Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 16.01.2020, Az.: 14 U 166/19
Rechte des Käufers eines vom sog. Diesel-Abgasskandal betroffenen Pkw bei Erwerb des Fahrzeugs im Februar 2016
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 16.01.2020
- Aktenzeichen
- 14 U 166/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 64871
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2020:0116.14U166.19.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 29.05.2019 - AZ: 4 O 4073/18
Rechtsgrundlagen
- § 31 BGB
- § 249 Abs. 1 BGB
- § 826 Abs. 1 BGB
Amtlicher Leitsatz
Die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Käufer durch das Inverkehrbringen des Motortyps EA 189 entfällt nicht schon durch die ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015 und nachfolgende Pressemitteilungen; denn für die Frage, ob der Hersteller des Motors bezogen auf den Käufer vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt hat, ist eben der Zeitpunkt der Tathandlung und nicht der Zeitpunkt des Eintritts des Schadens in Form des Abschlusses eines ungewollten Vertrages entscheidend.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 29. Mai 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- 1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.574,38 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 09. Februar 2016 bis zum 29. Januar 2019 auf 13.611,70 € und in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Januar 2019 auf 11.574,38 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer (...) zu zahlen.
- 2.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des zu Ziffer 1. benannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 12 % und die Beklagte 88 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Kraftfahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 08. Februar 2016 erwarb der Kläger von der DD GmbH in Ort3 das im Tenor näher bezeichnete Fahrzeug (...) zum Preis von 14.900,00 €. Das Fahrzeug wies eine Laufleistung von 48.044 km auf. Die Laufleistung zum Schluss der mündlichen Verhandlung betrug 104.315 km.
Der PKW, der im Jahr 2012 zugelassen wurde, und der darin verbaute Dieselmotor mit der Typenbezeichnung EA 189 wurden von der Beklagten hergestellt. Die Motorsteuerungssoftware des Motors führte zu einer Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren. Die Software bewirkte, dass eine Prüfungssituation, in der der Abgasausstoß gemessen wird, erkannt und die Abgasaufbereitung für deren Dauer optimiert wurde (Fahrmodus 1). Im normalen Betrieb außerhalb des Prüfstands (Fahrmodus 0) war die genannte Abgasaufbereitung abgeschaltet. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) beanstandete im Herbst 2015 die Programmierung als unzulässige Abschalteinrichtung und verpflichtete die Beklagte sowie konzernangehörige Unternehmen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Das daraufhin von der Beklagten entwickelte Software-Update ließ der Kläger am 16. Februar 2017 vornehmen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 07. Dezember 2018 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 12. Dezember 2018 erfolglos auf, den Kaufpreis in Höhe von 14.900,00 € Zug um Zug gegen "Hergabe und Übereignung" des Fahrzeugs zuzüglich Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu leisten (Anlage K12).
Der Kläger hat behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei zum Zeitpunkt des Kaufs weder gemäß § 5 FZV zulassungsfähig gewesen noch habe es über eine wirksame EU-Typgenehmigung verfügt. Die Entwicklungsabteilung der Beklagten habe nicht ohne Kenntnis des Vorstandes entschieden, die Motorsteuerungssoftware serienmäßig in die Motorenserien aller konzernangehöriger Fabrikate einbauen zu lassen, zu denen auch der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs gehöre. Ihm - dem Kläger - sei zwar bekannt gewesen, dass es einen Abgasskandal gebe; unbekannt seien ihm aber die konkreten Auswirkungen für sein Fahrzeug gewesen. Diese habe ihm niemand mitgeteilt. Die Beteuerung der Beklagten, dass durch das Update keine negativen Folgen zu verzeichnen seien, habe sich als Lüge herausgestellt. Vielmehr führe das Update zu einer substantiellen Verrußungsproblematik.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte ihm auch unter deliktischen Gesichtspunkten zum Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verpflichtet sei, wobei deren Wert auf der Grundlage einer Gesamtfahrleistung von zumindest 300.000 km zu berücksichtigen sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 09.02.2016 bis zur Rechtshängigkeit und seither fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich einer im Termin zu beziffernden Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer (...) zu zahlen;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 13.12.2018 mit der Rücknahme des o.g. PKW in Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.570,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2018 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, dass es sich bei der beanstandeten Software nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung gehandelt habe, da die Abgasrückführung nicht Bestandteil des Emissionskontrollsystems sei, sondern eine hiervon zu trennende, innermotorische Maßnahme, die zur Kontrolle der Verbrennung führe. Mit der Freigabe des Software-Updates durch das Kraftfahrt-Bundesamt bestehe kein Anhaltspunkt mehr für die Befürchtung, dass die EG-Typgenehmigung entzogen werden könne. Durch das Update würden sich keine negativen Auswirkungen ergeben. Die behauptete Täuschung entfalle bereits deshalb, weil der Kläger über die Umstände und die Verwendung der Software bereits vor Abschluss des Kaufvertrages aufgrund der Veröffentlichung der ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015 und der Medienberichterstattung informiert gewesen sei. Spätestens mit der ad-hoc-Mitteilung sei ersichtlich, dass die Beklagte auch nicht mit Schädigungsabsicht gehandelt habe. Ebenso habe der Kläger auch keinen Schaden erlitten.