Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 23.04.2015, Az.: 3 A 39/14

Ausbildungskosten; Entlassung; Fachausbildung; Fahrerlaubnis; Führerschein; geldwerter Vorteil; Kraftfahrer; Kriegsdienstverweigerer; Lastkraftwagen; LKW; Rückforderung; Soldat auf Zeit; Spezialgrundausbildung

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
23.04.2015
Aktenzeichen
3 A 39/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45023
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei einer Kraftfahrerausbildung, an der Soldaten neben der allgemeinen militärischen Ausbildung, die jeder Soldat entsprechend seiner Laufbahn erhält, teilnehmen müssen, um die ihnen zugewiesenen militärischen Aufgaben sachgerecht wahrnehmen zu können und durch die sie zum Führen von Lastkraftwagen befähigt werden, handelt es sich um eine der Kostenerstattung unterliegende Fachausbildung im Sinne des SG § 56 Abs 4 S 1.

Tatbestand:

Der 1986 geborene Kläger wendet sich als ehemaliger Soldat auf Zeit gegen die Erstattung der Kosten einer Spezialgrundausbildung als Kraftfahrer.

Im April 2008 bewarb sich der Kläger für die Laufbahnen der Feldwebel bei der Bundeswehr im Bereich Heer oder Luftwaffe mit den Verwendungswünschen Pionier-Feldwebel, hilfsweise Hundeführer. Er verpflichtete sich, 12 Jahre Wehrdienst zu leisten (Bl. A II der Personalakte) und bestätigte, über § 56 Abs. 4 SG belehrt worden zu sein (Bl. C V der Personalakte). Mit Wirkung zum 01.10.2008 ernannte ihn das Bundesministerium der Verteidigung unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zunächst zum Pionier. Zu einer Festsetzung der vollen Dienstzeit von 12 Jahren kam es nicht mehr, da der Kläger mit Ablauf des 19.01.2010 gemäß § 55 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 2 Nr. 7 SG als anerkannter Kriegsdienstverweigerer aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit entlassen wurde.

Im Laufe seiner militärischen Ausbildung nahm der Kläger auf Kosten der Bundesrepublik Deutschland vom 16.03.2009 bis 30.04.2009 (46 Tage) an einem Verwendungslehrgang „SGA Kraftfahrer BCE“ in dem Kraftfahrausbildungszentrum H. teil (Bl. A III der Personalakte). Es handelt sich dabei um eine spezielle Grundausbildung, die je nach Verwendung des Soldaten neben die von allen Soldaten gleichermaßen zu absolvierende Ausbildung - wie die Schießausbildung, die ABC-Ausbildung oder die Ersthelferausbildung - tritt. In dieser Spezialgrundausbildung erwerben Soldaten die Fahrerlaubnis der Klassen B, C und CE, die zum Führen von Lastkraftwagen im Straßenverkehr berechtigt. Sie erlangen dadurch für den zivilen Bereich die Befähigung, die Tätigkeit eines Berufskraftfahrers auszuüben. Die Kraftfahrerausbildung erhalten insbesondere Angehörige der Pioniertruppe in der Laufbahn der Feldwebel, wie der Kläger. Die Pioniertruppen der Bundeswehr sind dafür zuständig, Wege für die Fahrzeuge und Feldlager bzw. Camps der Bundeswehr im (Auslands-)Einsatz anzulegen. Dafür ist schweres und Schwerstgerät mittels Lastkraftwagen zu transportieren. Die entsprechenden Führerscheinklassen sind in dem zivilen Führerschein des Klägers eingetragen, allerdings ist die Fahrerlaubnis zum Führen von Lastkraftwagen derzeit mangels medizinischer Untersuchung verfallen.

