Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 30.04.2008, Az.: 1 B 11/08

Beamter; PNU; Post; Postbeamter; Postnachfolgeunternehmen; Telekom; Telekombeamter; Umsetzung; Versetzung; vorübergehende Zuweisung; Zustimmung; Zustimmungserfordernis; Zuweisung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
30.04.2008
Aktenzeichen
1 B 11/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 55085
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die vorübergehende Zuweisung bedarf der Zustimmung des betroffenen Beamten.

Tenor:

1. Der aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Zuweisungsverfügung vom 28. März 2008 wird wiederhergestellt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Bundesbeamter auf Lebenszeit und bei der Dt. Telekom AG als Beamter - Techn. Fernmeldehauptsekretär (A 8) - mit einer Wochenarbeitszeit von 38 Std. tätig, u.zw. als Angehöriger des Zentralen Betriebes Vivento. Anfang des Jahres 2008 wurde er wegen einer geplanten Zuweisung zum Call-Center Agent / Service Center bei der VCS GmbH Uelzen angehört. Er lehnte diese Zuweisung ab.

2

Durch Bescheid vom 28. März 2008 wurde dem Antragsteller daraufhin - unter dem Vorbehalt des Widerrufs - mit Zustimmung der Betriebsräte die Tätigkeit eines Service-Center-Agenten in der Vivento Customer Services GmbH (VCS) mit einer Wochenarbeitszeit von 38 Std. für den Zeitraum 1. April 2008 bis 30. Juni 2008 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zugewiesen. Im Bescheid wurden die von ihm wahrzunehmenden Aufgaben beschrieben, dabei unterstrichen, dass seine Rechtsstellung als Beamter unberührt bleibe und die zugewiesene Tätigkeit seinem Amt und seiner Laufbahnbefähigung entspreche. Die mit der Zuweisung verbundenen Anfahrten nach Uelzen seien für ihn zumutbar. Die Möglichkeit alternierender Telearbeit bestehe allerdings nicht.

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Mit Schreiben vom 31. März 2008 legte der Antragsteller gegen diese Zuweisung Widerspruch ein und beantragte, deren sofortigen Vollzug auszusetzen. Zur Begründung führte er an, es mangele an einer hinreichend bestimmten Bezeichnung der ihm zugewiesenen Tätigkeit, die nicht seinem Amt entspreche. Zudem sei kein dringendes betriebliches Interesse der Dt. Telekom AG an der Zuweisung erkennbar. Ihm sei die Zuweisung auch nicht zumutbar, da die Anfahrtswege zu lang seien. Zudem könne er die Tätigkeit von seinem Heimarbeitsplatz aus wahrnehmen. Insgesamt verstoße die Antragsgegnerin mit der Maßnahme gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.

4

Am 31. März 2008 hat der Antragsteller um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht und hierzu vorgetragen, die Begründung der sofortigen Vollziehung entspreche nicht § 80 Abs. 3 VwGO, zumal es sich um eine Zuweisung zu einem privaten Unternehmen handele, das sich seine Arbeitskräfte grundsätzlich am freien Arbeitsmarkt suchen müsse. Im Übrigen gebe es nur ausnahmsweise Zugverbindungen nach Uelzen unter einer Dauer von 2 Stunden. Unter Einbeziehung der Wegezeiten werde er täglich rd. 4 1/2 Stunden - meist länger - unterwegs sein, was seiner täglichen Arbeitszeit entspreche. Die Tätigkeit sei ohne Ausbildung und Berufserfahrung auszuüben, was zeige, dass sie nicht den oberen Ämtern des mittleren Dienstes entspreche. Aus der Personalpostenbewertung ergebe sich, dass der Auskunftsplatz Inland mit A 4 / A 5 bewertet und andere Plätze mit A 5 / A 6 eingestuft worden seien. Seiner Besoldungsstufe A 8 entspreche die Teamleitertätigkeit, für die er aber nicht vorgesehen sei. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG lägen nicht vor. Seine vorgesehene Tätigkeit sei nicht hinreichend bestimmt beschrieben worden und entspreche nicht seinem Amt, was aber bei der Zuweisung zu einem Tochterunternehmen zwingend vorgeschrieben sei, wie ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der §§ 4 Abs. 4 und 6 PostPersRG zeige. Es fehle auch an dringenden betrieblichen Gründen für die Zuweisung und an solchen Gründen, die beamtenrechtlich tragfähig seien. Die Maßnahme sei für ihn nicht zumutbar. Der Antragsteller beantragt,