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Beklagten nach Offenlegung der Softwareproblematik im Oktober 2015 sowohl der Täuschungs- als auch der Schädigungsvorsatz zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses gefehlt habe. Es sei davon auszugehen, dass es zu diesem Zeitpunkt öffentlich bekannt gewesen sei, dass im Verkehr befindliche Dieselfahrzeuge des gesamten (...)-Konzerns vom sog. "Abgasskandal" betroffen sein könnten. Die Beklagte habe spätestens Ende 2015 allein schon aufgrund der monatelangen Berichterstattung in sämtlichen Medien davon ausgehen dürfen, dass alle Käufer von Dieselfahrzeugen des (...) Konzerns vorab informiert und durch Eingabe der FIN eines für sie kaufinteressanten Fahrzeugs auf der entsprechenden Homepage in der Lage seien, die Betroffenheit vor der Kaufentscheidung zu überprüfen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Das Landgericht habe seinen Vortrag offensichtlich nicht berücksichtigt. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Bei der Berechnung des Vorteilsausgleichs sei von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km auszugehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der ersten Instanz sowie vom 02. August 2019 (Bl. 72-94 II), 28. November 2019 (Bl. 135-160 II) und 05. Dezember 2019 (Bl. 205 f. II) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das am 29. Mai 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Oldenburg - 4 O 4073/18 - abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.900,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 09.02.2016 bis zur Rechtshängigkeit und seither in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer (...) unter Anrechnung einer im Termin der mündlichen Verhandlung zu beziffernden Nutzungsentschädigung zu zahlen;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 13.12.2018 mit der Rücknahme des o.g. PKW in Annahmeverzug befindet.
3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.570,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2018 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der ersten Instanz sowie vom 10. Oktober 2019 (Bl. 107-130 II), 28. November 2019 (Bl. 166-182 II) und 03. Dezember 2019 (Bl. 185-202 II) Bezug genommen.
Der Senat hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2019 persönlich angehört. Wegen des Inhaltes und Ergebnisses der Parteianhörung wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 12. Dezember 2019 (Bl. 207-209 II).
II.
Die Berufung hat überwiegend Erfolg.
1. Klageantrag zu 1.:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch aus §§ 826 Abs. 1, 249 Abs. 1, 31 BGB abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges zu.
Die Beklagte schuldet dem Kläger Schadensersatz, weil sie den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, indem sie jenen Motor des Typs EA 189 mit der verbotenen Abschaltautomatik konzipiert, gebaut und das mit diesem Motor ausgestattete Fahrzeug des Klägers in den Verkehr gebracht hat. Der dem Kläger entstandene Schaden liegt im Abschluss eines ungewollten Vertrages. Der Kläger ist daher gemäß § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie er ohne Abschluss des Kaufvertrages stünde (so auch Senat, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 14 U 93/19 -, beck-online; OLG Oldenburg, Urteil vom 02. Oktober 2019 - 5 U 47/19 -, juris und Urteil vom 21. Oktober 2019 - 13 U 73/19 -; juris; OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2019 - 5 U 1318/18 -, juris; OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 - 13 U 149/18 -, juris; OLG Köln, Beschluss vom 03. Januar 2019 - 18 U 70/18 -, juris; OLG Köln, Beschluss vom 01. März 2019 - 16 U 146/18 -, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. März 2019 - 13 U 142/18 -, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. September 2019 - 17 U 45/19 -, juris).
Im Einzelnen:
a)
Der Anspruch ist nicht wegen etwaiger kaufrechtlicher Gewährleistungsansprüche des Klägers gegen die Verkäuferin des Fahrzeugs ausgeschlossen (vgl. Senat, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 14 U 93/19 -, beck-online). § 826 BGB steht grundsätzlich in freier Anspruchskonkurrenz zu anderen Schadensersatzvorschriften (Sprau in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 826 Rn. 2; BeckOK BGB/Förster, 42. Edition, § 826 Rn. 5; Staudinger/Oechsler (2018), BGB § 826, Rn. 132, nach juris; Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), BGB § 437 Rn. 62, nach juris). Ein Grund, die vorsätzlich sittenwidrige Schädigung durch Anerkennung des Vorrangs anderer Rechtsinstitute zu privilegieren, ist nicht ersichtlich (Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 826, Rn. 61). Bei einem arglistigen (vorsätzlichen) Verhalten hinsichtlich eines Sachmangels (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 08. Januar 2019 - VIII ZR 225/17 -, juris) gilt ein etwaiger Vorrang des Sachmängelrechts nicht (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 12. Januar 2011 - VIII ZR 346/09 -, juris, Rn. 16 m.w.N.).
b)
Die Beklagte hat vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt. Diese Voraussetzungen entfallen auch nicht deshalb, weil die Beklagte am 22. September 2015 die ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht hat.
aa)
§ 826 BGB setzt einen Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis von den Tatumständen voraus, die das Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen. Der Vorsatz bezieht sich auf die Schadenszufügung. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Es genügt dabei ein bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen. Für den subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist die Kenntnis der Tatumstände ausreichend, die sein Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 826 Rn. 8 ff. unter Hinweis auf BGH NJW 2017, 250 [BGH 28.06.2016 - VI ZR 536/15] Tz. 23 ff.).