Nach Anhörung des Klägers und Kostenermittlung durch das Bundesamt für Wehrverwaltung (Bl. 19 f. Beiakte A) forderte ihn das Bundespersonalamt der Bundeswehr durch Leistungsbescheid vom 12.11.2013 unter Beifügung von Berechnungen auf, die anlässlich seiner Fachausbildung in Höhe von 3.034,62 € entstandenen Kosten gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG zu erstatten.Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation des Klägers werde eine verzinsliche Stundung durch Einräumung von monatlichen Teilzahlungen in Höhe von 100,00 € gewährt, die hinsichtlich der Ratenhöhe jährlich überprüft werde. Gegebenenfalls könnten dem Kläger auf Antrag weitere Zahlungserleichterungen eingeräumt werden. Er könne auch höhere Teilzahlungen leisten. Ab Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens ab dem 01.01.2014, würden Stundungszinsen in Höhe von jährlich 4 % auf den Erstattungsbetrag erhoben, wobei die Zinsen erst nach Erledigung der Hauptforderung berechnet und eingezogen würden und sich die eingeräumte Stundung auch auf die angefallenen Stundungszinsen erstrecke. Das Bundespersonalamt der Bundeswehr sicherte dem Kläger außerdem zu, einem etwaigen Antrag auf Erlass des restlichen Forderungsbetrages zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze stattzugeben, wenn er bis dahin seinen Mitwirkungs- und Zahlungsverpflichtungen nachgekommen sei.

Die Kraftfahrerausbildung sei eine erstattungspflichtige Fachausbildung. Für den Lehrgang seien Kosten in Höhe von 2.915,75 € angefallen. Im Rahmen der Ermessensausübung werde auf einen Teilbetrag von 137,91 € verzichtet, der sich aus der von dem Kläger anteilig abgeleisteten Stehzeit (6,3 %) multipliziert mit dem Faktor 0,75 im ersten Drittel der Stehzeit ergebe (6,3 % x 0,75 x 2.915,75 €), sog. Abdienquote. Die Abdienzeit werde dabei abgestuft berücksichtigt (0,75 für das erste Drittel der Bleibeverpflichtung; 1,05 für das zweite und 1,2 für das letzte Drittel), weil die Dienstleistung unmittelbar nach Ableistung der Fachausbildung oder des Studiums im ersten Drittel mangels Berufspraxis und Berufserfahrung einen geringeren Nutzen für den Dienstherrn habe und sich erst im letzten Drittel die Ausbildung besser amortisiert habe und der Ausgeschiedene in diesem Zeitfenster weniger Verwerfungen im Personalkörper verursache. Vom Teilverzicht im Hinblick auf die Abdienzeit ausgenommen seien die persönlichen Kosten (Reisekosten und Trennungsgeld), die hier mit 256,78 € hinzuzuaddieren seien. In der Summe ergäben sich 3.034,62 €. Im Rahmen der Ermessensausübung und Härtefallprüfung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger als Kriegsdienstverweigerer die Kosten der Ausbildung nur in dem Umfang erstatten müsse, der ihm für sein weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben sei. Es sei auf die Kosten einer vergleichbaren zivilen Ausbildung abzustellen. Hierbei sei auf den  kommerziell nutzbaren Anteil der militärischen Ausbildung und die Zeiträume der absolvierten Fachausbildung abzustellen. Die erworbenen Fahrerlaubnisklassen seien für den Kläger zivil nutzbar. Die Kosten für den zivilen Erwerb einer Fahrberechnung würden fiktiv mit 2.296,41 € veranschlagt, da die genauen Teilnahme- oder Kursgebühren nicht mehr ermittelbar gewesen seien. Hinzu kämen die persönlichen Kosten in Höhe von 256,78 € und die ersparten Lebenshaltungskosten in Höhe von 987,30 €, die unter Zugrundelegung der Ausbildungsdauer und des steuerrechtlichen Existenzminimums (7.834 € x 46/356 Tage) ermittelt worden seien. Erspart habe der Kläger demnach Kosten in Höhe von 3.540,49 €. Bei der Ermittlung der Rückforderung werde auf den geringeren Betrag abgestellt. Für einen weiteren Verzicht bestehe kein Anlass.

Für eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Klägers bestünden keine Anhaltspunkte. Dennoch würde die Möglichkeit von Teilzahlungen eingeräumt.

Die Zinspflicht sei verhältnismäßig. Der Zinssatz von 4% bewege sich im Verhältnis zu den am Kapitalmarkt üblichen Soll- bzw. Kreditzinsen auf sehr niedrigem Niveau. Die Möglichkeit des Erlasses einer gegebenenfalls noch offenen Restforderung zwei Jahre vor Beginn der Regelaltersgrenze (§ 35 bzw. § 235 SGB VI) erscheine angemessen. Sollte der Kläger bei seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben einer früheren Altersgrenze unterliegen, werde diese berücksichtigt.

