Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.08.1993, Az.: 6 K 3108/91
Bewußter Verstoß; Anhörungspflicht; Gemeinde; Planung; Dorfplatz; Stellplätze; Zweckbestimmung; Unbestimmtheit; Abwägungsfehler
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 23.08.1993
- Aktenzeichen
- 6 K 3108/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 13693
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1993:0823.6K3108.91.0A
Rechtsgrundlagen
- § 47 VwGO
- § 1 BauGB
- § 3 Abs. 3 S. 2 BauGB
- § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB
- § 13 Abs. 1 S. 2 BauGB
- § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
Fundstellen
- BWVPr 1995, 44
- NdsRpfl 1994, 54
- UPR 1994, 114
- ZfBR 1994, 104 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
1. Nur ein bewußter Verstoß gegen bestimmte Anhörungspflichten der planenden Gemeinde kann beachtlich im Sinne des § 214 BauGB sein.
2. Die Festsetzung eines Dorfplatzes mit nach Lage, Art und Zahl beliebigen Stellplätzen als Fläche für den Gemeinbedarf ist ohne nähere Zweckbestimmung zu unbestimmt und abwägungsfehlerhaft.
Tenor:
Der am 22. Mai 1990 durch den Rat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 10 II "Brink" wird für nichtig erklärt, soweit darin eine Gemeinbedarfsfläche Dorfplatz/Dorfgemeinschaftshaus festgesetzt ist.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Normenkontrollverfahren gegen die Änderung eines Bebauungsplanes, durch die ihr Wohngrundstück als Gemeinbedarfsfläche zum Bau eines Dorfgemeinschaftshauses und zur Errichtung eines Dorfplatzes in Anspruch genommen wird.
Der Antragstellerin gehört das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück ... (Flurstücke ... und ...) in .... Es liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 10 "Brink", der am 12. Juli 1973 vom Rat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossen und mit der Bekanntmachung am 25. April 1974 in Kraft gesetzt worden war. Darin war das Grundstück der Antragstellerin ebenso wie das sich südlich anschließende Grundstück (Flurstück 289/2) als Mischgebiet mit zweigeschossiger Bebauung festgesetzt. Planungsabsicht der ersten Änderung war zunächst, den überbaubaren Bereich auf dem Grundstück der katholischen Kirchgemeinde (Flurstück 317/5) zu vergrößern, um dort die Errichtung eines Dorfgemeinschaftshauses zu ermöglichen. Um aber der Forderung der Straßenverkehrsabteilung nach Schaffung der erforderlichen Einstellplätze auf diesem Grundstück gerecht zu werden, wurde diese Absicht wieder aufgegeben. Die erste Änderung trat am 27. Oktober 1975 in Kraft. Bei den beiden nachfolgenden vereinfachten Änderungen gemäß § 13 BauGB ging es jeweils um die Vergrößerung der überbaubaren Bereiche.
In seiner Sitzung vom 29. April 1988 beschloß der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung der in diesem Verfahren streitigen 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 10 "Brink". Da diese Änderung gleichzeitig eine Überarbeitung des Gesamtplanes beinhaltete, erhielt sie die Bezeichnung Nr. 10/II "Brink". Gleichzeitig wurde die Auslegung des Entwurfplanes nebst Begründung sowie die Anhörung der Träger öffentlicher Belange beschlossen. In der Folgezeit wurde der Planentwurf aufgrund von Anregungen der Landwirtschaftskammer hinsichtlich der Bestandssicherung vorhandener landwirtschaftlicher Betriebe weiter überarbeitet. Dem neu erstellten und überarbeiteten Entwurf des Bebauungsplanes stimmte der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 4. November 1988 zu. Gleichzeitig wurde erneut die öffentliche Auslegung sowie die Durchführung der Anhörung der Träger öffentlicher Belange beschlossen. Ort und Dauer der Auslegung wurden am 18. November 1989 ortsüblich bekannt gemacht. Der Entwurf einschließlich der Begründung lagen vom 1. Februar 1989 bis 6. März 1989 öffentlich aus.
Am 3. März 1989 erhob die Antragstellerin zugleich mit dem Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Bedenken gegen die neue Planung: Durch die Errichtung des Dorfplatzes würden ihre Grundstücke zu Unrecht in Anspruch genommen. Die Notwendigkeit einer Inanspruchnahme sei nicht ersichtlich. Insbesondere sei weder zu erkennen, weshalb ein Dorfplatz an dieser Stelle sinnvoll sei noch, weshalb die Anlegung eines Dorfplatzes überhaupt notwendig sei. Es seien genug öffentliche Freiplätze für die einschlägigen Veranstaltungen in Esterwegen vorhanden. Der Bereich des Brink sei immer bäuerliches Wohngebiet gewesen. Dort habe sich noch nie ein Dorfplatz befunden. Wenn er schon erforderlich sei, so gebe es zahlreiche Alternativstandorte.
Am 11. Juli 1989 beschloß der Rat der Antragsgegnerin nach Prüfung der Bedenken und Anregungen den Bebauungsplan mit seiner Begründung als Satzung. Zugleich wurden die Bedenken der Antragstellerin im wesentlichen zurückgewiesen.