Der Senat hat bereits mit Urteil vom 30.10.2019 (- 14 U 93/19 -, beck-online, Rn. 19) die Überzeugung geäußert, dass die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten vorsätzlich gehandelt und die Motorsteuerungssoftware als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des § 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2007 erkannt und mit Absicht entgegen ihrer Verpflichtung gemäß Art. 3 Nr. 9 der Durchführungsverordnung 692/2008/EG der Kommission vom 18. Juli 2007 nicht gegenüber den Zulassungsbehörden offenbart haben, weil andernfalls die Zulassungsbehörden diese Funktionsweise beanstanden würden. Der Senat hat in dem vorgenannten Urteil ebenfalls u.a. begründet, dass den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten auch bewusst gewesen sein muss, dass die Endverbraucher ein solches Auto, dem für den Fall des Offenbarwerdens der Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware die Stilllegung drohte (BGH, Beschluss vom 08. Januar 2019 - VIII ZR 225/17 -, juris), regelmäßig nicht kaufen würden. Auf die Ausführungen in dem vorbezeichneten Urteil des Senats wird Bezug genommen.
Diese Handlungen der Mitarbeiter der Beklagten sind ihr auch in analoger Anwendung des § 31 BGB zuzurechnen. Der Kläger hat schon mit der Klageschrift (dort ab Seite 3 ff.) dazu vorgetragen, wer nach seinem Wissensstand zu welchem Zeitpunkt Kenntnis von den Entscheidungen bei der Beklagten gehabt und diese gebilligt bzw. angeordnet habe. Damit hat der Kläger seiner Darlegungslast genügt. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 05. Dezember 2018 (14 U 60/18 - juris) die Auffassung vertreten, dass die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast zu den Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens trifft, weil anderenfalls die Durchsetzung materiellen Rechts durch verfahrensrechtliche Regelungen vereitelt würde. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen. Dieser Darlegungslast ist die Beklagte mit ihrem allgemein erhobenen Einwand, der Kläger habe einen Schädigungsvorsatz nicht dargelegt und könne diesen auch nicht nachweisen, nicht nachgekommen. Nichts Anderes gilt für den Hinweis der Beklagten, nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder im Sinne des Aktienrechts die Entwicklung in Auftrag gegeben hätten. Die erforderliche Darlegung, welche Nachforschungen sie konkret unternommen und welche Erkenntnisse sie dabei bisher erzielt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16 -, juris, Rn. 15) fehlt. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb der Beklagten entsprechender Vortrag nicht möglich sein sollte.
Ob darüber hinaus die Zurechnung nach § 31 BGB aufgrund eines Organisationsmangels erfolgen kann (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2019 - 5 U 1318/18 -, juris), die unstreitigen Indizien ohnehin den überzeugungskräftigen Schluss auf die Beteiligung von Vorstandsmitgliedern zulassen (vgl. OLG Koblenz, a.a.O.) oder - wie der Senat meint (14 U 60/18, juris) - andernfalls eine Haftung nach § 831 BGB anzunehmen wäre, bedarf hier keiner Entscheidung.
bb)
Entgegen der Begründung des Landgerichts entfällt der Vorsatz der Beklagten nicht wegen der ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015, der Pressemitteilung der Beklagten vom 02. Oktober 2015 sowie der Presseerklärung des KBA vom 03.10.2015 über den Rückruf von Fahrzeugen des (...)-Konzerns und auch nicht durch Kontaktaufnahme mit den der Beklagten bekannten Fahrzeughaltern.
Für die Frage, ob die Beklagte den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, ist auf den Zeitpunkt der Tathandlung abzustellen (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 - 13 U 149/18 -, juris, Rn 65), vorliegend demnach auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Motors. Diese Situation entspricht der des sogenannten beendeten Versuchs im Strafrecht, in der die Strafbarkeit gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB nur entfällt, wenn der Täter den Taterfolg verhindert (Lilie/Albrecht in Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2007, § 24 StGB, Rn. 302). Nachträgliche Änderungen in Vorsatz und Gesinnung oder aufklärende Maßnahmen haben danach auf die zivilrechtliche Haftung der Beklagten keinen Einfluss, wenn der Schaden dennoch eintritt. Denn wie es im Strafrecht nicht sachgerecht ist, bei einem beendeten Versuch Rücktrittsbemühungen des Täters mit Straflosigkeit zu belohnen, wenn sie im Ergebnis ohne Erfolg bleiben und die Tat dennoch vollendet wird, erscheint es auch im Zivilrecht nicht sachgerecht, das Risiko, dass die Aufklärungsmaßnahmen der Beklagten einzelne Käufer nicht erreichen und/oder eine Vorsatz- und Gesinnungsänderung der Beklagten im Einzelfall nicht zum Tragen gekommen ist, dem geschädigten Käufer aufzubürden.
