Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 21.07.2003, Az.: 6 A 3718/00

Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bei Staatenlosigkeit; Notwendigkeit der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis trotz zwingender Versagungsgründe; Darlegungslast und Beweislast der Ausländerbehörde und Folgen bei deren Nichteinhaltung; Pflichten der Behörde im Rahmen eines Antrags auf Aufenthaltsbefugnis; Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von Versagungsgründen; Rechtmäßigkeit der Versagung jeglicher Möglichkeit zur Schaffung einer selbstverantwortlichen Lebensgrundlage; Anforderungen an eine ermessensfehlerfreie behördliche Entscheidung; Voraussetzungen für den Ablauf einer Aufenthaltsbefugnis; Bedingungen für einen rechtlich gesicherten Daueraufenthalt

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
21.07.2003
Aktenzeichen
6 A 3718/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 33362
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2003:0721.6A3718.00.0A

Fundstellen

  • NVwZ 2003, I 112 (amtl. Leitsatz)
  • NVwZ 2003, 112
  • NVwZ (Beilage) 2003, I 112 (amtl. Leitsatz)
  • NVwZ (Beilage) 2003, 112 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 6. Kammer -
ohne mündliche Verhandlung
am 21. Juli 2003
durch
den Richter am Verwaltungsgericht Oppenborn als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger hinsichtlich seines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Bescheid des Beklagten vom 10.01.2000 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 18.07.2000 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung des Beklagte entgegen stehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist nur wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis.

2

Der Kläger gibt an, er sei am I. in J. (Libanon) geboren worden und kurdischer Volkszugehörigkeit. Seine Staatsangehörigkeit in ungeklärt. Er reiste nach eigenen Angaben am 02.12.1994 vom Libanon aus in die Bundesrepublik Deutschland ein.

3

Am 06.12.1994 beantragten der Kläger, seine Ehefrau K. und seine im Jahr 1993 geborene Tochter L. beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) die Anerkennung als Asylberechtigte. Ausweislich der beigezogenen Asylverfahrensakte des Bundesamtes (Beiakte E) wurden der Kläger, seine Ehefrau und seine Tochter dort zunächst als libanesische Staatsangehörige behandelt.

4

Bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 12.12.1994 legte der Kläger zum Nachweis seiner Identität eine Heiratsurkunde vor, die er angeblich über seinen Schwager und dessen Bekannte erhalten habe. Der die Anhörung durchführende Mitarbeiter des Bundesamtes nahm dem Kläger diese Heiratsurkunde ab, händigte ihm eine Ablichtung aus und versandte das "Original" - offenbar zum Zwecke der Beschaffung von Pass- oder Passersatzpapieren - an eine andere Organisationseinheit ("PE"). Wo das Original dieses Dokumentes letztlich abgeblieben ist, konnte bislang jedoch nicht mehr aufgeklärt werden; die Beteiligten und das Bundesamt bestreiten jeweils, es in ihrem Besitz zu haben.

5

Mit Bescheid vom 15.12.1994 lehnte das Bundesamt die Anträge des Klägers und seiner Familie auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) offensichtlich nicht und die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorlägen. Gleichzeitig forderte das Bundesamt den Kläger und seine Familie unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe dieses Bescheides zur Ausreise auf und drohte ihnen die Abschiebung in den Libanon an.

6

Die Kammer lehnte den in diesem Zusammenhang gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit rechtskräftigem Beschluss vom 12.01.1995 - 6 B 9738/94 - ab und wies die gleichzeitig erhobene Klage mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 05.05.1995 - 6 A 9736/94 - ebenfalls ab. Die Gerichtsakten zu jenen Verfahren sind hier beigezogen worden.

7

Da dem Beklagten als der zuständigen Ausländerbehörde keine gültigen Pass- oder Passersatzpapiere für Kläger und seine Familie vorliegen, konnte eine Abschiebung des Klägers und seiner Familie in den Libanon bislang nicht durchgeführt werden. Der Kläger, seine Ehefrau und seine Tochter M. sind deshalb seit dem erfolglosen Abschluss ihrer Asylverfahren ununterbrochen im Besitz von Duldungen.

8

Am 26.04.1995 sprachen der Kläger und seine Ehefrau bei dem Beklagten vor und erklärten, zu einer freiwilligen Ausreise in den Libanon bereit zu sein und sich um die Beschaffung der erforderlichen Dokumente bemühen zu wollen. Danach legte der Kläger bei dem Beklagten eine Kopie eines Briefes an einen namentlich nicht näher bezeichneten "Freund" vom 27.04.1995 nebst Übersetzung und Einlieferungsschein der Post vom 28.04.1995 vor, in dem er um die Übersendung von "libanesischen Dokumenten (Auszug aus dem Personenstandsregister, Heiratsurkunde und Geburtsurkunde)" bittet. Eine Reaktion auf diesen Brief erfolgte, soweit ersichtlich, nicht.

9

Mit Schreiben vom 03.09.1995 beantragte der Kläger bei dem Beklagten, mit seiner Familie nach Nordrhein-Westfalen zu seinen dort lebenden Verwandten umziehen zu dürfen, weil er dort auch einer Beschäftigung nachgehen könne, um seiner Familie "eine bessere Zukunft schaffen" zu können. Hierzu legte er ein Schreiben der Firma N. aus O. vom 31.08.1995 vor, wonach er dort sofort unbefristet als Hilfsarbeiter eingestellt werden könne, wenn er im Besitz einer gültigen Aufenthaltsgenehmigung und einer Arbeitserlaubnis sei. Nachdem der Kreis Borken seine Zustimmung zu einer Umverteilung des Klägers und seiner Familie nach dort mit Schreiben vom 16.10.1995 abgelehnt hatte, lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 19.10.1995 jedoch ab.

10

Am 16.11.1995 teilte der Kreis Borken dem Beklagten telefonisch mit, bei den im dortigen Bezirk lebenden Personen der Familie "P.", die der Kläger als seine Verwandten bezeichnet habe, handele es sich sehr wahrscheinlich um türkische Staatsangehörige.

