Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 30.01.2020, Az.: 12 W 63/19 (PS)
Änderung eines Eintrages in einem Geburtenbuch; Wirksamkeit einer Vaterschaftsanerkennung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 30.01.2020
- Aktenzeichen
- 12 W 63/19 (PS)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 14444
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Oldenburg (Oldb.) - 12.04.2019 - AZ: 93 III 152/18
Rechtsgrundlagen
- § 1595 BGB
- § 1597 Abs. 1 BGB
- § 27 Abs. 1 S. 1 PStG
- § 1594 Abs. 2 BGB
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 12.04.2019 geändert:
- 1.
Den Antragstellern wird für die Durchführung des Verfahrens für die erste Instanz Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Ihnen wird Rechtsanwalt DD, Ort1, zur Vertretung in diesem Verfahren beigeordnet.
- 2.
Das Standesamt Oldenburg wird angewiesen, dem Eintrag im Geburtenbuch des am TT.MM.2018 in Ort1 geborenen Kindes AA (Standesamt Oldenburg, Registernummer G .../2018) den Beteiligten zu 2) mit dem Namen (...) (Familienname) (...) (Vorname) als Vater des Kindes beizuschreiben. Der Eintrag ist mit dem Zusatz zu versehen, dass die Identität des Vaters nicht nachgewiesen ist.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten werden dem beteiligten Standesamt auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 5.000,- €.
Gründe
I.
Die Antragstellerin zu 1) hat am TT.MM.2018 in Ort1 einen Sohn mit dem Vornamen (...) geboren. Der Antragsteller zu 2) hat - noch unter Verwendung seines Aliasnamen - mit Urkunde vom 28.03.2018 gegenüber dem Jugendamt des Landkreises (...) die Vaterschaft für dieses Kind anerkannt (UR-Nr. .../2018, in der beigezogenen Standesamtsakte). Die Antragstellerin zu 1) hat dieser Vaterschaftsanerkennung zugestimmt. Die Antragsteller sind eigenen Angaben zufolge somalische Staatsangehörige. Über Identitätsnachweise verfügten beide zunächst nicht. Die Antragstellerin zu 1) ist anerkannter Flüchtling mit subsidiären Schutz und verfügt über einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Der Antragsteller zu 2) befindet sich in einem laufenden Asylverfahren, ihm ist der Aufenthalt nach § 55 Abs. 1 AsylG gestattet.
Im Geburtenregister des am TT.MM.2018 geborenen Kindes ist die Antragstellerin mit dem Zusatz "Identität nicht nachgewiesen" als Mutter eingetragen. Die Eintragung des Antragstellers zu 2) als Kindesvater hat das beteilige Standesamt mit Schreiben vom 14.11.2018 und vom 13.12.2018 abgelehnt. Die Antragstellerin zu 1) habe im Rahmen ihres Asylverfahrens angegeben, in Somalia mit einem Mann nach islamischen Recht verheiratet worden zu sein. Nachforschungen hätten ergeben, dass in Somalia Eheschließungen nach islamischen Recht wirksam seien. Von daher gäbe es Hinweise darauf, dass die Antragstellerin bereits mit einem anderen Mann verheiratet sei, was einer Vaterschaftsanerkennung entgegenstehe.
Die Antragsteller haben hierauf gegenüber dem Amtsgericht Oldenburg beantragt, das beteiligte Standesamt anzuweisen, den Beteiligten zu 2) als Vater in das Geburtenregister für das Kind AA einzutragen. Sie haben vorgetragen, dass die Antragstellerin zu 1) ledig sei.
Mit Beschluss vom 14.04.2019 hat das Amtsgericht den Antrag auf Anweisung des beteiligten Standesamtes, den Antragsteller zu 2) als Vater des Kindes beizuschreiben, abgelehnt und einen Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsteller zurückgewiesen. Vorliegend könne die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung nicht festgestellt werden, da in Betracht komme, dass der Anerkennung die Sperrwirkung nach § 1594 Abs. 2 BGB entgegenstehe, da die Kindesmutter bereits mit einem anderen Mann verheiratet sei, der damit Vater des von ihr geborenen Kindes wäre. Für einen derartigen Sachverhalt beständen vorliegend konkrete Anhaltspunkte, da die Antragstellerin im Rahmen ihrer Anhörung im Asylverfahren am 25.05.2017 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angegeben habe, in ihrem Heimatland mit einem Mann verheiratet worden zu sein. Die Eheschließung sei nach islamischen Recht im April 2016 erfolgt. Auch wenn nach den Angaben der Antragstellerin davon auszugehen sei, dass die Eheschließung gegen ihren Willen erfolgt sei, müsse zunächst von einer nach dem Heimatrecht der Beteiligten anzuerkennenden Ehe ausgegangen werden.
Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller zunächst Beschwerde erhoben, soweit darin ihr Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt worden ist. Mit Schriftsatz vom 20.05.2019 haben sie den Beschluss des Amtsgerichts auch in der Hauptsache angefochten. Sie sind der Ansicht, dass eine rein religiös geschlossene Ehe auch nach somalischem Recht unwirksam sei.
Der Senat hat die Beteiligte zu 1) angehört und die Ausländerakten betreffend beide Antragsteller beigezogen. Ferner lag der Verwaltungsvorgang des beteiligten Standesamtes vor. Der Beteiligte zu 2) hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens mit einer von der somalischen Botschaft in Berlin am 12.11.2018 ausgestellten und mit einem Lichtbild versehenen Geburtsurkunde eine Identitätsurkunde vorgelegt, die auf seinen jetzt geführten Namen lautet. Unter diesem Namen ist ihm von der Ausländerbehörde des Landkreises (...) auch eine Aufenthaltsgestattung ausgestellt worden, mit der er sich im Anhörungstermin gegenüber dem Senat ausgewiesen hat. Diese Bescheinigung enthält keinen einschränkenden Vermerk hinsichtlich des Nachweises der Identität des Inhabers.
II.
Soweit die Antragsteller die Zurückweisung ihres in erster Instanz gestellten Verfahrenskostenhilfeantrages angefochten haben, ist ihr Rechtsmittel nach § 51 Abs. 1 S. 1 PStG, § 76 Abs. 2 FamFG, §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als sofortige Beschwerde statthaft und zulässig. Die sofortige Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von ratenfreier Verfahrenskostenhilfe nach § 115 ZPO liegen vor. Die beabsichtigte Verfahrensführung der Antragsteller hatte, wie nachfolgende Ausführungen zeigen, auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und war nicht mutwillig i.S.v. § 114 ZPO.
III.
Die nach § 51 Abs. 1 S. 1 PStG, § 58 Abs. 1 FamFG in der Hauptsache statthafte Beschwerde der Antragsteller ist ebenfalls zulässig und begründet. Auf Grundlage der am 28.03.2018 beurkundeten Anerkennung ist der Antragsteller zu 2) als Vater des am TT.MM.2018 geborenen Sohnes der Antragstellerin zu 1) im Geburtenbuch einzutragen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 27 Abs. 1 S. 1 PStG. Hiernach ist eine nach der Geburt erfolgte Vaterschaftsanerkennung beim bereits abgeschlossenen Geburteneintrag zu beurkunden.
Die Vaterschaftsanerkennung ist formal wirksam. Die Antragstellerin zu 1) hat ihr als Mutter des Kindes gemäß § 1595 BGB zugestimmt. Anerkennung und Zustimmung sind auch nach § 1597 Abs. 1 BGB vor dem Jugendamt des Landkreises (...) öffentlich beurkundet worden. Zweifel an der formalen Wirksamkeit haben sich erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens ergeben, da der Antragsteller zu 2) nunmehr einen anderen Namen führt, als denjenigen, unter dem er die Vaterschaft anerkannt hat. Insoweit hat aber bereits die Urkunde des Jugendamtes festgehalten, dass die Identität des Anerkennenden nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Die Person des Erklärenden blieb jedoch durch die Vorlage der Aufenthaltsgestattung, bei der es sich gemäß § 64 AsylG um ein Ausweisersatzpapier handelt, identifizierbar. Nach Einsicht in die den Antragsteller zu 2) betreffenden Ausländerakte steht insoweit zur Überzeugung des Senats fest, dass es sich bei dem Anerkennenden um den Antragsteller handelt, der nunmehr den Namen führt, der sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde ergibt, welche die Botschaft Somalias in Berlin am 12.11.2018 ausgestellt hat. So folgt aus der Ausländerakte, dass dem Antragsteller die anlässlich der Beurkundung des Anerkenntnisses am 28.03.2018 vorgelegte Aufenthaltsgestattung vom Landkreis (...) am 31.01.2018 ausgestellt worden war. Die Namensführung des Antragstellers wurde auch im Ausländerverfahren erst nach Vorlage der Geburtsurkunde vom 12.11.2018 geändert. Seitdem werden dem Antragsteller Aufenthaltsgestattungen unter seiner jetzigen Namensführung ausgestellt, ohne dass diese noch die Einschränkung vermerken, dass die Identität des Inhabers ungeklärt sei. Mit dieser Gestattung, die dem Antragsteller ausweislich der beigezogenen Ausländerakte am 05.09.2019 ausgestellt worden war, hat sich dieser im Anhörungstermin vom 26.11.2019 vor dem Senat ausgewiesen.