Auf die Frage, ob die Sittenwidrigkeit und der diesbezügliche Vorsatz bei Abschluss des Kaufvertrages noch vorgelegen haben und ob die ad-hoc-Mitteilung der Beklagten und die im Nachgang veröffentlichten Pressemitteilungen geeignet sind, den vorherigen Vorwurf der Sittenwidrigkeit entfallen zu lassen (so OLG Celle, Beschluss vom 01.07.2019 - 7 U 33/19 -, juris; OLG Köln, Urteil vom 06.06.2019 - 24 U 5/19 -, juris; OLG Oldenburg, Urteil vom 28.05.2019 - 2 U 34/19 -, beck-online; OLG Braunschweig, Beschluss vom 02.11.2017 - 7 U 69/17 -, beck-online), kommt es daher jedenfalls insoweit nicht an.
cc)
Das Inverkehrbringen des mit dieser Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Fahrzeugs war auch sittenwidrig (so bereits Senat, a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.).
Objektiv sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch eine umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013 - VI ZR 336/12 -, juris, Rn. 9), wobei es hierfür regelmäßig nicht genügt, dass der Handelnde vertragliche oder gesetzliche Pflichten verletzt oder eine dritte Person wirtschaftlich schädigt. Es muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, a.a.O.).
Nach diesen allgemeinen Maßstäben ist in der vollzogenen Entscheidung der Beklagten, dass der mit der hier in Streit stehenden Software ausgestattete Motor EA 189 in das streitgegenständliche Fahrzeug eingebaut und dieses mit der erschlichenen Typengenehmigung in Verkehr gebracht wird, eine sittenwidrige Handlung zu sehen. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 30. Oktober 2019 - 14 U 93/19 - beck-online, Rn. 27, ausgeführt, dass die Konzeption der Motorsteuerungssoftware mit der im Tatbestand beschriebenen Funktionsweise durch die Beklagte sowohl gegenüber den Aufsichtsbehörden als auch gegenüber den Verbrauchern der planmäßigen Verschleierung des Umstands diente, dass das Fahrzeug im Regelfahrbetrieb nicht die für die jeweilige Euro-Norm für Dieselfahrzeuge zulässigen Grenzwerte für den Ausstoß von NOx einhielt. Einzig plausibles Motiv dafür war die Verschaffung eines Wettbewerbsvorteils, weil man noch nicht über eine Technik verfügte, um die gesetzlichen Abgasvorschriften einzuhalten, oder die Generierung eines höheren Gewinns, weil die Kosten für die Entwicklung und den Einbau der notwendigen Vorrichtungen erspart werden konnten. Auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 30. Oktober 2019 wird Bezug genommen. Ein anderes Motiv für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeuges kommt nicht in Betracht (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 26.11.2019 - 2 U 29/19 -, beck-online, Rn. 39; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.). Soweit vereinzelt (OLG Koblenz, Urteil vom 07. November 2019 - 1 U 688/19 -, beck-online, Rn. 108) eine Sittenwidrigkeit verneint wird, weil der Beweggrund Kostensenkung und Gewinnmaximierung - wenn überhaupt - nicht beim Gebrauchtwagenkauf, sondern nur bei dem erstmaligen Inverkehrbringen eines Neuwagens durch die Beklagte eine Rolle spiele, überzeugt dieses nicht. Schon der Begründungsansatz, der Kauf eines Gebrauchtwagens könne sich nicht günstig auf Absatzzahlen und Gewinn des Herstellers auswirken, dürfte schon deshalb unzutreffend sein, weil allein die Möglichkeit des Weiterverkaufs eines PKW`s eine günstige wirtschaftliche Komponente darstellt, die letztlich auch dem Hersteller zugutekommt (Nur wenige Kunden dürften einen Neuwagen erwerben wollen, wenn sie ihn nicht auch als Gebrauchtwagen weiter veräußern können). Darüber hinaus beruht die Verwerflichkeit des Inverkehrbringens der Abgassteuerungssoftware nach Ansicht des Senats insbesondere auch darauf, dass allen Endkunden - und damit auch den Gebrauchtwagenkäufern - eines Fahrzeugs, dessen Motorsteuerungssoftware eine unzulässige Abschalteinrichtung enthält, ein erheblicher Schaden in Form der Stilllegung des erworbenen Fahrzeugs drohte, was die Beklagte auch in Kauf genommen hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich beim Kauf eines Fahrzeugs für viele Verbraucher um eine wirtschaftliche Entscheidung von erheblichem Gewicht mit oft deutlichen finanziellen Belastungen handelt, die durch das unredliche Verhalten der Beklagten nachteilig beeinflusst worden ist. Die Beklagte hat die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Diese Gesinnung sowie die Inkaufnahme der mit dem erhöhten Stickoxid-Ausstoß riskierten Umwelt- und Gesundheitsschäden lassen das Verhalten der Beklagten insgesamt sittenwidrig erscheinen (so bereits Senat, a.a.O.).
c)
Die Beklagte hat den Kläger auch durch diese vorsätzliche sittenwidrige Handlung, das Inverkehrbringen des vom Kläger später erworbenen Fahrzeugs, geschädigt.