Dem zwischenzeitlich nochmals überarbeiteten Bebauungsplan einschließlich der textlichen Begründung und Festsetzung örtlicher Bauvorschriften über die Gestaltung für den Bereich dieses Bebauungsplanes stimmte der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 28. November 1989 zu. Gleichzeitig wurde darin die öffentliche Auslegung sowie die Anhörung der Träger öffentlicher Belange beschlossen. Ort und Dauer der Auslegung wurden am 15. Dezember 1989 ortsüblich bekanntgemacht. Der überarbeitete Entwurf einschließlich der Begründung sowie der örtlichen Bauvorschriften über die Gestaltung lagen in der Zeit vom 28. Dezember 1989 bis zum 31. Januar 1990 öffentlich aus. Hiergegen erhob die Antragstellerin keine erneuten Bedenken.
Am 22. Mai 1990 beschloß der Rat der Antragsgegnerin den geänderten Bebauungsplan einschließlich der im Plan aufgenommenen örtlichen Bauvorschriften über Gestaltung sowie der Begründung als Satzung. Im Anzeigeverfahren nach § 11 Abs. 3 BauGB erklärte der Landkreis Emsland am 1. Mai 1990, keine Verletzung von Rechtsvorschriften geltend zu machen. Die Durchführung des Anzeigeverfahrens wurde am 31. Oktober 1990 im Amtsblatt für den Landkreis Emsland (Nr. 27) bekannt gemacht.
Nach der Planbegründung sei ein wesentliches Anliegen der Antragsgegnerin in den vergangenen 20 Jahren gewesen, den eigentlichen Ortskern von Esterwegen städtebaulich zu ordnen und ihm einer Entwicklung zuzuführen, die zeitgerecht sei. Dabei habe man immer einen Zentralbereich in Form eines Dorfplatzes schaffen wollen, an dem das dörfliche Leben einen Kommunikationsplatz und die Gemeinde einen Identifikationsbereich erhielte. Dieser zentral örtliche Platz könne nur in der ursprünglich gewachsenen Zelle des Dorfkernes liegen, wenn er seine zentrale Funktion erfüllen solle. Als alternative Standorte seien Grundstücke im Schul- und Sportzentrum, beidseitig der Poststraße und an der Alten Schulstraße sowie südlich der Straße "Clemenswerth" untersucht worden. Wegen ihrer peripheren Lage seien diese Grundstücke jedoch ausgeschieden. Außerdem würden diese Standorte durch überörtliche Verkehrsverbindungen negativ betroffen. Da eine historische Bebauung nicht vorhanden sei, bestehe keine Beziehung zur ursprünglichen Siedlungsstruktur. Daher seien die Zielvorstellungen immer wieder auf den historischen Siedlungsbereich des Brinks gekommen, der den wesentlichen Kristallisationspunkt bilde. Während der Randbereich eine im wesentlichen geschlossene Bebauung bilde, seien Kernflächen vorhanden, die teilweise durch den Abgang von Bausubstanz entstanden seien. Als Alternative des Standorts sei dabei auch das Flurstück 402/1 - nördlich der nunmehr ausgewiesenen Fläche - in die Überlegungen einbezogen worden. Da aber zwischenzeitlich die vorhandene Bausubstanz erneuert worden sei, füge es sich nicht nur gut in das Ortsbild ein, sondern bilde ein wichtiges Element der historischen Bausubstanz. Man habe den Dorfplatz mitten in den historischen Ortskern gelegt, um ihn einerseits von den durchquerenden überörtlichen Verkehrsverbindungen freizuhalten. Andererseits bestehe eine gute Verbindung zu den übrigen Gebieten im Ort. Daher sei man zu dem Ergebnis gekommen, daß die zentral gelegenen Flurstücke 288/3, 402/26 sowie 289/2 alle planerischen und gestalterischen Voraussetzungen böten, die für einen Dorfplatz erforderlich seien. Insbesondere biete sich das Flurstück 289/2 dazu an, da hier die ursprüngliche vorhandene Bausubstanz abgängig gewesen und inzwischen beseitigt worden sei. Lediglich auf dem Grundstück der Antragstellerin sei ein kleines Wohngebäude vorhanden. Hier müsse man im Rahmen des § 180 BauGB Maßnahmen überlegen, um sowohl die persönlichen Härten zu vermeiden als auch eine zeitliche und finanzielle Lösung zu ermöglichen, die zu beiderseits tragbaren Ergebnissen führe. Dabei sei vorgesehen, daß die Antragsgegnerin Ersatzflächen in Ortskernlage zur Verfügung stelle. Dies sei möglich, da die Bebauungspläne der Antragsgegnerin vorwiegend Flächen auswiesen, die in ihren Besitz gelangt seien.
