Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 16.04.2015, Az.: 3 B 20/14
Auswahlentscheidung; Auswahlkommission; Auswahlverfahren; Berufung; Berufungskommission; Berufungsliste; Berufungsverfahren; Berufungsvorschlag; Bestandskraft; Bewerbungsverfahrensanspruch; Drittmittel; Ernennung von Hochschulprofessoren; hochschulrechtliches Konkurrentenstreitverfahren; Konkurrentenmitteilung; Probelehrveranstaltung; Professur; Qualität der Lehre; Ruf; Ruferteilung; studentischer Vertreter; Studierender; Transparenz
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 16.04.2015
- Aktenzeichen
- 3 B 20/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 45008
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 19 Abs 4 S 1 GG
- Art 33 Abs 2 GG
- § 26 HSchulG ND
- § 123 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Der im Auswahlverfahren um die Besetzung einer Professorenstelle unterlegene Bewerber muss sich grundsätzlich erst gegen die beabsichtigte Ernennung des Konkurrenten wenden und nicht bereits gegen eine Mitteilung, wonach er in der Berufungsliste keine Berücksichtigung gefunden habe.
Sieht die universitäre Verfahrensordnung für die Besetzung von Professuren das Abhalten von Probelehrveranstaltungen vor, bei deren Bewertung die Berufungs- bzw. Auswahlkommission der "Meinung der Studierenden" besondere Beachtung zu schenken hat, so meint der Begriff der "Studierenden" nur die studentischen Vertreter in der Berufungskommission.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt Sicherung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs.
Die Antragsgegnerin schrieb im Januar 2013 in der „ZEIT“ und auf ihrer Homepage eine Universitätsprofessur für Entwicklungspsychologie im Fachbereich Humanwissenschaften, Institut für Psychologie, Besoldungsgruppe W 3, aus. In der Ausschreibung (Bl. 2 f. Beiakte B) hießt es:
„Von dem/der Stelleninhaber/in wird die Vertretung des Faches in Lehre und Forschung in der gesamten Breite erwartet. In der Forschung soll ein Schwerpunkt im Bereich Interkultureller Psychologie vorliegen. Die Lehre soll im Bachelor- und Master-Studium, im Promotionsstudiengang und in der Nebenfachausbildung wahrgenommen werden. Das Fach ist maßgeblich am Master of Science-Studiengang mit Schwerpunkt “Interkulturelle Psychologie“ beteiligt. Kooperationen sind insbesondere mit den anderen Fächern dieses Master-Schwerpunktes und fächerübergreifend mit dem Institut für Migrationsforschung gewünscht. Ferner soll der/die Stelleninhaber/in die Leitung der Forschungsstelle “Entwicklung, Lernen und Kultur“ am Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) übernehmen.
Einstellungsvoraussetzungen sind ein abgeschlossenes Hochschulstudium in einem wissenschaftlichen Studiengang, bevorzugt in Psychologie, durch praktische Erfahrungen bestätigte pädagogisch-didaktische Eignung, die besondere Befähigung zu vertiefter selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit, die in der Regel durch eine überdurchschnittliche Promotion nachgewiesen wird und zusätzliche wissenschaftliche Leistungen im Sinne des § 25 NHG (z.B. Habilitation).“
Auf die Stelle bewarben sich 23 Wissenschaftler (Bl. 81 f. Beiakte B), darunter der Antragsteller und die Beigeladene (Bewerbungsunterlagen des Antragstellers: Anlage AS 2, Bl. 6-52 der Gerichtsakte - GA, Bl. 178-182 Beiakte C; Bewerbungsunterlagen der Beigeladenen: Bl. 175-177 Beiakte C). Die vom Fachbereichsrat des Fachbereichs Humanwissenschaften eingesetzte Berufungskommission beschloss am 13.05.2013 in ihrer ersten und konstituierenden Sitzung (Protokoll: Bl. 96 ff. Beiakte B) die Auswahlkriterien, nach denen sie die eingegangenen Bewerbungen bewertete:
- Promotion, Habilitation oder vergleichbare Leistungen
- in Bezug auf die Passung zur ausgeschriebenen Stelle ein deutlicher interkultureller Bezug der Arbeiten der Bewerberinnen und Bewerber
- Das Fach Entwicklungspsychologie solle in der Breite und fachlichen Güte durch Umfang und Qualität der Lehre, kompetitive Drittmittel, Einschlägigkeit sowie Anzahl und Güte der Publikationen reflektiert und es solle eine internationale Sichtbarkeit vertreten werden.
- Anschlussfähigkeit zu den anderen Fächern innerhalb des Instituts und des interkulturellen Schwerpunkts. Zur Leitung der Forschungsstelle „Entwicklung, Lernen und Kultur“ des nifbe passende inhaltliche Forschungsausrichtung (z.B. Beforschung der „Frühen Kindheit“, interkulturelle Bildung, Lernen und Kultur)
Die Berufungskommission beschloss, sechs Kandidaten - unter ihnen die Beigeladene und den Antragsteller - zu einer persönlichen Anhörung einzuladen. Die Einladung begründete sie wie folgt:
„[Der Antragsteller] ist ein etablierter und angesehener Forscher mit einschlägigen Publikationen im Bereich der Entwicklungspsychologie. Dabei wurde in der Kommission als zentrale Publikation in der letzten Zeit vor allem sein Herausgeberwerk hervorgehoben. Auch in den letzten fünf Jahren ist seine Produktivität im Vergleich akzeptabel. Darüber hinaus hat er federführend zahlreiche Drittmittelprojekte eingeworben. Inhaltlich zeigt die Forschung [des Antragstellers] Passung sowohl in Bezug auf die Anbindung zum nifbe als auch in Bezug auf den interkulturellen Forschungsschwerpunkt. Zusammenfassend weist [der Antragsteller] ein hohes Potenzial und eine gute Passung zu den Anforderungen der Stelle im Sinne der spezifizierten Kriterien auf.
[… Die Beigeladene] steht als aufstrebende Nachwuchsforscherin kurz vor Ihrer Habilitation. Insbesondere vor dem Hintergrund ihres jungen Wissenschaftsalters liegt eine sehr gute Publikationsleistung vor. Ihre Arbeit weist auch interkulturelle Aspekte auf. Der fachliche Schwerpunkt auf der Entwicklungspsychologie der Kindheit deckt sich gut mit der ausgeschriebenen Position. Zudem beschäftigt sich [die Beigeladene] mit dem Thema der Selbstregulation, das gut zur inhaltlichen Orientierung des nifbe passt. Damit sah die Kommission eine Passung von [der Beigeladenen] zu den Anforderungen der Stelle.“
In den Einladungsschreiben (Bl. 53 f. der GA; Bl. 183-190 Beiakte C) wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass die persönliche Vorstellung am 05.07.2013 einen wissenschaftlichen Vortrag mit Passung zur ausgeschriebenen Stelle, eine anschließende Diskussion und eine Probelehrveranstaltung umfasse, die sich an Studierende des Bachelorstudiengangs in der Einführungsvorlesung Entwicklungspsychologie im ersten Semester richten solle. Bei der Bewertung der Lehrveranstaltung werde die Beurteilung der Studierenden besonders berücksichtigt.