Sie hat mit dem Inverkehrbringen des Motors und des Fahrzeugs konkludent erklärt, dass das Fahrzeug mit dem Motor im Straßenverkehr eingesetzt werden darf, mithin über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt, deren Fortbestand nicht aufgrund bereits bei Auslieferung vorhandener konstruktiver Eigenschaften gefährdet ist, was u.a. voraussetzt, dass die EG-Typengenehmigung nicht durch Täuschung erschlichen worden ist, und das Fahrzeug den Normen, die für den Erhalt und die Fortdauer der Typengenehmigung maßgeblich sind, tatsächlich entspricht (vgl. OLG Karlsruhe Hinweisbeschluss vom 05. März 2019 - 13 U 142/18 -, beck-online, Rn. 10 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 - 13 U 149/18 -, beck-online, Rn. 32; OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2019 - 5 U 1318/18 -, beck-online, Rn. 16; OLG Oldenburg, Urteil vom 02. Oktober 2019 - 5 U 47/19 -, beck-online, Rn. 17).
Dies war vorliegend nicht der Fall. Bei der verwendeten Motorsteuerungssoftware, die beim Durchfahren des NEFZ die Abgasrückführungsrate erhöhte, handelte es sich um eine nach Art. 5 II der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung, sodass der Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr weder zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens noch danach gewährleistet war (vgl. BGH, Beschluss vom 08. Januar 2019 - VIII ZR 225/17 -, juris). Soweit die Beklagte vorträgt, dass die Abgasrückführung nicht Teil des Emissionskontrollsystems sei, kann dem nicht gefolgt werden. Die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems wird durch die Software, die die Abgasrückführung nur im Prüfstandbetrieb erhöht, unmittelbar beeinträchtigt (vgl. BGH, a.a.O.).
Von der Richtigkeit dieser objektiv unrichtigen Erklärung, die ihm über die Verkäuferin, die DD GmbH, vermittelt wurde, ging der Kläger bei Vertragsschluss aus. Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte der Kläger den Kaufvertrag nicht geschlossen. Dieses stellt, ohne dass es auf die weitergehende Frage ankäme, ob das Fahrzeug den Kaufpreis wert war, einen ersatzfähigen Schaden dar. § 826 BGB knüpft nicht an die Verletzung bestimmter Rechte und Rechtsgüter an, weshalb der ersatzfähige Schaden weit zu verstehen ist. Bereits die Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit stellt einen ersatzfähigen Schaden im Sinne des § 826 BGB dar, weil § 826 BGB auch dem Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit des Geschädigten dient (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013 - VI ZR 336/12 -, juris, Rn. 28; Senat, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 14 U 93/19 -, beck-online, Rn. 29 m.w.N.).
Das Fahrzeug entsprach zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder den berechtigten Erwartungen des Klägers, noch war es für deren Zwecke, den Einsatz im Straßenverkehr, voll brauchbar. Es entspricht der natürlichen Erwartung eines jeden Käufers, dass die für den Betrieb des gekauften Kraftfahrzeugs erforderliche EG-Typengenehmigung nicht nur formal vorliegt, sondern dass auch die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung tatsächlich gegeben sind und keine Rücknahme oder Änderung der Genehmigung droht (vgl. u.a. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 12; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 35; OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 16. Juli 2018 - 27 U 10/18 -, beck-online, Rn. 8; OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 33). Zum damaligen Zeitpunkt drohte aber, da eine unzulässige Abschalteinrichtung auf die Abgasrückführungsrate einwirkte, nach der zwischenzeitlichen Aufdeckung der Täuschung die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV). Zwar hatte das KBA der Beklagten zu diesem Zeitpunkt bereits die Möglichkeit einer Korrektur der Motorsteuerungssoftware gegeben. Es ist aber nicht ersichtlich, dass bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses klar war, und insbesondere der Kläger hiervon auch ausgehen durfte, dass die Beklagte eine Update-Lösung für das streitgegenständliche Fahrzeug finden wird, die die Gefahr einer Stilllegung des Fahrzeugs ausschließt und auf jeden Fall durch das KBA auch tatsächlich gebilligt werden wird.
Der Senat hat die volle Überzeugung erlangt, dass der Kläger den Vertrag nicht geschlossen hätte, wenn er von den Manipulationen der Beklagten an der Motorsteuerungssoftware und deren Folgen für die Zulassung des Fahrzeugs Kenntnis gehabt hätte.
Dem Senat ist grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, sich alleine auf der Grundlage einer persönlichen Anhörung gemäß § 141 ZPO eine Überzeugung von der Richtigkeit der diesbezüglichen Behauptungen des Klägers zu bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2017 - XII ZR 48/17 -, juris, Rn. 12). Der Kläger hat in der Anhörung vor dem Senat angegeben, dass er das Fahrzeug keineswegs gekauft hätte, wenn er von der Gefahr einer möglichen Stilllegung des Fahrzeugs gewusst hätte. Ein Kauf wäre ihm ein viel zu großes Risiko gewesen. Dies ist für den Senat ohne weiteres plausibel. Schließlich ist auch kein Grund dafür ersichtlich, warum sich der Kläger auf ein solches Risiko hätte einlassen sollen. Nach seinen Angaben suchte er für seine Hunde ein Fahrzeug mit einer großen Ladefläche. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt dürften aber ausreichend Alternativen auch anderer Hersteller mit einer größeren Ladefläche zur Verfügung gestanden haben, die das Risiko einer Stilllegung nicht in sich trugen. Angesichts des persönlichen Eindrucks, den der Kläger bei der Anhörung gemacht hat, ist der Senat auch von der Richtigkeit der Angabe des Klägers überzeugt, dass das Update bei dem Verkaufsgespräch kein Thema gewesen sei. Daran ändert auch der handschriftliche Vermerk unter der Rechnung vom 08.02.2016 "Das Fzg wird kostenfrei nachgerüstet von BB. 10.2.2016" (Anlage K1) nichts. Der Kläger hat glaubhaft dargestellt, dass er sich diesen handschriftlichen Zusatz nicht erklären könne. Er habe das jetzt erstmals bewusst vor Augen. Im Übrigen ist dieser Vermerk offensichtlich erst zwei Tage nach dem Erwerb des Fahrzeugs auf die Rechnung gesetzt worden; er ist also kein Indiz dafür, dass das Update bereits beim Vertragsschluss zur Sprache gekommen ist.