Mit ihrem Normenkontrollantrag macht die Antragstellerin geltend: Es liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB vor. In der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1989 sei nicht angegeben, ob der Plan nur zu den Dienststunden eingesehen werden könne oder "rund um die Uhr". Es fehle auch der Hinweis, wo genau der Plan eingesehen werden könne. Der Bebauungsplan sei auch widersprüchlich, soweit er eine Trennungslinie zwischen den Flurstücken 317/5 sowie 315/2 und 316/1 festsetze. Zwischen den drei angrenzenden Parzellen sei eine Abgrenzung zwischen zwingender und nicht zwingender Anzahl der Geschosse gezeichnet worden, wobei sich aus dem Plan nicht ergebe, ob die Geschoßanzahl nun nördlich oder südlich der Trennungslinie festgesetzt sei. Aufgrund vorgetragener Anregungen und Bedenken des bischöflichen Generalvikariats während der zweiten Auslegung sei im endgültigen Plan unter Ziffer 7 der gestalterischen Festsetzungen ausgeführt, daß für die Gemeinbedarfsfläche die gestalterischen Festsetzungen nicht gälten. Insoweit sei der Antragstellerin aber nicht Gelegenheit zu einer erneuten Stellungnahme gegeben worden. Die Festsetzungsmöglichkeiten nach der Baunutzungsverordnung seien mit den Festsetzungen bei den Flurstücken 188/9, 291/7, 394/28 und 394/1 überschritten worden. Insbesondere bleibe der Gebietscharakter nicht erhalten, da in diesen Gebietsteilen des MD-Gebiets die landwirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen sei. Darüber hinaus liege insoweit ein Abwägungsfehler vor, der im Bereich der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials aufgetreten sei. Es handele sich um ein Nebeneinander von Wohngebäuden und einem landwirtschaftlichen Betrieb. Bei derartigen Konfliktfällen sei aber eine sachverständige Feststellung der zu erwartenden Immissionen eines landwirtschaftlichen Betriebes erforderlich. Dies sei hier nicht erfolgt. Insofern sei das Abwägungsmaterial unvollständig gewesen. Auch bei den Flurstücken 194/9, 198/5 und 199/2 sei nicht erkennbar, daß entsprechende Ermittlungen darüber angestellt worden seien, inwieweit die dort befindlichen landwirtschaftlichen Betriebe das angrenzende WA-Gebiet beeinträchtigen könnten. Darüber hinaus sei auch der Abwägungsgrundsatz des § 5 Abs. 2 Satz 1 BauNVO verletzt, wonach auf Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen sei. Ein weiterer Abwägungsfehler sei darin zu erkennen, daß im B-Plan mehrfach festgesetzte Baugrenzen überbaute Grundflächen durchschnitten. Die planerische Abwägung lasse jede Auseinandersetzung mit den privaten Interessen der Grundstückseigentümer vermissen. Weiterhin sei das Abwägungsmaterial hinsichtlich der Stellplatzfläche auf dem Dorfplatz nicht vollständig. Insoweit fehlten sämtliche Erhebungen über die Auswirkungen einer derartigen Stellplatzanlage. Schließlich sei auf dem Flurstück 402/1 durch Baugrenzen ein überbaubarer Bereich mit einer GRZ von 0,4 festgesetzt worden. Innerhalb der Baugrenzen lasse sich eine derartige Grundfläche nicht verwirklichen.
Die Antragstellerin beantragt,
den am 22. Mai 1990 vom Rat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 10 II "Brink" für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Ein Verfahrensverstoß liege nicht vor. Der Bürger müsse der Bekanntmachung lediglich entnehmen können, wann die Auslegungsfrist beginne und wann sie ende. Diesem Erfordernis trage die Bekanntmachung Rechnung. Auch der Ort sei hinreichend bestimmt. Der Plan sei nicht widersprüchlich. Auf dem Flurstück 370/5 sei die Dreigeschossigkeit festgesetzt, während auf den Flurstücken 305/2 und 316/1 eine "bis zu Zweigeschossigkeit" im Plan aufgenommen worden sei. Das Planzeichen der Grenze (Quadrat mit Punkt) gehe zwar über die Festsetzungen hinaus, da der Bebauungsplan die Zahl der Vollgeschosse in diesem Bereich nicht zwingend vorschreibe. Dies berühre indes nicht die Richtigkeit der Abgrenzung als solche, da sie zwischen der Drei- und Zweigeschossigkeit stehe und somit der Plan einwandfrei lesbar sei. Eine erneute Auslegung hätte nicht stattfinden müssen, da durch die Änderung der gestalterischen Festsetzungen die Grundzüge der Planung nicht berührt worden seien. Für die Gemeinbedarfsfläche sei kein Recht gesetzt worden. Vielmehr sei unter Ziff. 7 der textlichen Festsetzung lediglich der Hinweis gegeben worden, daß für die Gemeinbedarfsfläche gerade keine örtlichen Gestaltungsvorschriften gelten sollten. Die im Bebauungsplan vorgenommene Differenzierung hinsichtlich der Flurstücke 188/9, 191/7, 394/28 und 394/1 sowie der Flurstücke 194/9, 198/5 und 199/2 gehe auf die vorhandene Gemengelage und Nutzung ein. Abwägungsfehler seien insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere stelle es keinen Abwägungsfehler dar, wenn im Bebauungsplan mehrfach festgesetzte Baugrenzen die überbauten Grundflächen durchschnitten. Die Baugrenzen würden dabei städtebauliche gewollte und bauaufsichtlich notwendige Abstände berücksichtigen. Im übrigen handele es sich überwiegend nur um Nebenanlagen, die teilweise bereits zerfallen oder in jüngster Vergangenheit bereits entfernt worden seien. Mit der Festsetzung der Stellplatzfläche auf dem Dorfplatz habe man verdeutlichen wollen, daß im Rahmen der Gestaltung des Dorfplatzes auch Stellplätze angeordnet werden könnten. Der Dorfplatz sei im übrigen nicht als Großparkplatz im städtischen Sinne zu sehen, sondern als Platz für multifunktionale Aktivitäten, zu denen im Rahmen der Möglichkeiten auch die Unterbringung des ruhenden Verkehrs gehöre. Der überbaubare Bereich des Flurstückes 402/1 sei bewußt auf die bauliche Anlage beschränkt worden, da das Gebäude ein wesentliches Merkmal des "Brink" sei und nach seiner Renovierung Charakteristika aufweise, die einem Baudenkmal nahekämen. Um die Freistellung des Gebäudes zu manifestieren, sei der überbaubare Bereich so eng gewählt worden.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen. Der Senat hat die Örtlichkeit durch den Berichterstatter in Augenschein nehmen lassen. Auf dessen Niederschrift vom 22. Juni 1993 mit Anlagen wird ebenso verwiesen wie auf die dem Senat vorliegenden Planungsvorgänge der Antragsgegnerin.