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die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 31. März 2008 gegen den Zuweisungsbescheid vom 28. März 2008 wieder herzustellen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ordnungsgemäß begründet worden und auch in der Sache tragfähig. Denn der Zuweisungsbescheid basiere auf § 4 Abs. 4 PostPersRG und sei rechtmäßig. Die nur vorübergehende Zuweisung einer Tätigkeit bei einem Unternehmen iSv § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG, wie das hier bei der 100%igen Tochter VCS der Dt. Telekom AG der Fall sei, sei auch ohne Zustimmung des betroffenen Beamten zulässig. Die zugewiesenen Tätigkeiten seien zumutbar und auch amtsangemessen. Die Fahrtzeiten bewegten sich innerhalb der sozialpartnerschaftlich vereinbarten Gesamtwegezeit von 4 Stunden und damit innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen, die in der GBV Ratioschutz festgelegt worden seien. Die im betriebsärztlichen Gutachten dargelegten gesundheitlichen Einschränkungen würden von der VCS GmbH in vollem Umfange berücksichtigt, was bedeute, dass die Bildschirmtätigkeit für den Antragsteller bis zu 4 Std. über den Tag verteilt würden. Ein Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sei gewährleistet, ergonomische Büromöbel stünden zur Verfügung. Im Rahmen der Ermessenentscheidung seien die beteiligten Belange miteinander abgewogen worden, wobei auch die Organisationsbefugnis des Dienstherrn berücksichtigt worden sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, den Inhalt der Gerichtsakte im Übrigen sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

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Der zulässige Antrag ist begründet.

11

1. Der Antrag ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO zulässig.

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Denn bei dem neuen beamtenrechtlichen Institut der vorübergehenden Zuweisung einer Tätigkeit (§ 123 a BRRG, § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG) handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt (Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 5. Aufl., Rdn. 135 ff.; Kotulla, ZBR 1995, 168 ff. / 171 und 365 m.w.N.), so dass Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren ist (so auch VG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 24.04.2008 - 16 B 9/08 - ; unzutreffend VG Hamburg, Beschl. v. 14. 04.2008 - 8 E 830/08 - , das den Antrag in einen solchen gem. § 123 VwGO umdeutet). Durch die Zuweisung wird gerade dann, wenn sie ohne Zustimmung des betroffenen Beamten erfolgt, eine Regelung gem. § 35 VwVfG getroffen, die nicht mehr nur als innerorganisatorische Maßnahme gewertet werden kann. Sie ist vielmehr eine abordnungsähnliche Beurlaubung mit belastendem Charakter und verpflichtet zu einer Tätigkeit bei nicht behördlichen, nicht dienstherrnfähigen Einrichtungen (Kotulla, aaO. m.w.N.).

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Ein Widerspruch gegen diese Maßnahme hat somit grundsätzlich aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 VwGO, da § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG nur die Fälle der Abordnung und Versetzung erfasst, nicht aber das hier in Rede stehende Rechtsinstitut der Zuweisung. § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG ist weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.07.2006 - 1 B 751/06 - juris), u.zw. auch nicht über § 2 Abs. 3 PostPersRG. Somit kommt hier das Regel-Ausnahmeverhältnis des § 80 VwGO zur Anwendung. Hiervon ist zu Recht auch die Antragsgegnerin ausgegangen.

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2. Der Antrag ist begründet.

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Die von der Kammer vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt zu Gunsten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt nicht das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben. Dabei geht die Kammer davon aus, dass die angefochtene Zuweisungsverfügung in einem Verfahren der Hauptsache sich nicht ohne weiteres als rechtmäßig darstellen würde.