d)
Der Kausalzusammenhang zwischen der vorsätzlichen sittenwidrigen Handlung und der Schädigung ist auch nicht allein aufgrund der ad hoc-Mitteilung vom 22. September 2015, den Presseerklärungen aus Oktober 2015 und den Anweisungen an die Vertragshändler zum Hinweis sowie Kontaktaufnahme zu den damals aktuell betroffenen Fahrzeughaltern zu verneinen (anders das OLG Stuttgart, Urteil vom 07. August 2019 - 9 U 9/19 -, juris, Rn. 44-46, wonach spätestens ab Februar 2016 der Zurechnungszusammenhang unterbrochen sei). Es ist zwar anerkannt, dass eine Enthaftung des Schädigers dann eintreten kann, wenn er vor einer Zweitursache erfolgversprechende Abwehrmaßnahmen zur Verhinderung eines weiteren Schadenseintritts getroffen hat (vgl. Münchener Kommentar-Oetker, 8. Aufl. 2019, § 249 BGB Rn. 146 f.). Die beschriebenen Maßnahmen waren aber nicht ausreichend, um als solche schon den Zurechnungszusammenhang zu unterbrechen. Betrachtet man nämlich die von der Beklagten selbst betriebene Aufklärung, wird nur von "Auffälligkeiten" und "Unregelmäßigkeiten" gesprochen, nicht aber von einer unzulässigen Abschalteinrichtung, die ohne Nachbesserung die Gefahr einer Stilllegung des Fahrzeugs bedeutet (diese Gefahr ausdrücklich bestätigend: BGH, Beschluss vom 08.01.2019 - VIII ZR 225/17 -, Rn. 20 ff., juris). Das tatsächlich zur Verhinderung einer Stilllegung erforderliche Aufspielen des Softwareupdates wird nur - bagatellisierend - (auch das OLG Stuttgart, Urteil vom 28. November 2019 - 14 U 89/19 -, juris, Rn. 53 und das OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2019 - 5 U 1318/18 -, juris, Rn. 56, sprechen von einem bagatellisierenden Verhalten der Beklagten) als "Serviceaktion" beworben. Eine ausreichende Aufklärung hätte auf die drohende Gefahr einer Stilllegung des Fahrzeugs gezielt hinweisen müssen. Eine solche kann in den Maßnahmen der Beklagten nicht festgestellt werden.
e)
Soweit die Beklagte im Zuge dieses Rechtsstreits die bekannten Einwände zu einem widersprüchlichen Verhalten durch Weiternutzung des Fahrzeugs und zum Entfall des Schadens durch das am 16. Februar 2017 vorgenommene Softwareupdate erhebt, wird auf die Ausführungen des Senatsurteils vom 30. Oktober 2019 (- 14 U 93/19 -, beck-online, Rn. 33 f.) verwiesen.
f)
Das Ergebnis ist auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten zu korrigieren (a.A. OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019 - 7 U 134/17 -, Rn. 193, juris). Insoweit wird ausdrücklich Bezug genommen auf die Ausführungen des Senats vom 30. Oktober 2019 (- 14 U 93/19 -, beck-online, Rn. 35, 36).
g)
Der Ersatzanspruch richtet sich auf das negative Interesse. Die Beklagte hat den Kläger gemäß § 249 Abs. 1 BGB demnach so zu stellen, wie er vermögensmäßig stünde, wenn er den Kaufvertrag über das Fahrzeug nicht geschlossen hätte.
Der Kläger kann daher die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen. Er muss sich allerdings im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen. Zur Begründung wird Bezug genommen auf die Ausführungen des Senatsurteils vom 30. Oktober 2019 (- 14 U 93/19 -, beck-online, Rn. 42).