Gegen den Leistungsbescheid erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten ohne Begründung Widerspruch. Diesen wies das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr durch Widerspruchsbescheid vom 12.03.2014, zugestellt am 14.03.2014, nach Stellungnahme der für den Erlass des Leistungsbescheides zuständigen Abteilung zurück. Es wiederholte und vertiefte die Ausführungen aus dem Leistungsbescheid.

Der Kläger hat am 14.04.2014 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, bei der Kraftfahrerausbildung handle es sich nicht um eine Fachausbildung i.S. des § 56 Abs. 4 SG, sondern um eine allgemeine militärische Ausbildung, die im zivilen Bereich nicht von Nutzen sei, dies ergebe sich auch bereits aus Ziffer 5 der ZDv 14/5. Als technischer Zeichner habe er von der Fahrerlaubnis nie Gebrauch gemacht. Ferner sei die Ausbildung auch für seine Tätigkeit bei der Bundeswehr nicht notwendig gewesen. Des Weiteren bestreite er die angefallenen Kosten auch der Höhe nach: Die Berechnung der tatsächlich angefallenen Kosten durch die Beklagte sei nicht nachvollziehbar und berücksichtige zu Unrecht auch solche Kosten, die unabhängig von seiner Teilnahme an der Kraftfahrausbildung „sowieso“ angefallen seien. Zudem habe die Beklagte die Härtefallprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt und ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, insbesondere nicht in Bezug auf seine persönliche Zwangslage und den Verzicht auf einen Teil der Kosten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 12.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen im Leistungsbescheid und im Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend unter Vorlage von erläuterten Berechnungen vor, die Höhe der geltend gemachten Erstattung sei nicht zu beanstanden. Der Lehrgang sei notwendig gewesen, damit der Kläger als Angehöriger der Pioniertruppe in der Laufbahn der Feldwebel die diesen zugewiesenen militärischen Aufgaben (Arbeiten mit Schwerstgerät und Transport von Gütern) habe wahrnehmen können.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist nur zu einem geringen Teil begründet. Lediglich soweit der angefochtene Leistungsbescheid vom 12.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014 die Erhebung von Stundungszinsen in Höhe von mehr als 1,5 % jährlich vorsieht, ist er rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und die Klage unbegründet.

1. Die Rückforderung von Fachausbildungskosten in Höhe von 3.034,62 € einschließlich der „persönlichen Kosten“ in Höhe von 256,78 € ist rechtmäßig.

a) Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG. Danach muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war und der auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten. Gemäß Satz 3 kann auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Nach 55 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SG ist ein Soldat auf Zeit zu entlassen, wenn er als Kriegsdienstverweigerer anerkannt ist; diese Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag.

b) An der Vereinbarkeit des § 56 Abs. 4 SG mit dem Grundgesetz bestehen keine Zweifel (vgl. VG Münster, Urteil vom 21.08.2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 23-31 m.w.N.).

c) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG liegen vor, da die militärische Ausbildung des Klägers als Soldat auf Zeit mit einer Fachausbildung verbunden war und er als anerkannter Kriegsdienstverweigerer gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 Hs. 2 SG als auf eigenen Antrag entlassen gilt.

Der Verwendungslehrgang „SGA Kraftfahrer BCE“ ist eine Fachausbildung, da der Kläger an dem Lehrgang neben der allgemeinen militärischen Ausbildung teilnehmen musste, um seine Aufgaben als Angehöriger der Pioniertruppe in der Laufbahn der Feldwebel sachgerecht erfüllen zu können, eine zusätzliche Berechtigung erwarb und nicht jeder Soldat in der Laufbahn der Feldwebel des Truppendienstes (vgl. Anlage 3 Abs. 2 Nr. 2 a) SLV [Verordnung über die Laufbahnen der Soldatinnen und Soldaten - Soldatenlaufbahnverordnung]) diesen Lehrgang absolvieren muss.