II.
Der Normenkontrollantrag hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist er wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
1. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie erleidet durch den Bebauungsplan, durch die ihr und das südlich angrenzende Grundstück betreffenden und die bisherige Nutzung beeinträchtigenden Festsetzungen einen Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Denn ihr Eigentum gehört zu den abwägungserheblichen privaten Belangen und wird durch die Festsetzungen in der Art seiner Nutzungsmöglichkeiten einschneidend beschränkt. Insoweit ist auch das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin unzweifelhaft gegeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25. 5. 1993 - 4 NB 50.92 - V.n.b.; OVG Lüneburg, Urt. v. 14. 12. 1989 - 6 OVG C 23, 24 und 26/88 -, OVGE 41, 455 ff.).
2. Es fehlt der Antragstellerin jedoch das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Normenkontrollverfahrens, soweit sie sich gegen Festsetzungen im Bebauungsplan wendet, die nicht unmittelbar ihr und das südlich angrenzende Grundstück betreffen. Da das verwaltungsgerichtliche Normenkontrollverfahren auf Antrag einer natürlich oder juristischen Person nicht lediglich ein objektives Beanstandungsverfahren, sondern auch ein subjektives Rechtsschutzverfahren ist, erfordert seine Durchführung das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses neben dem Nachteil (BVerwG, Beschl. v. 20. 8. 1991 - 4 NB 3.91 -, DVBl 1992, S. 37, 38 f.[BVerwG 20.08.1991 - 4 NB 3/91], BVerwG, Beschl. v. 4. 6. 1991 - 4 NB 35.89 -, BVerwGE 88, 268 = DVBl 1991, 1153; OVG Berlin, Beschl. v. 10. 7. 1981 - 2 A 2/80 -, NVwZ 1983, S. 164). Die Antragstellerin hätte von der Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplans, soweit er nicht ihr und das sich südlich angrenzende Grundstück betrifft, keinen denkbaren Vorteil. Denn soweit sie sich gegen die Festsetzungen hinsichtlich der nördlich von ihrem Grundstück belegenen Flurstücke 317/5, 315/2, 316/1, 188/9, 191/7, 394/28, 394/1, 194/9, 198/5, 199/2, 242/7 und 402/1 wendet, würde die Feststellung ihrer Nichtigkeit nichts dazu beitragen, daß die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel erreicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25. 5. 1993, aaO). Genauso verhält es sich mit dem Einwand, daß im Bebauungsplan mehrfach festgesetzte Baugrenzen die überbaute Grundfläche durchschnitten. Würde der Bebauungsplan in diesem von Normenkontrollantrag erfaßten Umfang aufgehoben, so wäre dem rechtlichen Interesse der Antragstellerin nicht gedient (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18. 7. 1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225, 233) [BVerwG 18.07.1989 - 4 N 3/87]. Für die alles entscheidende Frage, ob die Klägerin letztlich ihr Grundstück verlassen muß wegen der hinsichtlich ihres und des südlich angrenzenden Grundstücks getroffenen Festsetzung als Gemeinbedarfsfläche, ist dies ohne Belang.