Der Senat berechnet den Nutzungsersatz konkret, bezogen auf den Tag der letzten mündlichen Verhandlung, anhand des gezahlten Kaufpreises, der vom Kläger gefahrenen Kilometer und einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km (§ 287 ZPO). Der Senat legt seiner Entscheidung den Tachostand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung von 104.315 km zugrunde, der auch vom Beklagtenvertreter im Verhandlungstermin vom 12. Dezember 2019 unstreitig gestellt wurde. Demnach hat der Kläger mit dem Fahrzeug 56.271 km zurückgelegt. Ausgehend von einem Kaufpreis von 14.900,00 € und der zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses zu erwartenden Restlaufleistung von 251.956 km (300.000 km - 48.044 km) ist daher ein Vorteil von 3.325,62 € auszugleichen. Nach Abzug dieses Betrages verbleibt ein von der Beklagten zu ersetzender Vermögensnachteil in Höhe von 11.574,38 €.
h)
Der Kläger kann die beantragten Deliktszinsen in Höhe von 4 % p.a. für die Zeit vom 09. Februar 2016 bis Rechtshängigkeit gemäß §§ 849, 246 BGB beanspruchen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann derjenige, dem Geld deliktisch entzogen worden ist, nach § 849 BGB die Verzinsung des Betrages ab dem Zeitpunkt verlangen, zu dem ihm der Betrag entzogen worden ist (BGH, Versäumnisurteil vom 26. November 2007 - II ZR 167/06 -, juris, Rn. 3). Das gegen eine Verzinsung nach § 849 BGB vorgebrachte Argument, der Geschädigte habe sich des Geldes nicht ersatzlos begeben, weil er ein Fahrzeug zur Nutzung erhalte (OLG Hamm, a.a.O.), überzeugt den Senat nicht. Diesem Umstand ist durch die Anrechnung der gezogenen Nutzung im Wege der Vorteilsausgleichung ausreichend Rechnung getragen. Anderenfalls wäre der Umstand, dass der Geschädigte ein Fahrzeug zur Verfügung hatte, einerseits zum Nachteil des Geschädigten doppelt berücksichtigt und andererseits würde ein Absehen von der Anwendung des § 849 BGB bei zusätzlicher Anrechnung einer Nutzungsentschädigung zu einer Privilegierung der Beklagten führen, die sie gerade als vorsätzlich sittenwidrige Schädigerin nicht verdient (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. November 2019 - 17 U 146/19 -, juris, Rn. 116).
Da der Schaden bereits mit dem Eingehen der ungewollten Verbindlichkeit (Kaufvertrag) entstanden ist, kann der Kläger ab dem beantragten Zeitpunkt (09. Februar 2016) Zinsen verlangen. Dieses ist der Zeitpunkt des Eingriffs oder des Schadensereignisses, der maßgeblich dafür bleibt, welches Vermögensobjekt beschädigt oder entzogen ist und in welchem Umfang in das Vermögen des Betroffenen durch Entziehung oder Beschädigung eingegriffen ist (BGH, Urteil vom 03. Dezember 1964 - III ZR 141/64 -, juris, Rn. 47; OLG Karlsruhe, a.a.O.).
Allerdings kann der Kläger die Zinsen nur von demjenigen Entschädigungsbetrag verlangen, der sich im jeweiligen Berechnungszeitpunkt nach den gerade dann geltenden Preisverhältnissen ergibt (BGH, a.a.O.). Grundsätzlich würde das zwar dazu führen, dass für jeden Zeitpunkt einer Preissteigerung die Entschädigung neu zu errechnen wäre, um die geschuldeten Zinsbeträge festzusetzen. Allerdings ist anerkannt, dass der Tatrichter bei gleichmäßig steigenden Preisen auch eine gleichmäßige Verzinsung nach mittleren Werten vornehmend darf, jedenfalls dann, wenn er den Schaden nach § 287 ZPO schätzt (BGH, a.a.O.; BGH, Urteil vom 04. Juni 1962 - III ZR 163/61 -, juris, Rn. 45). Übertragen auf den zurück zu zahlenden Kaufpreis und die anzurechnende Nutzungsentschädigung nimmt der Senat eine entsprechende Schätzung vor, indem von einer gleichbleibenden Verzinsung des mittleren Wertes zwischen Kaufpreis (14.900,00 €) und dem sich zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit ergebenden Schadensersatzbetrages (= Kaufpreis abzüglich Nutzungsersatz) auszugehen ist.
Bei der Schätzung des zu verzinsenden Schadensersatzbetrages zum Eintritt der Rechtshängigkeit am 29.01.2019 geht der Senat von einer linearen Entwicklung aus. Von den insgesamt vom Kläger in der Zeit zwischen Erwerb und letzter mündlicher Verhandlung zurückgelegten 56.271 km sind danach bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit 43.596,96 km zurückgelegt worden, weitere 12.674 km in der Zeit vom 30.01.2019 bis zum 12.12.2019.
Für den Zeitpunkt 29.01.2019 ergäbe sich daher ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 12.323,41 €, somit ein zu verzinsender Mittelwert von 13.611,70 €.
i)
Vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit an hat die Beklagte den zu zahlenden Schadensersatz mit 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 286 Abs. 1 Satz 2 BGB).
2. Klageantrag zu 2.:
Der Feststellungsantrag ist teilweise zulässig und begründet.
a)
Der Feststellungsantrag ist zulässig, aber nicht in Bezug auf die Nennung eines konkreten Datums.
Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Annahmeverzugs, weil er dadurch in den Stand gesetzt wird, das Urteil hinsichtlich der von der Beklagten zu leistenden Zahlung des Kaufpreises zu vollstrecken, ohne seine eigene Leistung tatsächlich anbieten zu müssen (§§ 256, 756, 765 ZPO, vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1987 - VIII ZR 206/86 -, Rn. 21, juris).