Nach Vorlage weiterer Unterlagen (Bl. 213-219 Beiakte C) und Durchführung der persönlichen Anhörungen beschoss die Berufungskommission in ihrer zweiten Sitzung, über die Beigeladene sowie zwei weitere Bewerber vergleichende Gutachten einzuholen. Die übrigen Bewerber - unter ihnen der Antragsteller - sollten im Verfahren nicht weiter berücksichtigt werden.
Zu der Diskussion der Kandidaten heißt es im Sitzungsprotokoll (Bl. 105 ff. Beiakte B):
„[Die Beigeladene]
Wissenschaftl. Vortrag (inkl. Diskussion)
[Die Beigeladene] hielt ihren wissenschaftlichen Vortrag zum Thema „Selbstregulation im Kontext Familie und Kindergarten“. Die Kommission lobte dabei den insgesamt guten Aufbau und die schlüssige Darstellung des Vortrags. Zudem bettete [die Beigeladene] den Vortrag durch die Vorstellung ihrer interkulturellen Forschung in gelungener Weise in die Ausschreibung ein. Die Kommission erkennt den hohen methodischen Anspruch ihres Vortrages an, was z.B. durch die Analyse latenter Profile unterstrichen wurde. In der Kommission wurde angemerkt, dass [die Beigeladene] mitunter Sorgfalt bei der Aufbereitung des Materials vermissen ließ, so fehlten teilweise Achsenbeschriftungen. Zudem wurden in der Kommission der von [der Beigeladenen] verwendete Kulturbegriff und der Begriff der Entwicklungsmechanismen diskutiert. Insgesamt wurde durch den wissenschaftlichen Vortrag [der Beigeladenen] mit einem Schwerpunkt im Bereich der Frühkindlichen Entwicklung eine gute Passung zum nifbe erkennbar. Der Kommission fiel darüber hinaus positiv auf, dass sie kompetent auf Nachfragen reagierte und die Grenzen der Forschung aufzeigte.
Probelehrveranstaltung „Bindungstheorien“
Die Probelehrveranstaltung [der Beigeladenen] war aus Sicht der Kommission insgesamt verständlich und anschaulich. Dabei legte [die Beigeladene] einen besonderen Fokus auf die Verwendung von interaktiven Elementen, wie z.B. einer Übung mit Filmen. Aus Sicht der Kommission gab [die Beigeladene] überzeugende Begründungen bei Nachfragen. Dennoch vermisste die Kommission teilweise eine kritische Distanz zum Inhalt der Veranstaltung. So wurde bei der Darstellung der Messverfahren von Bindungstypen nicht auf die Kritik an diesen Verfahren eingegangen. Des Weiteren merkte die Kommission an, dass kein Hinweis auf kulturelle Unterschiede der Verteilung der Bindungstypen gegeben wurde. Zudem wirkten die Folien teilweise etwas überladen. Zum Ende der Veranstaltung präsentierte [die Beigeladene] didaktisch gelungen Fragen zur Wiederholung und Vertiefung.
Die anwesenden Studierenden vergaben folgende Schulnote: 2 bis 3.
Aussprache mit der Berufungskommission
Im anschließenden Gespräch mit der Kommission wurde deutlich, dass die Kandidatin in Bezug auf die für die Stelle relevanten Kriterien ein gutes Profil aufweist. So konnte sie ihre Passung zur Ausschreibung und zum nifbe erneut verdeutlichen. Dabei wurde insbesondere positiv angemerkt, dass [die Beigeladene] sich gut auf das nifbe bezog und eigene Ideen zum Ausbau des interkulturellen Masters sowie des universitären Netzwerks anbrachte. Bezogen auf Kooperationsmöglichkeiten mit den Fachgebieten nannte sie Ansatzpunkte in Bereichen der Entscheidungsfindung, sowie der neuropsychologischen Grundlagen der Selbstregulation. Allerdings wurde Kommission deutlich, dass [die Beigeladene] nicht vollständig auf Details der einzelnen Fachgebiete und die Situation in Osnabrück vorbereitet war. […]
[Der Antragsteller]
Wissenschaftl. Vortrag (inkl. Diskussion)
[Der Antragsteller] hielt seinen wissenschaftlichen Vortrag zum Thema „Untersuchungen zur Metakultur: Kulturelle Universalien in der Individualentwicklung“. Aus Sicht der Kommission wies der Vortrag eine gute Einführung und Begründung der Modell- und Untersuchungskonstruktionen auf. Aufgrund der präsentierten Forschung zeigte sich eine gute inhaltliche Passung zum nifbe. Dennoch kritisierte die Kommission den hastigen Vortragsstil [des Antragstellers] und die eher oberflächlichen Antworten auf Rückfragen. Zudem bestand die präsentierte Forschung weitgehend aus älteren Studien [des Antragstellers]. Da die neueren Studien des Kandidaten ein sehr ähnliches Paradigma verfolgen, wiesen sie kaum neuere Erkenntnisse auf. Bei der Kommission hinterließen darüber hinaus der verwendete Kulturbegriff und die entsprechende Passung zum Forschungsdesign offene Fragen. Ferner wurde der universalistische Ansatz für die Erforschung interkultureller Differenzen als potentiell einschränkend bewertet.
Probelehrveranstaltung „Bindungstheorien“
In der Probelehrveranstaltung führte [der Antragsteller] die Teilnehmer gut in die Thematik ein und stellte Inhalte ansprechend dar. Zudem wies sein Vortrag Hinweise auf Unterschiede von der frühkindlichen Bindung zur Bindung in der Partnerschaft, und verdeutlichte über erläuternde Beispiele die theoretische Abgrenzung zur Bindungsforschung in der Sozialpsychologie. Der Vortragsstil des Kandidaten wurde als sehr schnell und daher insgesamt als anstrengend empfunden. Zudem betrachtete die Kommission die Passung zur Zielgruppe aus Bachelorstudierenden der Psychologie als fraglich, da häufig viel Fachwissen vorausgesetzt wurde und der Vortrag hektisch wirkte.
Die anwesenden Studierenden vergaben folgende Schulnote: 4 bis 4-.
Aussprache mit der Berufungskommission
Während der Aussprache mit der Kommission benannte [der Antragsteller] wenige konkrete neue Ideen für die Perspektive des nifbe. Während der Kandidat teilweise gute Impulse für die Lehre lieferte, wie z.B. den Einsatz von Videokonferenzen mit Partneruniversitäten, konnte er kaum interessante Ideen zum Ausbau des Masters darlegen. Insgesamt brachte [der Antragsteller] aus Sicht der Kommission wenige innovative Vorschläge an.“
Die Notenvergabe durch die bei der Probelehrveranstaltung anwesenden Studierenden erfolgte dergestalt, dass sie von der Fachschaft ausgeteilte Fragebögen erhielten, auf denen sie ihre Meinung zu den Kandidaten abgeben konnten (Abschlussbericht der Berufungskommission, Bl. 18 Beiakte B). Die Fragebögen wurden in den Pausen von den Fachschaftsmitgliedern ausgewertet und die Ergebnisse durch die studentischen Vertreterinnen in der Berufungskommission in die Sitzung eingebracht. In der vom Gericht eingeholten dienstlichen Erklärung hat die studentische Vertreterin in der Berufungskommission, Frau E., angegeben, die abgefragten Meinungen mit ihrer persönlichen Einschätzung zu einem Urteil verbunden zu haben. Sie habe „immer versucht, ein möglichst repräsentatives Urteil abzugeben“. Nach der dienstlichen Erklärung der anderen studentischen Vertreterin, Frau F., wurden alle in der Probelehrveranstaltung anwesenden Studierenden in das Prozedere der Einschätzung der Kandidaten einbezogen. Die Antragsgegnerin verfügt nicht über Aufzeichnungen zu der Notenvergabe durch die bei der Probelehrveranstaltung anwesenden Studierenden und die Weitergabe an die studentischen Mitglieder der Berufungskommission. Auch in den Verwaltungsvorgängen sind solche nicht vorhanden. Ebenfalls ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen nicht, ob die Studierendengruppen bei den Probelehrveranstaltungen des Antragstellers und der Beigeladenen personenidentisch oder gleich groß waren.