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Die Beteiligten haben in erster Linie die Rechtmäßigkeit der Zuweisungsbescheides - des Grundverwaltungsaktes - diskutiert und weniger dessen sofortige Vollziehbarkeit, um die es jedoch im vorliegenden Verfahren zunächst einmal allein geht. Selbst dann, wenn die Zuweisungsverfügung sich im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig darstellen sollte, wäre damit noch nicht belegt, dass sie auch sofort vollziehbar wäre. Gegenstand des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens ist nicht die Überprüfung irgendeiner Rechtmäßigkeit - weder des Grundverwaltungsaktes noch der behördlichen Vollzugsanordnung -, sondern die davon losgelöste Frage, ob dem Suspensiveffekt mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG im Einzelfall Geltung zu verschaffen ist (Finkelnburg/Jank, NJW-Schriften 12, 4. Aufl., Rdn. 855 m.w.N.). Hierfür bedarf es stets eines besonderen Vollzugsinteresses, welches nach gerichtlicher Einschätzung den gesetzlich vorgesehenen Suspensiveffekt (§ 80 Abs. 1 VwGO) nach Gewicht und vorläufigen Folgen überwindet. Dieses Interesse deckt sich nicht mit der Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Verwaltungsaktes, sondern stellt ein überschießendes, qualitativ anderes Interesse dar (so zutreffend VG Schleswig-Holstein, aaO.). Auch bei aussichtslosen Rechtsbehelfen kann daher das Suspensivinteresse im Einzelfall überwiegen. Da die Zuweisung bereits am 30. Juni 2008 endet, bis dahin ohnehin keine Entscheidung in der Hauptsache mehr ergehen wird, hat die vorliegende Entscheidung zudem mehr endgültigen Charakter, was bei der Folgenabwägung mit Blick auf die gen. Regel des § 80 Abs. 1 VwGO entsprechend zu berücksichtigen ist.

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Die aufschiebende Wirkung ist hier wiederherzustellen, da der Zuweisungsbescheid rechtswidrig sein dürfte und ein Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin fehlt.

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2.1 Die Anforderungen, die § 4 Abs. 4 PostPersRG an die vorübergehende Zuweisung stellt, sind nicht erfüllt. Zunächst fehlt es an der Zustimmung des Antragstellers, die für eine nur vorübergehende Zuweisung nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 Satz 1 Post-PersRG und in Übereinstimmung mit § 123 a Abs. 1 BRRG stets erforderlich ist. Insoweit ist eine Mitbestimmung des Personalrats zum Schutze des Beamten nicht geboten, § 76 Abs. 1 Nr. 5 a) BPersVG, da die nur vorübergehende Zuweisung über einen Zeitraum von lediglich 3 Monaten von seiner eigenen Zustimmung abhängig ist. Erst bei länger andauernden Zuweisungen iSv § 123 a BRRG, die über 3 Monate hinausgehen, greift dann das Mitbestimmungserfordernis des § 76 Abs. 1 Nr. 5 a BPersVG ein, das den Beamten anstelle seiner eigenen Zustimmung schützen soll. Diese zeitliche Komponente kann bei § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG nicht außer Betracht gelassen werden, der in diesem (zeitlich gebundenen) Spannungsverhältnis allein die "dauerhafte" Zuweisung einer amtsentsprechenden Tätigkeit ohne Zustimmung des betroffenen Beamten regelt - was allerdings mit § 123 a Abs. 2 BRRG nicht ohne weiteres übereinstimmt, da hier nur im Falle der Umwandlung einer Dienststelle die Zustimmung des Beamten entbehrlich ist. Eine nicht mehr nur vorübergehende Zuweisung, also eine länger andauernde oder gar "dauerhafte" Zuweisung ist nach § 123 a BRRG gar nicht vorgesehen. Die Zuweisung einer vorübergehenden Tätigkeit ist daher gem. § 123 a Abs. 1 BRRG stets von einer Zustimmung des betroffenen Beamten abhängig, solange noch davon gesprochen werden kann, es sei nur eine zeitlich begrenzte Tätigkeit.

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Vor Einführung des § 123 a Abs. 2 BRRG sollten denkbare Belastungen für den betroffenen Beamten durch eine Tätigkeit unter der arbeitsrechtlichen Privatrechtsordnung außerhalb des Geltungsbereichs des BRRG nur mit der Zustimmung des Beamten zulässig sein (§ 123 a Abs. 1 BRRG). Eine Zuweisung ohne solche Zustimmung sollte nur im Falle einer Umwandlung der Dienststelle möglich sein (§ 123 a Abs. 2 BRRG) oder aber bei "dauerhafter" Tätigkeit in Mehrheitsunternehmen (§ 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG). Denn der Zweck der Zuweisung liegt in der Absicht, der umgewandelten bzw. privatisierten Einrichtung mit dem Beamten eine qualifizierte Arbeitskraft weiterhin zur Verfügung zu stellen und so die Fortführung der vormals öffentlichen Tätigkeiten zu gewährleisten.

