Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 27.02.2006, Az.: 17 UF 130/05
Voraussetzungen der Rückführung eines Kleinkindes in die USA nach dem Haager Übereinkommen über zivilrechtliche Aspekte internationaler Kindesentführung; Beachtung des Kindeswohls durch Sorgerechtsentscheidung im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts bis zur Entführung; Interesse an der Überprüfung der Möglichkeit einer Vaterschaft; Relevanz der möglichen Resultate der in den USA zu treffenden Sorgerechtsentscheidung für die Beurteilung einer Rückführung; Zusicherung staatlicher Stellen der USA bezüglich der Absehung von der Strafverfolgung im Falle der Rückkehr der Kindesmutter
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 27.02.2006
- Aktenzeichen
- 17 UF 130/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 13805
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2006:0227.17UF130.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Celle - AZ: 42 F 42007/05
Rechtsgrundlagen
- Art.5b HKiEntÜ
- Art.13 Abs. 1a HiKEntÜ
- Art.15 HiKEntÜ
- § 1592 BGB
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2006, 275-277
Verfahrensgegenstand
Herausgabe des Kindes
Amtlicher Leitsatz
Zu den Voraussetzungen der Rückführung eines Kleinkindes nach dem Haager Übereinkommen über zivilrechtliche Aspekte internationaler Kindesentführung, wenn der entführende Elternteil, der das Kind bislang allein betreut hat, im Ursprungsland von Strafverfolgung bedroht ist.
In der Familiensache
hat der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
die Richterin am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Oberlandesgericht ...
am 27. Februar 2006
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Die Herausgabe des Kindes ..., geboren am ... an den Antragsteller zum Zwecke der sofortigen Rückführung des Kindes nach ..., USA wird angeordnet.
- 2.
Der Antragsteller darf aus Ziffer 1 nur und erst dann vollstrecken, sofern die Antragsgegnerin ... nicht bis zum 27. März 2006 nach ..., ... zurückführt. Diese Frist verlängert sich um die Anzahl der Tage, die der Antragsteller über den 13. März 2006 hinaus dafür benötigt, zu Händen der Verfahrenspflegerin des Kindes Kindesunterhalt für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe 1.200 $ zu zahlen sowie zu Händen seiner Verfahrensbevollmächtigten einen Betrag in gleicher Höhe für zwei weitere Monate zu hinterlegen, wobei seine Verfahrensbevollmächtigte von ihm unwiderruflich anzuweisen ist, den monatlichen Unterhalt von 600 $ jeweils am 60. bzw. am 90. Tag nach der Rückkehr der Antragsgegnerin nach ..., USA zu Händen deren Verfahrensbevollmächtigten auszukehren. Die Verfahrenspflegerin kehrt die 1.200 $ für die beiden ersten Monate unmittelbar nach der Ankunft der Antragsgegnerin in ..., USA an deren Verfahrensbevollmächtigte aus. Teilt die Antragsgegnerin bis spätestens zum 13. März 2006 das konkrete Datum ihrer Rückkehr nach ..., USA mit, ist der Antragsteller binnen 7 Tagen verpflichtet, ein bereits im voraus vollständig bezahltes Appartement für die Dauer eines zweimonatigen Aufenthalts für die Antragsgegnerin und ... nachzuweisen. Der Nachweis erfolgt durch die Vorlage des Original-Gutscheins für das Appartement an die Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter. Für jeden Tag, den der Kindesvater die Frist von 7 Tagen überschreitet, verlängert sich die Frist für die Herausgabe des Kindes um einen Tag.
- 3.
Ab dem sich gemäß Ziffer 2 ergebenden Datum ist die Antragsgegnerin oder jede andere Person, bei der sich ... aufhält, verpflichtet, ... an den Antragsteller herauszugeben.
- 4.