Nach Eingang der vergleichenden Gutachten (Bl. 69-78 Beiakte B) beschloss die Berufungskommission in ihrer dritten Sitzung am 16.10.2014 (Bl. 112 ff. Beiakte B) folgenden Berufungsvorschlag: Platz 1: Dr. G. H., Platz 2: Prof. Dr. I. J., Platz 3: die Beigeladene. Den Vorschlag der Berufungskommission nahm der Fachbereichsrat des Fachbereichs Humanwissenschaften in seiner Sitzung am 06.11.2014 an (Bl.120 Beiakte B). Der ständige Senatsausschuss für Berufungen und Selbstverwaltung nahm am 04.12.2014 befürwortend Stellung (Bl. 135 f. Beiakte A). Das Präsidium beschloss den Berufungsvorschlag am 04.12.2014 (Bl. 134 Beiakte A). Nachdem der Hochschulrat sein Einvernehmen mitgeteilt hatte (E-Mail vom 16.01.2014, Bl. 143 Beiakte A), erteilte das Präsidium mit Schreiben vom 20.01.2014 den Ruf an den Erstplatzierten (Bl. 144 Beiakte A).
Der Antragsteller und die weiteren unterlegenen Bewerber erhielten vom Dekan des Fachbereichs folgende vom 24.01.2014 datierende Mitteilung (Bl. 146 a Beiakte A):
„mit diesem Schreiben möchte ich Sie über den Stand des Berufungsverfahrens für die W3-Professur „Entwicklungspsychologie“ informieren.
Der ständige Senatsausschuss für Berufungen und Selbstverwaltung […] hat am 04.12.2013 den Berufungsvorschlag der Berufungskommission befürwortet und hat eine Berufungsliste beschlossen, die vom Präsidium […] an den Hochschulrat weitergeleitet worden ist. Ihr Name ist in diesem Personenkreis nicht genannt.
Die Universität […] hat nunmehr einen Ruf an Dr. G. H. erteilt.
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse, das Sie der Universität […] und dem Fachbereich Humanwissenschaften entgegen gebracht haben und sende zu unserer Entlastung Ihre Bewerbungsunterlagen zurück. […]“
Der Erstplatzierte lehnte den Ruf ab (Bl. 147 Beiakte A), so dass der Zweitplatzierte einen Ruf erhielt (Bl. 153 Beiakte A). Über die Rufablehnung und die Erteilung des neuen Rufes informierte der Dekan die unterlegenen Bewerber einschließlich des Antragstellers mit Schreiben vom 19.02.2014 (Bl. 156 Beiakte A). Der Antragsteller werde zu gegebener Zeit über den Abschluss des Verfahrens informiert. Nachdem der Zweitplatzierte den Ruf ebenfalls abgelehnt hatte (Bl. 159 Beiakte A), erging der Ruf mit Schreiben vom 10.07.2014 an die Beigeladene (Bl. 163 Beiakte A). Wiederum informierte der Dekan die nicht berücksichtigten Bewerber einschließlich des Antragstellers (Schreiben vom 17.07.2014, Bl. 165 Beiakte A).
Die Beigeladene nahm den Ruf an (Bl. 166 Beiakte A). Unter dem 24.11.2014 sandte der Dekan folgendes, nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenes Schreiben an den Antragsteller (Bl. 168 Beiakte A) und die weiteren erfolglosen Bewerber:
„mit diesem Schreiben möchte ich Sie über den Stand des Berufungsverfahrens […] informieren.
[Die Beigeladene] hat den Ruf […] angenommen und wird voraussichtlich mit Wirkung zum 01.06.2015 zur Universitätsprofessorin ernannt.“
Auf Nachfrage des Antragstellers, ob es sich bei dem Schreiben um die offizielle Konkurrentenmitteilung handle (Bl. 169 Beiakte A), teilte ihm der Dekan mit, dass alle Bewerber dieses Schreiben, mit dem über den Stand des Verfahrens berichtet werde, erhalten hätten. Weitere Schreiben werde es nicht geben.
Der Antragsteller hat am 05.12.2014 gegen die geplante Ernennung der Beigeladenen mit dem Ziel der eigenen Ernennung Widerspruch und Klage (Az. 3 A 117/14) erhoben sowie um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Er trägt vor, ausweislich der Bewerbungsunterlagen besser qualifiziert zu sein als die Beigeladene. In der Berufungsliste hätte er zumindest den dritten Platz einnehmen müssen. Sein Forschungs- und langjähriges Lehrprofil passe zu dem „Antrag auf Freigabe der Ausschreibung der W3-Professur […]“ vom 06.08.2012 und dem Ausschreibungstext: Er könne das Fach in seiner ganzen Breite vertreten, sei im Bereich „kulturinformierter Psychologie“ tätig gewesen und habe einen Bezug zur Migrationsforschung.Bei der Auswahl der Vortragenden habe die Berufungskommission ihn besser eingestuft als die Beigeladene. Die Beigeladene befinde sich als Nachwuchswissenschaftlerin etwa auf einem Stand, auf dem er selbst etwa vor 10 Jahren gewesen sei. Der Antragsteller hat Tabellen vorgelegt, in denen er seine wissenschaftlichen Leistungen denjenigen der Beigeladenen gegenüberstellt, mit dem Ergebnis, dass er deutlich mehr wissenschaftliche Tätigkeiten entfaltet, namentlich mehr Publikationen als die Beigeladene erstellt habe, die insbesondere zum Thema Kulturvergleich nur eine - im Zeitpunkt der Bewerbung noch nicht veröffentlichte Arbeit - abgeliefert habe (Schriftsatz vom 21.02.2015 - Bl. 80 f. der GA, für den Zeitraum ab dem Jahr 2008; Schriftsatz vom 24.02.2015 - Bl. 131 der GA, für die letzten fünf Jahre). Er könne auch mehr fachzeitschriftlich begutachtete Publikationen („peer-reviewed“) und solche mit einem größeren Bedeutsamkeitsfaktor („impact factor“) vorweisen. Quantität und Qualität seiner Publikationen sei größer, selbst wenn man das unterschiedliche akademische Alter berücksichtige. Allerdings sei das Abheben auf den Altersunterschied rechtswidrig. Auch seine Lehrerfahrung sei umfangreicher.