11

Der Kläger reichte sodann eine Ablichtung eines auf ihn ausgestellten libanesischen Führerscheins nebst Übersetzung zu den Akten des Beklagten. Ferner legte er dort eine Kopie eines an eine "Frau Q." gerichteten Briefes vom 27.11.1995 nebst Übersetzung und Einlieferungsschein der Post vom selben Tag vor, in dem er erneut um die Übersendung von Originaldokumenten aus dem Libanon oder einer Bescheinigung, dass Dokumente nicht vorhanden seien und nicht ausgestellt werden könnten, bat. Auch hierauf ist eine Reaktion, soweit ersichtlich, nicht erfolgt.

12

Nach einer erneuten Vorsprache des Klägers bei dem Beklagten am 28.11.1995 legte der Kläger dort unter dem 27.12.1995 eine Erklärung über Namen und Anschriften von vier Verwandten seiner Ehefrau aus der Familie "P." vor. Dabei handelte es sich angeblich um die Mutter, einen Bruder und zwei Cousins "im zweiten Grad" seiner Ehefrau, die teilweise in Deutschland und teilweise noch in Beirut lebten.

13

Am 16.01.1996 teilte der Kreis Borken dem Beklagten mit, es stehe noch nicht fest, ob es sich bei den dort lebenden Angehörigen der Familie "P." tatsächlich um türkische Staatsangehörige handele. Die diesbezüglichen Ermittlungen dauerten noch an.

14

Auf die nochmalige Aufforderung des Beklagten vom 19.08.1996, Originalunterlagen aus dem Libanon vorzulegen, übersandte der Kläger dem Beklagten im September 1996 eine Kopie eines an einen "Herrn R." gerichteten Briefes nebst Übersetzung, in dem er wiederum um die Übersendung von Dokumenten aus dem Libanon bat; dies sei nun der dritte Brief in dieser Angelegenheit. Auf Aufforderung des Beklagten legte der Kläger hierzu auch einen Einlieferungsschein der Post vom 09.09.1996 vor, in dem jedoch kein Empfänger eingetragen war.

15

Am 11.10.1996 wurde die zweite Tochter des Klägers, S., in Sulingen geboren. Sie ist seither ebenfalls im Besitz einer Duldung. Ein Asylantrag wurde für dieses Kind bislang nicht gestellt. Das Standesamt Sulingen stellte für dieses Kind unter dem 16.06.1997 eine internationale Geburtsurkunde aus.

16

Mit Schreiben vom 07.11.1996 übersandte das Standesamt Sulingen dem Beklagten eine Ablichtung der Heiratsurkunde des Klägers und seiner Ehefrau nebst Übersetzung, wobei nur auf der Übersetzung die Übereinstimmung der Ablichtung mit der Urschrift durch den Standesbeamten in Sulingen beglaubigt worden war.

17

Die Antragen des Beklagten bei der Grenzschutzdirektion Koblenz hinsichtlich des Verbleibs der Originalheiratsurkunde vom 19.11.1996 und 16.06.1997 blieben erfolglos. Die Grenzschutzpolizeidirektion Koblenz teilte dem Beklagten unter dem 18.07.1997 lediglich mit, Amtshilfeersuchen hinsichtlich der Beschaffung von Heimreisedokumenten für ausländische Staatsangehörige könnten gegenwärtig nicht mehr bearbeitet werden.

18

Mit Schreiben vom 24.07.1997 teilte der Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau erstmals mit, er wolle sich nunmehr selbst an die libanesische Botschaft wenden, um dort die erforderlichen Heimreisedokumente für den Kläger und seine Familie zu beschaffen, und forderte den Kläger und seine Ehefrau auf, ein entsprechendes Antragsformular auszufüllen, zu unterschreiben und mit vier Fotos versehen wieder beim ihm einzureichen. Dieser Aufforderung kamen der Kläger und seine Ehefrau nach.

19

Der Beklagte wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 06.08.1997 an die libanesische Botschaft in Bonn und bat um Ausstellung von Passersatzpapieren zur Ermöglichung der Rückkehr des Klägers und seiner Familie in den Libanon. Nachdem hierauf zunächst keine Reaktion erfolgt war, erinnerte der Beklagte die libanesische Botschaft mit Schreiben vom 26.11.1997 und 01.09.1998 noch einmal an sein Gesuch. Die libanesische Botschaft erklärte daraufhin gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 03.02.1999, die zuständigen libanesischen Behörden in Beirut hätten die Ausstellung von Passersatzpapieren für den Kläger und seine Familie mit Schreiben vom 31.07.1998 abgelehnt, weil diese im Libanon nicht registriert seien und daher keinen Anspruch auf Ausstellung von libanesischen Identitätsdokumenten hätten.

20

Auf seinen Antrag erteilte das Arbeitsamt Nienburg dem Kläger unter dem 09.07.1998 für die Zeit vom 10.06. bis zum 15.07.1998 eine befristete Arbeitserlaubnis für eine Beschäftigung als landwirtschaftliche Aushilfskraft. Einen weiteren Antrag des Klägers auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung für eine Beschäftigung als Bauhelfer lehnte das Arbeitsamt Nienburg hingegen mit Bescheid vom 29.10.1998 ab und wies auch den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.1998 zurück.

21

Mit Bescheid vom 30.06.1999 wies der Beklagte das Kind S. auf seine gesetzliche Ausreisepflicht hin, setzte ihm eine Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe dieses Bescheides und drohte ihm ebenfalls die Abschiebung in den Libanon an.

22

Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.07.1999 beantragten der Kläger, seine Ehefrau und seine beiden Kinder bei dem Beklagten die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen. Gleichzeitig erhob das Kind S. Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 30.06.1999.

23

Nachdem der Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau mit Schreiben vom 15.11.1999 angekündigt hatte, er beabsichtige, die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen abzulehnen, übersandten der Kläger und seine Ehefrau dem Beklagten zwei Übersetzungen jeweils vom 10.06.1997 über zwei Erklärungen jeweils vom 06.03.1997, in der zwei "Zeugen", "T." und "U.", jeweils bestätigten, dass der Kläger und seine Ehefrau miteinander verheiratet und im Libanon jeweils nicht registriert seien; die Echtheit der Unterschriften dieser beiden Zeugen ist angeblich jeweils mit dem Siegel des Bürgermeisters von Beirut beglaubigt worden.