In Vollzug von Ziffern 2 und 3 wird der Gerichtsvollzieher ermächtigt und beauftragt, ... der Antragsgegnerin oder jeder anderen Person, bei der sich ... aufhält wegzunehmen und dem Antragsteller zu übergeben. Das Gericht ermächtigt den Gerichtsvollzieher zur Durchsetzung dieser Anordnung, sofern dies erforderlich ist, unmittelbaren Zwang gegen die Antragsgegnerin oder jede andere aufgrund dieses Beschlusses herausgabeverpflichtete Person anzuwenden. Der Gerichtsvollzieher wird ferner ermächtigt und beauftragt, die Wohnung der Antragsgegnerin sowie die Wohnung jeder anderen Person, bei der sich ... aufhält, zu durchsuchen sowie die Unterstützung der Polizei in Anspruch zu nehmen.
- 5.
Die Vollstreckung findet ohne Vollstreckungsklausel statt und ist an jedem Ort möglich, an dem ... aufgefunden wird.
- 6.
Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine dieser Verpflichtungen die Auferlegung eines Zwangsgeldes in Höhe bis zu 50.000 EUR sowie die Festsetzung von Zwangshaft von bis zu 6 Monaten angedroht.
- 7.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Zwangsvollstreckung werden der Antragsgegnerin auferlegt.
- 8.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin (nachfolgend Kindesmutter) nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (nachfolgend HKiEntÜ) verpflichtet ist, ihre Tochter ... in die USA zurückzuführen.
Die Kindesmutter und der Antragsteller hatten 2003/2004 in ..., USA eine geschlechtliche Beziehung. Die Kindesmutter war mit ihrem Ehemann, der als Pilot bei der Bundeswehr nach Amerika versetzt worden war, von Deutschland nach ... gegangen. Dort hatte sie während einer Ehekrise den Antragsteller kennen gelernt.
Im Dezember 2003 ging der Ehemann der Kindesmutter nach Deutschland zurück. Die damals schwangere Kindesmutter blieb in ..., USA und lebte kurze Zeit mit dem Antragsteller in einer Wohngemeinschaft. Von dort aus zog sie Anfang 2004 in ein eigenes Haus. Die geschlechtliche Beziehung zwischen der Kindesmutter und dem Antragsteller zerbrach im Februar 2004.
Am ... brachte die Kindesmutter ihre Tochter ... zur Welt. Am ... wurde der Antragsteller im Beisein und mit Zustimmung der Kindesmutter auf der Geburtsurkunde von ... als Kindesvater eingetragen.
In der Zeit danach bis zum 24. September 2004 lebte die Kindesmutter mit ... weiter in ..., USA. Während dieser Zeit hatte der Antragsteller - dem Umfang nach allerdings streitigen - Umgang mit .... Da bereits damals die Vaterschaft des Antragstellers von der Kindesmutter in Abrede genommen wurde, hat der Antragsteller außergerichtlich einen DNA-Test veranlasst, der seine Vaterschaft bestätigen soll.
Am 25. September 2004 ist die Kindesmutter nach Deutschland gereist, zunächst um ihren am Parkinson erkrankten Vater zu besuchen. Sie ist nicht wieder in die USA zurückgekehrt und lebt jetzt mit wieder mit ihrem Ehemann zusammen. Die Kindesmutter geht davon aus, dass abweichend von ihrer Angabe auf der Geburtsurkunde und dem Vaterschaftstest auch ihr Ehemann der leibliche Vater des Kindes sein könne.
Im einem vom Antragsteller angestrengten Gerichtsverfahren vor dem Bezirksgericht von ... zur Klärung der Vaterschaft, des Sorgerechts und des Umgangs für ... hat die Kindesmutter an der mündlichen Verhandlung am 22. November 2004 per Telephonkonferenz teilgenommen. Den vom Gericht angeordneten Termin für ein DNA-Verfahren am 19. Januar 2005 in ... hat die Kindesmutter nicht wahrgenommen.