Die Antragstellerin hat daher mit ihrem uneingeschränkten Antrag trotz Darlegung eines Nachteils mit der Folge der teilweisen Unzulässigkeit zu weit gegriffen, da sie auch solche sie nicht berühende Teile des Bebauungsplans in ihren Antrag mit einbezogen hat, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und damit auch für die Antragstellerin erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplanes zusammengefaßten Gesamtregelung darstellen (BVerwG, Beschl. v. 4. 6. 1991, aaO S. 1155; BVerwG, Beschl. v. 18. 7. 1989, aaO S. 234). Die Festsetzung der Gemeinbedarfsfläche auf dem Grundstück der Antragstellerin und dem südlich angrenzenden Grundstück ist mit den anderen Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht untrennbar verknüpft (vgl. zu den Anforderungen an die Teilbarkeit eines Bebauungsplanes: BVerwG, Beschl. v. 4. 6. 1991, aaO; Beschl. v. 20. 8. 1993, aaO). Gerade die von der Antragstellerin - unzulässigerweise - angegriffenen Festsetzungen bleiben von der Festsetzung der Gemeinbedarfsfläche unberührt und wären von dem Rat der Antragsgegnerin in jedem Fall beschlossen worden. Dies ergibt sich insgesamt aus dem Umstand, daß es sich bei dem angegriffenen Bebauungsplan um eine völlige Überarbeitung des ursprünglichen Bebauungsplanes vom 22. April 1974 handelt. Bei der Aufstellung des neuen Bebauungsplanes ging es also nicht nur um die Anlegung eines Dorfplatzes, sondern um die gesamte städtebauliche Neuordnung des Ortskerns. Das ergibt sich zweifelsfrei aus der Begründung des Bebauungsplanes. Nicht ohne Grund erhielt der jetzt angegriffene Bebauungsplan nicht die Bezeichnung Nr. 10/4. Änderung, sondern Nr. 10/II "Brink".
3. Ein Verfahrensverstoß gegen § 3 Abs. 2 BauGB liegt nicht vor. Danach sind Entwürfe der Bauleitpläne mit dem Erläuterungsbericht oder der Begründung auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen, wobei Ort und Dauer der Auslegung zumindest eine Woche oder eine Woche früher ortsüblich bekannt zu machen sind, mit dem Hinweis, daß Bedenken und Anregungen während der Auslegungsfrist vorgebracht werden können. Dieser Vorschrift hat die Antragsgegnerin mit ihrer Bekanntmachung vom 15. Dezember 1989, daß der "Entwurf des Bebauungsplans Nr. 10/II "Brink"... einschließlich Begründungsentwurf und der örtlichen Bauvorschriften über Gestaltung in der Zeit vom 28. Dezember 1989 bis 31. Januar 1990 gemäß § 3 Abs. 2 BauGB zu jedermanns Einsicht im Gemeindebüro öffentlich" ausliege, Genüge getan. Ein Verfahrensverstoß kann jedenfalls damit nicht begründet werden, in der Bekanntmachung sei nicht angegeben, ob der Plan nur zu den Dienststunden oder auch "rund um die Uhr" eingesehen werden könne. Denn die bekanntzumachende Dauer der Auslegung betrifft nicht die Tagesstunden, an denen der Plan ausgelegt wird, sondern die Auslegungsfrist (BVerwG, Urt. v. 14. 12. 1973 - IV C 71.73 -, BVerwGE 244, 249; Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 3. Aufl. 1991, § 3 RdNr. 14). Im übrigen sind auf dem Kopfbogen des Exemplars des Aushangs der Bekanntmachung die Sprechzeiten von Montag bis Freitag im einzelnen angegeben. Auch der Vorwurf der Antragstellerin, das "Gemeindebüro" sei als Ort der Auslegung zu pauschal angegeben, ist unzutreffend. Auf der Bekanntmachung ist ebenfalls der Auslegungsort hinreichend bezeichnet worden. Denn dort ist die Rathausadresse mit Poststraße 13, Amt 2, angegeben.
4. Auch die weitere Verfahrensrüge, daß der Textteil des Planentwurfs nach dessen zweiter Auslegung in unzulässiger Weise, nämlich ohne erneutes Beteiligungsverfahren zumindest gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 2 BauGB geändert worden sei, ist unbegründet. Die Antragstellerin beruft sich zwar zu Recht darauf, daß ihr zumindest die Möglichkeit einer erneuten Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist hätte eingeräumt werden müssen, nachdem von einer erneuten öffentlichen Auslegung abgesehen worden war, weil Grundzüge der Planung durch die Aufhebung der gestalterischen Festsetzungen - insoweit unstreitig zwischen den Beteiligten - nicht berührt würden. Dieser Verfahrensfehler ist gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbs. BauGB aber unerheblich. Danach ist unbeachtlich, wenn bei Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 2 BauGB oder des § 13 BauGB die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach dieser Vorschrift verkannt worden sind. Das ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin hat diese Vorschriften bei ihrer Beschlußfassung vom 22. Mai 1990 zwar offenbar übersehen. Auch dieser Mangel wird aber von der "Heilungsvorschrift" erfaßt. Denn nur der bewußte Verstoß gegen die §§ 3 Abs. 3 Satz 2, 13 Abs. 1 Satz 2 BauGB bleibt gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbs. BauGB beachtlich (Schmaltz in Schrödter, Kommentar zum BauGB, 1992, 5. Aufl. 1992, § 214 RdNr. 17 am Ende; Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 1988, 214 RdNr. 13, Battis in Battis/Kreutzberger/Löhr aaO § 214 RdNr. 5).