24

Nach weiterem Schriftwechsel lehnte der Beklagte die Anträge des Klägers und seiner Familie auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen mit Bescheid vom 10.01.2000 ab. Zur Begründung gab der Beklagte im Wesentlichen an, gemäß § 30 Abs. 5 AuslG könne dem Kläger, seiner Ehefrau und seiner Tochter M. allenfalls nach § 30 Abs. 3 oder Abs. 4 AuslG eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden. Nach diesen beiden Vorschriften müsse die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen jedoch versagt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Die bisher nachgewiesenen Bemühungen um die Beschaffung von Pass- oder Passersatzpapieren und die bislang vorgelegten Unterlagen seien nämlich nicht ausreichend.

25

Gegen diesen Bescheid erhoben der Kläger und seine Familie mit anwaltlichem Schreiben vom 21.01.2000 Widerspruch. Die seinerzeit von dem Kläger und seiner Familie beauftragten Rechtsanwälte teilten dem Beklagten jedoch mit Schreiben vom 18.04.2000 mit, das dortige Mandat sei nach Übernahme der Vertretung durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers erloschen. Die Bezirksregierung Hannover wies den Widerspruch vom 21.01.2000 gegen den Bescheid des Beklagten vom 10.01.2000 und den Widerspruch des Kindes S. vom 09.07.1999 gegen den Bescheid des Beklagten vom 30.06.1999 schließlich mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2000 jeweils als unbegründet zurück. Zur Begründung machte auch die Widerspruchsbehörde im Wesentlichen geltend, die Voraussetzungen nach § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG lägen nicht vor, da der Kläger und seine Familie die ihrer freiwilligen Ausreise und ihrer Abschiebung entgegen stehenden Hindernisse selbst zu vertreten hätten und es ihnen auch zumutbar sei, sich um die Beschaffung der erforderlichen Papiere zu bemühen. Die bisherigen Angaben des Klägers und seiner Familie zum Grund ihrer Ausreise aus dem Libanon seien zudem nicht glaubhaft. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, warum eine Heiratsurkunde habe vorgelegt werden können, die Beschaffung anderer Papiere aber nicht möglich sein solle.

26

Der Kläger hat am 10.08.2000 Klage erhoben.

27

Zur Begründung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, jedenfalls die Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 AuslG lägen vor. Durchgreifende Zweifel an der Echtheit der von ihm vorgelegten Dokumente seien nicht begründet. Auch habe nicht er es zu vertreten, dass die von ihm beim Bundesamt vorgelegte Heiratsurkunde im dortigen Zuständigkeitsbereich verschwunden sei. Jedenfalls habe er sich hinreichend um die Beschaffung der erforderlichen Dokumente aus dem Libanon bemüht, dies jedoch ebenso erfolglos wie der Beklagte. Die Behauptung des Beklagten, er sei libanesischer Staatsangehöriger, sei im Übrigen nicht haltbar. Er selbst habe dies nie behauptet, und es lägen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass er die libanesische oder gar die türkische Staatsangehörigkeit besitze. Zutreffend sei vielmehr, dass er weder die libanesische noch die türkische Staatsangehörigkeit besitze und nicht im Libanon registriert sei; seine Staatsangehörigkeit sei ungeklärt. Die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis sei jedenfalls geboten, um ihm die Aufnahme einer legalen Beschäftigung zu ermöglichen und ihn unabhängig von Sozialleistungen zu machen. Es sei unzumutbar, ihm einerseits vorzuhalten, er beziehe Sozialleistungen und könne seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie nicht aus eigenen Mitteln bestreiten, und deshalb die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zu verweigern, ihm damit andererseits aber auch die Aufnahme einer legalen Beschäftigung unmöglich zu machen oder zumindest ganz erheblich zu erschweren.

28

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen,

29

hilfsweise:

den Beklagten zu verurteilen, aus seiner Duldungsbescheinigung den Hinweis zu entfernen, die Voraussetzungen des § 1 a Nr. 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes lägen vor.

30

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

31

Zur Begründung macht der Beklagte im Wesentlichen geltend, die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis komme auch nach § 30 Abs. 4 AuslG nach wie vor nicht in Frage. Denn der Kläger habe seine Identität nicht hinreichend nachgewiesen, und die von ihm vorgelegten Unterlagen begründeten Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Er, der Beklagte, sei hinsichtlich der Klärung der Identität und Staatsangehörigkeit zwingend auf die Mitwirkung des Klägers angewiesen, da nur dieser selbst über die erforderlichen Informationen verfüge. Ohne die notwendige Mitwirkung des Klägers sei er, der Beklagte, hinsichtlich der Beseitigung des Abschiebungshindernisses "recht hilflos". Es sei jedoch weiterhin davon auszugehen, dass es dem Kläger möglich und zumutbar sei, die erforderlichen Dokumente aus dem Libanon zu beschaffen.

32

Der Kläger und seine Familie beziehen gegenwärtig Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), und zwar in dem nach § 1 a Abs. 2 AsylbLG eingeschränkten Umfang.

33

Während des Klageverfahrens legte der Kläger drei Bescheinigungen vor, nach denen er in den jeweiligen Betrieben sofort unbefristet eingestellt werden könne, wenn er im Besitz einer Arbeitsgenehmigung sei.

34

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28.08.2001 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

35

Mit Beweisbeschluss vom 12.07.2001 hat das Gericht eine Beweiserhebung über die mögliche Echtheit der von dem Kläger vorgelegten Ablichtungen der Heiratsurkunde und der beiden Erklärungen vom 06.03.1997 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Deutschen Orient-Instituts (DOI) angeordnet. Das DOI hat daraufhin unter dem 02.09.2002 ein Gutachten erstattet und darin u.a. festgestellt, die der übersandten Ablichtung zu Grunde liegende Heiratsurkunde wie auch die beiden Erklärungen vom 06.03.1997 seien wahrscheinlich nicht echt; es bestehe jedoch ggf. die Möglichkeit für den Kläger, sich aus dem Libanon eine beglaubigte Abschrift der Originalheiratsurkunde aus dem Zivilregister zu beschaffen. Die Beteiligten haben sich zu diesem Gutachten geäußert.

36

Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 06.06.2003 und 12.06.2003 ausdrücklich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu diesem Verfahren und zu den Verfahren 6 B 9738/94 und 6 A 9736/94 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten A bis D) und des Bundesamtes (Beiakte E) verwiesen.

Entscheidungsgründe

38

Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch den Berichterstatter als Einzelrichter sowie im ausdrücklich erklärten Einverständnis der Beteiligten nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.