Sofern die Antragsgegnerin bei einem Vergleich der Drittmittel den Etat der Forschungsgruppe der Beigeladenen berücksichtige, müsse dies auch bei ihm gelten mit der Folge, dass er mehr Drittmittel eingeworben habe. Des Weiteren sei auf Grund seiner langjährigen Erfahrungen seine „Einschlägigkeit“ höher einzustufen als die der Beigeladenen. Auch sein Forschungsansatz sei „zukunftsfähig“, weil er sich von dem Forschungsansatz der Frau Prof. K. weiterentwickelt habe und inzwischen andere Forschungsthemen bearbeite. Im Falle ihrer Ernennung leite die Beigeladene eine Arbeitsgruppe, deren Mitglieder etwa gleich viele Publikationen in der Entwicklungspsychologie vorzuweisen hätten wie sie. Seine Arbeit verfüge nicht nur über eine größere Anschlussfähigkeit als die der Beigeladenen, sondern es bestünden bereits zahlreiche langjährige Kooperationen. Ferner könne aus unterbliebenen Forschungsaufenthalten nach 2005 angesichts seiner sonstigen internationalen Reisen und Forschungstätigkeiten keine geringere internationale Mobilität abgeleitet werden. Für die Entscheidung zu Gunsten der Beigeladenen ausschlaggebend gewesen sei ausschließlich die persönliche Anhörung. Es sei rechtsfehlerhaft, der persönlichen Vorstellung im Vergleich zu den durch die Bewerbungsunterlagen dokumentierten Leistungen ein derart hohes Gewicht beizumessen, da es sich - wie bei einem Assessmentcenter - um eine Momentaufnahme handle, die z.B. von Zufälligkeiten und der Tagesform abhängig sei. Zudem habe die Berufungskommission ihn in der persönlichen Anhörung rechtsfehlerhaft beurteilt. Die Einschätzungen hinsichtlich Vortrag und Probelehrveranstaltung durch die Kommission und die Studierenden deckten sich nicht mit den Rückmeldungen, die er nach den jeweiligen Vorträgen von Besuchern der Veranstaltungen erhalten habe. Mehrere der anwesenden Studenten hätten ihm unabhängig voneinander mitgeteilt, dass sie ihm ein „sehr gut“ gegeben hätten. Es sei unerklärlich, warum die Berufungskommission für ihn von einer derart schlechten studentischen Bewertung ausgehe. Wenn die Berufungskommission ihm eine oberflächliche Beantwortung von Rückfragen vorhalte, hätte sie diesbezüglich der Grenzen der statistischen Analysemethode auch wohlwollend - wie bei den anderen Kandidaten - als ehrliches und bescheidenes Aufweisen der aktuellen methodischen Grenzen der psychologischen Forschung auffassen können. Dass er bei der Aussprache „nichts wirklich Neues“ zu berichten gehabt haben solle, passe nicht zu seiner Einstufung als angesehener Forscher. Hingegen sei eine Publikation generell neu, wenn sie - wie im Falle der Beigeladenen - die erste Publikation darstelle. Der Bezug zum „nifbe“ sei bei ihm auf Grund zahlreicher Publikationen besser ausgeprägt als bei der Beigeladenen. Darüber hinaus habe die Berufungskommission die Bewerber willkürlich beurteilt, was sich auch daran zeige, dass Gemeinsamkeiten zwischen ihm und dem Erstplatzierten (biologischer Hintergrund und moderat-universalistischer Ansatz, Leitung des nifbe) in entgegengesetzter Weise bewertet worden seien. Der Aspekt der Lehre sei offenbar bei Herrn H. nicht ausschlaggebend gewesen, da er den ersten Platz erreicht habe, obwohl er kaum Lehrerfahrung und keine Lehrevaluationen vorweisen könne, hingegen sei die Platzierung der Beigeladenen auch mit ihrer guten Lehre begründet worden. Lediglich Herr H. und er - der Antragsteller - seien in den letzten Jahren zu einer bedeutenden Vortragsreihe in Paris eingeladen worden, wo er einen ähnlichen Vortrag wie in der persönlichen Anhörung gehalten habe, der positiv bewertet worden sei. Gegen die Berufung von Herrn H. und Herrn J. hätte er sich nicht zur Wehr gesetzt, weil er beide für besser geeignet halte als sich selbst. Dies gelte aber nicht im Vergleich zu der Beigeladenen. Schließlich habe die Antragsgegnerin ihn entgegen einer verwaltungsinternen Anweisung nicht mit der Mitteilung über die beabsichtigte Ernennung der Beigeladenen in dem Schreiben vom 24.11.2014 auf eine Rechtsbehelfsfrist von 14 Tagen hingewiesen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe einer erneuten Auswahlentscheidung und längstens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Unanfechtbarkeit der unter dem 24.11.2014 bekanntgegebenen Auswahlentscheidung zu untersagen, die Beigeladene zur Universitätsprofessorin (Besoldungsgruppe W 3) zu ernennen und ihr den am 03.01.2013 in der „ZEIT“ ausgeschriebenen Dienstposten einer Universitätsprofessur für Entwicklungspsychologie zu übertragen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt vor, die Auswahlentscheidung sei für den Antragsteller unanfechtbar, weil sie diese nicht erst am 24.11.2014 getroffen habe. Vielmehr sei das inneruniversitäre, hochschulrechtliche Auswahlverfahren bereits nach der Erteilung des Einvernehmens durch den Hochschulrat am 16.01.2014 beendet gewesen. Ab diesem Zeitpunkt sei der Berufungsvorschlag grundsätzlich nicht mehr veränderbar gewesen. In dem Zeitpunkt, als dem Antragsteller mit Bescheid vom 24.01.2014 die Erfolglosigkeit seiner Bewerbung und die Rücksendung der Unterlagen mitgeteilt worden sei, habe die Auswahlentscheidung für den Antragsteller einen belastenden Verwaltungsakt dargestellt. Diesen habe er nicht binnen eines Jahres angefochten - insbesondere richte sich die Klage des anwaltlich vertretenen Antragstellers nur gegen das Schreiben vom 24.11.2014.