Bei der Auslegung des Begriffes der „Fachausbildung“ ist allein auf den Zweck der jeweiligen Verwendung eines Berufssoldaten abzustellen. Fachausbildung ist eine besondere, für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung mit einem bestimmten Ausbildungsziel, die - sei es nach einer Prüfung oder nach einem planmäßigen Abschluss - zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass es sich um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung, die jeder Soldat entsprechend seiner Laufbahn erhält, vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gaben und die den Soldaten befähigen soll, eine militärische Funktion zu übernehmen, die er nach Einschätzung der verantwortlichen Stellen der Bundeswehr ohne die zu vermittelnden Kenntnisse oder Fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann. Inwieweit eine solche Fachausbildung auch im zivilen Bereich Ausbildungscharakter hat oder ob sie zu einer Berechtigung führt, die auch außerhalb der Bundeswehr anzuerkennen ist, hat für die Auslegung des soldatenrechtlichen und der Sache nach auf den Militärdienst bezogenen Begriffes der „Fachausbildung“ keine Bedeutung (BVerwG, Beschluss vom 28.09.1983 – 6 B 13/83 –, juris, Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 21.04.1982 – 6 C 3/81 –, BVerwGE 65, 203, juris, Rn. 27; Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 8. Aufl. 2008, § 46 Rn. 27 f.).

Im Einklang mit dieser Rechtsprechung definiert die - für die Kammer nicht verbindliche - Verwaltungsvorschrift ZDv 14/5 B155 „Entlassung auf eigenen Antrag von Berufssoldaten, deren militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war“ (Bl. 52-56 der Gerichtsakte) den Begriff der „Fachausbildung“ als eine „besondere einheitliche Ausbildung außerhalb des allgemeinen Truppendienstes mit einem bestimmten Ausbildungsziel, die in einem geregelten Ausbildungsgang durch qualifiziertes Personal vermittelt wird und die - sei es durch Prüfung oder nach einem planmäßigen Abschluss - zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt. Bei der Feststellung, ob eine Fachausbildung vorliegt, kommt es nicht darauf an, inwieweit sie im zivilen Bereich Ausbildungscharakter hat oder ob sie zu einer Berechtigung führt, die auch außerhalb der Bundeswehr anzuerkennen ist“ (Ziffer 5 Abs. 1). Die Fachausbildung stehe nicht im Gegensatz zur allgemeinen militärischen Ausbildung, sondern ergänze diese vielmehr. Sie solle den Soldaten befähigen, seine zukünftigen dienstlichen Verwendungen auf breiter Grundlage sachgerecht und erfolgreich zu erfüllen (Ziffer 5 Abs. 2).

Das Argument des Klägers, aus Ziffer 5 der ZDv ergebe sich, dass die Kraftfahrerausbildung nicht zivil nutzbar sei, überzeugt nicht. Zum einen nimmt die Vorschrift nicht speziell auf die Kraftfahrerausbildung Bezug, zum anderen lässt sich ihr nicht der Umkehrschluss entnehmen, dass bei Erwerb einer im zivilen Leben nutzbaren Berechtigung keine Fachausbildung vorliege. Die Bestimmung gibt im Wesentlichen lediglich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Definition des Begriffs der Fachausbildung wieder, die auch die Kammer ihrer Rechtsanwendung zugrundelegt.

Den Kraftfahrerlehrgang musste der Kläger notwendigerweise absolvieren, um als Angehöriger der Pioniertruppe die dieser zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen zu können. Das Bestreiten der Notwendigkeit durch den Kläger ist angesichts der Aufgaben, die der Pioniertruppe unstreitig zugewiesen ist, unerheblich. Die Transporte können naturgemäß nur mit einem Lkw-Führerschein durchgeführt werden.

d) Die Beklagte hat auch den Umfang der Erstattung ermessensfehlerfrei (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) festgelegt.