39

Die zulässige Verpflichtungsklage ist teilweise begründet. Denn die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger durch den Bescheid des Beklagten vom 10.01.2000 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 18.07.2000 ist wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig (§ 114 Satz 1 VwGO) und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Sache ist jedoch noch nicht spruchreif, so dass der Beklagte nicht zur Erteilung der begehrten Aufenthaltsbefugnis, sondern lediglich zur Neubescheidung des Klägers unter Beachtung der im Folgenden auszuführenden Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten ist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

40

Als Rechtsgrundlage für die Erteilung der von dem Kläger begehrten Aufenthaltsbefugnis kommen hier nur § 30 Abs. 3 oder Abs. 4 AuslG in Betracht. Denn nach § 30 Abs. 5 AuslG darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, eine Aufenthaltsbefugnis nur nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 des § 30 AuslG erteilt werden. Dies trifft auf den Kläger zu.

41

Ob der Kläger die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse, nämlich das Fehlen der erforderlichen Heimreisedokumente, selbst zu vertreten hat mit der Folge, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG ausgeschlossen wäre, kann offen bleiben. Denn jedenfalls liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 AuslG vor, und ein Anwendungsvorrang des § 30 Abs. 3 AuslG besteht insoweit nicht. Nach § 30 Abs. 4 AuslG kann einem Ausländer, der seit mindestens zwei Jahren unanfechtbar ausreisepflichtig ist und eine Duldung besitzt, abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 AuslG eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden, es sei denn, der Ausländer weigert sich, zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Abschiebungshindernisses zu erfüllen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier hinsichtlich des Klägers als erfüllt anzusehen. Unstreitig ist zunächst, dass der Kläger seit deutlich mehr als zwei Jahren unanfechtbar ausreisepflichtig ist und eine Duldung besitzt.

42

Dass die ansonsten zwingenden Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 AuslG vorliegen, weil der Kläger ohne das erforderliche Visum eingereist ist (Nr. 1) und, soweit feststellbar, keinen Pass besitzt (Nr. 3) und seine Identität und Staatsangehörigkeit ungeklärt ist und er keine Berechtigung zur Rückkehr in einen anderen Staat besitzt (Nr. 4), ist hier unschädlich, weil § 30 Abs. 4 AuslG nach seinem eindeutigen Wortlaut die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis u.a. abweichend von § 8 Abs. 1 AuslG zulässt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 15.02.2001 - 1 C 23.00 - NVwZ 2001, 929 = BVerwGE 114, 9).

43

Ferner kann nicht festgestellt werden, dass sich der Kläger weigerte, zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Abschiebungshindernisses zu erfüllen. Mit dieser Voraussetzung stellt die Vorschrift des § 30 Abs. 4 AuslG auf die Obliegenheit des Ausländers ab, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, etwaige Abschiebungshindernisse zu überwinden. Dafür ist es nicht erforderlich, dass er sich "förmlich" weigert, ein Abschiebungshindernis zu beseitigen. Es genügt, dass er zumutbare Handlungen zur Ermöglichung seiner Ausreise unterlässt oder verzögert. Derartige Handlungen können allerdings nicht verlangt werden, wenn sie von vornherein aussichtslos sind, d.h. wenn praktisch ausgeschlossen erscheint, dass sie das Abschiebungshindernis beseitigen können. Ohne Bedeutung ist dabei, ob das Hindernis schuldhaft geschaffen worden ist (BVerwG, Urteil vom 15.02.2001, a.a.O., m.w.N.).

44

Dabei folgt aus der Formulierung des Gesetzes ("es sei denn"), dass es sich insoweit nicht um eine anspruchsbegründende, sondern eine anspruchsausschließende Tatsache handelt. Insoweit sind - wie generell im Verwaltungsprozess - die allgemeinen Beweislastregeln und der Grundsatz der materiellen Beweislast zu beachten: Nach allgemeinen Beweislastregeln hat derjenige, der einen Anspruch im Prozess als Kläger geltend macht, das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Dies gilt etwa hinsichtlich des § 30 Abs. 3 AuslG für den Umstand, dass das Ausreise- und Abschiebungshindernis nicht von dem Ausländer zu vertreten sein darf; dieses negative, anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmal hat im Zweifel der Ausländer zu beweisen. Kann eine solche Tatsache letztlich trotz der nach § 86 Abs. 1 VwGO vom Gericht von Amts wegen vorzunehmenden Sachverhaltserforschung nicht zu der nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO maßgeblichen Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, geht diese Nichterweislichkeit auch im Verwaltungsprozess nach dem Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Klägers. Sind hingegen alle anspruchsbegründenden Tatsachen festgestellt worden, ist es Sache desjenigen, der sich als Beklagter eines Anspruches erwehren will, etwaige anspruchsausschließende Tatsachen darlegen und erforderlichenfalls beweisen. Können derartige Tatsachen nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, geht dies nach dem Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Beklagten mit der Folge, dass der Klage grundsätzlich stattzugeben ist.

45

Dementsprechend obliegt es im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG der Ausländerbehörde, darzulegen und im Zweifel zu beweisen, welche ihm möglichen und zumutbaren Handlungen zur Ermöglichung seiner Ausreise der Ausländer konkret unterlassen oder verzögert hat und dass diese Handlungen nicht von vornherein aussichtslos (gewesen) wären (so im Ergebnis auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.09.1997 - 1 S 103/96 - EZAR 017 Nr. 13). Kann eine dahingehende Feststellung vom Gericht nicht getroffen werden, geht dies in diesem Zusammenhang zu Lasten der Behörde. So liegt es hier.

46

Dem Beklagten ist es hier nämlich nicht gelungen, aufzuzeigen, welche konkreten und nicht von vornherein aussichtslose Handlungen zur Beseitigung seiner Passlosigkeit der Kläger unterlassen oder verzögert hat, und auch das Gericht vermag Derartiges nicht zu erkennen.