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Vgl. dazu die Begründung zu § 4 Abs. 4 des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Postpersonalrechtsgesetzes (Bundesratsdrucksache 432/04, S. 10):

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„Mit dieser Vorschrift, die an § 123 a BRRG angelehnt ist, wird ein Instrument geschaffen, das es den Post-AGn ermöglicht, die im Zusammenhang mit ihrer Konzernbildung sich ergebenden personalwirtschaftlichen Probleme zu lösen. Die Gründung und der Erwerb von Tochter-, Enkel- und Beteiligungsgesellschaften und die damit einhergehende Verschlankung der Muttergesellschaft machen es zwingend erforderlich, die personelle Flexibilität der Post-AGn zu erhöhen. Insbesondere bei Beteiligungsgesellschaften im unmittelbaren oder mittelbaren Allein- oder Mehrheitseigentum der Post-AGn können Beamtinnen und Beamte dort ohne ihre Zustimmung auf Dauer im Beamtenverhältnis weiter beschäftigt werden, allerdings nur, wenn die Zuweisung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar ist. Der Begriff der Zumutbarkeit ist durch Rationalisierungsschutzbestimmungen konkretisierbar."

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Demgemäß ist die Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG einschränkend und wortgetreu auf tatsächlich "dauerhafte" Zuweisungen - im Falle nämlich von Umwandlungen iSv § 123 a Abs. 2 BRRG, die dauerhafter Natur sein dürften - einzugrenzen. Alles andere ließe sich mit den verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen und mit ihrem Sinn und Zweck nicht vereinbaren.

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Es geht daher nicht an, entgegen dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG und vor allem entgegen § 123 a BRRG, u.zw. sowohl dessen Abs. 1 als auch dessen Abs. 2, eine nur vorübergehende Zuweisung zu Unternehmen, deren Anteile ganz oder mehrheitlich der Aktiengesellschaft gehören, bei der der Beamte beschäftigt ist, ohne Zustimmung des betroffenen Beamten zuzulassen. Damit würde § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG entgegen § 123 a BRRG und dem dargelegten zeitlichen Aspekt ("vorübergehend") unter Bezug allein auf Unternehmensanteile ausgedehnt und erweitert, u.zw. zu Lasten des Beamten. Das ist bei einer Gesamtbetrachtung der Bestimmungen nicht Sinn und Zweck der Vorschriften.

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An der nach allem erforderlichen Zustimmung des Antragstellers fehlt es hier jedoch.

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2.2 Weiterhin ist nicht erkennbar, dass die dem Antragsteller gem. § 4 Abs. 4 S. 2 und 3 PostPersRG zugewiesenen Tätigkeiten eines Service-Center-Agenten amtsentsprechend und -angemessen sind. Zwar kann von jedem Beamten erwartet werden, dass er sich kurzfristig in neue Aufgabengebiete einarbeitet - zumal dann, wenn eine Einarbeitung vor Ort angeboten wird. Es kann von ihm also eine entsprechende "Flexibilität" erwartet werden. Jedoch hat sich diese Flexibilität stets im Rahmen seines ihm abstrakt-funktionell verliehenen Amtes zu bewegen. Er ist nicht gezwungen, unterwertige Beschäftigungen zu akzeptieren. Das gilt ganz besonders bei der Zuweisung zu einem Tochter- oder Mehrheitsunternehmen, wie § 4 Abs. 4 Satz 2 mit Betonung der "dem Amt entsprechenden Tätigkeit" deutlich aufzeigt.