Darüber hinaus habe sie das Auswahlverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Die Beigeladene sei eine innovative junge Wissenschaftlerin, die erfolgreich mehrere akademische Stationen an verschiedenen Standorten absolviert habe, während der Antragsteller einen Großteil seiner akademischen Laufbahn bei ihr - der Antragsgegnerin - verbracht habe. Umfang und Qualität der Lehre seien ein wichtiges Auswahlkriterium, weshalb Probelehrveranstaltungen durchgeführt würden. Um der Meinung der Studierenden - wie in der Verfahrensordnung für die Besetzung von Professuren vorgesehen - besondere Beachtung zu schenken, würden die studentischen Mitglieder der Berufungskommission ein Meinungsbild der an der Probelehrveranstaltung teilnehmenden Studierenden einholen und bewerten. Die Teilnahme der Studierenden an den Probelehrveranstaltungen und die Rückspiegelung des Ergebnisses würden systematisch von der jeweils zuständigen Fachschaft organisiert. Da sowohl die anwesenden Studierenden als auch andere Mitglieder der Berufungskommission die Probelehrveranstaltung des Antragstellers am schlechtesten bewertet hätten, habe auch dieser Aspekt angesichts der enormen Bedeutung der Qualität der Lehre gegen die Auswahl des Antragstellers gesprochen. Drittmittel habe die Beigeladene innerhalb eines kürzeren und aktuelleren Zeitraumes in größerem Umfang eingeworben als der Antragsteller. Fachlich einschlägig seien sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladene. Dass der Antragsteller mehr Publikationen vorweisen könne als die Beigeladene, beruhe naturgemäß auch auf seinem höheren Alter und seiner zehn Jahre früheren Promotion. Seine Publikationen seien zwar für sich betrachtet qualitativ hochwertig, jedoch stünden sie mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit für die Weiterentwicklung des Fachgebietes und die Anbindung des Fachgebietes in den Forschungskontext des nifbe den Publikationen der drei platzierten Bewerber nach. Die Publikationen der Beigeladenen seien mit Blick auf die Forschungsthemen aktueller - auf die zeitliche Komponente komme es insoweit nicht an. Ferner verfüge die Beigeladene über eine größere internationale Mobilität als der Antragsteller und sei am Aufbau in direkten Forschungskooperationen an unterschiedlichen internationalen Universitäten aktiv involviert. Eine weitere aktive Gestaltung des Netzwerkes und Zunahme der Dynamik sei zu erwarten. Da der Antragsteller sich auf den Bereich der kulturvergleichenden Psychologie fokussiert habe, verfüge er außerhalb dieses Fokus über eine geringere Anschlussfähigkeit als die breiter aufgestellten Forschungsthemen der Beigeladenen. Des Weiteren sei inhaltliche Forschungsausrichtung im Bereich „Entwicklung, Lernen und Kultur“ zur Leitung einer Forschungsstelle des nifbe bei der Beigeladenen in größerem Maße vorhanden, wie sich aus den neuen Impulsen für die weitere Entwicklung des nifbe in ihrem Vortrag und der wissenschaftlichen Aussprache ergeben habe.
Eine verwaltungsinterne Anweisung, auf eine 14-tägige Rechtsbehelfsfrist hinzuweisen, existiere nicht.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg. Er ist zulässig (1.) und begründet (2.) Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass die Ernennung der Beigeladenen zur Universitätsprofessorin seine subjektiven Rechte vereiteln könnte und eine Regelung nötig erscheint.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag und bereits vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Derjenige, der vorläufigen Rechtsschutz begehrt, muss gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft machen, dass ihm der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und dass ein Grund für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht (Anordnungsgrund). Maßgebend sind hierbei die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
1. Der Eilantrag ist zulässig. Es fehlt dem Antragsteller nicht wegen einer verspäteten Antragstellung am Rechtsschutzbedürfnis. Der Auffassung der Antragsgegnerin, die Auswahlentscheidung sei im Zeitpunkt der Klageerhebung und Antragstellung bereits bestandskräftig gewesen, trifft nicht zu. Grundsätzlich muss sich der unterlegene Bewerber erst gegen die beabsichtigte Ernennung des Konkurrenten wenden und nicht bereits gegen eine Mitteilung, wonach er in der Berufungsliste keine Berücksichtigung gefunden habe.
Aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgt, dass der unterlegene Bewerber innerhalb einer für seine Rechtsschutzinteressen ausreichenden Zeitspanne vor der Ernennung eines Mitbewerbers durch eine Mitteilung des Dienstherrn in Kenntnis von der beabsichtigten Ernennung gesetzt werden muss. Ist zu erwarten, dass der Dienstherr so verfahren wird, fehlt es einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Vorfeld dieser Mitteilung an dem erforderlichen Anordnungsgrund. Ein solcher liegt nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Wann das der Fall ist, ist unter Berücksichtigung des Rechtsschutzsystems und insbesondere des Zwecks des vorläufigen Rechtsschutzes zu beantworten. Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz gegen behördliche Maßnahmen oder Handlungen wird aus Gründen der Verfahrensökonomie grundsätzlich nachträglich gewährt. Erst mit dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens steht die endgültige Entscheidung verbindlich fest und ist damit einer sinnvollen Überprüfung zugänglich. Im Hinblick auf das in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerte Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes bedarf es jedoch Ausnahmen, wenn bei einem Abwarten der endgültigen Entscheidung beziehungsweise des belastenden oder eine Vergünstigung ablehnenden Verwaltungsakts eine Verkürzung oder Versagung wirksamen Rechtsschutzes eintreten würde. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ohne einen (zeitnahen) gerichtlichen Rechtsschutz irreversible Fakten geschaffen würden, die die Verwirklichung des Rechts vereiteln oder wesentlich erschweren würden. Das bedeutet aber zugleich, dass der Rechtsschutz nur soweit wie erforderlich vorverlagert werden darf und die Gefahr eines sich verändernden Zustandes unmittelbar bevorstehen und konkret drohen muss. Auch im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren zur Ernennung von Hochschulprofessoren ist grundsätzlich der vollständige Abschluss des Verwaltungsverfahrens - mit Ausnahme der Ernennung - abzuwarten. Diesen Abschluss des Verfahrens bringt die Verwaltung regelmäßig durch die Bekanntgabe des erfolgreichen Bewerbers verbunden mit der ablehnenden Bescheidung des Mitbewerbers (sogenannte Konkurrentenmitteilung) nach außen zum Ausdruck. Eine Ausnahme kann auch hier nur angenommen werden, wenn wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles die Verwirklichung der Rechte des Antragstellers ohne einen früheren Rechtsschutz vereitelt oder wesentlich erschwert würden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.07.2014 – 6 A 815/11 –, NWVBl 2015, 30, juris, Rn. 63-66 m.w.N. und, Beschluss vom 03.04.2008 – 6 B 159/08 –, IÖD 2008, 134, juris, Rn. 6; s.a. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 03.03.2014 – 1 BvR 3606/13 –, IÖD 2014, 136, juris, Rn. 19 und Beaucamp/Seifert, WissR 2011, S. 24 [37] m.w.N.: die abschließende und vom unterlegenen Konkurrenten abzuwartende Auswahlentscheidung manifestiere sich in der Erteilung des Rufes).
Nichts anderes folgt aus den Besonderheiten des Stellenbesetzungsverfahrens zur Ernennung von Hochschulprofessoren, das sich in das (hochschulrechtliche) Berufungsverfahren und das (beamtenrechtliche) Ernennungsverfahren aufteilen lässt. Denn die endgültige Sachentscheidung, an deren Verhinderung der Konkurrent ein rechtliches Interesse haben kann, bleibt die nicht ohne Weiteres wieder rückgängig zu machende Ernennung. Auch wenn in einer Vielzahl von Fällen derjenige Bewerber ernannt werden mag, der bereits im Berufungsverfahren auf Platz eins der vom Fachbereich erstellten Berufungsliste gewählt worden ist und danach einen Ruf erhalten hat, ist dessen Ernennung gerade noch nicht so sicher, dass allein deshalb die Einlegung eines gegen diese Verfahrensschritte gerichteten Rechtsschutzes gerechtfertigt wäre. Vielmehr handelt es sich dabei um rechtlich unselbstständige Zwischenschritte im Stellenbesetzungsverfahren, aus denen keine rechtsgestaltende oder rechtsfeststellende Wirkung erwächst. Beendet ist das Verfahren erst mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Professorenstelle. Mit dem Ruf wird lediglich die Bereitschaft bekundet, mit dem Adressaten in Berufungsverhandlungen einzutreten, und zugleich erkundet, ob der Adressat - noch - bereit ist, die Professur zu übernehmen. An den Ruf schließen sich die Berufungsverhandlungen an. Erst danach entscheidet sich, ob dem Bewerber die Stelle endgültig übertragen wird (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.07.2014, a.a.O., Rn. 67 f. m.w.N. und, Beschluss vom 03.04.2008, a.a.O., Rn. 8; s.a. BVerwG, Urteil vom 19.02.1998 – 2 C 14.97 –, BVerwGE 106, 187, juris, Rn. 23-25).