47

Insoweit ist es jedenfalls nicht ausreichend, festzustellen, dass der Kläger bislang keine oder jedenfalls nur überaus zweifelbehaftete Unterlagen zum Nachweis seiner Identität und/oder Staatsangehörigkeit vorgelegt hat. Dies ist zwar als solches sicherlich zutreffend. Denn es bestehen auf Grundlage des Sachverständigengutachtens des DOI vom 02.09.2002 in der Tat nicht unerhebliche Zweifel daran, dass der von dem Kläger vorgelegten Ablichtung einer Heiratsurkunde eine echte Urkunde zu Grunde liegt und die in ihr vermeintlich dokumentierten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Gleiches gilt auch für die von dem Kläger und seiner Ehefrau vorgelegten Erklärungen vom 06.03.1997. Insoweit wird auf das Gutachten des DOI vom 02.09.2002 verwiesen, das nach Auffassung des Gerichts insoweit nachvollziehbar und überzeugend ist.

48

Jedoch ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG nicht maßgeblich darauf ankommt, ob und inwieweit der Ausländer auf Grund seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens das Bestehen des Abschiebungshindernisses zu vertreten oder gar schuldhaft herbeigeführt hat. Entscheidend ist an dieser Stelle vielmehr ausschließlich die Frage, ob und ggf. welche konkreten und nicht von vornherein aussichtlosen Handlungen der Ausländer gegenwärtig noch zur alsbaldigen Beseitigung des bestehenden Abschiebungshindernisses unternehmen kann. Dies konkret darzulegen und erforderlichenfalls unter Beweis zu stellen ist indes, wie dargelegt, Sache des Beklagten. Das Gericht vermag jedenfalls nicht festzustellen, was genau der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch unternehmen können sollte, um mit hinreichend konkreter Aussicht auf (baldigen) Erfolg an der Beschaffung von Heimreisedokumenten für sich (und seine Familie) mitzuwirken.

49

Dabei führt auch die Mutmaßung des Beklagten, die Ehefrau des Klägers könne möglicherweise die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, nicht weiter. Denn die diesbezüglichen Ermittlungen des Kreises Borken sind offenbar bis heute ohne greifbares Ergebnis geblieben, und im Übrigen gäbe die Feststellung, dass die Ehefrau des Klägers türkische Staatsangehörige ist, unmittelbar noch nichts für die Annahme her, der Kläger selbst sei ebenfalls türkischer oder gar libanesischer Staatsangehöriger.

50

Schließlich hat auch das an die libanesische Botschaft gerichtete Ersuchen des Beklagten ergeben, dass der Kläger und seine Familie im Libanon nicht registriert seien und sie daher keinen Anspruch auf die Ausstellung von libanesischen Identitätsnachweisen hätten. Offen ist dabei zwar, ob diese Erklärung der libanesischen Botschaft auf einer tatsächlichen Feststellung der Nichtregistrierung oder auf der bloßen Unmöglichkeit einer entsprechenden Feststellung in Folge des Fehlens von Angaben über Nummer und Ort der Registrierung des Klägers beruht oder schlicht Ausdruck des bekannt unzulänglichen Willens der libanesischen Behörden zur Kooperation mit den deutschen Behörden ist. Andererseits kann jedoch diese Erklärung der libanesischen Botschaft zunächst als Indiz für die möglicherweise tatsächlich gegebene Unmöglichkeit der Beschaffung von Heimreisedokumenten für den Kläger und seine Familie gewertet werden, angesichts dessen es umso mehr Sache des Beklagten ist, darzulegen und zu beweisen, warum diese Aussage falsch sein sollte und was der Kläger trotzdem noch tun kann, um in den Besitz der erforderlichen Dokumente zu gelangen. Dies ist dem Beklagten jedoch, wie bereits erwähnt, bislang nicht gelungen.

51

Vielmehr haben sich der Beklagte und die Widerspruchsbehörde bislang im Wesentlichen auf die schlichte Behauptung beschränkt, dem Kläger sei ein weiteres Bemühen um die Beschaffung von Identitätsnachweisen möglich und zumutbar, ohne jedoch im Einzelnen darzulegen, worin diese Bemühungen bestehen sollten. Derart unsubstantiierte Andeutungen und Vermutungen sind aber nicht ausreichend, um der Darlegungs- und Beweislast der Ausländerbehörde im Rahmen von § 30 Abs. 4 AuslG hinreichend Rechnung zu tragen. Vielmehr geht es jedenfalls dann, wenn sich die Ausländerbehörde selbst bereits jahrelang erfolglos um die Beschaffung von Heimreisedokumenten für den Ausländer bemüht hat, zu ihren Lasten, wenn sie trotzdem nicht nachvollziehbar und substantiiert darlegen kann, welche konkreten Bemühungen um die Beschaffung derartiger Dokumente der Ausländer noch unternehmen könnte, und dies auch sonst nicht ersichtlich ist; in einem solchen Fall kann regelmäßig nicht festgestellt werden, dass dem Ausländer weitere Bemühungen zur Beseitigung des Abschiebungshindernisses im Sinne von § 30 Abs. 4 letzter Halbsatz AuslG zumutbar wären (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 07.09.2001 - 4 K 2185/01 - NVwZ-RR 2002, 539). So liegt es hier, und dies geht zu Lasten des Beklagten.

52

Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass es ihm auf Grundlage der Behauptung des Klägers, staatenloser Kurde aus dem Libanon zu sein, außerordentlich schwer fallen dürfte, aufzuzeigen, was der Kläger im Einzelnen noch zur Beseitigung seiner Passlosigkeit unternehmen könnte. Denn es ist gerichtsbekannt, dass praktisch keine realistische Chance besteht, von den libanesischen Behörden Heimreisedokumente oder auch nur hinreichend sichere Identitätsnachweise für Kurden aus dem Libanon zu erlangen, die staatenlos sind oder deren Staatsangehörigkeit zumindest ungeklärt ist.

53

Andererseits ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger bislang, jedenfalls soweit es konkret von ihm verlangt wurde, an den Bemühungen des Beklagten um die Beschaffung von Identitätsnachweisen mitgewirkt hat, etwa indem er den Antrag auf Ausstellung eines libanesischen Passes ausgefüllt und unterzeichnet hat, mit dem sich der Beklagte sodann bei der libanesischen Botschaft um die Beschaffung von Heimreisedokumenten bemüht hat. Auch bestehen nach Auffassung des Gerichts nach gegenwärtigem Erkenntnisstand keine ernstlichen Zweifel an der Identität des Klägers. Zumindest hat er seinen Namen, sein Geburtsdatum und sein Herkunftsland bislang stets gleichbleibend angegeben und sich insoweit - ungeachtet der Zweifel an der Echtheit der von ihm vorgelegten Urkunden bzw. deren Übersetzung - nicht in Widersprüche verwickelt. Abgesehen von den vorgenannten Zweifeln sind danach gegenwärtig auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger entgegen seinen bisherigen Angaben doch Kenntnis von Nummer und Ort seiner etwaigen Registrierung im Libanon haben müsste oder in der Lage wäre, durch Kontaktaufnahme zu im Libanon lebenden Verwandten oder Bekannten in den Besitz dieser Kenntnis zu gelangen.