5. Der Bebauungsplan leidet jedoch an materiellen Mängeln. Seine Festsetzungen für das Grundstück der Antragstellerin verletzen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB, weil der Abwägungsvorgang fehlerhaft ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Gebot gerechter Abwägung verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt worden ist, was nach der Lage der Dinge in sie hätte eingehen müssen. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen Privatbelange verkannt und wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berühten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit anderer Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungsgebot jedoch genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit, notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belanges entscheidet (BVerwG, Urt. v. 5. 7. 1974 - IV C 50.72 -, BVerwGE 45, 309 = BRS 28 Nr. 4; Urt. v. 1. 11. 1974 - IV C 38.71 -, BVerwGE 47, 144 [BVerwG 01.11.1974 - IV C 38/71]). Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solche der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Sie beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.
Die Antragsgegnerin hat verkannt, daß das durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Privateigentum in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen gehört (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18. 12. 1987 - 4 NB 4.87 -, BRS 47 Nr. 34). Danach ist das durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentum in seinem rechtlichen Gehalt durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet (BVerfG, Beschl. v. 12. 6. 1990 - 1 BVL 19/76 -, BVerfGE 52, 1 (30) [BVerfG 12.06.1979 - 1 BvL 19/76] m.w.N.; BGH, Urt. v. 5. 3. 1981 - III ZR 9/80 -, BGHZ 80, 111 (115) [BGH 05.03.1981 - III ZR 9/80]). Es soll ihm als Grundlage privater Initiativen und im eigenverantwortlichen Interesse von Nutzen sein. Dabei darf nicht nur auf die wirtschaftliche Verwertung des einzelnen Eigentumsgegenstandes, d.h. seinen Einsatz zur Erzielung von Gewinn abgestellt werden. Mit der Eigentumsgarantie wird im Rahmen der Privatnützigkeit auch die Funktion des Eigentums als Grundlage der privaten Lebensgestaltung geschützt. Inhalt des Eigentums ist damit nicht nur die wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit, sondern auch das Recht des Eigentümers, den Gegenstand im Rahmen seiner privaten Lebensgestaltung selbst zu nutzen und durch diese Nutzung seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Demnach gehört zum Inhalt des Eigentums an einem Wohnhaus auch das Recht des Eigentümers zu entscheiden, ob und in welchem Maße er sein Gebäude durch Vermietung oder durch eigenen Gebrauch nutzen will (vgl. BGH, Urt. v. 9. 10. 1986 - III ZR 2/85 -, UPR 1987, 301 (304)). Eine gleichsam automatische Priorität der öffentlichen Belange vor solchen privater Natur, namentlich des Eigentums, gibt es nicht (BVerwG, Urt. v. 1. 11. 1974 - 4 C 38.71 -, Buchholz 406.11, § 1 BBauG, Nr. 10; Urt. v. 14. 2. 1975 - 4 C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 (68) [BVerwG 14.02.1975 - IV C 21/74]; OVG Lüneburg, Urt. v. 14. 12. 1989 - 6 OVG C 23, 24 u. 26/88 -, OVGE 41, 455 ff.).
Nach den aus den Planverfahrensakten zu entnehmenden Motiven für die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche auf dem Grundstück der Antragstellerin und dem südlich angrenzenden Grundstück hat die Antragsgegnerin die Bedeutung des Eigentums für die Antragstellerin nicht erkannt. Sie hat vielmehr den öffentlichen Interessen von vornherein und allein den Vorrang eingeräumt. Das verdeutlicht insbesondere die Begründung des Bebauungsplanes. Diese stellt nur die öffentlichen Interessen dar. Bezüglich des Hauses der Antragstellerin wird lediglich festgestellt, daß es sich um ein kleineres Wohngebäude handele und insoweit Maßnahmen zu überlegen seien, die eine finanzielle Lösung ermöglichten, die zu beiderseitig tragbaren Ergebnissen führe. Die privaten Interessen am Erhalt des Hauses auch für die Erben finden keine Erwähnung. Insbesondere hätte die Antragsgegnerin in ihrer Abwägung den Umstand mit einbeziehen müssen, daß die Antragstellerin in ihrem Haus zusammen mit ihren Angehörigen, die ebenfalls dort leben und sie versorgen, ihren Lebensabend verbringen möchte und es für sie deshalb eine besondere Härte darstellen würde, wenn sie nunmehr ihre seit Jahrzehnten gewohnte Umgebung verlassen und sich in einer Ersatzwohnung neu einleben müßte. Ein alles überragendes und daher dieses berechtigte Interesse der Antragstellerin verdrängendes Interesse der Allgemeinheit ist weder erkennbar noch von der Antragsgegnerin dargetan. Die Antragsgegnerin hat sich ersichtlich lediglich davon leiten lassen, den privaten Interessen der Antragstellerin werde ausreichend durch eine spätere Entschädigung und der Zurverfügungstellung von Ersatzflächen entsprochen. Dem liegt ein grundsätzliches Mißverständnis des Abwägungsgebotes zugrunde, das die Bewältigung der mit der Planung verfolgten und aufgeworfenen Probleme innerhalb der Planentscheidung und dort vornehmlich innerhalb der planerischen Abwägung verlangt. Eine Verweisung der Betroffenen auf das Entschädigungsverfahren oder auf den freiwilligen Verkauf ist nur im Anschluß an eine als solche fehlerfreie Abwägung zulässig (BVerwG, Urt. v. 23. 1. 1981 - 4 C 4.78 - DVBl 1981, 932 (934)[BVerwG 23.01.1981 - 4 C 4/78]; OVG Lüneburg, Urt. v. 14. 12. 1989 aaO).
