4. April 2002 ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist (§§ 28 Abs. 1 VwVfG, 1 Abs. 1 Nds. VwVfG). Jedenfalls hatte sie im Widerspruchsverfahren in genügendem Umfang die Möglichkeit, sich zu äußern. Ein möglicher Fehler wäre daher unbeachtlich (§§ 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG, 1 Abs. 1 NdsVwVfG). Die Klägerin hat sich nach Ergehen des Bescheides auch schriftlich und persönlich an die Beklagte gewandt. Am 15. April 2002 hat bei der Beklagten ein persönliches Gespräch mit ihr stattgefunden.
4. a.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1, § 2 Nr. 1 RattenbekVO hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt bzw. der Eigentümer eines Grundstücks Ratten auf seinem Grundstück zu bekämpfen, wenn sie sich auf seinen Flächen befinden.
Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sind im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 4. April 2002 auf dem Grundstück der Klägerin vermehrt Ratten aufgetreten.
b.
Die Klägerin ist nach den genannten Vorschriften als Besitzerin bzw. Eigentümerin des Grundstücks verpflichtet gewesen, die Bekämpfungsmaßnahmen durchzuführen.
aa.
Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass auch bei Wahrunterstellung des Vortrags der Klägerin keine entsprechende Verpflichtung der Beklagten bestanden hat. Nach § 4 RattenbekVO hat die Gemeinde, wenn in ihrem Gebiet ein Rattenbestand festgestellt wird, der geeignet ist, die Gesundheit der Bevölkerung zu gefährden und diese Gefahren nicht durch Bekämpfungsmaßnahmen auf einzelnen Grundstücken behoben werden können, in ihrem Gebiet oder dem befallenen Teil ihres Gebietes eine Entrattung bis zum Erfolg durchzuführen.
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich eine Verpflichtung der Gemeinde nicht schon dann, wenn, wie hier, von dem Rattenbefall mehrere Grundstücke betroffen waren. Denn nach § 4 RattenbekVO ist entscheidend, dass Bekämpfungsmaßnahmen "auf einzelnen Grundstücken" nicht erfolgversprechend sind. Nach der amtlichen Begründung zur früheren Verordnungsermächtigung (§ 13 Abs. 2 und 3 BSeuchG, heute § 17 Abs. 5 IfSG) dient die Verpflichtung und das Recht der Gemeinden zur Bekämpfung von Gesundheitsschädlingen der Durchführung von großräumigen Bekämpfungsaktionen (vgl. BT-Drs. 8/3176 abgedruckt in: Erdle, BSeuchG, 1980, S. 57). Die Vorschrift des § 4 RattenbekVO geht dementsprechend davon aus, dass Maßnahmen in dem gesamten Gemeindegebiet oder in einem nicht unbeträchtlichen Teilgebiet erforderlich sind ("in ihrem Gebiet oder dem befallenden Teil des Gebiets").
Es muss danach eine derartig große Fläche und Zahl an Grundstücken betroffen sein, dass ein isoliertes Tätigwerden der Grundstücksbesitzer wegen ihrer Vielzahl oder wegen sonstiger Umstände nicht erfolgversprechend und deshalb ein koordiniertes Vorgehen der Gemeinde sinnvoll ist.
Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Nach der Angaben der Klägerin war von dem Rattenbefall eine überschaubare Zahl von sieben benachbarten Grundstücken am Linienweg betroffen (vgl. die von ihr eingereichte Lageskizze, Anlage zum Schriftsatz vom 11. Dezember 2002, Bl. 42 der Gerichtsakte). Dass es sich dabei um eine Fläche von 30 000 qm gehandelt haben soll, lässt noch nicht den Schluss zu, dass Maßnahmen einzelner Eigentümer keinen Erfolg haben konnten. Einige der Eigentümer der benachbarten Flächen haben nämlich, wie auch die Klägerin vorgetragen hat, selbst Köderboxen aufgestellt. Dies hat die Notwendigkeit eines eigenen koordinierten Handelns der Beklagten auf diesen Flächen entbehrlich gemacht.
bb.
Selbst wenn man entgegen den Ausführungen zu aa. annähme, dass die Voraussetzungen des § 4 RattenbekVO vorlagen, wäre die Heranziehung der Klägerin als Verantwortliche nach § 2 Nr. 1 RattenbekVO ermessensfehlerfrei gewesen. Die Bekämpfungspflicht der Gemeinden nach § 2 Nr. 2, § 4 RattenbekVO ist in aller Regel - so auch hier - nachrangig. Nach den Grundsätzen des sog. intendierten Ermessens bedarf die Heranziehung des nach § 2 Nr. 1 RattenbekVO Verantwortlichen im Normalfall deshalb keiner näheren Begründung (vgl. allgemein: BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1997 - 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 5557 f.).
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RattenbekVO besteht die Bekämpfungspflicht der nach § 2 Nr. 1 RattenbekVO Verantwortlichen nur dann nicht, wenn für das gleiche Gebiet eine Maßnahme nach § 4 RattenbekVO tatsächlich förmlich angeordnet worden ist. Hieraus wird deutlich, dass der Inhaber der tatsächlichen Gewalt bzw. der Eigentümer grundsätzlich nur dann keine Bekämpfungsmaßnahmen durchführen muss, wenn die Gemeinde schon tätig geworden ist. Außerdem ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt/Eigentümer in aller Regel in höherem Maße für einen Rattenbefall verantwortlich als die Gemeinde. Die Nachrangigkeit einer gemeindlichen Bekämpfungspflicht ergibt sich zudem aus der Reihenfolge der in § 2 RattenbekVO aufgeführten Verpflichteten.
cc.
Unerheblich für die Verantwortlichkeit der Klägerin nach § 2 Nr. 1 RattenbekVO ist ihre Behauptung, dass der Rattenbefall auf Maßnahmen von Bediensteten des Landkreises ... (Amtsarzt, Veterinär) zurückzuführen sei. Ihre (Zustands-)Haftung als Grundstücksbesitzerin bzw. -eigentümerin besteht unabhängig von einem Verschulden. Eine Handlungsverantwortlichkeit sieht § 2 RattenbekVO nicht vor. Handlungen des Landkreises ... in dessen Zuständigkeitsbereich können der Beklagten auch nicht zugerechnet werden. Sofern der Landkreises ... rechtswidrig gehandelt haben sollte, könnte die Klägerin von diesem - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - Schadensersatz nach Amtshaftungsgrundsätzen (Art. 34 GG/§ 839 BGB) verlangen.
dd.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass der Rattenbefall von den Tierhaltungen auf den benachbarten Grundstücken ausgegangen sei, ist dies nach diesen Grundsätzen hier ebenfalls nicht geeignet, ihre Verantwortlichkeit nach § 2 Nr. 1 RattenbekVO auszuschließen. Ggfls. müsste sie zivilrechtliche Ansprüche gegen ihre Nachbarn geltend machen.
5.
Soweit die Klägerin die Reihenfolge der angeordneten Maßnahmen rügt, ist darauf hinzuweisen, dass nach § 3 Abs. 3 RattenbekVO eine Abfallbeseitigung erst nach der Beendigung der Bekämpfungsmaßnahmen erfolgen soll.6.
Soweit die Klägerin Einwendungen gegen die Höhe der Ersatzvornahmekosten erhebt, hätte sie diese gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2002 geltend machen müssen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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