54

Im Übrigen ist an dieser Stelle auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte - unbeschadet der Mitwirkungspflichten des Klägers (vgl. u.a. § 70 Abs. 1 Satz 1 AuslG) - seine daneben bestehende gesetzliche Verpflichtung zur Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Klägers nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AuslG bislang ebenfalls nicht erfüllt hat, obwohl eine solche Feststellung sowohl für die Erteilung einer Duldung als auch zur Durchführung der nach § 49 AuslG zwingend vorgeschrieben Abschiebung des Klägers geboten wäre. Dabei mag zwar eine maßgebliche Rolle spielen, dass ohne Mitwirkung des Klägers kaum weitere Ermittlungsansätze vorhanden sein dürften. Andererseits zeichnet sich aber jetzt, nachdem sich der Kläger nun schon seit weit über acht Jahren im Bundesgebiet aufhält, ohne dass die Ermittlungen des Beklagten nach § 41 AuslG irgendeinen Erfolg gezeitigt hätten, weiterhin überhaupt noch nichts Greifbares für die Annahme ab, dass die Ermittlungen des Beklagten nunmehr in absehbarer Zeit zum Erfolg, d.h. zur Beschaffung von Heimreisedokumenten für den Kläger und seine Familie und damit zur Beseitigung des Abschiebungshindernisses, führen könnten. Für eine solche positive Prognose fehlt es an jedweden tatsächlichen Anhaltspunkten.

55

Schließlich stehen der Ermessensentscheidung nach § 30 Abs. 4 AuslG im vorliegenden Fall auch nicht die Regelversagungsgründe nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 46 Nr. 6 AuslG und § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG entgegen, wonach eine Aufenthaltsgenehmigung bei Sozialleistungsbezug in der Regel versagt wird. Diese Versagungsgründe sind zwar auch hinsichtlich der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG anwendbar und führen dann, wenn ein Regelfall vorliegt, zum Ausschluss einer Ermessensentscheidung. Die Frage, ob ein Regelfall vorliegt, unterliegt indes der vollen gerichtlichen Überprüfung, wobei die Sachlage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht maßgeblich ist (BVerwG, Urteil vom 15.02.2001, a.a.O., m.w.N.; Urteil vom 28.01.1997 - 1 C 23.94 - NVwZ-RR 1997, 567; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.1998 - 13 S 3121/96 - InfAuslR 1999, 191, jeweils m.w.N.). Regelfälle unterscheiden sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichgelagerter Fälle. Im Gegensatz dazu sind Ausnahmefälle, in denen eine Ermessensentscheidung der Behörde zu treffen ist, durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht des gesetzlichen Regelversagungsgrundes beseitigt. Gleiches gilt, wenn der Versagung der Aufenthaltsgenehmigung höherrangiges Recht entgegensteht, insbesondere die Versagung mit verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen nicht vereinbar ist (BVerwG, Urteil vom 28.01.1997, a.a.O., und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.1998, a.a.O., jeweils mit Verweis auf BVerwGE 94, 35).

56

Die Annahme eines solchen Ausnahmefalles, der das Gewicht der gesetzlichen Regelversagungsgründe nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 46 Nr. 6 AuslG sowie nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG verdrängt und eine Ermessensentscheidung der Behörde nach § 30 Abs. 4 AuslG eröffnet, ist nach Auffassung des Gericht schon dann gerechtfertigt, wenn sich nichts dafür abzeichnet, dass das dem Ausländer zur Seite stehende Abschiebungshindernis in absehbarer Zeit entfällt. In einem solchen Fall hätte nämlich das Eingreifen der genannten Regelversagungsgründe, zumal in Fällen, in denen auch das Entfallen des Sozialleistungsbezuges nicht absehbar ist, zur Folge, dass dem vorliegenden Abschiebungshindernis auch weiterhin nur durch Erteilung einer Duldung Rechnung getragen werden könnte. Dies wiederum widerspräche jedoch eindeutig der Funktion der Duldung, mit der die Abschiebung lediglich zeitweise und befristet ausgesetzt werden kann (§§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 2 AuslG), die aber nicht ein vorbereitendes oder ersatzweises Aufenthaltsrecht begründen soll (ebenso VG Stuttgart, Urteil vom 01.10.1998 - 7 K 1791/96 - EZAR 015 Nr. 16; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 24.09.1997 und 17.12.1998, jeweils a.a.O., mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 04.06.1997 -1 C 9.95 - BVerwGE 105, 35; vgl. auch die amtliche Begründung zum Entwurf des AuslG, BT-Drs. 11/6321 S. 48 [Duldung insoweit "nicht das sachgerechte Instrument"] sowie S. 66 [Absehen von den Regelversagungsgründen nach § 7 Abs. 2 AuslG im Rahmen von § 30 AuslG möglicherweise in besonderem Maße gerechtfertigt]).