Eine Auseinandersetzung mit dem wirtschaftlichen Wert des Grundstücks im Ortskern hat ebenfalls nicht stattgefunden. Dies wäre nur dann unschädlich, wenn im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bereits mit der Antragstellerin ein bindender Vorvertrag für ihr Grundstück abgeschlossen worden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Sämtliche Verkaufsversuche sind nach Angaben der Beteiligten bislang gescheitert. Weiterhin ist festzustellen, daß weder die Beschlußprotokolle des Rates noch die Begründung des Bebauungsplanes sich mit dem Eigentum der Antragstellerin auseinandersetzen und Alternativen in den Blick nehmen, die ihr Eigentum schonender belastet hätten. So hätte insbesondere der Wert, das Alter und der Erhaltungsstand der Bausubstanz sowie die Art der gegenwärtigen und künftig beabsichtigten Wohnnutzung in die Abwägung mit einbezogen werden müssen.
Darüber hinaus läßt die Planbegründung jegliche Auseinandersetzung damit vermissen, weshalb das südlich angrenzende Grundstück 289/2, das bereits im Eigentum der Antragsgegnerin steht, als Gemeinbedarfsfläche nicht ausreicht. Zwar muß nicht alles, was nicht nachweislich erwogen wurde, deshalb unbedingt als Abwägungsausfall gewertet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 5. 7. 1974 - IV C 50.72 -, BVerwGE 45, 309 = BRS 28 Nr. 4, S. 28). Die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche für im übrigen nicht bestimmt genug umschriebene Zwecke eines Dorfplatzes und eines Dorfgemeinschaftshauses sind jedoch Kernpunkte der Planung; sie durften daher in der Abwägung nicht einseitig - nur vom öffentlichen Interesse aus gesehen - und spurlos im Sinne einer Nichterwähnung und daher Nichtberücksichtigung des privaten Eigentümerinteresses abgehandelt werden. Bei der Abwägung darf auch der im Enteignungsrecht anerkannte Grundsatz, vorrangig Grundstücke zu beanspruchen, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen (vgl. BGH, Urt. v. 16. 3. 1978 - III ZR 145/75 -, BBauBl 1978, 472), nicht völlig unberücksichtigt bleiben (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 23. 9. 1981 - 1 OVG C 10/79 = 1-8955).
Hinzu kommt, daß die Gemeinde bei der Änderung eines bestehenden Planes nicht mehr das gleiche Maß an Gestaltungsfreiheit für sich in Anspruch nehmen kann wie bei der Erstplanung (OVG Lüneburg, Urt. v. 6. 12. 1989 - 6 K 16, 21/89 -, NVwZ 1990, 576 = BRS 49 Nr. 2). Die Existenz einer einmal als wohlabgewogen angesehenen Lösung und deren Folgen dürfen nicht außer acht gelassen werden. Zu beachten sind vielmehr besondere Bewertungsgrundsätze, die sich an den Instituten der Plangewährleistung und des Vertrauensschutzes, der Systemgerechtigkeit und aus sonstigen rechtsstaatlichen Prinzipien ergeben. Bei der Gewichtung und Gegenüberstellung der Belange entfalten Plangewährleistung und Vertrauensschutz ihre eigentliche Bedeutung. Regelmäßig müssen besonders hoch zu veranschlagende öffentliche Interessen bei einer Planänderung vorliegen, da den vertrauensgeschützten Positionen ein ihrerseits sehr hohes Gewicht zukommt (OVG Lüneburg, Urt. v. 6. 12. 1989, aaO). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt es insbesondere einen Abwägungsfehler dar, wenn eine Gemeinde einen zweiten Bebauungsplan erläßt und sich dabei des bereits bestehenden Planes nicht hinreichend bewußt ist oder aus anderen Gründen seine Festsetzung bei der erneuten Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 30. 1. 1976 - IV C 26.74 -, BauR 1976, 175 (176)). Die Antragsgegnerin hat bei ihren Überlegungen die Bedeutung des Vertrauensschutzes der Antragstellerin in den Bestand der Festsetzungen des ersten Bebauungsplanes vom 25. April 1974 und die damit verbundenen betroffenen privaten Belange überhaupt nicht berücksichtigt. Gerade bei der Überplanung vorhandener Baugebiete ist besondere Sorgfalt geboten und auf die vorgegebene Situation besonders Rücksicht zu nehmen (OVG Lüneburg, Urt. v. 30. 1. 1989 - 6 OVG C 10/87 -). Dazu hätte im vorliegenden.
Falle insbesondere gehört, daß der erste Plan von 1974 mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt werden mußte. Dabei konnte das Vertrauen der bislang im Mischgebiet wohnenden Antragstellerin nicht ohne weiteres übergangen werden.