aa) Die Höhe des Erstattungsanspruchs ist vom Gesetz nicht auf die Höhe der entstandenen Ausbildungskosten festgelegt, sondern der Dienstherr ist nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG ermächtigt, von einem Erstattungsverlangen ganz abzusehen oder den Betrag zu reduzieren, wenn die Erstattung der Ausbildungskosten eine besondere Härte für den Soldaten bedeuten würde. Im Lichte des Art. 4 Abs. 3 GG ist § 56 Abs. 4 Satz 3 SG dahin auszulegen, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer die Kosten ihrer Ausbildung nur im Umfang des geldwerten Vorteils erstatten müssen, der ihnen aus der genossenen Fachausbildung für ihr weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben ist. Im Rahmen des Ermessens, das die Bundesrepublik Deutschland bei einer besonderen Härte ausüben muss, hat sie sich wegen der Verflechtung von Tatbestand und Rechtsfolge in der Vorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG für eine Reduzierung zu entscheiden. Art. 4 Abs. 3 GG fordert, dass diese Reduzierung zu dem Betrag führt, den der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat dadurch erspart hat, dass die Bundesrepublik Deutschland den Erwerb von Spezialkenntnissen und Fähigkeiten, die ihm in seinem weiteren Berufsleben von Nutzen sind, finanziert hat. Dieser Vorteil besteht in den - generalisierend und pauschalisierend zu ermittelnden - ersparten Kosten, die der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat in Ausbildungseinrichtungen außerhalb der Bundeswehr auf eigene Kosten hätte aufwenden müssen, um die während der Ausbildung bei der Bundeswehr gewonnenen und in seinem weiteren Berufsleben verwertbaren Spezialkenntnisse und -fähigkeiten zu erlangen. Nicht abzustellen ist hingegen auf eine Aussicht auf künftige Einnahmen. Durch den Vorteilsausgleich wird die Situation wiederhergestellt, die in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht bestand, bevor der Soldat die besondere Ausbildung absolviert hat. Mehr soll und darf bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes nicht abgeschöpft werden (BVerwG, Urteil vom 30.03.2006 – 2 C 19.05 –,  ZLW 2007, 288, juris, Rn. 15-20 m.w.N.; Parallelentscheidung: – 2 C 18.05 –, Buchholz 449 § 56 SG Nr 3, juris; Beschluss vom 22.07.1996 – 2 B 49.96 –, DVBl 1996, 1152, juris, Rn. 7; Nds. OVG, Beschluss vom 27.10.2014 – 5 LA 106/14 –, juris, Rn. 12).

Die Erstattungspflicht erstreckt sich nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SG auf die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung. Zu erstatten sind dabei grundsätzlich alle Kosten, die in einem adäquaten Zusammenhang mit dem Studium oder der Fachausbildung stehen. Hierzu gehören nicht nur unmittelbare Ausbildungskosten im engeren Sinne, wie Ausbildungs- bzw. Studiengebühren, Aufwendungen für Ausbildungsmittel und -ausrüstungen, sondern auch mittelbare Ausbildungskosten. Zu diesen persönlichen Kosten zählen beispielsweise Reisekosten, Trennungsgeld, Umzugskosten, ersparte Lebenshaltungskosten sowie die Kosten für die Krankenversicherung (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.03.2006, a.a.O., Rn. 21 f.; OVG NRW, Urteil vom 30.09.1999 – 12 A 1828/98 –, juris, Rn. 31; VG Münster, Urteil vom 21.08.2014, a.a.O., Rn. 40 f.).

bb) Die erworbenen Fähigkeiten sind für den Kläger in seinem weiteren Berufsleben vollständig nutzbar. Ob er sie tatsächlich einsetzt und an den zur Fortschreibung der Fahrerlaubnis erforderlichen medizinischen Untersuchungen teilnimmt, ist unerheblich.

cc) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei der Ermittlung der Rückforderungssumme auf die tatsächlichen Kosten der Fachausbildung abstellte, da diese die ersparten Kosten unterschritten. Der Kläger kann gegen die streitige Rückforderung nicht mit Erfolg einwenden, die Berechnung der fiktiv ersparten und der tatsächlich angefallenen Ausbildungskosten durch die Beklagte sei nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt. Sein Bestreiten der Darlegungen der Beklagten ist nicht hinreichend substanziiert.

Die Darlegungslast für die Aufschlüsselung der zurückgeforderten Ausbildungskosten trägt nach der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregel, wonach derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat, die Beklagte (Nds. OVG, Beschluss vom 27.10.2014 – 5 LA 106/14 –, juris, Rn. 5 ff.).

Die für den Erwerb einer vergleichbaren zivilen Ausbildung fiktiv aufzuwendenden Kosten hat die Beklagte angesichts des nur pauschalen Bestreitens des Klägers ausreichend dargelegt. Indem sie mit Schriftsatz vom 10.02.2015 aufgeschlüsselt hat, welche Einzelpositionen sie bei den Führerscheinkosten zu Grunde legte und dass sie das Zahlenmaterial durch Internetrecherchen gewann, hat sie den Anforderungen an die Darlegungslast Genüge getan. Die angegebenen Beträge sind plausibel.