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Bei dem anzustellenden Vergleich von Amtstätigkeit und der aufgetragenen Tätigkeit im privatisierten Tochterunternehmen kommt es entscheidend darauf an, dass die zugewiesene Tätigkeit im Falle ihrer Ausübung im Geltungsbereich des BRRG auch amtsangemessen wäre. Vgl. dazu das Urteil des BVerwG v. 22.6.2006 - 2 C 26/05 - :

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"Bei jeder sachlich begründbaren Änderung der dem Beamten übertragenen Funktionsämter muss ihm jedoch stets ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleiben (Urteile vom 22. Mai 1980 a.a.O. S. 151, vom 28. November 1991 a.a.O. und vom 1. Juni 1995 - BVerwG 2 C 20.94 - BVerwGE 98, 334 <338>). Ohne seine Zustimmung darf dem Beamten diese Beschäftigung weder entzogen, noch darf er auf Dauer unterwertig beschäftigt werden (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 a.a.O.;BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1991 a.a.O. S. 315). Insbesondere darf er nicht aus dem Dienst gedrängt und nicht dadurch, dass ihm Pseudobeschäftigungen zugewiesen werden, zur Untätigkeit in perspektivlosem Zuwarten genötigt werden (Urteil vom 7. September 2004 - BVerwG 1 D 20.03 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 28 S. 28)."

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Eine solche amtsangemessene Tätigkeit ist in Uelzen - soweit übersehbar - nicht gegeben, da der Dienstposten bzw. Arbeitsplatz dort nicht beamtenrechtlich nach Grundsätzen einer Dienstpostenbewertung bewertet ist, es sich vielmehr um einen Platz bei einer privatrechtlichen GmbH mit "internem Bewertungsgefüge" (S. 5 d. Schr. v. 10.4.2008) handelt, der nicht einem Dienstposten nach A 8 eindeutig zugeordnet ist. Zum Nachweis einer amtsangemessenen Beschäftigung des Antragstellers ist das vorgelegte Übersichtsblatt mit einer "Bewertung der Funktionen" nicht geeignet, da es nicht erkennen lässt, in welchem Verfahren, auf welcher tatsächlichen Grundlage und vor allem nach welchen Bewertungsmaßstäben hier eine Bewertung vorgenommen worden ist. Eine sachkundige Begründung für die vorgenommenen Bewertungen wird nicht gegeben. Es ist zudem bedenklich, wenn nach diesen (zweifelhaften) Bewertungen Beschäftigungsstellen einerseits nur für die Besoldungsgruppen A 8 bis A 10 und andererseits nur für die Besoldungsgruppen A 5 bis A 6 vorhanden sind (von einem Spezialarbeitsplatz abgesehen, der mit A 7 / A 8 bewertet ist). Die Tätigkeiten bei der VCS GmbH werden insgesamt als Call-Center-Leistungen beschrieben, für die kein spezielles Ausbildungsniveau und keine Berufserfahrung erforderlich seien; lediglich Kommunikationsfähigkeit, Ausdrucksvermögen und eine "Telefonstimme" werden erwartet. Nach der Personalpostenbewertung der Antragsgegnerin werden die Besoldungsstufen A 8 bis A 10 ausschließlich von Teamleiter- und Referenten-Tätigkeiten erreicht und ausgefüllt, für die der Antragsteller jedoch nicht vorgesehen ist. Daraus ergibt sich, dass der Antragsteller offenkundig gezwungen wäre, eine unterwertige Beschäftigung bei der VCS hinzunehmen. Das jedoch schließt der klare Wortlaut des § 4 Abs. 4 S. 2 Post-PersRG ("Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit") eindeutig aus.

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2.3 Das in § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG für eine Zuweisung vorausgesetzte dringende Interesse betrieblicher oder personalwirtschaftlicher Art ist von der Antragsgegnerin nicht belegt worden: Insoweit hat sie sich zwar auf ein "betriebswirtschaftliches", nicht aber betriebliches, und auch ein personalwirtschaftliches Interesse bezogen, hierbei auch die Wohnortnähe und ein Tätigkeitsprofil betont, aber zur Dringlichkeit keine Ausführungen gemacht. Von einer Wohnortnähe kann jedoch angesichts der hier von den Beteiligten diskutierten Entfernung (Wedel / Uelzen) keine Rede mehr sein und das Tätigkeitsprofil des Antragstellers ist nicht näher beschrieben worden. Die gesteigerte Dringlichkeit schließlich ist von ihr nicht belegt worden.