Besondere Umstände, die hier dazu geführt haben könnten, dass der Antragsteller bereits vor der Mitteilung der Antragsgegnerin über die beabsichtigte Ernennung einer auf der Berufungsliste platzierten Mitbewerberin (Schreiben vom 24.11.2014) um effektiven Rechtsschutz hätte nachsuchen müssen, liegen nicht vor.
Der Antragsteller musste nicht bereits in dem Zeitpunkt um einstweiligen Rechtsschutz ersuchen, als ihn die Antragsgegnerin nach Abschluss des hochschulinternen Berufungsverfahrens darüber informierte, er sei nicht in den Berufungsvorschlag aufgenommen worden. Die Gefahr eines sich verändernden Zustandes im Sinne eines Anordnungsgrundes besteht nicht bereits mit der Bekanntgabe der Listenplätze an die unterlegenen Bewerber, weil in der Praxis Parallelverhandlungen des Wissenschaftlers häufig dazu führen, dass der Bewerber den Ruf nicht annimmt oder nach Rufannahme, aber noch vor Aushändigung der Ernennungsurkunde ein anderweitiges Angebot erhält und die zunächst erfolgreichen Verhandlungen unter Verweis auf das Konkurrenzangebot wieder eröffnet und damit die beabsichtigte Ernennung wieder in den Bereich der Unsicherheit rückt.
Dass die Antragsgegnerin unterlegene Bewerber wie den Antragsteller regelmäßig über den Stand des Bewerbungsverfahrens informierte (Mitteilung über die Ruferteilung an den Erstplatzierten, dessen Rufablehnung sowie die Ruferteilung an den Zweitplatzierten, dessen Ablehnung und die Ruferteilung an die Drittplatzierte), ist für die Frage, ob dem unterlegenen Bewerber ein Anordnungsgrund zusteht und Rechtsbehelfsfristen zu laufen beginnen, unerheblich. Zwar sieht die Verfahrensordnung der Antragsgegnerin zur Besetzung von Professuren und Juniorprofessuren in den Fachbereichen (AMBl. der Antragsgegnerin Nr. 05/2013 vom 22.05.2013, S. 743 - VOProf.) in § 17 Abs. 1 eine Information über die Ruferteilung bzw. das Angebotsschreiben vor. Allerdings erfordert das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz lediglich, dass Konkurrentenmitteilungen an unterlegene Bewerber dann ergehen, wenn sich im Anschluss an die Ruferteilung und die Berufungsverhandlungen entscheidet, ob dem ausgewählten Bewerber die Stelle endgültig übertragen werden soll. Eine dahingehende Regelung trifft die VOProf. in § 17 Abs. 2. Frühestens die Information über eine beabsichtigte Ernennung ist deshalb als Konkurrentenmitteilung anzusehen.
Ohne Erfolg macht die Antragsgegnerin geltend, der Antragsteller als nicht gelisteter Bewerber befinde sich in einer irreversiblen Situation, da seine Berufung auch dann nicht in Betracht komme, wenn alle gelisteten Bewerber den Ruf ablehnten. Die hieraus gezogene Schlussfolgerung, unterlegene Bewerber müssten deswegen bereits nach der Mitteilung über ihren Ausschluss vom weiteren Bewerbungsverfahren alsbald um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen, geht fehl. Denn aus den vorstehenden Gründen besteht die Gefahr eines sich verändernden Zustandes im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich erst, wenn die ausgeschriebene Professorenstelle endgültig besetzt werden soll (zum Vorstehenden insgesamt: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.07.2014, a.a.O., Rn. 69-72).
Ob der unterlegene Bewerber sich gegen die Ernennung eines Konkurrenten wendet, hängt - wie der Antragsteller ausführt - auch von der Person des Konkurrenten ab. Dass die Antragsgegnerin nach der Rufausschlagung durch den Erst- und Zweitplatzierten letztlich beabsichtigen würde, die Beigeladene zu ernennen, konnte der Antragsteller vor dem Schreiben vom 24.11.2014 nicht wissen.
Ob dem Antragsteller das Ergebnis der Auswahlentscheidung überhaupt ordnungsgemäß bekannt gegeben wurde und das Schreiben der Antragsgegnerin vom 24.11.2014 inhaltlich den Anforderungen an eine Konkurrentenmitteilung (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 25.11.2014 – 5 LB 7/14 –, juris, Rn. 44) gerecht wird, kann dahinstehen.
2. Anordnungsgrund (a.) und Anordnungsanspruch (b.) sind gegeben.
a. Es ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass ein in einem Auswahlverfahren unterlegener Beamter Rechtsschutz gegen die zur Fortsetzung und zum Abschluss des Auswahlverfahrens bestehende Absicht, den ausgewählten Bewerber zu ernennen, dadurch in Anspruch zu nehmen hat, dass er beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, durch die dem Dienstherrn oder der für diesen handelnden Behörde die Ernennung des ausgewählten Bewerbers vorläufig untersagt wird. Hat der Dienstherr den unterlegenen Beamten von der Auswahlentscheidung und seiner Beförderungsabsicht in Kenntnis gesetzt, erfordern die Wahrung und die Wahrnehmung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des unterlegenen Konkurrenten die Beantragung einer solchen verwaltungsgerichtlichen Anordnung durch den unterlegenen Konkurrenten (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, juris, Rn. 27; BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 – 2 VR 1.13 –, juris, Rn. 11).
b. Dem Antragsteller steht auch ein Anordnungsanspruch zu.
aa) Beamtinnen und Beamte haben grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Beförderung oder Ernennung, sondern nur ein aus Art. 33 Abs. 2 GG folgendes subjektiv-öffentliches Recht auf sachgerechte Auswahl, d.h. einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Allerdings ist die der Ernennung vorangehende Auswahlentscheidung ein Akt wertender Erkenntnis, der nur in eingeschränktem Maße einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich dabei darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58; Nds. OVG, Beschluss vom 26.08.2003 - 5 ME 162/03 -, NVwZ-RR 2004, 197). Erweist sich anhand dieses Maßstabes die Auswahlentscheidung als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ausgewählt werden wird (dazu: BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200 f., juris; Nds. OVG, Beschluss vom 15.09.2010 - 5 ME 181/10 - und vom 04.11.2011 - 5 ME 319/11 -, jeweils juris), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg.
Bei der Entscheidung, welchem von mehreren in Betracht kommenden Bewerbern befördert oder ernannt wird, ist das Prinzip der Bestenauslese zu beachten. Der Dienstherr hat Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG). Um dem Grundsatz der Bestenauslese zu entsprechen, ist zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen.