Unter dem 28. Januar 2005 hat sodann das Bezirksgericht von ... einen Eilbeschluss des Inhalts erlassen, dass der Antragsteller mutmaßlicher Vater des Kindes ... ist, diesem das primäre Sorgerecht für ... bis zum Ergehen neuer Anordnungen zusteht und die Kindesmutter bis zum Ergehen neuer Anordnungen kein Besuchsrecht erhält. Den vom Gericht weiterhin bestimmten Anhörungstermin am 14. Februar 2005 haben sowohl der Antragssteller als auch die Kindesmutter - wohl im Hinblick auf das seit dem 25. Januar 2005 beim AG Celle anhängige Verfahren nach dem HKiEntÜ - nicht wahrgenommen.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Celle hat den Antrag des Antragstellers auf Rückführung von ... in die USA mit der Begründung zurückgewiesen, dass dieser entgegen der Widerrechtlichkeitsbescheinigung vom 22. April 2005 am 25. September 2004 nicht Inhaber der elterlichen Sorge für ... gewesen sei. Da er das Kind nur gelegentlich gesehen und nicht vollständig Unterhalt gezahlt habe, habe er das Sorgerecht nicht ausgeübt.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er zum einen der Behauptung nur gelegentlicher Umgangskontakte entgegentritt sowie zum anderen geltend macht, dass die Kindesmutter weitergehende Kontakte nicht zugelassen habe.
Die Kindesmutter wendet gegen die beantragte Rückführung insbesondere ein, dass eine solche Rückführung zu erheblichen Schäden für ... führen könne. Sie müsse damit rechnen bei der Einreise verhaftet und damit von ... getrennt zu werden. Da ... den Antragsteller kaum kenne und Zeit ihres Lebens nur mit der Kindesmutter gelebt habe, seien schwerste Schäden für die noch nicht einmal zweijährige ... zu befürchten.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Kindesmutter ist zur Rückführung von ... nach ..., USA bzw., sofern diese nicht fristgerecht erfolgt, zur Herausgabe von ... an den Antragsteller verpflichtet. Der gewöhnliche Aufenthaltsort von ... ergab sich nach deren Geburt im Zuständigkeitsbereich des District Court von ..., ..., USA. Mit der Rückkehr der Kindesmutter nach Deutschland im September 2004 hat diese das bestehende Mitsorgerecht des Antragstellers für ... widerrechtlich verletzt. Entsprechend der Intention des HKiEntÜ ist ... in den Staat ihres ursprünglichen gewöhnlichen Aufenthalts zurückzubringen. Dabei geht das HKiEntÜ davon aus, dass dem Kindeswohl am ehesten durch eine Sorgerechtsentscheidung desjenigen Staates entsprochen wird, in dem das Kind bis zur Entführung gelebt hat. Um diese Entscheidung zu ermöglichen, ist eine Rückführung von ... nach ..., USA geboten. Im Einzelnen gilt folgendes :
a)
Der Senat hat entgegen den Angaben der Kindesmutter vorliegend keinen Zweifel daran, dass der Antragsteller der leibliche Vater von ... ist. Die Kindesmutter hat den Antragsteller nach der Geburt als Vater in der Geburtsurkunde von ... eintragen lassen. Sie hat weiterhin den Umgang des Antragstellers sowie dessen Mutter mit ... - wenn gleich in streitigem Umfang - akzeptiert. Insbesondere der Besuch der Mutter des Antragstellers, die extra für den Umgang mit ... angereist ist, hätte keinerlei Sinn ergeben, wenn nicht auch die Kindesmutter in ihr ... Großmutter väterlicherseits gesehen hätte. Soweit die Kindesmutter darauf hinweist, dass auch ihr Ehemann der biologische Vater des Kindes sein könnte, stellt sich diese Behauptung als reine Schutzbehauptung dar. Wenn es denn überhaupt die Möglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes der Kindesmutter geben würde, so wäre es