Die aufgezeigten Fehler im Abwägungsvorgang sind auch "offensichtlich" und "auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen" (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Offensichtlichkeit der dargestellten Abwägungsfehler folgt bereits daraus, daß für die Berücksichtigung der Eigentümerbelange jeglicher Anhalt in dem Verfahren fehlt. Ein Mangel im Abwägungsvorgang ist dann auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen, wenn die Entscheidung ohne diesen Mangel "möglicherweise" anders ausgefallen wäre (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 26. 2. 1981 - 6 C 4/80 -, BauR 1981, 454; Urt. v. 30. 4. 1980 - 1 OVG A 175/79 -, ZFBR 1980, 280, bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 21. 8. 1981 - 4 C 57.80 -). Weil die Antragsgegnerin dem öffentlichen Interesse von vornherein den Vorrang eingeräumt und sich dadurch selbst den Blick auf das private Eigentum verstellt hat, ist der Einfluß dieses Fehlers auf das getroffene Ergebnis nicht unmöglich, sondern in sehr hohem Maße wahrscheinlich. Somit sind die neuen Festsetzungen des Bebauungsplanes, soweit sie das Grundstück der Antragstellerin betreffen, nichtig.
6. Der Antrag hat ebenfalls Erfolg, soweit er die Festsetzungen für das südlich von ihrem Grundstück belegene Flurstück 289/2 betrifft.
Allerdings kann hier offenbleiben, ob das Abwägungsmaterial hinsichtlich der festgesetzten Stellplatzfläche auf dem Dorfplatz vollständig war, da bereits die Festsetzung "Dorfplatz" gegen den Grundsatz der Planbestimmtheit (BVerwG, Urt. v. 16. 2. 1973 - IV C 66.69 -, BVerwGE 42, 5 = DVBl 1973, 635 BRS 27 Nr. 5 = BauR 1973, 168) vestößt. Danach muß die Festsetzung von Gemeinbedarfsflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB so bestimmt sein, daß ihr zu entnehmen ist, für welchen konkreten Zweck sie getroffen wurde. Die hier gewählte allgemeine Angabe "Dorfplatz" in Verbindung mit "ST" (= Stellplatzfläche) reicht aber als exakte Zweckbestimmung (vgl. Löhr in Battig/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 9 Rdnr. 27) nicht aus. Insbesondere darf für eine Fläche nicht die Verwirklichung verschiedenartiger Zwecke in Aussicht gestellt werden. Dies ist hier geschehen. Einerseits - so ist der Begründung zu entnehmen - ist der Dorfplatz als "Kommunikationsplatz" und "Identifikationsbereich" vorgesehen. Dieser Zweckbestimmung läuft es zuwider, wenn dieser Platz andererseits ganz oder teilweise als Fläche mit nach Lage, Art und Zahl beliebigen Stellplätzen benutzt werden kann. Genaue Angaben, die dies verhindern, fehlen insoweit. Darüber hinaus war von der Antragsgegnerin eine exakte Zweckbestimmung auch gar nicht beabsichtigt. Dies haben ihre Terminvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 23. August 1993 ohne Vorbehalt eingeräumt. Danach hätten im Rahmen des Dorferneuerungsprogramms, das vom Land Niedersachsen initiiert worden sei, Vorstellungen bestanden, eine "Kommunikationsfläche" einzurichten. Dazu habe einmal die Möglichkeit gehört, Kraftfahrzeuge unterzustellen. Weiterhin sei beabsichtigt, daß der Dorfplatz teilweise gepflastert, teilweise eingegrünt werde. Eine nähere Konkretisierung habe man nicht für erforderlich gehalten, weil dies von der späteren genaueren Ausgestaltung der Nutzungszwecke abhängen solle.
Im übrigen ist der Begründung nicht zu entnehmen, ob der Platz auch für Großveranstaltungen (Jahr-, Weihnachtsmarkt, Schützenfest etc.) oder aber lediglich als öffentliche Grünfläche dienen soll. Sollte der Platz auch für dörfliche Veranstaltungen gedacht sein, war der Einwand der Antragstellerin hinsichtlich der zu erwartenden Lärmimmissionen durch entsprechende Prognosen in die Abwägung einzubeziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Zwar ist der Bebauungsplan nach den dafür geltenden Regeln und unter Beachtung der in § 139 BGB zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Grundsätze nur teilweise nichtig. Dies ändert aber nichts daran, daß die Antragstellerin zulässigerweise und in der Sache erforderlich einen ihr nachteiligen Rechtsfehler der gemeindlichen Satzung geltend gemacht hat und sie folglich auch von der Kostenlast des Normenkontrollverfahrens freigestellt bleiben muß (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4. Juni 1991 - BVerwG 4 NB 35.89 -, BVerwGE 88, 268, 272 [BVerwG 04.06.1991 - 4 NB 35/89] m.w.N.).
Das Verfahren ist nicht dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen, weil die Voraussetzungen des § 47 Abs. 5 VwGO nicht vorliegen.
Beschluß
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,-- DM (in Worten: fünfzigtausend Deutsche Mark) festgesetzt.
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Taegen ist durch Urlaub verhindert zu unterzeichnen.
Dr. Sarnighausen
v. Krosigk
Dr. Sarnighausen