Diese für beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren entwickelten und gefestigten Grundsätze gelten für hochschulrechtliche Konkurrentenstreitigkeiten zur Besetzung von Professorenstellen in gleicher Weise. Auch ein Bewerber um eine Professur als öffentliches Amt kann deshalb verlangen, dass über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entschieden wird (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2007 – OVG 4 S 16.06 –, juris, Rn. 5, Sächsisches OVG, Beschluss vom 13.09.2011 – 2 B 41/11 –, IÖD 2012, 6, juris, Rn. 12; der eingeschränkte Prüfungsmaßstab wird häufig mit Art. 5 Abs. 3 GG begründet: vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.07.2014, a.a.O., Rn. 42 f. m.w.N.; BayVGH, Beschluss vom 05.01.2012 – 7 CE 11.1432 –, juris, Rn. 17 f.; VG Leipzig, Beschluss vom 17.03.2014 – 4 L 722/14 –, juris, Rn. 20).
bb) Hieran gemessen erweist sich die von der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung aller Voraussicht nach als rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinem subjektiv-öffentlichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG.
Sie verstößt gegen die für das Auswahlverfahren geltenden Verfahrensvorschriften. Zugleich hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt, dass sie bei der der Beurteilung der Eignung des Antragstellers mit Blick auf die Qualität der Lehre von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.
aaa) Die Berufungskommission muss sich für die sachgerechte Beurteilung der Eignung, Leistung und Befähigung eines Bewerbers eine hinreichende tatsächliche Erkenntnisgrundlage verschaffen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.07.2014, a.a.O., Rn. 45, 49 f.).
Zudem muss der Dienstherr die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich fixieren, damit der unterlegene Bewerber - gegebenenfalls nach Akteneinsicht - sachgerecht darüber befinden kann, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnimmt oder gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Im Übrigen stellt nur die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind, und erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 09.07.2007 – 2 BvR 206/07 –, NVwZ 2007, 1178, juris, Rn. 22; BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 – 1 WB 19.08 –, BVerwGE 133, 13, juris, Rn. 35; Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.2011 – 5 ME 212/11 –, juris, Rn. 12; VG Arnsberg, Beschluss vom 03.02.2015 – 2 L 1334/14 –, juris, Rn. 24-32).
Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist die Bewertung eines Auswahlgesprächs nur in einem eingeschränkten Maße plausibel und nachvollziehbar zu machen. Ebenso wie bei einer dienstlichen Beurteilung (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.03.1993 - 2 B 25.93 -, DÖD 1993, 179 m. w. N.) ist es für eine Auswahlentscheidung - und auch für ein Auswahlgespräch als ein Gesichtspunkt für die Auswahlentscheidung - so, dass die zugrunde liegenden Tatsachen nur insoweit einer konkreten Darlegung bedürfen, als der Dienstherr entweder historische Einzelvorgänge aus dem gesamten Verhalten des Beamten ausdrücklich in der Auswahlentscheidung erwähnt oder die Auswahlentscheidung oder einzelne in ihr enthaltene wertende Schlussfolgerungen erkennbar auf bestimmte Tatsachen, insbesondere auf konkrete aus dem Gesamtsachverhalt herausgelöste Einzelvorkommnisse stützt. Dagegen ist es hinsichtlich der in einer Auswahlentscheidung enthaltenen (reinen) Werturteile nicht erforderlich, die zugrundeliegenden Einzeltatsachen (Vorkommnisse, Verhaltensweisen und Erscheinungen) darzulegen und zu beweisen. Solche Werturteile sind lediglich so weit plausibel zu machen, dass das Verwaltungsgericht sie im Rahmen der genannten, für Akte wertender Erkenntnis geltenden Prüfungsmaßstäbe nachprüfen kann. In diesem Sinne hat der Dienstherr die wesentlichen schriftlichen Auswahlerwägungen zu dokumentieren (Nds. OVG, Beschluss vom 18.08.2011 – 5 ME 212/11 –, juris, Rn. 12 m.w.N.). Eine maßgeblich auf die Eindrücke in einem Auswahlgespräch gestützte Bewerberauswahl kann nur dann gerichtlich überprüft und dem Gebot der Transparenz gerecht werden, wenn die die Stellenbewerber gerichteten Fragen bzw. die besprochenen Themen, die Antworten der Bewerber, die Bewertung dieser Antworten durch die Auswahlkommission sowie der persönliche Eindruck von den Bewerbern zumindest in den Grundzügen nachvollziehbar festgehalten werden; ein Protokoll der Gespräche ist nicht erforderlich (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2012 – OVG 6 S 50.11 – juris, Rn. 5 m.w.N.; Sächsisches OVG, Beschluss vom 03.09.2004 – 3 BS 167/04 –, juris, Rn. 16; OVG NRW, Beschluss vom 13.05.2004 – 1 B 300/04 – juris, Rn. 17; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2015 – 26 L 3092/14 –, juris, Rn. 50). Weiterhin muss die Sach- und Fachkunde der an dem Auswahlverfahren beteiligten Personen - der Mitglieder der Auswahlkommission - gewährleistet sein (OVG NRW, a.a.O., Rn. 17; VG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 53)
§ 8 Abs. 6 VOProf. bestimmt, dass die zur persönlichen Vorstellung Eingeladenen einen Vortrag und eine Probelehrveranstaltung zu halten und eine wissenschaftliche Aussprache zu führen haben (Satz 3). Bei der Bewertung der Probelehrveranstaltungen wird der Meinung der Studierenden besondere Beachtung geschenkt; das Votum der Studierenden ist zu dokumentieren (Satz 4). Die Berufungs- bzw. Auswahlkommission sorgt dafür, dass die Öffentlichkeit, insbesondere die studentische, an den Vorträgen, Probelehrveranstaltungen und Aussprachen teilnehmen kann (Satz 5). Die Berufungs- bzw. Bestellungsakte hat insbesondere zu enthalten (§ 13 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Anlage 1 Ziffer 3 VOProf.): „Abschlussbericht über die Arbeit der Berufungs- bzw. Auswahlkommission, eine Begründung für die gewählte Reihenfolge und eine eingehende und vergleichende Würdigung der fachlichen, pädagogischen und persönlichen Eignung der Platzierten; Gründe für das Ausscheiden jeder Bewerberin und jedes Bewerbers; Votum der Studierenden zu den persönlichen Anhörungen […]“.
bbb) Das Votum „der Studierenden“ hat die Antragsgegnerin nicht eindeutig dokumentiert. Wenn es in dem Protokoll der zweiten Sitzung der Berufungskommission und dem Abschlussbericht der Berufungskommission heißt „Die anwesenden Studierenden vergaben folgende Schulnote“, wird nicht deutlich, ob die beiden bei der Sitzung der Berufungskommission anwesenden studentischen Mitglieder oder die bei der Probelehrveranstaltung anwesenden Studierenden gemeint sind - auch wenn in dem Abschlussbericht erwähnt wird, die „anwesenden Studierenden [hätten] die Vorträge der KandidatInnen auf Evaluationsbögen bewertet“.
ccc) Die von der Antragsgegnerin faktisch praktizierte Einbeziehung des Votums der bei den Probelehrveranstaltungen anwesenden Studierenden verstößt gegen § 8 Abs. 6 Satz 4 VOProf. Die Willensbildung innerhalb der Berufungskommission verlief insoweit fehlerhaft.