angesichts des Sorgerechtsverfahrens vor dem District Court ..., ..., USA sowie der einschneidenden Folgen dieses Verfahrens gerade zu zwingend gewesen, entweder den vom amerikanischen Gericht angeordneten Termin für ein DNA-Verfahren am 19. Januar 2005 in Heidelberg wahrzunehmen oder im Laufe dieses Verfahrens das Angebot des Senats, einen entsprechenden Test durchführen zu lassen, anzunehmen. Die Begründung der Kindesmutter, einem solchen Test könne sie ohne Gefährdung ihrer Ehe nicht zustimmen, überzeugt nicht. Zum einen hat die Kindesmutter diese Begründung in keiner Weise näher erläutern können. Zum anderen ist dem Ehemann der Kindesmutter, wie sich schon aus dem Bericht der Verfahrenspflegerin ergibt, die Existenz und der Verlauf dieses Verfahrens bekannt. Daher hätte auch der Ehemann der Kindesmutter, sofern denn seine biologische Vaterschaft überhaupt in Betracht käme, ein dringendes eigenes Interesse, die Möglichkeit seiner Vaterschaft überprüfen zu lassen.
b)
Für die Frage der Widerrechtlichkeit ist die Sorgerechtslage im Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens im Ursprungsland, somit hier ..., USA maßgeblich. Daher kommt es auf den Umstand, dass der Antragsteller angesichts der bestehenden Ehe der Kindesmutter nach deutschem Recht (§ 1592 BGB) kein Sorgerecht zusteht, nicht an.
Ausweislich der Widerrechtlichkeitsbescheinigung des District Court von ..., ..., USA vom 22. April 2005 (Art. 15 HKiEntÜ) stellt die Rückkehr der Kindesmutter mit ... nach Deutschland eine Verletzung des Sorgerechts des Kindesvaters dar. Dem steht entgegen der Auffassung des Amtsgerichts - Familiengerichts - Celle eine fehlende Ausübung des Sorgerechts nicht entgegen (Art.5b HKiEntÜ). Zunächst spricht nach der Systematik des Abkommens (Art.13 Abs. I a HiKEntÜ) eine stillschweigende Vermutung für dessen Ausübung. Beweispflichtig für die Nichtausübung des Mitsorgerechts ist der Elternteil, der sich der Rückführung widersetzt (OLG Dresden FamRZ 2002, 1136, 1137) [OLG Dresden 21.01.2002 - 10 UF 753/01]. Einen solchen Beweis hat die Kindesmutter nicht geführt. An die Voraussetzungen der tatsächlichen Ausübung der elterlichen Sorge dürfen nämlich keine überzogenen Forderungen gestellt werden. Für die Ausübung der elterlichen Sorge ist es nach der Systematik des HKiEntÜ ausreichend, wenn der nicht mit dem Kind zusammenlebende Elternteil sein Sorgerecht dadurch wahrnimmt, dass er Umgang mit seinem beim anderen Elternteil lebenden Kind pflegt (OLG Hamm FamRZ 2004, 723[OLG Hamm 01.08.2003 - 11 UF 121/03]; OLG Dresden FamRZ 2003, 468; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1507, vgl. auch BVerfG FamRZ 1997, 1269[BVerfG 18.07.1997 - 2 BvR 1126/97]). Zwar ist der Umfang des Umgangs zwischen den Beteiligten streitig. Unstreitig ist jedoch, dass überhaupt Umgang stattgefunden hat und der Antragsteller mehr Umgang gewünscht hat, als dieser tatsächlich gewährt wurde. Dies folgt nicht zuletzt schon aus dem eigenen Vorbringen der Kindesmutter, die auf den vom Antragsteller aufgestellten Parenting Plan hinweist (Bl.278 d.A.).
c)
Der vom Antragsteller begehrten Rückführung von ... nach ..., USA steht auch die sog. Härtefallregelung des Art.13 Abs.1 b HKiEntÜ nicht entgegen. Nach dieser Regelung kann das Gericht von einer Rückführung absehen, wenn nachgewiesen ist, dass die Rückgabe des Kindes mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt. Von dem Vorliegen der Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung geht der Senat hier nicht aus.