Das Anerkenntnis ist auch materiell wirksam. Seiner Wirksamkeit steht insbesondere nicht die Sperrwirkung nach § 1594 Abs. 2 BGB entgegenstehen, wonach die Anerkennung solange als nicht wirksam zu behandeln ist, wie die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Tragfähige Anhaltspunkte für eine derartige verdrängende Vaterschaft eines anderen Mannes lassen sich vorliegend nicht feststellen.
Die Vaterschaft zu dem in Deutschland lebenden Kind beurteilt sich gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB dabei nach deutschem Recht. Hiernach besteht gemäß § 1592 BGB eine Vaterschaft des Mannes, mit dem die Kindesmutter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet ist. Bei Eintragung einer Vaterschaft aufgrund Anerkenntnisses muss daher grundsätzlich ausgeschlossen sein, dass die Kindesmutter zum Zeitpunkt der Geburt mit einem anderen Mann verheiratet war. Bestehen entsprechende Zweifel darf der Standesbeamte eine Eintragung des anerkennenden Vaters nicht vornehmen. Allein der Umstand, dass die Identität der Kindesmutter vorliegend nicht nachgewiesen ist, berechtigt allerdings noch nicht zu derartigen Zweifeln. Generell stellt sich hier das Problem des Negativbeweises. Selbst bei einem Deutschen, dessen Identität mit Urkunden nachgewiesen werden kann, ist nicht auszuschließen, dass er im Ausland eine wirksame Ehe eingegangen ist, die nicht zur Kenntnis deutscher Behörden gelangte (vgl. OLGR Hamm, 2006, 689, zit. aus juris RN 23). Noch weniger vermag eine Person mit einer Herkunft aus Ländern, die über ein weniger gut funktionierendes Personenstandswesen verfügen, einen derartigen Negativbeweis zu führen. Dies gilt selbst dann, wenn die Identität dieser Person im Übrigen nachgewiesen wäre. Allein der fehlende Identitätsnachweis ist daher nicht ausreichend, die Rechtswirksamkeit einer den sonstigen Erfordernissen genügenden Vaterschaftsanerkennung anzuzweifeln und mit dieser Begründung dem Kind die abstammungsrechtliche Zuordnung zum Anerkennenden vorzuenthalten. Die Sperrwirkung des § 1594 Abs. 2 BGB soll verhindern, dass das Kind - und sei es auch nur vorübergehend - zwei Väter im Rechtssinne hat. Ohne konkrete Kenntnisse, dass ein solcher Fall vorliegt, geht es aber nicht an, die Frage der Rechtswirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung als ungeklärt zu behandeln und im Geburtenbuch - womöglich auf Dauer - einen Zustand zu dokumentieren, wonach das Kind im Rechtssinne überhaupt keinen Vater hat (vgl. OLG München StAZ 2005, 360 [OLG München 19.10.2005 - 31 Wx 53/05], zit. aus juris RN 11; OLG Hamm, a.a.O., RN 23; OLG Karlsruhe StAZ 2014, 210, zit. aus juris RN 21ff; Berkl, Personenstandsrecht, RN 492; Gaaz in Gaaz/Bornhofen, PStG (4. Aufl.) § 21 RN 59).