Die Bewertung durch die „Studierenden“ wird von der Antragsgegnerin intransparent und rechtswidrig umgesetzt. Der Begriff der „Studierenden“ in § 8 Abs. 6 Satz 4 VOProf. meint nur die studentischen Vertreter in der Berufungskommission. Indem zumindest eine studentische Vertreterin in die Berufungskommission jedoch ein Votum einbrachte, das sich als Ergebnis einer Verbindung der Einschätzung aller bei der Probelehrveranstaltung anwesender Studierender und der persönlichen Meinung darstellt, verletzte die Antragsgegnerin den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers.
(1) Der Wortlaut des § 8 Abs. 6 Satz 4 VOProf. lässt offen, ob es sich bei den „Studierenden“ um die studentischen Vertreter in der Berufungskommission oder um die bei der Probelehrveranstaltung anwesenden Studierenden handelt.
Die Berufungskommission ist nach Gruppen zusammengesetzt (§ 28 Abs. 2 Satz 2 NHG), wobei eine dieser Gruppen die Studierendengruppe ist, die von den Studierenden - in ihrer Gesamtheit - gebildet wird (§ 16 Abs. 2 Satz 4 Nr. 3 NHG). Die Ordnung der Antragsgegnerin bestimmt insoweit, dass zu der Berufungskommission u.a. zwei Mitglieder der Studierendengruppe gehören. Für ein Verständnis der „Studierenden“ als studentische Mitglieder der Berufungskommission spricht systematisch der Vergleich zu § 8 Abs. 6 Satz 5 VOProf. Der dort verwandte Begriff der „studentischen Öffentlichkeit“ ist weiter gefasst; ihr stehen umfassende Anwesenheitsrechte bei den gesamten Anhörungen zu, während das Votum der Studierenden nur bei der Bewertung der Probelehrveranstaltung - also nicht des Vortrags und der Aussprache - von Bedeutung ist.
(2) Ein weites Verständnis des Begriffs der „Studierenden“ mag zwar der Sicherung einer möglichst hohen und an möglicherweise unterschiedlichen studentischen Bedürfnissen ausgerichteten Qualität der Lehre dienen, es widerspricht jedoch den allgemeinen Erfordernissen für die Besetzung einer Auswahlkommission, die über die Besetzung öffentlicher Ämter i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG entscheidet.
Zum einen muss die Sach- und Fachkunde der an dem Auswahlverfahren beteiligten Personen gewährleistet sein, zum anderen muss die Auswahlkommission bei den persönlichen Vorstellungen aller Kandidaten personenidentisch besetzt sein, da ansonsten Maßstabsverschiebungen drohen mit der Folge, dass die Bewerber nicht vergleichbar bewertet werden. Praktisch gewährleistet werden kann die Einhaltung beider Anforderungen nur, wenn auf die Einschätzung der beiden studentischen Vertreter in der Berufungskommission abgestellt wird. Ansonsten müsste die Antragsgegnerin im Streitfalle darlegen, welche Studierenden an den Probelehrveranstaltungen teilgenommen haben, dass sie durchgängig anwesend waren und warum sie über die erforderliche Sachkunde verfügten. Die Voraussetzungen für diese Darlegung zu schaffen würde einen übermäßigen Verwaltungsaufwand bedeuten.
(3) Versteht man den Begriff der „Studierenden“ in dem Sinne, dass die studentischen Vertreter der Berufungskommission genannt sind, so liegt ein Verfahrensfehler vor, weil die Berufungskommission ihrer Auswahlentscheidung nicht nur das persönliche Votum der studentischen Vertreter der Berufungskommission zu Grunde gelegt hat.
Die studentische Vertreterin Frau E. hat bei den für die Probelehrveranstaltungen in die Sitzung der Prüfungskommission eingebrachten Schulnoten nicht allein ihre persönliche Einschätzung eingebracht, sondern ausweislich ihrer dienstlichen Erklärung auch die Ergebnisse der ausgewerteten Fragebögen. Es bleibt dabei unklar, welches Gewicht sie den Bewertungen der anderen Studierenden beimisst und welche Bedeutung ihrer eigenen Einschätzung im Vergleich dazu zukommt. Wenn sie erklärt, sie habe „immer versucht, ein möglichst repräsentatives Urteil abzugeben“, spricht dies dafür, dass sie den fremden Einschätzungen durchaus bedeutendes Gewicht beigemessen hat. Wie die Meinungsbildung der studentischen Vertreterin erfolgt ist, bleibt intransparent, zumal nicht dokumentiert ist, welche Studenten Fragebögen ausgefüllt haben und ob diese bei allen Probelehrveranstaltungen anwesend waren. Dieses intransparente Verfahren der Willensbildung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers.
ccc) Selbst wenn man § 8 Abs. 6 Satz 4 VOProf. in dem Sinne verstehen würde, dass das Votum aller bei den Probelehrveranstaltungen anwesenden Studierenden zu berücksichtigen wäre, wäre der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt, weil die Antragsgegnerin mangels Aufbewahrung der Antwortbögen ihren Dokumentationspflichten nicht nachgekommen wäre. Sie hätte in diesem Fall alle Antwortbögen aufbewahren müssen, um darlegen zu können, dass die betreffenden Studenten bei den Probelehrveranstaltungen aller Eingeladenen anwesend waren und welche Bewertung sie jeweils abgaben.
cc) Ob der Erlass der einstweiligen Anordnung auch aus anderen Gründen gerechtfertigt wäre, insbesondere ob die Berufungskommission der - einer Momentaufnahme gleichenden - persönlichen Vorstellung der Kandidaten ein zu großes Gewicht beigemessen hat (vgl. zu Auswahlgesprächen: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.11.2013 – 6 B 1193/13 –, juris, Rn. 24 m.w.N.; Nds. OVG, Beschluss vom 02.07.2008 – 5 ME 49/08 –, juris), lässt die Kammer ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob das Einwerben von Drittmitteln als Auswahlkriterium einen hinreichenden Bezug zu den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG aufweist.
dd) Es ist nicht auszuschließen, dass der aufgezeigte Fehler ursächlich für das Auswahlergebnis ist, der Antragsteller also in einem neuen, rechtmäßigen Auswahlverfahren möglicherweise ausgewählt würde. Im Hinblick auf den dem Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum ist es nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 – 2 BvR 857/02 –, NVwZ 2003, 200, juris, Rn. 16).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und hat daher gemäß § 154 Abs. 3 VwGO keine Kosten zu tragen, kann aber auch gemäß § 162 Abs. 3 VwGO ihrerseits keine Kostenerstattung beanspruchen.
4. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG in der zum Zeitpunkt der Antragstellung (05.12.2014) geltenden Gesetzesfassung in Höhe der Hälfte des jährlichen Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe W 3 zum Zeitpunkt der Antragstellung (5.698,74 € x 12 x 0,5 = 34.192,44 €). Im Rahmen des § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG ist der 12-fache Betrag des Endgrundgehaltes zuzüglich etwaiger ruhegehaltfähiger Zulagen zu Grunde zu legen. Auf Grund der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache hat die Kammer von einer Halbierung des Streitwertes nach Ziff. 1.5 des Streitwertkataloges 2013 (NVwZ-Beilage 2/2013 zu NVwZ-Heft 23/2013) abgesehen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.05.2013 - 5 ME 92/13 -, juris, Rn. 27 ff. und Beschluss vom 09.03.2015 – 5 OA 31/15 –, juris).