Da auf Grund der Widerrechtlichkeit des Verbringens oder Zurückhaltens stets von einem Rechtsbruch auszugehen ist, liegen die Voraussetzungen des Art.13 Abs.1 b HKiEntÜ nur angesichts ungewöhnlich schwerwiegender und konkret drohender Beeinträchtigungen des Kindeswohl vor (BVerfG FamRZ 1999, 85[BVerfG 29.10.1998 - 2 BvR 1206/98]; 1999, 641, 642 [BVerfG 09.03.1999 - 2 BvR 420/99]; 1996, 405 [BVerfG 15.02.1996 - 2 BvR 233/96]; OLG Hamm FamRZ 2002, 44, 45) [OLG Hamm 23.02.2001 - 11 UF 345/00]. Im übrigen können Beeinträchtigungen des Kindeswohls in der Regel dadurch vermieden werden, dass der entführende Elternteil mit dem Kind zurückkehrt (BVerfG FamRZ 1999,85[BVerfG 29.10.1998 - 2 BvR 1206/98]; OLG Rostock FamRZ 2003, 959[OLG Rostock 02.12.2002 - 10 UF 197/02]; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1142). Diese Möglichkeit hat der Senat der Kindesmutter mit der Regelung zu Ziffer 2 eingeräumt. Durch die Aufnahme der vom Antragsteller selbst zusagten Verpflichtungen für die Zahlung von Kindesunterhalt sowie für die Finanzierung eines Appartements während der zunächst abzusehende Dauer des Sorgerechtsverfahrens in den Tenor der Senatsentscheidung ist der Aufenthalt der Kindesmutter mit ... zusätzlich abgesichert.
Soweit die Kindesmutter die schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kindeswohl damit begründet, dass ihr wegen des widerrechtlichen Verbringen von ... nach Deutschland ggf. strafrechtliche Verfolgung droht, reicht dies allein für einen Nachteil i.S. des Art.13 Abs.1 b HKiEntÜ nicht aus . Das Bundesverfassungsgericht hat nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die mit einer Rückkehr teilweise verbundenen strafrechtlichen Sanktionen als Folge des rechtswidrigen Verbringens grundsätzlich hinzunehmen sind (BVerfG, FamRZ 1999,85, 87) [BVerfG 29.10.1998 - 2 BvR 1206/98] und allein nicht zu einer Anwendbarkeit des Art.13 Abs.1 b HKiEntÜ führen.
Anders ist dieser Aspekt jedoch zu beurteilen, wenn wie in diesem Fall der das bislang ausschließlich betreuende Elternteil eines Kleinkindes von Verhaftung und damit das Kleinkind von einer abrupten Trennung von diesem Elternteil bedroht ist (OLG Rostock FamRZ 2002, 46, 48) [OLG Rostock 04.07.2001 - 10 UF 81/01]. Die mögliche Verwirklichung einer solchen Gefahr hatte der Senat insbesondere im Nachgang der vom Antragsteller erstatteten Strafanzeige sowie angesichts der Sorgerechtsentscheidung des Gerichts vom ..., ..., USA vom 28. Januar 2005 (Bl.40 d.A.) deutlich gesehen und die Beteiligten darauf auch ausdrücklich hingewiesen. Die Situation hat sich jedoch inzwischen erheblich verändert. Der Senat geht in der Gesamtschau der nunmehr vorliegenden Erklärungen davon aus, dass die Kindesmutter ohne Gefahr der abrupten Trennung von ... nach ..., USA fahren und sich dem dortigen Sorgerechtsverfahren stellen kann.