Anderes gilt jedoch, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Kindesmutter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet war (vgl. OLG München, FGPrax 2008, 208 [OLG München 23.07.2008 - 31 Wx 37/08], zit. aus juris RN 13ff; OLG Hamm, a.a.O., RN 24ff; Berkl, a.a.O.). Entsprechende Zweifel sind etwa berechtigt, wenn konkrete Umstände das bewusste Verschweigen einer zum Zeitpunkt der Geburt bestehenden Ehe möglich erscheinen lassen (OLG München, a.a.O., RN 13), etwa weil das Vaterschaftsanerkenntnis (insbesondere durch einen deutschen Staatsangehörigen) der wesentliche Anknüpfungspunkt für den aufenthaltsrechtlichen Status der Kindesmutter ist (OLG Hamm, a.a.O., RN 27), oder weil der Antragsteller ihm mögliche und zumutbare Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität der Kindesmutter unterlässt (vgl. VG Köln StAZ 2017, 183, zit. aus juris RN 52).
Vorliegend bestand sicherlich Anlass, an der Ledigkeit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt zu zweifeln. Insoweit weisen Standesamt und Amtsgericht zutreffend darauf hin, dass die Kindesmutter selber im Rahmen ihrer Anhörung im Asylverfahren erklärt hat, in ihrem Heimatland mit einem älteren Mann verheiratet worden zu sein, und dass sie diese Ehe als wesentlichen Fluchtgrund angegeben hat. Diese Zweifel allein berechtigen jedoch nicht dazu, die von den Antragstellern begehrte Eintragung zu versagen. Im Rahmen der dem Standesbeamten auferlegten Aufklärungspflicht gegeben sie vielmehr Anlass zu Ermittlungsmaßnahmen, ob diese Zweifel ausgeräumt werden können (vgl. OLG München, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O., RN 24). Naheliegende - und damit gebotene - Ermittlungsmaßnahmen sind in diesem Zusammenhang die persönliche Anhörung der Betroffenen sowie die Beiziehung von Anhörungsprotokollen aus dem ausländerrechtlichen Verfahren (OLG Hamm a.a.O., RN 28). Vorliegend ist eine persönliche Anhörung der Betroffenen vollständig unterblieben; der ausländerrechtliche Verwaltungsvorgang ist zwar beigezogen worden, aber nur selektiv berücksichtigt worden. So hat die Antragstellerin im Rahmen ihrer Anhörung im Asylverfahren nicht nur angegeben, mit einem anderen Mann in ihrer Heimat verheiratet worden zu sein, sondern - gestützt auf die Aussage eines islamischen Rechtsgelehrten - auch erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit dieser Eheschließung geäußert. Die Frage der Wirksamkeit der Eheschließung - auch nach ausländischem Recht - ist aber eine Rechtsfrage, welche das Standesamt bzw. das Gericht im Verfahren nach § 49 Abs. 1 PStG zu prüfen haben.
Dabei lassen schon die von der Antragstellerin im Rahmen ihrer Anhörung im Asylverfahren geschilderten Umstände ihrer angeblichen Eheschließung an deren Rechtswirksamkeit zweifeln. So hatte die Antragstellerin bereits im Asylverfahren ausgeführt, dass ihr Onkel sie nach vorangegangenem Streit in der Familie über die von ihm gewünschte Heirat mit einem älteren Mann eines morgens aufgefordert habe, ihre Sachen zu packen. Er habe sie zu dem Haus des Mannes gebracht und dort erklärt, sie solle von heute an bei diesem Mann bleiben. Sie sei jetzt dessen Frau. Das gleiche habe auch der Mann zu ihr gesagt, der sie daraufhin am Fuß gefesselt und in ein Zimmer eingesperrt habe. Auf Grundlage dieser Aussage ist nicht erkennbar, wie eine wirksame Eheschließung erfolgt sein soll. So wird die Ehe nach islamischen Recht typischerweise mittels eines Vertrages geschlossen, bei dem die wechselseitigen Erklärungen vor zwei Zeugen abgegeben werden (vgl. Rohe, StAZ 2006, 93 (95)).