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2.4 Rechtliche Zweifel an der Zuweisungsverfügung bestehen auch deshalb, weil die insoweit getroffene Ermessensentscheidung (§ 123 a Abs. 1 wie Abs. 2 BRRG: "kann") sich an den Kriterien der Notwendigkeit, Erforderlichkeit und Angemessenheit sowie schließlich auch am Grundsatz der Fürsorge (§ 79 BBG) messen lassen muss. Das gilt in besonderem Maße für Zuweisungsentscheidungen, die ohne Zustimmung des Beamten oder gar gegen dessen Willen getroffen werden.

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Bei der Dt. Telekom AG arbeiten nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragstellers eine Vielzahl der Agenten zu Hause auf einem Heimarbeitsplatz (vgl. Anlage 1 "Alternierende Telearbeit bei der Deutschen Telekom AG", Bl. 19 GA). Auf diese Weise soll durch zeitliche und räumliche Flexibilisierung der Arbeitsorganisation u.a. die Arbeitsqualität und -produktivität verbessert werden und den Arbeitnehmern eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und individueller Lebensführung ermöglicht werden. Mit der Einrichtung solcher Arbeitsplätze "entfällt das tägliche Pendeln zwischen Wohnung und Betrieb".

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Die hier von der VCS GmbH für ihren Zuständigkeitsbereich getroffene Entscheidung, keine alternierende Telearbeit "zu praktizieren", ist angesichts des Gebotes einer nachvollziehbaren Ermessensentscheidung nicht plausibel gemacht worden.

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2.5 Die sofortige Vollziehung schließlich ist zwar iSv § 80 Abs. 3 VwGO formal begründet worden (Finkelnburg/Jank, NJW-Schriften 12, 4. Aufl., Rdn. 754/755; vgl. auch die Beispiele für Vollzugsinteressen Rdn. 737 ff. m.w.N.), aber diese Begründung trägt die unabweisbare Erforderlichkeit einer sofortigen Umsetzung der Zuweisungsverfügung in der Sache nicht. Es ist bei der gebotenen eigenständigen Bewertung sämtlicher Umstände durch das Gericht nicht ersichtlich, aus welchen Gründen im Einzelnen die sofortige Vollziehung der Zuweisungsverfügung derart dringlich ist, dass sie ohne Zögern und umgehend in die Tat umgesetzt werden muss.

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Betriebliche und personalwirtschaftliche Interessen der Dt. Telekom AG reichen dazu in der vorgetragenen Allgemeinheit nicht aus. Eine "angespannte Haushaltslage" kann bei der Dt. Telekom AG - einer Aktiengesellschaft, die demnächst eine nennenswerte Dividende an ihre Aktionäre ausschüttet und die darum bemüht ist, z.B. in Griechenland Anteile an einem griechischen Telekommunikationsunternehmen zu erwerben - nicht konstatiert werden. Ob das bei der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist, kann dahinstehen, da der Antragsteller jedenfalls Beamter bei der Dt. Telekom AG ist.

35

Allgemeine Haushaltsbelastungen vermögen zudem nicht das besondere Vollzugsinteresse in einem Einzelfall zu belegen (Finkelnburg/Jank, aaO., Rdn. 744; Häberle, DVBl. 1967, 220), da andernfalls - mit dieser Begründung - sämtliche Verwaltungsakte mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund oder fiskalischen Auswirkungen dann für sofort vollziehbar erklärt werden könnten. Die von der Antragsgegnerin angeführte "wirtschaftliche und personelle Situation" der Dt. Telekom AG sowie die angebliche Unmöglichkeit, den Antragsteller anderweitig beschäftigen zu können, stellen in der vorgetragenen Allgemeinheit keinen hinreichenden Grund für eine sofortige Vollziehbarkeit einer Zuweisungsverfügung dar. Ein qualitativ besonderer Grund, der es dringlich machte, die Zuweisungsverfügung umgehend umzusetzen, ist damit nicht dargetan. Er ist auch gerichtlich nicht erkennbar.

36

Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen und Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Zweifel an der Zuweisungsverfügung gebührt dem Interesse des Antragstellers an einer Beachtung der vom Gesetzgeber als Regel vorgesehenen aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) hier der Vorzug.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 RVG.