Auch die tatsächlich angefallenen Kosten der Ausbildung des Klägers hat die Beklagte plausibel berechnet und mit Schriftsatz vom 16.01.2015 unter Einbeziehung der Ausbildungstage des Klägers aufgeschlüsselt sowie für die Kammer nachvollziehbar erläutert (insbesondere nach „Fertigungseinzelkosten“, „Fertigungsgemeinkosten“, „Bereitstellungskosten“ und „Kostensammlern“, Bl. 50 f. der Gerichtsakte). Höhere Anforderungen würden die Darlegungslast überspannen, insbesondere da die tatsächlich angefallenen Kosten von der Beklagten niedriger beziffert wurden als die ersparten Aufwendungen, deren Rückforderung grundsätzlich möglich wäre. Nicht ansatzweise sind Anhaltspunkte dargetan oder sonst ersichtlich, dass der Kostenaufstellung fehlerhafte Zahlen zugrunde lagen oder sie aus sonstigen Gründen grundlegend fehlerhaft wäre. Entgegen der Auffassung des Klägers sind „Sowieso“-Kosten hier nicht abzugsfähig, sondern zulässigerweise auf Anzahl und Unterweisungsumfang der Lehrgangsteilnehmer umgelegt.

Gegen den Ansatz und die Höhe des gewährten Trennungsgeldes, der Reisekostenvergütung (insgesamt 256,78 €) und der ersparten Lebenshaltungskosten (987,30 €) bestehen ebenfalls keine Bedenken.

Zu berücksichtigen ist hier, dass der Beklagten bei der Ermittlung der ersparten Aufwendungen für die Absolvierung der Fachausbildung auf eigene Kosten ein Pauschalierungs- und Typisierungsermessen eingeräumt ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27.02.2009 – 5 LB 175/06 –, DVBl. 2009, 531, juris, Rn. 42).

dd) Nicht zu beanstanden ist die Praxis der Beklagten, im Rahmen der ihr gemäß § 56 Abs. 4 Satz 3 SG obliegenden Ermessensentscheidung den Zeitraum vom Ende der Ausbildung bis zum planmäßigen Ende des Soldatenverhältnisses auf Zeit (Stehzeit) in drei gleichlange Abschnitte zu unterteilen, die Höhe eines teilweisen Verzichts auf die Rückforderung davon abhängig zu machen, in welcher Phase der Soldat vorzeitig ausscheidet, und im Falle eines Ausscheidens im 1. Drittel der Stehzeit auf den für die bereits abgediente Zeit ermittelten Prozentsatz den Multiplikator 0,75 anzuwenden. Diese Ausgestaltung einer Abdienregelung für den von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG betroffenen Personenkreis begegnet schon deshalb keinen Bedenken, weil es sich um eine gesetzlich nicht gebotene begünstigende Ermessenspraxis handelt. Dass der Multiplikator mit zunehmender Stehzeit ansteigt, hat die Beklagte nachvollziehbar damit begründet, dass der Nutzen der Dienstleistung für den Dienstherrn beginnend mit dem Abschluss einer Ausbildung im Laufe der folgenden Zeit stetig zunimmt und zudem die Amortisation der Ausbildung umso größer ist, je später der Soldat vor Ablauf seiner Stehzeit ausscheidet (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 15.08.2011 – 10 K 3864/10 –, juris, Rn. 25-27; OVG NRW, Urteil vom 30.09.1999 – 12 A 1828/98 –, juris, Rn. 48 ff.). Die auf dieser Grundlage vorgenommene Berechnung des Verzichtsbetrags begegnet keinen Bedenken.

ee) Weiterhin ist die Dauer der Zahlungspflicht im Falle einer Ratenzahlung nicht unangemessen lang. Nach bundesverwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung darf die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des ehemaligen Soldaten andauern, wenn sich die Bundesrepublik Deutschland entschließt, Ratenzahlungen zu gewähren, sondern muss zeitlich begrenzt sein (BVerwG, Urteil vom 30.03.2006, a.a.O., Rn. 24). Da der Kläger noch am Beginn seines beruflichen Werdegangs steht und die Rückforderungssumme relativ niedrig ist, hält es die Kammer für angemessen, wenn ein eventuell ausstehender Restbetrag (erst) zwei Jahre vor Erreichen der für den Kläger dann geltenden gesetzlichen Altersgrenze erlassen wird. Soweit in der Rechtsprechung eine Begrenzung der Verpflichtung zur Zahlung der Tilgungsraten auf einen Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Zeitsoldatenverhältnis bis zum Eintritt in das Rentenalter (§ 35 SGB VI) und damit - nach heutiger Rechtslage - ein Ende der Zahlungspflicht deutlich vor der Vollendung des 67. Lebensjahres für erforderlich gehalten wurde (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 08.09.2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 40), betraf diese Begrenzung deutlich höhere Rückforderungssummen; sie hängt im Rahmen der Ermessenausübung zudem von den individuellen wirtschaftlichen Verhältnissen des entlassenen Soldaten ab (vgl. VG München, a.a.O., Rn. 21). Räumt ihm die Beklagte im Rahmen der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG wie hier Ratenzahlungen ein, bleibt es dem Soldaten unbenommen, die hierdurch bewirkte Zahlungsdauer im Rahmen seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten durch höhere Ratenzahlungen zu verkürzen (VG Gießen, Urteil vom 05.11.2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 38).

2. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist im Hinblick auf die festgesetzten Stundungszinsen nur bis zu einer Höhe von 1,5 % jährlich rechtmäßig. Soweit darüber hinausgehende Zinsen gefordert werden, ist er rechtswidrig.

Die festgesetzten Zinsen finden ihre Rechtsgrundlage unmittelbar in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.11.2008, a.a.O., Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 30.09.1999, a.a.O., Rn. 64 ff., jeweils m.w.N.). Der Ermessensspielraum der Beklagten schließt auch die Entscheidung mit ein, ob und in welcher Höhe sie für die Stundung bzw. die Bewilligung von Ratenzahlung Stundungszinsen fordert. Da infolge der aufgeschobenen Tilgung die Hauptforderung dem Haushalt der Beklagten nicht sofort zur Verfügung steht und hierdurch auch auf Seiten der Beklagten ein Zinsverlust eintritt, ist es grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie dies über eine Verzinsung der gestundeten Beträge zumindest im gewissen Umfange auszugleichen sucht (vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.08.1996 – 12 A 2476/94 –, NWVBl 1997, 272, juris, Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.08.2011 – 10 K 3864/10 –, juris, Rn. 29).

Mit der Festlegung der Höhe des Zinssatzes auf 4 % jährlich hat die Beklagte die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens jedoch überschritten. Die Höhe der festgesetzten Zinsen hat sich an dem Liquiditätsnachteil der Beklagten zu orientieren, d. h. in Zeiten eines Haushaltsdefizits an dem Zinssatz, den die Beklagte aufwenden muss, um sich ihrerseits Liquidität zu verschaffen. Hierbei ist es der Beklagten im Rahmen ihres Ermessens nicht verwehrt, sich an der durchschnittlichen Zinshöhe der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Handlung zu orientieren. Insbesondere unter Berücksichtigung der statistischen Erhebung der Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen („Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Anleihen der öffentlichen Hand / Monatsdurchschnitte“ (abrufbar unter: http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Statistiken/Geld_und_Kapitalmaerkte/Zinssaetze_und_Renditen/Tabellen/tabellen_zeitreihenliste.html?id=16076 , zuletzt abgerufen am 23.04.2015) erweist sich zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im März 2014 ein Zinssatz in Höhe von 1,5 % p.a. noch als angemessen.

Eine hierüber hinausgehende Erhebung von Stundungszinsen lässt sich angesichts der deutlich veränderten Verhältnisse auch nicht auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, Urteil vom 16.08.1996, a.a.O., Rn. 18; ebenso: Hess. VGH, Beschluss vom 28.11.2008, a.a.O., Rn. 18; VG Bayreuth, Urteil vom 11.03.2014 – B 5 K 11.612 –, juris, Rn. 28) stützen, nach dem eine Zinshöhe von 4 % p.a. keine unverhältnismäßige Belastung darstelle, da sie im Verhältnis zu den auf dem Kapitalmarkt üblichen Soll- und Kreditzinsen relativ niedrig bemessen sei (VG Münster, Urteil vom 21.08.2014, a.a.O., Rn. 93-98; s.a. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 08.09.2014, a.a.O., Rn. 43-47).

Das Anfallen von Stundungszinsen bereits ab dem 01.01.2014 und damit vor Bestandskraft des über die Hauptforderung ergangenen Leistungsbescheides ist nicht zu beanstanden, da die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs unberührt lässt (OVG NRW, Urteil vom 16.08.1996 a.a.O., Rn. 18; VG Münster, Urteil vom 21.08.2014, a.a.O., Rn. 99 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.