Der Annahmeverzug ist aber - wie auch der Schuldnerverzug - lediglich eine gesetzlich definierte Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen, also lediglich eine Vorfrage für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen, selbst aber kein Rechtsverhältnis, das nach § 256 ZPO festgestellt werden könnte. Aus diesem Grund wird nur insoweit eine Ausnahme gemacht, als allein aus Gründen der Zweckmäßigkeit und vor dem Hintergrund eines schutzwürdigen Interesses des Klägers, den für die Vollstreckung nach §§ 756, 765 ZPO erforderlichen Nachweis des Annahmeverzugs bereits im Erkenntnisverfahren erbringen zu können, das Feststellungsinteresse bejaht (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98 -, juris, Rn. 22 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. November 2020 - 17 U 146/19 -, juris, Rn. 92; Zöller-Greger, ZPO, 33. Aufl., § 256 Rn. 5).
Hinsichtlich der Angabe eines konkreten Datums - hier der 13.12.2018 - hat der Kläger kein Interesse, da es für die Zwangsvollstreckung unerheblich ist. Im Übrigen wird ein solches Interesse vom Kläger selbst auch nicht dargelegt.
b)
Der Feststellungsantrag ist im zulässigen Umfang auch begründet.
Die Beklagte befindet sich mit der Annahme des im Tenor genannten Fahrzeugs in Verzug (§ 293 BGB). Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte bereits aufgrund des Schreibens des Klägers vom 07.Dezember 2018 (vgl. Anlage K12), mit der er die Rückabwicklung des Kaufvertrages geltend gemacht und die Herausgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises angeboten hat, in Annahmeverzug geraten ist. Hieran könnten nämlich Zweifel bestehen, da die Auffassung vertreten wird, dass eine Zuvielforderung des Schuldners nicht zum Annahmeverzug des Gläubigers führt (Palandt-Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 298 Rn. 2; OLG Karlsruhe, NJW 2008, 925 [OLG Karlsruhe 12.09.2007 - 7 U 169/06] (926)). Allerdings liegen die materiellen Voraussetzungen des Annahmeverzugs spätestens seit Zustellung der Klageschrift vor, §§ 293 ff. BGB. Das wörtliche Angebot des Klägers liegt in der auf Zug um Zug - Leistung gerichteten Klageerhebung (BGH, Urteil vom 15. November 1996 - V ZR 292/95 -, juris, Rn. 11). Der Kläger hat der Beklagten darin ein hinreichend konkretes, wörtliches Angebot zur Zahlung des Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs gemacht. Leistungsort für die Herausgabe ist nach § 296 Abs. 1 BGB der Wohnsitz des Klägers (vgl. auch OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2019 - 5 U 1318/18 -, beck-online, Rn. 93).
3. Klageantrag zu 3.:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, weil die Beauftragung der jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht erforderlich war (§ 249 Abs. 1 BGB). Der Senat versteht den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 05.10.2019, dort Seite 15, es gebe in der Kanzlei Hunderte von Mandanten, die nach Durchführung des Software-Updates über zugesetzte AGR klagten, auch dahingehend, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Vielzahl von (...)-Käufern gegenüber der Beklagten vertreten. Sie mussten daher wissen, dass die Beklagte außergerichtlich nicht leistungsbereit war, so dass eine über die Klagevorbereitung hinausgehende Tätigkeit wegen ersichtlicher Erfolglosigkeit nicht notwendig war. Entsprechend kann der Kläger auch nicht die geltend gemachten Zinsen auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangen.
4.
Die Revision war mit Blick auf die Vielzahl gleichartiger anhängiger Verfahren wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung und wegen der Divergenz zur ständigen Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte für diese Sachverhaltskonstellation auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
5.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Hinsichtlich § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist zur Feststellung der Unterliegensquoten ein fiktiver Gesamtstreitwert einschließlich der nicht streitwerterhöhenden Nebenforderungen (Zinsen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) zu bilden (BGH, Urteil vom 04. Juni 1992 - IX ZR 149/91 -, juris, Rn. 108; Zöller-Herget, ZPO, 33. Aufl., § 92 Rn. 3). Dabei hat der Senat für die Bildung des fiktiven Gesamtstreitwertes den vom Kläger hauptsächlich geltend gemachten Betrag in Höhe von 11.572,28 € (Kaufpreis abzüglich Nutzungsersatz) um die geltend gemachten Deliktszinsen (1.771,08 €) und die vorgerichtlichen Anwaltskosten (1.570,80 €) erhöht, so dass sich ein fiktiver Gesamtstreitwert in Höhe von 14.914,16 € ergibt. Auf diesen bezogen war der Kläger mit 11.572,28 € in der Hauptsache und in Höhe von 1.617,00 € bezüglich der Deliktszinsen erfolgreich, woraus sich die anteiligen Unterliegensquoten der Parteien ergeben. Die geltend gemachte Feststellung des Annahmeverzuges ist bei der Bildung des Gesamtstreitwertes nicht zu berücksichtigen, da insoweit kein eigenständiger wirtschaftlicher Wert anzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2017 - XI ZR 109/17 -, juris, Rn. 4; Zöller-Herget, ZPO, 33. Aufl., § 3 Rn. 16.15).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.