Zur Aufklärung dieser Frage, hat der Senat die Antragstellerin zu 1) angehört. Diese erklärte erneut, dass die Verheiratung in ihrem Heimatland gegen ihren Willen erfolgt und von ihrem Onkel betrieben worden sei. Dabei stellte die Antragstellerin klar, dass es sich bei dem Onkel tatsächlich nicht um einen Bruder eines Elternteils ihrerseits handele, sondern um den zweiten Ehemann ihrer Mutter, mithin um ihren Stiefvater. Dieser werde in ihrem Heimatland aus Respekt aber ebenfalls als Onkel bezeichnet. Erneut führte sie aus, dass dieser Onkel sie im April 2016 zu dem Mann gebracht und erklärt habe, dass dieser nun ihr Mann sei und sie nicht wiederzukommen brauche. Auch der Mann habe erklärt, dass sie jetzt seine Frau sei und ihm gehöre. Dieser habe sie in seinem Haus eingeschlossen. Erst nach drei Monaten sei es ihr gelungen zu fliehen. Sie habe dann mit der Unterstützung ihrer Mutter und insbesondere der finanziellen Hilfe ihrer Tante, die in ihrem Heimatland ein Geschäft mit dem Verkauf von Lebensmittel und Kleidung betreibe, zunächst nach Äthiopien fliehen können, wo sie für eine Familie gearbeitet habe. Dort habe sie andere Somalier kennengelernt, mit denen sie schließlich weiter nach Europa gereist sei. Auf die Frage, unter welchen Umständen in ihrem Falle überhaupt eine Trauung stattgefunden habe, erklärte die Antragstellerin, dass sie selber an einer Vermählung nicht teilgenommen habe. Ihres Wissens habe ihr Onkel die notwendige Erklärung vor zwei Zeugen abgegeben. Sie selber sei hierbei aber nicht anwesend gewesen und könne auch nicht sagen, wann genau die Vermählung mit dem Mann vereinbart worden sei.
In Anbetracht dieser von der Antragstellerin geschilderten Umstände, an deren Richtigkeit der Senat keinen Anlass hat zu zweifeln, ist keine wirksame Ehe zwischen der Antragstellerin und ihrem angeblichen Ehegatten zustande gekommen. Dabei bedarf es keiner Aufklärung, ob diese Vermählung, die der Stiefvater der Antragstellerin als ihr Vormund bzw. Stellvertreter geschlossen hätte, nach dem Heimatrecht der Antragstellerin als wirksam angesehen wird. Die Annahme einer wirksamen Eheschließung, bei der die Erklärung der Braut gegen ihren Willen durch eine Erklärung eines Stellvertreters bzw. Vormundes ersetzt wird, verstößt eklatant gegen fundamentale Grundsätze des deutschen Rechts und damit gegen deutschen ordre public. Eine etwaige Rechtsnorm ihres Heimatlandes, welche eine wirksame Eheschließung der Antragstellerin auch unter diesen Umständen bejahen würde, wäre daher nach Art. 6 EGBGB nicht anzuwenden. Eine derartige Stellvertretung "im Willen", bei der einer dritten Person die Entscheidung über das "Ob" der Eheschließung und die Auswahl des Ehepartners überlassen bleibt, verstößt gegen die Menschenwürde sowie die Grundrechte auf Eheschließungsfreiheit und auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Sie ist nach wohl einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur als zweiseitiges Ehehindernis aufzufassen, welches ohne weiteres zur Nichtehe führt, und deutlich abzugrenzen von der so genannten "Handschuhehe". Letztere ist lediglich eine besondere Form der Botenschaft, bei der eine Mittelsperson die vom Vertretenen vorgegebene Konsenserklärung vor dem Trauungsorgan abzugeben hat, ohne eigene Entscheidungsfreiheit über die Partnerwahl. Die Zulässigkeit einer derartigen Stellvertretung "in der Erklärung", ist eine Frage der im Rahmen einer Eheschließung einzuhaltenden Form, die sich gemäß Art. 11 Abs. 1 EGBGB nach dem Heimatrecht der Verlobten bzw. dem Recht des Staates beurteilt, in dem die Eheschließung vorgenommen wird (vgl. BayObLGZ 2000, 335, hier zit. aus juris RN 9; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2011, 725, juris RN 7; KG Berlin, KG-Report 2004, 326 (327), LG Kassel, StAZ 1990, 169 (171); MüKo/v.Hein, EGBGB (7. Aufl.) Art. 6 RN 258; Rohe, StAZ 2006, 93 (97f)); Staudinger/Voltz, EGBGB (2013) Art. 6, RN 173).