57

In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass einem Ausländer, der nur eine Duldung nach § 55 AuslG, jedoch keine Aufenthaltsgenehmigung nach § 5 AuslG besitzt, die für die Ausübung einer Beschäftigung nach § 284 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches - Arbeitsförderung - (SGB III) erforderliche Arbeitsgenehmigung gem. § 284 Abs. 5 SGB III grundsätzlich nicht, sondern nur allenfalls ausnahmsweise als sog. Härtefall-Arbeitserlaubnis nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für ausländische Arbeitnehmer (Arbeitsgenehmigungsverordnung - ArGV) erteilt werden darf. Der generelle Ausschluss jeder Möglichkeit, sich und seiner Familie selbstverantwortlich eine Lebensgrundlage zu schaffen, widerspricht jedoch dem nach Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gebotenen Schutz der Menschenwürde (LSG Berlin, Urteil vom 17.08.2001 - L 4 AL 16/00 - Leitsätze in juris Web) und dürfte auch mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) nicht vereinbar sein. Auch dies gebietet es nach Auffassung des Gerichts jedenfalls dann, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass das Abschiebungshindernis in absehbarer Zeit entfallen könnte, davon abzusehen, in dem Sozialleistungsbezug des Ausländers einen Regelversagungsgrund zu sehen, der von vornherein einer Ermessensentscheidung nach § 30 Abs. 4 AuslG entgegensteht. Denn in einem solchen Fall erscheint es ausnahmsweise nicht gerechtfertigt, den Ausländer einerseits zur Ermöglichung einer eigenen Erwerbstätigkeit darauf zu verweisen, eine Härtefall-Arbeitserlaubnis zu beantragen, die wiederum nur unter engen Voraussetzungen erteilt wird (vgl. § 1 Abs. 2 ArGV) und ggf. eine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit keineswegs sicher eröffnet, und ihm andererseits mit zwingender Wirkung entgegenzuhalten, er könne seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie nicht aus einer eigenen Erwerbstätigkeit bestreiten. Dies wäre nach Auffassung des Gerichts jedenfalls dann, wenn sich die Duldung praktisch auf absehbare Zeit weiterhin als Dauerzustand darstellt, ein unzulässiger Wertungswiderspruch.

58

Um einen solchen Ausnahmefall handelt es sich nach Auffassung des Gerichts hier. Denn es ist, wie dargelegt, zum gegenwärtigen Zeitpunkt in keiner Weise auch nur annähernd konkret absehbar, ob und ggf. wann das bestehende Abschiebungshindernis entfallen könnte. Vielmehr ist gegenwärtig davon auszugehen, dass dieses Abschiebungshindernis auf unabsehbare Zeit fortbestehen wird und der Aufenthalt des Klägers und seiner Familie im Bundesgebiet ohnehin nicht beendet werden kann. In einem solchen Fall scheidet die Annahme eines Regelfalles im Sinne von § 7 Abs. 2 AuslG jedoch aus den dargelegten Gründen aus.

59

Die Ablehnung des Antrages des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis durch den Bescheid des Beklagten vom 10.01.2000 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 18.07.2000 ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten mit der Folge, dass die Bescheide aufzuheben sind (§§ 113 Abs. 5 Satz 1, 114 Satz 1 VwGO). Denn nachdem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 AuslG als erfüllt anzusehen sind, hat der Kläger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gemäß § 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Dieser Anspruch des Klägers ist noch nicht erfüllt worden, da sowohl der Beklagte als auch die Bezirksregierung Hannover als Widerspruchsbehörde bislang schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 und Abs. 4 AuslG verneint und deshalb noch gar keine Ermessenserwägungen angestellt haben, mithin ein Ermessensfehler in Gestalt des Ermessensnichtgebrauchs vorliegt, so dass auch eine Ergänzung nach § 114 Satz 2 VwGO ausscheidet.

60

Nach § 40 VwVfG muss die Behörde das ihr - hier nach § 30 Abs. 4 AuslG - eingeräumte Ermessen tatsächlich und entsprechend dem Zweck der Ermächtigung - hier des § 30 Abs. 4 AuslG - ausüben und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten, zu denen insbesondere auch die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen des GG gehören. Dabei sind sämtliche einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gegeneinander abzuwägen.

61

Im Rahmen dessen dürfen zwar grundsätzlich auch die als solche vorliegenden Tatbestände nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 46 Nr. 6 AuslG sowie nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG mit dem ihnen nach der Entscheidung des Gesetzgebers zukommenden Gewicht einbezogen werden; sie haben nicht allein deshalb, weil ein von der Regel abweichender Ausnahmefall vorliegt, zurückzutreten. Ihnen kommt lediglich nicht - wie im Regelfall - von vornherein ausschlaggebendes Gewicht zu (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.1998, a.a.O.).

62

Allerdings erscheint zweifelhaft, ob dem öffentlichen Interesse an einer Vermeidung von Sozialleistungen an Ausländer gegenüber dem privaten Interesse des Klägers daran, seinen Aufenthalt in Deutschland zu legalisieren, der Vorrang eingeräumt werden darf. Denn mangels konkret absehbarer Perspektiven für eine Aufenthaltsbeendigung geht es bei der Frage, ob dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen ist oder nicht, letztlich nicht um eine Entscheidung für oder gegen den (weiteren) Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet, so dass allein die Versagung der Aufenthaltsbefugnis voraussichtlich auf absehbare Zeit nichts am Sozialleistungsbezug des Klägers ändern würde (ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.1998, und VG Stuttgart, Urteil vom 01.10.1998, jeweils a.a.O.).

63

Im Gegenteil wird wohl eher zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen sein, dass die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auch die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung ermöglichen würde. Damit würde die Aufnahme einer legalen Erwerbstätigkeit des Klägers zumindest ganz erheblich erleichtert, wodurch auch eine Perspektive eröffnet würde, dass die Abhängigkeit des Klägers und seiner Familie von Sozialleistungen in Zukunft möglicherweise wegfallen oder wenigstens eingeschränkt werden könnte (zu diesem Aspekt auch VG Stuttgart, a.a.O.). Dies wird gerade im vorliegenden Fall auch dadurch besonders deutlich, dass sich der Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach um die Erteilung einer Arbeitserlaubnis bemüht hat, ihm eine solche jedoch bislang auch mehrmals verweigert wurde. Würde dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis erteilt, würde folglich sein festzustellendes und als solches ohne Zweifel förderungswürdiges Bemühen um ein eigenes legales Erwerbseinkommen ganz erheblich unterstützt.

64

Dass sich der Kläger dadurch in zunehmendem Maße in Deutschland integrieren würde, wie es auch der Beklagte zu "befürchten" scheint, ist dabei kein gegen die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis sprechender Gesichtspunkt. Im Gegenteil kann kaum unberücksichtigt bleiben, dass sich der Kläger und seine Familie, insbesondere die Kinder, ohnehin bereits weitgehend faktisch hier integriert haben dürften. Die Dauer des Aufenthaltes des Klägers im Bundesgebiet und seine dadurch bereits erreichte Integration sind daher zu prüfen und ggf. auch zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen. Dies entspricht im Übrigen auch dem Gesetzeszweck des § 30 Abs. 4 AuslG, wonach jedenfalls dann, wenn die Beendigung des Aufenthaltes eines Ausländers auf absehbare Zeit nicht möglich ist, aus humanitären Gründen grundsätzlich die Legalisierung des Aufenthaltes durch Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis erfolgen soll, auch wenn dadurch die Regelversagungsgründe nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 46 Nr. 6 und nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG in derartigen Fällen praktisch leer laufen (vgl. auch dazu wiederum VG Stuttgart, a.a.O.).