Diese neue Einschätzung beruht zum einen auf der Änderung des ursprünglichen Sorgerechtsbeschlusses durch die Entscheidung des Bezirksgerichts von ..., ..., USA vom 13. Oktober 2005 (Bl.523).
Zum anderen geht der Senat nach den Zusicherung verschiedener staatlicher Stellen der USA davon aus, dass die Kindesmutter im Fall ihrer Rückkehr zusammen mit ... nicht mehr von Strafverfolgung und daher ... bei ihrer Einreise nicht mehr von dem Verlust ihrer zentralen Bezugsperson bedroht ist. Nach der Erklärung der Zentralen Behörde der USA - Abteilung für Kindschaftssachen des Außenministeriums, Konsularbehörde - vom 7. Dezember 2005 (Bl.470 d.A.) käme die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Kindesmutter überhaupt nur im Staat ... in Betracht. Daher sind die vom Senat zunächst ebenfalls erbetenen Zusicherungen freien Geleits durch die Bundesstaaten, die die Kindesmutter für notwendige Zwischenlandungen betreten muss, nicht erforderlich. Für den Bundesstaat ..., USA sind nach der Überzeugung des Senats die Voraussetzungen für das freie Geleit für die Kindesmutter nunmehr gegeben. Der Antragsteller hat seine Strafanzeige gegen die Kindesmutter zurückgezogen (Bl.295, 299 d.A.). Diese Rücknahme ist sowohl den örtlichen Polizeibehörden (Bl.295 d.A.) sowie ausweislich der Schreiben vom 3. Februar 2006 (Bl.561 d.A.) und 7. Februar 2006 (Bl.563 d.A.) auch der zuständigen Richterin sowie der Bezirksstaatsanwältin bekannt. Die zuständige Richterin sowie die Bezirksstaatsanwältin haben in ihren an die Berichterstatterin des Senats gerichteten Schreiben ausdrücklich versichert, dass die Kindesmutter ohne Angst vor Strafverfolgung nach ..., USA zurückkehren kann.
Die Kindesmutter kann nicht damit gehört werden, dass eine Rückführung von ... schon deswegen nicht in Betracht komme, weil eine in ..., USA durchzuführende Sorgerechtsprüfung ohnehin nur mit der Übertragung der elterlichen Sorge auf sie als den bisher ... allein versorgenden und betreuenden Elternteil enden könne und angesichts dieser eindeutigen Entscheidungslage die Rückführung des Kindes eine nicht angemessenen Belastung für das Kindeswohl sei (so auch OLG Rostock, FamRZ 2002, 46, 48) [OLG Rostock 04.07.2001 - 10 UF 81/01]. Würde der Senat dieser Argumentation folgen, würde er eine Sorgerechtsentscheidung treffen, die nach der eindeutigen Systematik des HKiEntÜ gerade dem Ursprungsland vorbehalten ist.
Soweit schließlich sowohl die Verfahrenspflegerin des Kindes als auch die Kindesmutter darüber hinaus geltend machen, dass es im Rahmen des sich anschließenden Sorgerechtsverfahrens zu einer Trennung von ... kommen kann, steht dies der beantragten Rückführung ebenfalls nicht entgegen. Ziel des Abkommens ist die Ermöglichung einer Sorgerechtsentscheidung durch das allein zuständige Gericht im Staat des ursprünglichen gewöhnlichen Aufenthalts. Die möglichen Resultate der allein dort zu treffenden Sorgerechtsentscheidung sind nicht Gegenstand der hier zu treffenden Entscheidung nach dem HKiEntÜ. Allerdings hat der Senat auch keinerlei Anlass daran zu zweifeln, dass das zuständige Bezirksgericht ..., ..., USA die Interessen aller Beteiligten, aber insbesondere das Wohl von ... angemessen berücksichtigen wird.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 13a FGG.