Demgegenüber hat vorliegend allein der Stiefvater der Antragstellerin die Entscheidung zur Eheschließung getroffen und dabei gegen ihren Willen einen Ehepartner für sie ausgewählt. Die dermaßen unter Zwang zustande gekommene Verbindung ist keine Ehe i.S. deutscher Rechtsnormen. Diese Nichtehe kann keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB vermitteln (vgl. Staudinger/Rauscher, BGB (2011) § 1592 RN 27). Sie hat daher auch auf die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung des Antragstellers zu 2) keinen Einfluss. Eine verdrängende Vaterschaft i.S.v. § 1594 Abs. 2 BGB besteht nicht.
Der Antragsteller zu 2) ist daher dem Geburteneintrag des von der Antragstellerin zu 1) am TT.MM.2018 geborenen Sohnes beizuschreiben. Einzutragen ist er mit seinem jetzt geführten Namen, da aufgrund der vorgelegten Geburtsurkunde eine höhere Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass es sich bei diesem Namen um seine tatsächliche Identität handelt. Gleichwohl ist aus Sicht des Senats die Identität des Antragstellers zu 2) weiterhin nicht zweifelsfrei geklärt, so dass es der Eintragung eines entsprechenden Zusatzes bedarf. Weder die vorgelegte Geburtsurkunde, noch die nunmehr ohne Zweifelszusatz vom Landkreis (...) ausgestellten Aufenthaltsgestattungen vermögen den nach § 9 PStG erforderlichen Identitätsnachweis zu führen. Ein förmliches Überprüfungsverfahren für somalische Urkunden besteht derzeit nicht. Auch Dokumente und Bestätigungen der somalischen Botschaft können von dieser in der Regel nur auf Grundlage der Angaben der Antragsteller ausgestellt werden. Sie allein reichen daher zur Klärung der Identität der Beteiligten nicht aus (vgl. VGH München, Beschl. v. 04.12.2018, Az. 5 C 18.2372, juris RN 10; Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zur rechtlichen Lage von somalischen Staatsbürgern in Deutschland, BT-Drs. 19/4022 vom 27.08.2018, Seite 3).
Gleiches gilt im Hinblick auf den Umstand, dass dem Antragsteller nunmehr Aufenthaltsgestattungen auf seinen neuen Namen ausgestellt werden, die keinen Zweifelszusatz mehr enthalten. Derartige Ausweisersatzpapiere haben im Personenstandsverfahren bzw. im entsprechenden Gerichtsverfahren keine Bindungswirkung und befreien das Standesamt bzw. das Gericht nicht von einer eigenen Prüfung der Identität des Beteiligten (BGH, MDR 2017, 823 [BGH 17.05.2017 - XII ZB 126/15], zit. aus juris, RN 23). Insoweit ist aber nach Einsicht in die Ausländerakte festzustellen, dass dem Landkreis auch keine weitergehenden Erkenntnisse über die Identität des Antragstellers zur Verfügung standen und die Ausländerbehörde lediglich auf Grundlage der vorgelegten Geburtsurkunde der somalischen Botschaft dazu übergegangen ist, die neuen Bescheinigungen nach § 63 AsylG ohne den möglichen Zweifelszusatz auszustellen. Wie ausgeführt, ist diese Geburtsurkunde jedoch nicht geeignet, einen hinreichenden Nachweis über die Identität des Antragstellers zu führen.
Letztlich hat der Antragsteller über Jahre im Asylverfahren einen anderen Namen geführt. Zudem ergeben sich aus der Ausländerakte Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller vor seiner Einreise nach Deutschland unter Verwendung einer dritten Aliasidentität ein Asylverfahren in Italien betrieben hat. In Anbetracht dieser Umstände vermag der Senat nicht mit der im Personenstandsrecht erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass es sich bei dem jetzt von dem Antragsteller geführten Namen um seine wahre Identität handelt, auch wenn diese von seiner Heimatbotschaft durch Ausstellung einer entsprechenden Geburtsurkunde bestätigt worden ist.
IV.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 51 Abs. 1 S. 2 PStG und § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG, § 51 Abs. 1 S. 1 PStG. Da das Standesamt den Beischreibungsantrag abgelehnt und damit Anlass für das gerichtliche Verfahren gesetzt hat, dem es selber beigetreten ist, sind ihm die angefallenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (vgl. Bornhofen in Gaaz/Bornhofen, PStG (4. Aufl.) § 51 RN 29). Gerichtskosten hat das beteiligte Standesamt dagegen nicht zu tragen.
Die Wertfestsetzung ergeht nach §§ 61, 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.