65

Schließlich dürfte der Prognose, ob und ggf. wann mit einer Beendigung des Aufenthaltes des Klägers realistischer Weise gerechnet werden kann, ein nicht unerhebliches Gewicht zukommen. Denn die alternativ zur Erteilung der Aufenthaltsbefugnis nur in Betracht kommende fortgesetzte Erteilung von jeweils befristeten Duldungen stellt - wie bereits dargelegt - kein sachgerechtes Instrument zur rechtlichen Bewältigung eines in absehbarer Zeit nicht zu beendenden Aufenthaltes eines Ausländers dar. Für solche Fälle sieht das AuslG in § 30 Abs. 4 AuslG vielmehr gerade die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vor, um den Aufenthalt des betroffenen Ausländers einer rechtlichen Regelung zuzuführen (auch dazu schließlich noch einmal VG Stuttgart, a.a.O.).

66

Das Gericht weist an dieser Stelle darauf hin, dass sich eine entsprechende Auffassung mittlerweile auch beim Niedersächsischen Innenministerium (MI) durchgesetzt haben dürfte. Denn in einem dem Gericht vorliegenden Erlass zu Syrien vom 20.02.2003 vertritt das MI ausdrücklich den Standpunkt, dass dann, wenn eine Staatenlosigkeit zwar nicht nachgewiesen wird, es der Ausländerbehörde jedoch voraussichtlich auch längerfristig nicht möglich ist, den Aufenthalt zu beenden, es für den Betroffenen im Einzelfall unzumutbar sein könne, auf Dauer im Bundesgebiet lediglich geduldet zu werden, ohne langfristig eine Perspektive auf ein gesichertes Aufenthaltsrecht zu haben. In diesen Fällen könne daher auf Grundlage des § 30 Abs. 4 AuslG eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden. Diese Auffassung ist nach Überzeugung des Gerichts unzweifelhaft zutreffend (was allerdings nicht für die vom MI a.a.O. gemachten weiteren Ausführungen zu §§ 8 Abs. 1 Nr. 4 und 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG gilt, weil diese Vorschriften im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung nicht beachtlich sind).

67

Abschließend weist das Gericht ferner ausdrücklich darauf hin, dass die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis und die damit verbundene Legalisierung des Aufenthaltes des Klägers zum einen weder die Verpflichtung der Ausländerbehörde zur Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 AuslG noch die diesbezüglichen Mitwirkungspflichten des Ausländers entfallen lässt. Zum anderen führt die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG auch noch nicht unmittelbar zu einer rechtlichen Verfestigung des Aufenthaltes, sondern bietet hierfür lediglich eine ebenfalls nur vorläufige rechtliche Grundlage. Sobald das Abschiebungshindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind, darf die zunächst zu befristende Aufenthaltsbefugnis nämlich gem. § 34 Abs. 2 AuslG nicht mehr verlängert werden, und ein rechtlich gesicherter Daueraufenthalt kommt auf dieser Grundlage auch nur unter den in § 35 AuslG normierten Voraussetzungen in Betracht. Dies bedeutet, dass selbst dann, wenn der Beklagte dem Kläger zunächst eine befristete Aufenthaltsbefugnis erteilen würde, diese nicht mehr verlängert werden dürfte, wenn der Kläger noch in den Besitz eines Passes oder von Passersatzpapieren kommen sollte, um deren Beschaffung er sich weiterhin bemühen muss (§ 4 Abs. 1 AuslG).

68

Trotz der vorgenannten Gesichtspunkte, die zu einer erheblichen Einengung des dem Beklagten eingeräumten Ermessensspielraums führen, vermag das Gericht schließlich doch nicht zu erkennen, dass das dem Beklagten eingeräumte Ermessen letztlich bereits "auf Null", d.h. in Richtung auf die Erteilung der vom Kläger begehrten Aufenthaltsbefugnis reduziert wäre. Daher kann der Klage im Ergebnis nicht in vollem Umfang stattgegeben, sondern der Beklagte nur gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zur Neubescheidung unter Beachtung der vorstehenden Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt werden.

69

Dem Hilfsantrag des Klägers kommt nach alledem keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Im Übrigen wäre die Frage, ob die Voraussetzungen nach § 1 a Nr. 2 AsylbLG vorliegen, weil die der Beendigung des Aufenthaltes des Klägers entgegen stehenden Gründe von ihm zu vertreten sind, richtigerweise im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Gewährung von uneingeschränkten Leistungen nach dem AsylbLG - entweder nach §§ 3 bis 7 oder aber nach § 2 in Verbindung mit den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) - zu klären. Das Klagebegehren des Klägers ist jedoch, soweit erkennbar, nicht unmittelbar auf eine solche Verpflichtung des Beklagten, sondern lediglich auf Streichung des entsprechenden Hinweises in seiner Duldungsbescheinigung gerichtet. Hierfür besteht jedoch, insbesondere auch angesichts der im Übrigen getroffenen Sachentscheidung des Gerichts, kein gesondertes Rechtsschutzbedürfnis mehr. Sollte der Beklagte dem Kläger nunmehr die begehrte Aufenthaltsbefugnis erteilen, käme die Anwendung des AsylbLG ohnehin nicht mehr in Frage (vgl. §§ 1 AsylbLG, 120 BSHG).

70

Die Kostenlastentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. VwGO. Die Beteiligten tragen danach die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte (§ 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

71

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

72

Die Zulassung der Berufung erfolgt nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des festgesetzten Streitwertes folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. II. 6.1 der Empfehlungen des Streitswertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1996, 563 [564]). Danach ist der Streitwert in Verfahren, die eine Aufenthaltsbefugnis betreffen, mit dem Auffangwert nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in Höhe von 4.000,00 Euro festzusetzen. Im Übrigen sieht das Gericht davon ab, dem Hilfsantrag des Klägers eine selbständige, streitwerterhöhende Bedeutung beizumessen (vgl. Nr. I. 4. Satz 1 des Streitwertkataloges).

Oppenborn